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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62016CJ0076

    Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 13. Juli 2017.
    Ingsteel spol. s.r. o. und Metrostav as gegen Úrad pre verejné obstarávanie.
    Vorabentscheidungsersuchen des Najvyšší súd Slovenskej republiky.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2004/18/EG – Art. 47 Abs. 1, 4 und 5 – Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters – Richtlinien 89/665/EWG und 2007/66/EG – Klage auf Nachprüfung einer Entscheidung über den Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von einem Vergabeverfahren – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf.
    Rechtssache C-76/16.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2017:549

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

    13. Juli 2017 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2004/18/EG – Art. 47 Abs. 1, 4 und 5 – Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters – Richtlinien 89/665/EWG und 2007/66/EG – Klage auf Nachprüfung einer Entscheidung über den Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von einem Vergabeverfahren – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf“

    In der Rechtssache C‑76/16

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) mit Entscheidung vom 28. Januar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2016, in dem Verfahren

    Ingsteel spol. s r. o.,

    Metrostav a.s.

    gegen

    Úrad pre verejné obstarávanie,

    Beteiligter:

    Slovenský futbalový zväz,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie des Richters E. Jarašiūnas,

    Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár als Bevollmächtigten,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. März 2017

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 47 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114), von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 3 und 6 bis 8 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. 2007, L 335, S. 31) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Ingsteel spol. s r. o. und der Metrostav a.s. (im Folgenden zusammen: abgelehnter Bieter) einerseits und dem Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für öffentliche Aufträge, Slowakei) wegen eines durch den Slovenský futbalový zväz (Slowakischer Fußballverband, im Folgenden: öffentlicher Auftraggeber) eingeleiteten Verfahrens der Vergabe eines öffentlichen Auftrags.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Richtlinie 2004/18

    3

    Gemäß Art. 91 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65) ist die Richtlinie 2004/18 mit Wirkung zum 18. April 2016 aufgehoben worden. Angesichts der Zeit, in die der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens fällt, wird das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen jedoch anhand der Richtlinie 2004/18 in ihrer vor dieser Aufhebung geltenden Fassung geprüft.

    4

    Der 39. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 lautete wie folgt:

    „Die Prüfung der Eignung der Bieter im Rahmen von offenen Verfahren und der Bewerber im Rahmen von nichtoffenen Verfahren und von Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung sowie im Rahmen des wettbewerblichen Dialogs und deren Auswahl sollten unter transparenten Bedingungen erfolgen. Zu diesem Zweck sind nichtdiskriminierende Kriterien festzulegen, anhand deren die öffentlichen Auftraggeber die Bewerber auswählen können, sowie die Mittel, mit denen die Wirtschaftsteilnehmer nachweisen können, dass sie diesen Kriterien genügen. Im Hinblick auf die Transparenz sollte der öffentliche Auftraggeber gehalten sein, bei einer Aufforderung zum Wettbewerb für einen Auftrag die Eignungskriterien zu nennen, die er anzuwenden gedenkt, sowie gegebenenfalls die Fachkompetenz, die er von den Wirtschaftsteilnehmern fordert, um sie zum Vergabeverfahren zuzulassen.“

    5

    Art. 44 („Überprüfung der Eignung und Auswahl der Teilnehmer, Vergabe des Auftrags“) der Richtlinie 2004/18 sah in Abs. 2 vor:

    „Die öffentlichen Auftraggeber können Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit gemäß den Artikeln 47 und 48 stellen, denen die Bewerber und Bieter genügen müssen.

    Der Umfang der Informationen gemäß den Artikeln 47 und 48 sowie die für einen bestimmten Auftrag gestellten Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit müssen mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein.

    Diese Mindestanforderungen werden in der Bekanntmachung angegeben.“

    6

    Art. 47 („Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit“) dieser Richtlinie bestimmte:

    „(1)   Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers kann in der Regel durch einen oder mehrere der nachstehenden Nachweise belegt werden:

    a)

    entsprechende Bankerklärungen oder gegebenenfalls Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung;

    (4)   Die öffentlichen Auftraggeber geben in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe an, welche der in Absatz 1 genannten Nachweise sowie welche anderen Nachweise vorzulegen sind.

    (5)   Kann ein Wirtschaftsteilnehmer aus einem berechtigten Grund die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen.“

    7

    Art. 48 der genannten Richtlinie sah die Voraussetzungen für die technische und/oder berufliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers vor.

    Richtlinien 89/665 und 2007/66

    8

    Der 36. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/66 lautet:

    „Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der [Charta] anerkannt wurden. Sie soll namentlich die uneingeschränkte Achtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren nach Artikel 47 Absätze 1 und 2 der Charta sicherstellen.“

    9

    Art. 1 („Anwendungsbereich und Zugang zu Nachprüfungsverfahren“) der Richtlinie 89/665 bestimmt:

    „(1)   Diese Richtlinie gilt für Aufträge im Sinne der Richtlinie [2004/18], sofern diese Aufträge nicht gemäß den Artikeln 10 bis 18 der genannten Richtlinie ausgeschlossen sind.

    Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinie [2004/18] fallenden Aufträge die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der Artikel 2 bis 2f der vorliegenden Richtlinie auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

    (3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jeder Person zur Verfügung stehen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.

    (5)   Die Mitgliedstaaten können auch verlangen, dass die betreffende Person zunächst bei dem öffentlichen Auftraggeber eine Nachprüfung beantragt. In diesem Fall tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass die Einreichung eines solchen Antrags einen unmittelbaren Suspensiveffekt auf den Vertragsschluss auslöst.

    Der Suspensiveffekt nach Unterabsatz 1 endet nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der öffentliche Auftraggeber eine Antwort abgesendet hat, falls sie per Fax oder auf elektronischem Weg abgesendet wird, oder, falls andere Kommunikationsmittel verwendet werden, nicht vor Ablauf einer Frist von entweder mindestens 15 Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der öffentliche Auftraggeber eine Antwort abgesendet hat, oder mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag nach dem Eingang einer Antwort.“

    10

    Art. 2 dieser Richtlinie, der die Anforderungen an die Nachprüfungsverfahren betrifft, bestimmt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit

    a)

    so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Verstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören auch Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder die Durchführung jeder sonstigen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen;

    b)

    die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann;

    c)

    denjenigen, die durch den Verstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.

    (2)   Die in Absatz 1 und in den Artikeln 2d und 2e genannten Befugnisse können getrennt mehreren Stellen übertragen werden, die für das Nachprüfungsverfahren unter verschiedenen Gesichtspunkten zuständig sind.

    (3)   Wird eine gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Stelle in erster Instanz mit der Nachprüfung einer Zuschlagsentscheidung befasst, so sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass der öffentliche Auftraggeber den Vertragsschluss nicht vornehmen kann, bevor die Nachprüfungsstelle eine Entscheidung über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen oder eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat. Diese Aussetzung endet frühestens mit Ablauf der Stillhaltefrist nach Artikel 2a Absatz 2 und Artikel 2d Absätze 4 und 5.

    (4)   Außer in den Fällen nach Absatz 3 und Artikel 1 Absatz 5 haben die Nachprüfungsverfahren als solche nicht notwendigerweise einen automatischen Suspensiveffekt auf die betreffenden Vergabeverfahren.

    (6)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass bei Schadensersatzansprüchen, die auf die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung gestützt werden, diese zunächst von einer mit den dafür erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Stelle aufgehoben worden sein muss.

    (7)   Außer in den in den Artikeln 2d bis 2f genannten Fällen richten sich die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Befugnisse auf den nach der Zuschlagsentscheidung geschlossenen Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht.

    Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadensersatz aufgehoben werden muss, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass nach dem Vertragsschluss in Übereinstimmung mit Artikel 1 Absatz 5, Absatz 3 des vorliegenden Artikels oder den Artikeln 2a bis 2f die Befugnisse der Nachprüfungsstelle darauf beschränkt werden, einer durch einen Verstoß geschädigten Person Schadensersatz zuzuerkennen.

    (8)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidungen der Nachprüfungsstellen wirksam durchgesetzt werden können.

    (9)   Eine Nachprüfungsstelle, die kein Gericht ist, muss ihre Entscheidung stets schriftlich begründen. Ferner ist in diesem Falle sicherzustellen, dass eine behauptete rechtswidrige Maßnahme der Nachprüfungsstelle oder ein behaupteter Verstoß bei der Ausübung der ihr übertragenen Befugnisse zum Gegenstand einer Klage oder einer Nachprüfung bei einer anderen von dem öffentlichen Auftraggeber und der Nachprüfungsstelle unabhängigen Stelle, die ein Gericht im Sinne des Artikels [267 AEUV] ist, gemacht werden können.

    …“

    Slowakisches Recht

    11

    § 9 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 25/2006 über öffentliche Aufträge in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung bestimmt:

    „Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind der Grundsatz der Gleichbehandlung, der Grundsatz der Nichtdiskriminierung der Bieter oder Bewerber, der Grundsatz der Transparenz sowie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Effektivität anzuwenden.“

    12

    § 27 („Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“) dieses Gesetzes sieht vor:

    „(1)   Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann in der Regel nachgewiesen werden durch

    a)

    eine Erklärung einer Bank oder einer Niederlassung einer ausländischen Bank, die eine Darlehenszusage der Bank oder der Niederlassung einer ausländischen Bank sein kann,

    (3)   Ist es dem Bieter oder Bewerber aus objektiven Gründen nicht möglich, seine finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch ein bestimmtes Dokument nachzuweisen, können der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber auch einen anderen Nachweis zulassen, mit dem die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belegt wird.“

    13

    In § 32 Abs. 1 Buchst. b des Gesetzes heißt es:

    „Der öffentliche Auftraggeber führt in der Bekanntmachung die Auswahlkriterien auf hinsichtlich

    b)

    der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und deren Nachweis gemäß § 27.

    …“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    14

    Mit einer am 16. November 2013 in der Ergänzung zum Amtsblatt der Europäischen Union unter der Nr. 223/2013 und am selben Tag im slowakischen Amtsblatt für öffentliche Aufträge unter der Referenz 18627-MSP veröffentlichten Bekanntmachung leitete der öffentliche Auftraggeber ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über Rekonstruktions-, Modernisierungs- und Errichtungsarbeiten für 16 Fußballstadien (im Folgenden: öffentlicher Auftrag) ein.

    15

    Aus den Informationen, die das vorlegende Gericht auf ein Ersuchen um Klarstellung mitgeteilt hat, geht hervor, dass der Wert des öffentlichen Auftrags 25500000 Euro ohne Mehrwertsteuer betrug.

    16

    Hinsichtlich der Anforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit wurde in der Bekanntmachung unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes Nr. 25/2006 von den Teilnehmern an der Ausschreibung die Vorlage einer Erklärung einer Bank oder einer Niederlassung einer ausländischen Bank verlangt, aus der hervorgeht, dass ihnen ein Darlehen im Wert von mindestens 3000000 Euro gewährt und für die gesamte Dauer der Ausführung des öffentlichen Auftrags zur Verfügung stehen würde. Diese Bescheinigung sollte die Form eines Darlehensvertrags oder Darlehensvorvertrags haben und von einem zur Eingehung einer entsprechenden Verpflichtung der betreffenden Bank Bevollmächtigten ausgestellt sein.

    17

    Der abgelehnte Bieter nahm an dieser Ausschreibung teil. Zum Nachweis, dass er die in der vorstehenden Randnummer genannten Anforderungen erfülle, legte er eine Bescheinigung einer Bank vor, die Informationen über die Eröffnung eines Kontokorrentkredits in Höhe von über 5000000 Euro enthielt, sowie eine ehrenwörtliche Erklärung, dass seinem Kontokorrent für den Fall, dass sein Angebot ausgewählt würde, ein Betrag von mindestens 3000000 Euro zum Zeitpunkt des Abschlusses des Werkvertrags und für die gesamte Dauer der Ausführung des öffentlichen Auftrages gutgeschrieben würde.

    18

    Der abgelehnte Bieter machte geltend, es sei ihm objektiv unmöglich, die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Anforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit in einer anderen Art und Weise zu erfüllen, und stützte sich hierfür auf Erklärungen vom Auftraggeber angesprochener slowakischer Banken, denen zufolge eine verbindliche Darlehenszusage, wie sie in der Bekanntmachung verlangt wurde, erst nach der Genehmigung des Kreditgeschäfts und der Erfüllung aller Anforderungen der Bank im Hinblick auf den Abschluss des Darlehensvertrag hätte abgegeben werden können.

    19

    Der öffentliche Auftraggeber war der Auffassung, dass der besagte Bieter insbesondere nicht den Anforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nach § 27 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes Nr. 25/2006 genügt habe, und entschied, ihn von der Vergabe auszuschließen. Diese Entscheidung wurde durch die Behörde für öffentliche Aufträge bestätigt. Nachdem der Krajský súd Bratislava (Regionalgericht Bratislava, Slowakei) die Klage gegen diese Entscheidung mit Urteil vom 13. Januar 2015 abgewiesen hatte, befasste der abgelehnte Bieter das vorlegende Gericht, den Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik), mit einem Rechtsmittel gegen dieses Urteil.

    20

    Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, der, obschon der abgelehnte Bieter zum Zeitpunkt des Verfahrens der Auswahl des Angebots über die Verpflichtung einer Bank betreffend ein Darlehen in Höhe von 5000000 Euro verfügte, befand, dass dieser Bieter nicht die in der Bekanntmachung festgelegten Kriterien für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit erfülle.

    21

    Das vorlegende Gericht fragt sich auch, ob die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch alternative Belege nachgewiesen werden könne, und in diesem Zusammenhang, ob eine vom Bieter abgegebene ehrenwörtliche Erklärung, wonach im Fall der Auswahl seines Angebots seinem Konto mindestens 3000000 Euro zum Zeitpunkt des Abschlusses des Werkvertrags und für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags gutgeschrieben würden, hierfür ausreichen könnte.

    22

    Schließlich stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob die gerichtliche Nachprüfung, die der abgelehnte Bieter auf nationaler Ebene durchführen lassen könne, als „wirksam“ im Sinne des Unionsrechts qualifiziert werden könne, da der Gegenstand dieser Nachprüfung weggefallen sei, weil der Zuschlagsempfänger den Auftrag fast vollständig ausgeführt habe.

    23

    Daher hat der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.

    Steht das Verfahren einer nationalen Behörde im Einklang mit dem Ziel von Art. 47, insbesondere dessen Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4, der Richtlinie 2004/18, wenn sie die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines Bieters in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags mit einem geschätzten Gesamtwert von 3000000 Euro auf der Grundlage der von ihm vorgelegten ehrenwörtlichen Erklärung und einer Bankerklärung, wonach der Bieter ein besonderes Bankdarlehen ohne Zweckbindung bis zu einer über den Auftragswert hinausgehenden Kreditlinie in Anspruch nehmen kann, dahin bewertet hat, dass der Nachweis der Vergabebedingung über die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters nicht erbracht worden ist?

    2.

    Kann eine Situation auf dem Markt der Bankdienstleistungen in einem Mitgliedstaat, wenn eine Bank in ihrer verbindlichen Darlehenszusage die Zurverfügungstellung von Finanzmitteln von der Erfüllung der Darlehensbedingungen in einem Darlehensvertrag, die zur Zeit der Durchführung des Verfahrens zur Vergabe des öffentlichen Auftrags nicht näher bestimmt sind, abhängig macht, einen „berechtigten Grund“ im Sinne des Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 darstellen, der den Bieter daran hindert, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Belege beizubringen, so dass er in einer solchen Situation seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch eine ehrenwörtliche Erklärung nachweisen kann, wonach ein ausreichendes Darlehensverhältnis zwischen ihm und der Bank besteht?

    3.

    Kann bei der gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung einer nationalen Behörde für öffentliche Aufträge über den Ausschluss eines abgelehnten Bieters der Umstand, dass die einzelnen Aufträge vom Zuschlagsempfänger bereits fast vollständig ausgeführt wurden, als ein objektives Hindernis angesehen werden, das es dem nationalen Gericht unmöglich macht, Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 3, 6, 7 und 8 der Richtlinie 89/665 nachzukommen?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten Frage

    24

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 47 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter von einem öffentlichen Auftrag mit der Begründung ausschließt, dass er nicht die in der Vergabebekanntmachung festgelegte Bedingung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung erfüllt, wonach diese sich verpflichtet, ein Darlehen in Höhe des in der Vergabebekanntmachung festgelegten Betrags zu gewähren und dem Bieter die Verfügbarkeit dieses Betrags für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags zu garantieren.

    25

    Zunächst ist daran zu erinnern, dass Art. 267 AEUV dem Gerichtshof nicht die Befugnis gibt, die Normen des Unionsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, sondern nur die, sich zur Auslegung der Verträge und der Rechtsakte der Organe der Europäischen Union zu äußern. Der Gerichtshof kann aber das Unionsrecht im Rahmen der durch diesen Artikel begründeten Zusammenarbeit zwischen den Gerichten unter Berücksichtigung der Akten auslegen, soweit dies dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen einer unionsrechtlichen Bestimmung dienlich sein könnte (Urteil vom 16. Juli 2015, CHEZ Razpredelenie Bulgaria, C‑83/14, EU:C:2015:480, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    26

    Gemäß Art. 44 der Richtlinie 2004/18 können die öffentlichen Auftraggeber Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit stellen, denen die Bieter genügen müssen. Diese Mindestanforderungen müssen in der Bekanntmachung angegeben werden.

    27

    Art. 47 Abs. 1 dieser Richtlinie nennt die Nachweise, die in der Regel von einem Wirtschaftsteilnehmer zum Beleg seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit verlangt werden können. Mit diesen Nachweisen soll festgestellt werden, ob der Bieter über die erforderlichen Mittel für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags verfügt. Zu diesen Nachweisen gehören „entsprechende Bankerklärungen“.

    28

    Gemäß Art. 47 Abs. 4 geben die öffentlichen Auftraggeber in der Bekanntmachung an, welche Nachweise sowie welche anderen Nachweise vorzulegen sind.

    29

    Im vorliegenden Fall wurde in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bekanntmachung als Kriterium zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit vom Bieter verlangt, ein von einer Bank ausgestelltes Dokument vorzulegen, in dem die Gewährung eines Darlehens von mindestens 3000000 Euro zu seinen Gunsten und eine Gültigkeit des Darlehens während der gesamten Dauer der Ausführung des Auftrags, also 48 Monate, bescheinigt werden.

    30

    Aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten geht hervor, dass der abgelehnte Bieter eine von einer Bank ausgestellte Erklärung mit Informationen über seine finanzielle Situation und eine Bescheinigung über die Eröffnung eines Kontokorrentkredits über einen Betrag von mehr als 5000000 Euro vorgelegt hat. Der abgelehnte Bieter hat auch eine Bescheinigung vorlegt, in der er ehrenwörtlich erklärte, dass seinem Konto für den Fall, dass sein Angebot ausgewählt würde, mindestens 3000000 Euro für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags gutgeschrieben würden.

    31

    Der öffentliche Auftraggeber war jedoch der Ansicht, dass der abgelehnte Bieter den hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit gestellten Anforderungen nicht genügt habe, da seine wirtschaftliche und finanzielle Situation nicht der Teilnahmebedingung entsprochen habe, die die Vorlage eines Beweises in der geforderten Form und mit dem geforderten Inhalt voraussetzte.

    32

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 47 der Richtlinie 2004/18 den öffentlichen Auftraggebern verhältnismäßig viel Freiheit belässt, was insbesondere aus der in dieser Bestimmung enthaltenen Wendung „in der Regel“ hervorgeht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gestattet es Art. 47 Abs. 4 – im Gegensatz zu Art. 48 dieser Richtlinie, mit dem ein geschlossenes System eingeführt wird, das die Bewertungs- und Prüfungsmethoden, über die diese Auftraggeber verfügen, und damit ihre Möglichkeiten zum Aufstellen von Anforderungen begrenzt – den öffentlichen Auftraggebern ausdrücklich, zu bestimmen, welche Nachweise die Bewerber oder Bieter für ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beizubringen haben. Da Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 auf deren Art. 47 Bezug nimmt, besteht die gleiche Wahlfreiheit auch bei der Bestimmung der Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2012, Édukövízig und Hochtief Construction, C‑218/11, EU:C:2012:643, Rn. 28).

    33

    Hierbei ergibt sich aus Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 ausdrücklich, dass die gestellten Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein müssen. Daraus folgt, dass die Anforderungen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit objektiv geeignet sein müssen, über diese Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers Auskunft zu geben, und dass sie der Bedeutung des betreffenden Auftrags in dem Sinne angepasst sein müssen, dass sie objektiv einen konkreten Hinweis auf das Bestehen einer zur erfolgreichen Ausführung dieses Auftrags ausreichenden wirtschaftlichen und finanziellen Basis ermöglichen, ohne jedoch über das hierzu vernünftigerweise erforderliche Maß hinauszugehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2012, Édukövízig und Hochtief Construction, C‑218/11, EU:C:2012:643, Rn. 29).

    34

    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass zum einen der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, dass die Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben müssen, was voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sein müssen. Zum anderen soll das damit einhergehende Transparenzgebot die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von willkürlichen Entscheidungen des Auftraggebers ausschließen. Dieses Gebot verlangt, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit, erstens, alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und, zweitens, der öffentliche Auftraggeber imstande ist, tatsächlich zu überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (Urteil vom 2. Juni 2016, Pizzo, C‑27/15, EU:C:2016:404, Rn. 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    35

    Was zum einen die in der Bekanntmachung ausdrückliche genannte Anforderung angeht, dass die finanzielle Garantie „für die Zwecke der Erfüllung des Auftrags“ gewährt werden müsse, so scheint sich aus dem Wortlaut der ersten Vorlagefrage zu ergeben, dass der öffentliche Auftraggeber der Ansicht war, diese Anforderung sei nicht erfüllt worden, da der dem Bieter gewährte Bankkredit zwar über den in der Bekanntmachung verlangten Betrag hinausging, aber ein Kontokorrentkredit war, der nicht für die Zwecke der Ausführung des Auftrags bestimmt war.

    36

    In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die Anforderung, einen für die Ausführung des Auftrags zweckbestimmten Kredit zu erhalten, objektiv geeignet ist, über die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters, den Auftrag erfolgreich auszuführen, Auskunft zu geben. Denn wie die Europäische Kommission ausgeführt hat, ist die Zweckbestimmung eines Kredits geeignet, nachzuweisen, dass der Bieter tatsächlich über diese Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom2. Dezember 1999, Holst Italia, C‑176/98, EU:C:1999:593, Rn. 29). Zu prüfen, ob der in der Bekanntmachung geforderte Betrag dem Gegenstand des Auftrags angemessen ist, ist allerdings Sache des vorlegenden Gerichts.

    37

    Was zum anderen die ebenfalls in der Bekanntmachung genannte Anforderung in Bezug auf die Gewährung eines Darlehens in Höhe von mindestens 3000000 Euro „für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags (48 Monate)“ angeht, so sieht Art. 47 der Richtlinie 2004/18 zwar nicht ausdrücklich vor, dass der öffentliche Auftraggeber von einem Bieter verlangen kann, dass die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Mittel während der gesamten Dauer der Ausführung des Auftrags zur Verfügung stehen. Wie der Generalanwalt in Nr. 46 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist jedoch davon auszugehen, dass die Prüfung, ob die wirtschaftlichen und finanziellen Kriterien eingehalten sind, durch den öffentlichen Auftraggeber im Rahmen des Verfahrens der Vergabe des Auftrags voraussetzt, dass dieser sich die Gewissheit verschafft, dass dem Bieter während des Auftragszeitraums tatsächlich die Mittel aller Art zu Gebote stehen, auf die er sich beruft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Januar 2016, Ostas celtnieks, C‑234/14, EU:C:2016:6, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    38

    Darüber hinaus ist die Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit des während der Ausführung des Vertrags geforderten Betrags ein sachdienliches Element, um die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters in Bezug auf seine Verpflichtungen konkret zu beurteilen. Die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags ist nämlich untrennbar daran gebunden, dass der Bieter über die finanziellen Mittel zu dessen erfolgreicher Durchführung verfügt.

    39

    Im vorliegenden Fall ist mithin die Bedingung, dass der Bieter während der gesamten Dauer der Ausführung des Auftrags über finanzielle Mittel verfügen können muss, geeignet, die Ziele von Art. 47 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18 zu wahren.

    40

    Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, die Stichhaltigkeit der vom Bieter hierfür beigebrachten Beweise, zu denen auch der Vertrag über die Eröffnung eines Kontokorrentkredits gehört, zu beurteilen.

    41

    Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 47 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass er nicht dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter von einem öffentlichen Auftrag mit der Begründung ausschließt, dass dieser nicht die in der Vergabebekanntmachung festgelegte Bedingung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung erfüllt, wonach diese sich verpflichtet, ein Darlehen in Höhe des in der Vergabebekanntmachung festgelegten Betrags zu gewähren und dem Bieter die Verfügbarkeit dieses Betrags für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags zu garantieren.

    Zur zweiten Frage

    42

    Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in dem Fall, dass in einer Bekanntmachung die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung verlangt wird, wonach diese sich verpflichtet, ein Darlehen in Höhe des in dieser Bekanntmachung festgelegten Betrags zu gewähren und dem Bieter die Verfügbarkeit dieses Betrags während der gesamten Dauer der Ausführung des Auftrags zu garantieren, der Umstand, dass die vom Bieter angefragten Banken sich nicht imstande sehen, diesem Bieter eine derart formulierte Bescheinigung zu erteilen, einen „berechtigten Grund“ im Sinne von Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 darstellen kann, der den Bieter gegebenenfalls berechtigt, den Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs wie einer ehrenwörtlichen Erklärung zu erbringen, ausweislich deren seinem Konto, wenn sein Angebot ausgewählt würde, ein Betrag in Höhe des in der Bekanntmachung festgelegten Betrags und für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags gutgeschrieben würde.

    43

    Nach Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 kann der Bieter, dem es aus einem berechtigten Grund unmöglich ist, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise beizubringen, den Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen Belegs zu erbringen, soweit der öffentliche Auftraggeber diesen Beleg diesbezüglich für geeignet erachtet.

    44

    Im vorliegenden Fall hat der abgelehnte Bieter eine ehrenwörtliche Erklärung vorgelegt, mit der bescheinigt wird, dass seinem Konto für den Fall, dass sein Angebot ausgewählt würde, mindestens 3000000 Euro für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags gutgeschrieben würden, und geltend gemacht, dass es ihm unmöglich sei, eine Bescheinigung einer Bank zu erhalten, in der diese sich verpflichte, ihm ein Darlehen in der in der Bekanntmachung festgelegten Höhe zu gewähren.

    45

    Insoweit ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es für den abgelehnten Bieter objektiv unmöglich war, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise beizubringen. Das wäre u. a. dann der Fall, wenn, wie der Generalanwalt in Nr. 53 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der fragliche Bieter in der Slowakei keine Nachweise wie die in der Bekanntmachung geforderten erhalten könnte.

    46

    Nur wenn das vorlegende Gericht eine solche objektive Unmöglichkeit feststellen sollte, hätte es zu prüfen, ob der öffentliche Auftraggeber begründet annehmen durfte, dass die vom Bieter vorgelegte ehrenwörtliche Erklärung kein geeignetes Dokument darstellte, um seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit zu beweisen. Das Gericht hat gemäß Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie und im Licht von deren 39. Erwägungsgrund auch zu prüfen, ob der Umfang der Informationen und die gestellten Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sind und ob die Auswahlkriterien in nicht diskriminierender Weise angewandt wurden.

    47

    Hinsichtlich der tatsächlichen Umstände wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob es dem abgelehnten Bieter objektiv unmöglich war, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise beizubringen, und, sofern das der Fall war, ob der öffentliche Auftraggeber begründet annehmen durfte, dass die vom Bieter vorgelegte ehrenwörtliche Erklärung kein geeigneter Beleg zum Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit war.

    48

    Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass in dem Fall, dass in einer Bekanntmachung die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung verlangt wird, wonach diese sich verpflichtet, ein Darlehen in Höhe des in dieser Bekanntmachung festgelegten Betrags zu gewähren und dem Bieter die Verfügbarkeit dieses Betrags während der gesamten Dauer der Ausführung des Auftrags zu garantieren, der Umstand, dass die vom Bieter angefragten Banken sich nicht imstande sehen, diesem Bieter eine derart formulierte Bescheinigung zu erteilen, einen „berechtigten Grund“ im Sinne dieses Artikels darstellen kann, weshalb der Bieter den Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit gegebenenfalls durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen kann, sofern es diesem Bieter objektiv unmöglich war, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise beizubringen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

    Zur dritten Frage

    49

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das mit Art. 267 AEUV eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen (vgl. u. a. Beschluss vom 8. September 2016, Caixabank und Abanca Corporación Bancaria, C‑91/16 und C‑120/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:673, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    50

    Insoweit hat der Gerichtshof mehrfach darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit zu einer dem nationalen Gericht dienlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, es erforderlich macht, dass dieses Gericht den Sachverhalt und den rechtlichen Rahmen, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (vgl. u. a. Beschluss vom 8. September 2016, Caixabank und Abanca Corporación Bancaria, C‑91/16 und C‑120/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:673, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    51

    Die Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens werden in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs und in Rn. 15 der Empfehlungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl. 2016, C 439, S. 1) ausdrücklich genannt. Danach enthält ein Vorabentscheidungsersuchen „eine kurze Darstellung des Streitgegenstands und des maßgeblichen Sachverhalts, wie er vom vorlegenden Gericht festgestellt worden ist, oder zumindest eine Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die Vorlagefragen beruhen“, „den Inhalt der möglicherweise auf den Fall anwendbaren nationalen Vorschriften und gegebenenfalls die einschlägige nationale Rechtsprechung“ sowie „eine Darstellung der Gründe, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang, den es zwischen diesen Vorschriften und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt“ (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 20. Juli 2016, Stanleybet Malta und Stoppani, C‑141/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:596, Rn. 8 und 9 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    52

    Im vorliegenden Fall enthält das Vorabentscheidungsersuchen keine Angabe der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 89/665 über Nachprüfungsverfahren und deren Wirkungen in ihrer durch die Richtlinie 2007/66 geänderten Fassung. Das Gericht unterlässt es insbesondere, anzugeben, ob die Slowakische Republik, wie in Art. 2 Abs. 6 dieser Richtlinie vorgesehen, vorgesehen hat, dass die angefochtene Entscheidung erst aufgehoben werden muss, damit Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, oder ob sie, wie Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 2 der Richtlinie es gestattet, vorgesehen hat, dass nach dem Vertragsschluss die Befugnisse der Nachprüfungsstelle darauf beschränkt werden, Schadensersatz zuzuerkennen.

    53

    Der Vorlageentscheidung fehlt es zudem an Genauigkeit in Bezug auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, den Gegenstand der vom abgelehnten Bieter erhobenen Klage und die Gründe, aus denen das Verfahren der Vergabe des Auftrags fortgesetzt wurde, obwohl eine Klage gegen die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers anhängig war.

    54

    In Ermangelung dieser Angaben vermag der Gerichtshof keine sachdienliche Antwort auf die dritte Frage zu geben, die folglich unzulässig ist.

    Kosten

    55

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 47 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass er nicht dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter von einem öffentlichen Auftrag mit der Begründung ausschließt, dass dieser nicht die in der Vergabebekanntmachung festgelegte Bedingung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung erfüllt, wonach diese sich verpflichtet, ein Darlehen in Höhe des in der Vergabebekanntmachung festgelegten Betrags zu gewähren und dem Bieter die Verfügbarkeit dieses Betrags für die gesamte Dauer der Ausführung des Auftrags zu garantieren.

     

    2.

    Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass in einer Bekanntmachung die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung verlangt wird, wonach diese sich verpflichtet, ein Darlehen in Höhe des in dieser Bekanntmachung festgelegten Betrags zu gewähren und dem Bieter die Verfügbarkeit dieses Betrags während der gesamten Dauer der Ausführung des Auftrags zu garantieren, der Umstand, dass die vom Bieter angefragten Banken sich nicht imstande sehen, diesem Bieter eine derart formulierte Bescheinigung zu erteilen, einen „berechtigten Grund“ im Sinne dieses Artikels darstellen kann, weshalb der Bieter den Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit gegebenenfalls durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen kann, sofern es diesem Bieter objektiv unmöglich war, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise beizubringen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Slowakisch.

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