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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62015CJ0256

    Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 15. Dezember 2016.
    Drago Nemec gegen Republika Slovenija.
    Vorabentscheidungsersuchen des Vrhovno sodišče Republike Slovenije.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2000/35/EG – Bekämpfung von Zahlungsverzug – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Rechtsgeschäft, das vor dem Beitritt der Republik Slowenien zur Europäischen Union abgeschlossen wurde – Anwendungsbereich – Begriff ‚Geschäftsverkehr‘ – Begriff ‚Unternehmen‘ – Obergrenze für Verzugszinsen.
    Rechtssache C-256/15.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2016:954

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

    15. Dezember 2016 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2000/35/EG — Bekämpfung von Zahlungsverzug — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Rechtsgeschäft, das vor dem Beitritt der Republik Slowenien zur Europäischen Union abgeschlossen wurde — Anwendungsbereich — Begriff ‚Geschäftsverkehr‘ — Begriff ‚Unternehmen‘ — Obergrenze für Verzugszinsen“

    In der Rechtssache C‑256/15

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vrhovno sodišče (Oberstes Gericht der Republik Slowenien) mit Entscheidung vom 19. März 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juni 2015, in dem Verfahren

    Drago Nemec

    gegen

    Republika Slovenija

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet und E. Levits,

    Generalanwalt: M. Bobek,

    Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2016,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der slowenischen Regierung, vertreten durch N. Pintar Gosenca und A. Vran als Bevollmächtigte,

    der lettischen Regierung, vertreten durch A. Bogdanova und I. Kalniņš als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Šimerdová und M. Žebre als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Juli 2016

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. 2000, L 200, S. 35).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Drago Nemec und der Republika Slovenija (Republik Slowenien) über eine Klage auf Ersatz des Schadens, der Herrn Nemec aufgrund der behaupteten Unvereinbarkeit der nationalen Regelung mit der Richtlinie 2000/35 entstanden sein soll.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Beitrittsakte von 2003

    3

    Art. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte von 2003) bestimmt:

    „Ab dem Tag des Beitritts sind die ursprünglichen Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe und der Europäischen Zentralbank für die neuen Mitgliedstaaten verbindlich und gelten in diesen Staaten nach Maßgabe der genannten Verträge und dieser Akte.“

    4

    Art. 54 dieser Akte sieht vor:

    „Sofern in den in Artikel 24 genannten Anhängen oder in anderen Bestimmungen dieser Akte oder ihren Anhängen nicht eine andere Frist vorgesehen ist, setzen die neuen Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen in Kraft, um den Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EG-Vertrags und des Artikels 161 des Euratom-Vertrags vom Tag des Beitritts an nachzukommen.“

    Richtlinie 2000/35

    5

    In den Erwägungsgründen 7, 9, 10, 13 und 16 der Richtlinie 2000/35 heißt es:

    „(7)

    Den Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren, verursachen übermäßig lange Zahlungsfristen und Zahlungsverzug große Verwaltungs- und Finanzlasten. Überdies zählen diese Probleme zu den Hauptgründen für Insolvenzen, die den Bestand der Unternehmen gefährden, und führen zum Verlust zahlreicher Arbeitsplätze.

    (9)

    Die Unterschiede zwischen den Zahlungsbestimmungen und ‑praktiken in den Mitgliedstaaten beeinträchtigen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes.

    (10)

    Dies hat eine beträchtliche Einschränkung des Geschäftsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten zur Folge. Es widerspricht Artikel 14 des Vertrags, da Unternehmer in der Lage sein sollten, im gesamten Binnenmarkt unter Bedingungen Handel zu treiben, die gewährleisten, dass grenzüberschreitende Geschäfte nicht größere Risiken mit sich bringen als Inlandsverkäufe. …

    (13)

    Diese Richtlinie ist auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen beschränkt und umfasst weder Geschäfte mit Verbrauchern noch die Zahlung von Zinsen im Zusammenhang mit anderen Zahlungen, z. B. unter das Scheck- und Wechselrecht fallenden Zahlungen oder Schadensersatzzahlungen einschließlich Zahlungen von Versicherungsgesellschaften.

    (16)

    Zahlungsverzug stellt einen Vertragsbruch dar, der für die Schuldner in den meisten Mitgliedstaaten durch niedrige Verzugszinsen und/oder langsame Beitreibungsverfahren finanzielle Vorteile bringt. Ein durchgreifender Wandel … ist erforderlich, um diese Entwicklung umzukehren und um sicherzustellen, dass die Folgen des Zahlungsverzugs von der Überschreitung der Zahlungsfristen abschrecken.“

    6

    Art. 1 der Richtlinie, der ihren Anwendungsbereich festlegt, bestimmt:

    „Diese Richtlinie ist auf alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zu leisten sind, anzuwenden.“

    7

    Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie sieht vor:

    „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

    1.

    ‚Geschäftsverkehr‘ Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen;

    ‚Unternehmen‘ jede im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handelnde Organisation, auch wenn die Tätigkeit von einer einzelnen Person ausgeübt wird“.

    8

    Art. 3 („Zinsen bei Zahlungsverzug“) der Richtlinie bestimmt in Abs. 1:

    „Die Mitgliedstaaten stellen Folgendes sicher:

    a)

    Zinsen gemäß Buchstabe d) sind ab dem Tag zu zahlen, der auf den vertraglich festgelegten Zahlungstermin oder das vertraglich festgelegte Ende der Zahlungsfrist folgt.

    c)

    Der Gläubiger ist berechtigt, bei Zahlungsverzug Zinsen insoweit geltend zu machen, als er

    i)

    seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt hat und

    ii)

    den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten hat, es sei denn, dass der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist.

    d)

    Die Höhe der Verzugszinsen (‚gesetzlicher Zinssatz‘), zu deren Zahlung der Schuldner verpflichtet ist, ergibt sich aus der Summe des Zinssatzes, der von der Europäischen Zentralbank auf ihre jüngste Hauptrefinanzierungsoperation, die vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres durchgeführt wurde, angewendet wurde (‚Bezugszinssatz‘), zuzüglich mindestens 7 Prozentpunkten …, sofern vertraglich nichts anderes bestimmt ist. Für Mitgliedstaaten, die nicht an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmen, ist der Bezugszinssatz der entsprechende Zinssatz ihrer Zentralbank. …

    …“

    9

    Art. 6 der Richtlinie lautet:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie vor dem 8. August 2002 nachzukommen. …

    (3)   Bei der Umsetzung dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten Folgendes ausnehmen:

    b)

    Verträge, die vor dem 8. August 2002 geschlossen worden sind …

    …“

    Slowenisches Recht

    Vorschriften über die Zahlung von Verzugszinsen

    10

    Gemäß Art. 277 Abs. 1 des Zakon o obligacijskih razmerjih (Gesetz über die Schuldverhältnisse) hat der Schuldner einer Forderung dem Gläubiger neben der Hauptforderung Verzugszinsen zu zahlen, wenn er den für die betreffende Forderung geschuldeten Betrag nicht bei Fälligkeit gezahlt hat.

    11

    Dieses Gesetz wurde ab dem 1. Januar 2002 durch den Obligacijski zakonik (Schuldrechtsgesetzbuch, im Folgenden: OZ) ersetzt. Dieser übernahm im Wesentlichen die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannte Bestimmung und führte in Art. 376 einen neuen Grundsatz ein, wonach der Lauf der Verzugszinsen gestoppt wird, wenn der Betrag der fälligen, aber nicht gezahlten Zinsen den Betrag der Hauptforderung erreicht (im Folgenden: Grundsatz ne ultra alterum tantum).

    Gewerberechtliche Vorschriften

    12

    Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass die Ausübung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit durch eine natürliche Person zum Zeitpunkt des für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Sachverhalts im Juni 1993 durch den Obrtni zakon (Gewerbegesetz) in seiner damals geltenden Fassung geregelt war. Nach diesem später geänderten Gesetz musste eine natürliche Person, um eine wirtschaftliche Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender ausüben zu können, eine von der zuständigen Behörde erteilte Genehmigung besitzen, in der die betreffende Tätigkeit genannt ist.

    Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

    13

    Herr Nemec besitzt seit dem 8. November 1989 eine Gewerbeerlaubnis für das Drehen von Maschinenteilen und Schweißen. Im Juni 1993 schloss er mit dem Gasilsko društvo Murska Sobota (Freiwillige Feuerwehr Murska Sobota, im Folgenden: Feuerwehr) einen Vertrag ab, wonach er dieser mietweise einen Tankwagen zum Wassertransport in Dürrezeiten überließ.

    14

    Im Laufe des Jahres 1996 erhob Herr Nemec auf der Grundlage dieses Vertrags Klage gegen die Feuerwehr auf Zahlung eines Betrags von 17669,51 Euro.

    15

    Mit Urteil vom 17. Februar 2010 verurteilte das Višje sodišče v Mariboru (Berufungsgericht Maribor/Marburg, Slowenien) die Feuerwehr zur Zahlung eines Betrags von 15061,44 Euro nebst gesetzlichen Verzugszinsen für die Zeit vom 25. März 1996 bis zum 31. Dezember 2001. In Bezug auf die Zahlung von Verzugszinsen ab dem 1. Januar 2002, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundsatzes ne ultra alterum tantum, wies dieses Gericht die Klage dagegen ab. Der Betrag der bis zum 31. Dezember 2001 zu zahlenden Verzugszinsen war nämlich bereits höher als der Betrag der Hauptforderung.

    16

    Am 18. Mai 2010 zahlte die Feuerwehr den nach diesem Urteil geschuldeten Betrag.

    17

    Herr Nemec war der Ansicht, dass der Grundsatz ne ultra alterum tantum mit der Richtlinie 2000/35 unvereinbar sei und dass das Višje sodišče v Mariboru (Berufungsgericht Maribor/Marburg) daher seine Klage auf Zahlung von Verzugszinsen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 18. Mai 2010 zu Unrecht abgewiesen habe, und erhob deshalb Klage gegen die Republik Slowenien auf Ersatz des ihm durch diese behauptete Unvereinbarkeit entstandenen Schadens. Nachdem das erstinstanzliche Gericht diese Klage mit Urteil vom 18. Mai 2011, das in der Berufung mit Urteil vom 24. Januar 2012 bestätigt wurde, mit der Begründung abgewiesen hatte, dass die genannte Richtlinie auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar sei, legte Herr Nemec bei dem vorlegenden Gericht, dem Vrhovno sodišče (Oberstes Gericht der Republik Slowenien), Kassationsbeschwerde ein.

    18

    Dieses Gericht hat Zweifel, ob der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/35 fällt. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob Herr Nemec diesen Vertrag als „Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 dieser Richtlinie, d. h. als im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handelnde Organisation, geschlossen hat – mit der Folge, dass es sich bei dem Vertrag um „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung handelt und er damit in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Denn der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag betrifft zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit und hat zur Ausstellung einer Rechnung geführt, er fällt jedoch nicht unter die Tätigkeiten des Drehens von Maschinenteilen und des Schweißens, für die Herr Nemec eine Genehmigung zur Ausübung seines Berufs als selbständiger Gewerbetreibender besitzt.

    19

    Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird, fragt sich das vorlegende Gericht auch, ob der in Art. 376 OZ vorgesehene Grundsatz ne ultra alterum tantum mit der Richtlinie 2000/35 vereinbar ist.

    20

    Unter diesen Umständen hat das Vrhovno sodišče (Oberstes Gericht der Republik Slowenien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 2 Nr. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen, dass es sich in einem System, in dem einer Person zur Ausführung von wirtschaftlichen Tätigkeiten eine Genehmigung erteilt wird, in der die unter diese Genehmigung fallenden Tätigkeiten angegeben sind, nicht um ein Unternehmen und infolgedessen auch nicht um einen Geschäftsvorgang im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn das Rechtsgeschäft, aus dem der Zahlungsverzug entstanden ist, eine Tätigkeit betrifft, die nicht unter die Genehmigung fällt?

    Wenn die vorherige Frage verneint wird:

    2.

    Ist Art. 2 Nr. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen, dass eine natürliche Person als ein Unternehmen und das Rechtsgeschäft, aus dem der Zahlungsverzug entstanden ist, als ein Geschäftsvorgang im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, wenn es sich um ein Rechtsgeschäft handelt, das zwar nicht unter die registrierte Tätigkeit dieser natürlichen Person fällt, jedoch seiner Art nach eine wirtschaftliche Tätigkeit sein kann und hierfür auch eine Rechnung ausgestellt wurde?

    3.

    Steht der Grundsatz, dass der Lauf der Verzugszinsen gestoppt wird, wenn die Summe der fälligen und nicht gezahlten Zinsen den Betrag der Hauptforderung erreicht (Grundsatz ne ultra alterum tantum), im Gegensatz zu den Bestimmungen der Richtlinie 2000/35?

    Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

    21

    Die slowenische Regierung und die Europäische Kommission haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof geltend gemacht, dass dieser für die Beantwortung der von dem vorlegenden Gericht gestellten Fragen nicht zuständig sei. Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits sei nämlich ein vor dem Beitritt der Republik Slowenien zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 liegender Sachverhalt, der alle seine Wirkungen vor diesem Zeitpunkt entfaltet habe.

    22

    Hierzu ist festzustellen, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag zwar im Juni 1993 geschlossen wurde und der vorliegenden Rechtssache damit ein vor dem Beitritt der Republik Slowenien zur Union entstandener Sachverhalt zugrunde liegt.

    23

    Dieser Sachverhalt hat jedoch nach diesem Beitritt weiterhin Wirkungen entfaltet. Der Zahlungsverzug hinsichtlich der Hauptforderung, aus dem sich die von Herrn Nemec geforderten Verzugszinsen ergeben, hat nämlich bis zum 18. Mai 2010, dem Tag, an dem die Feuerwehr die entsprechende Zahlung geleistet hat, fortbestanden, und die von Herrn Nemec erhobene Klage ist gerade auf den Ersatz des Schadens gerichtet, der ihm dadurch entstanden sein soll, dass das Višje sodišče v Mariboru (Berufungsgericht Maribor/Marburg) seine Klage auf Zahlung dieser Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 18. Mai 2010 abgewiesen hat.

    24

    Nach den Art. 2 und 54 der Beitrittsakte von 2003 sind die ursprünglichen Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe ab dem Tag des Beitritts für die neuen Mitgliedstaaten verbindlich und gelten in diesen Staaten nach Maßgabe der genannten Verträge und dieser Akte.

    25

    Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine neue Vorschrift, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, unmittelbar auf die künftigen Auswirkungen eines Sachverhalts anzuwenden, der unter der Geltung der alten Vorschrift entstanden ist. In Anwendung dieses Grundsatzes hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Vorschrift des Unionsrechts, wenn die Akte über die Bedingungen des Beitritts eines Mitgliedstaats keine Angabe zur Anwendung dieser Vorschrift enthält, sofort anwendbar und für diesen Mitgliedstaat vom Zeitpunkt seines Beitritts zur Union an verbindlich ist, so dass sie für die künftigen Auswirkungen von vor dem Beitritt entstandenen Sachverhalten gilt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. November 2009, Elektrownia Pątnów II, C‑441/08, EU:C:2009:698, Rn. 32, vom 22. Dezember 2010, Kommission/Polen, C‑385/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:801, Rn. 29, sowie vom 21. Dezember 2011, Ziolkowski und Szeja, C‑424/10 und C‑425/10, EU:C:2011:866, Rn. 57).

    26

    Was im Besonderen die Richtlinie 2000/35 anbelangt, enthält die Beitrittsakte von 2003 keine spezielle Vorschrift zur Anwendung dieser Richtlinie auf die Republik Slowenien. Sie ist deshalb gegenüber diesem Mitgliedstaat zum Zeitpunkt seines Beitritts zur Union sofort anwendbar und verbindlich geworden und kann seit diesem Zeitpunkt auf die künftigen Auswirkungen von Sachverhalten wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die vor dem Beitritt entstanden sind oder sich ereignet haben, Anwendung finden.

    27

    Demnach ist das Unionsrecht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar und der Gerichtshof daher für die Beantwortung der von dem vorlegenden Gericht aufgeworfenen Fragen zuständig.

    Zu den Vorlagefragen

    Zu den ersten beiden Fragen

    28

    Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen ist, dass eine natürliche Person, die eine Genehmigung zur Ausübung einer Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender besitzt, als ein „Unternehmen“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, so dass es sich bei einem mit einem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäft um „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn das Rechtsgeschäft zwar nicht unter die in der Genehmigung genannten Tätigkeiten fällt, jedoch eine wirtschaftliche Tätigkeit betrifft.

    29

    Zur Beantwortung dieser Fragen ist zunächst klarzustellen, dass die Mitgliedstaaten zwar nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/35 berechtigt waren, bei deren Umsetzung Verträge, die vor dem 8. August 2002 geschlossen worden sind, vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen, dass aus der Vorlageentscheidung jedoch hervorgeht, dass die Republik Slowenien von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, was die slowenische Regierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof bestätigt hat.

    30

    Was die aufgeworfenen Fragen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2000/35 nach ihrem Art. 1 auf alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zu leisten sind, anzuwenden ist. In Art. 2 Nr. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie wird der Begriff „Geschäftsverkehr“ als Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen, definiert; der 13. Erwägungsgrund der Richtlinie stellt hierzu klar, dass dagegen insbesondere Geschäfte mit Verbrauchern von diesem Begriff ausgenommen sind. Ein „Unternehmen“ im Sinne der Richtlinie ist nach deren Art. 2 Nr. 1 Abs. 3 jede im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handelnde Organisation, auch wenn die Tätigkeit von einer einzelnen Person ausgeübt wird.

    31

    Darüber hinaus soll die Richtlinie 2000/35 nach ihren Erwägungsgründen 7, 10 und 16 das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts dadurch verbessern, dass Unternehmer und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor Zahlungsverzug geschützt werden.

    32

    Diese Richtlinie soll demnach nicht für alle Rechtsgeschäfte gelten, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen, insbesondere nicht für alle diejenigen, die von Privatpersonen tagtäglich punktuell abgeschlossen werden.

    33

    Dass eine Person ein Rechtsgeschäft abschließt, das eine wirtschaftliche Tätigkeit wie etwa die Vermietung einer Sache an einen Dritten betrifft, genügt folglich nicht, um unter den Begriff „Unternehmen“ zu fallen, und auch nicht für eine Einstufung dieses Rechtsgeschäfts als „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie. Die betreffende Person muss darüber hinaus als Organisation im Rahmen einer solchen Tätigkeit oder einer unabhängigen beruflichen Tätigkeit handeln.

    34

    Wie der Generalanwalt im Wesentlichen in Nr. 82 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, setzt dieses Erfordernis voraus, dass die genannte Person, unabhängig von ihrer Form und ihrer Rechtsstellung im nationalen Recht, diese Tätigkeit strukturiert und dauerhaft ausübt – die Tätigkeit kann sich daher nicht auf eine punktuelle und isolierte Leistung beschränken – und dass sich das betreffende Rechtsgeschäft in den Rahmen dieser Tätigkeit einfügt.

    35

    Hingegen ergibt sich zum einen entgegen dem Vorbringen der Kommission aus Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35 nicht, dass die in Rede stehende Tätigkeit zwangläufig die wirtschaftliche oder berufliche Haupttätigkeit der betreffenden Person sein oder mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehen muss.

    36

    Zum anderen kann die Frage, ob eine Person als „Unternehmen“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, entgegen den Ausführungen der slowenischen Regierung und der Kommission nicht davon abhängen, dass die zuständigen nationalen Behörden eine Genehmigung zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit erteilen.

    37

    In einem nationalen System, in dem die Ausübung einer wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit als Gewerbetreibender oder selbständiger Unternehmer durch eine natürliche Person von der Erteilung einer Genehmigung abhängig ist, kann eine natürliche Person, die eine solche Genehmigung besitzt, daher nicht allein deswegen vom Begriff „Unternehmen“ ausgenommen sein – und die von ihr abgeschlossenen Rechtsgeschäfte vom Begriff „Geschäftsverkehr“ –, weil diese Rechtsgeschäfte eine andere als die in der Genehmigung genannte unabhängige wirtschaftliche oder berufliche Tätigkeit betreffen oder sich in den Rahmen einer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit einfügen, die über diese hinausgeht.

    38

    Jede gegenteilige Auslegung würde nämlich dazu führen, die Bedeutung dieser Begriffe von den einzelnen nationalen Rechtsordnungen abhängig zu machen, insbesondere von dem System, das jeder Mitgliedstaat für die Ausübung einer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit einführt. Aus den Erfordernissen der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts und des Gleichheitsgrundsatzes folgt indessen, dass die Begriffe „Unternehmen“ und „Geschäftsverkehr“, da Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35 nicht auf das nationale Recht verweist, eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 29. September 2015, Gmina Wrocław, C‑276/14, EU:C:2015:635, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    39

    Darüber hinaus würde, wie der Generalanwalt in Nr. 90 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, jede Auslegung, die dazu führt, die Bedeutung des Begriffs „Unternehmen“ und damit den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/35 davon abhängig zu machen, dass die zuständigen nationalen Behörden eines Mitgliedstaats eine Genehmigung zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit erteilen, mit dem mit dieser Richtlinie verfolgten, sich aus ihrem zehnten Erwägungsgrund ergebenden Ziel kollidieren, den Geschäftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern. Die Unternehmen oder öffentlichen Stellen der anderen Mitgliedstaaten müssten nämlich zur Klärung der Frage, ob ein abgeschlossenes Rechtsgeschäft in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/35 fällt, systematisch prüfen, ob dieses Rechtsgeschäft Tätigkeiten betrifft, für die die Genehmigung erteilt wurde, was den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr beschränken oder behindern könnte.

    40

    Bei der Prüfung der Frage, ob die jeweilige Person als „Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35 gehandelt hat, kann somit zwar u. a. berücksichtigt werden, dass diese Person ein Rechtsgeschäft im Rahmen der Tätigkeit abgeschlossen hat, für deren Ausübung sie eine Genehmigung erhalten hat, dieser Umstand kann jedoch nicht ausschlaggebend sein.

    41

    Zur Klärung der Frage, ob eine Person in dieser Eigenschaft handelt – d. h., wie in Rn. 34 des vorliegenden Urteils ausgeführt, im Rahmen einer strukturierten und dauerhaften unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit – und ob die von ihr abgeschlossenen Rechtsgeschäfte somit ihrer Art nach Geschäftsverkehr im Sinne dieser Bestimmung darstellen, sind daher sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

    42

    Hierzu gehören insbesondere die Umstände, dass die betreffende Person unter ihrem Handelsnamen oder ihrem beruflichen Namen handelt und dass das abgeschlossene Rechtsgeschäft zur Ausstellung einer Rechnung führt.

    43

    Das vorlegende Gericht hat im Licht der vorstehenden Erwägungen zu klären, ob Herr Nemec im vorliegenden Fall den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag als „Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35 abgeschlossen hat.

    44

    Nach alledem ist auf die ersten beiden Fragen zu antworten, dass Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen ist, dass eine natürliche Person, die eine Genehmigung zur Ausübung einer Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender besitzt, als ein „Unternehmen“ im Sinne dieser Bestimmung – und ein von ihr abgeschlossenes Rechtsgeschäft als „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung – anzusehen ist, wenn sich das Rechtsgeschäft zwar nicht auf die in der Genehmigung genannte Tätigkeit bezieht, jedoch im Rahmen der Ausübung einer strukturierten und dauerhaften unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit erfolgt, was das vorlegende Gericht anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen hat.

    Zur dritten Frage

    45

    Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung wie Art. 376 OZ entgegensteht, wonach der Lauf der fälligen, aber nicht gezahlten Verzugszinsen gestoppt wird, wenn ihr Betrag den der Hauptforderung erreicht.

    46

    Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2000/35 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs keine vollständige Harmonisierung aller Vorschriften im Zusammenhang mit dem Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vornimmt (Urteile vom 26. Oktober 2006, Kommission/Italien, C‑302/05, EU:C:2006:683, Rn. 23, vom 3. April 2008, 01051 Telecom, C‑306/06, EU:C:2008:187, Rn. 21, und vom 11. September 2008, Caffaro, C‑265/07, EU:C:2008:496, Rn. 15).

    47

    Diese Richtlinie harmonisiert insbesondere nicht alle die Verzugszinsen betreffenden Aspekte. Sie regelt in ihrem Art. 3 nämlich nur einige dieser Aspekte, und zwar das Recht, bei Zahlungsverzug Zinsen geltend zu machen, den Zeitpunkt, ab dem diese Zinsen zu zahlen sind, den Zinssatz, den Anspruch des Gläubigers auf Ersatz der durch Zahlungsverzug bedingten Beitreibungskosten sowie die Folgen der Verwendung von für den Gläubiger grob nachteiligen Vertragsklauseln.

    48

    Dagegen legt die Richtlinie 2000/35 keinen Rahmen für die Vorschriften fest, die den Zeitraum, während dessen die Verzugszinsen laufen, oder die Obergrenze dieser Zinsen betreffen.

    49

    Den Mitgliedstaaten steht es daher frei, diese Frage zu regeln, allerdings unter dem Vorbehalt, dass sie die mit der Richtlinie 2000/35 verfolgten Ziele nicht missachten und die Richtlinie nicht ihrer praktischen Wirksamkeit berauben (vgl. entsprechend Urteil vom 14. September 2016, Pérez López, C‑16/15, EU:C:2016:679, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    50

    In dieser Hinsicht ist zu betonen, dass die genannte Richtlinie, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 7 und 16 ergibt, in erster Linie von Zahlungsverzug abschrecken soll, indem insbesondere verhindert wird, dass dieser für den Schuldner finanzielle Vorteile bringt, und die Gläubiger vor Zahlungsverzug schützen soll.

    51

    Die slowenische Regierung macht, unterstützt durch die lettische Regierung, geltend, dass der in Art. 376 OZ vorgesehene Grundsatz ne ultra alterum tantum diesen Zielen nicht zuwiderlaufe. Dieser Grundsatz wahre vielmehr die Funktion der Verzugszinsen, die gerade darin bestehe, den Schuldner zu veranlassen, seiner Zahlungsverpflichtung nachzukommen, und nicht darin, dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, sich zu bereichern. Durch diesen Grundsatz könne nämlich der Gläubiger geschützt, aber gleichzeitig verhindert werden, dass mit dem Betrag der fälligen Verzugszinsen auf dem Schuldner eine unangemessene Schuld laste und somit eine ungerechte und unverhältnismäßige Konstellation zwischen Gläubiger und Schuldner entstehe, die zu dessen Zahlungsunfähigkeit führen könne.

    52

    Insoweit ist zwar hervorzuheben, dass dieser Grundsatz dadurch, dass die Verzugszinsen auf die Höhe der Hauptforderung begrenzt werden, die mit der Zahlung dieser Zinsen verbundene abschreckende Wirkung einschränken kann.

    53

    Zum einen wird jedoch durch die Festsetzung einer solchen Obergrenze das mit der Richtlinie 2000/35 verfolgte Ziel des Gläubigerschutzes im Ergebnis nicht in Frage gestellt und dieser auch nicht ihre praktische Wirksamkeit genommen.

    54

    Der Grundsatz ne ultra alterum tantum führt nämlich nicht zu einer solchen Begrenzung des Betrags der Verzugszinsen, dass das in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie vorgesehene Recht des Gläubigers, bei Zahlungsverzug diese Zinsen geltend zu machen, ausgehöhlt oder den Zinsen jede abschreckende Funktion gegenüber dem Schuldner genommen würde. Dieser Grundsatz hat außerdem keine Auswirkung auf den geltenden Verzugszinssatz, der dem in Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie vorgesehenen Zinssatz entsprechen muss.

    55

    Zum anderen ist, wie der Generalanwalt im Wesentlichen in den Nrn. 66 und 67 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, festzustellen, dass der nationale Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Wertungsspielraums annehmen durfte, dass ein Gleichgewicht herzustellen ist zwischen dem Ziel des Gläubigerschutzes und der Notwendigkeit, zu verhindern, dass auf dem Schuldner eine unangemessene Schuld lastet. Im Rahmen dieses Wertungsspielraums durfte der nationale Gesetzgeber davon ausgehen, dass eine Regel wie der Grundsatz ne ultra alterum tantum ein zu diesem Zweck geeignetes Instrument ist.

    56

    Darüber hinaus ist dieser Grundsatz nicht isoliert zu prüfen, sondern in dem Kontext, in dem er steht. Hierzu sind auch weitere für den Zahlungsverzug geltende Vorschriften des nationalen Rechts heranzuziehen.

    57

    In diesem Zusammenhang verweist die slowenische Regierung insbesondere auf Art. 380 OZ, der dem Gläubiger, dem aufgrund des Zahlungsverzugs ein über die erhaltenen Zinsen hinausgehender Schaden entstanden ist, Ersatz in Höhe der Differenz garantiert.

    58

    Der nationale Gesetzgeber durfte im Rahmen des ihm zustehenden Wertungsspielraums annehmen, dass eine solche Vorschrift in Verbindung mit sämtlichen in der Richtlinie 2000/35 vorgesehenen Vorschriften geeignet ist, den Schutz der Gläubiger vor Zahlungsverzug sicherzustellen.

    59

    Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung wie Art. 376 OZ nicht entgegensteht, wonach der Lauf der fälligen, aber nicht gezahlten Verzugszinsen gestoppt wird, wenn ihr Betrag den der Hauptforderung erreicht.

    Kosten

    60

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass eine natürliche Person, die eine Genehmigung zur Ausübung einer Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender besitzt, als ein „Unternehmen“ im Sinne dieser Bestimmung – und ein von ihr abgeschlossenes Rechtsgeschäft als „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung – anzusehen ist, wenn sich das Rechtsgeschäft zwar nicht auf die in der Genehmigung genannte Tätigkeit bezieht, jedoch im Rahmen der Ausübung einer strukturierten und dauerhaften unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit erfolgt, was das vorlegende Gericht anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen hat.

     

    2.

    Die Richtlinie 2000/35 ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie Art. 376 des Obligacijski zakonik (Schuldrechtsgesetzbuch) nicht entgegensteht, wonach der Lauf der fälligen, aber nicht gezahlten Verzugszinsen gestoppt wird, wenn ihr Betrag den der Hauptforderung erreicht.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) ? Verfahrenssprache: Slowenisch.

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