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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62015CC0270

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Bobek vom 21. April 2016.
    Königreich Belgien gegen Europäische Kommission.
    Rechtsmittel – Beihilfen der belgischen Behörden zur Finanzierung von Screening-Tests zur Untersuchung auf transmissible spongiforme Enzephalopathien bei Rindern – Selektiver Vorteil – Beschluss, mit dem diese Beihilfen für teilweise unvereinbar mit dem Binnenmarkt erklärt wurden.
    Rechtssache C-270/15 P.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2016:289

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MICHAL BOBEK

    vom 21. April 2016 ( 1 )

    Rechtssache C‑270/15 P

    Königreich Belgien

    gegen

    Europäische Kommission

    „Rechtsmittel — Staatliche Beihilfen — Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (TSE) — Finanzierung der Kosten für Tests auf bovine spongiforme Enzephalopathien (BSE) — Begriff der Selektivität — Bezugsrahmen — Vergleichbarkeit“

    I – Vorbemerkung

    1.

    Die Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (TSE) ( 2 ), die im Zusammenhang mit der durch bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) ausgelösten Krise verabschiedet wurde, verpflichtete die Mitgliedstaaten, obligatorische Screening-Tests an bestimmten durch TSE infektionsgefährdeten Tieren, wie Rindern, aber auch Schafen und Ziegen (im Folgenden: Screening-Tests), durchzuführen. Vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 wurden vom Königreich Belgien im Rindersektor Screening-Tests finanziert. Die Kommission stellte fest, dass es sich bei der Finanzierung dieser Tests aus staatlichen Mitteln um eine staatliche Beihilfe zugunsten der Landwirte, Schlachthöfe und anderer Unternehmen handele, die Erzeugnisse von Rindern, die obligatorischen BSE-Screening-Tests unterzogen werden müssen, verarbeiten, bearbeiten, verkaufen oder vermarkten.

    2.

    Mit dem vorliegenden Rechtsmittel wendet sich das Königreich Belgien (Rechtsmittelführer) gegen die vom Gericht mit Urteil vom 25. März 2015 (im Folgenden: angefochtenes Urteil) ( 3 ) bestätigte Qualifizierung der Maßnahme als staatliche Beihilfe durch die Kommission. Der Rechtsmittelführer macht insbesondere geltend, dass eines der vier Kriterien für eine staatliche Beihilfe, nämlich die Selektivität der Maßnahme, nicht erfüllt sei, da der zur Feststellung der Selektivität angewendete Bezugsrahmen von Kommission und Gericht zu weit definiert worden sei.

    3.

    Einer Anregung des Gerichtshofs folgend beschränken sich diese Schlussanträge auf die Frage der Selektivität, die für den zweiten Rechtsmittelgrund des Rechtsmittelführers von entscheidender Bedeutung ist.

    II – Rechtlicher Rahmen

    A – Primärrecht

    4.

    Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (früher Art. 87 Abs.1 EG) bestimmt:

    „Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

    B – Sekundärrecht

    5.

    Der neunte Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 bestimmt, dass „die Mitgliedstaaten jedes Jahr ein Programm zur Überwachung von BSE und Scrapie durchführen und der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten seine Ergebnisse sowie jedes Auftreten einer anderen TSE mitteilen“. Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung mit der Überschrift „Überwachungssystem“„[führt jeder] Mitgliedstaat … nach den Kriterien des Anhangs III Kapitel A jährlich ein BSE- und Scrapie-Überwachungsprogramm durch. Zu diesem Programm gehört ein Screening-Verfahren unter Anwendung der Schnelltests.“

    6.

    Nr. 12 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Rahmen von TSE-Tests, Falltieren und Schlachtabfällen (im Folgenden: TSE-Gemeinschaftsrahmen) ( 4 ) bestimmt, dass „[d]er vorliegende Gemeinschaftsrahmen … staatliche Beihilfen zu den Kosten für die TSE-Tests, Falltiere und Schlachtabfälle [betrifft], die in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Tieren und tierischen Erzeugnissen im Sinne von Anhang I des EG-Vertrags tätigen Marktteilnehmern gewährt werden, sofern diese Erzeugnisse unter die Artikel 87, 88 und 89 EG-Vertrag fallen“.

    7.

    Die Nrn. 23 und 24 des TSE‑Gemeinschaftsrahmens lauten:

    „23.

    Um Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier zu fördern, hat die Kommission beschlossen, entsprechend den Grundsätzen von Ziff. 11.4 des Gemeinschaftsrahmens für den Agrarsektor weiterhin Beihilfen von bis zu 100 % der Kosten für die TSE-[Screening‑]Tests zu genehmigen.

    24.

    Ab dem 1. Januar 2003 dürfen die direkten und indirekten öffentlichen Beihilfen einschließlich der Zahlungen der Gemeinschaft allerdings nur noch höchstens 40 EUR je Test betragen, insofern es um verpflichtende BSE-Tests von für den Verzehr geschlachteten Rindern geht. Die Verpflichtung zur Vornahme des Tests kann sich aus gemeinschaftlichen oder nationalen Rechtsvorschriften ergeben. Dieser Betrag bezieht sich auf sämtliche beim Test anfallenden Kosten wie z. B. Testkit, Entnahme, Transport, Durchführung des Tests, Lagerung und Beseitigung der Probe. Dieser Betrag könnte, falls die Testkosten fallen, zu einem späteren Zeitpunkt gesenkt werden.“

    III – Sachverhalt und Verfahren

    8.

    Nach dem Auftreten von BSE, auch „Rinderwahn“ genannt, in den 1990ern verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung Nr. 999/2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien. Nach der Verordnung war jeder Mitgliedstaat verpflichtet, jedes Jahr ein Programm zur Überwachung von BSE und Scrapie ( 5 ) durchzuführen, das ein Screening-Verfahren unter Anwendung der Schnelltests umfasste. Insbesondere für Rinder über 30 Monate und Rinder über 24 Monate, die notgeschlachtet wurden, waren diese obligatorischen Tests vorgeschrieben. Die Finanzierung dieser Screening-Tests war in der Verordnung jedoch nicht besonders erwähnt. Wegen der Unterschiede, die zwischen den Mitgliedstaaten nicht nur hinsichtlich der Kosten, sondern auch hinsichtlich der Art und Weise, wie die Screening-Tests finanziert wurden, bestanden, verabschiedete die Kommission den TSE-Gemeinschaftsrahmen, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden. Der TSE-Gemeinschaftsrahmen bestimmte insbesondere, dass die staatliche Beihilfe ab dem 1. Januar 2003 auf 40 Euro je Screening-Test begrenzt werden sollte.

    9.

    Nach mehreren Beschwerden über die Finanzierung der Screening-Tests in Belgien und nachdem die Kommission hierzu Informationen vom Königreich Belgien angefordert hatte, eröffnete die Kommission im Januar 2009 das förmliche Prüfverfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 108 Abs. 2 AEUV). Das Prüfverfahren der Kommission betraf die Finanzierung der in Belgien vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 durchgeführten TSE-Screening-Tests an Rindern.

    10.

    Am 27. Juli 2011 erließ die Kommission den Beschluss 2011/678/EU über die von Belgien gewährte staatliche Beihilfe zur Finanzierung von Untersuchungen auf transmissible spongiforme Enzephalopathien bei Rindern (im Folgenden: Kommissionsbeschluss) ( 6 ). In diesem Beschluss vertrat die Kommission die Auffassung, dass durch die Finanzierung der BSE-Screening-Tests aus staatlichen Mitteln den Unternehmen des Rindersektors ein selektiver wirtschaftlicher Vorteil gewährt werde, indem die von ihnen für die Screening-Tests zu zahlenden Kosten reduziert würden, und dass dies eine staatliche Beihilfe darstelle. Die Kommission entschied ferner auf der Grundlage des TSE-Gemeinschaftsrahmens, dass die Beihilfe im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2004 mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbaren sei; nicht vereinbar sei der Betrag, der 40 Euro je Test übersteige ( 7 ).

    IV – Das angefochtene Urteil und das Verfahren vor dem Gericht

    11.

    Vor dem Gericht beantragte das Königreich Belgien, den Beschluss der Kommission insoweit für nichtig zu erklären, als er die belgische Maßnahme zur Finanzierung von BSE-Screening-Tests im Rindersektor aus staatlichen Mitteln als eine staatliche Beihilfe qualifiziere. Das Königreich Belgien machte in einem einheitlichen Klagegrund geltend, dass die in Rede stehende Maßnahme keine staatliche Beihilfe sei, weil sie den Unternehmen im Rindersektor keinen selektiven Vorteil gewähre.

    12.

    Das Gericht wies die Klage ab; die Kosten wurden dem Königreich Belgien auferlegt. Das Gericht war der Ansicht, dass die Kosten der obligatorischen Screening-Tests eine Belastung sei, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen habe. Indem das Königreich Belgien versucht habe, diese Kosten durch kostenlose Screening-Tests zu reduzieren, habe es den Unternehmen des Rindersektors einen Vorteil gewährt, der den „Unternehmen anderer Sektoren“ ( 8 ) nicht zur Verfügung stehe. Die Maßnahme erfülle damit das Kriterium der Selektivität, die anhand der „Gesamtheit der Unternehmen“ zu beurteilen sei und die sich nicht nach den Unternehmen bemesse, denen derselbe Vorteil innerhalb ein und derselben Kategorie zugutekomme ( 9 ). Dementsprechend entschied das Gericht, dass die Annahme der Kommission, es handele sich bei der Finanzierung der BSE-Screening-Tests aus staatlichen Mitteln um eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV, keinen Rechtsfehler aufweise.

    13.

    Vor dem Gerichtshof beantragt der Rechtsmittelführer die Aufhebung des Urteils des Gerichts und des Kommissionsbeschlusses. Der Rechtsmittelführer macht geltend, dass die Entscheidung des Gerichts auf einem Rechtsirrtum beruhe und dass das Gericht seine Begründungspflicht verletzt habe. Dieses Vorbringen stützt er auf zwei Rechtsmittelgründe: Der erste Grund richtet sich gegen die Annahme eines selektiven Vorteils im Sinne des Art. 107 AEUV, der zweite richtet sich gegen die auf den vorliegenden Sachverhalt angewandte Selektivitätsprüfung.

    14.

    Gegenstand dieser Schlussanträge ist allein der zweite Rechtsmittelgrund. Der Rechtsmittelführer meint, das Gericht sei einem Rechtsirrtum erlegen, wenn es pauschal annehme, dass sich alle Unternehmen, die vor Vermarktung ihrer Erzeugnisse Tests durchzuführen haben, logischerweise in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation befänden. Außerdem macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht keine Begründung für seine Ansicht geliefert habe, dass Unternehmen im Rindersektor, die den obligatorischen BSE-Screening-Tests unterworfen sind, im Sinne der Regelungen der staatlichen Beihilfe in einer vergleichbaren Situation mit Unternehmen seien, die vor der Vermarktung ihrer Erzeugnisse irgendwelche Untersuchungen durchführen müssten.

    15.

    In ihrem Beschluss vertrat die Kommission die Ansicht, dass „die Finanzierung der BSE-Tests durch den Staat auf nationaler Ebene nur einem bestimmten Wirtschaftszweig zugute[kommt], nämlich den Haltern von Tieren, die einem obligatorischen BSE-Test unterzogen werden müssen“ ( 10 ). Der Kommissionsbeschluss besagt, dass „die Finanzierung obligatorischer Kontrollen bei der Produktion oder der Vermarktung von Erzeugnissen durch den Staat als selektiver Vorteil für die Unternehmen anzusehen ist“, da „[der Staat] [t]atsächlich … die Belastung [reduziert], die normalerweise in der Unternehmensbilanz zu Buche schlägt. … Landwirte, Schlachthöfe und andere Unternehmen, die Erzeugnisse aus Rindern, die aufgrund der in dem betreffenden Zeitraum geltenden Rechtsvorschriften obligatorischen BSE-Tests unterzogen werden müssen, verarbeiten, bearbeiten, verkaufen oder vermarkten, [haben] vonseiten des Staates staatliche Beihilfen erhalten …“ ( 11 )

    16.

    In dem angefochtenen Urteil verglich das Gericht der Kommission folgend die Screening-Tests mit „zwingend vorgeschriebenen Kontrollen bei der Produktion oder der Vermarktung von Erzeugnissen“ ( 12 ). Es übernahm die Auffassung der Kommission, dass „den Marktteilnehmern des Rindfleischsektors ein Vorteil gewährt werde, der den Unternehmen anderer Sektoren nicht zur Verfügung stehe, da die Kontrollen, die diese Marktteilnehmer zwingend vor dem Inverkehrbringen oder der Vermarktung ihrer Erzeugnisse vornehmen müssten, für sie kostenlos seien, während die Unternehmen anderer Sektoren diese Möglichkeit nicht hätten“ ( 13 ).

    17.

    Nach Ansicht des Rechtsmittelführers wäre das Gericht verpflichtet gewesen, konkret zu sagen, wer „die Unternehmen anderer Sektoren“ seien ( 14 ). Indem es einen ungenauen und implizit weit gefassten Begriff der Vergleichbarkeit verwende, habe das Gericht die obligatorischen Tests, zu denen etwa Hersteller von Aufzügen oder Lastkraftwagen verpflichtet seien, und die vorübergehenden Screening-Tests zur Tilgung einer Tierseuche in einen Topf geworfen. Selbst bei einer Beschränkung des Bezugsrahmens auf die obligatorischen Tests bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen seien diese Tests in Art, Ziel, Kosten und Häufigkeit sehr unterschiedlich. Sie seien daher nicht vergleichbar mit den obligatorischen BSE-Screening-Tests.

    V – Würdigung

    18.

    Gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV gilt eine nationale Maßnahme als staatliche Beihilfe, wenn sie alle vier Kriterien dieser Bestimmung erfüllt. Erstens: Es handelt sich bei der Maßnahme um eine vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe. Zweitens: Sie begünstigt bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige, was eine selektive Begünstigung darstellt, die vergleichbaren Unternehmen nicht gewährt wird. Drittens: Sie verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen. Viertens: Sie ist geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

    19.

    Über den genauen Inhalt des zweiten Kriteriums, der Selektivität der Beihilfe, gibt es eine reiche Debatte unter den Generalanwälten ( 15 ). Es muss aber gesagt werden, dass trotz dieser Bemühungen die Prüfung der Selektivität in der Praxis „ein schwieriges Unterfangen mit ungewissem Ausgang“ ( 16 ) geblieben ist.

    20.

    Im Rahmen meiner Schlussanträge werde ich zunächst auf der Grundlage dieser reichen Debatte einige allgemeine Überlegungen zum Begriff der Selektivität bei staatlichen Beihilfen darstellen (Abschnitt A), die ich dann auf den vorliegenden Fall anwenden werde (Abschnitt B).

    A – Allgemeine Überlegungen zum Begriff der Selektivität

    21.

    Das in Art. 107 Abs. 1 AEUV genannte zweite Kriterium ist das der Selektivität: Der Vorteil wird nur bestimmten Unternehmen oder für bestimmte Erzeugnisse gewährt. Es ist offensichtlich, dass Selektivität Differenzierung oder Ungleichheit zum Inhalt hat. Die Vorteilsgewährung gilt nur für einige Unternehmen in einem bestimmten Sektor oder einem (Teil‑)Sektor eines bestimmten Markts. Viel weniger offensichtlich ist jedoch die Definition der Selektivität, insbesondere der zweiten Art der Selektivität, die sich nicht auf die individuelle Differenzierung (z. B. ein Vorteil für das Unternehmen X, aber nicht für die Unternehmen Y und Z), sondern auf die sektorale Differenzierung (z. B. ein Vorteil für alle Unternehmen, die das Erzeugnis A herstellen, aber nicht für die, die das Erzeugnis B herstellen) bezieht.

    22.

    Insbesondere in Bezug auf diese letztere Art der Differenzierung bereitet der Begriff der Selektivität Schwierigkeiten. Das beruht darauf, dass bei dieser Art das begünstigte Unternehmen nicht durch eine individuelle Entscheidung ausgewählt wird, sondern durch eine generelle, oftmals gesetzgeberische Maßnahme ( 17 ). In solchen Fällen ist die Grenze zwischen „selektiv“ und „generell“ äußerst unsicher.

    23.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bedarf es zur Prüfung der Selektivität im Allgemeinen der Feststellung der Unternehmen, die sich in einer „vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden“ ( 18 ). Die Merkmale, die zur Ausfüllung dieses allgemeinen Kriteriums verwendet worden sind, haben im Laufe der Zeit in Abhängigkeit zur Komplexität des jeweiligen Einzelfalls und zur Anzahl der betroffenen Unternehmen variiert.

    24.

    In Fällen von individueller Selektivität, d. h., wenn die staatliche Beihilfe nur einem einzigen Unternehmen gewährt wird, hat der Gerichtshof die Notwendigkeit der Definition des Bezugsrahmens der vergleichbaren Unternehmen, innerhalb dessen das Vorliegen eines selektiven Vorteils zu prüfen wäre, nicht immer besonders hervorgehoben. Es ist dies durchaus verständlich. Wenn ein Vorteil nur einem von mehreren offenkundig vergleichbaren Unternehmen gewährt wird, steht die Selektivität außer Frage.

    25.

    Problematischer ist die Selektivität, wenn die Vorteile bestimmten Unternehmen auf sektoraler Basis gewährt werden. Die Art und Weise, in der der Begriff Selektivität in dieser Kategorie definiert und angewendet wird, ist sehr unterschiedlich. Um dieser Vielfalt Rechnung zu tragen, wird in der Literatur für den Begriff der Selektivität ein zweistufiger und ein dreistufiger Ansatz vertreten ( 19 ).

    26.

    Beim zweistufigen Ansatz ( 20 ) besteht der erste Schritt in der Prüfung, ob eine Maßnahme prima facie selektiv ist, d. h., ob einige Unternehmen einen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen genießen, die sich hinsichtlich des mit der Maßnahme verfolgten Ziels in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden. Wenn dies im Rahmen dieses ersten Prüfschritts zu bejahen ist, besteht eine Vermutung dafür, dass das Kriterium der Selektivität erfüllt ist. In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob die Maßnahme dadurch gerechtfertigt werden kann, dass die Differenzierung aus dem Wesen und dem inneren Aufbau der betreffenden Lastenregelung folgt. Während es der Kommission obliegt, im ersten Prüfschritt darzutun, dass die Maßnahme prima facie selektiv ist ( 21 ), ist es Aufgabe des Mitgliedstaats, diese Vermutung im zweiten Prüfschritt zu widerlegen ( 22 ).

    27.

    Beim dreistufigen Prüfansatz geht es im ersten Schritt um die Definition des Bezugsrahmens, der verschiedentlich als „allgemeine“ oder „normale“ Regelung bezeichnet wird ( 23 ). Die beiden folgenden Schritte dieses Ansatzes sind im Wesentlichen dieselben wie diejenigen, die oben für den zweistufigen Ansatz dargestellt wurden. Der zweite Schritt besteht somit darin, festzustellen, ob die Kommission dargetan hat, dass die Maßnahme zwischen Unternehmen differenziert, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden. Im dritten Schritt ist zu prüfen, ob der Mitgliedstaat den Nachweis erbracht hat, dass die Maßnahme durch das Wesen und den inneren Aufbau der betreffenden Lastenregelung gerechtfertigt ist.

    28.

    Bei näherer Betrachtung ergibt sich, dass der einzige festzustellende Unterschied zwischen den beiden Ansätzen recht akademisch ist. Er besteht darin, dass beim dreistufigen Ansatz der erste Schritt in zwei selbständige Schritte unterteilt wird. Nach beiden Ansätzen ist es erforderlich, den geeigneten Bezugsrahmen festzulegen. Beim zweistufigen Ansatz jedoch ist diese Festlegung weniger offensichtlich, da sie im ersten Schritt mitumfasst ist. Der dreistufige Ansatz ist daher im Hinblick auf Klarheit und pädagogisches Potenzial vorzuziehen. Er erlaubt eine besser strukturierte Argumentation und lässt die verschiedenen Bestandteile der rechtlichen Prüfung klar erkennen.

    29.

    Im Mittelpunkt der Entscheidung über die Selektivität steht zweifellos die Festlegung des „Bezugsrahmens“. Das Verhältnis zwischen dem Wortlaut dieses Begriffs und seinem tatsächlichen Inhalt erinnert allerdings an eine russische Matrjoschka-Puppe: Nur wenn man die äußere Hülle wegzieht, sieht man, dass sich darunter der zentrale Begriff der Diskriminierung verbirgt ( 24 ), und noch tiefer im Begriff der Diskriminierung verborgen ist der Begriff der Vergleichbarkeit. Wenn man also den eigentlichen Inhalt von Selektivität erforscht, findet man einen Begriff, der aus anderen Bereichen des Unionsrechts wohl bekannt ist, nämlich den der Vergleichbarkeit.

    30.

    Unter dem Begriff der Vergleichbarkeit ist zu prüfen, ob in Bezug auf eine bestimmte Eigenschaft (dem tertium comparationis, das ein Wert, ein Ziel, eine Handlung, eine Situation usw. sein kann) die zu vergleichenden Teile (Unternehmen, Personen, Erzeugnisse usw.) mehr Ähnlichkeiten oder mehr Unterschiede aufweisen.

    31.

    Das bekannte Problem bei dieser Prüfung besteht darin, ein Kriterium zu finden, anhand dessen der Vergleich durchzuführen ist. In welchem konkreten Punkt sind die Unternehmen X und Y vergleichbar? Es gibt meines Erachtens drei Faktoren, die bei Prüfungen im Bereich der staatlichen Beihilfe typischerweise in Betracht zu ziehen sind.

    32.

    Als erster Faktor ist der Anwendungsbereich der Maßnahme in Bezug auf die von ihr erfassten Personen und/oder Situationen zu berücksichtigen. Der für die Maßnahme festgelegte Anwendungsbereich definiert typischerweise den logischen Zusammenhang und die Vergleichbarkeit der betreffenden Personen und/oder Situationen. In einer solchen Maßnahme werden üblicherweise auch etwaige Pflichten oder Belastungen, die einem bestimmten Kreis von Unternehmen auferlegt werden, sowie die Gründe, warum ein Mitgliedstaat diese Pflichten und/oder Belastungen abmildern möchte, dargestellt.

    33.

    Als zweiter Faktor ist der Zweck der Maßnahme in Bezug auf die Ziele und Werte, die mit der Maßnahme verfolgt und gefördert werden sollen, zu berücksichtigen. Um einen geeigneten Bezugsrahmen zu definieren, bedarf es einer Entscheidung über den Kreis der Unternehmen, die „im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel“ ( 25 ), aber auch, allgemeiner ausgedrückt, hinsichtlich der „betreffenden Regelung“ ( 26 ) in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation sind.

    34.

    Drittens kommt gegebenenfalls ein anderer Faktor hilfsweise hinzu, mit dem die Vergleichbarkeit im Hinblick auf den Grad der Substituierbarkeit des betreffenden Erzeugnisses beurteilt wird. Allerdings findet sich zu diesem Faktor in der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch recht wenig ( 27 ). Andererseits spricht einiges dafür, dass im Beihilferecht dessen Dimension als Wettbewerbsrecht stärker zu berücksichtigen ist ( 28 ). Demnach wäre Vergleichbarkeit als eine Vergleichbarkeit zu sehen, die durch Substituierbarkeit (mit)bestimmt und unter dem Begriff der Wettbewerbsverzerrung innerhalb des relevanten Markts gesehen werden muss. Die Festlegung des betreffenden Bezugsrahmens wäre dann enger angelehnt an den Begriff des „relevanten Markts“, nicht unähnlich der nach Art. 101 AEUV durchzuführenden Prüfung.

    35.

    Der erste und der zweite der oben genannten Faktoren sind in der einen oder anderen Art und Weise bei jeder Prüfung der Vergleichbarkeit zu berücksichtigen. Ihre genaue Ausformulierung und ihr jeweiliges Gewicht hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Dasselbe gilt für ihr Zusammenspiel. In einigen Fällen zeigen alle Faktoren in dieselbe Richtung. In anderen können der zweite Faktor (Zielsetzung der Maßnahme) und der dritte Faktor (Grad der Substituierbarkeit des von der Maßnahme betroffenen Erzeugnisses) dazu verwendet werden, um den ersten Faktor zu korrigieren oder daran eine Nuance anzubringen. Der erste Faktor (Definition des Anwendungsbereichs der Maßnahme durch die Maßnahme selbst) sollte stets als Ausgangspunkt für die Festlegung des Bezugsrahmens dienen. Er darf jedoch nicht als der allein maßgebende angesehen werden, da ein Mitgliedstaat zwecks Vermeidung einer Qualifizierung als staatliche Beihilfe eine Maßnahme so formulieren könnte, dass sie sich nur auf bestimmte Unternehmen beschränkt, obwohl diese mit anderen Unternehmen, die aber nicht in den Genuss dieser Maßnahme kommen, vergleichbar sind.

    36.

    Der niederländische NOx-Fall ( 29 ) zeigt deutlich, wie bei der Definition des Bezugsrahmens am Ende ein Faktor gegenüber einem anderen den Vorrang erhält. In dem Fall diente der zweite Faktor zur Korrektur des ersten. Die Niederlande hatten die Möglichkeit des NOx-Emissionshandels mit Stickoxiden nur auf große Industrieunternehmen mit derartigen Emissionen beschränkt. Bei der Formulierung des Anwendungsbereichs der nationalen Maßnahme war daher nur auf diese Unternehmen abgestellt worden. Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass im Hinblick auf die allgemeine Zielsetzung der Maßnahme, nämlich den Schutz der Umwelt, alle Unternehmen, die „Verpflichtungen gleicher Art“, nämlich der Verringerung der NOx-Emissionen, unterliegen, unabhängig von ihrer Größe in vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situationen seien ( 30 ). Der Handel mit NOx-Emissionen hätte daher nicht auf größere Anlagen beschränkt werden dürfen ( 31 ).

    37.

    Zweifellos sind die oben dargestellten Faktoren nur Anhaltspunkte für die Art der Überlegungen, die bei der Prüfung der Vergleichbarkeit zwecks Festlegung des Bezugsrahmens durchzuführen sind. Auch wird sicherlich jede ähnlich geartete Prüfung, mag sie noch so sauber algorithmisch, fast mathematisch, angelegt sein, immer auch subjektive Bewertungen zur Frage enthalten, welche Unternehmen vergleichbar sind und warum ein größeres Gewicht auf den einen Faktor und nicht auf den anderen zu legen ist.

    38.

    Dabei ist allerdings zu beachten, dass eine derartige Bewertung von der Entscheidungsinstanz in der Begründung klar zum Ausdruck gebracht werden muss. Die Kommission ist daher verpflichtet, im Einzelfall eindeutig darzulegen, welchen Bezugsrahmen sie wählt und aus welchen Gründen.

    39.

    Bei der Entscheidung über die Selektivität einer etwaigen staatlichen Beihilfe ist die Festlegung des geeigneten Bezugsrahmens aus mehreren Gründen von entscheidender Bedeutung. Zum einen wird den Parteien auf diese Weise ermöglicht, die Gründe nachzuvollziehen, warum, oder warum nicht, eine Maßnahme als staatliche Beihilfe betrachtet wird ( 32 ). Außerdem wird den Mitgliedstaaten mehr Berechenbarkeit an die Hand gegeben, indem sie auf diese Weise im Voraus erkennen können, ob die Kommission über eine von ihnen ergriffene Maßnahme zu unterrichten ist oder ob sie eine bestimmte Wirtschaftspolitik ohne eine Begrenzung durchführen können ( 33 ). Drittens ermöglicht dies den Gerichten der Union eine wirksame Rechtmäßigkeitskontrolle, indem das Gericht und schließlich der Gerichtshof das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe besser nachprüfen können.

    B – Die Voraussetzung der Selektivität im vorliegenden Fall

    40.

    Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof um Klärung ersucht worden, ob die Bedingung der Selektivität in einem weiten Bezugsrahmen, der Unternehmen im Rindersektor und „Unternehmen anderer Sektoren“ einschließt, erfüllt ist.

    41.

    Die Begründung des Gerichts enthält keine näheren Angaben, was unter dem Begriff „Unternehmen anderer Sektoren“ zu verstehen ist. Das Gericht verweist lediglich zustimmend auf die Bewertung der Kommission ( 34 ), die ihrerseits hinsichtlich dessen, was unter „Unternehmen anderer Sektoren“ zu verstehen ist, nicht ganz eindeutig ist ( 35 ).

    42.

    Im vorliegenden Fall kommen eine Reihe von Bezugsrahmen in Betracht, je nachdem, welchen Abstraktionsgrad man für die Definition des tertium comparationis anwendet und welches Gewicht man den verschiedenen oben dargestellten Faktoren beimisst. Ich werde davon drei nennen: einen engen Ansatz, einen mittleren Ansatz und einen weiten Ansatz.

    43.

    Der vom Rechtsmittelführer geltend gemachte enge Bezugsrahmen orientiert sich an den Unternehmen, die TSE-Tests durchführen. Dieser Bezugsrahmen wird aus dem Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 999/2001 hergeleitet. Diese Verordnung schreibt Screening-Tests nur für die durch TSE betroffenen Sektoren vor. Auf der Grundlage eines engen Ansatzes ist daher der oben genannte erste Faktor vorherrschend, und er wirkt auf einer niedrigen Abstraktionsebene: Der Kreis der vergleichbaren Unternehmen wird durch die besondere Pflicht zur Durchführung von TSE-Kontrolluntersuchungen definiert.

    44.

    Der mittlere Ansatz bewegt sich eine Abstraktionsstufe höher. Danach würde der Kreis der vergleichbaren Unternehmen alle Unternehmen der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie, deren Erzeugnisse Gesundheitsuntersuchungen unterzogen werden müssen, einschließen. Dieser Ansatz basiert nicht auf der Besonderheit der BSE-Screening-Tests ( 36 ), sondern auf dem allgemeinen Ziel der unionsrechtlichen Maßnahme im vorliegenden Fall, nämlich der Erhaltung der Gesundheit von Mensch und Tier. Die Pflicht zur Durchführung von BSE-Screening-Tests ist als ein Teil der allgemeinen Pflicht der Unternehmen zur Durchführung von Untersuchungen anzusehen, mit denen sichergestellt werden soll, dass ihre Erzeugnisse keine Gefahr für die menschliche oder tierische Gesundheit darstellen ( 37 ). Ein derartiger Ansatz führt zu einem Vergleich der Unternehmen, die der Verpflichtung zu BSE-Screening-Tests unterliegen, mit Landwirtschaft- und Nahrungsmittelunternehmen, die anderen Arten von obligatorischen Gesundheitskontrollen unterliegen, auch soweit sie andere Arten von Fleisch oder Nahrungsmittel erzeugen.

    45.

    Steigt man die Abstraktionsleiter noch höher, kommt man zu einem Ansatz, der noch weiter gefasst ist. In diesem weiten Ansatz würde der Kreis der vergleichbaren Unternehmen alle Unternehmen einschließen, die vor der Vermarktung ihrer Erzeugnisse, die nicht bloß auf Tiere beschränkt wären, obligatorische Untersuchungen durchführen müssen. In diesem Fall wären die Qualitäts- und Sicherheitskontrollen im Allgemeinen das abstrakte tertium comparationis, wodurch sich offensichtlich ein sehr viel größerer Kreis an vergleichbaren Unternehmen ergeben würde.

    46.

    Es ist diese letztere, weite Kategorie, die nach Auffassung des Rechtsmittelführers von der Kommission als Bezugsrahmen gewählt und dann vom Gericht bestätigt wurde. Der Rechtsmittelführer meint, das Gericht habe die obligatorischen Untersuchungen für Lastkraftwagen und Aufzüge zu Unrecht auf eine Stufe mit dem vorübergehenden Test zur Tilgung einer Tierkrankheit gestellt.

    47.

    Es ist zutreffend, dass das Gericht keine näheren Ausführungen zur Definition des angemessenen Bezugsrahmens gemacht hat ( 38 ). In den Rn. 107 und 110 des angefochtenen Urteils stützte es sich auf die Feststellung der Kommission, die streitgegenständliche Maßnahme begünstige im Gegensatz zu nicht näher spezifizierten „Unternehmen anderer Sektoren“ nur „Viehzüchter, Schlachthöfe und andere Unternehmen, die Erzeugnisse von Rindern verarbeitet, bearbeitet, verkauft oder vermarktet hätten und die einem obligatorischen BSE-Screening-Test unterzogen worden seien“.

    48.

    Dass das Gericht nicht ausdrücklich erläuterte, was es unter „Unternehmen anderer Sektoren“ versteht, bedeutet nicht, dass das Urteil hinsichtlich des zweiten Rechtsmittelgrundes aufzuheben wäre. Es bleibt die Tatsache, dass die Finanzierung der BSE-Screening-Tests aus staatlichen Mitteln einen selektiven Vorteil darstellt, der „anderen Sektoren“ nicht zur Verfügung stand. Mangels anderer vom Rechtsmittelführer vorzulegender Nachweise ist davon auszugehen, dass dies nicht durch das Wesen und den inneren Aufbau der betreffenden Lastenregelung gerechtfertigt ist.

    49.

    Im Hinblick auf seine Begründungspflicht hätte das Gericht etwas deutlicher sein können; ich bin jedoch der Ansicht, dass dies keinen derartigen Verstoß gegen die Begründungspflicht darstellt, dass es notwendig wäre, das Urteil aufzuheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verpflichtet die Pflicht zur Begründung der Urteile, die dem Gericht nach den Art. 36 und 53 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt, dieses nicht, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, auf denen das angefochtene Urteil beruht, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann ( 39 ).

    50.

    Es ist offensichtlich, dass die Begründung des angefochtenen Urteils die Parteien in die Lage versetzt, zu verstehen, aus welchen Gründen das Gericht das Vorliegen eines selektiven Vorteils bestätigt hat. Auch wenn man vom Gericht hinsichtlich der konkreten Sektoren, die mit dem Rindersektor verglichen wurden, größere Klarheit verlangte, würde dies höchstens eine geringfügige Ergänzung der Begründung bedeuten; eine Änderung des verfügenden Teils des Urteils wäre damit aber nicht verbunden.

    51.

    Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es lediglich die besonderen Umstände dieses besonders gelagerten Falles sind, die zu dem Ergebnis führen, dass Selektivität erfüllt ist. Der Vorteil wird ausschließlich einem Sektor, nämlich dem Rindersektor, gewährt, unabhängig davon, welchen der drei oben genannten Bezugsrahmen man wählt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser selektive Vorteil durch das Wesen und den inneren Aufbau der betreffenden Lastenregelung gerechtfertigt wäre. Unberührt davon bleibt jedoch die allgemeine Verpflichtung der Kommission, in anderen Fällen, in denen eine ähnliche Unschärfe zusammen mit anders gelagerten Umständen zu einem abweichenden Ergebnis führen könnte, den Bezugsrahmen klar und ausdrücklich zu definieren.

    VI – Ergebnis

    52.

    Aus den dargelegten Gründen und unbeschadet der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes schlage ich dem Gerichtshof vor, das Rechtsmittel hinsichtlich des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.


    ( 1 ) Originalsprache: Englisch.

    ( 2 ) ABl. 2001, L 147, S. 1.

    ( 3 ) Urteil vom 25. März 2015, Belgien/Kommission (T‑538/11, EU:T:2015:188).

    ( 4 ) ABl. 2002, C 324, S. 2.

    ( 5 ) Scrapie ist eine spongiforme Enzephalopathie ähnlich BSE, die insbesondere Schafe und Ziegen befällt.

    ( 6 ) Staatliche Beihilfe C 44/08 (ex NN 45/04) (ABl. 2011, L 274, S. 36).

    ( 7 ) Vgl. Erwägungsgründe 90 bis 92 des Kommissionsbeschlusses.

    ( 8 ) Vgl. Rn. 110 des angefochtenen Urteils.

    ( 9 ) Vgl. Rn. 114 des angefochtenen Urteils.

    ( 10 ) Vgl. 92. Erwägungsgrund des Kommissionsbeschlusses.

    ( 11 ) Vgl. 90. Erwägungsgrund des Kommissionsbeschlusses.

    ( 12 ) Vgl. Rn. 104 des angefochtenen Urteils.

    ( 13 ) Vgl. Rn. 110 des angefochtenen Urteils.

    ( 14 ) Vgl. auch Rn. 115 des angefochtenen Urteils.

    ( 15 ) Vgl. beispielsweise Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:32, Nrn. 43 ff.), des Generalanwalts Jääskinen in den verbundenen Rechtssachen Kommission und Spanien/Regierung von Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:215, Nrn. 176 ff.), des Generalanwalts Jääskinen in den verbundenen Rechtssachen Graphos u. a. (C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2010:411, Nrn. 79 ff.), des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Enirisorse (C‑237/04, EU:C:2006:21, Nrn. 47 ff.), des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:250, Nrn. 36 ff.) und des Generalanwalts Darmon in den verbundenen Rechtssachen Sloman Neptun (C‑72/91 und C‑73/91, EU:C:1992:130, Nrn. 47 ff.).

    ( 16 ) Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache PreussenElektra (C‑379/98, EU:C:2000:585, Nr. 157).

    ( 17 ) Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:32, Nrn. 50 bis 54).

    ( 18 ) Vgl. beispielsweise Urteile vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 61), vom 4. Juni 2015, Kernkraftwerke Lippe-Ems (C‑5/14, EU:C:2015:354, Rn. 74), vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Regierung von Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 75), vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande (C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 52), vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission (C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 82), vom 3. März 2005, Heiser (C‑172/03, EU:C:2005:130, Rn. 40), und vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:598, Rn. 41).

    ( 19 ) Vgl. z. B. Romariz, C., „Revisiting Material Selectivity in EU State Aid Law – Or ‚The Ghost of Yet-To-Come‘“, EStAL 1, 2014, S. 41 und 42; Bousin, J., und Piernas, J., „Developments in the Notion of Selectivity“, EStAL 4, 2008, S. 640 bis 642.

    ( 20 ) Vgl. z. B. Urteile vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission (C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 82 ff.), vom 3. März 2005, Heiser (C‑172/03, EU:C:2005:130, Rn. 40 ff.), und vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:598, Rn. 41 und 42).

    ( 21 ) Vgl. z. B. Urteile vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 59), und vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande (C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 62).

    ( 22 ) Vgl. z. B. Urteil vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande (C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 62).

    ( 23 ) Vgl. Urteile vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a. (C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2011:550, Rn. 49), und vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission (173/73, EU:C:1974:71, Rn. 15).

    ( 24 ) Siehe hierzu Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:32, Nr. 54).

    ( 25 ) Vgl. Urteile vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande (C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 52), und vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:598, Rn. 41).

    ( 26 ) Vgl. Urteile vom 3. März 2005, Heiser (C‑172/03, EU:C:2005:130, Rn. 40), und vom 29. April 2004, GIL Insurance u. a. (C‑308/01, EU:C:2004:252, Rn. 68).

    ( 27 ) Für eine nähere Beurteilung des Wettbewerbs zwischen Erzeugnissen, wenn auch in Bezug auf einen anderen Gesichtspunkt als den der Selektivität, vgl. jedoch Urteil vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission (C‑409/00, EU:C:2003:92, Rn. 68 ff.).

    ( 28 ) Vgl. z. B. da Cruz Vilaça, J. L., „Material and Geographic Selectivity in State Aid – Recent Developments“, EstAL 4, 2009, S. 443 bis 451, Romariz, C., „Revisiting Material Selectivity in EU State Aid Law – Or ‚The Ghost of Yet-To-Come‘“, EstAL 1, 2014, S. 47 und 48, Nicolaides, P., und Rusu, I. E., „The Concept of Selectivity: An Ever Wider Scope“, EstAL 4, 2012, S. 796 und 797, Lo Schiavo, G., „The role of competition analysis under article 107 paragraph 1 TFEU: the emergence of a ‚market analysis‘ assessment within the selectivity criterion?“, 34 E.C.L.R. 8, 2013, S. 400 bis 406.

    ( 29 ) Urteil vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande (C‑279/08 P, EU:C:2011:551).

    ( 30 ) Urteil vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande (C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 66). Hervorhebung nur hier.

    ( 31 ) Als weiteres ähnliches Beispiel siehe Urteil vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:598, Rn. 52), in dem das Ziel der Maßnahme zur Prüfung einer Gruppe von Unternehmen führte, die weiter war als diejenige aufgrund des Anwendungsbereichs der Maßnahme.

    ( 32 ) Vgl. Urteil vom 29. April 2004, Niederlande/Kommission (C‑159/01, EU:C:2004:246, Rn. 65 bis 67).

    ( 33 ) Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in der Rechtssache GIL Insurance u. a. (C‑308/01, EU:C:2003:481, Nr. 76).

    ( 34 ) Vgl. Rn. 107, 108, 110 und 111 des angefochtenen Urteils.

    ( 35 ) Vgl. Nr. 16 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 36 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 20. November 2003, GEMO (C‑126/01, EU:C:2003:622).

    ( 37 ) Vgl. beispielsweise die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. 2004, L 165, S. 1).

    ( 38 ) Vgl. Nr. 16 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 39 ) Vgl. z. B. Urteile vom 8. März 2016, Griechenland/Kommission (C‑431/14 P, EU:C:2016:145, Rn. 38), vom 21. Dezember 2011, A2A/Kommission (C‑320/09 P, EU:C:2011:858, Rn. 97), und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 372).

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