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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62014CC0592

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Bobek vom 17. März 2016.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2016:179

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MICHAL BOBEK

    vom 17. März 2016 ( 1 )

    Rechtssache C‑592/14

    European Federation for Cosmetic Ingredients

    gegen

    Secretary of State for Business, Innovation and Skills

    (Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Queen’s Bench Division [Administrative Court] [Vereinigtes Königreich])

    „Vorabentscheidungsersuchen — Binnenmarkt — Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 — Art. 18 Abs. 1 Buchst. b — Kosmetische Mittel — Kosmetikbestandteile — Verbot des Inverkehrbringens von in Tierversuchen geprüften Kosmetikbestandteilen“

    Inhaltsverzeichnis

     

    I – Einleitung

     

    II – Rechtlicher Rahmen

     

    A – Unionsrecht

     

    B – Nationales Recht

     

    C – WTO-Recht

     

    III – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

     

    IV – Würdigung

     

    A – Vorbemerkungen

     

    B – Prüfung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b

     

    1. Einleitung

     

    2. Erörterung wesentlicher Elemente der Ansichten der Beteiligten

     

    a) EFfCI und Französische Republik

     

    b) Kommission und Vereinigtes Königreich

     

    c) Streithelferinnen und Hellenische Republik

     

    d) Ergebnis zu den von den Beteiligten vertretenen Auslegungen

     

    3. Prüfung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b anhand des Wortlauts, Zusammenhangs und Zwecks

     

    a) Auslegung anhand des Wortlauts

     

    b) Zusammenhang und Zweck

     

    i) Ziele der Kosmetikverordnung

     

    ii) Sonstige Bestimmungen der Kosmetikverordnung

     

    iii) Entstehungsgeschichte

     

    – Richtlinie 93/35

     

    – Richtlinie 2003/15

     

    – Ergebnis zur Entstehungsgeschichte

     

    iv) Kohärenz mit sonstigen Rechtsvorschriften des Unionsrechts

     

    c) Zur Relevanz des WTO-Rechts

     

    d) Ergebnis der Prüfung anhand des Wortlauts, Zusammenhangs und Zwecks und vorgeschlagene Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens

     

    V – Ergebnis

    I – Einleitung

    1.

    Die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 (im Folgenden: Kosmetikverordnung) ( 2 ) regelt die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln und ihren Bestandteilen in der Union. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung verbietet das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln in der Union, deren Bestandteile „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung“ in Tierversuchen geprüft worden sind (im Folgenden: Verbot des Inverkehrbringens).

    2.

    Wie ist zu beurteilen, ob Tierversuche „zur Einhaltung der Bestimmungen [der Kosmetikverordnung]“ durchgeführt worden sind? Welche tatsächlichen Umstände sind für diese Prüfung relevant? Dies sind im Wesentlichen die Fragen, die sich in der vorliegenden Rechtssache stellen.

    II – Rechtlicher Rahmen

    A – Unionsrecht

    3.

    Die Kosmetikverordnung ist die zentrale unionsrechtliche Regelung auf diesem Gebiet. Sie ist eine Neufassung der ursprünglichen Richtlinie 76/768/EWG des Rates über kosmetische Mittel nach Änderungen ( 3 ). Ziel der Kosmetikverordnung ist, „zu einem Binnenmarkt für kosmetische Mittel zu gelangen und zugleich ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten“ (vgl. Art. 1 und den vierten Erwägungsgrund). Ihre Rechtsgrundlage ist Art. 95 EGV (jetzt Art. 114 AEUV).

    4.

    Der 38. Erwägungsgrund der Kosmetikverordnung verweist auf das dem EGV beigefügte Protokoll Nr. 33 über das Wohlergehen der Tiere (jetzt in Art. 13 AEUV verankert). Der 39. Erwägungsgrund der Kosmetikverordnung verweist auf die Richtlinie 86/609/EWG des Rates ( 4 ), die aufgehoben und durch die Richtlinie 2010/63/EU ( 5 ) zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (im Folgenden: Tierversuchsrichtlinie) ersetzt worden ist.

    5.

    Um die Sicherheit der in ihren Geltungsbereich fallenden Mittel zu gewährleisten, muss nach Art. 10 der Kosmetikverordnung eine „Sicherheitsbewertung“ durchgeführt und ein „Sicherheitsbericht“ erstellt werden ( 6 ). Nach Art. 11 muss über jedes in der Union in den Verkehr gebrachte kosmetische Mittel eine „Produktinformationsdatei“ geführt werden. Die Produktinformationsdatei muss u. a. den Sicherheitsbericht und auch „Daten über jegliche vom Hersteller, Vertreiber oder Zulieferer … durchgeführte Tierversuche“ enthalten. Letzteres gilt ausdrücklich einschließlich „aller Tierversuche zur Erfüllung der Rechtsvorschriften von Drittländern“.

    6.

    Kapitel V der Kosmetikverordnung hat den Titel „Tierversuche“. Sein einziger Artikel, Art. 18, lautet wie folgt:

    „(1)   Unbeschadet der allgemeinen Verpflichtungen aus Artikel 3 ist Folgendes untersagt:

    a)

    das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln, deren endgültige Zusammensetzung zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung durch Tierversuche bestimmt worden ist, wobei eine andere als eine alternative Methode angewandt wurde, nachdem eine solche alternative Methode unter gebührender Berücksichtigung der Entwicklung der Validierung innerhalb der OECD auf Gemeinschaftsebene validiert und angenommen wurde;

    b)

    das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln, deren Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung durch Tierversuche bestimmt worden sind, wobei eine andere als eine alternative Methode angewandt wurde, nachdem eine solche alternative Methode unter gebührender Berücksichtigung der Entwicklung der Validierung innerhalb der OECD auf Gemeinschaftsebene validiert und angenommen wurde;

    c)

    die Durchführung von Tierversuchen mit kosmetischen Fertigerzeugnissen innerhalb der Gemeinschaft zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung;

    d)

    die Durchführung von Tierversuchen mit Bestandteilen oder Kombinationen von Bestandteilen innerhalb der Gemeinschaft zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung, nach dem Datum, an dem diese Versuche durch eine oder mehrere in der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 der Kommission vom 30. Mai 2008 über Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) oder in Anhang VIII der vorliegenden Verordnung aufgeführte, validierte Alternativmethoden ersetzt werden müssen.

    …“ ( 7 )

    7.

    Nach Art. 18 Abs. 2 der Kosmetikverordnung müssen die Bestimmungen des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a, b und d bis zum 11. März 2009 umgesetzt werden. Eine Ausnahme ist für besondere Arten von Versuchen vorgesehen, für die das Fristende auf den 11. März 2013 festgelegt ist. Diese Daten werden nachfolgend als „Stichtage“ bezeichnet. Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 6 lässt ferner unter „außergewöhnlichen Umständen“ und strengen Voraussetzungen eine Ausnahme von den Verboten in Art. 18 Abs. 1 zu.

    8.

    Art. 20 Abs. 3 der Kosmetikverordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen auf der Verpackung oder dem Etikett des Erzeugnisses damit geworben werden darf, dass für ein kosmetisches Mittel oder seine Bestandteile keine Tierversuche durchgeführt worden sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn „der Hersteller und seine Zulieferer keine Tierversuche … durchgeführt oder in Auftrag gegeben haben, noch Bestandteile verwendet haben, die in Tierversuchen zum Zweck der Entwicklung neuer kosmetischer Mittel durch Dritte geprüft wurden“.

    9.

    Nach Art. 37 der Kosmetikverordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Vorschriften über „Sanktionen“ für Verstöße gegen die Kosmetikverordnung zu erlassen, die „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sind.

    B – Nationales Recht

    10.

    Die Kosmetikverordnung ist im Vereinigten Königreich durch die Cosmetics Products Enforcement Regulations (im Folgenden: nationale Verordnung) ( 8 ) umgesetzt worden. Nach Regulation 12 der nationalen Verordnung macht sich strafbar, wer u. a. gegen Art. 18 der Kosmetikverordnung verstößt. Nach Regulation 13 der nationalen Verordnung (die Sanktionen betrifft) gehören zu möglichen Sanktionen Geldstrafen und Freiheitsstrafe.

    C – WTO-Recht

    11.

    Nach Art. III.4 des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 (im Folgenden: GATT 1994) ( 9 ) ist eine Diskriminierung eingeführter Waren verboten. Die Vertragsparteien unterliegen danach insbesondere der Verpflichtung, dass Einfuhren „keine weniger günstige Behandlung erfahren [dürfen] als gleichartige Waren inländischen Ursprungs“.

    12.

    Art. XX des GATT 1994 regelt mehrere Ausnahmen von der Nichtdiskriminierungsregel des Art. III.4. Hierzu gehören Maßnahmen, die erforderlich sind, um die öffentliche Moral aufrechtzuerhalten (Art. XX Buchst. a) oder die Gesundheit von Tieren zu schützen (Art. XX Buchst. b). Diese Maßnahmen dürfen gleichwohl nicht so angewandt werden, dass sie zu einer willkürlichen und ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen Ländern oder zu einer verschleierten Beschränkung des internationalen Handels führen.

    III – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

    13.

    Die Klage vor dem nationalen Gericht ist von einem Wirtschaftsverband, der European Federation for Cosmetic Ingredients (Europäische Vereinigung für kosmetische Bestandteile; im Folgenden: EFfCI), erhoben worden. Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge haben drei Unternehmen, die Mitglieder der EFfCI sind, außerhalb der Union bestimmte Bestandteile in Tierversuchen geprüft und aus diesen Versuchen Daten generiert. Die durch diese Versuche erlangten Daten waren erforderlich, um die betreffenden Bestandteile in kosmetischen Mitteln verwenden zu dürfen, die in Japan oder China verkauft werden sollen.

    14.

    Der EFfCI war unklar, ob eine Einfuhr dieser Waren in das Vereinigte Königreich gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung verstoßen würde und möglicherweise eine strafbare Handlung darstellen könnte, die strafrechtliche Sanktionen im Vereinigten Königreich nach sich ziehen könnte. Sie erhob daher Klage auf gerichtliche Überprüfung und beantragte, den Umfang des durch diese Verordnung aufgestellten Verbots festzustellen.

    15.

    Hauptbeklagter im nationalen Verfahren ist die zuständige nationale Behörde, der Secretary of State for Business, Innovation and Skills. Zwei weitere Organisationen sind im nationalen Verfahren als Streithelferinnen zugelassen worden: die British Union for the Abolition of Vivisection, jetzt Cruelty Free International (im Folgenden: CFI), und die European Coalition to End Animal Experiments (im Folgenden: ECEAE) (im Folgenden zusammen: Streithelferinnen).

    16.

    Mit Beschluss vom 12. Dezember 2014, bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen am 22. Dezember 2014, hat der High Court of Justice beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    17.

    Die Parteien und Streithelferinnen des Ausgangsverfahrens – die EFfCI, der Secretary of State for Business Innovation and Skills des Vereinigten Königreichs, die CFI und die ECEAE – sowie die Hellenische Republik und die Europäische Kommission haben in der vorliegenden Rechtssache schriftliche Erklärungen eingereicht und in der Sitzung vom 9. Dezember 2015 mündliche Ausführungen gemacht. Die Französische Republik hat ebenfalls ihre Zulassung als Streithelferin in der mündlichen Verhandlung beantragt und in der Sitzung mündliche Ausführungen gemacht.

    IV – Würdigung

    A – Vorbemerkungen

    18.

    Die Fragen des nationalen Gerichts zielen darauf ab, den Umfang des Verbots des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, deren Bestandteile durch Tierversuche geprüft worden sind, zu klären.

    19.

    Die Fragen werfen mehrere sensible Punkte auf. Insbesondere zwei Punkte treten hervor: die Unionspolitik im Bereich Tierversuche und das Erfordernis der Rechtssicherheit im Sinne der Klarheit und Verständlichkeit des Rechts. Diese Punkte bilden einen wichtigen Teil des Hintergrunds dieser Schlussanträge. Ich möchte daher jeden Punkt kurz ansprechen, bevor ich mit der eingehenden inhaltlichen Würdigung beginne.

    20.

    Erstens erkennt die Union, was die Unionspolitik im Bereich Tierversuche angeht, die Bedeutung des Wohlergehens der Tiere an. Tierversuche müssen eingeschränkt werden. Diese Rechtslage ergibt sich klar sowohl aus dem Vertrag selbst (Art. 13 AEUV) als auch aus dem Sekundärrecht (z. B. der Tierversuchsrichtlinie und der Kosmetikverordnung).

    21.

    Es gibt also, sowohl auf der Primär- als auch auf der Sekundärebene des Unionsrechts, eine ausdrückliche Wertungsaussage seitens der Union, der Hinweischarakter für die Auslegung zugemessen werden kann. Gleichwohl gilt das Wohlergehen der Tiere, ebenso wie andere Werte, nicht absolut. Der Gesetzgeber hat keine Entscheidung für ein vollständiges Verbot von Tierversuchen in der Union getroffen. Vielmehr wägt er das Wohlergehen der Tiere gegen andere Ziele, insbesondere den Schutz der menschlichen Gesundheit, ab. Das Verbot des Inverkehrbringens ist lediglich ein Beispiel dafür, wie diese Abwägung auf dem Gebiet der kosmetischen Mittel ausfällt.

    22.

    Zweitens besteht das Erfordernis der Rechtssicherheit. Auf der Ebene der Rechtsetzung folgt aus diesem Grundsatz das Erfordernis eines Mindestmaßes an Klarheit und Verständlichkeit des Rechts ( 11 ). Ein Aspekt der Rechtssicherheit ist Vorhersehbarkeit: Akteure und Einzelpersonen müssen nach Beratung in der Lage sein, zu verstehen und in angemessenem Maße vorherzusehen, was das Recht zulässt und was nicht ( 12 ).

    23.

    Das Erfordernis der Rechtssicherheit verstärkt sich noch, sobald Sanktionen, insbesondere strafrechtliche Sanktionen, im Raum stehen. In Verbindung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit folgt daraus die Maxime nullum crimen, nulla poena sine lege (certa), die (u. a.) in Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Diese Maxime gebietet einen sehr vorsichtigen und eher restriktiven Auslegungsansatz, sofern für Verstöße gegen Bestimmungen mit unklarem Umfang oder unklarer Bedeutung Sanktionen oder Geldstrafen vorgesehen sind ( 13 ). Mit anderen Worten steht es einem Gesetzgeber weitgehend frei, Verbote oder Sanktionen anzuordnen. Er muss diese jedoch klar und ausdrücklich formulieren.

    24.

    Was die Auslegung der Kosmetikverordnung betrifft, war der Erlass des Verbots des Inverkehrbringens eindeutig ein langsamer und kontroverser Prozess. Der daraus hervorgegangene Text ist kein Muster an Klarheit.

    25.

    Dies ist besonders unglücklich, weil ein Verstoß gegen das Verbot des Inverkehrbringens gravierende Konsequenzen nach sich zieht. Nach Art. 37 der Kosmetikverordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für einen solchen Verstoß Sanktionen zu verhängen. Das Vereinigte Königreich hat die Entscheidung getroffen, strafrechtliche Sanktionen zu verhängen, zu denen Freiheitsstrafen gehören können (siehe oben, Nr. 10). Selbst wenn die jeweilige nationale Vollzugsregelung in anderen Mitgliedstaaten anders aussehen mag, muss sie zumindest mit administrativen Sanktionen und Geldstrafen verbunden sein. Die Sanktionen müssen nämlich nach Art. 37 „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein.

    26.

    Die Vereinbarkeit des Verbots des Inverkehrbringens nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit war bereits zweimal Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten vor dem Gerichtshof ( 14 ). Beide Klagen wurden jedoch ohne Urteil in der Sache als unzulässig abgewiesen ( 15 ).

    27.

    In der vorliegenden Rechtssache fragt das nationale Gericht nicht nach der Gültigkeit von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b. Die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gesetzmäßigkeit sind jedoch nicht nur Maßstab für eine gerichtliche Überprüfung der Gültigkeit. Sie spielen auch bei der Auslegung dieser Bestimmung eine Rolle. Diese Rolle ist umso wichtiger angesichts der bei einem Verstoß drohenden Sanktionen.

    28.

    Nach Einführung in diese allgemeineren Fragestellungen komme ich nun in den folgenden Abschnitten zu meiner eingehenderen rechtlichen Würdigung.

    B – Prüfung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b

    1. Einleitung

    29.

    Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung verbietet das Inverkehrbringen von Kosmetikbestandteilen, die „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung durch Tierversuche bestimmt worden sind“.

    30.

    Bei einer rein am Wortlaut orientierten und isolierten Auslegung könnte diese Wendung in Art. 18 Abs. 1 Buchst. b vernünftigerweise dahin verstanden werden, dass der hinter der Durchführung der Tierversuche stehende spezifische subjektive Zweck zu ermitteln wäre.

    31.

    Dieser Auslegung kann ich mich nicht anschließen. Das grundlegende Problem ist, dass sie zu unüberbrückbaren Widersprüchen zu anderen Bereichen des Unionsrechts (sektorübergreifende Probleme) sowie zu anderen Systemen und Rechtsordnungen (rechtsordnungsübergreifende Probleme) führt. Sie bringt ferner nicht beherrschbare Beweisprobleme mit sich. Solche Beweisfragen sind zwar nach dem Grundsatz der nationalen Verfahrensautonomie Sache der nationalen Behörden und Gerichte, die mit konkreten, zur Entscheidung vorliegenden Rechtssachen befasst sind. Die Aufgabe, das Unionsrecht auszulegen, obliegt jedoch letztlich dem Gerichtshof. Zu dieser Aufgabe gehört meines Erachtens auch, den Mitgliedstaaten keine Auslegungen vorzugeben, die nicht praktikabel sind.

    32.

    Daher sollte der Gerichtshof meines Erachtens einen nuancierteren Ansatz wählen. Im Wesentlichen sollte die Bestimmung des Art. 18 Abs. 1 Buchst. b dahin verstanden werden, dass sie kosmetischen Mitteln den Zugang zum Unionsmarkt verwehrt, für die zum Nachweis der Einhaltung der Kosmetikverordnung Tierversuche verwendet werden sollen. Das Verbot des Inverkehrbringens sollte dahin verstanden werden, dass für einen bestimmten Kosmetikbestandteil i) der Zugang zum Unionsmarkt den Nachweis seiner Sicherheit nach dem in der Kosmetikverordnung vorgesehenen Verfahren voraussetzt und ii) dieser Nachweis nicht durch Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen erbracht werden darf, die nach den einschlägigen, in der Kosmetikverordnung festgelegten Stichtagen durchgeführt wurden (siehe oben, Nr. 7).

    33.

    Der entscheidende Faktor ist daher eine Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen zur Erlangung des Zugangs zum Unionsmarkt. Somit kommt es nicht darauf an,

    wo die Versuche durchgeführt wurden,

    ob die Versuche in der „Vorstellung“ des betreffenden Rechtssubjekts mit Bedacht auf sonstige (unionsrechtliche oder nicht unionsrechtliche) Rechtsvorschriften durchgeführt wurden oder ob diese sonstigen Rechtsvorschriften kosmetische Mittel betreffen oder

    zu welchem Zeitpunkt ein Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln (in der Union) vorgesehen war.

    34.

    Im Folgenden begründe ich meine Ansicht, dass wesentliche Elemente der verschiedenen von den Beteiligten vertretenen Auslegungen gravierende Probleme aufwerfen und dass diesen Auslegungen daher nicht gefolgt werden kann (Abschnitt 2). Im Anschluss daran untersuche ich das Verbot des Inverkehrbringens anhand von Wortlaut, Zusammenhang und Zweck (Abschnitt 3).

    2. Erörterung wesentlicher Elemente der Ansichten der Beteiligten

    a) EFfCI und Französische Republik

    35.

    Die EFfCI ist im Wesentlichen der Ansicht, dass das Verbot des Inverkehrbringens greife, sofern der hinter dem Tierversuch stehende spezifische Zweck in der Einhaltung der Kosmetikverordnung bestehe. Bestehe ein anderer Zweck, etwa die Einhaltung der Rechtsvorschriften eines Drittlands oder sonstiger Rechtsvorschriften des Unionsrechts (etwa Rechtsvorschriften des Arzneimittel- oder Chemikalienrechts), greife das Verbot des Inverkehrbringens nicht. Eine ähnliche Auslegung hat auch die Französische Republik in der mündlichen Verhandlung vertreten.

    36.

    Die Auslegung von Bestimmungen des Unionsrechts knüpft in erster Linie an den Wortlaut an. Welche wörtliche Bedeutung hat der gedruckte Text? Dieser Ansatz spiegelt die Kerngrundsätze der Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit wider, und diese Grundsätze tragen letztlich zur Stärke der Rechtsstaatlichkeit in der Unionsrechtsordnung bei ( 16 ). Was man sieht, sollte auch das sein, was man bekommt.

    37.

    Ist der Wortlaut jedoch nicht eindeutig ( 17 ) oder würde die wörtliche Bedeutung zu einem unsinnigen Ergebnis führen ( 18 ), kann diese Bedeutung neu beurteilt werden, nachdem sie „[im] Zusammenhang [gesehen] und im Lichte des gesamten [Unions]rechts, seiner Ziele und seines Entwicklungsstands zur Zeit der Anwendung der betreffenden Vorschrift [ausgelegt]“ worden ist ( 19 ).

    38.

    Bei rein wörtlichem, isolierten Verständnis von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b erscheint die von der EFfCI und der Französischen Republik vertretene Auslegung auf den ersten Blick durchaus naheliegend.

    39.

    Diese Auslegung würde meines Erachtens jedoch die nationalen Verwaltungsbehörden und Gerichte vor erhebliche Herausforderungen im Hinblick sowohl auf die Ermittlung des Zwecks als auch den Nachweis dieses Zwecks stellen. Aus den nachfolgend genannten Gründen bin ich in der Tat der Ansicht, dass ein solcher Ansatz zu grundlegenden Widersprüchen führen würde und nicht praktikabel wäre.

    40.

    Was die Ermittlung des Zwecks angeht, stellt schon die Feststellung des Zwecks oder der Absicht eines Rechtssubjekts eine eigene Herausforderung dar. Angenommen, diese Herausforderung wäre zu bewältigen, ist jedoch noch nicht einmal klar, auf welches Rechtssubjekt zur Bestimmung des Zwecks oder der Absicht abzustellen wäre. In Betracht kommen nicht nur der Hersteller des kosmetischen Mittels selbst, sondern auch das den Versuch durchführende Labor, das Rechtssubjekt, das den Versuch ursprünglich in Auftrag gibt, und jedes Rechtssubjekt, dem später die Daten überlassen oder an das sie weitergegeben werden, unabhängig davon, ob dies innerhalb derselben Unternehmensgruppe geschieht oder nicht.

    41.

    Die Situation wird sogar noch komplexer, wenn man mögliche gemischte Zwecke – in beiden Dimensionen, d. h. geografisch und sektoral – in Betracht zieht.

    42.

    Beispielsweise könnten Versuche in der Vorstellung des Unternehmens hauptsächlich mit Bedacht auf den chinesischen Markt, aber auch auf Europa als potenziellen künftigen Markt durchgeführt werden. Solche Fallgestaltungen erscheinen möglich und in der Tat höchst wahrscheinlich. Bei der Entwicklung und Prüfung eines neuen Kosmetikbestandteils wird jedes Kosmetikunternehmen mit weltweiter Ausrichtung wahrscheinlich Europa, einen bedeutenden Markt, nicht völlig außer Acht lassen. Diese Punkte kommen in der Frage 2 c des nationalen Gerichts zum Ausdruck.

    43.

    Ebenso haben Stoffe häufig „duale Verwendungszwecke“. Sie können sowohl in kosmetischen als auch in nicht kosmetischen Mitteln verwendet werden. Beispiele für die letztere Kategorie sind u. a. Arzneimittel oder Chemikalien. Tierversuchsergebnisse könnten für den Nachweis der Sicherheit des Stoffs für die menschliche Gesundheit bei kosmetischen und nicht kosmetischen Verwendungen von Nutzen sein. Darin zeigt sich wiederum das Potenzial gemischter oder mehrfacher Zwecke bei der Gewinnung von Tierversuchsdaten. Diese Punkte kommen in der Frage 2 b des nationalen Gerichts zum Ausdruck.

    44.

    Wegen dieses für gemischte Zwecke bestehenden Potenzials erscheint es eher unnatürlich, die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzung dieser Daten an die spezifische Absicht zu knüpfen, die zu dem Zeitpunkt bestand, als diese Daten ursprünglich generiert wurden. Dies lässt außer Acht, dass entsprechende Daten über geografische Grenzen und Sektorgrenzen hinweg zwischen Unternehmen zum Verkauf oder Weiterverkauf im Umlauf sein können.

    45.

    Ferner wäre logische Folge der von der EFfCI und der Französischen Republik vertretenen Auslegung, dass „ursprünglich unschuldige“ Daten (also zwar im Tierversuch, nicht aber spezifisch mit Bedacht auf den Kosmetikmarkt der Union generierte Daten) danach völlig frei im Umlauf sein und zur Aufnahme in Sicherheitsbewertungen und Sicherheitsberichte über kosmetische Mittel verkauft werden könnten. Es liegt auf der Hand, dass das durch eine solche Auslegung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b entstehende Umgehungspotenzial erheblich ist.

    46.

    Zu welchem Zeitpunkt verdichtet sich ein erkanntes Potenzial für ein Inverkehrbringen in der Union zu einem spezifischen Zweck, Versuche „zur Einhaltung der Bestimmungen der [Kosmetikverordnung]“ durchzuführen? Diese Frage fügt der Komplexität noch eine weitere Dimension hinzu. Beispielsweise könnte das Unternehmen, das die Daten gewinnt, ursprünglich spezifisch auf einen nicht kosmetischen Markt in China abgezielt haben, aber auch an eine spätere Verwendung für kosmetische Mittel in der Union gedacht haben. Wie ernsthaft muss die Inaussichtnahme eines künftigen Inverkehrbringens in der Union sein, damit sie zu einer spezifischen Absicht wird und die Daten „verdirbt“? Eine kurze Besprechung in der Vertriebsabteilung? Ein Vorstandspapier?

    47.

    Nehmen wir dennoch an, dass sich feststellen lässt, um wessen Absicht es geht, und dass das erforderliche Maß an Inaussichtnahme des Unionsmarkts festgestellt werden kann, um den spezifischen Zweck zu bejahen. Eine weitere Schwierigkeit wirft die Frage des Nachweises des Zwecks auf. Erforderlich sind hierfür Nachweise, die bestimmten Anforderungen im Hinblick auf Beweislast und Beweisstandards genügen. In der Sitzung ist hierzu Verschiedenes vorgetragen worden. Erwähnt worden sind u. a. Eigenerklärungen, der Auftrag, der den die Versuche durchführenden Laboren erteilt wird, eine im Ausland bestehende Verpflichtung zur Durchführung von Tierversuchen und die Berücksichtigung der zeitlichen Abfolge der Vorgänge.

    48.

    Zweifellos sind nationale Gerichte, insbesondere solche des ersten Rechtszugs, mit dem tagtäglichen Umgang mit Tatsachen- und Beweisfragen vertraut und darin geübt. Die Bedenken, die sich darauf richten, dass es in der Praxis unrealistisch wäre, von nationalen Verwaltungsbehörden und/oder Gerichten solche Feststellungen zu erwarten, sind somit keine Frage der Kompetenz, sondern eine Frage der Durchführbarkeit und Angemessenheit. Nationale Behörden damit zu befassen, die subjektive Unternehmensabsicht möglicherweise mehrerer, in verschiedenen Sektoren und/oder Rechtsordnungen tätiger Unternehmen in der nahen oder fernen Vergangenheit zu ermitteln, kann vielleicht in Strafverfahren notwendig sein, aber kaum im Rahmen einer Regelung für die im Wesentlichen administrative Anmeldung von Erzeugnissen, für die Zugang zum EU-Binnenmarkt begehrt wird.

    49.

    Aufgrund dieser Erwägungen halte ich die von der EFfCI vertretene Auslegung für nicht umsetzbar. Die Formulierung „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung“ kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie sich auf einen spezifischen Zweck oder eine spezifische Absicht bezieht, die zum Zeitpunkt der Durchführung von Tierversuchen besteht.

    b) Kommission und Vereinigtes Königreich

    50.

    Auch die Kommission und das Vereinigte Königreich halten den Zweck der Versuche für entscheidend. Sie legen das Verbot des Inverkehrbringens jedoch weiter aus. Das Verbot greife, wenn die Versuche zum Zweck der Einhaltung der Kosmetikverordnung oder entsprechender Rechtsvorschriften von Drittländern durchgeführt worden seien.

    51.

    Bei diesem Ansatz sehe ich zwei grundlegende Probleme.

    52.

    Erstens wird in Art. 18 Abs. 1 Buchst. b ausdrücklich und genau auf die Bestimmungen der Kosmetikverordnung der Union Bezug genommen und nicht auf die Bestimmungen sonstiger unionsrechtlicher oder nicht unionsrechtlicher Rechtsvorschriften. Hier würde jede andere Lesart meines Erachtens eindeutig recht gezielt über die natürliche Bedeutung des Wortlauts hinausgehen.

    53.

    Mein Vorbehalt wird durch ein systematisches Argument gestützt. In Art. 11 Abs. 2 Buchst. e der Kosmetikverordnung sind im Gegensatz zu Art. 18 Abs. 1 ausdrücklich „zur Erfüllung der Rechtsvorschriften von Drittländern“ durchgeführte Versuche genannt. Art. 18 Abs. 1 enthält eine solche Bezugnahme eindeutig nicht. Eine derartige Formulierung hätte indes unschwer auch in das Verbot des Inverkehrbringens aufgenommen werden können, wenn der Gesetzgeber dies denn beabsichtigt hätte ( 20 ).

    54.

    Daher können entgegen der von der Kommission und vom Vereinigten Königreich vertretenen Ansicht die „Bestimmungen dieser Verordnung“ nicht in natürlicher Weise als die „Bestimmungen dieser Verordnung und entsprechender Kosmetikvorschriften in Nicht-Mitgliedstaaten“ ausgelegt werden. Bedeutung und Tragweite dieser Formulierungen sind sehr unterschiedlich.

    55.

    Zweitens stützt sich auch der Ansatz der Kommission und des Vereinigten Königreichs auf eine Ermittlung des Zwecks der Versuche. Er wirft daher Probleme der gleichen Art auf wie der oben (Nrn. 40 ff.) dargestellte Ansatz der EFfCI, sowohl was Verwendungen zu mehreren Zwecken als auch den Nachweis betrifft. Davon abgesehen fügt die Ansicht der Kommission und des Vereinigten Königreichs einem bereits problematischen Ansatz möglicherweise eine weitere Ebene der Komplexität hinzu. Nationale Behörden müssten nicht nur in die Vorstellungen eines Unternehmens hineinschauen, um eine Absicht festzustellen. Darüber hinaus müssten sie dann ausländische Gesetze und Vorschriften daraufhin prüfen, ob sie der Kosmetikverordnung „entsprechen“.

    56.

    Ich kann mich daher aus denselben Gründen auch der von der Kommission und vom Vereinigten Königreich vertretenen Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens nicht anschließen.

    c) Streithelferinnen und Hellenische Republik

    57.

    Die Streithelferinnen und die Hellenische Republik sind im Wesentlichen der Ansicht, dass das Verbot des Inverkehrbringens greife, sobald Versuche durchgeführt würden, um nachzuweisen, dass ein Bestandteil für die menschliche Gesundheit sicher ist. Dies gelte unabhängig davon, wo oder aus welchen Gründen die Versuche stattfänden, solange der getestete Bestandteil in kosmetischen Mitteln verwendet werde ( 21 ).

    58.

    Diese Auslegung kann nicht richtig sein.

    59.

    Vorausgeschickt sei, dass zur Auslegung des Unionsrechts häufig ein Blick über die natürliche Bedeutung des Wortlauts hinaus erforderlich ist (siehe oben, Nr. 37). Es dürfte jedoch schwierig sein, die von den Streithelferinnen vertretene Auslegung überhaupt zu diesem Wortlaut rückzuvermitteln. Diese Auslegung übergeht offenbar das Wort „zur“, da es tatsächlich weder auf den Zweck der Versuche noch auf die Verwendung der Ergebnisse ankommen soll. Entscheidend soll stattdessen der Versuchsvorgang an sich sein. Ebenso wird die Wendung „Bestimmungen dieser Verordnung“ praktisch übergangen, da sie sich auf das allgemeine Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit beziehen soll. Wie von der Französischen Republik in der mündlichen Verhandlung angeführt, werden Tierversuche in den allermeisten Fällen zu diesem Zweck durchgeführt, sei es im Zusammenhang mit kosmetischen Mitteln, Arzneimitteln, Chemikalien, Pflanzenschutzmitteln usw.

    60.

    Vor allem würde der von den Streithelferinnen vertretene Ansatz zu sehr seltsamen, meines Erachtens extremen Ergebnissen führen.

    61.

    Nehmen wir das Beispiel eines Stoffs, der im Tierversuch a) außerhalb der Union, b) zum Nachweis seiner Sicherheit für Menschen bei Verwendung in Reinigungsmitteln und c) in nach den Rechtsvorschriften eines Drittlands vorgeschriebenen Tierversuchen getestet wird.

    62.

    Der Ansicht der Streithelferinnen zufolge griffe das Verbot des Inverkehrbringens, weil dieser Versuch durchgeführt wurde, um nachzuweisen, dass er für die menschliche Gesundheit sicher ist. Der getestete Stoff dürfte als Kosmetikbestandteil in der Union nicht verwendet werden. Würde der Bestandteil bereits in kosmetischen Mitteln in der Union verwendet, müsste er folgerichtig vom Markt genommen werden.

    63.

    Mit anderen Worten könnte das Verbot des Inverkehrbringens in der Auslegung der Streithelferinnen bei (zeitlich, räumlich und sektoral) offenkundig voneinander losgelösten Vorgängen greifen. Diese Vorgänge können gänzlich außerhalb der Kontrolle der Person stehen, die die betreffenden Kosmetikbestandteile in den Verkehr bringt ( 22 ). Für eine derart weitreichende Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens kann ich keine überzeugenden Gründe erkennen ( 23 ).

    64.

    Ein weiteres Problem bei der von den Streithelferinnen vertretenen weiten Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens wird durch eine systematische Auslegung von Art. 18 Abs. 1 deutlich.

    65.

    Während Buchst. b von Art. 18 Abs. 1 ein Verbot des Inverkehrbringens enthält, untersagt dessen Buchst. d alle Tierversuche mit Bestandteilen innerhalb der Union „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung“ (im Folgenden: Verbot der Versuche). Folgte man der Auslegung der Streithelferinnen, würde Art. 18 Abs. 1 Buchst. d logischerweise alle Tierversuche in der Union mit allen Stoffen ab dem Zeitpunkt untersagen, zu dem sie in kosmetischen Mitteln verwendet werden, es sei denn, mit diesen Versuchen soll nicht die Sicherheit für die menschliche Gesundheit nachgewiesen werden (z. B. in Bezug auf Umwelt-Endpunkte).

    66.

    Dies wäre sogar dann der Fall, wenn die Versuche in der Union im Rahmen einer anderen (kosmetische Mittel nicht betreffenden) Rechtsvorschrift des Unionsrechts vorgesehen wären und die Ergebnisse niemals im Rahmen der Kosmetikverordnung verwendet würden. Beispielsweise wären alle die menschliche Gesundheit betreffenden Tierversuche nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (im Folgenden: REACH-Verordnung) ( 24 ) allein deshalb untersagt, weil der betreffende Stoff auch in kosmetischen Mitteln verwendet wird ( 25 ). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ein derart weitreichendes, sektorübergreifendes Verbot von Tierversuchen in der sektorspezifischen Kosmetikverordnung vorgesehen werden sollte ( 26 ).

    67.

    Die Streithelferinnen versuchen allerdings, einigen dieser Punkte Rechnung zu tragen, indem sie anerkennen, dass Tierversuche nach der REACH-Verordnung in der Union durchgeführt werden könnten, um nachzuweisen, dass ein Stoff für die menschliche Gesundheit sicher ist. Dies sei – als Ausnahme der geringfügigen Verwendung – dann zulässig, wenn die überwiegende Verwendung des Stoffs nicht in kosmetischen Mitteln erfolge.

    68.

    Die Ausnahme der geringfügigen Verwendung, die die Streithelferinnen postulieren, würde einige der oben genannten überraschenden und weitreichenden Wirkungen vermeiden. Sie würde jedoch nicht alle vermeiden.

    69.

    Insbesondere beständen sektorübergreifende Wirkungen des Verbots auch für Stoffe, die überwiegend in kosmetischen Mitteln verwendet werden, für die es aber auch wichtige Verwendungen in nicht kosmetischen Mitteln gibt.

    70.

    Der Anwendungsbereich der Ausnahme der geringfügigen Verwendung ist ebenfalls sehr unklar. Ist beispielsweise eine überwiegende Verwendung anhand der Menge des Bestandteils zu ermitteln, die für kosmetische Mittel verwendet wird? Hängt sie mit dem Gegenwert dieses Stoffs in Geld zusammen? Angenommen, die Menge wäre maßgebend, ist eine überwiegende Verwendung dann gegeben, wenn mehr als 50 % der Menge ( 27 ) dieses Bestandteils in kosmetischen Mitteln verwendet wird, oder einfach dann, wenn es sich um die wichtigste von mehreren Verwendungen handelt (auch wenn die kosmetische Verwendung mengenmäßig geringfügig bleibt)? Ist die überwiegende Verwendung auf globaler Ebene, innerhalb der Union oder auf ein anderes Gebiet bezogen zu beurteilen?

    71.

    Vielleicht grundsätzlicher betrachtet ist die Grundlage der Ausnahme der geringfügigen Verwendung unklar. Woher kommt sie? Eine Grundlage für sie wird nicht vorgetragen, außer dass die einschlägigen Rechtsvorschriften kosmetische Mittel beträfen und die Ausnahme angeblich „im Einklang mit dem stände, was die Öffentlichkeit unter den Verboten versteht“. Ich habe keinen Zweifel am Einfallsreichtum von Herstellern und Vollzugsbehörden, praktische Antworten auf einige der Fragen im vorstehenden Absatz zu finden. Wenn man sich enger an den Wortlaut der Kosmetikverordnung hält, könnten meines Erachtens jedoch derartige Fragen völlig vermieden werden. Zu unterstreichen ist auch, dass ein Verstoß gegen diese „neu entdeckten“ und sehr detaillierten Regelungen mit Sanktionen bewehrt ist. Im Fall des Vereinigten Königreichs steht eine Freiheitsstrafe im Raum. Unter diesen Umständen ist der von den Streithelferinnen vertretene Ansatz meines Erachtens mit der Maxime nullum crimen, nulla poena sine lege certa unmöglich in Einklang zu bringen.

    72.

    Schließlich wird vorgetragen, dass in einigen Rechtsordnungen außerhalb der Union Tierversuche mit Kosmetikbestandteilen vorgeschrieben seien. Soweit dies der Fall ist, würde die von den Streithelferinnen vertretene Auslegung Hersteller in der Praxis zu einer Entscheidung zwingen, ob sie einen Bestandteil in der Union oder in einer solchen, Tierversuche vorschreibenden anderen Rechtsordnung in den Verkehr bringen wollen. Mit anderen Worten würden hierdurch de facto Ausfuhr- oder Einfuhrverbote geschaffen.

    73.

    Es bedarf meines Erachtens keiner eingehenden Befassung mit dem internationalen Handelsrecht, um die von den Streithelferinnen vertretene Auslegung zurückzuweisen. Offensichtlich ist jedoch, dass Ausfuhr- und Einfuhrverbote schwerwiegende Behinderungen des internationalen Handels darstellen. Unabhängig davon, ob sie sich nach WTO-Recht ( 28 ) rechtfertigen lassen, wäre davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass er diese Wirkungen wirklich beabsichtigt hätte, einen eindeutigeren Wortlaut gewählt hätte, um diese Absicht zum Ausdruck zu bringen.

    d) Ergebnis zu den von den Beteiligten vertretenen Auslegungen

    74.

    Ich habe Verständnis für die Schwierigkeiten, die man damit haben kann, die Bedeutung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung zu ergründen. Die Fassung der Vorschrift ist wenig gelungen. Der Gesetzgeber war sich zudem offenbar der berechtigten Zweifel, die in den Fragen des nationalen Gerichts zum Ausdruck kommen, vor über 20 Jahren während des Gesetzgebungsverfahrens bewusst ( 29 ). Dies lässt es umso unglücklicher erscheinen, dass diese Punkte nun so spät erörtert werden müssen.

    75.

    Gleichwohl halte ich die von den Beteiligten vertretenen Auslegungen in grundlegenden Aspekten für nicht überzeugend.

    76.

    Im folgenden Abschnitt komme ich zu meiner eigenen Prüfung des Verbots des Inverkehrbringens anhand seines Wortlauts, Zusammenhangs und Zwecks. Das wesentliche Ergebnis dieser Prüfung ist, dass die Wendung „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung“ dahin auszulegen ist, dass sie eine Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen zu Zwecken des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln in der Union ausschließt.

    3. Prüfung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b anhand des Wortlauts, Zusammenhangs und Zwecks

    a) Auslegung anhand des Wortlauts

    77.

    Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut der Bestimmung ( 30 ). Die nächstliegende natürliche Bedeutung der Wendung „zur Einhaltung der Bestimmungen [der Kosmetikverordnung]“ ist, dass die Versuche zum (vorrangigen) Zweck der Einhaltung dieser Rechtsvorschriften durchgeführt wurden. Aus den oben genannten Gründen wirft diese Auslegung meines Erachtens unbeherrschbare Probleme im Hinblick auf die Ermittlung und den Nachweis des Zwecks sowie die systematische Kohärenz der Kosmetikverordnung mit anderen Bereichen des Unionsrechts auf.

    78.

    Das bedeutet jedoch nicht, dass man den Wortlaut einfach außer Acht lassen und sich in diese nebelhaften Weiten des effet utile begeben kann. Dies gilt umso mehr, als dieser Begriff von den verschiedenen Akteuren offenbar sehr unterschiedlich verstanden wird, wie die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen der Beteiligten in der vorliegenden Rechtssache verdeutlicht haben. Selbst wenn es aus den oben genannten Gründen unmöglich erscheint, sich allein auf den Wortlaut zu stützen, sollte sich die Auslegung so eng wie möglich an den Wortlaut und seine Begriffe halten und gleichzeitig die gesetzgeberische Absicht und die gesetzlichen Wertungen beachten, soweit diese in nachvollziehbarer Weise erkennbar sind.

    79.

    Der Wortlaut des Verbots des Inverkehrbringens impliziert meines Erachtens eine notwendige Verbindung zwischen a) den Tierversuchen und b) der Einhaltung der spezifischen Bestimmungen der Kosmetikverordnung. Eine solche Verbindung ist im Licht des Wortlauts von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b von grundlegender Bedeutung: „[ein Bestandteil ist] zur Einhaltung der Bestimmungen [der Kosmetikverordnung] durch Tierversuche bestimmt worden“ ( 31 ).

    80.

    In Art. 1 der Kosmetikverordnung heißt es klar, dass die Verordnung Regeln aufstellt, die alle kosmetischen Mittel, die auf dem Binnenmarkt bereitgestellt werden sollen, erfüllen müssen. Welchen anderen Grund sollte ein Unternehmen dann dafür haben, die Bestimmungen der Kosmetikverordnung erfüllen zu wollen, als Zugang zum Binnenmarkt zu erhalten?

    81.

    Aufgrund dieser notwendigen Verbindung ist die Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen zur Erlangung des Zugangs zum Unionsmarkt für ein kosmetisches Mittel meines Erachtens eine conditio sine qua non dafür, dass das Verbot des Inverkehrbringens greift. Dies ist der Punkt, den das nationale Gericht in seiner Frage 2 a aufwirft.

    82.

    Aus den nachfolgend dargelegten Gründen wird dieses Ergebnis durch eine Prüfung anhand des Zusammenhangs und Zwecks gestützt. Aus dieser Prüfung ergeben sich ferner meines Erachtens keine zusätzlichen notwendigen Voraussetzungen dafür, dass das Verbot des Inverkehrbringens greift.

    b) Zusammenhang und Zweck

    83.

    Es gibt verschiedene Elemente des Zusammenhangs und des Zwecks des Verbots des Inverkehrbringens, die in der vorliegenden Rechtssache meines Erachtens eine Erörterung verdienen, nämlich:

    die Ziele der Kosmetikverordnung,

    sonstige Bestimmungen der Kosmetikverordnung,

    die Entstehungsgeschichte der Kosmetikverordnung,

    Kohärenz mit sonstigen Rechtsvorschriften des Unionsrechts.

    i) Ziele der Kosmetikverordnung

    84.

    Nach Art. 1 der Kosmetikverordnung sind ihre Hauptziele, „zu einem Binnenmarkt für kosmetische Mittel zu gelangen und zugleich ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten“ ( 32 ). Bei der Verfolgung dieser Ziele wird in den Erwägungsgründen 38 ff. der Kosmetikverordnung auch die Bedeutung des Wohlergehens der Tiere unterstrichen. Diese Erwägungsgründe und Ziele finden ihren Ausdruck im Verbot des Inverkehrbringens und im Verbot der Versuche in Art. 18 Abs. 1.

    85.

    Die Kosmetikverordnung ist jedoch eindeutig in erster Linie eine sektorspezifische Binnenmarktregelung. Sie regelt die Voraussetzungen, unter denen die Union kosmetischen Mitteln und Bestandteilen Zugang zum Binnenmarkt gewährt. Die Hauptvoraussetzung ist, dass sie für Menschen sicher sein müssen. Dies wird durch die Wahl der Rechtsgrundlage bestätigt, nämlich Art. 95 EGV (jetzt Art. 114 AEUV).

    86.

    Das Wohlergehen der Tiere ist ein sehr wichtiges Anliegen. Es ist jedoch nicht der Hauptzweck der Regelung. Unabhängig davon, welche Grenzen das Wohlergehen der Tiere genau setzt, ist ferner eindeutig, dass die Regelung kein totales Verbot für Tierversuche oder das Inverkehrbringen von in Tierversuchen getesteten kosmetischen Mitteln (Bestandteilen) einführt ( 33 ).

    87.

    Somit wird, im Rahmen der Kosmetikverordnung in ihrer Gesamtheit betrachtet, das Bestreben eines Herstellers zur „Erfüllung der Bestimmungen dieser Verordnung“ darauf gerichtet sein, Zugang zum Binnenmarkt zu erhalten. Die Bedeutung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b wäre daher richtiger wiedergegeben mit der Formulierung: „zur Erlangung des Zugangs zum Binnenmarkt für kosmetische Mittel dürfen Tierversuche nicht verwendet werden“.

    88.

    Dies bestätigt die oben vertretene Auslegung, dass eine Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen die maßgebende Voraussetzung für das Greifen des Verbots des Inverkehrbringens ist.

    ii) Sonstige Bestimmungen der Kosmetikverordnung

    89.

    Auch wenn für sich genommen nicht entscheidend, sind auch einige sonstige Bestimmungen der Kosmetikverordnung erwähnenswert, was kontextuell-systematische Argumente angeht. Diese Bestimmungen erhellen insbesondere einige der Situationen, die der Gesetzgeber als mit dem Verbot der Versuche und mit dem Verbot des Inverkehrbringens vereinbar angesehen hat. Insoweit sind sie für das Verständnis des Umfangs dieser Verbote hilfreich.

    90.

    Nach Art. 11 Abs. 2 Buchst. e der Kosmetikverordnung sind Tierversuchsdaten, die zur Erfüllung nicht unionsrechtlicher Bestimmungen generiert wurden, in der Produktionsinformationsdatei vorzulegen. Tierversuche mit einem Kosmetikbestandteil in Drittländern können somit eindeutig mit dem Inverkehrbringen dieses Bestandteils in der Union vereinbar sein ( 34 ).

    91.

    Interessant ist auch, dass die ausdrückliche Erwähnung drittstaatlicher Rechtsvorschriften in Art. 11 Abs. 2 Buchst. e zu Art. 18 Abs. 1 Buchst. b im Gegensatz steht, wo diese nicht erwähnt sind. Dies könnte dahin zu verstehen sein, dass Versuche zur Erfüllung der Bestimmungen von Drittländern bewusst von dem Tatbestand ausgenommen werden sollten, bei dem das Verbot des Inverkehrbringens greift.

    92.

    Wie oben erwähnt ( 35 ), ist im 40. Erwägungsgrund der Kosmetikverordnung offenbar auch von Situationen die Rede, in denen Tierversuche in der Union beispielsweise nach der REACH-Verordnung durchgeführt und die getesteten Bestandteile auch in kosmetischen Mitteln verwendet werden können.

    93.

    Die vorgenannten Bestimmungen und Erwägungsgründe stützen die von mir bereits zum Ausdruck gebrachte Ansicht, dass Tierversuche mit Bestandteilen, die in kosmetischen Mitteln verwendet werden, an sich nicht das maßgebende Kriterium sind. Sie unterstreichen, dass eine Verbindung zwischen den Versuchen und dem Inverkehrbringen auf dem Binnenmarkt gegeben sein muss. Wie bereits gesagt, entsteht diese Verbindung meines Erachtens durch eine Verwendung der Tierversuchsdaten zum Zweck des Nachweises der Sicherheit für die menschliche Gesundheit im Rahmen der Kosmetikverordnung.

    94.

    Darüber hinaus verdeutlichen Wortlaut und Aufbau der vorgenannten Bestimmungen auch eine besondere in der Kosmetikverordnung vorgenommene Unterscheidung, die für die vorliegende Rechtssache von Bedeutung ist und hier angesprochen werden sollte. Diese Unterscheidung verläuft zwischen der Verwendung von Tierversuchsdaten zum Nachweis der Sicherheit einerseits und der „bloßen“Aufnahme von Tierversuchsdaten in die Produktinformationsdatei andererseits.

    95.

    Nach Art. 10 der Kosmetikverordnung muss die Sicherheit eines kosmetischen Mittels durch eine Sicherheitsbewertung nachgewiesen und in einem Sicherheitsbericht dokumentiert werden. Zum Nachweis der Sicherheit ist die Verwendung wissenschaftlicher Nachweise erforderlich. In Art. 11 der Kosmetikverordnung sind die Angaben aufgeführt, die in die Produktinformationsdatei aufzunehmen sind.

    96.

    Die Streithelferinnen haben in ihren schriftlichen Erklärungen und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass Testergebnisse vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Produktinformationsdatei an zwangsläufig Teil des Nachweismaterials seien, das zum Nachweis der Sicherheit verwendet werde. Dies stützen sie auf Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung, wonach „bei der Sicherheitsbewertung ein angemessenes Beweiskraftkonzept für die Überprüfung der Daten aus allen vorhandenen Quellen angewendet wird“ ( 36 ). Tierversuchsergebnisse müssten in diese Quellen aufgenommen werden. Dies lasse erwarten, dass Tierversuche weiterhin eingesetzt würden, um zu den Grundlagen für die Schlussfolgerungen zur Sicherheit kosmetischer Mittel beizutragen. Um dies zu vermeiden, sei die einzige Lösung, das Inverkehrbringen von kosmetischen Bestandteilen in der Union ab dem Zeitpunkt zu untersagen, zu dem Tierversuche mit ihnen durchgeführt worden seien (unabhängig davon, wo und aus welchen Gründen dies geschehe) ( 37 ).

    97.

    Ich kann dieser Auslegung insbesondere aus folgenden Gründen nicht zustimmen.

    98.

    Erstens wird in Art. 11 Abs. 2 Buchst. e anerkannt, dass es Situationen gibt, in denen Tierversuche mit kosmetischen Bestandteilen zur Erfüllung drittstaatlicher Bestimmungen durchgeführt worden sind. Diese Daten müssen in die Produktinformationsdatei aufgenommen werden, wenn sie sich auf die „Entwicklung oder … Sicherheitsbewertung“ des Bestandteils beziehen. Dieser Wortlaut impliziert, dass nicht alle in die Produktinformationsdatei aufgenommenen Tierversuchsdaten zwangsläufig als Grundlage für die Schlussfolgerungen in der Sicherheitsbewertung herangezogen werden müssen.

    99.

    Zweitens ist nach der Kosmetikverordnung die Sicherheit kosmetischer Bestandteile und Mittel mit alternativen Prüfmethoden positiv nachzuweisen. Wie in der mündlichen Verhandlung u. a. vom Vereinigten Königreich und von der Kommission bestätigt worden ist, reicht der Verweis darauf, dass es keine Belege für eine Schädigung gebe, zur Begründung der Schlussfolgerung, dass ein Bestandteil sicher sei, schlicht nicht aus.

    100.

    Drittens führt, wie oben in Nr. 60 erwähnt, die Auslegung der Streithelferinnen zu sehr seltsamen und extremen Ergebnissen. Wenn diese Ergebnisse wirklich beabsichtigt wären, wäre davon auszugehen, dass sie in den Rechtsvorschriften eindeutiger formuliert worden wären. Das ist nicht der Fall. Viele andere in diesem Abschnitt genannte Aspekte bestätigen vielmehr das Gegenteil.

    101.

    Schließlich kann Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung nicht isoliert betrachtet werden. In dem Umfang, wie Art. 18 Abs. 1 Buchst. b die Nachweismöglichkeiten beschränkt, die in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen der Kosmetikverordnung verwendet werden können, muss er auch dahin verstanden werden, dass er die Arten von Testergebnissen eingrenzt, die Teil der Beweiskraftkonzept-Bewertung nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. b sein können.

    102.

    Im Ergebnis bin ich zu diesem Punkt der Ansicht, dass Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung die oben vertretene Auslegung nicht in Frage stellt, dass das Verbot des Inverkehrbringens durch die Verwendung von Tierversuchsdaten und nicht durch den Versuchsvorgang an sich ausgelöst wird. Außerdem ist eine wichtige Unterscheidung zwischen der Verwendung von Versuchsdaten und der bloßen Aufnahme in die Produktinformationsdatei vorzunehmen.

    iii) Entstehungsgeschichte

    103.

    Das Verbot des Inverkehrbringens war in der Entstehungsgeschichte stark umstritten. Leider ist dieser Streit eher hitzig als erhellend. Trotzdem lohnt es sich, die wesentlichen Aspekte darzustellen.

    – Richtlinie 93/35

    104.

    In der ursprünglichen Kosmetikrichtlinie 76/768 war weder ein Verbot des Inverkehrbringens noch eine Erwähnung von Tierversuchen enthalten. Das Verbot des Inverkehrbringens wurde erstmals mit der Richtlinie 93/35/EWG ( 38 ) eingeführt, im Wesentlichen unter Verwendung des gleichen einschlägigen Wortlauts, der heute in der Kosmetikverordnung zu finden ist („zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie“) ( 39 ).

    105.

    Die Aufnahme dieser Wendung war umstritten. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission enthielt kein Verbot des Inverkehrbringens ( 40 ). Dieses wurde vom Europäischen Parlament in erster Lesung eingefügt. Das vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Verbot des Inverkehrbringens erstreckte sich anfänglich ausdrücklich auf „Inhaltsstoffe oder Zusammensetzungen von Inhaltsstoffen …, die nach dem 1. Januar 1998 im Tierversuch erprobt wurden, um deren Sicherheit oder Wirksamkeit im Hinblick auf ihre Verwendung in kosmetischen Mitteln bewerten zu können oder die Auflagen dieser Richtlinie zu erfüllen“ ( 41 ).

    106.

    Mit dieser Formulierung sollte meines Erachtens zwischen Tierversuchen, die zur Einhaltung i) der Richtlinie bzw. ii) sonstiger, kosmetische Mittel betreffender (unionsrechtlicher oder nicht unionsrechtlicher) Bestimmungen durchgeführt werden ( 42 ), differenziert werden. Das Parlament wollte mit dem Verbot des Inverkehrbringens beide Fallgestaltungen erfassen (im Folgenden: weite Formel) ( 43 ).

    107.

    Die Kommission beschränkte den Umfang des vom Parlament vorgeschlagenen Verbots des Inverkehrbringens auf Versuche „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie“, d. h. auf die erste der in Nr. 106 dieser Schlussanträge skizzierten Fallgestaltungen (im Folgenden: enge Formel) ( 44 ). Das Parlament bestand in seiner zweiten Lesung wiederum auf der Einführung der weiten Formel ( 45 ). Dies wurde von der Kommission in diesem zweiten Durchgang übernommen. Nach den eigenen Worten der Kommission war „[i]hr Zweck … das ausdrückliche Verbot von Tierversuchen, die aus anderen Gründen als der Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie durchgeführt werden“ ( 46 ). Der Umfang des Verbots des Inverkehrbringens wurde jedoch vom Rat wiederum auf die enge Formel beschränkt ( 47 ), die letztlich in die Richtlinie 93/35 übernommen wurde.

    108.

    Aus diesem Ping-Pong zwischen den Organen schließe ich, dass der Unterschied zwischen engem und weitem Umfang des Verbots des Inverkehrbringens von allen drei Organen eindeutig erkannt und für wesentlich gehalten wurde.

    109.

    Das vollständige Inkrafttreten des Verbots des Inverkehrbringens wurde nachfolgend zweimal verschoben ( 48 ).

    – Richtlinie 2003/15

    110.

    Mit der Richtlinie 2003/15/EG ( 49 ) wurde im Jahr 2003 der Wortlaut des Verbots des Inverkehrbringens und des Verbots der Versuche eingefügt, der heute in Art. 18 Abs. 1 der Kosmetikverordnung zu finden ist ( 50 ). Dieser Wortlaut beinhaltete unverändert die enge Formel „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie“.

    111.

    In dem Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass der Richtlinie 2003/15 führte, war das Verbot des Inverkehrbringens in erheblichem Umfang Gegenstand der Erörterung. Diese Erörterung betraf zu einem großen Teil Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit des Verbots des Inverkehrbringens mit dem WTO-Recht ( 51 ). Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, wollten der Rat und die Kommission anfänglich eine Einführung des Verbots des Inverkehrbringens an die Einführung alternativer Testmethoden auf der Ebene der OECD binden ( 52 ). Dies wurde vom Parlament entschieden abgelehnt, das auf einem endgültigen Stichtag für die Einführung der Verbote bestand ( 53 ). In die endgültige Fassung wurden letztlich Stichtage aufgenommen (siehe oben, Nr. 7).

    112.

    Dagegen kam es im Rahmen der Erörterungen des Verbots des Inverkehrbringens nicht zu einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Differenzierung zwischen Tierversuchen, die zur Einhaltung i) der Richtlinie bzw. ii) sonstiger, kosmetische Mittel betreffender (unionsrechtlicher oder nicht unionsrechtlicher) Bestimmungen durchgeführt werden (siehe oben, Nrn. 106 bis 108). Die in die Fassung des Verbots des Inverkehrbringens von 1993 übernommene engere Formel – „zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie“ – wurde unverändert weiterverwendet. Das Parlament erwähnte kurz, dass es den Kampf um die Verwendung seiner weiten Formel verloren habe, die sonstige, kosmetische Mittel betreffende (unionsrechtliche und nicht unionsrechtliche) Bestimmungen umfasst hätte. Das Parlament benannte die Folgen der engen Formel nicht im Detail. Es kam jedoch zu dem Schluss, dass das Verbot des Inverkehrbringens in der Folge ein „erhebliches Schlupfloch [enthalte], insbesondere, was Einfuhren aus Drittländern angeht“ ( 54 ). Hierin kommen offenbar auch an anderer Stelle geäußerte Bedenken ( 55 ) zum Ausdruck, dass ein nicht umfassendes Verbot des Inverkehrbringens einfach zu seiner Umgehung führen werde, indem Tierversuche aus der Union hinausverlagert würden.

    – Ergebnis zur Entstehungsgeschichte

    113.

    Trotz erheblicher Uneindeutigkeit lassen sich aus der Entstehungsgeschichte meines Erachtens zumindest einige Schlussfolgerungen ziehen.

    114.

    Erstens gibt es keine eindeutige und ausdrückliche, von allen drei Organen gebilligte Aussage dahin, dass das Verbot des Inverkehrbringens in dem Sinne absolut sein sollte, dass es bereits bei einem bloßen Versuchsvorgang greifen würde (unabhängig davon, wo, warum oder von wem die Versuche durchgeführt würden). Im Gegenteil wurde die Bedeutung einer Verbindung der Versuche spezifisch zur Kosmetikverordnung/-richtlinie (und nicht lediglich zum Kosmetiksektor im Allgemeinen) meines Erachtens im Verlauf des Erlasses der Richtlinie 93/35 wiederholt bestätigt. Dies spricht weiter dafür, die von den Streithelferinnen und der Hellenischen Republik vertretene weite Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens, das ihrer Ansicht nach durch den Versuchsvorgang an sich ausgelöst wird ( 56 ), zurückzuweisen.

    115.

    Zweitens betrachteten offenbar alle drei Organe die Stichtage als Wendepunkt. Das Parlament war nicht bereit, das Verbot des Inverkehrbringens auf unbestimmte Zeit aufzuschieben, um die Einführung alternativer Methoden abzuwarten. Nach den Stichtagen sollten das Verbot des Inverkehrbringens und das Verbot der Versuche unabhängig davon gelten, ob alternative Methoden bestanden. Trotz dieses starken Bekenntnisses wurde von keinem der Organe eine Streichung der im Text enthaltenen einschränkenden Formulierung – „zur Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung“ – vorgeschlagen.

    116.

    Drittens kam das Risiko einer Umgehung im Gesetzgebungsverfahren mehrfach zur Sprache. Das Hauptaugenmerk lag insoweit auf befürchteten Verlagerungen ( 57 ). Bedenken wurden auch im Hinblick auf eine Umgehung mittels Versuchen geäußert, die vorgeblich spezifisch in nicht kosmetischen Sektoren durchgeführt und dann in den Kosmetiksektor überführt werden könnten ( 58 ).

    117.

    Die Wahrnehmung der Stichtage als Wendepunkt und die Bedenken im Hinblick auf eine Umgehung stützen meines Erachtens die Schlussfolgerung, dass Tierversuche, unabhängig davon, wo sie durchgeführt werden, zur Erlangung des Zugangs zum Unionsmarkt nicht eingesetzt werden dürfen. Diese Aspekte sind eine weitere Bestätigung des Ansatzes, dass die Verwendung von Tierversuchsdaten das Verbot des Inverkehrbringens auslöst.

    iv) Kohärenz mit sonstigen Rechtsvorschriften des Unionsrechts

    118.

    Die umfassendste Regelung des Unionsrechts, mit der die Sicherheit von Stoffen gewährleistet werden soll, ist die REACH-Verordnung ( 59 ). Nach ihr müssen Stoffe, die in einer Menge von mehr als einer Tonne in die Union eingeführt oder in der Union hergestellt werden, registriert werden. Zur Registrierung gehört die Vorlage eines wissenschaftlichen Dossiers, mit dem u. a. nachgewiesen werden muss, dass der Stoff für die menschliche Gesundheit sicher ist. Der REACH-Verordnung unterliegen auch Kosmetikbestandteile.

    119.

    Dies wirft die Frage auf, wie Stoffe mit „dualem Verwendungszweck“, die sowohl in kosmetischen als auch in nicht kosmetischen Mitteln verwendet werden, nach der REACH-Verordnung zu behandeln sind. Die Antwort wird zur Klärung des Umfangs des Verbots des Inverkehrbringens nach der Kosmetikverordnung beitragen.

    120.

    Nach ihrem 13. Erwägungsgrund gilt die REACH-Verordnung „unbeschadet“ der Kosmetikverordnung. Die REACH-Verordnung enthält ferner mehrere ausdrückliche Ausnahmen für Stoffe, soweit sie in kosmetischen Mitteln verwendet werden. Insbesondere gilt die REACH-Verordnung „unbeschadet“ der Kosmetikverordnung „im Hinblick auf die Versuche an Wirbeltieren im Rahmen des Geltungsbereichs jener [Verordnung]“ ( 60 ).

    121.

    Das Ziel ist hier meines Erachtens eindeutig. Die REACH-Verordnung führt einen allgemeinen Rahmen für die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Stoffen ein. Soweit ein Stoff in einem bestimmten Sektor verwendet wird und sektorspezifische Rechtsvorschriften bestehen, kann die REACH-Verordnung unbeschadet gelten und hinter diesen spezifischen sektoralen Rechtsvorschriften (teilweise) zurücktreten. Dies ist im Fall von kosmetischen Mitteln und auch in mehreren anderen Bereichen vorgesehen, wie etwa bei Arzneimitteln, Medizinprodukten, Lebensmitteln und Futtermitteln usw. ( 61 )

    122.

    Entgegen der Ansicht, die insbesondere die Streithelferinnen vertreten, bedeutet dies jedoch nicht, dass ein Stoff dann, wenn er in kosmetischen Mitteln eingesetzt wird, bei allen Verwendungen (kosmetischer und nicht kosmetischer Art) den Regelungen der Kosmetikverordnung unterliegt. Es bedeutet beispielsweise nicht, dass ein Stoff, der in einem Reinigungsmittel enthalten ist, in der Union allein deshalb nicht im Tierversuch getestet werden darf, weil er auch in kosmetischen Mitteln enthalten ist ( 62 ). Es bedeutet auch nicht, dass, sobald von einem Reinigungsmittelhersteller Tierversuche außerhalb der Union durchgeführt werden, dies einem (weiteren) Inverkehrbringen des Stoffs in kosmetischen Mitteln in der Union entgegensteht.

    123.

    Wie von der EFfCI angeführt, ist das nahezu absolute Verbot von Tierversuchen, das im Kosmetiksektor besteht, sehr spezifisch. Die üblichere Situation nach dem Unionsrecht ist die, dass Tierversuche wann immer möglich zu vermeiden sind, aber widerwillig hingenommen werden, wann immer keine Alternative zur Verfügung steht ( 63 ).

    124.

    Unter diesen Umständen kann der Gesetzgeber sektorübergreifende Wirkungen der Kosmetikverordnung der von den Streithelferinnen vertretenen Art nicht beabsichtigt haben. Außerdem ist daran zu erinnern, dass schon der Wortlaut des Verbots des Inverkehrbringens in der Kosmetikverordnung auf den ersten Blick sektorspezifisch ist („zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung“).

    125.

    Das Vorstehende bestätigt noch einmal, dass eine Verbindung zwischen den Tierversuchen und spezifisch der Kosmetikverordnung notwendig ist, damit das Verbot des Inverkehrbringens greifen kann. Der Versuchsvorgang an sich ist nicht ausreichend.

    126.

    Ich verstehe gleichwohl die von den Streithelferinnen geäußerten Bedenken in Bezug auf die Wirksamkeit der Verbote der Kosmetikverordnung und das Risiko einer Umgehung. Hierzu tragen die Streithelferinnen im Wesentlichen vor, dass es einem Unternehmen zu leicht gemacht werde, Versuche durchzuführen, um einen Kosmetikbestandteil nach der REACH-Verordnung zu registrieren, und von diesen Ergebnissen später in einer Sicherheitsbewertung nach der Kosmetikverordnung Gebrauch zu machen. Dies sei möglich, weil die Ergebnisse nicht „zur Einhaltung der Bestimmungen der [Kosmetik‑]Verordnung“, sondern „zur Registrierung nach der REACH-Verordnung“ generiert worden seien.

    127.

    Welche Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens würde dieses Umgehungsrisiko vermeiden und zugleich den Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 Buchst. b wahren?

    128.

    Eine Antwort hierauf könnte sein, dass eine Umgehung vermieden würde, wenn darauf abgestellt würde, welches der „wahre“ Zweck der Versuche war. Bestand er „wirklich“ in einer Registrierung nach der REACH-Verordnung? Oder bestand er „wirklich“, zuinnerst, in der Einhaltung der Kosmetikverordnung? Dies ist im Wesentlichen die von der EFfCI und der Französischen Republik vorgetragene Ansicht. Ich habe oben ( 64 ) meine tiefgreifenden Bedenken zur Praktikabilität eines solchen Ansatzes dargelegt.

    129.

    Eine andere Antwort, die von der Kommission (und der Europäischen Chemikalienagentur) vertreten wird, ist im Grundsatz, dass Stoffe nach der REACH-Verordnung nicht im Tierversuch getestet werden dürfen, soweit sie ausschließlich in kosmetischen Mitteln verwendet werden ( 65 ).

    130.

    Ein solcher Ansatz hat viel für sich. Wenn es für einen Stoff keine nicht kosmetische Verwendung gibt, warum sollte er dann nach der REACH-Verordnung getestet werden, wenn nicht, um ihn in einem kosmetischen Mittel in den Verkehr zu bringen? Was aber, wenn die Versuche für eine potenzielle künftige nicht kosmetische Verwendung durchgeführt würden? Auf welcher Grundlage wären die Versuche zu unterbinden? Das Verbot würde daher nur für Stoffe mit einer tatsächlichen oder potenziellen Verwendung ausschließlich in kosmetischen Mitteln gelten. Die Streithelferinnen bringen vor, dass Stoffe nur sehr selten ausschließlich in kosmetischen Mitteln verwendet würden. Eine solche Auslegung hätte daher geringe praktische Wirkung. Ich teile diese Bedenken.

    131.

    Wie geht man dann mit den Bedenken in Bezug auf eine Umgehung so um, dass zugleich der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 Buchst. b gewahrt wird und die Kosmetikverordnung und die REACH-Verordnung kohärent ausgelegt werden? Meines Erachtens gibt es dafür nur eine plausible Lösung. Maßgebend ist, noch einmal, die Verwendung der Tierversuchsergebnisse.

    132.

    Tierversuche dürfen nach der REACH-Verordnung als letztes Mittel durchgeführt werden. Es gibt keine spezielle Regelung für den Fall, dass ein Stoff zufällig auch in kosmetischen Mitteln verwendet wird. Die Möglichkeit, die Ergebnisse dieser Versuche im Rahmen der Kosmetikverordnung zu verwenden, ist jedoch ausgeschlossen. Sie müssen selbstverständlich in der Produktinformationsdatei mitgeteilt werden ( 66 ). Sie können jedoch nicht verwendet werden, um die Sicherheit des Bestandteils nachzuweisen.

    133.

    Hierin sehe ich die einzige vernünftige Auslegung, die diese beiden Regelungen miteinander in Einklang bringt, eine Umgehung verhindert und dabei zugleich a) den sektoralen Charakter der Kosmetikverordnung wahrt, b) die nach dem Wortlaut der Rechtsvorschriften notwendige Verbindung zwischen den Tierversuchen und dem Verkauf des getesteten Bestandteils in kosmetischen Mitteln erhält und c) unmögliche Ermittlungen eines spezifischen Zwecks/einer subjektiven Absicht vermeidet.

    c) Zur Relevanz des WTO-Rechts

    134.

    Sowohl die EFfCI als auch die Französische Republik haben die Bedeutung einer mit Art. III.4 des GATT 1994 konformen Auslegung betont. Die Kommission hat ferner in dem Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass der Richtlinie 2003/15 führte, gravierende Bedenken in Bezug auf die Vereinbarkeit des Verbots des Inverkehrbringens mit dieser Bestimmung geäußert.

    135.

    Es ist daher notwendig, einige wenige Worte zum WTO-Recht zu sagen, bevor ich meine Auslegung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung abschließe.

    136.

    Die Beurteilung des Verbots des Inverkehrbringens im Licht des WTO-Rechts wirft eindeutig sensible Punkte auf und erfordert eine Lösung komplexer rechtlicher Fragen. Diese Fragen müssten letztlich von den zuständigen Organen innerhalb des Streitbeilegungssystems der WTO beurteilt werden.

    137.

    Wie oben bereits erwähnt (siehe Nr. 73), führen die von den Streithelferinnen und der Hellenischen Republik vertretenen Auslegungen in der Tat zu erheblichen Hemmnissen für den internationalen Handel. Insoweit könnte durchaus davon ausgegangen werden, dass sie nach WTO-Recht (größere) Probleme aufwerfen könnten. Da die von allen Beteiligten vertretenen Auslegungen jedoch aus anderen Gründen abgelehnt worden sind, bedarf die Frage ihrer mit dem WTO-Recht konformen Auslegung hier keiner näheren Prüfung.

    138.

    Aus den vorgenannten Gründen schlage ich die Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens vor, die sich meines Erachtens so eng wie möglich an den Wortlaut der Kosmetikverordnung hält und zugleich den Zusammenhang und Zweck wahrt. Diese Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens gewährleistet meines Erachtens auch den größtmöglichen Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des GATT.

    d) Ergebnis der Prüfung anhand des Wortlauts, Zusammenhangs und Zwecks und vorgeschlagene Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens

    139.

    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist das Verbot des Inverkehrbringens meines Erachtens dahin zu verstehen, dass es eine Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen zum Zweck der Einhaltung der Bestimmungen der Kosmetikverordnung (vorbehaltlich der einschlägigen Stichtage) ausschließt. Die Verwendung von Tierversuchsergebnissen ist ferner von der bloßen Aufnahme dieser Ergebnisse in die Produktinformationsdatei zu unterscheiden.

    140.

    Aus diesem grundlegenden Vorschlag leiten sich die Antworten auf die konkreten, vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen ab. Diese Fragen heben zutreffend mehrere potenzielle problematische Punkte hervor, die sich bei Heranziehung einer subjektiven Unternehmensabsicht in einer Welt ergeben können, die durch eine sektor- und rechtsordnungsüberschreitende Komplexität gekennzeichnet ist, in der Daten frei im Umlauf sind. Sollte der Gerichtshof dem in diesen Schlussanträgen skizzierten Auslegungsansatz folgen, werden die Antworten auf diese Fragen relativ einfach. Sie lassen sich wie folgt skizzieren.

    141.

    Für die Geltung des Verbots des Inverkehrbringens kommt es nicht darauf an, wo die Versuche durchgeführt wurden. Die Versuche können in der Union (z. B. zur Einhaltung der REACH-Verordnung) oder außerhalb der Union (z. B. aufgrund einer hierzu bestehenden Verpflichtung nach einschlägigen ausländischen Rechtsvorschriften) durchgeführt worden sein.

    142.

    Auf die subjektive Absicht oder den hinter den Versuchen stehenden spezifischen Zweck (sei es der spezifische Zweck, den das die Versuche durchführende Labor, das sie in Auftrag gebende Rechtssubjekt oder ein anderes Rechtssubjekt verfolgt) kommt es ebenfalls nicht an. Es macht insbesondere keinen Unterschied, ob es ausschließlicher Zweck, Hauptzweck oder lediglich einer von mehreren Zwecken war, Versuche im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzungen bestimmter (unionsrechtlicher oder nicht unionsrechtlicher) Rechtsvorschriften durchzuführen.

    143.

    Es kommt ebenfalls nicht darauf an, ob diese Rechtsvorschriften kosmetische Mittel betreffen oder nicht.

    144.

    Es kommt nicht darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt ein Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln (in der Union) vorgesehen war.

    145.

    Schließlich kann das Verbot des Inverkehrbringens nach dem eindeutigen Wortlaut von Art. 18 Abs. 2 der Kosmetikverordnung nur bei Tierversuchen greifen, die nach den einschlägigen Stichtagen durchgeführt worden sind.

    146.

    Dies ist die Auslegung, die meines Erachtens dem Wortlaut der Kosmetikverordnung am besten entspricht und zugleich die Kohärenz mit den übrigen Bestimmungen dieser Verordnung sowie sonstigen Bestimmungen des Unionsrechts wahrt, dem Willen des Gesetzgebers Rechnung trägt und die Durchführbarkeit gewährleistet. Sie wahrt zugleich einen angemessenen Ausgleich zwischen den verschiedenen betroffenen Interessen und beachtet dabei die fundamentalen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit: Rechtssicherheit und Gesetzmäßigkeit.

    V – Ergebnis

    147.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court), vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

    Frage 1: Art. 18 Abs. l Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel ist nicht dahin auszulegen, dass das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln, deren Bestandteilen oder Kombinationen von Bestandteilen auf dem Unionsmarkt allein deshalb verboten ist, weil diese Bestandteile durch Tierversuche bestimmt worden sind, wenn diese Versuche außerhalb der Europäischen Union zur Erfüllung der Rechtsvorschriften von Drittländern durchgeführt wurden, um kosmetische Mittel, die solche Bestandteile enthalten, in diesen Drittländern vermarkten zu können. Diese Bestimmung schließt jedoch eine Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen zum Zweck der Einhaltung der Bestimmungen der Kosmetikverordnung vorbehaltlich der einschlägigen Stichtage aus.

    Frage 2 a: Das Verbot des Inverkehrbringens in Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Kosmetikverordnung kann greifen, wenn bei der nach Art. 10 der Kosmetikverordnung durchzuführenden Sicherheitsbewertung zum Nachweis, dass das kosmetische Mittel für die menschliche Gesundheit sicher ist, bevor es auf dem Unionsmarkt bereitgestellt wird, Daten verwendet werden, die durch außerhalb der Europäischen Union durchgeführte Tierversuche gewonnen wurden. Dies hängt von der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen des Verbots des Inverkehrbringens ab, insbesondere davon, ob die Versuche nach dem einschlägigen Stichtag durchgeführt werden. Die Verwendung von Daten in der Sicherheitsbewertung ist ferner von der bloßen Aufnahme in die Produktinformationsdatei zu unterscheiden.

    Frage 2 b: Es kommt nicht darauf an, ob die Rechtsvorschriften der Drittländer die Sicherheit kosmetischer Mittel betreffen.

    Frage 2 c: Es kommt nicht darauf an, ob zu dem Zeitpunkt, zu dem Tierversuche außerhalb der Union durchgeführt worden sind, vernünftigerweise vorhersehbar war, dass später von irgendeiner Person beabsichtigt sein könnte, ein kosmetisches Mittel, das diesen Bestandteil enthält, auf dem Unionsmarkt in den Verkehr zu bringen.

    Frage 2 d: Für das Wirksamwerden des Verbots des Inverkehrbringens kommt es auf den Zeitpunkt der Durchführung der Tierversuche an. Das Verbot greift nur bei einer Verwendung der Ergebnisse von Tierversuchen, die nach den einschlägigen Stichtagen durchgeführt werden.


    ( 1 ) Originalsprache: Englisch.

    ( 2 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342, S. 59).

    ( 3 ) Richtlinie des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel (ABl. L 262, S. 169).

    ( 4 ) Richtlinie des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. L 358, S. 1).

    ( 5 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. L 276, S. 33).

    ( 6 ) Diese Verpflichtungen obliegen der „verantwortlichen Person“ im Sinne von Art. 4 der Kosmetikverordnung (im Wesentlichen, je nach Fallgestaltung in der Praxis, dem Hersteller, dem Importeur oder dem Händler).

    ( 7 ) Hervorhebung nur hier.

    ( 8 ) 2013 SI 2013/1478.

    ( 9 ) ABl. 1994, L 336, S. 103.

    ( 10 ) Es gibt leichte Abweichungen zwischen dem Wortlaut der Fragen 2 b und c im Vorabentscheidungsersuchen und im Vorlagebeschluss. Die hier verwendete Fassung ist die des Vorabentscheidungsersuchens. Diese geringfügigen Abweichungen im Wortlaut berühren die Würdigung in diesen Schlussanträgen jedoch nicht.

    ( 11 ) Vgl. beispielsweise Urteile Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 79), IATA und ELFAA (C‑344/04, EU:C:2006:10, Rn. 68) sowie Gondrand und Garancini (169/80, EU:C:1981:171, Rn. 17 und 18). Vgl. allgemeiner hierzu z. B. Schwarze, J., Droit administratif européen, 2. Aufl., Bruylant, Brüssel, 2009, S. 996; Tridimas, T., The General Principles of EU Law, 2. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2007, S. 244.

    ( 12 ) Ein von einer Reihe nationaler Rechtsordnungen geteiltes Anliegen, vgl. beispielsweise die verschiedenen Beiträge im zweiten Teil des vom Conseil d’État herausgegebenen Rapport public 2006. Jurisprudence et avis de 2005. Sécurité juridique et complexité du droit, Études & documents Nr. 57, La documentation française, 2006, S. 229 ff.

    ( 13 ) Zumindest bis der Umfang des Verbots geklärt ist. Vgl. beispielsweise Urteile X (C‑74/95 und C‑129/95, EU:C:1996:491, Rn. 25), Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 215 bis 219), Advocaten voor de Wereld (C‑303/05, EU:C:2007:261, Rn. 49) und The International Association of Independent Tanker Owners u. a. (C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 70).

    ( 14 ) Genauer gesagt nach Art. 4a der Richtlinie 76/768, der inhaltlich identischen Vorgängerbestimmung von Art. 18 Abs. 1 der Kosmetikverordnung (siehe unten, Nr. 110).

    ( 15 ) Eine Nichtigkeitsklage der EFfCI (der Klägerin vor dem nationalen Gericht in der vorliegenden Rechtssache) wurde wegen mangelnder Klagebefugnis der Klägerin abgewiesen (Beschluss EFfCI/Parlament und Rat, T‑196/03, EU:T:2004:355, im Rechtsmittelverfahren bestätigt in der Rechtssache EFfCI/Parlament und Rat, C‑113/05 P, EU:C:2006:222). Eine Nichtigkeitsklage der Französischen Republik gegen die Art. 18 Abs. 1 entsprechende Bestimmung wurde wegen mangelnder Abtrennbarkeit dieser Bestimmung abgewiesen (Urteil Frankreich/Parlament und Rat, C‑244/03, EU:C:2005:299). Auf das Vorbringen in der Sache wurde im Urteil daher nicht eingegangen. Generalanwalt Geelhoed erörterte jedoch in seinen Schlussanträgen einige der in der vorliegenden Rechtssache aufgeworfenen Punkte.

    ( 16 ) Vgl. beispielsweise Urteile Belgien/Kommission (C‑110/03, EU:C:2005:223, Rn. 30), Glaxosmithkline und Laboratoires Glaxosmithkline (C‑462/06, EU:C:2008:299, Rn. 33).

    ( 17 ) Urteile EZB/Deutschland (C‑220/03, EU:C:2005:748, Rn. 31) und Carboni e derivati (C‑263/06, EU:C:2008:128, Rn. 48).

    ( 18 ) Schlussanträge von Generalanwalt Jääskinen in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑582/08, EU:C:2010:286, Rn. 27) mit Verweis auf die Schlussanträge von Generalanwalt Mayras in der Rechtssache Fellinger (67/79, EU:C:1980:23, S. 550).

    ( 19 ) Urteil Cilfit u. a. (283/81, EU:C:1982:335, Rn. 20).

    ( 20 ) Nicht uninteressant ist, dass die Aufnahme einer Wendung ähnlicher Wirkung 1993 vom Europäischen Parlament vorgeschlagen, jedoch vom Rat abgelehnt wurde, siehe unten, Nrn. 105 bis 108.

    ( 21 ) Dies soll nach Ansicht der Streithelferinnen allerdings unter einer Einschränkung gelten. Das Verbot des Inverkehrbringens gelte nicht, wenn die überwiegende Verwendung des Bestandteils nicht in kosmetischen Mitteln erfolge (im Folgenden: Ausnahme der geringfügigen Verwendung). Hierauf gehe ich unten in den Nrn. 67 ff. näher ein.

    ( 22 ) Das Parlament strebte im Gesetzgebungsverfahren allgemein ein weitreichendes Verbot des Inverkehrbringens an. Selbst das Parlament erkannte jedoch an, dass das Verbot bei Versuchen außerhalb der Kontrolle des Herstellers (oder mindestens der Lieferkette) nicht greifen sollte. Vgl. den Bericht des Parlaments vom 21. März 2001, A5-0095/2001, endgültig, Begründungen zu Änderungsanträgen 14 und 25, S. 13 und 24.

    ( 23 ) Vgl. auch unten, Nrn. 90 bis 92, zu Art. 11 Abs. 2 Buchst. e und zum 45. Erwägungsgrund der Kosmetikverordnung.

    ( 24 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1).

    ( 25 ) Siehe auch unten, Nrn. 118 bis 120, zum Verhältnis zwischen der REACH-Verordnung und der Kosmetikverordnung.

    ( 26 ) Zudem ist im 40. Erwägungsgrund der Kosmetikverordnung auch ausdrücklich von Situationen die Rede, in denen die Sicherheit eines bestimmten Bestandteils für die Verwendung in kosmetischen Mitteln mit alternativen Methoden und bei anderen Verwendungen mit Tierversuchen nachgewiesen wird. Es ist keine Rede von einem automatischen Verbot von Versuchen mit dem Bestandteil für nicht kosmetische Verwendungen infolge seiner parallelen Verwendung in kosmetischen Mitteln (oder von einem automatischen Verbot des Inverkehrbringens des Bestandteils in kosmetischen Mitteln aufgrund von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b infolge seiner Prüfung in Tierversuchen).

    ( 27 ) Wäre dies im Übrigen die hergestellte, eingeführte oder verwendete Menge (oder eine andere Größe)?

    ( 28 ) Zur Auslegung des Verbots des Inverkehrbringens unter dem Gesichtspunkt des WTO-Rechts siehe unten, Nrn. 134 ff.

    ( 29 ) Siehe unten, Nrn. 105 bis 108.

    ( 30 ) Siehe oben, Nrn. 36 und 37.

    ( 31 ) Hervorhebung nur hier.

    ( 32 ) Art. 1 der Kosmetikverordnung. Vgl. auch den vierten Erwägungsgrund.

    ( 33 ) Art. 18 Abs. 2 der Kosmetikverordnung sieht in der Tat mögliche Ausnahmen vom Verbot des Inverkehrbringens und vom Verbot der Versuche vor. Auch soll mit der Kosmetikverordnung nicht ein Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln oder Bestandteilen aufgestellt werden, für die in der Vergangenheit (vor den Stichtagen) Versuche stattgefunden haben. Vor allem hätte der Wortlaut der Rechtsvorschriften deutlich einfacher ausfallen können, wenn beabsichtigt gewesen wäre, absolute Verbote aufzustellen.

    ( 34 ) Nach Ansicht der Streithelferinnen bezieht sich dies „grundsätzlich“ auf vor den einschlägigen Stichtagen generierte Versuchsdaten. Eine solche Einschränkung findet sich in der Bestimmung jedoch nicht. Ferner ist im 45. Erwägungsgrund der Kosmetikverordnung ausdrücklich von Situationen die Rede, in denen die Sicherheit eines bestimmten Bestandteils in der Union mit alternativen Methoden nachgewiesen wird und später außerhalb der Union Tierversuche mit ihm für die Verwendung in kosmetischen Mitteln durchgeführt werden. Wenn auch nicht abschließend, spricht dies doch eher für die Auslegung, dass Bestandteile, die sowohl ohne Tierversuche als auch im Tierversuch getestet wurden, jeweils parallel inner- bzw. außerhalb der Union in den Verkehr gebracht werden können.

    ( 35 ) Fn. 26.

    ( 36 ) Hervorhebung nur hier.

    ( 37 ) Vorbehaltlich der „Ausnahme der geringfügigen Verwendung“.

    ( 38 ) Richtlinie des Rates vom 14. Juni 1993 zur sechsten Änderung der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel (ABl. L 151, S. 32).

    ( 39 ) Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/35, durch den Art. 4 Abs. 1 Buchst. i in die Kosmetikrichtlinie aufgenommen wurde.

    ( 40 ) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur sechsten Änderung der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, KOM(90) 488 endg. (ABl. 1991, C 52, S. 6).

    ( 41 ) ABl. 1992, C 176, S. 91. Hervorhebung nur hier.

    ( 42 ) „um deren Sicherheit oder Wirksamkeit im Hinblick auf ihre Verwendung in kosmetischen Mitteln bewerten zu können“.

    ( 43 ) Das Bestehen und die Relevanz dieser Differenzierungen wird meines Erachtens durch zwei weitere, vom Parlament vorgeschlagene Änderungen des Entwurfstexts der Richtlinie 93/35 bestätigt: „Inhaltsstoffe, die im Tierversuch ausschließlich für andere Zwecke als ihre Verwendung in kosmetischen Mitteln erprobt wurden, können zugelassen werden, wenn keine zusätzlichen Tierversuche durchgeführt werden, um die Auflagen dieser Richtlinie zu erfüllen“; und, in Bezug auf die Etikettierung, „muss bei allen Angaben zu Tierversuchen eindeutig ausgeführt sein, inwieweit die Versuche das Endprodukt oder die es zusammensetzenden Inhaltsstoffe betreffen, wobei bei letzteren zu berücksichtigen ist, ob sie ausschließlich für kosmetische Mittel verwendet werden oder zuvor bereits in anderen Arten von Erzeugnissen verwendet wurden“ (ABl. 1992, C 176, S. 91 und 92). Diese vorgeschlagenen Ergänzungen wurden in die endgültige Fassung nicht aufgenommen.

    ( 44 ) Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur sechsten Änderung der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, KOM(92) 364 endg. (ABl. 1992, C 249, S. 5).

    ( 45 ) ABl. 1993, C 150, S. 124.

    ( 46 ) KOM(93) 293 endg., S. 1.

    ( 47 ) Gemeinsamer Standpunkt 9816/92.

    ( 48 ) Zuerst bis zum 30. Juni 2000 durch die Richtlinie 97/18/EG der Kommission vom 17. April 1997 zur Verschiebung des Termins, von dem an Tierversuche für Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen kosmetischer Mittel untersagt sind (ABl. L 114, S. 43), und danach bis zum 30. Juni 2002 durch die Richtlinie 2000/41/EG der Kommission vom 19. Juni 2000 zur zweiten Aufschiebung des Termins, ab dem Tierversuche für Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen kosmetischer Mittel untersagt sind (ABl. L 145, S. 25).

    ( 49 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Februar 2003 zur Änderung der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel (ABl. L 66, S. 26).

    ( 50 ) Wobei „dieser Richtlinie“ jetzt durch „dieser Verordnung“ ersetzt ist.

    ( 51 ) Insbesondere die Kommission machte wiederholt ihre Bedenken deutlich. Vgl. den ersten Vorschlag der Kommission (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur siebten Änderung der Richtlinie 76/768 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, KOM[2000] 189 endg., Ziff. 1.2.3; ABl. 2000, C 311 E, S. 134); den zweiten Vorschlag der Kommission (Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur siebten Änderung der Richtlinie 76/768 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, KOM[2001] 697 endg., ABl. 2002, C 51 E, S. 385) und die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament gemäß Artikel 251 Absatz 2 EG-Vertrag zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur siebten Änderung der Richtlinie 76/768 des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, SEK(2002) 225, endg., Ziff. 3.2 und 3.4 (im Folgenden: Mitteilung der Kommission).

    ( 52 ) Vgl. beispielsweise den Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 29/2002 vom 14. Februar 2002 (ABl. C 113 E, S. 109), Begründung unter Ziff. III.1; Mitteilung der Kommission, Ziff. 3.3.

    ( 53 ) Vgl. beispielsweise die Empfehlung vom 24. Mai 2002 für die zweite Lesung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/768, PE 232.072/Endg., Änderungsantrag 13 (im Folgenden: Bericht zur zweiten Lesung).

    ( 54 ) Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur siebten Änderung der Richtlinie 76/768 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, PE 297.227, S. 28.

    ( 55 ) Ebd., S. 31; Bericht zur zweiten Lesung, S. 34; Bericht über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/768 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel, PE 287.617, S. 7.

    ( 56 ) Vorbehaltlich der „Ausnahme der geringfügigen Verwendung“.

    ( 57 ) Siehe oben, Nr. 112.

    ( 58 ) Vgl. den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 17. Dezember 1992, S. 3 und 4.

    ( 59 ) Fn. 24.

    ( 60 ) Art. 2 Abs. 6 Buchst. b, Art. 14 Abs. 5 Buchst. b und Art. 56 Abs. 5 Buchst. a der REACH-Verordnung enthalten ferner mehrere ausdrückliche Ausnahmen von bestimmten Anforderungen der REACH-Verordnung, soweit der betreffende Stoff in kosmetischen Mitteln verwendet wird. Hervorhebung nur hier.

    ( 61 ) Vgl. Art. 2 Abs. 4, 5 und 6 der REACH-Verordnung.

    ( 62 ) Zu der von den Streithelferinnen postulierten „Ausnahme der geringfügigen Verwendung“ siehe Nrn. 67 bis 71.

    ( 63 ) Vgl. z. B. Art. 25 Abs. 1 der REACH-Verordnung: Tierversuche sind „letztes Mittel“; Art. 7 Abs. 1 der CLP-Verordnung: „nur dann …, wenn es keine Alternativen gibt“ (Verordnung [EG] Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung [EG] Nr. 1907/2006 [ABl. L 353, S. 1]).

    ( 64 ) Siehe Nrn. 35 ff.

    ( 65 ) ECHA/NA/14/14/46: Klarstellung zum Verhältnis zwischen der REACH-Verordnung und der Kosmetikverordnung [„Clarity on interface between REACH and the Cosmetics Regulation“], verfügbar unter http://echa.europa.eu/view‑article/‑/journal_content/title/clarity‑on‑interface‑between‑reach‑and‑the‑cosmetics‑regulation.

    ( 66 ) Soweit sie vom Hersteller, Vertreiber oder Zulieferer im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Buchst. e der Kosmetikverordnung durchgeführt wurden.

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