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Dokument 62014CJ0431

Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 8. März 2016.
Hellenische Republik gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Von der griechischen Agrarversicherungsanstalt (ELGA) in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Ausgleichszahlungen – Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ – Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor – Begründungspflicht – Verfälschung von Beweisen.
Rechtssache C-431/14 P.

Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2016:145

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

8. März 2016 ( *1 )

„Rechtsmittel — Staatliche Beihilfen — Von der griechischen Agrarversicherungsanstalt (ELGA) in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Ausgleichszahlungen — Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird — Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ — Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV — Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor — Begründungspflicht — Verfälschung von Beweisen“

In der Rechtssache C‑431/14 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. September 2014,

Hellenische Republik, vertreten durch I. Chalkias und A. Vasilopoulou als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, R. Sauer und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, T. von Danwitz und A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Kammerpräsidentin C. Toader, der Kammerpräsidenten D. Šváby und C. Lycourgos, der Richter A. Rosas, E. Juhász und M. Safjan, der Richterinnen M. Berger und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Oktober 2015

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Hellenische Republik die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juli 2014, Griechenland/Kommission (T‑52/12, EU:T:2014:677, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/157/EU der Kommission vom 7. Dezember 2011 zu den von der griechischen Agrarversicherungsanstalt (ELGA) in den Jahren 2008 und 2009 gewährten Ausgleichszahlungen (ABl. 2012, L 78, S. 21, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

2

Abschnitt 4.1 des Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz‑ und Wirtschaftskrise nach der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 17. Dezember 2008 (ABl. 2009, C 16, S. 1, im Folgenden: VGR) sieht vor:

„…

Angesichts des Ausmaßes der Finanzkrise und ihrer Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben in den Mitgliedstaaten ist die Kommission der Ansicht, dass bestimmte Arten staatlicher Beihilfen für begrenzte Zeit gerechtfertigt sind, um die gegenwärtigen Schwierigkeiten zu überwinden, und dass diese Beihilfen auf der Grundlage von Artikel [107] Absatz 3 Buchstabe b [AEUV] für mit dem [Binnenmarkt] vereinbar erklärt werden können.“

3

In Abschnitt 4.2.2 Abs. 3 des VGR heißt es:

„Die Kommission wird eine solche im Rahmen einer Beihilferegelung gewährte Beihilfe auf der Grundlage von Artikel [107] Absatz 3 Buchstabe b [AEUV] als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

h)

die Beihilferegelung gilt nicht für Unternehmen, die in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse … tätig sind. …“

4

Abschnitt 7 des VGR bestimmt:

„…

Im Einklang mit der Bekanntmachung der Kommission über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln [ABl. 2002, C 119, S. 22] stützt sich die Kommission bei nicht angemeldeten Beihilfen auf:

a)

diese Mitteilung, wenn die Beihilfe nach 17. Dezember 2008 gewährt wurde;

b)

die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Leitlinien in allen übrigen Fällen.

…“

5

Der VGR wurde durch die von der Kommission am 31. Oktober 2009 im Amtsblatt der Europäischen Union (C 261, S. 2) veröffentlichte Mitteilung geändert (im Folgenden: geänderter VGR). In Abschnitt 1 dieser Mitteilung heißt es:

„…

Die mit Abschnitt 4.2 des [VGR] eröffnete Möglichkeit der Gewährung von mit dem Gemeinsamen Markt vereinbaren begrenzten Beihilfen gilt nicht für Unternehmen, die in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätig sind. Landwirte haben jedoch wegen der Finanzkrise zunehmend Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten.

[Es] soll nun eine eigene, begrenzte mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfe für in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätige Unternehmen vorgesehen werden.“

6

Abschnitt 4.2.2 Abs. 3 des geänderten VGR bestimmt:

„Die Kommission wird eine solche im Rahmen einer Beihilferegelung gewährte Beihilfe auf der Grundlage von Artikel [107] Absatz 3 Buchstabe b [AEUV] als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

h)

… Wird die Beihilfe in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätigen Unternehmen gewährt …, beläuft sich die Barzuwendung (bzw. das Bruttosubventionsäquivalent) auf höchstens 15000 [Euro] je Unternehmen“.

7

Der geänderte VGR wurde am 28. Oktober 2009 wirksam.

Griechisches Recht

8

Mit dem Gesetz 1790/1988 über Organisation und Tätigkeit der griechischen Anstalt der landwirtschaftlichen Versicherungen und andere Vorschriften (FEK A’ 134, 20.6.1988, im Folgenden: Gesetz 1790/1988) wurde eine gemeinnützige Einrichtung namens „griechische Agrarversicherungsanstalt“ (ELGA) geschaffen. Die ELGA ist eine juristische Person des Privatrechts, die vollständig dem Staat gehört und deren Tätigkeit u. a. in der Versicherung der pflanzlichen und tierischen Erzeugung und des Pflanzen- und Viehbestands der landwirtschaftlichen Betriebe gegen Schäden besteht, die durch natürliche Risiken verursacht werden.

9

Nach Art. 3a des Gesetzes 1790/1988 in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung ist die Versicherung bei der ELGA zwingend vorgeschrieben und deckt natürliche Risiken ab.

10

Nach Art. 5a des Gesetzes 1790/1988 in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung wird von den versicherten landwirtschaftlichen Erzeugern ein Sonderversicherungsbeitrag zugunsten der ELGA erhoben. Diese Bestimmung sieht vor:

„1.   Dem Sonderversicherungsbeitrag zugunsten der ELGA unterliegen folgende inländische landwirtschaftliche Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse:

a)

Erzeugnisse pflanzlichen und tierischen Ursprungs …

3.   Der Sonderversicherungsbeitrag wird auf 2 % für Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs und auf 0,5 % für Erzeugnisse tierischen Ursprungs … festgesetzt. Diese Prozentsätze werden vom Wert dieser Erzeugnisse berechnet.

7.   … wird der Sonderversicherungsbeitrag von den gesetzlich zur Entrichtung dieses Beitrags Verpflichteten … an die zuständige staatliche Finanzverwaltung abgeführt.

8.   Zur Abführung des Sonderversicherungsbeitrags [an die zuständige staatliche Finanzverwaltung] ist … verpflichtet, wer … zur Ausstellung von Rechnungen für den An‑ oder Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen verpflichtet ist.

15.   Werden landwirtschaftliche Erzeugnisse unmittelbar bei einem Erzeuger gekauft und der Preis an diesen über eine Zahlungsanweisung von einer Bank überwiesen, wird der Sonderversicherungsbeitrag von dieser Bank einbehalten und an die ELGA überwiesen …

16.   Die Einnahmen der ELGA aus dem Sonderversicherungsbeitrag, die von den staatlichen Finanzbehörden eingezogen werden, gehen in den Haushalt des Staates als Einnahmen des Staates ein und werden in einer spezifischen Einnahmenposition ausgewiesen. Diese Einnahmen werden an die ELGA über den Haushalt des Landwirtschaftsministeriums durch jährliche Einsetzung eines Mittelansatzes in gleicher Höhe nach einem an dieses Ministerium gerichteten Vorschlag der ELGA ausgezahlt. Von den genannten Beträgen des Sonderversicherungsbeitrags, die von den staatlichen Finanzbehörden zugunsten der ELGA eingezogen wurden, werden vom Staat zwei Prozent (2 %) für die Einziehung einbehalten. Weiter werden von diesen Beträgen, die von den staatlichen Finanzbehörden auf der Grundlage von Ertragserklärungen von Personen, die zur Zahlung dieses Beitrags verpflichtet sind, und anderen Erhebungsformularen eingezogen werden, vom Staat drei Prozent (3 %) für die Feststellung einbehalten …“

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

11

Nach Protesten vieler griechischer landwirtschaftlicher Erzeuger im Januar 2009 wegen ihnen im Jahr 2008 infolge widriger Witterungsverhältnisse entstandener Verluste sah die Hellenische Republik durch den interministeriellen Erlass Nr. 262037 des Ministers für Wirtschaft und des Ministers für ländliche Entwicklung und Ernährung vom 30. Januar 2009 über außerordentliche Ausgleichszahlungen für Schäden im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugung (FEK B’ 155/2.2.2009, im Folgenden: interministerieller Erlass) vor, dass außerordentliche Ausgleichszahlungen in Höhe von 425 Mio. Euro von ELGA an die Erzeuger gezahlt würden. Diesem Erlass zufolge wurden die mit seiner Durchführung verbundenen Ausgaben zulasten des Haushalts der ELGA über ein von dieser aufgenommenes Bankdarlehen finanziert, das mit einer Staatsgarantie gesichert war.

12

In Beantwortung eines Auskunftsersuchens der Kommission teilte die Hellenische Republik mit Schreiben vom 20. März 2009 dieser mit, dass die ELGA den Landwirten im Jahr 2008 Entschädigungen in Höhe von 386986648 Euro für die von der Versicherung abgedeckten Schäden gezahlt habe. Dieser Betrag sei zum Teil durch Versicherungsbeiträge in Höhe von 88353000 Euro und zum Teil durch ein Darlehen in Höhe von 444 Mio. Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren aufgebracht worden, das von der ELGA bei einer Bank aufgenommen und durch eine Staatsgarantie gesichert worden sei.

13

Mit Beschluss vom 27. Januar 2010 (ABl. C 72, S.12) eröffnete die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in der Sache C 3/10 (ex NN 39/09) zu den Ausgleichszahlungen der ELGA in den Jahren 2008 und 2009 (im Folgenden: fragliche Beihilfen). Am 7. Dezember 2011 erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

14

Der verfügende Teil des streitigen Beschlusses lautet:

„Artikel 1

(1)   Bei den von der [ELGA] 2008 und 2009 gezahlten Entschädigungen für landwirtschaftliche Erzeuger handelt es sich um staatliche Beihilfen.

(2)   Die 2008 gewährten Ausgleichszahlungen im Rahmen der Pflichtversicherung sind mit dem Binnenmarkt vereinbar, soweit es um die Beihilfen in Höhe von 349493652,03 [Euro], die die ELGA den Landwirten für ihre Verluste im Bereich der pflanzlichen Erzeugung gewährt hat, sowie die Beihilfen für durch Bären verursachte Verluste im Bereich der pflanzlichen Erzeugung in Höhe von 91500 [Euro] und die Korrekturmaßnahmen im Zusammenhang mit den genannten Beihilfen geht. Die Ausgleichszahlungen, die dem übrigen Betrag der 2008 gezahlten Beihilfen im Rahmen der Pflichtversicherung entsprechen, sind mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar.

(3)   Die Ausgleichszahlungen in Höhe von 27614905 [Euro], die 2009 aufgrund des interministeriellen [Erlasses] gezahlt wurden, sind mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Die Ausgleichszahlungen in Höhe von 387404547 [Euro], die den Erzeugern vor dem 28. Oktober 2009 gewährt worden sind, sind mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar. Von dieser Schlussfolgerung nicht betroffen sind die Beihilfen, die zum Zeitpunkt ihrer Gewährung alle Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 [der Kommission vom 20. Dezember 2007 über die Anwendung der Artikel (107 AEUV und 108 AEUV) auf De-minimis-Beihilfen im Agrarerzeugnissektor (ABl. L 337, S. 35)] erfüllten.

Artikel 2

(1)   [Die Hellenische Republik] trifft alle notwendigen Maßnahmen, um die Beihilfen, die gemäß Artikel 1 mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar sind und daher unrechtmäßig gewährt worden sind, von den Empfängern zurückzufordern.

…“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15

Mit Klageschrift, die am 8. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Hellenische Republik Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts einging, stellte sie einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach den Art. 278 AEUV und 279 AEUV, mit dem sie die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses begehrte. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts Griechenland/Kommission (T‑52/12 R, EU:T:2012:447) wurde der Vollzug des streitigen Beschlusses ausgesetzt, soweit er die Hellenische Republik dazu verpflichtete, die in seinem Art. 1 genannten unvereinbaren Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.

16

Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses machte die Hellenische Republik sieben Klagegründe geltend. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

17

Mit am 30. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangener Antragsschrift hat die Hellenische Republik einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach den Art. 278 AEUV und 279 AEUV gestellt und insbesondere beantragt, die Durchführung des angefochtenen Urteils bis zur Verkündung des Urteils über das Rechtsmittel auszusetzen.

18

Dieser Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist mit Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs Griechenland/Kommission (C‑431/14 P‑R, EU:C:2014:2418) mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass die Voraussetzung des fumus boni iuris nicht erfüllt sei.

19

Mit Schreiben, das am 2. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die griechische Regierung gemäß Art. 16 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union beantragt, dass dieser als Große Kammer tagt. Diesem Antrag ist stattgegeben worden.

20

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Hellenische Republik,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

21

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel entweder als unzulässig oder als unbegründet zurückzuweisen;

der Hellenischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Zum ersten Rechtsmittelgrund: Begriff „staatliche Beihilfe “, Begründungspflicht und Verfälschung von Beweisen

Vorbringen der Parteien

22

Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Hellenische Republik dem Gericht vor, gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen zu haben, indem es den Sachverhalt verfälscht und falsch beurteilt habe, als es festgestellt habe, dass die in den Jahren 2008 und 2009 von den Landwirten, die in diesen Jahren Ausgleichszahlungen von der ELGA erhalten hatten, gezahlten Pflichtversicherungsbeiträge staatliche Mittel seien.

23

Erstens habe sich das Gericht bei der Schlussfolgerung, dass diese Beihilfen staatliche Beihilfen seien, auf das Urteil Freskot (C‑355/00, EU:C:2003:298) gestützt. In Rn. 87 dieses Urteils habe der Gerichtshof aber im Gegenteil festgestellt, dass er in der diesem Urteil zugrunde liegenden Rechtssache nicht über die erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt habe, um die von der ELGA erbrachten Leistungen als staatliche Beihilfe zu qualifizieren.

24

Zweitens habe das Gericht den privaten Charakter der von den Landwirten gezahlten Beiträge unzutreffend unter dem Vorwand verneint, dass sie nach Art. 5a des Gesetzes 1790/1988 wie staatliche Einnahmen verbucht worden seien. Nach Ansicht der Hellenischen Republik geht aus diesem Artikel hervor, dass der Sonderversicherungsbeitrag zugunsten der ELGA vom Staat oder von Banken erhoben werde, bevor er an die ELGA gezahlt werde.

25

Der Umstand aber, dass der Gesetzgeber die Modalitäten festlege, nach denen der vom Staat erhobene Sonderversicherungsbeitrag an die ELGA übertragen werde, mache aus diesem Beitrag keine staatlichen Mittel. Sollte eine solche Auslegung zulässig sein, wäre die Qualifizierung dieses Beitrags als private oder öffentliche Mittel nämlich von der Art seiner Erhebung abhängig und man müsste dann die vom Staat erhobenen Beiträge von den Beiträgen unterscheiden, die von Banken erhoben und an die ELGA übertragen würden. Wenn der Staat im Übrigen die in Rede stehenden Mittel erhöbe, ohne sie zur Gänze übertragen zu müssen, wäre in Art. 5a Abs. 16 des Gesetzes 1790/1988 nicht vorgesehen worden, dass er eine Kommission erhalte.

26

Folglich seien der Staat oder die Banken einfache Vermittler oder auch bezahlte Erheber des Sonderversicherungsbeitrags. Dieser Beitrag sei ausschließlich eine Einnahme der ELGA und sei nicht der öffentlichen Kontrolle unterworfen, sondern werde einfach von Einrichtungen der Banken und vom Staat erhoben, um an die ELGA übertragen zu werden, ohne dass die zuständige Behörde jemals darüber verfügungsbefugt gewesen sei.

27

Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Hellenische Republik dem Gericht vor, seine Begründungspflicht verletzt zu haben, indem es nicht auf das Argument eingegangen sei, dass die Sonderversicherungsbeiträge vom Betrag der zurückzufordernden staatlichen Beihilfen hätten abgezogen werden müssen, da sie in Anbetracht des Umstands, dass sie in den Jahren 2008 und 2009 von den Landwirten, denen die angeblichen Beihilfen gewährt worden seien, entrichtet worden seien, die Voraussetzung in Bezug auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils nicht erfüllten.

28

Die Hellenische Republik macht hilfsweise geltend, das Gericht habe diese Voraussetzung auf den vorliegenden Sachverhalt falsch angewandt, da die Gewährung der Ausgleichszahlungen aufgrund dieser Beiträge nur begrenzte oder gar keine Auswirkungen auf den Wettbewerb gehabt habe. Das Gericht habe mit seiner Beurteilung den streitigen Beschluss sogar auf eine Art ausgelegt, die dem Grundsatz des Verbots der reformatio in peius widerspreche.

29

Die Kommission stellt sowohl die Zulässigkeit des Vorbringens in Bezug auf die Verfälschung des Sachverhalts als auch die Begründetheit der beiden Teile des vorliegenden Rechtsmittelgrundes in Abrede.

Würdigung durch den Gerichtshof

30

Was den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, ist erstens in Bezug auf das Vorbringen, das Gericht habe den Sachverhalt verfälscht, darauf hinzuweisen, dass nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union allein das Gericht zuständig ist für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung (Urteile General Motors/Kommission, C‑551/03 P, EU:C:2006:229, Rn. 51, und ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, C‑352/09 P, EU:C:2011:191, Rn. 179).

31

Demnach stellt die Tatsachenwürdigung, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteile Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, EU:C:2006:328, Rn. 85, und ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, C‑352/09 P, EU:C:2011:191, Rn. 180).

32

Behauptet ein Rechtsmittelführer eine Verfälschung von Beweisen durch das Gericht, muss er nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Außerdem muss sich eine solche Verfälschung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteile Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, EU:C:2010:346, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 122 bis 128 und 130 bis 132 des angefochtenen Urteils Folgendes festgestellt:

„122

Die Kommission hat in dem [streitigen] Beschluss darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof im Urteil Freskot [(C‑355/00, EU:C:2003:298)] bereits festgestellt hat, dass ‚in den im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Rechtsvorschriften eindeutig festgelegt ist, dass die von der ELGA erbrachten Leistungen aus staatlichen Mitteln finanziert werden, und dass sie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dem Staat zuzurechnen sind (siehe u. a. Urteil [Frankreich/Kommission], C‑482/99, [EU:C:2002:294], [Rn.] 24)‘ (58. Erwägungsgrund).

123

In diesem Zusammenhang hat die Kommission festgestellt, dass

‚… sich … aus Artikel 5a des Gesetzes … 1790/1988 … und anderen geltenden Bestimmungen der griechischen Rechtsvorschriften [ergibt], dass die Einnahmen, die der ELGA aus dem Sonderbeitrag zufließen und die von der Beitragsverwaltung eingenommen werden, als staatliche Einnahmen in den Staatshaushalt fließen und über den Etat des Landwirtschaftsministeriums (inzwischen Ministerium für ländliche Entwicklung und Ernährung) an die ELGA gezahlt werden. Dass die fraglichen Beiträge als staatliche Einnahmen verbucht werden, weist eindeutig darauf hin, dass die Leistungen der ELGA aus staatlichen Mitteln stammen‘ (58. Erwägungsgrund).

124

Diese Feststellungen, die von der Hellenischen Republik nicht bestritten wurden, genügen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass die Ausgleichszahlungen in dem Teil, der den Beiträgen der Landwirte entspricht, staatliche Mittel sind und dem Staat zuzurechnen sind.

125

Folglich kann der Teil der Zahlungen, der den Beiträgen der Landwirte entspricht, entgegen dem Vorbringen der Hellenischen Republik nicht als aus privaten Mitteln stammend angesehen werden. Somit steht der Umstand, dass ein Teil der im Jahr 2008 vorgenommenen Zahlungen aus Beiträgen der Landwirte finanziert wurde, der Annahme nicht entgegen, dass es sich um staatliche Beihilfen handelt, die aus dem Staat zurechenbaren Mitteln finanziert wurden.

126

Außerdem betrifft die Qualifizierung als staatliche Beihilfe entgegen dem Vorbringen der Hellenischen Republik nicht die von den Landwirten gezahlten Beiträge, sondern die im Jahr 2008 vorgenommenen Zahlungen. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des ersten und des zweiten Klagegrundes festgestellt wurde, dass weder der Ausgleichscharakter der Maßnahmen, noch der Umstand, dass sie durch einen sozialen Zweck gerechtfertigt sind, der Einstufung der von ELGA vorgenommenen Zahlungen als Vorteil entgegenstehen.

127

Die Hellenische Republik räumt im Übrigen ein, dass die von den Landwirten gezahlten Beiträge nicht im Verhältnis zum Risiko stünden und dass es möglich sei, dass bestimmte Landwirte einen Beitrag leisten, ohne Ausgleichszahlungen der ELGA in Anspruch zu nehmen. Die im Jahr 2008 vorgenommenen Zahlungen waren somit unabhängig von den von den Landwirten gezahlten Beiträgen und stellten einen Vorteil dar, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht hätte erhalten können.

128

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission zu Recht entschieden hat, dass die von der ELGA im Jahr 2008 vorgenommenen Zahlungen finanzielle Vorteile aus staatlichen Mitteln sind, auch wenn sie teilweise durch Beiträge der Landwirte finanziert wurden. Die Hellenische Republik hat nicht nachgewiesen, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, indem sie diese Zahlungen als staatliche Beihilfen eingestuft hat.

130

Aus dem [streitigen] Beschluss geht hervor, dass die von der ELGA im Jahr 2009 vorgenommenen Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 415019452 Euro auf der Grundlage des interministeriellen Erlasses durchgeführt wurden. Der interministerielle Erlass sah außerordentliche Ausgleichszahlungen in Höhe von 425 Mio. Euro für Schäden im Jahr 2008 vor, und die ELGA nahm im Hinblick auf diese Zahlungen für diesen Gesamtbetrag ein Bankdarlehen mit einer Staatsgarantie auf ….

131

Folglich hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass die im Jahr 2009 vorgenommenen Ausgleichszahlungen nicht durch die aufgrund des Pflichtversicherungssystems der ELGA gezahlten Beiträge finanziert wurden …

132

Demnach kann man entgegen dem Vorbringen der Hellenischen Republik nicht davon ausgehen, dass die im Jahr 2009 von den Landwirten aufgrund des Pflichtversicherungssystems gezahlten Beiträge einen Teil der im Jahr 2009 gewährten Zahlungen finanzierten.“

34

In Anbetracht der angeführten Beurteilung durch das Gericht ist das Vorbringen einer Verfälschung des Sachverhalts von vornherein zu verwerfen, da die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen nicht nachweist, dass sich eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergibt.

35

Zweitens ist in Bezug auf das Vorbringen, das Gericht habe den Sachverhalt fehlerhaft beurteilt, festzustellen, dass das Gericht, nachdem es zunächst in Rn. 126 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen hat, dass die Einstufung als staatliche Beihilfe nicht die von den Landwirten entrichteten Beträge des Sonderversicherungsbeitrags, sondern die Ausgleichszahlungen der ELGA betreffe, danach in Rn. 127 dieses Urteils festgestellt hat, dass die im Jahr 2008 vorgenommenen Zahlungen von diesen Beiträgen unabhängig gewesen seien, und schließlich in den Rn. 130 bis 132 dieses Urteils ausgeführt hat, dass die im Jahr 2009 vorgenommenen Zahlungen nicht durch Beiträge, sondern mittels eines zu diesem Zweck aufgenommenen Bankdarlehens mit Staatsgarantie finanziert worden seien, rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis kommen konnte, dass diese Zahlungen aus staatlichen Mitteln finanzierte Vorteile gewesen seien.

36

Drittens hat das Gericht auch keinen Rechtsfehler begangen, indem es sich in Rn. 122 des angefochtenen Urteils auf Rn. 81 des Urteils Freskot (C‑355/00, EU:C:2003:298) gestützt hat, da der Gerichtshof in dieser Randnummer in Bezug auf eine frühere Fassung von Art. 5a des Gesetzes 1790/1988, die aber im Wesentlichen mit der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung identisch ist, festgestellt hat, dass in diesem Gesetz „eindeutig festgelegt ist, dass die von der ELGA erbrachten Leistungen aus staatlichen Mitteln finanziert werden und dass sie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dem Staat zuzurechnen sind“.

37

Im Übrigen ist festzustellen, dass die Hellenische Republik nicht bestreitet, dass entrichtete Sonderversicherungsbeiträge in den Staatshaushalt flossen, soweit sie von der staatlichen Finanzverwaltung erhoben wurden.

38

Was den zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes angeht, so verpflichtet nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Pflicht zur Begründung der Urteile, die dem Gericht nach den Art. 36 und 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt, dieses nicht, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, auf denen das angefochtene Urteil beruht, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann (vgl. u. a. Urteil A2A/Kommission, C‑320/09 P, EU:C:2011:858, Rn. 97).

39

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 126 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Qualifizierung als staatliche Beihilfe entgegen dem Vorbringen der Hellenischen Republik nicht die von den Landwirten gezahlten Beiträge, sondern die im Jahr 2008 von der ELGA vorgenommenen Zahlungen betroffen habe.

40

Außerdem hat das Gericht in eben dieser Rn. 126 auf seine im Rahmen der Prüfung des ersten und des zweiten Klagegrundes vorgenommene Beurteilung verwiesen. Im Rahmen dieser Prüfung hat das Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils aber erläutert, „dass der Umstand, dass die von der ELGA im Jahr 2009 vorgenommenen Zahlungen Schäden im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugung infolge widriger Witterungsverhältnisse ausgleichen sollten, das Vorliegen eines Vorteils und die Qualifizierung als staatliche Beihilfe nicht ausschließt“, und in Rn. 102 dieses Urteils ausgeführt, „dass nach ständiger Rechtsprechung der Wettbewerb verfälscht wird, wenn eine Maßnahme die Belastungen des begünstigten Unternehmens vermindert und damit seine Stellung gegenüber seinen Wettbewerbern stärkt“.

41

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Begründung des angefochtenen Urteils den in Rn. 38 des vorliegenden Urteils angeführten Anforderungen genügt.

42

Im Übrigen konnte das Gericht, nachdem es festgestellt hatte, dass die in den Jahren 2008 und 2009 vorgenommenen Ausgleichszahlungen von den Beiträgen, die die Landwirte entrichtet hatten, unabhängig waren, rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis kommen, dass diese Zahlungen ein Vorteil waren, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht hätte erhalten können und der demnach den Wettbewerb beeinträchtigte.

43

Angesichts der Unabhängigkeit der von den Landwirten entrichteten Beiträge von den Ausgleichszahlungen, die diese erhalten haben, kann nämlich weder angenommen werden, dass diese Beiträge besondere Lasten waren, die auf dem Vorteil lagen, um den es sich bei der Gewährung dieser Ausgleichszahlungen gehandelt hätte, noch, dass diese Beiträge untrennbar mit der Gewährung dieses Vorteils verbunden gewesen wären. Somit konnte das Gericht zutreffend feststellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall einen Ausgleich zwischen diesem Vorteil und den genannten Beiträgen im Rahmen von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu Recht abgelehnt hat (vgl in diesem Sinne Urteil France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 43 und 48).

44

Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Begriff „staatliche Beihilfe “ und Begründungspflicht

Vorbringen der Parteien

45

Die Hellenische Republik wirft dem Gericht vor, den ersten und den zweiten Klagegrund unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zurückgewiesen zu haben, wonach Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigten oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen seien, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, als staatliche Beihilfen gälten (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). Durch diese Begründung habe das Gericht nämlich verkannt, dass diese Grundsätze nur unter Marktbedingungen und normalen Wirtschaftsverhältnissen gälten, nicht aber unter den außergewöhnlichen Umständen, in denen sich die griechische Wirtschaft im Jahr 2009 befunden habe.

46

Vor diesem außergewöhnlichen Hintergrund hätte das Gericht nach Ansicht der Hellenischen Republik Art. 107 AEUV anders auslegen und anwenden und insbesondere beurteilen müssen, ob die den griechischen Landwirten im Jahr 2009 gewährten Ausgleichszahlungen diesen tatsächlich einen Vorteil verschafft hätten und sie im Geschäftsverkehr innerhalb der Europäischen Union in eine vorteilhaftere Lage gebracht hätten.

47

Da die griechische Wirtschaft in diesem Zeitraum zu ihrer Stabilisierung eine Vielzahl an Haushaltsmaßnahmen gewärtigen musste, wie die Überbesteuerung der Landwirte, die Einführung von Sonder‑ und Solidaritätsbeiträgen, den Abbau des Wohlfahrtsstaats, die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Verteuerung des Heizölpreises oder die Senkung der Löhne und Renten, wäre nämlich jeder „wirtschaftliche Vorteil“, den diese Landwirte seitens der ELGA hätten beziehen können, sofort vernichtet worden.

48

Das Gericht habe es aber unterlassen, zu prüfen, ob die finanziellen Auswirkungen der durch den interministeriellen Erlass ergangenen Maßnahmen unter solchen Ausnahmebedingungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten tatsächlich beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen drohen konnten. Es hätte insbesondere festgestellt werden müssen, ob diese außergewöhnlichen Umstände die Voraussetzungen für die Anwendung der De-minimis-Regelung für Beihilfen, die keine spürbare Auswirkung auf den Handel und den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten hätten, hätten ändern können.

49

Die Hellenische Republik macht schließlich hilfsweise geltend, dass das Gericht ihr Vorbringen nicht vollinhaltlich geprüft habe.

50

Die Kommission bestreitet sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit des vorliegenden Rechtsmittelgrundes.

Würdigung durch den Gerichtshof

51

Aus den Akten des ersten Rechtszugs geht hervor, dass das Vorbringen der Hellenischen Republik vor dem Gerichtshof, dass die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff der staatlichen Beihilfe, wie in Rn. 45 des vorliegenden Urteils angeführt, wegen der außergewöhnlichen wirtschaftlichen Umstände, in denen sich die griechische Wirtschaft im Jahr 2009 befunden habe, auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei, vor dem Gericht nicht vorgetragen worden ist.

52

Im ersten Rechtszug hat die Hellenische Republik der Kommission nämlich vorgeworfen, im streitigen Beschluss nicht hinreichend erklärt zu haben, inwiefern die Gewährung der Ausgleichszahlungen den betreffenden Landwirten einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe, der den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige und daher trotz der schweren Krise, die die griechische Wirtschaft damals durchlaufen habe, als staatliche Beihilfe eingestuft werden könne.

53

Man kann aber nicht davon ausgehen, dass die Hellenische Republik mit dem Vortrag dieses Arguments eine andere Rüge formuliert hätte als die einer mangelhaften Begründung des streitigen Beschlusses.

54

Also ist das Vorbringen, das Gericht habe Art. 107 Abs. 1 AEUV verkannt, indem es unterlassen habe, festzustellen, dass die Gewährung von Ausgleichszahlungen vor dem Hintergrund der schweren Krise, die die griechische Wirtschaft im Jahr 2009 durchlaufen habe, den betreffenden Landwirten weder irgendeinen Wettbewerbsvorteil verschafft, noch den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt habe, neu.

55

Somit ist dieses Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs würde nämlich einer Partei, wenn sie vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs‑ oder Verteidigungsmittel vorbringen könnte, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, letztlich gestattet, den Gerichtshof, dessen Zuständigkeit bei Rechtsmitteln begrenzt ist, mit einem weiter reichenden Rechtsstreit zu befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte (vgl. in diesem Sinne Urteile Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 111, sowie Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 35).

56

Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund nur insoweit zulässig, als die Hellenische Republik dem Gericht damit im Wesentlichen vorwirft, auf die Rüge der unzureichenden Begründung des streitigen Beschlusses nicht eingegangen zu sein.

57

Wie in Rn. 38 des vorliegenden Urteils ausgeführt, verpflichtet die dem Gericht obliegende Pflicht zur Begründung der Urteile dieses nicht, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, auf denen das angefochtene Urteil beruht, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann (Urteil Isdin/Bial-Portela, C‑597/12 P, EU:C:2013:672, Rn. 21).

58

In Rn. 41 des vorliegenden Urteils ist aber bereits festgestellt worden, dass die Begründung des angefochtenen Urteils es den Parteien und insbesondere der Hellenischen Republik ermöglicht hat, die Gründe zu erfahren, auf die sich das Gericht bei der Feststellung, dass ein wirtschaftlicher Vorteil vorliege, der zur Verfälschung des Wettbewerbs geeignet sei, gestützt hat.

59

Weiter hat das Gericht bei der Behandlung der Rüge der unzureichenden Begründung in Bezug auf die Voraussetzung der Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der Handelsbeeinträchtigungen in Rn. 108 des angefochtenen Urteils erläutert, dass „die ab 2008 in der Union aufgetretene Wirtschaftskrise nicht in Frage stellen kann, dass der Landwirtschaftssektor einem lebhaften Wettbewerb in der Union ausgesetzt ist“ und dass „die Kommission im Übrigen spezifische Regeln für die Genehmigung bestimmter staatlicher Beihilfen während der Wirtschaftskrise erlassen hat, insbesondere den [VGR], der es ausschloss, dass im landwirtschaftlichen Primärsektor gewährte Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden“.

60

Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Auslegung und Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV und Begründungspflicht

Zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, mit dem eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV gerügt wird

– Vorbringen der Parteien

61

Die Hellenische Republik wirft dem Gericht vor, gegen Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verstoßen zu haben, indem es unterlassen habe, zu prüfen, ob die Kommission zumindest aufgrund ihrer Weigerung, diese Bestimmung trotz der beträchtlichen Störungen im griechischen Wirtschaftsleben anzuwenden, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

62

Außerdem habe das Gericht ihr Vorbringen in Bezug auf eine fehlerhafte Beschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV durch die Kommission in Anbetracht der außergewöhnlichen Umstände, in denen sich die griechische Wirtschaft im Jahr 2009 befunden habe und die sich von den Umständen unterschieden, auf die der VGR abgestellt habe, nicht geprüft. Das Gericht habe es unter Berufung auf den geänderten VGR abgelehnt, diese Bestimmung unmittelbar anzuwenden, obwohl es darauf hingewiesen habe, dass die Gültigkeit der Mitteilungen der Kommission deren Konformität mit den Bestimmungen des AEU-Vertrags voraussetze.

63

Nach Ansicht der Kommission hat die Hellenische Republik die außergewöhnlichen Umstände der Wirtschaftskrise in Griechenland zum maßgeblichen Zeitpunkt verspätet geltend gemacht und sie vor dem Gericht nicht nachgewiesen. Somit könne sie vor dem Gerichtshof nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese nicht nachgewiesenen Umstände das Gericht zu einem anderen Ergebnis in Bezug auf die Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV hätten bringen müssen. Die Kommission hält dieses Vorbringen auch für unbegründet.

– Würdigung durch den Gerichtshof

64

In Bezug auf die Zulässigkeit des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes geht aus den Akten des ersten Rechtszugs hervor, dass die Hellenische Republik zur Stützung des vierten Klagegrundes, mit dem sie der Kommission vorgeworfen hat, ihr Ermessen missbräuchlich verwendet und eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV vorgenommen zu haben, Beweise vorgelegt hat, die ihrer Ansicht nach geeignet waren, u. a. das Vorliegen einer sehr beträchtlichen Störung des gesamten griechischen Wirtschaftslebens im Jahr 2009 zu belegen.

65

Deshalb ist es zulässig, wie die Generalanwältin in den Nrn. 32 und 34 ihrer Schlussanträge erläutert, dass die Hellenische Republik vor dem Gerichtshof geltend macht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es ihr Vorbringen, dass diese Störung die Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV auf den vorliegenden Sachverhalt rechtfertige, zurückgewiesen habe, auch wenn aus den Rn. 185 bis 188 des angefochtenen Urteils hervorgeht, dass sich das Gericht bei der Behandlung des vierten Klagegrundes nicht zur Existenz einer sehr beträchtlichen Störung, mit der das griechische Wirtschaftsleben im Jahr 2009 konfrontiert gewesen sei, geäußert hat.

66

In der Sache ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Rn. 185 bis 188 des angefochtenen Urteils Folgendes ausgeführt hat:

„185

Hinsichtlich des Vorbringens im Rahmen des vierten Klagegrundes ist festzustellen, dass sich die Kommission entgegen dem Vorbringen der Hellenischen Republik auf den [VGR] stützen musste und nicht unmittelbar Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV anwenden durfte, um die Vereinbarkeit der im Jahr 2009 von der ELGA aufgrund der in Griechenland eingetretenen Wirtschaftskrise vorgenommenen Zahlungen zu prüfen.

186

Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Kommission nämlich dadurch, dass sie Verhaltensnormen erlässt und durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens selbst beschränkt und nicht von diesen Normen abweichen kann, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (vgl. Urteil Deutschland u. a./Kronofrance, [C‑75/05 P und C‑80/05 P, EU:C:2008:482], Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil … Holland Malt/Kommission, C‑464/09 P, [EU:C:2010:733], Rn. 46).

187

Daher ist die Kommission im speziellen Bereich der staatlichen Beihilfen durch die von ihr erlassenen Rahmen und Mitteilungen gebunden, soweit sie nicht von den Vorschriften des Vertrags abweichen (vgl. Urteil Holland Malt/Kommission, [C‑464/09 P, EU:C:2010:733], Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

188

Folglich ist das Vorbringen der Hellenischen Republik zurückzuweisen, dass die Kommission wegen der beträchtlichen Störung im griechischen Wirtschaftsleben aufgrund der seit Ende des Jahres 2008 und im Jahr 2009 in Griechenland eingetretenen Wirtschaftskrise die im Jahr 2009 von der ELGA vorgenommenen Zahlungen unmittelbar auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar hätte erklären müssen.“

67

Nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV können „als mit dem Binnenmarkt vereinbar … angesehen werden … Beihilfen … zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“.

68

Wie das Gericht in den Rn. 159 bis 161 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 AEUV über ein weites Ermessen, dessen Ausübung komplexe wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt (Urteile Deutschland u. a./Kronofrance, C‑75/05 P und C‑80/05 P, EU:C:2008:482, Rn. 59, sowie Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português, C‑667/13, EU:C:2015:151, Rn. 67).

69

Wie das Gericht in den Rn. 186 und 187 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, geht aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs auch hervor, dass die Kommission dadurch, dass sie Verhaltensnormen erlässt und durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens selbst beschränkt und grundsätzlich nicht von diesen Normen abweichen kann, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (vgl. Urteil Holland Malt/Kommission, C‑464/09 P, EU:C:2010:733 Rn. 46, Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português, C‑667/13 P, EU:C:2015:151 Rn. 69).

70

Im speziellen Bereich der staatlichen Beihilfen ist die Kommission jedoch durch die von ihr erlassenen Rahmen gebunden, soweit sie nicht von den Vorschriften des AEU-Vertrags, zu denen u. a. Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV gehört, abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Holland Malt/Kommission, C‑464/09 P, EU:C:2010:733, Rn. 47) und soweit ihre Anwendung nicht gegen die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie die Gleichbehandlung verstößt, insbesondere wenn außergewöhnliche Umstände, die sich von den Umständen unterscheiden, auf die diese Rahmen abstellen, einen bestimmten Wirtschaftssektor eines Mitgliedstaats kennzeichnen.

71

Folglich kann die Kommission zum einen durch den Erlass von Rahmen, die mit einem Rechtsfehler oder einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sind, nicht gegen Art. 107 Abs. 3 AEUV verstoßen und kann durch Erlass von Rahmen auch nicht auf die Ausübung des Ermessens, das ihr diese Bestimmung verleiht, verzichten. Wenn sie im Rahmen der Ausübung dieses Ermessens derartige Rahmen erlässt, müssen diese kontinuierlich überprüft werden, um jede von diesen Rechtsakten nicht berücksichtigte bedeutende Entwicklung zu erfassen.

72

Zum anderen entbindet der Erlass solcher Rahmen die Kommission nicht von ihrer Pflicht, die spezifischen außergewöhnlichen Umstände zu prüfen, auf die sich ein Mitgliedstaat in einem bestimmten Fall bei dem Ersuchen um unmittelbare Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV beruft, und gegebenenfalls ihre Ablehnung eines solchen Antrags zu begründen.

73

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kommission gerade in Bezug auf die Betroffenheit des landwirtschaftlichen Primärsektors der Union durch die Wirtschaftskrise, in der sich die Mitgliedstaaten und insbesondere die Hellenische Republik befanden, das ihr durch Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verliehene Ermessen ausgeübt hat, indem sie den VGR und dann den geänderten VGR erlassen hat, da dieser Sektor sowohl im ersten als auch im zweiten ausdrücklich erwähnt wurde.

74

Es ist aber festzustellen, dass sich die Hellenische Republik zwar vor dem Gericht trotz der im VGR und im geänderten VGR existierenden Verhaltensregeln auf die unmittelbare Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV auf den vorliegenden Fall berufen hat, zur Stützung dieses Antrags aber nicht geltend gemacht hat, dass im vorliegenden Fall im betroffenen landwirtschaftlichen Primärsektor spezifische außergewöhnliche Umstände wie diejenigen herrschten, die in den Rn. 70 und 72 des vorliegenden Urteils angeführt worden sind.

75

Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Beweise, auf die sich die Hellenische Republik vor dem Gericht berufen hat, das Vorliegen einer beträchtlichen Störung des griechischen Wirtschaftslebens seit Ende 2008 und während des Jahres 2009 belegen sollten, aber nicht rechtlich hinreichend belegen konnten, dass diese Wirtschaft spezifische außergewöhnliche Umstände zu bewältigen hatte, die die Kommission gegebenenfalls hätten veranlassen müssen, die streitigen Beihilfen unmittelbar im Licht von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV zu beurteilen.

76

Der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes: Begründungspflicht

– Vorbringen der Parteien

77

Die Hellenische Republik wirft dem Gericht vor, nicht auf ihr Vorbringen eingegangen zu sein, dass der streitige Beschluss zu weit gehe, da er auch die Rückforderung der Ausgleichszahlungen verlange, die Entschädigungen für tatsächliche Schäden darstellten. Die Situation des griechischen Agrarsektors, die bereits außerordentlich schwierig gewesen sei, als die Ausgleichszahlungen gewährt worden seien, sei zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses noch prekärer gewesen.

78

Das Gericht habe insbesondere nicht geprüft, inwieweit der streitige Beschluss, soweit er die Rückforderung der den Landwirten gezahlten Beiträge angeordnet habe, mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) im Einklang stehe.

79

Die Kommission hält dieses Vorbringen für zu vage, da es die im ersten Rechtszug vor dem Gericht geltend gemachte Rüge, auf die das Gericht nicht eingegangen sei, nicht genau identifiziere, und jedenfalls für unbegründet.

– Würdigung durch den Gerichtshof

80

Wie die Kommission zutreffend ausführt, ist das Gericht zum einen sowohl auf die Rüge in Bezug auf eine angebliche Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die im Rahmen des fünften Klagegrundes vorgetragen wurde, als auch auf die Rüge in Bezug auf die Berechnung der Höhe der zurückzufordernden Beihilfen, die im Rahmen des sechsten Klagegrundes geltend gemacht wurde, im Detail eingegangen.

81

Zum anderen gibt die Hellenische Republik nicht hinreichend genau an, welche anderen Rügen sie im ersten Rechtszug geltend gemacht habe, auf die das Gericht nicht eingegangen sei.

82

Unter diesen Umständen ist der zweite Teil als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig zurückzuweisen.

83

Folglich ist der dritte Rechtsmittelgrund und demnach das Rechtsmittel als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

Kosten

84

Wenn das Rechtsmittel unbegründet ist, entscheidet der Gerichtshof nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung über die Kosten.

85

Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

86

Da die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr dem Antrag der Kommission entsprechend die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Hellenische Republik trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Griechisch.

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