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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62014CJ0003

    Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 16. April 2015.
    Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej und Telefonia Dialog sp. z o.o. gegen T-Mobile Polska SA.
    Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Najwyższy.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Richtlinie 2002/21/EG – Art. 7 und 20 – Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste anbieten – Verpflichtung zur Durchführung des in Art. 7 Abs. 3 vorgesehenen Verfahrens – Maßnahme, die sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken kann – Richtlinie 2002/19/EG – Art. 5 – Befugnisse und Zuständigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung – Richtlinie 2002/22/EG – Art. 28 – Geografisch nicht gebundene Nummern.
    Rechtssache C-3/14.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2015:232

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

    16. April 2015 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste — Richtlinie 2002/21/EG — Art. 7 und 20 — Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste anbieten — Verpflichtung zur Durchführung des in Art. 7 Abs. 3 vorgesehenen Verfahrens — Maßnahme, die sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken kann — Richtlinie 2002/19/EG — Art. 5 — Befugnisse und Zuständigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung — Richtlinie 2002/22/EG — Art. 28 — Geografisch nicht gebundene Nummern“

    In der Rechtssache C‑3/14

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Najwyższy (Polen) mit Entscheidung vom 6. November 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Januar 2014, in dem Verfahren

    Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej,

    Telefonia Dialog sp. z o.o.

    gegen

    T‑Mobile Polska SA, vormals Polska Telefonia Cyfrowa SA,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

    Generalanwalt: Y. Bot,

    Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Januar 2015,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    des Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej, vertreten durch M. Kołtoński und M. Chmielewska, radcowie prawni,

    der Telefonia Dialog sp. z o.o., vertreten durch R. Duczek, radca prawny,

    der T‑Mobile Polska SA, vertreten durch Ł. Dąbrowski, radca prawny,

    der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und D. Lutostańska als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Hottiaux, L. Nicolae und G. Braun als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Januar 2015

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6, Art. 7 Abs. 3 und Art. 20 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33, im Folgenden: Rahmenrichtlinie) und von Art. 28 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej (Präsident des Amtes für elektronische Kommunikation, im Folgenden: Präsident des UKE) und der Telefonia Dialog sp. z o.o. (im Folgenden: Telefonia Dialog) auf der einen Seite und der T‑Mobile Polska SA, vormals Polska Telefonia Cyfrowa SA (im Folgenden: T‑Mobile Polska), auf der anderen Seite wegen einer Entscheidung, die der Präsident des UKE im Rahmen einer Streitigkeit zwischen diesen Unternehmen getroffen hat.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    In den Erwägungsgründen 15, 32 und 38 der Rahmenrichtlinie heißt es:

    „(15)

    Es ist wichtig, dass die nationalen Regulierungsbehörden alle interessierten Parteien zu vorgeschlagenen Beschlüssen konsultieren und ihre Stellungnahmen berücksichtigen, ehe sie einen endgültigen Beschluss fassen. Damit sich Beschlüsse, die auf nationaler Ebene gefasst werden, nicht nachteilig auf den Binnenmarkt oder andere Ziele des Vertrags auswirken, sollten die nationalen Regulierungsbehörden bestimmte Beschlussentwürfe auch der [Europäischen] Kommission und anderen nationalen Regulierungsbehörden notifizieren, damit sie hierzu Stellung nehmen können. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten die interessierten Parteien zu allen Maßnahmenentwürfen anhören, die sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken. In der vorliegenden Richtlinie und in den Einzelrichtlinien ist festgelegt, in welchen Fällen die in den Artikeln 6 und 7 genannten Verfahren zur Anwendung gelangen …

    (32)

    … Greift eine nationale Regulierungsbehörde in die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen ein, die in einem Mitgliedstaat elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste anbieten, so sollte sie anstreben, die Einhaltung der Verpflichtungen aus dieser Richtlinie oder den Einzelrichtlinien sicherzustellen.

    (38)

    Maßnahmen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, sind Maßnahmen, die unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell einen derartigen Einfluss auf das Handelsmuster zwischen Mitgliedstaaten haben können, dass ein Hemmnis für den Binnenmarkt geschaffen wird. Sie umfassen Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Betreiber oder Nutzer in anderen Mitgliedstaaten haben, wozu unter anderem gehören: Maßnahmen, die die Preise für die Nutzer in anderen Mitgliedstaaten beeinflussen, Maßnahmen, die die Möglichkeiten eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmens beeinträchtigen, einen elektronischen Kommunikationsdienst anzubieten, insbesondere Maßnahmen, die die Möglichkeit beeinträchtigen, Dienste auf länderübergreifender Basis anzubieten, sowie Maßnahmen, die die Marktstruktur oder den Marktzugang berühren und für Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten zu nachteiligen Auswirkungen führen.

    4

    Art. 2 der Rahmenrichtlinie bestimmt:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    1)

    ‚Einzelrichtlinien‘: die Richtlinie 2002/20/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21)], die Richtlinie 2002/19/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7)], die [Universaldienstrichtlinie] und die Richtlinie 97/66/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (ABl. 1998, L 24, S. 1)].

    …“

    5

    Art. 6 („Konsultation und Transparenz“) der Rahmenrichtlinie schreibt die Einführung von nationalen Konsultationsverfahren zwischen den nationalen Regulierungsbehörden (im Folgenden: NRB) und den interessierten Kreisen für den Fall vor, dass die NRB gemäß dieser Richtlinie oder der Einzelrichtlinien Maßnahmen zu treffen gedenken, die beträchtliche Auswirkungen auf den betreffenden Markt haben werden.

    6

    Art. 7 („Konsolidierung des Binnenmarkts für die elektronische Kommunikation“) der Rahmenrichtlinie sieht vor:

    „(1)   Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien tragen die [NRB] den in Artikel 8 genannten Zielen, auch soweit sie sich auf das Funktionieren des Binnenmarktes beziehen, weitestgehend Rechnung.

    (3)   Zusätzlich zu der Anhörung nach Artikel 6 stellt eine nationale Regulierungsbehörde, die beabsichtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die

    a)

    in den Anwendungsbereich der Artikel 15 oder 16 dieser Richtlinie oder der Artikel 5 oder 8 der [Zugangsrichtlinie] oder aber des Artikels 16 der [Universaldienstrichtlinie] fallen, und

    b)

    Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben werden,

    gleichzeitig der Kommission und den [NRB] der anderen Mitgliedstaaten den Entwurf der Maßnahme zusammen mit einer Begründung gemäß Artikel 5 Absatz 3 zur Verfügung und unterrichtet die Kommission und die übrigen [NRB] hiervon …

    …“

    7

    Art. 8 der Rahmenrichtlinie definiert die politischen Ziele und regulatorischen Grundsätze, deren Einhaltung die NRB gewährleisten müssen. In Abs. 3 dieses Artikels heißt es:

    „Die [NRB] tragen zur Entwicklung des Binnenmarktes bei, indem sie unter anderem

    d)

    untereinander und mit der Kommission in transparenter Weise zusammenarbeiten, um die Entwicklung einer einheitlichen Regulierungspraxis und die einheitliche Anwendung dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien sicherzustellen.“

    8

    Art. 20 („Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen“) der Rahmenrichtlinie bestimmt:

    (1)   Ergeben sich im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dieser Richtlinie oder den Einzelrichtlinien Streitigkeiten zwischen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste in einem Mitgliedstaat anbieten, so trifft die betreffende [NRB] auf Antrag einer Partei und unbeschadet des Absatzes 2 eine verbindliche Entscheidung, damit die Streitigkeit schnellstmöglich, auf jeden Fall aber – außer in Ausnahmesituationen – innerhalb von vier Monaten beigelegt werden kann …

    (3)   Bei der Beilegung einer Streitigkeit trifft die [NRB] Entscheidungen, die auf die Verwirklichung der in Artikel 8 genannten Ziele ausgerichtet sind. Die Verpflichtungen, die die nationale Regulierungsbehörde einem Unternehmen im Rahmen der Streitbeilegung auferlegen kann, stehen im Einklang mit dieser Richtlinie oder den Einzelrichtlinien.

    …“

    9

    Art. 5 („Befugnisse und Zuständigkeiten der [NRB] in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung“) der Zugangsrichtlinie sieht vor:

    „(1)   Die [NRB] fördern und garantieren gegebenenfalls entsprechend dieser Richtlinie bei ihren Maßnahmen zur Verwirklichung der in Artikel 8 der [Rahmenrichtlinie] festgelegten Ziele einen angemessenen Zugang und eine geeignete Zusammenschaltung sowie die Interoperabilität der Dienste und nehmen ihre Zuständigkeit in einer Weise wahr, die Effizienz fördert, den Wettbewerb stimuliert und den Endnutzern größtmöglichen Nutzen bringt.

    (4)   In Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die [NRB] befugt ist, in begründeten Fällen aus eigener Initiative oder, falls keine Übereinkunft zwischen Unternehmen besteht, auf Ersuchen einer der beteiligten Parteien tätig zu werden, um entsprechend der vorliegenden Richtlinie und den Verfahren der Artikel 6 und 7 sowie der Artikel 20 und 21 der [Rahmenrichtlinie] die Beachtung der in Artikel 8 [der Rahmenrichtlinie] aufgeführten politischen Ziele zu gewährleisten.“

    10

    Art. 2 Buchst. f der Universaldienstrichtlinie enthält folgende Definition:

    „‚geografisch nicht gebundene Nummer‘: eine Nummer des nationalen Nummernplans, bei der es sich nicht um eine geografisch gebundene Nummer handelt; dieser Begriff erfasst unter anderem die Nummern für Mobiltelefone, gebührenfreie Dienste und Sonderdienste mit erhöhtem Tarif“.

    11

    Art. 28 („Geografisch nicht gebundene Nummern“) der Universaldienstrichtlinie lautet:

    „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten im Rahmen der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern in ihrem Hoheitsgebiet erhalten, sofern der gerufene Teilnehmer nicht Anrufe aus bestimmten geografischen Gebieten aus wirtschaftlichen Gründen eingeschränkt hat.“

    Polnisches Recht

    12

    Art. 15 des Telekommunikationsgesetzes (Ustawa Prawo telekomunikacyjne) vom 16. Juli 2004 (Dz. U. Nr. 171, Position 1800) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz vom 16. Juli 2004) bestimmt:

    „Bevor der Präsident des UKE eine Entscheidung in folgenden Angelegenheiten trifft:

    2)

    Auferlegung, Aufhebung, Aufrechterhaltung oder Änderung von regulatorischen Verpflichtungen gegenüber einem Telekommunikationsunternehmen mit beträchtlicher Marktmacht oder ohne eine solche Macht,

    3)

    Entscheidungen über den Zugang zum Telekommunikationsnetz, von denen in den Art. 28 bis 30 die Rede ist,

    4)

    in anderen Angelegenheiten, die im Gesetz genannt sind,

    führt er ein Konsultationsverfahren durch und ermöglicht es den betroffenen Rechtssubjekten, ihren Standpunkt zum Entwurf der Entscheidung innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich zu äußern.“

    13

    Art. 18 des Gesetzes vom 16. Juli 2004 sieht vor:

    „Können die in Art. 15 genannten Entscheidungen die Handelsbeziehungen zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen, so leitet der Präsident des UKE gleichzeitig mit dem Konsultationsverfahren ein Konsolidierungsverfahren ein und sendet die Entwürfe der Entscheidungen samt ihrer Begründung an die … Kommission und die [NRB] der anderen Mitgliedstaaten.“

    14

    In Art. 27 dieses Gesetzes heißt es:

    „1.   Der Präsident des UKE kann auf schriftlichen Antrag einer jeden an Verhandlungen über den Abschluss einer Zugangsvereinbarung beteiligten Partei oder von Amts wegen durch Beschluss eine Frist für den Abschluss der Verhandlungen über den Abschluss der entsprechenden Vereinbarung setzen, die 90 Tage, gerechnet ab dem Tag der Einreichung des Antrags auf den Abschluss der Zugangsvereinbarung, nicht übersteigen darf.

    2.   Werden die Verhandlungen nicht aufgenommen oder wird der Zugang durch die Einrichtung, die verpflichtet ist, ihn zu gewähren, verweigert oder wird nicht innerhalb der Frist nach Abs. 1 eine Vereinbarung geschlossen, kann jeder Beteiligte beim Präsidenten des UKE den Erlass einer Entscheidung über die streitigen Fragen oder die Bedingungen für die Zusammenarbeit beantragen.

    …“

    15

    Art. 28 dieses Gesetzes bestimmt:

    „1.   Der Präsident des UKE erlässt seine Entscheidung über den Zugang zum Telekommunikationsnetz innerhalb von 90 Tagen ab dem Tag der Einreichung des in Art. 27 Abs. 2 genannten Antrags …

    4.   Die Entscheidung über den Zugang ersetzt den Teil der Zugangsvereinbarung, der von dieser Entscheidung erfasst wird.

    6.   Die Zugangsentscheidung kann auf Antrag aller Beteiligten oder von Amts wegen vom Präsidenten des UKE geändert werden, wenn dies durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, den Schutz der Interessen der Endnutzer, eines wirksamen Wettbewerbs oder der Interoperabilität der Dienste zu gewährleisten.

    7.   Finanzielle Forderungen wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung der Verpflichtungen aus der Zugangsentscheidung können vor Gericht geltend gemacht werden.

    …“

    16

    Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes vom 16. Juli 2004 lautet:

    „Der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes stellt sicher, dass die Endnutzer seines Netzes sowie die Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten, soweit dies technisch und wirtschaftlich durchführbar ist, in der Lage sind, eine geografisch nicht gebundene Nummer in der Republik Polen zu erreichen, es sei denn, der angerufene Teilnehmer hat Anrufe von Endnutzern aus bestimmten geografischen Gebieten eingeschränkt.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    17

    Telefonia Dialog und T‑Mobile Polska sind Unternehmen, die der Öffentlichkeit zugängliche elektronische Kommunikationsnetze besitzen und in Polen elektronische Kommunikationsdienste zur Verfügung stellen. Sie schlossen am 4. April 2000 einen Vertrag, in dem die Grundsätze der Zusammenarbeit und Abrechnung für den Zugang der Nutzer des Netzes von T‑Mobile Polska zu den über das Netz von Telefonia Dialog erbrachten „intelligenten Netzdienstleistungen“ (im Folgenden: Zusammenarbeitsvertrag) geregelt waren.

    18

    Im Jahr 2006 bat Telefonia Dialog T‑Mobile Polska um die Aufnahme von Verhandlungen über die Änderung des Zusammenarbeitsvertrags. Da sich die beiden Unternehmen nicht einigten, beantragte Telefonia Dialog beim Präsidenten des UKE die Festsetzung einer Frist für den Abschluss neuer Verhandlungen. Der Präsident des UKE setzte diese Frist auf den 20. Oktober 2006 fest.

    19

    Da die Verhandlungen nicht innerhalb dieser vom Präsidenten des UKE gesetzten Frist abgeschlossen waren, beantragte Telefonia Dialog mit Schreiben vom 9. November 2006 bei diesem eine Entscheidung zur Beilegung der Streitigkeit zwischen ihr und T‑Mobile Polska über eine etwaige Änderung des Zusammenarbeitsvertrags.

    20

    Mit Bescheid vom 19. Dezember 2008, der auf die Art. 28 und 79 des Gesetzes vom 16. Juli 2004, mit denen Art. 5 der Zugangsrichtlinie und Art. 28 der Universaldienstrichtlinie umgesetzt worden waren, gestützt wurde, legte der Präsident des UKE die Streitigkeit bei, indem er Telefonia Dialog verpflichtete, den Nutzern des Netzes von T‑Mobile Polska in ihrem Netz Anrufzustellleistungen zu erbringen, und T‑Mobile Polska die Pflicht auferlegte, ihren Kunden den Zugang zu den im Netz von Telefonia Dialog erbrachten Informationsdienstleistungen zu gewähren. In diesem Bescheid setzte der Präsident des UKE auch die Vergütungen für diese Dienste fest.

    21

    T‑Mobile Polska erhob gegen den Bescheid des Präsidenten des UKE Klage beim Sąd Okręgowy w Warszawie (Bezirksgericht Warschau, Polen). Mit Urteil vom 21. März 2011 hob der Sąd Okręgowy w Warszawie diesen Bescheid mit der Begründung auf, der Präsident des UKE habe nicht das in Art. 18 des Gesetzes vom 16. Juli 2004 vorgesehene Konsolidierungsverfahren durchgeführt.

    22

    Der Präsident des UKE und Telefonia Dialog legten beim Sąd Apelacyjny w Warszawie (Berufungsgericht Warschau) Berufung gegen das Urteil des Sąd Okręgowy w Warszawie ein. Die Berufungen wurden mit Urteil vom 1. Februar 2012 zurückgewiesen. Der Präsident des UKE und Telefonia Dialog legten daraufhin jeder beim Sąd Najwyższy (Obersten Gericht) Kassationsbeschwerde gegen dieses Urteil ein.

    23

    Der Sąd Najwyższy führt aus, im Ausgangsrechtsstreit gehe es um die Frage, ob der Präsident des UKE vor der Entscheidung über die Änderung des Zusammenarbeitsvertrags das in Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie vorgesehene Verfahren hätte durchführen müssen.

    24

    Insoweit möchte der Sąd Najwyższy erstens wissen, ob Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass bei einer Maßnahme, die eine NRB gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 der Zugangsrichtlinie trifft, immer davon auszugehen ist, dass sie Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie hat.

    25

    Nach Ansicht des Sąd Najwyższy könnte im Ausgangsverfahren die Entscheidung des Präsidenten des UKE vom 19. Dezember 2008 aus folgenden Gründen als frei von solchen Auswirkungen angesehen werden: Sie beziehe sich nicht auf länderübergreifende Telekommunikationsdienstleistungen, differenziere bei den Tarifen für Verbindungen zu geografisch nicht gebundenen Nummern und den Abrechnungsgrundsätzen nicht zwischen Endnutzern aus Polen und Nutzern aus anderen Mitgliedstaaten, bestimme nicht die Tarife, die Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten, die den Roaming-Dienst im Netz von T‑Mobile Polska nutzten, an diese für den Zugang zu Dienstleistungen zahlten, die den Nutzern des Netzes von Telefonia Dialog erbracht würden, bestimme auch nicht die Tarife, nach denen T‑Mobile Polska mit den Heimnetzbetreibern der Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten die in ihrem Netz getätigten Verbindungen abrechne, und betreffe schließlich Dienstleistungen, die grundsätzlich in polnischer Sprache erbracht würden. Jedoch sei vor dem Hintergrund, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie die Mitgliedstaaten verpflichte, dafür Sorge zu tragen, dass Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten zu geografisch nicht gebundenen Nummern in ihrem Hoheitsgebiet Zugang erhielten, zweifelhaft, wie die in Rn. 23 des vorliegenden Urteils angeführte Frage zu beantworten sei.

    26

    Der Sąd Najwyższy möchte zweitens wissen, ob die Art. 6, 7 Abs. 3 und 20 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen seien, dass die NRB stets zur Durchführung des in Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahrens verpflichtet sei, wenn sie zur Beilegung einer Streitigkeit eine Maßnahme treffe, die Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten habe.

    27

    Drittens möchte der Sąd Najwyższy wissen, ob das nationale Gericht in dem Fall, dass der Gerichtshof entscheide, dass die Anwendung einer nationalen Bestimmung, die zur Einhaltung eines Verfahrens wie des in Art. 18 des Gesetzes vom 16. Juli 2004 vorgesehenen verpflichte, den Art. 6, 7 Abs. 3 und 20 der Rahmenrichtlinie zuwiderlaufe, die Anwendung der nationalen Bestimmung ablehnen müsse.

    28

    Werde dies bejaht, wäre es nach Ansicht des Sąd Najwyższy im Ausgangsverfahren nicht möglich, Art. 18 des Gesetzes vom 16. Juli 2004 unionsrechtskonform auszulegen. Schließlich vertritt dieses Gericht die Auffassung, die Art. 6, 7 Abs. 3 und 20 der Rahmenrichtlinie hätten keine unmittelbare horizontale Wirkung.

    29

    Unter diesen Umständen hat der Sąd Najwyższy beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 28 der Universaldienstrichtlinie in der Weise auszulegen, dass sich jede Maßnahme, die von der NRB zur Erfüllung der sich aus Art. 28 der Universaldienstrichtlinie ergebenden Pflicht getroffen wird, auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt, sofern sie nur den Endnutzern aus anderen Mitgliedstaaten den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern in dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ermöglichen kann?

    2.

    Ist Art. 7 Abs. 3 in Verbindung mit den Art. 6 und 20 der Rahmenrichtlinie in der Weise auszulegen, dass die NRB, wenn sie über Streitigkeiten zwischen Unternehmen entscheidet, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste anbieten, und diese Streitigkeiten die Erfüllung der sich aus Art. 28 der Universaldienstrichtlinie ergebenden Pflicht durch eines dieser Unternehmen betreffen, kein Konsolidierungsverfahren durchführen darf, selbst dann nicht, wenn die Maßnahme sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt und das innerstaatliche Recht die NRB verpflichtet, immer ein Konsolidierungsverfahren durchzuführen, wenn die Maßnahme sich auf diesen Handel auswirken kann?

    3.

    Falls die Frage 2 zu bejahen ist: Ist Art. 7 Abs. 3 in Verbindung mit den Art. 6 und 20 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 288 AEUV und Art. 4 Abs. 3 EUV in der Weise auszulegen, dass das nationale Gericht verpflichtet ist, die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts unangewendet zu lassen, die der NRB immer die Durchführung eines Konsolidierungsverfahrens vorschreiben, wenn die von ihr getroffene Maßnahme sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken kann?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur zweiten Frage

    30

    Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage, die als Erstes zu prüfen ist, wissen möchte, ob eine NRB verpflichtet ist, das in Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie vorgesehene Verfahren unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens durchzuführen.

    31

    Zunächst ist festzustellen, dass Art. 6 der Rahmenrichtlinie für die Beantwortung dieser Frage unerheblich ist. Er regelt nämlich die Voraussetzungen und Modalitäten der Durchführung eines anderen Verfahrens als desjenigen, das in Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehen ist. In dem Verfahren nach Art. 6 der Richtlinie wird interessierten Parteien innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf von Maßnahmen gegeben, die die NRB zu treffen gedenken und die beträchtliche Auswirkungen auf den betreffenden Markt haben werden.

    32

    Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage wissen möchte, ob Art. 7 Abs. 3 und Art. 20 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die NRB verpflichtet ist, das in Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehene Verfahren durchzuführen, wenn sie zur Beilegung einer Streitigkeit zwischen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste in einem Mitgliedstaat anbieten, beabsichtigt, Pflichten aufzuerlegen, die den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie sichern sollen, und diese Pflichten Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben können.

    33

    Weder Art. 7 Abs. 3 noch Art. 20 der Rahmenrichtlinie sehen ausdrücklich eine Pflicht der NRB vor, das in Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehene Verfahren durchzuführen, wenn sie im Rahmen des Verfahrens nach Art. 20 der Richtlinie zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen beabsichtigt, eine verbindliche Entscheidung zu treffen, mit der ein Streit beigelegt werden soll.

    34

    Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie ist jedoch erstens zu entnehmen, dass die Pflicht zur Durchführung des darin vorgesehenen Verfahrens nicht von der Art des Verfahrens abhängt, in dessen Rahmen die NRB die in Rede stehende Maßnahme zu treffen beabsichtigt, sondern von dem Gegenstand dieser Maßnahme und ihren potenziellen Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

    35

    Die NRB eines Mitgliedstaats ist nämlich nach Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie verpflichtet, der Kommission und den NRB der anderen Mitgliedstaaten den Entwurf der Maßnahme, die sie zu treffen beabsichtigt, zur Verfügung zu stellen, wenn diese Maßnahme in den Anwendungsbereich der Art. 15 oder 16 der Rahmenrichtlinie, der Art. 5 oder 8 der Zugangsrichtlinie oder von Art. 16 der Universaldienstrichtlinie fällt und außerdem Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben kann.

    36

    Wie im 32. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie ausgeführt, sollte die NRB zweitens, wenn sie in die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen eingreift, die in einem Mitgliedstaat elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste anbieten, anstreben, die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Rahmenrichtlinie oder den Einzelrichtlinien sicherzustellen.

    37

    Was insbesondere die sich aus der Zugangsrichtlinie ergebenden Pflichten anbelangt, überträgt Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie den NRB die Aufgabe, einen angemessenen Zugang und eine geeignete Zusammenschaltung sowie die Interoperabilität der Dienste zu garantieren.

    38

    Art. 5 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie präzisiert, dass die NRB, wenn sie auf Ersuchen einer der beteiligten Parteien tätig wird, weil keine Übereinkunft zwischen den Unternehmen besteht, die Bestimmungen dieser Richtlinie und u. a. die Verfahren der Art. 7 und 20 der Rahmenrichtlinie einhalten muss.

    39

    Die Maßnahmen nach Art. 5 der Zugangsrichtlinie werden im Übrigen ausdrücklich von Art. 7 Abs. 3 Buchst. a der Rahmenrichtlinie erfasst.

    40

    Aus alledem folgt, dass die Maßnahmen, die die NRB auf der Grundlage von Art. 20 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 der Zugangsrichtlinie in Bezug auf den Zugang und die Zusammenschaltung im Rahmen von Streitigkeiten zwischen Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste anbieten, zu treffen beabsichtigt, dem Verfahren nach Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie zu unterziehen sind, wenn sie Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben können.

    41

    Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die im Rahmen einer Streitigkeit zwischen Unternehmen getroffen wird und den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie sichern soll, fällt unter die Pflichten, die die NRB nach Art. 5 der Zugangsrichtlinie auferlegen kann, um einen angemessenen Zugang und eine geeignete Zusammenschaltung sowie die Interoperabilität der Dienste zu garantieren. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Entscheidung wurde vorliegend im Übrigen, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, in Anwendung von Art. 28 des Gesetzes vom 16. Juli 2004, mit dem Art. 5 der Zugangsrichtlinie umgesetzt wurde, und von Art. 79 dieses Gesetzes, mit dem Art. 28 der Universaldienstrichtlinie umgesetzt wurde, getroffen.

    42

    Daher ist ein Entwurf für eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende dem Verfahren nach Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie zu unterziehen, wenn die Maßnahme Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben kann.

    43

    Eine solche Auslegung ist im Übrigen auch mit dem Zweck des in Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie vorgesehenen Verfahrens vereinbar, der nach dem 15. Erwägungsgrund dieser Richtlinie darin besteht, sicherzustellen, dass sich Beschlüsse, die auf nationaler Ebene gefasst werden, nicht nachteilig auf den Binnenmarkt oder andere Ziele des AEU-Vertrags auswirken.

    44

    Diese Auslegung wird zudem durch Art. 7 Abs. 1, Art. 8 Abs. 3 Buchst. d und Art. 20 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 4 der Zugangsrichtlinie bestätigt.

    45

    Nach Art. 20 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie trifft nämlich die NRB bei der Beilegung einer Streitigkeit Entscheidungen, die auf die Verwirklichung der in Art. 8 dieser Richtlinie genannten Ziele ausgerichtet sind. Nach Art. 7 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie tragen die NRB bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien diesen Zielen, auch soweit sie sich auf das Funktionieren des Binnenmarkts beziehen, weitestgehend Rechnung. Und nach Art. 5 Abs. 1 und 4 der Zugangsrichtlinie ist das Tätigwerden der NRB in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung ebenfalls auf die Verwirklichung dieser Ziele und die Gewährleistung ihrer Beachtung gerichtet. Nach Art. 8 Abs. 3 Buchst. d der Rahmenrichtlinie tragen aber die NRB u. a. dadurch zur Entwicklung des Binnenmarkts bei, dass sie untereinander und mit der Kommission in transparenter Weise zusammenarbeiten, um die Entwicklung einer einheitlichen Regulierungspraxis und die einheitliche Anwendung dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien sicherzustellen.

    46

    Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 3 und Art. 20 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die NRB verpflichtet ist, das in Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehene Verfahren durchzuführen, wenn sie zur Beilegung einer Streitigkeit zwischen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste in einem Mitgliedstaat anbieten, beabsichtigt, Pflichten aufzuerlegen, die den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie sichern sollen, und diese Pflichten Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben können.

    Zur ersten Frage

    47

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass bei jeder von der NRB zur Sicherung des Zugangs von Endnutzern zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie getroffenen Maßnahme davon auszugehen ist, dass sie sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt.

    48

    Nach Ansicht des Präsidenten des UKE hat der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bescheid keine spürbaren Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten. Die polnische Regierung ist der Auffassung, dieser Bescheid habe nicht „zwangsläufig“ Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten. Telefonia Dialog, T‑Mobile Polska und die Kommission tragen hingegen vor, der Bescheid könne solche Auswirkungen haben.

    49

    Weder die Rahmenrichtlinie noch die Einzelrichtlinien enthalten eine Definition für den Begriff „Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten“ im Sinne von Art. 7 Abs. 3 Buchst. b der Rahmenrichtlinie. Im 38. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie heißt es jedoch, dass Maßnahmen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, Maßnahmen sind, die unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell einen derartigen Einfluss auf das Handelsmuster zwischen Mitgliedstaaten haben können, dass ein Hemmnis für den Binnenmarkt geschaffen wird.

    50

    Wie der Generalanwalt in den Nrn. 61 bis 64 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, entspricht die Definition des Begriffs „Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten“ im Sinne von Art. 7 Abs. 3 Buchst. b der Rahmenrichtlinie derjenigen des Begriffs „Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“ im Sinne der Art. 101 AEUV und 102 AEUV und muss daher für die Zwecke der Anwendung von Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie die gleiche Tragweite haben.

    51

    Nach ständiger Rechtsprechung zu den genannten Artikeln des Vertrags kann ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen, die die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten hemmen könnte (Urteile Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P und C‑137/07 P, EU:C:2009:576, Rn. 36, und Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 65).

    52

    In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden, dass der Einfluss außerdem nicht nur geringfügig sein darf (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Béguelin Import, 22/71, EU:C:1971:113, Rn. 16, Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 42, und Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P und C‑137/07 P, EU:C:2009:576, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    53

    Der Gerichtshof hat präzisiert, dass im Allgemeinen ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten beeinflusst, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 43), und dass bei der Prüfung, ob ein Kartell den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigt, dieses in seinem wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhang (Urteil Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 35) und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (Urteil Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 95) zu untersuchen ist. Der Einfluss hängt insbesondere von der Art der betreffenden Vereinbarung oder Verhaltensweise, der Art der erfassten Waren oder Dienstleistungen und von der Stellung und Bedeutung der Parteien auf dem Markt ab (vgl. in diesem Sinne Urteil Javico, C‑306/96, EU:C:1998:173, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der grenzüberschreitende Charakter der betreffenden Dienste bei der Beurteilung der Frage, ob eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten vorliegt, ein erheblicher Gesichtspunkt ist (Urteil Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 94).

    54

    Für den Bereich der elektronischen Kommunikation heißt es im 38. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie, dass Maßnahmen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, Maßnahmen umfassen, die erhebliche Auswirkungen auf Betreiber oder Nutzer in anderen Mitgliedstaaten haben, wozu u. a. gehören: Maßnahmen, die die Preise für die Nutzer in anderen Mitgliedstaaten beeinflussen, Maßnahmen, die die Möglichkeiten eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmens beeinträchtigen, einen elektronischen Kommunikationsdienst anzubieten, insbesondere Maßnahmen, die die Möglichkeit beeinträchtigen, Dienste auf länderübergreifender Basis anzubieten, sowie Maßnahmen, die die Marktstruktur oder den Marktzugang berühren und für Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten zu nachteiligen Auswirkungen führen.

    55

    Eine Maßnahme, mit der sichergestellt werden soll, dass Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern erhalten, hat in Anbetracht des Wortlauts dieser Bestimmung grundsätzlich ihrem Wesen nach eine grenzüberschreitende Wirkung innerhalb der Europäischen Union.

    56

    Wie der Vorlageentscheidung zu entnehmen ist, ermöglicht im Übrigen der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bescheid einem Endnutzer eines anderen Mitgliedstaats, der sich in Polen aufhält und den Roaming-Dienst innerhalb des Netzes eines polnischen Anbieters nutzt, u. a. den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern und legt außerdem die Tarife für die in Rede stehenden Dienste und die Modalitäten für die Änderung dieser Tarife fest.

    57

    Ein solcher Bescheid kann, da er wegen des Roamings eine länderübergreifende Dimension hat und auf die von den Endnutzern anderer Mitgliedstaaten gezahlten Preise einwirken kann, Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie haben.

    58

    Da es sich insoweit um eine Tatsachenwürdigung handelt, ist es allerdings Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht nur geringfügig beeinträchtigen kann, indem sie die Handelsströme zwischen diesen Staaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflusst. Dabei hat es u. a. die Art der Maßnahme und der in Rede stehenden Dienstleistungen sowie die Stellung und Bedeutung der betreffenden Unternehmen auf dem Markt zu berücksichtigen.

    59

    Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass sich im Sinne dieser Bestimmung eine von der NRB zur Sicherung des Zugangs von Endnutzern zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie getroffene Maßnahme dann auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt, wenn sie diesen Handel in nicht nur geringfügiger Weise unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflussen kann; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

    Zur dritten Frage

    60

    In Anbetracht der Antworten auf die erste und die zweite Frage ist die dritte Frage nicht zu beantworten.

    Kosten

    61

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 7 Abs. 3 und Art. 20 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) sind dahin auszulegen, dass die nationale Regulierungsbehörde verpflichtet ist, das in Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehene Verfahren durchzuführen, wenn sie zur Beilegung einer Streitigkeit zwischen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste in einem Mitgliedstaat anbieten, beabsichtigt, Pflichten aufzuerlegen, die den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) sichern sollen, und diese Pflichten Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben können.

     

    2.

    Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2002/21 ist dahin auszulegen, dass sich im Sinne dieser Bestimmung eine von der nationalen Regulierungsbehörde zur Sicherung des Zugangs von Endnutzern zu geografisch nicht gebundenen Nummern gemäß Art. 28 der Richtlinie 2002/22 getroffene Maßnahme dann auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt, wenn sie diesen Handel in nicht nur geringfügiger Weise unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflussen kann; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.

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