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Dokument 62013CO0435

Beschluss des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 17. Juli 2014.
Erich Kastenholz gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM).
Rechtsmittel - Verordnung (EG) Nr. 6/2002 - Gemeinschaftsgeschmacksmuster - Art. 4 bis 6, 25 Abs. 1 Buchst. b und f und 52 - Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das Uhrenzifferblätter wiedergibt - Älteres Gemeinschaftsgeschmacksmuster - Antrag auf Nichtigerklärung.
Rechtssache C-435/13 P.

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2014:2124

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

17. Juli 2014(*)

„Rechtsmittel – Verordnung (EG) Nr. 6/2002 – Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Art. 4 bis 6, 25 Abs. 1 Buchst. b und f und 52 – Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das Uhrenzifferblätter wiedergibt – Älteres Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Antrag auf Nichtigerklärung“

In der Rechtssache C‑435/13 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 2. August 2013,

Erich Kastenholz, wohnhaft in Troisdorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. Acker,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Qwatchme A/S mit Sitz in Løsning (Dänemark), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Zöbisch,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Kastenholz die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union, Kastenholz/HABM – Qwatchme (Uhrenzifferblätter) (T‑68/11, EU:T:2013:298, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht seine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 2. November 2010 (Sache R 1086/2009‑3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Herrn Kastenholz und der Qwatchme A/S (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) lautet:

„Ein Geschmacksmuster wird durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat.“

3        Art. 5 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Ein Geschmacksmuster gilt als neu, wenn der Öffentlichkeit:

a)      im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,

b)      im Fall eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung des Geschmacksmusters, das geschützt werden soll, oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag,

kein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist.

(2)      Geschmacksmuster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.“

4        Art. 6 der Verordnung lautet:

„(1)      Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, und zwar:

a)      im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,

b)      im Fall eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag.

(2)      Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters berücksichtigt.“

5        In Art. 25 Abs. 1 der Verordnung heißt es:

„Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann nur dann für nichtig erklärt werden:

b)      wenn es die Voraussetzungen der Artikel 4 bis 9 nicht erfüllt,

f)      wenn das Geschmacksmuster eine unerlaubte Verwendung eines Werkes darstellt, das nach dem Urheberrecht eines Mitgliedstaats geschützt ist,

…“

6        Gemäß Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 kann jede natürliche oder juristische Person sowie eine hierzu befugte Behörde beim HABM einen Antrag auf Nichtigerklärung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters stellen. Nach Art. 52 Abs. 2 ist der Antrag schriftlich einzureichen und zu begründen.

7        Art. 53 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Gelangt das Amt zu dem Ergebnis, dass der Antrag auf Nichtigerklärung zulässig ist, so prüft es, ob die in Artikel 25 genannten Nichtigkeitsgründe der Aufrechterhaltung des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters entgegenstehen.

(2)      Bei der Prüfung des Antrags, die nach Maßgabe der Durchführungsverordnung durchzuführen ist, fordert das Amt die Beteiligten so oft wie erforderlich auf, innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist eine Stellungnahme zu seinen Mitteilungen oder zu den Schriftsätzen anderer Beteiligter einzureichen.

…“

 Sachverhalt

8        Am 28. September 2006 meldete die Qwatchme A/S (im Folgenden: Qwatchme) nach der Verordnung Nr. 6/2002 beim HABM ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster an.

9        Das angemeldete Geschmacksmuster wurde in Schwarz-Weiß wie folgt wiedergegeben:

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10      Dieses Geschmacksmuster (im Folgenden: angegriffenes Geschmacksmuster) wurde am Tag der Anmeldung unter der Nr. 000602636-0003 eingetragen. Es soll für die Erzeugnisse „Uhrenzifferblätter, Uhrenzifferblätter (Teil von ‑), Skalen (Zeiger für ‑)“ in der Klasse 10.07 des am 8. Oktober 1968 in Locarno unterzeichneten Abkommens zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle verwendet werden.

11      Am 25. Juni 2008 beantragte Herr Kastenholz gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 6/2002 beim HABM die Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters. Die für den Antrag geltend gemachten Gründe waren zum einen der in Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 aufgeführte Nichtigkeitsgrund, da das angegriffene Geschmacksmuster mangels Neuheit nicht die Schutzvoraussetzungen der Art. 4 und 5 dieser Verordnung erfülle, und zum anderen der in Art. 25 Abs. 1 Buchst. f dieser Verordnung genannte Nichtigkeitsgrund, da das angegriffene Geschmacksmuster eine unerlaubte Verwendung eines nach dem deutschen Urheberrecht geschützten Zifferblatts darstelle.

12      Herr Kastenholz machte in diesem Zusammenhang insbesondere geltend, dass das angegriffene Geschmacksmuster identisch mit dem nach deutschem Urheberrecht geschützten Geschmacksmuster eines Zifferblatts sei, das die Technik des Überlagerns von farbigen Scheiben in dem zwischen 2000 und 2005 von dem Künstler Paul Heimbach vorgestellten und veröffentlichten Werk „Farbfolge II, 12 Stunden im 5-Minuten-Takt“ verwende. Dieses Werk wird in Farbe und Schwarz-Weiß folgendermaßen wiedergegeben:

–        „Farbfolge II, 12 Stunden im 5-Minuten Takt“ (in Farbe)

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–        „Farbfolge II“ (2003) (schwarz-weiß)

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13      Aus der Gestaltung „Farbfolge II, 12 Stunden im 5-Minuten-Takt“ entwickelte der Künstler Paul Heimbach das Zifferblatt „Farbzeiger II“, das wie folgt in Schwarz-Weiß wiedergegeben wird:

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14      Herr Kastenholz machte weiter geltend, dass die Werke „Farbfolge II, 12 Stunden im 5-Minuten-Takt“, „Farbfolge II“ (2003) und „Farbzeiger II“ nach deutschem Urheberrecht geschützt seien, weil sie ein Zifferblatt darstellten, das sich mit der Bewegung der Zeiger beständig verändere und in dem jeder Zeiger auf einer halbtransparenten, farbigen Scheibe befestigt sei, die bei jeder Überlappung verschiedene Farben erzeugten.

15      In Bezug auf die Anforderungen der Neuheit und der Eigenart des Geschmacksmusters gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 6/2002 machte Herr Kastenholz in seinem an die Nichtigkeitsabteilung des HABM gerichteten ergänzenden Schriftsatz vom 27. Oktober 2008 geltend, dass das angegriffene Geschmacksmuster die gleichen Merkmale wie das in Farbe und Schwarz-Weiß wiedergegebene Geschmacksmuster „Farbfolge II, 12 Stunden im 5-Minuten-Takt“ aufweise. Ferner legte Herr Kastenholz dem HABM zwei Originale von Werken Paul Heimbachs vor, nämlich die Werke „Farbfolge (5/17)“, signiert im und datiert auf Februar 2000, und „Farbfolge II (89/100)“, signiert im und datiert auf September 2003, die Abwandlungen des ursprünglich von Herrn Kastenholz angeführten Geschmacksmusters „Farbfolge II, 12 Stunden im 5-Minuten-Takt“ darstellen und nachstehend wiedergegeben sind.

–        „Farbfolge (5/17)“

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–        „Farbfolge II (89/100)“

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16      Mit Entscheidung vom 16. Juli 2009 wies die Nichtigkeitsabteilung des HABM den Antrag auf Nichtigerklärung zurück und stellte fest, dass sich das angegriffene Geschmacksmuster und die älteren Geschmacksmuster voneinander unterschieden, weil es Unterschiede zwischen den Scheiben gebe. Sie stützte diesen Schluss zum einen darauf, dass keine der in den verschiedenen Ansichten des angegriffenen Geschmacksmusters gezeigten Konfigurationen in einem der älteren Geschmacksmuster dargestellt sei und diese darum der Neuheit des eingetragenen Geschmacksmusters nicht entgegenstehen könnten. Zum anderen verwies die Nichtigkeitsabteilung darauf, dass die älteren Geschmacksmuster ein breites Spektrum unterschiedlicher Farben erzeugten, wohingegen das angegriffene Geschmacksmuster nur höchstens drei Farbtöne erzeuge und somit einen anderen Eindruck als die älteren Geschmacksmuster hervorrufe, weshalb ihm Eigenart zuerkannt werden könne. Außerdem stelle das angegriffene Geschmacksmuster wegen der Unterschiede zwischen den streitigen Geschmacksmustern keine Verwendung des durch das deutsche Urheberrecht geschützten Werkes dar.

17      Am 25. Oktober 2009 legte Herr Kastenholz beim HABM gemäß den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 Beschwerde gegen diese Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

18      Mit der streitigen Entscheidung wies die Dritte Beschwerdekammer des HABM (im Folgenden: Beschwerdekammer) die Beschwerde zurück. Zur Begründung führte sie erstens aus, dass sich das angegriffene Geschmacksmuster von den älteren Geschmacksmustern darin unterscheide, dass die in den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern verwendeten Farben des Zifferblatts deutlich verschieden seien und beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorriefen. Infolgedessen habe das angegriffene Geschmacksmuster Eigenart und könne somit nicht im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 mit den älteren Geschmacksmustern identisch sein. Zweitens war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass wegen der zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern bestehenden Unterschiede das angegriffene Geschmacksmuster weder als eine Vervielfältigung noch als eine Umgestaltung der älteren Kunstwerke angesehen werden könne.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

19      Mit Klageschrift, die am 25. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Herr Kastenholz Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung und Verurteilung des HABM in die Kosten.

20      Herr Kastenholz stützte seine Klage auf drei Klagegründe, nämlich erstens auf einen Verstoß gegen die Art. 4 und 5 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002, zweitens auf einen Verstoß gegen die Art. 4 und 6 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung und drittens auf einen Verstoß gegen deren Art. 25 Abs. 1 Buchst. f.

21      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage von Herrn Kastenholz abgewiesen.

 Anträge der Parteien

22      Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Kastenholz,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die streitige Entscheidung aufzuheben;

–        hilfsweise, die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen, und

–        dem HABM die Herrn Kastenholz im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

23      Das HABM und Qwatchme beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Herrn Kastenholz die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

24      Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, es jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

25      Diese Bestimmung ist im vorliegenden Fall anzuwenden.

26      Zur Begründung seines Rechtsmittels macht Herr Kastenholz drei Rechtsmittelgründe geltend, nämlich jeweils einen Verstoß gegen Art. 5, gegen Art. 6 und gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 6/2002.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

27      Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund, der auf eine fehlerhafte Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 gestützt ist, macht Herr Kastenholz geltend, dass die Beschwerdekammer in der streitigen Entscheidung die Neuheit und die Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters getrennt hätte prüfen müssen.

28      In diesem Zusammenhang trägt Herr Kastenholz vor, das Gericht habe einen von der Beschwerdekammer begangenen Rechtsfehler verkannt. Es habe es nämlich zu Unrecht nicht als einen Rechtsfehler der Beschwerdekammer gewertet, dass diese außer Acht gelassen habe, dass das angegriffene Geschmacksmuster in Schwarz-Weiß eingetragen worden sei, und nicht festgestellt habe, dass die Farbgebung der älteren Geschmacksmuster bei der Beurteilung der Neuheit des angegriffenen Geschmacksmusters keine Rolle spiele.

29      Das HABM und Qwatchme treten dem Vorbringen von Herrn Kastenholz entgegen und machen im Wesentlichen geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund unzulässig sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

30      Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig.

31      Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe oder Argumente einschließlich derjenigen wiederholt oder wörtlich wiedergibt, die auf ein vom Gericht ausdrücklich zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, aber überhaupt keine Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil oder der angefochtene Beschluss behaftet sein soll, genügt nicht den sich aus diesen Vorschriften ergebenden Begründungserfordernissen. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt.

32      Ebenso hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein Rechtsmittelvorbringen, mit dem nicht das vom Gericht infolge eines Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung erlassene Urteil beanstandet wird, sondern die Entscheidung, deren Aufhebung vor dem Gericht beantragt wurde, nicht zulässig ist.

33      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Würdigung der ihm unterbreiteten Beweise ist daher allein das Gericht zuständig. Somit ist die Würdigung dieser Tatsachen und Beweismittel, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge.

34      Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund rügt Herr Kastenholz indessen nicht das angefochtene Urteil, sondern die streitige Entscheidung.

35      Überdies wiederholt Herr Kastenholz mit diesem Rechtsmittelgrund Angriffsmittel und Argumente, die er bereits sowohl vor der Beschwerdekammer als auch vor dem Gericht vorgetragen hat und die hauptsächlich die Würdigung von Tatsachen betreffen, ohne dass er Ausführungen speziell zur Bezeichnung eines Rechtsfehlers macht, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll.

36      Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund offensichtlich unzulässig.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

37      Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund, der auf eine fehlerhafte Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 gestützt ist, macht Herr Kastenholz geltend, dass die streitige Entscheidung hinsichtlich der Feststellungen zur Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters nicht ordnungsgemäß begründet worden sei.

38      Insoweit wirft Herr Kastenholz dem Gericht vor, es habe nicht erkannt, dass die Beschwerdekammer es versäumt habe, die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern herauszuarbeiten und zu gewichten.

39      Außerdem ist nach Ansicht von Herrn Kastenholz die Feststellung des Gerichts, dass die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern, selbst wenn sie als gering anzusehen wären, vom informierten Benutzer leicht zu erkennen seien, nicht überzeugend.

40      Das HABM und Qwatchme treten dem Vorbringen von Herrn Kastenholz entgegen und machen im Wesentlichen geltend, dass der zweite Rechtsmittelgrund unzulässig sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

41      Es ist darauf hinzuweisen, dass eine bloße abstrakte Aufzählung der Rechtsmittelgründe in der Rechtsmittelschrift nicht den Erfordernissen von Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d seiner Verfahrensordnung entspricht.

42      Insoweit wird in Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung klargestellt, dass die geltend gemachten Rechtsgründe und ‑argumente die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen müssen.

43      Eine Rechtsmittelschrift, die diese Merkmale nicht aufweist, kann nämlich nicht Gegenstand einer rechtlichen Beurteilung sein, die es dem Gerichtshof erlaubte, seiner ihm in dem betreffenden Bereich obliegenden Aufgabe nachzukommen und seine Rechtmäßigkeitskontrolle durchzuführen.

44      Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund bezeichnet Herr Kastenholz jedoch weder mit der gebotenen Genauigkeit, welche Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils er beanstandet, noch macht er Ausführungen, die speziell der Bezeichnung eines Rechtsfehlers dienen, mit dem dieses Urteil behaftet sein soll.

45      Überdies greift Herr Kastenholz mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund nicht das angefochtene Urteil, sondern im Wesentlichen die streitige Entscheidung an.

46      Schließlich betrifft der zweite Rechtsmittelgrund die Würdigung von Tatsachen durch die Beschwerdekammer und stellt eine Wiederholung der bereits vor der Beschwerdekammer und dem Gericht vorgetragenen Gründe und Argumente dar.

47      Der zweite Rechtsmittelgrund ist folglich offensichtlich unzulässig.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

48      Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund, mit dem eine fehlerhafte Anwendung des Verfahrensrechts, insbesondere des Rechts über die Beweisaufnahme vor dem HABM, weiter des Rechtsgrundsatzes, der das HABM zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet, und schließlich des Art. 25 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 6/2002 gerügt wird, wirft Herr Kastenholz dem Gericht vor, es habe zu Unrecht entschieden, dass die Beschwerdekammer ein von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegtes Sachverständigengutachten zur Frage der Anwendung von Art. 25 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 6/2002 habe unberücksichtigt lassen dürfen.

49      Herr Kastenholz rügt außerdem, das Gericht habe diese Vorschrift nicht richtig angewandt, soweit es festgestellt habe, dass keine Angaben zum Umfang des urheberrechtlichen Schutzes in Deutschland gemacht worden seien, und unterstellt habe, dass es Sache des Klägers sei, darzutun, dass das angegriffene Geschmacksmuster eine unerlaubte Verwendung eines nach deutschem Urheberrecht geschützten Werkes sei.

50      Insoweit macht Herr Kastenholz geltend, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft, soweit es keine Erwägungen zu der Frage treffe, ob der Urheberrechtsschutz nur dem geschaffenen Werk, nicht aber den Ideen oder Methoden zukomme, die zu seiner Erstellung geführt hätten.

51      Das HABM und Qwatchme treten dem Vorbringen von Herrn Kastenholz entgegen und machen im Wesentlichen geltend, dass der dritte Rechtsmittelgrund unbegründet sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

52      Zur Berücksichtigung des fraglichen Sachverständigengutachtens ist darauf hinzuweisen, dass Herr Kastenholz nicht bestreitet, dass dieses Gutachten erst nach Fristablauf vorgelegt wurde.

53      Zudem hat das Gericht, wie Herr Kastenholz ebenfalls einräumt, zutreffend festgestellt, dass es nicht Sache eines Kunstsachverständigen ist, eine rechtliche Beurteilung des Umfangs des durch das Urheberrecht gewährten Schutzes und einer Verletzung dieses Rechts vorzunehmen.

54      Zu den im fraglichen Sachverständigengutachten getroffenen künstlerischen Beurteilungen ist festzustellen, dass sie für die Anwendung von Art. 25 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 6/2002 unerheblich sind.

55      In diesem Zusammenhang ist es, wie aus Art. 52 Abs. 1 und 2 und Art. 53 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 6/2002 hervorgeht, entgegen den Ausführungen von Herrn Kastenholz nicht Sache des HABM oder des Gerichts, sondern des Klägers, der sich auf den Nichtigkeitsgrund des Art. 25 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 6/2002 beruft, die Gesichtspunkte und Angaben vorzubringen, durch die belegt wird, dass das angegriffene Geschmacksmuster eine unerlaubte Verwendung eines nach dem Urheberrecht des betreffenden Mitgliedstaats geschützten Werkes darstellt.

56      Somit oblag es im vorliegenden Fall Herrn Kastenholz, die erforderlichen Angaben zu machen, um darzutun, dass die Verwendung des angegriffenen Geschmacksmusters nach dem deutschen Urheberrecht untersagt werden kann.

57      Der dritte Rechtsmittelgrund ist somit offensichtlich unbegründet.

58      Unter diesen Umständen ist das Rechtsmittel insgesamt als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

59      Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 im Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM und Qwatchme die Verurteilung von Herrn Kastenholz beantragt haben und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Herr Kastenholz trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.

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