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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62013CJ0362

    Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 3. Juli 2014.
    Maurizio Fiamingo u. a. gegen Rete Ferroviaria Italiana SpA.
    Vorabentscheidungsersuchen der Corte suprema di cassazione.
    Vorabentscheidungsersuchen – Sozialpolitik – Richtlinie 1999/70/EG – EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Seeverkehr – Fähren, die eine Fahrt zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat gelegenen Häfen durchführen – Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge – Paragraf 3 Nr. 1 – Begriff ‚befristeter Arbeitsvertrag‘ – Paragraf 5 Nr. 1 – Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge – Sanktionen – Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis – Voraussetzungen.
    Verbundene Rechtssachen C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2014:2044

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

    3. Juli 2014 ( *1 )

    „Vorabentscheidungsersuchen — Sozialpolitik — Richtlinie 1999/70/EG — EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge — Seeverkehr — Fähren, die eine Fahrt zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat gelegenen Häfen durchführen — Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge — Paragraf 3 Nr. 1 — Begriff ‚befristeter Arbeitsvertrag‘ — Paragraf 5 Nr. 1 — Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge — Sanktionen — Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis — Voraussetzungen“

    In den verbundenen Rechtssachen C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13

    betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidungen vom 3. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Juni und am 17. Juli 2013, in den Verfahren

    Maurizio Fiamingo (C-362/13),

    Leonardo Zappalà (C-363/13),

    Francesco Rotondo u. a. (C-407/13)

    gegen

    Rete Ferroviaria Italiana SpA

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

    Generalanwältin: J. Kokott,

    Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2014,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    von Herrn Fiamingo und Herrn Zappalà, vertreten durch A. Notariani, avvocatessa,

    von Herrn Rotondo u. a., vertreten durch V. De Michele und R. Garofalo, avvocati,

    der Rete Ferroviaria Italiana SpA, vertreten durch F. Sciaudone, avvocato,

    der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,

    der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

    der norwegischen Regierung, vertreten durch I. S. Jansen und K. B. Moen als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Cattabriga und J. Enegren als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Paragrafen 3 und 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175, S. 43) enthalten ist.

    2

    Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen als Seeleute beschäftigten Arbeitnehmern und ihrer Arbeitgeberin, der Rete Ferroviaria Italiana SpA (im Folgenden: RFI), über die Qualifizierung der jeweils zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverträge.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Richtlinie 1999/70/EG

    3

    Nach Art. 1 der Richtlinie 1999/70 soll mit dieser Richtlinie „die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung …, die im Anhang enthalten ist, durchgeführt werden“.

    4

    Die Abs. 2 bis 4 der Präambel der Rahmenvereinbarung lauten folgendermaßen:

    „Die Unterzeichnerparteien dieser Vereinbarung erkennen an, dass unbefristete Verträge die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern darstellen und weiter darstellen werden. Sie erkennen auch an, dass befristete Beschäftigungsverträge unter bestimmten Umständen den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsprechen.

    Die Vereinbarung legt die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge in der Erkenntnis nieder, dass bei ihrer genauen Anwendung die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen nationalen, sektoralen und saisonalen Situation berücksichtigt werden müssen. Sie macht den Willen der Sozialpartner deutlich, einen allgemeinen Rahmen zu schaffen, der durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichert und die Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage ermöglicht.

    Die Vereinbarung gilt für Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen mit Ausnahme derer, die einem Unternehmen von einer Leiharbeitsagentur zur Verfügung gestellt werden. Es ist die Absicht der Parteien, den Abschluss einer ähnlichen Vereinbarung über Leiharbeit in Erwägung zu ziehen.“

    5

    In den Nrn. 6 bis 8 und 10 der Allgemeinen Erwägungen der Rahmenvereinbarung heißt es:

    „6.

    Unbefristete Arbeitsverträge sind die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses. Sie tragen zur Lebensqualität der betreffenden Arbeitnehmer und zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit bei.

    7.

    Die aus objektiven Gründen erfolgende Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge hilft Missbrauch zu vermeiden.

    8.

    Befristete Arbeitsverträge sind für die Beschäftigung in bestimmten Branchen, Berufen und Tätigkeiten charakteristisch und können den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer entsprechen.

    ...

    10.

    Diese Vereinbarung überlässt es den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern, die Anwendungsmodalitäten ihrer allgemeinen Grundsätze, Mindestvorschriften und Bestimmungen zu definieren, um so der jeweiligen Situation der einzelnen Mitgliedstaaten und den Umständen bestimmter Branchen und Berufe einschließlich saisonaler Tätigkeiten Rechnung zu tragen.“

    6

    Nach Paragraf 1 („Gegenstand“) der Rahmenvereinbarung soll

    „[d]iese Rahmenvereinbarung …:

    a)

    durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern;

    b)

    einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse verhindert“.

    7

    Paragraf 2 („Anwendungsbereich“) der Rahmenvereinbarung sieht vor:

    „1.

    Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition.

    2.

    Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner können vorsehen, dass diese Vereinbarung nicht gilt für:

    a)

    Berufsausbildungsverhältnisse und Auszubildendensysteme/Lehrlingsausbildungssysteme;

    b)

    Arbeitsverträge und -verhältnisse, die im Rahmen eines besonderen öffentlichen oder von der öffentlichen Hand unterstützten beruflichen Ausbildungs-, Eingliederungs- oder Umschulungsprogramms abgeschlossen wurden.“

    8

    Paragraf 3 („Definitionen“) der Rahmenvereinbarung bestimmt:

    „Im Sinne dieser Vereinbarung ist:

    1.

    ‚befristet beschäftigter Arbeitnehmer‘ eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder -verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird.

    …“

    9

    In Paragraf 5 („Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch“) der Rahmenvereinbarung heißt es:

    „1.

    Um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

    a)

    sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;

    b)

    die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder -verhältnisse;

    c)

    die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.

    2.

    Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner legen gegebenenfalls fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse:

    a)

    als ‚aufeinanderfolgend‘ zu betrachten sind;

    b)

    als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.“

    10

    In Paragraf 8 („Umsetzungsbestimmungen“) der Rahmenvereinbarung heißt es in Nr. 2:

    „Diese Vereinbarung gilt unbeschadet spezifischerer [unionsrechtlicher B]estimmungen, insbesondere der [unionsrechtlichen B]estimmungen zur Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Männern und Frauen.“

    Richtlinie 2009/13/EG

    11

    Art. 1 der Richtlinie 2009/13/EG des Rates vom 16. Februar 2009 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG (ABl. L 124, S. 30) hat folgenden Wortlaut:

    „Mit dieser Richtlinie wird die im Anhang enthaltene Vereinbarung über das Seearbeitsübereinkommen 2006 durchgeführt, die die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände in der Seeverkehrswirtschaft (Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft – ECSA, und Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union – ETF) am 19. Mai 2008 geschlossen haben.“

    12

    Der Teil des Übereinkommens mit der Überschrift „Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich“ bestimmt:

    „1.

    Im Sinne dieser Vereinbarung und soweit in einzelnen Bestimmungen nichts anderes festgelegt ist,

    c)

    bezeichnet der Ausdruck ‚Seeleute‘ alle Personen, die in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Schiffes, für das diese Vereinbarung gilt, beschäftigt oder angeheuert sind oder arbeiten;

    e)

    bezeichnet der Ausdruck ‚Schiff‘ ein Schiff, das nicht ausschließlich auf Binnengewässern, in geschützten Gewässern oder in deren unmittelbarer Nähe oder in Gebieten verkehrt, die einer Hafenordnung unterliegen;

    2.

    Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, gilt diese Vereinbarung für alle Seeleute.

    …“

    13

    Der im Teil „Regeln und Normen“ dieses Übereinkommens enthaltene Titel 2 („Beschäftigungsbedingungen“) beinhaltet u. a. die Regel 2.1, die die „Beschäftigungsverträge für Seeleute“ betrifft. Die Norm A2.1 Abs. 4 dieser Regel hat folgenden Wortlaut:

    „Jeder Mitgliedstaat schreibt in seinen Rechtsvorschriften die Angaben vor, die in den seinem innerstaatlichen Recht unterliegenden Beschäftigungsverträgen für Seeleute enthalten sein müssen. Beschäftigungsverträge für Seeleute enthalten in jedem Falle die folgenden Angaben:

    c)

    den Ort und das Datum, an dem der Beschäftigungsvertrag abgeschlossen ist;

    g)

    die Beendigung des Vertrags und deren Voraussetzungen, insbesondere:

    i)

    wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist, die Voraussetzungen, die jede Partei zur Kündigung berechtigen, sowie die maßgebliche Kündigungsfrist, wobei die Frist für die Kündigung durch den Reeder nicht kürzer sein darf als die für die Kündigung durch die Seeleute;

    ii)

    wenn der Vertrag auf bestimmte Zeit geschlossen ist, den Tag des Ablaufs des Vertrags;

    iii)

    wenn der Vertrag für eine Reise geschlossen ist, den Bestimmungshafen und die Angabe der Frist nach Ankunft, nach deren Ablauf die Seeleute abmustern können;

    …“

    14

    Der letzte Teil dieses Übereinkommens („Schlussbestimmungen“) enthält folgenden Abs. 4:

    „Strengere und/oder spezifischere Gemeinschaftsvorschriften bleiben von dieser Vereinbarung unberührt.“

    Italienisches Recht

    15

    In Italien unterliegen die Arbeitsverträge von Seeleuten den Bestimmungen des durch das Königliche Dekret Nr. 327 vom 30. März 1942 genehmigten Codice della navigazione (Gesetzbuch über die Seeschifffahrt und Luftfahrt) (im Folgenden: Codice della navigazione), der gemäß seinem Art. 1 vorrangig gilt und der allgemeinen auf Arbeitsverträge anwendbaren Regelung vorgeht. Diese Verträge unterliegen daher nicht dem Gesetzesvertretenden Dekret Nr. 368 vom 6. September 2001 zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (decreto legislativo n. 368, Attuazione della direttiva 1999/70/CE relativa all’accordo quadro sul lavoro a tempo determinato concluso dall’UNICE, dal CEEP e dal CES) (GURI Nr. 235 vom 9. Oktober 2001, S. 4).

    16

    Art. 325 des Codice della navigazione bestimmt:

    „Ein Heuervertrag kann geschlossen werden:

    a)

    für eine bestimmte oder mehrere Reisen;

    b)

    befristet;

    c)

    unbefristet.

    Für die Zwecke des Heuervertrags versteht man unter ‚Reise‘ sämtliche Fahrten zwischen dem Verladehafen und dem Zielhafen, neben einer eventuellen Fahrt nur mit Ballast, um zum Verladehafen zu gelangen.

    …“

    17

    Art. 326 des Codice della navigazione lautet folgendermaßen:

    „1. Ein befristeter Vertrag und ein Vertrag für mehrere Reisen können nicht für eine Dauer von mehr als einem Jahr geschlossen werden; wenn sie für eine darüber hinausgehende Dauer geschlossen werden, gelten sie als unbefristet.

    Wenn der angemusterte Seemann aufgrund mehrerer Verträge für Reisen oder mehrerer befristeter Verträge oder mehrerer Verträge der einen oder der anderen Art länger als ein Jahr bei demselben Reeder ununterbrochen in Dienst steht, richtet sich das Heuerverhältnis nach den Vorschriften über unbefristete Verträge.

    Im Sinne des vorstehenden Absatzes gilt die Dienstleistung als ununterbrochen, wenn zwischen dem Ende eines Vertrags und dem Abschluss des darauf folgenden Vertrags nicht mehr als 60 Tage liegen.“

    18

    Art. 332 des Codice della navigazione ist zu entnehmen:

    „Der Heuervertrag muss enthalten:

    ...

    4)

    die durchzuführende(n) Reise(n) und den Tag, an dem der angemusterte Seemann den Dienst antreten muss, wenn der Heuervertrag für (eine) Reise(n) geschlossen wird; den Beginn und die Dauer des Vertrags, wenn der Heuervertrag befristet ist …

    …“

    19

    Art. 374 des Codice della navigazione sieht vor:

    „Von den Bestimmungen [des] Art. 326 … kann durch korporative Vorschriften abgewichen werden; vom Individualvertrag kann nur zugunsten des angemusterten Seemanns abgewichen werden. Die im ersten und im zweiten Absatz von Art. 326 vorgesehene Frist kann jedoch auch nicht durch korporative Vorschriften verlängert werden, und die im dritten Absatz dieses Artikels vorgesehene Frist kann nicht verkürzt werden.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    20

    Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind im Seemannsregister eingetragene Seeleute. Sie wurden von RFI im Rahmen aufeinanderfolgender, nach dem Jahr 2001 geschlossener befristeter Arbeitsverträge für eine oder mehrere Reisen und für höchstens 78 Tage angeheuert, um auf Fähren, die die Strecke Messina-Villa San Giovanni und Messina-Reggio Calabria (Italien) bedienen, an Bord zu gehen. Aus den Vorlageentscheidungen geht hervor, dass die genannten Kläger im Rahmen dieser Verträge für ihren Arbeitgeber für eine Dauer von weniger als einem Jahr gearbeitet haben und dass ein Zeitraum von mehr als 60 Tagen zwischen dem Ende eines Arbeitsvertrags und dem Abschluss des darauf folgenden Vertrags lag.

    21

    Da sie der Ansicht waren, dass ihre Arbeitsverhältnisse bei ihrem Abheuern rechtswidrig gekündigt worden seien, klagten sie vor dem Tribunale di Messina auf Nichtigerklärung der befristeten Verträge, auf Umwandlung dieser Verträge in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, auf sofortige Wiedereinstellung oder Wiedereingliederung in den Arbeitsplatz und auf Schadensersatz.

    22

    Während das Tribunale di Messina im ersten Rechtszug den Anträgen der Kläger des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache C‑407/13 stattgab und die Anträge der Kläger des Ausgangsverfahrens in den Rechtssachen C‑362/13 und C‑363/13 zurückwies, wies die Corte d’appello di Messina sämtliche dieser Anträge im Berufungsverfahren zurück.

    23

    Die Kläger des Ausgangsverfahrens legten daher bei der Corte suprema di cassazione Kassationsbeschwerde ein, in deren Rahmen sie der Corte d’appello vorwerfen, entschieden zu haben, dass die Rahmenvereinbarung nicht auf Seeleute anwendbar sei, und ihre befristeten Arbeitsverträge für rechtmäßig befunden zu haben, obwohl diese weder das Ende der Verträge angäben, sondern nur ihre Dauer mit der Formel „höchstens 78 Tage“, noch die objektiven Gründe, die den Rückgriff auf solche Verträge rechtfertigten. Die befristeten Verträge würden missbräuchlich verwendet, da diese nicht wegen des besonderen Charakters der Arbeit zur See oder wegen des Vorliegens objektiver Gründe verwendet würden, sondern um strukturellem Personalmangel abzuhelfen.

    24

    Die Corte suprema di cassazione ist daher der Auffassung, dass man sich fragen müsse, ob die Rahmenvereinbarung für im Bereich der Seeschifffahrt geschlossene Arbeitsverhältnisse gelte. Wenn dies nämlich der Fall wäre, könnten sich die vom Codice della navigazione vorgesehenen Modalitäten der befristeten Anheuerung als gegen die Rahmenvereinbarung verstoßend erweisen. Da der italienische Gesetzgeber durch das gesetzesvertretende Dekret Nr. 368 vom 6. September 2001 zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge seiner in Paragraf 5 dieser Vereinbarung aufgestellten Verpflichtung nachgekommen sei, die darin bestehe, Maßnahmen vorzusehen, die geeignet seien, den missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu verhindern, könnte daraus folgen, dass die Bestimmungen dieses Dekrets auch für die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Seeschifffahrt gelten müssten.

    25

    Unter diesen Umständen hat die Corte suprema di cassazione beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Sind die Paragrafen der mit der Richtlinie 1999/70 durchgeführten Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge auf die Arbeit auf Schiffen anwendbar, und bezieht sich insbesondere Paragraf 2 Nr. 1 auch auf Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen, die auf Fährschiffen beschäftigt sind, die den täglichen Fährverkehr durchführen?

    2.

    Steht die mit der Richtlinie 1999/70 durchgeführte Rahmenvereinbarung, insbesondere Paragraf 3 Nr. 1, einer nationalen Regelung entgegen, die die Angabe einer „Dauer“ des Vertrags und nicht des „Endes“ vorsieht (Art. 332 des Codice della navigazione), und ist die Festlegung einer Dauer des Vertrags mit der Angabe eines Endzeitpunkts, von dem sicher ist, dass er eintritt (höchstens 78 Tage), aber nicht, wann er eintritt, mit der genannten Richtlinie vereinbar?

    3.

    Steht die mit der Richtlinie 1999/70 durchgeführte Rahmenvereinbarung, insbesondere Paragraf 3 Nr. 1, einer nationalen Regelung (Art. 325, 326 und 332 des Codice della navigazione) entgegen, die als objektive Gründe des befristeten Vertrags die bloße Angabe der durchzuführenden Reise(n) anführt, wodurch im Wesentlichen der Gegenstand des Vertrags (Leistung) mit dem Grund (Beweggrund für die Befristung) zusammenfällt?

    4.

    Steht die mit der Richtlinie 1999/70 durchgeführte Rahmenvereinbarung einer nationalen Regelung (im vorliegenden Fall den Vorschriften des Codice della navigazione) entgegen, die im Fall aufeinanderfolgender Verträge (was einen Missbrauch im Sinne von Paragraf 5 darstellt) ausschließt, dass diese in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden (eine von Art. 326 des Codice della navigazione nur für den Fall vorgesehene Maßnahme, dass der angemusterte Seemann länger als ein Jahr ununterbrochen Dienst leistet und in dem zwischen dem Ende eines Vertrags und dem Abschluss des darauf folgenden Vertrags ein Zeitraum von nicht mehr als 60 Tagen liegt)?

    26

    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 28. August 2013 sind die Rechtssachen C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten Frage

    27

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass sie auf Arbeitnehmer wie die Kläger des Ausgangsverfahrens anwendbar ist, die als Seeleute im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen auf Fähren beschäftigt sind, die zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat gelegenen Häfen verkehren.

    28

    Wie der Gerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, lässt sich schon dem Wortlaut des Paragrafen 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung entnehmen, dass deren Anwendungsbereich weit gefasst ist, da sie allgemein auf „befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder ‑verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition“ abstellt (vgl. Urteile Adeneler u. a., C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 56, Della Rocca, C‑290/12, EU:C:2013:235, Rn. 34, und Márquez Samohano, C‑190/13, EU:C:2014:146, Rn. 38).

    29

    Auch die Definition des Begriffs „befristet beschäftigter Arbeitnehmer“ im Sinne der Rahmenvereinbarung, die in deren Paragraf 3 Nr. 1 enthalten ist, erfasst alle Arbeitnehmer, ohne danach zu unterscheiden, ob sie an einen öffentlichen oder an einen privaten Arbeitgeber gebunden sind (Urteil Adeneler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 56, Della Rocca, EU:C:2013:235, Rn. 34, sowie Márquez Samohano, EU:C:2014:146, Rn. 38), und unabhängig davon, wie ihr Vertrag nach dem innerstaatlichen Recht zu qualifizieren ist (Urteil Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 166).

    30

    Die Rahmenvereinbarung ist somit auf alle Arbeitnehmer anwendbar, die entgeltliche Arbeitsleistungen im Rahmen eines mit ihrem Arbeitgeber bestehenden befristeten Arbeitsverhältnisses erbringen (Urteile Del Cerro Alonso, C‑307/05, EU:C:2007:509, Rn. 28, und Gavieiro Gavieiro und Iglesias Torres, C‑444/09 und C‑456/09, EU:C:2010:819, Rn. 42, sowie Beschluss Montoya Medina, C‑273/10, EU:C:2011:167, Rn. 26).

    31

    Gewiss ist der Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung nicht unbegrenzt. So geht aus dem besagten Wortlaut von Paragraf 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung hervor, dass sich die Definition der Arbeitsverträge und ‑verhältnisse, für die diese Rahmenvereinbarung gilt, nicht nach der Vereinbarung selbst oder dem Unionsrecht, sondern nach den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten richtet, sofern die Definition dieser Begriffe nicht dazu führt, willkürlich eine Kategorie von Personen vom Schutz, den diese Rahmenvereinbarung bietet, auszuschließen (Urteil Sibilio, C‑157/11, EU:C:2012:148, Rn. 42 und 51).

    32

    Zudem verleiht Paragraf 2 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung den Mitgliedstaaten ein Ermessen hinsichtlich der Anwendung der Rahmenvereinbarung auf bestimmte Kategorien von Arbeitsverträgen oder ‑verhältnissen. Er eröffnet den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern nämlich die Möglichkeit, die „Berufsausbildungsverhältnisse und Auszubildendensysteme/ Lehrlingsausbildungssysteme“ sowie die „Arbeitsverträge und ‑verhältnisse, die im Rahmen eines besonderen öffentlichen oder von der öffentlichen Hand unterstützten beruflichen Ausbildungs-, Eingliederungs- oder Umschulungsprogramms abgeschlossen wurden“, vom Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung auszunehmen (Urteile Adeneler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 57, Sibilio, EU:C:2012:148, Rn. 52 und 53, sowie Della Rocca, EU:C:2013:235, Rn. 35).

    33

    Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass sich aus dem vierten Absatz der Präambel der Rahmenvereinbarung ausdrücklich ergibt, dass diese nicht für Leiharbeitnehmer gilt (vgl. Urteil Della Rocca, EU:C:2013:235, Rn. 36 und 45).

    34

    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Angaben, die dem Gerichtshof gemacht wurden und die nicht bestritten worden sind, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens durch einen Arbeitsvertrag im Sinne des nationalen Rechts an ihren Arbeitgeber gebunden waren. Es steht ebenfalls fest, dass diese Arbeitsverträge nicht zu den Arbeitsverhältnissen gehören, die nach Paragraf 2 Nr. 2 vom Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung ausgeschlossen werden können.

    35

    RFI sowie die italienische und die norwegische Regierung heben demgegenüber hervor, dass das Unionsrecht wie das internationale und das nationale Recht Bestimmungen beinhalte, die speziell den Seeverkehr regelten. Insbesondere die Vereinbarung über das Seearbeitsübereinkommen 2006 im Anhang der Richtlinie 2009/13 enthalte eine Reihe von Regeln und Normen über den Beschäftigungsvertrag für Seeleute, insbesondere die Norm A.2.1 Abs. 4 Buchst. g, die die Beendigung des Vertrags und deren Voraussetzungen definiere. Nach dem Wortlaut von Paragraf 8 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung gelte diese jedoch unbeschadet der spezielleren Bestimmungen des Unionsrechts.

    36

    Es ist jedoch nicht ersichtlich und wurde im Übrigen auch nicht vorgetragen, dass die Vereinbarung über das Seearbeitsübereinkommen 2006 – anders als die anderen Rechtsakte, die der Unionsgesetzgeber in Bezug auf den Seeverkehr erlassen hat – Regeln enthielte, die dazu bestimmt sind, wie die Rahmenvereinbarung die Anwendung des Verbots der Diskriminierung von befristet beschäftigten Arbeitnehmern sicherzustellen oder die Missbräuche, die sich aus der Verwendung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse oder ‑verträge ergeben, zu verhindern. Die Vereinbarung über das Seearbeitsübereinkommen 2006 gilt aber, wie sich u. a. aus Abs. 3 der Schlussbestimmungen ergibt, unbeschadet etwaiger bestehender Unionsvorschriften, die spezieller sind oder ein höheres Schutzniveau für Seeleute garantieren.

    37

    Außerdem ist festzustellen, dass nach Nr. 1 Buchst. c und e sowie Nr. 2 der Vereinbarung über das Seearbeitsübereinkommen 2006 dieses nicht auf Seeleute anwendbar ist, die auf Schiffen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden beschäftigt werden, die ausschließlich auf Binnengewässern verkehren.

    38

    Daraus folgt, dass Arbeitnehmer in der Situation der Kläger des Ausgangsverfahrens, die die Eigenschaft von Seeleuten haben, die im Rahmen befristeter Arbeitsverträge auf Fähren beschäftigt sind, die zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat gelegenen Häfen verkehren, in den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung fallen, da diese keinen bestimmten Wirtschaftsbereich aus ihrem Anwendungsbereich ausschließt.

    39

    Diese Schlussfolgerung wird durch den Inhalt von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung bestätigt, aus dem hervorgeht, dass gemäß Abs. 3 der Präambel der Rahmenvereinbarung sowie den Nrn. 8 und 10 ihrer Allgemeinen Erwägungen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Durchführung dieser Rahmenvereinbarung die Möglichkeit haben, die besonderen Anforderungen bestimmter Branchen und/oder der betroffenen Kategorien von Arbeitnehmern zu berücksichtigen, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Marrosu und Sardino, C‑53/04, EU:C:2006:517, Rn. 45, sowie Kücük, C‑586/10, EU:C:2012:39, Rn. 49).

    40

    Demzufolge ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass sie auf Arbeitnehmer wie die des Ausgangsverfahrens anwendbar ist, die als Seeleute im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen auf Fähren beschäftigt sind, die zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat gelegenen Häfen verkehren.

    Zur zweiten Frage

    41

    Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung, insbesondere deren Paragraf 3 Nr. 1, dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die vorsieht, dass in befristeten Arbeitsverträgen ihre Dauer, nicht aber ihr Endzeitpunkt angegeben werden muss.

    42

    RFI ist der Ansicht, dass diese Frage in zweifacher Hinsicht unzulässig sei. Zum einen betreffe sie die Auslegung des nationalen Rechts. Zum anderen solle Paragraf 3 Nr. 1 nur bestimmte Begriffe definieren und stelle daher kein Kriterium für die Rechtmäßigkeit der fraglichen nationalen Regelung dar.

    43

    Es ist jedoch festzustellen, dass die vorliegende Frage eindeutig die Auslegung des Unionsrechts betrifft und somit zulässig ist.

    44

    In der Sache ist darauf hinzuweisen, dass die Rahmenvereinbarung nicht zum Gegenstand hat, sämtliche nationalen Vorschriften über befristete Arbeitsverträge zu harmonisieren, sondern nur darauf abzielt, durch Festlegung von allgemeinen Grundsätzen und Mindestvorschriften einen allgemeinen Rahmen zu schaffen, der durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichert, und den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteile Del Cerro Alonso, EU:C:2007:509, Rn. 26 und 36, Impact, C‑268/06, EU:C:2008:223, Rn. 111, und Huet, C‑251/11, EU:C:2012:133, Rn. 41, sowie Beschluss Vino, C‑20/10, EU:C:2010:677, Rn. 54).

    45

    Die Rahmenvereinbarung enthält keine Bestimmung zu den formalen Angaben, die in befristeten Arbeitsverträgen enthalten sein müssen.

    46

    Paragraf 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung definiert insoweit lediglich, wie aus seiner Überschrift und seinem Wortlaut eindeutig hervorgeht, den Begriff „befristet beschäftigter Arbeitnehmer“ und benennt in diesem Rahmen das charakteristische Element eines befristeten Vertrags, nämlich den Umstand, dass das Ende eines solchen Vertrags „durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses“ bestimmt wird. Dagegen gibt dieser Paragraf den Mitgliedstaaten keine Verpflichtung auf, was die Regeln des nationalen Rechts betrifft, die auf den Abschluss von befristeten Verträgen anwendbar sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss Vino, EU:C:2010:677, Rn. 60 bis 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    47

    Sofern jedenfalls die vorliegende Frage dahin zu verstehen ist, dass mit ihr Aufschluss darüber begehrt wird, ob die Rahmenvereinbarung auf Arbeitnehmer anwendbar ist, die durch Arbeitsverträge gebunden sind, in denen wie in den im Ausgangsverfahren fraglichen durch die Angabe „höchstens 78 Tage“ nur ihre Dauer genannt ist, genügt die Feststellung, dass solche Arbeitnehmer als „befristet beschäftigte Arbeitnehmer“ im Sinne von Paragraf 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung anzusehen sind, da eine solche Angabe geeignet ist, objektiv das Ende dieser Verträge festzulegen, und die Rahmenvereinbarung damit auf sie anwendbar ist.

    48

    Demzufolge ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass in befristeten Arbeitsverträgen ihre Dauer, aber nicht ihr Endzeitpunkt angegeben werden muss.

    Zur dritten und zur vierten Frage

    49

    Mit seiner dritten und seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Paragraf 3 Nr. 1 und Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die zum einen davon ausgeht, dass die objektive Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags in der bloßen Angabe der durchzuführenden Reise(n) besteht, und zum anderen die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzig in dem Fall vorsieht, in dem der betreffende Arbeitnehmer ununterbrochen aufgrund solcher Verträge von demselben Arbeitgeber für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr beschäftigt wurde, wobei das Arbeitsverhältnis als ununterbrochen angesehen wird, wenn die befristeten Arbeitsverträge höchstens 60 Tage auseinander liegen.

    50

    Nach Ansicht von RFI ist der Teil dieser Frage, der der dritten Vorlagefrage entspricht, unzulässig, da er mit dem Gegenstand der Rechtsstreitigkeiten im Ausgangsverfahren in keinem Zusammenhang stehe. Er ziele nämlich darauf ab, die Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften über Arbeitsverträge für eine bestimmte oder mehrere Reisen mit der Rahmenvereinbarung zu überprüfen, obwohl in den Ausgangsverfahren die in Rede stehenden Arbeitsverträge als befristete Arbeitsverträge qualifiziert worden seien.

    51

    Dazu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. insbesondere Urteile Della Rocca, EU:C:2013:235, Rn. 29, und Márquez Samohano, EU:C:2014:146, Rn. 35).

    52

    Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass sich das vorlegende Gericht Fragen zur Auslegung der Rahmenvereinbarung im Rahmen tatsächlicher Rechtsstreitigkeiten stellt, die auf die Kündigung der aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge folgen, die die Kläger des Ausgangsverfahrens für eine bestimmte oder mehrere Reisen geschlossen haben. Mit seiner dritten Frage fragt sich dieses Gericht, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung, wonach die Angabe des oder der durchzuführenden Reise(n) einen objektiven Grund für den Abschluss solcher Verträge darstellt, mit den von dieser Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen in Einklang steht. Unter diesen Umständen kann diese Frage nicht als hypothetisch angesehen werden und ist daher als zulässig zu erachten.

    53

    In der Sache ist, soweit die vorliegenden Fragen die Auslegung von Paragraf 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung betreffen, darauf hinzuweisen, dass, wie in Rn. 46 des vorliegenden Urteils erläutert wurde, diese Bestimmung nicht von Belang ist, da sie den Mitgliedstaaten keine Verpflichtung in Bezug auf die Regeln des nationalen Rechts auferlegt, die auf den Abschluss von befristeten Verträgen anwendbar sind.

    54

    Was Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass Nr. 1 dieses Paragrafen zur Umsetzung eines ihrer Ziele dient, nämlich den wiederholten Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer gesehen wird, einzugrenzen, indem eine Reihe von Mindestschutzbestimmungen vorgesehen wird, die die Prekarisierung der Lage der Beschäftigten verhindern (vgl. insbesondere Urteile Adeneler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 63, Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 73, Deutsche Lufthansa, C‑109/09, EU:C:2011:129, Rn. 31, Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 25, und Márquez Samohano, EU:C:2014:146, Rn. 41).

    55

    Wie nämlich aus dem zweiten Absatz der Präambel der Rahmenvereinbarung sowie aus ihren Allgemeinen Erwägungen 6 und 8 hervorgeht, stellen feste Beschäftigungsverhältnisse einen wichtigen Aspekt des Arbeitnehmerschutzes dar, während befristete Arbeitsverträge nur unter bestimmten Umständen den Bedürfnissen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer entsprechen können (Urteile Adeneler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 62, und Huet, EU:C:2012:133, Rn. 35).

    56

    Somit verpflichtet Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Vermeidung der missbräuchlichen Verwendung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse dazu, effektiv und mit verbindlicher Wirkung mindestens eine der dort aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen, sofern ihr innerstaatliches Recht keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen enthält. Die hierfür in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c aufgeführten drei Maßnahmen betreffen sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse rechtfertigen, die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse und die zulässige Zahl ihrer Verlängerungen (vgl. u. a. Urteile Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 74 und 151, Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 26, und Márquez Samohano, EU:C:2014:146, Rn. 42, sowie Beschluss Papalia, C‑50/13, EU:C:2013:873, Rn. 18 und 19).

    57

    Es ist allerdings sogleich darauf hinzuweisen, dass die Rahmenvereinbarung den Mitgliedstaaten nicht vorgibt, eine Maßnahme zu erlassen, nach der jeder erste oder einzige befristete Arbeitsvertrag aus solchen sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss. Wie nämlich der Gerichtshof bereits entschieden hat, werden solche befristeten Arbeitsverträge von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung, worunter nur die Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse fällt, nicht erfasst, weshalb die in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a genannten sachlichen Gründe nur die Verlängerung solcher Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse betreffen (vgl. Urteil Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 90, sowie Beschluss Vino, EU:C:2010:677, Rn. 58 und 59).

    58

    Was die genannten aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse betrifft, geht nämlich aus Rn. 56 des vorliegenden Urteils hervor, dass die Unterzeichnerparteien, wie Nr. 7 der Allgemeinen Erwägungen zu entnehmen ist, der Auffassung waren, dass die aus objektiven Gründen erfolgende Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge helfe, Missbrauch zu verhindern (vgl. Urteile Adeneler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 67, Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 91 und 92, sowie Beschluss Vassilakis u. a., C‑364/07, EU:C:2008:346, Rn. 86)

    59

    Allerdings verfügen die Mitgliedstaaten über ein Ermessen bei der Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung, da sie die Wahl haben, auf eine oder mehrere der dort in den Buchst. a bis c genannten Maßnahmen oder aber auf bestehende gleichwertige gesetzliche Maßnahmen zurückzugreifen, und zwar unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien (vgl. Urteile Impact, EU:C:2008:223, Rn. 71, Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 81 und 93, und Deutsche Lufthansa, EU:C:2011:129, Rn. 35).

    60

    Damit gibt Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung den Mitgliedstaaten ein allgemeines Ziel – die Verhinderung derartigen Missbrauchs – vor, lässt ihnen jedoch zugleich die Wahl der Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, solange sie nicht das Ziel oder die praktische Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung in Frage stellen (Urteil Huet, EU:C:2012:133, Rn. 42 und 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    61

    Demnach kann ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung zulässigerweise davon absehen, die Maßnahme im Sinne von Nr. 1 Buchst. a dieses Paragrafen zu erlassen, die darin besteht, zu verlangen, dass die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss. Vielmehr kann er dem Erlass einer oder beider der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c vorgesehenen Maßnahmen den Vorzug geben, die die Gesamthöchstdauer und die Zahl der Verlängerungen solcher aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse betreffen, oder aber entscheiden, eine bestehende gleichwertige gesetzliche Maßnahme beizubehalten, vorausgesetzt, dass, welche Maßnahme letztlich auch immer gewählt wird, eine wirksame Verhinderung von Missbrauch durch befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse sichergestellt ist (vgl. Urteil Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 94, und in diesem Sinne Urteil Deutsche Lufthansa, EU:C:2011:129, Rn. 44).

    62

    Wenn das Unionsrecht, wie im vorliegenden Fall, keine spezifischen Sanktionen für den Fall vorsieht, dass dennoch Missbräuche festgestellt worden sind, obliegt es außerdem den nationalen Stellen, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur verhältnismäßig, sondern auch effektiv und abschreckend genug sein müssen, um die volle Wirksamkeit der zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen (vgl. insbesondere Urteil Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 158, sowie Beschlüsse Affatato, C‑3/10, EU:C:2010:574, Rn. 45, und Papalia, EU:C:2013:873, Rn. 20).

    63

    Wenn in Ermangelung einer einschlägigen Unionsregelung die Einzelheiten der Durchführung solcher Normen nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten durch das jeweilige innerstaatliche Recht geregelt werden, so dürfen sie doch nicht ungünstiger sein als bei entsprechenden Sachverhalten, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. insbesondere Urteil Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 159, sowie Beschlüsse Affatato, EU:C:2010:574, Rn. 46, und Papalia, EU:C:2013:873, Rn. 21).

    64

    Infolgedessen muss, wenn es zu einem missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge gekommen ist, die Möglichkeit bestehen, eine Maßnahme anzuwenden, die effektive und gleichwertige Garantien für den Schutz der Arbeitnehmer bietet, um diesen Missbrauch angemessen zu ahnden und die Folgen des Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beseitigen (Urteil Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 160, sowie Beschlüsse Affatato, EU:C:2010:574, Rn. 47, und Papalia, EU:C:2013:873, Rn. 22).

    65

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof wiederholt hervorgehoben hat, die Rahmenvereinbarung keine allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten aufstellt, die Umwandlung befristeter in unbefristete Arbeitsverträge vorzusehen. Paragraf 5 Nr. 2 überlässt es nämlich grundsätzlich den Mitgliedstaaten, zu bestimmen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse als unbefristet zu betrachten sind. Daraus ergibt sich, dass die Rahmenvereinbarung nicht vorschreibt, unter welchen Bedingungen von unbefristeten Verträgen Gebrauch gemacht werden darf (vgl. insbesondere Urteil Huet, EU:C:2012:133, Rn. 38 bis 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    66

    Was im vorliegenden Fall die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung betrifft, ist in Erinnerung zu rufen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, sich zur Auslegung des nationalen Rechts zu äußern, denn diese Aufgabe kommt allein dem vorlegenden Gericht oder gegebenenfalls den zuständigen nationalen Gerichten zu, die festzustellen haben, ob die anwendbare nationale Regelung die in den Rn. 56 bis 65 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt (vgl. insbesondere Urteile Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 39, und Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 163, sowie Beschluss Papalia, EU:C:2013:873, Rn. 30).

    67

    Somit obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu beurteilen, inwieweit die einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts unter Berücksichtigung ihrer Anwendungsvoraussetzungen und ihrer tatsächlichen Anwendung eine Maßnahme bilden, die geeignet ist, den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden (vgl. in diesem Sinne Urteile Vassallo, EU:C:2006:518, Rn. 41, sowie Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 164).

    68

    Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens entscheidet, gegebenenfalls Klarstellungen vornehmen, um dem nationalen Gericht eine Leitlinie für seine Auslegung zu geben (vgl. u. a. Urteil Vassallo, EU:C:2006:518, Rn. 39, und Beschluss Papalia, EU:C:2013:873, Rn. 31).

    69

    Ohne dass es notwendig wäre, zu prüfen, ob eine nationale Regelung wie die in Art. 326 des Codice della navigazione vorgesehene, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 1999/70 und der Rahmenvereinbarung erlassen wurde, einen „sachlichen Grund“ im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung enthält, ist insoweit festzustellen, dass eine solche Regelung, die eine zwingende Regel vorsieht, wonach, wenn ein Arbeitnehmer auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge für eine Dauer von mehr als einem Jahr ununterbrochen von demselben Arbeitgeber beschäftigt wurde, diese Arbeitsverträge in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden, den in den Rn. 56 bis 65 des vorliegenden Urteils angeführten Erfordernissen genügen kann.

    70

    Eine solche Regelung kann nämlich zugleich eine bestehende gesetzliche Maßnahme, die mit der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b der Rahmenvereinbarung über die Gesamthöchstdauer solcher Verträge genannten Maßnahme zur Verhinderung des Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge gleichwertig ist, sowie eine Maßnahme, die tatsächlich einen solchen missbräuchlichen Rückgriff ahndet, enthalten (vgl. entsprechend Urteil Angelidaki u. a., EU:C:2009:250, Rn. 170, sowie Beschluss Koukou, C‑519/08, EU:C:2009:269, Rn. 79).

    71

    Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das sich aus dieser Regelung ergebende Erfordernis in Frage gestellt werden, wonach nur die befristeten Arbeitsverträge, die höchstens 60 Tage auseinander liegen, als „ununterbrochen“ und damit als „aufeinanderfolgend“ angesehen werden können. Eine solche Zeitspanne kann nämlich im Allgemeinen als ausreichend angesehen werden, um jedes bestehende Arbeitsverhältnis zu unterbrechen und folglich dafür zu sorgen, dass jeder etwaige später unterschriebene Vertrag nicht mehr als darauffolgend angesehen wird, und dies umso mehr, wenn, wie in den Ausgangsverfahren, die Dauer der befristeten Verträge 78 Tage nicht überschreiten darf. Es dürfte nämlich für einen Arbeitgeber, der ständig und dauerhaft Bedarf hat, schwierig sein, den von der Rahmenvereinbarung gewährten Schutz gegen Missbräuche zu umgehen, in dem er am Ende jedes befristeten Vertrags eine Frist von ca. zwei Monaten verstreichen lässt (vgl. entsprechend Beschluss Vassilakis u. a., EU:C:2008:346, Rn. 115).

    72

    Es obliegt jedoch den nationalen Gerichten und Behörden, die die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70 anzuwenden und so über die Qualifizierung als aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu entscheiden haben, stets die Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der aufeinanderfolgenden Verträge zu berücksichtigen, die mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossen wurden, damit ausgeschlossen wird, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverhältnisse zurückgreifen (vgl. Beschluss Vassilakis u. a., EU:C:2008:346, Rn. 116).

    73

    Insbesondere ist es in Verfahren wie den Ausgangsrechtsstreitigkeiten Sache des vorlegenden Gerichts, sich zu vergewissern, dass die von der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehene Höchstdauer von einem Jahr in einer Art und Weise berechnet wird, die nicht dazu führt, die Wirksamkeit der Verhinderung und der Ahndung des missbräuchlichen Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge erheblich herabzusetzen. Dies könnte der Fall sein, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, wenn diese Höchstdauer nicht je nach der Anzahl der von diesen Arbeitsverträgen abgedeckten Kalendertagen, sondern je nach der Anzahl der von dem betreffenden Arbeitnehmer tatsächlich geleisteten Arbeitstage berechnet würde, wenn z. B. wegen der geringen Häufigkeit von Fahrten die letztgenannte Zahl deutlich geringer ist als die erstgenannte.

    74

    Demzufolge ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass sie grundsätzlich einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzig in dem Fall vorsieht, in dem der betreffende Arbeitnehmer auf der Grundlage solcher Verträge ununterbrochen für eine Dauer von mehr als einem Jahr von demselben Arbeitgeber beschäftigt war, wobei das Arbeitsverhältnis als ununterbrochen angesehen wird, wenn die befristeten Arbeitsverträge höchstens 60 Tage auseinander liegen. Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, zu überprüfen, ob die Anwendungsvoraussetzungen und die tatsächliche Anwendung dieser Regelung eine Maßnahme bilden, die geeignet ist, den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern und zu ahnden.

    Kosten

    75

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Die am 18. März 1999 geschlossene Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass sie auf Arbeitnehmer wie die des Ausgangsverfahrens anwendbar ist, die als Seeleute im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen auf Fähren beschäftigt sind, die zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat gelegenen Häfen verkehren.

     

    2.

    Die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass in befristeten Arbeitsverträgen ihre Dauer, aber nicht ihr Endzeitpunkt angegeben werden muss.

     

    3.

    Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass er grundsätzlich einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzig in dem Fall vorsieht, in dem der betreffende Arbeitnehmer auf der Grundlage solcher Verträge ununterbrochen für eine Dauer von mehr als einem Jahr von demselben Arbeitgeber beschäftigt war, wobei das Arbeitsverhältnis als ununterbrochen angesehen wird, wenn die befristeten Arbeitsverträge höchstens 60 Tage auseinander liegen. Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, zu überprüfen, ob die Anwendungsvoraussetzungen und die tatsächliche Anwendung dieser Regelung eine Maßnahme bilden, die geeignet ist, den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern und zu ahnden.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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