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Dokument 62011CJ0592

Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 25. Oktober 2012.
Anssi Ketelä.
Vorabentscheidungsersuchen des Korkein hallinto-oikeus.
Landwirtschaft – Verordnungen (EG) Nrn. 1698/2005 und 1974/2006 – Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte – Voraussetzungen für die Gewährung – Erstmalige Niederlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber – Voraussetzungen für die Anwendbarkeit, wenn die Niederlassung unter Rückgriff auf eine juristische Person erfolgt ist.
Rechtssache C-592/11.

Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2012:673

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

25. Oktober 2012 ( *1 )

„Landwirtschaft — Verordnungen (EG) Nrn. 1698/2005 und 1974/2006 — Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte — Voraussetzungen für die Gewährung — Erstmalige Niederlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber — Voraussetzungen für die Anwendbarkeit, wenn die Niederlassung unter Rückgriff auf eine juristische Person erfolgt ist“

In der Rechtssache C-592/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 23. November 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 25. November 2011, in dem Verfahren

Anssi Ketelä

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Achten Kammer sowie der Richterinnen C. Toader und A. Prechal (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der finnischen Regierung, vertreten durch M. Pere als Bevollmächtigte,

der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und S. Šindelková als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Paasivirta und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. L 277, S. 1) und von Art. 13 Abs. 4 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1974/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1698/2005 (ABl. L 368, S. 15).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines von Herrn Ketelä eingeleiteten Verfahrens, das sich gegen eine Entscheidung richtet, mit der die Zahlung einer ihm zuvor gewährten Niederlassungsbeihilfe eingestellt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 1698/2005

3

Die Erwägungsgründe 11, 13, 14, 16, 17 und 61 der Verordnung Nr. 1698/2005 lauten:

„(11)

Um die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums zu gewährleisten, sollte sich die Förderung auf einige wenige Kernziele auf Gemeinschaftsebene konzentrieren, die auf die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft, die Landbewirtschaftung und die Umwelt sowie die Lebensqualität und die Diversifizierung der Aktivitäten in diesen Gebieten ausgerichtet sind und verschiedensten Situationen Rechnung tragen, angefangen von abgelegenen ländlichen Gebieten, die unter Bevölkerungsschwund und Verfall leiden, bis hin zu stadtnahen ländlichen Gebieten, die unter zunehmendem Druck der urbanen Zentren stehen.

(13)

Um das Ziel einer besseren Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft zu erreichen, sind klare Entwicklungsstrategien unerlässlich, die darauf abzielen, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Menschen, das Sachkapital und die Qualität der Agrarproduktion zu verbessern und anzupassen.

(14)

Um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Menschen zu verbessern, empfiehlt es sich, ein Bündel von Maßnahmen anzubieten, das die Berufsbildung, die Information und die Verbreitung von Wissen, die Niederlassung von Junglandwirten, den Vorruhestand von Landwirten und landwirtschaftlichen Arbeitnehmern, die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten über den Aufbau von Betriebsführungs- und Vertretungsdiensten für landwirtschaftliche Betriebe sowie von forstlichen Beratungsdiensten durch Landwirte bzw. Waldbesitzer umfasst.

(16)

Für Junglandwirte können die Erstniederlassung und die spätere strukturelle Anpassung ihrer Betriebe durch eine spezielle Förderung erleichtert werden. Die Niederlassungsbeihilfe sollte an die Bedingung geknüpft werden, dass ein Betriebsverbesserungsplan erstellt wird, der die Gewähr dafür bietet, dass nach und nach eine Entwicklung in der Tätigkeit des neuen landwirtschaftlichen Betriebs erfolgt.

(17)

Durch den Vorruhestand für Landwirte sollte ein tief greifender Strukturwandel der übertragenen Betriebe angestrebt werden, indem die Niederlassung von Junglandwirten entsprechend den Anforderungen dieser Maßnahme gefördert oder der Betrieb zwecks Betriebsvergrößerung übertragen wird, wobei auch den Erfahrungen aus früheren gemeinschaftlichen Regelungen in diesem Bereich Rechnung zu tragen ist.

(61)

Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sollten für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben bis auf bestimmte Ausnahmen die einschlägigen einzelstaatlichen Bestimmungen gelten.“

4

In Art. 1 („Anwendungsbereich“) der Verordnung Nr. 1698/2005 heißt es:

„Diese Verordnung

1.

enthält die allgemeinen Bestimmungen für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch die Gemeinschaft, die durch den … ELER finanziert wird;

2.

legt die Ziele fest, zu deren Erreichung die Politik der Entwicklung des ländlichen Raums beitragen soll;

4.

legt die Schwerpunkte und die Maßnahmen der Entwicklung des ländlichen Raums fest;

…“

5

Art. 2 Buchst. c und d dieser Verordnung enthält folgende Definitionen:

„c)

‚Schwerpunkt‘: ein kohärentes Bündel von Maßnahmen, die spezifische Zielsetzungen haben, welche sich direkt aus ihrer Umsetzung ergeben und zu einem oder mehreren der in Artikel 4 beschriebenen Ziele beitragen;

d)

‚Maßnahme‘: ein Bündel von Vorhaben, die zur Umsetzung eines Schwerpunkts … beitragen“.

6

Art. 4 Abs. 1 der Verordnung bestimmt:

„Die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums trägt zur Verwirklichung folgender Ziele bei:

a)

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft durch Förderung der Umstrukturierung, der Entwicklung und der Innovation;

…“

7

Art. 15 der Verordnung Nr. 1698/2005 sieht vor, dass der ELER in den Mitgliedstaaten in Form von Entwicklungsprogrammen für den ländlichen Raum wirkt.

8

Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 1698/2005 bestimmt:

„Die Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum umfassen:

c)

Information über Schwerpunkte, die für jeden Schwerpunkt vorgeschlagenen Maßnahmen und deren Beschreibung …

…“

9

Der zu Abschnitt 1 („Schwerpunkt 1, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft“) von Kapitel 1 des Titels IV der Verordnung Nr. 1698/2005 gehörende Art. 20 Buchst. a der Verordnung sieht vor:

„Interventionen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft betreffen:

a)

Maßnahmen zur Förderung der Kenntnisse und zur Stärkung des Humanpotenzials:

ii)

Niederlassung von Junglandwirten,

iii)

Vorruhestand von Landwirten …,

…“

10

Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1698/2005 lautet:

„Die Beihilfe nach Artikel 20 Buchstabe a Ziffer ii wird Personen gewährt, die:

a)

weniger als 40 Jahre alt sind und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niederlassen,

b)

über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügen,

c)

einen Betriebsverbesserungsplan für die Entwicklung ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit vorlegen.“

11

Art. 23 („Vorruhestand“) der Verordnung sieht vor:

„(1)   Die Beihilfe nach Artikel 20 Buchstabe a Ziffer iii ist bestimmt für:

a)

Landwirte, die beschließen, ihre landwirtschaftliche Tätigkeit einzustellen, um ihre Betriebe an andere Landwirte zu übergeben,

(3)   Der Übernehmer muss:

a)

die Leitung des Betriebs des Abgebenden übernehmen, um sich gemäß Artikel 22 niederzulassen, oder

b)

ein Landwirt, der das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, oder eine Person des Privatrechts sein und den landwirtschaftlichen Betrieb des Abgebenden übernehmen, um den landwirtschaftlichen Betrieb zu vergrößern.

…“

12

Art. 71 Abs. 3 der Verordnung sieht vor:

„Die Regeln für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben werden vorbehaltlich der in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Modalitäten für bestimmte Maßnahmen der Entwicklung des ländlichen Raums auf nationaler Ebene festgelegt.

…“

Verordnung Nr. 1974/2006

13

Der achte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1974/2006 lautet:

„In der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 sind die Bedingungen für die Unterstützung für Junglandwirte festgelegt. Es sollte die Fristen für die Erfüllung dieser Bedingungen geregelt werden, einschließlich der Frist, die die Mitgliedstaaten bestimmten Begünstigten einräumen können, um die Bedingung hinsichtlich der beruflichen Qualifikation zu erfüllen. Da die Unterstützung für Junglandwirte an die Bedingung geknüpft ist, dass der Junglandwirt einen Betriebsverbesserungsplan vorlegt, sollten die Bedingungen in Bezug auf den Betriebsverbesserungsplan und die Einhaltung dieses Plans durch den Junglandwirt im Einzelnen festgelegt werden.“

14

Art. 13 Abs. 4 und 6 der Verordnung Nr. 1974/2006 bestimmt:

„(4)   Die Einzelentscheidung über die Gewährung der Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte muss innerhalb von 18 Monaten nach dem Niederlassungszeitpunkt ergehen, der in den geltenden Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats definiert ist. …

(6)   Besondere Bedingungen können für den Fall gelten, dass sich der Junglandwirt nicht als alleiniger Betriebsinhaber niederlässt. Diese Bedingungen müssen denen entsprechen, die bei der Niederlassung von Junglandwirten als alleinige Betriebsinhaber zu erfüllen sind.“

15

Nr. 5 des Anhangs II Abschnitt A der Verordnung Nr. 1974/2006, in der gemäß Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 1698/2005 die Informationen aufgezählt werden, die von den Entwicklungsprogrammen für den ländlichen Raum umfasst sein müssen, enthält u. a. folgende Angaben:

„5.3

Für Schwerpunkte und Maßnahmen erforderliche Informationen

5.3.1.1.2.

Niederlassung von Junglandwirten

Definition des Begriffs ‚Niederlassung‘, wie vom Mitgliedstaat oder der Region verwendet,

…“

Finnisches Recht

Gesetz über die Strukturbeihilfen

16

Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Strukturbeihilfen für die Landwirtschaft (1476/2007) (Laki maatalouden rakennetuista [1476/2007], im Folgenden: Strukturbeihilfengesetz) findet es auf die Gewährung, Zahlung, Überwachung, Kontrolle und Rückzahlung der von der Europäischen Union mitfinanzierten Beihilfen Anwendung, sofern sich aus den Unionsvorschriften nichts anderes ergibt.

17

In § 6 („Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte“) des Strukturbeihilfengesetzes heißt es u. a.:

„Eine Niederlassungsbeihilfe kann einem landwirtschaftlichen Unternehmer gewährt werden, der bei Stellung des Antrags weniger als 40 Jahre alt ist und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niederlässt (Junglandwirt). Handelt es sich bei dem Antragsteller um eine juristische Person, muss die Kontrollbefugnis von einer oder mehreren natürlichen Personen ausgeübt werden, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllen.

Eine Verordnung des Staatsrates enthält innerhalb der durch die Vorschriften der Europäischen [Union] vorgegebenen Grenzen nähere Bestimmungen zur Tätigkeit, die Gegenstand einer Niederlassungsbeihilfe sein kann, zur Voraussetzung in Bezug auf die Kontrollbefugnis sowie zu Form und Obergrenzen der Beihilfe. …“

18

§ 8 („Voraussetzungen in Bezug auf den Empfänger“) dieses Gesetzes bestimmt u. a.:

„…

Die Gewährung der Beihilfe setzt voraus, dass der Antragsteller über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügt, um die landwirtschaftliche Unternehmenstätigkeit, für die die Beihilfe gewährt werden soll, auszuüben. Die unternehmerische Tätigkeit, für die die Beihilfe gewährt werden soll, muss für den Lebensunterhalt des Antragstellers von wesentlicher Bedeutung sein. Hierbei wird geprüft, wie hoch der Anteil der Einkünfte aus der unternehmerischen Tätigkeit an den jährlichen Gesamteinkünften des Antragstellers ist.

Die Anforderungen in Bezug auf die berufliche Qualifikation, die Einkünfte und die Kontrollbefugnis des Antragstellers werden durch Verordnung des Staatsrates näher bestimmt.“

Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe

19

Kapitel 2 („Voraussetzungen in Bezug auf den Empfänger der Beihilfe“) der Verordnung des Staatsrates über die Investitionsbeihilfe für die Landwirtschaft und die Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte (299/2008) (Valtioneuvoston asetus maatalouden investointituesta ja nuoren viljelijän aloitustuesta [299/2008], im Folgenden: Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe) enthält einen § 3 mit der Überschrift „Kontrollbefugnis innerhalb des Unternehmens“, der u. a. vorsieht, dass „eine Person eine Aktiengesellschaft [kontrolliert], wenn sie mehr als die Hälfte der Gesellschaftsanteile hält und die von ihr gehaltenen Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte aller Gesellschaftsanteile repräsentieren. Die Kontrollbefugnis kann sich auch aus von mehreren Personen gehaltenen Gesellschaftsanteilen und den entsprechenden Stimmrechten ergeben.“

20

In dem in Kapitel 4 („Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte“) dieser Verordnung enthaltenen § 16 („Natürliche Person als Empfänger der Beihilfe“) heißt es u. a.:

„Die Niederlassungsbeihilfe kann einer natürlichen Person gewährt werden, die als landwirtschaftlicher Unternehmer eine landwirtschaftliche Tätigkeit für eigene Rechnung aufgenommen hat oder aufnimmt. Die Niederlassungsbeihilfe kann auch einer natürlichen Person gewährt werden, die die Kontrolle über eine Gesellschaft erwirbt und als Gesellschafter oder Mitglied der Gesellschaft eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt.“

21

Gemäß § 18 der Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe gilt die Niederlassung als erfolgt, wenn der Antragsteller aufgrund eines Übergabevertrags oder eines schriftlichen Pachtvertrags den Besitz an einem landwirtschaftlichen Betrieb oder einem Teil eines solchen Betriebs erlangt hat, mit dem er einen Gewinn aus landwirtschaftlicher Tätigkeit von mindestens 10000 Euro im Jahr erzielt hat oder erzielen kann. Der Niederlassungszeitpunkt bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller die Übergabeurkunde oder den Pachtvertrag unterzeichnet und damit den Besitz erlangt hat.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

22

Vom 1. Januar 2004 bis 29. März 2007 war Herr Ketelä Geschäftsführer der Gesellschaft Louhikon Sikako Oy (im Folgenden: Louhikon Sikako); ferner besaß er 30 % der Anteile dieser Gesellschaft, die übrigen 70 % der Anteile gehörten einem anderen Gesellschafter. Zweck dieser Gesellschaft war u. a. die Schweinezucht.

23

Während dieses Zeitraums belief sich der Anteil von Herrn Ketelä am jährlichen Unternehmensgewinn in Relation zu seiner Beteiligung am Kapital auf über 10000 Euro.

24

Am 25. Februar 2008 verkaufte Herr Ketelä seine Anteile an den anderen Gesellschafter.

25

Am 30. Dezember 2008 beantragte Herr Ketelä aus Anlass der Übernahme des elterlichen landwirtschaftlichen Betriebs Niederlassungsbeihilfe. Diese wurde ihm am 24. Februar 2009 durch Entscheidung der Etelä-Pohjanmaan työ- ja elinkeinokeskus (Zentrum für Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung in Mittel-Osthrobotnia) gewährt. Auf eine Überprüfung hin entschied diese Stelle allerdings am 12. Juni 2009, die Auszahlung der Beihilfe mit der Begründung einzustellen, dass Herr Ketelä sich in seiner Eigenschaft als Gesellschafter von Louhikon Sikako bereits als Landwirt niedergelassen und daher keinen Anspruch mehr auf Niederlassungsbeihilfe habe.

26

Die von Herrn Ketelä gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde wurde vom Maaseutuelinkeinojen valituslautakunta (Beschwerdeausschuss für landwirtschaftliche Tätigkeit) mit Entscheidung vom 17. Dezember 2009 zurückgewiesen. Diese Stelle führte insbesondere aus, dass Herr Ketelä als Gesellschafter und Geschäftsführer von Louhikon Sikako für deren Betrieb verantwortlich gewesen sei und die in der Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe vorgesehene Einkommenshöhe erreicht habe.

27

Zur Stützung der gegen diese beiden Entscheidungen beim Korkein hallinto-oikeus (Oberster Verwaltungsgerichtshof) erhobenen Klage macht Herr Ketelä geltend, er habe Anspruch auf die fragliche Beihilfe; in den beiden Entscheidungen sei der Zeitpunkt seiner Niederlassung unzutreffend festgelegt worden, da weder der Erwerb seiner Minderheitsbeteiligung am Kapital der Gesellschaft Louhikon Sikako noch seine Eigenschaft als Geschäftsführer ausgereicht hätten, um ihn zum Bezug einer solchen Beihilfe zu berechtigen, denn er habe weder über eine Kontrollbefugnis verfügt noch die charakteristische Haftung eines „Betriebsinhabers“ übernommen.

28

Die Etelä-Pohjanmaan työ- ja elinkeinokeskus macht geltend, dass das Unionsrecht und insbesondere Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 es dem nationalen Gesetzgeber erlaube, die Kriterien zu bestimmen, anhand deren festgestellt werde, dass sich eine Person zum ersten Mal in einem landwirtschaftlichen Betrieb „niederlässt“.

29

Das Korkein hallinto-oikeus ist der Auffassung, die Rechtssache, mit der es befasst sei, werfe die Frage auf, ob der Kläger des Ausgangsverfahrens aufgrund seiner Tätigkeit in der Gesellschaft Louhikon Sikako als natürliche Person angesehen werden könne, die sich bereits als landwirtschaftlicher Betriebsinhaber niedergelassen habe.

30

Insoweit sei anzuerkennen, dass eine von einer natürlichen Person in Form einer Gesellschaft ausgeübte landwirtschaftliche Tätigkeit einen Anspruch auf Niederlassungsbeihilfe verleihen könne. Da der in Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 enthaltene Begriff „Betriebsinhaber“ in dieser Verordnung nicht definiert werde, stelle sich allerdings die Frage, anhand welcher Kriterien diese Eigenschaft festgestellt werden könne. Ferner sei fraglich, ob die Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Kriterien über einen Ermessensspielraum verfügen.

31

Das vorlegende Gericht wirft zudem die Frage auf, ob die mit einer früheren Tätigkeit begründete Versagung der Niederlassungsbeihilfe voraussetze, dass der Antragsteller aufgrund dieser Tätigkeit grundsätzlich einen Anspruch auf eine solche Beihilfe gehabt hätte.

32

Unter diesen Umständen hat das Korkein hallinto-oikeus beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Wie sind Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 („sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niederlassen“) und Art. 13 Abs. 4 und 6 der Verordnung Nr. 1974/2006 auszulegen, wenn die landwirtschaftliche Tätigkeit Teil der Tätigkeit einer Gesellschaft ist? Ist im Rahmen der Prüfung, ob sich jemand erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niedergelassen hat, für die Beurteilung der früheren Tätigkeit darauf abzustellen, dass der Betroffene aufgrund seiner Beteiligung einen beherrschenden Einfluss in einer Gesellschaft hatte, oder darauf, wie hoch sein Gewinn aus der Landwirtschaft war, oder darauf, ob sich seine Tätigkeit in der Gesellschaft als Führung einer funktional und wirtschaftlich selbständigen Produktionseinheit einstufen lässt? Oder ist die Betriebsinhaberschaft als Gesamtheit zu beurteilen und hierbei neben den oben genannten Umständen die Stellung des Betroffenen in der Gesellschaft zu berücksichtigen sowie die Frage, ob er tatsächlich das Unternehmerrisiko trägt?

2.

Ist der Begriff der Betriebsinhaberschaft bei der Beurteilung der Frage, welche Bedeutung einer früheren Tätigkeit bei der Gewährung der Beihilfe für eine andere Tätigkeit zukommt, bezüglich der früheren und bezüglich der Tätigkeit, für die die Beihilfe beantragt wird, in gleicher Weise auszulegen? Setzt die Versagung der Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte im Sinne des Art. 22 der Verordnung des Rates aufgrund einer früher ausgeübten Tätigkeit voraus, dass diese frühere Tätigkeit nach den geltenden Vorschriften grundsätzlich beihilfefähig gewesen wäre?

3.

Ist Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen, dass die oben in Frage 1 genannten Kriterien, nach denen jemand, der sich in einem landwirtschaftlichen Betrieb niedergelassen hat, als Betriebsinhaber gilt, im nationalen Recht präzisiert oder näher definiert werden können, oder berechtigt diese Bestimmung nur zur Definition des Niederlassungszeitpunkts?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur dritten Frage

33

Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 und Art. 13 Abs. 4 und 6 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen sind, dass sich aus ihnen bestimmte Kriterien für die Feststellung ergeben, ob sich eine Person erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber im Sinne der erstgenannten Vorschrift niedergelassen hat, in einer Situation, in der sich der Betroffene unter Rückgriff auf eine Aktiengesellschaft niederlässt. Konkreter stellt es die Frage, ob der beherrschende Einfluss, den diese Person als Aktionär innerhalb dieser Gesellschaft hatte, die Höhe ihres Gewinns aus der Landwirtschaft, der Umstand, dass ihre Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft als funktional und wirtschaftlich selbständige Produktionseinheit angesehen werden kann, ihre Stellung in der Gesellschaft oder die Tragung des Unternehmerrisikos solche Kriterien darstellen können. Zum anderen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht und insbesondere Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten berechtigt bleiben, solche Kriterien in ihrem nationalen Recht zu konkretisieren, und gegebenenfalls in welchem Umfang.

34

Zur Beantwortung dieser Fragen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung aus dem Gebot der einheitlichen Anwendung des Rechts der Union wie auch aus dem Gleichheitssatz folgt, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (vgl. u. a. Urteil vom 21. Dezember 2011, Ziolkowski, C-424/10 und C-425/10, Slg. 2011, I-14035, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen von Verordnungen zwar aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Unionsrechts im Allgemeinen unmittelbare Wirkung in den nationalen Rechtsordnungen haben, ohne dass nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich wären, doch kann es vorkommen, dass manche Verordnungsbestimmungen zu ihrer Durchführung des Erlasses von Durchführungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten bedürfen (vgl. u. a. Urteil vom 21. Dezember 2011, Danske Svineproducenter, C-316/10, Slg. 2011, I-13721, Randnrn. 39 und 40 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Hierzu ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Durchführung einer Verordnung erlassen können, wenn sie deren unmittelbare Anwendbarkeit nicht vereiteln, deren gemeinschaftliche Natur nicht verbergen und die Ausübung des ihnen durch die betreffende Verordnung verliehenen Ermessens innerhalb der Grenzen dieser Vorschriften konkretisieren (Urteil Danske Svineproducenter, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Daher ist unter Bezugnahme auf die einschlägigen, anhand objektiver Kriterien ausgelegten Bestimmungen der fraglichen Verordnung festzustellen, ob diese Bestimmungen es den Mitgliedstaaten verbieten, gebieten oder gestatten, bestimmte Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, und, insbesondere im letztgenannten Fall, ob sich die betreffende Maßnahme in den Rahmen des den einzelnen Mitgliedstaaten eingeräumten Wertungsspielraums einfügt (Urteil Danske Svineproducenter, Randnr. 43).

38

Im Licht dieser Erwägungen ist erstens festzustellen, dass sich aus dem 61. Erwägungsgrund und aus Art. 71 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 ergibt, dass die Bestimmungen über die Zuschussfähigkeit der Ausgaben zwar im Allgemeinen auf nationaler Ebene festgelegt werden, doch gilt dies nur vorbehaltlich der in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Modalitäten für bestimmte Maßnahmen der Entwicklung des ländlichen Raums.

39

Die Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte ist eine solche Maßnahme, und die in Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 vorgesehene, die erstmalige Niederlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber betreffende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit stellt eine besondere Modalität für diese Maßnahme dar. Somit ist zur Ermittlung der Reichweite dieser Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit in erster Linie auf den Wortlaut dieser Bestimmung abzustellen, gegebenenfalls ausgelegt im Licht ihres Kontexts und der Ziele der Verordnung Nr. 1698/2005.

40

Zu den verfolgten Zielen geht aus den Erwägungsgründen 11,13, 14 und 16 sowie aus den Art. 1 Nr. 2, 4 Abs. 1 und 20 Buchst. a der Verordnung hervor, dass sie darauf abzielt, mittels der betreffenden Beihilfe die Niederlassung von Junglandwirten und, wenn diese stattgefunden hat, die strukturelle Anpassung des Betriebs zu erleichtern, um damit das Humanpotenzial zu stärken, die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern und auf diese Weise zur Gewährleistung der nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums beizutragen. Außerdem bedingt gemäß Art. 23 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 die Gewährung einer solchen Niederlassungsbeihilfe in bestimmten Fällen die Gewährung der Beihilfe für den Vorruhestand, in deren Genuss Landwirte gelangen können, die beschließen, ihre landwirtschaftliche Tätigkeit einzustellen, um ihre Betriebe an andere zu übergeben. Diese beiden Beihilfemaßnahmen, die zum selben Schwerpunkt – ein Begriff, der in Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1698/2005 als kohärentes Bündel von Maßnahmen definiert wird, die zu einem oder mehreren der in Art. 4 der Verordnung beschriebenen Ziele beitragen – gehören, können somit, wie aus dem 17. Erwägungsgrund der Verordnung hervorgeht, gemeinsam zum Strukturwandel der landwirtschaftlichen Betriebe beitragen.

41

Zweitens ist dem vorlegenden Gericht sowie der finnischen und der tschechischen Regierung beizupflichten, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 es nicht ausschließen, dass die Beihilfe im Sinne ihres Art. 20 Buchst. a Ziff. ii einer natürlichen Person zugutekommt, die sich als Junglandwirt niederlässt und dabei auf eine juristische Person zurückgreift.

42

Der Wortlaut von Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005, in dem von „Personen …, die … sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niederlassen“, die Rede ist, enthält nämlich keine Vorgaben dazu, ob ein solcher Betrieb die Rechtsform einer Gesellschaft hat oder nicht (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Oktober 1992, Tenuta il Bosco, C-162/91, Slg. 1992, I-5279, Randnr. 12).

43

Dagegen ist ein Ausschluss von Junglandwirten aus dem Kreis der möglichen Empfänger der Niederlassungsbeihilfe, der allein damit begründet wird, dass sie sich bei ihrer Niederlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb der Form einer juristischen Person bedienen, nicht mit den in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils beschriebenen Zielen der Verordnung Nr. 1698/2005 zu vereinbaren, die darin bestehen, mittels der fraglichen Beihilfe die Stärkung des Humanpotenzials und die strukturelle Anpassung der Betriebe zu fördern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zu verbessern und eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums zu gewährleisten.

44

Ein solcher Ausschluss könnte auch gegen das in Art. 40 Abs. 2 AEUV verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteil Tenuta il Bosco, Randnr. 16).

45

Drittens ist zu prüfen, ob es, wenn sich ein Junglandwirt für seine Niederlassung einer juristischen Person bedient, für die Gewährung der fraglichen Beihilfe darauf ankommt, dass der Betroffene über eine Kontrollbefugnis innerhalb dieser juristischen Person verfügt, und unter welchen Voraussetzungen diesem Erfordernis gegebenenfalls genügt wird.

46

Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, gehen die Fragen des Korkein hallinto-oikeus darauf zurück, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens im Rahmen seiner früheren beruflichen Tätigkeit zum einen Geschäftsführer der Gesellschaft Louhikon Sikako und zum anderen Inhaber von 30 % ihrer Gesellschaftsanteile war, während die übrigen 70 % einer anderen Person gehörten.

47

Da sich diese Fragen auf die Kriterien beziehen, anhand deren festgestellt werden kann, ob sich ein Junglandwirt als „Betriebsinhaber“ im Sinne von Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 niederlässt, ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Verordnung diesen Begriff nicht definiert und keine ausdrücklichen Angaben zu seiner Konkretisierung enthält.

48

Zur Verordnung Nr. 1974/2006 ist festzustellen, dass sie zwar, wie sich aus ihrem achten Erwägungsgrund ergibt, u. a. darauf abzielt, bestimmte Bedingungen für die Unterstützung von Junglandwirten festzulegen, doch enthält sie keine näheren Angaben zum Inhalt des Begriffs „Betriebsinhaber“ und verweist für dessen Definition auch nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten.

49

Art. 13 Abs. 4 Satz 1 dieser Verordnung, auf den das vorlegende Gericht in seiner ersten und seiner dritten Frage Bezug nimmt, hat nämlich die Festlegung einer Höchstdauer zum Gegenstand, innerhalb der die Einzelentscheidung über die Gewährung der Niederlassungsbeihilfe ergehen muss, und bestimmt insoweit nur, dass diese Frist 18 Monate nach dem in den geltenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten definierten „Niederlassungszeitpunkt“ nicht überschreiten darf, enthält aber keine Bezugnahme auf den Begriff „Betriebsinhaber“. Unter diesen Umständen kann weder diese Vorschrift noch der erste Gedankenstrich von Nr. 5.3.1.1.2 des Anhangs II Abschnitt A dieser Verordnung dahin ausgelegt werden, dass sie sich auf diesen Begriff beziehen.

50

Art. 13 Abs. 6 der Verordnung, auf den das vorlegende Gericht in seiner ersten Frage ebenfalls Bezug nimmt, stellt lediglich klar, dass eine Niederlassungsbeihilfe auch dann gewährt werden kann, wenn sich der Junglandwirt nicht als alleiniger Betriebsinhaber niederlässt, und verlangt insoweit, dass die besonderen Bedingungen, die sodann vorgesehen werden können, denen entsprechen müssen, die bei der Niederlassung von Junglandwirten als alleinige Betriebsinhaber zu erfüllen sind.

51

Im Hinblick auf das Vorstehende ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Bedeutung und Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem üblichen Sinn im gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu bestimmen sind (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 22. Dezember 2008, Wallentin-Hermann, C-549/07, Slg. 2008, I-11061, Randnr. 17, und Ziolkowski, Randnr. 34).

52

Zu den verwendeten Begriffen ist festzustellen, dass ein Ausdruck wie „Betriebsinhaber“ je nach den speziellen Zielen, die mit den fraglichen Rechtsvorschriften der Union verfolgt werden, unterschiedlich verwendet werden kann (vgl. entsprechend, in Bezug auf den Begriff „landwirtschaftlicher Betrieb“, Urteil vom 28. Februar 1978, Azienda avicola Sant’Anna, 85/77, Slg. 1978, 527, Randnr. 9).

53

Zur Bestimmung der Tragweite dieses Ausdrucks im Sinne von Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 ist festzustellen, dass die verschiedenen in Art. 22 Abs. 1 vorgesehenen Bedingungen für die Gewährung der Niederlassungsbeihilfe gemeinsam zur Erreichung der in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils beschriebenen Ziele beitragen.

54

Die Vorgaben in Art. 22 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 1698/2005, dass der Empfänger der Beihilfe über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügen und einen Betriebsverbesserungsplan für die Entwicklung vorlegen muss, können nämlich die Stärkung des Humanpotenzials und die strukturelle Anpassung des Betriebs fördern und auf diese Weise zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums beitragen.

55

In diesem Zusammenhang ist die in Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung aufgestellte Bedingung, dass der Betroffene sich „als Betriebsinhaber“ niederlässt, dahin auszulegen, dass sie im Wesentlichen verlangt, dass derjenige, der über diese Qualifikation verfügt, auch die tatsächliche und dauerhafte Herrschaft sowohl über den landwirtschaftlichen Betrieb als auch über dessen Verwaltung besitzt; dies stellt nämlich eine Gewähr für die Effizienz und den Fortbestand der von dem Betreffenden bei diesem Betrieb zu veranlassenden Entwicklung dar.

56

Zwar bleibt es den Mitgliedstaaten in einem solchen Kontext unbenommen, die Bedingungen, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als „Betriebsinhaber“ eingestuft werden kann, im Einzelnen zu konkretisieren, um durch die Erhöhung der Vorhersehbarkeit des in Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 aufgestellten Erfordernisses die Rechtssicherheit zu verbessern, doch steht dies unter dem Vorbehalt, dass solche Bedingungen nicht über den mit ihnen zu konkretisierenden Rahmen hinausgehen und somit unter Beachtung dieser Vorschrift und der mit der Verordnung verfolgten Ziele gewährleisten, dass der Antragsteller sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch dessen Verwaltung tatsächlich und dauerhaft beherrscht (vgl. entsprechend Urteile vom 14. Oktober 2004, Kommission/Niederlande, C-113/02, Slg. 2004, I-9707, Randnr. 19, sowie Danske Svineproducenter, Randnrn. 49 und 51).

57

Hierzu ist festzustellen, dass insbesondere aus Art. 6 des Strukturbeihilfengesetzes und aus Art. 3 der Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe hervorgeht, dass die Kontrollbefugnis, wenn sich der Beihilfeantrag auf eine mittels einer juristischen Person ausgeübte Tätigkeit bezieht, von einer natürlichen Person ausgeübt werden muss, die weniger als 40 Jahre alt ist und sich zum ersten Mal in einem landwirtschaftlichen Unternehmen als Betriebsinhaber niederlässt, und dass eine solche Kontrollbefugnis insbesondere voraussetzt, dass der Betreffende mehr als die Hälfte der Anteile an der juristischen Person besitzt und diese Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren.

58

Solche Bedingungen laufen den in Randnr. 56 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen offenkundig nicht zuwider.

59

Was das Ausgangsverfahren betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Herr Ketelä zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Geschäftsführung der Gesellschaft Louhikon Sikako übernahm, nur 30 % der Anteile dieser Gesellschaft hielt, während die übrigen 70 % der Anteile im Eigentum eines Dritten standen.

60

Nach alledem ist daher festzustellen, dass unter solchen Umständen nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Betroffene eine tatsächliche und dauerhafte Herrschaft über den betreffenden Betrieb und dessen Verwaltung ausüben konnte, so dass er sich aufgrund dieser Tätigkeit noch nicht als „Betriebsinhaber“ im Sinne von Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 niedergelassen hatte. Hieraus folgt zugleich, dass diese frühere Tätigkeit kein Hindernis für die Gewährung der im Rahmen der Übernahme des elterlichen Betriebs durch den Betroffenen beantragten Niederlassungsbeihilfe darstellen kann.

61

Infolgedessen ist, ohne dass die übrigen Beurteilungskriterien geprüft zu werden brauchen, auf die das vorlegende Gericht in seiner ersten Frage Bezug nimmt, auf die erste und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen ist, dass das in dieser Bestimmung aufgestellte Erfordernis, wonach sich die betreffende Person erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als „Betriebsinhaber“ niederlassen muss, in einer Situation, in der sich der Betroffene mittels einer Aktiengesellschaft niederlässt, voraussetzt, dass er eine tatsächliche und dauerhafte Herrschaft sowohl über den landwirtschaftlichen Betrieb als auch über dessen Verwaltung ausübt. Zwar bleibt es den Mitgliedstaaten unbenommen, im Einzelnen die Bedingungen zu konkretisieren, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als Betriebsinhaber eingestuft werden kann, doch steht dies unter dem Vorbehalt, dass solche Bedingungen nicht über den mit ihnen zu konkretisierenden Rahmen hinausgehen und somit unter Beachtung der mit der Verordnung Nr. 1698/2005 verfolgten Ziele gewährleisten, dass der Antragsteller sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch dessen Verwaltung tatsächlich und dauerhaft beherrscht. Diesen Erfordernissen genügen nationale Vorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die vorsehen, dass in Fällen, in denen sich der Junglandwirt unter Rückgriff auf eine juristische Person niederlässt, die Gewährung der Beihilfe insbesondere davon abhängt, dass er die Kontrollbefugnis innerhalb dieser juristischen Person innehat, was voraussetzt, dass er mehr als die Hälfte der Anteile dieser Gesellschaft hält und dass seine Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren.

Zur zweiten Frage

62

In Anbetracht der in Randnr. 60 des vorliegenden Urteils getroffenen Feststellungen und der Antwort auf die erste und die dritte Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

Kosten

63

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist dahin auszulegen, dass das in dieser Bestimmung aufgestellte Erfordernis, wonach sich die betreffende Person erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als „Betriebsinhaber“ niederlassen muss, in einer Situation, in der sich der Betroffene unter Rückgriff auf eine Aktiengesellschaft niederlässt, voraussetzt, dass er eine tatsächliche und dauerhafte Herrschaft sowohl über den landwirtschaftlichen Betrieb als auch über dessen Verwaltung ausübt.

 

Zwar bleibt es den Mitgliedstaaten unbenommen, im Einzelnen die Bedingungen zu konkretisieren, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als Betriebsinhaber eingestuft werden kann, doch steht dies unter dem Vorbehalt, dass solche Bedingungen nicht über den mit ihnen zu konkretisierenden Rahmen hinausgehen und somit unter Beachtung der mit der Verordnung Nr. 1698/2005 verfolgten Ziele gewährleisten, dass der Antragsteller sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch dessen Verwaltung tatsächlich und dauerhaft beherrscht. Diesen Erfordernissen genügen nationale Vorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die vorsehen, dass in Fällen, in denen sich der Junglandwirt unter Rückgriff auf eine juristische Person niederlässt, die Gewährung der Beihilfe insbesondere davon abhängt, dass er die Kontrollbefugnis innerhalb dieser juristischen Person innehat, was voraussetzt, dass er mehr als die Hälfte der Anteile dieser Gesellschaft hält und dass seine Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Finnisch.

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