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Dokument 62011CJ0053

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 19. Januar 2012.
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) gegen Nike International Ltd.
Rechtsmittel - Gemeinschaftsmarke - Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Art. 58 - Verordnung (EG) Nr. 2868/95 - Regeln 49 und 50 - Wortmarke R10 - Widerspruch - Übertragung - Zulässigkeit der Beschwerde - Begriff der zur Einlegung einer Beschwerde berechtigten Person - Anwendbarkeit der Richtlinien des HABM.
Rechtssache C-53/11 P.

Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2012:27

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

19. Januar 2012 ( *1 )

„Rechtsmittel — Gemeinschaftsmarke — Verordnung (EG) Nr. 40/94 — Art. 58 — Verordnung (EG) Nr. 2868/95 — Regeln 49 und 50 — Wortmarke R10 — Widerspruch — Übertragung — Zulässigkeit der Beschwerde — Begriff der zur Einlegung einer Beschwerde berechtigten Person — Anwendbarkeit der Richtlinien des HABM“

In der Rechtssache C-53/11 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. Februar 2011,

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch J. Crespo Carrillo als Bevollmächtigten,

Rechtsmittelführer,

andere Verfahrensbeteiligte:

Nike International Ltd mit Sitz in Beaverton (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigter: M. de Justo Bailey, abogado,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Aurelio Muñoz Molina, wohnhaft in Petrer (Spanien),

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus (Berichterstatter), A. Rosas, A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2011,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. November 2010, Nike International/HABM – Muñoz Molina (R10) (T-137/09, Slg. 2010, II-5433, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses der Klage der Nike International Ltd (im Folgenden: Nike) auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 21. Januar 2009 (Sache R 551/2008-1, im Folgenden: streitige Entscheidung) stattgegeben hat. Mit dieser Entscheidung hatte die Erste Beschwerdekammer des HABM den auf das nicht eingetragene Zeichen „R10“ gestützten Widerspruch von Nike gegen die Anmeldung desselben Zeichens als Gemeinschaftsmarke durch Herrn Aurelio Muñoz Molina für unzulässig erklärt.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 40/94

2

Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft trat, aufgehoben und ersetzt. In Anbetracht des Datums der Einlegung des Widerspruchs, der mit der streitigen Entscheidung beschieden wurde, gilt jedoch für den vorliegenden Rechtsstreit weiterhin die Verordnung Nr. 40/94 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1891/2006 des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 386, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 40/94).

3

Art. 57 („Beschwerdefähige Entscheidungen“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:

„Die Entscheidungen der Prüfer, der Widerspruchsabteilungen, der Markenverwaltungs- und Rechtsabteilung und der Nichtigkeitsabteilungen sind mit der Beschwerde anfechtbar. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.“

4

Art. 58 („Beschwerdeberechtigte und Verfahrensbeteiligte“) dieser Verordnung sieht vor:

„Die Beschwerde steht denjenigen zu, die an einem Verfahren beteiligt waren, das zu einer Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind. Die übrigen an diesem Verfahren Beteiligten sind am Beschwerdeverfahren beteiligt.“

5

Art. 59 („Frist und Form“) der Verordnung lautet:

„Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen.“

6

Art. 73 („Begründung der Entscheidungen“) dieser Verordnung bestimmt:

„Die Entscheidungen des Amtes sind mit Gründen zu versehen. Sie dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.“

7

Art. 74 („Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen“) der Verordnung Nr. 40/94 sieht vor:

„(1)

In dem Verfahren vor dem Amt ermittelt das Amt den Sachverhalt von Amts wegen. Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, ist das Amt bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

(2)

Das Amt braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

Verordnung (EG) Nr. 2868/95

8

Regel 31 („Rechtsübergang“) der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 (ABl. L 172, S. 4) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2868/95) bestimmt in den Abs. 1, 2, 5 und 6:

„(1)

Der Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs gemäß Artikel 17 der Verordnung [Nr. 40/94] muss folgende Angaben enthalten:

a)

die Nummer der Eintragung der Gemeinschaftsmarke;

b)

Angaben über den neuen Inhaber gemäß Regel 1 Absatz 1 Buchstabe b);

c)

die Angabe der eingetragenen Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Rechtsübergang bezieht, falls nicht alle eingetragenen Waren und Dienstleistungen Gegenstand des Rechtsübergangs sind;

d)

Unterlagen, aus denen sich der Rechtsübergang gemäß Artikel 17 Absätze 2 und 3 der Verordnung [Nr. 40/94] ergibt.

(2)

Der Antrag kann gegebenenfalls den Namen und die Geschäftsanschrift des Vertreters des neuen Markeninhabers gemäß Regel 1 Absatz 1 Buchstabe e) enthalten.

(5)

Als Beweis für den Rechtsübergang im Sinne von Absatz 1 Buchstabe d) reicht aus, dass

a)

der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs vom eingetragenen Markeninhaber oder seinem Vertreter und vom Rechtsnachfolger oder seinem Vertreter unterschrieben ist,

b)

der Antrag, falls er vom Rechtsnachfolger gestellt wird, mit einer vom eingetragenen Markeninhaber oder seinem Vertreter unterzeichneten Erklärung einhergeht, die besagt, dass der eingetragene Markeninhaber der Eintragung des Rechtsnachfolgers zustimmt,

c)

dem Antrag ein ausgefülltes Formblatt oder Dokument gemäß Regel 83 Absatz 1 Buchstabe d) beigefügt ist. Der Antrag muss vom eingetragenen Markeninhaber oder seinem Vertreter und vom Rechtsnachfolger oder seinem Vertreter unterzeichnet sein.

(6)

Sind die Voraussetzungen für den Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs gemäß Artikel 17 Absätze 1 bis 4 der Verordnung [Nr. 40/94] und der obigen Absätze 1 bis 4 sowie der sonstigen Regeln für einen solchen Antrag nicht erfüllt, so teilt das Amt dem Antragsteller den Mangel mit. Wird der Mangel nicht innerhalb einer vom Amt festgelegten Frist beseitigt, so weist es den Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs zurück.“

9

Titel X („Beschwerdeverfahren“) der Verordnung Nr. 2868/95 beginnt mit Regel 48 („Inhalt der Beschwerdeschrift“), die bestimmt:

„(1)

Die Beschwerdeschrift muss folgende Angaben enthalten:

a)

den Namen und die Anschrift des Beschwerdeführers gemäß Regel 1 Absatz 1 Buchstabe b);

b)

hat der Beschwerdeführer einen Vertreter bestellt, den Namen und die Geschäftsanschrift dieses Vertreters gemäß Regel 1 Absatz 1 Buchstabe e);

c)

eine Erklärung, in der die angefochtene Entscheidung und der Umfang genannt werden, in dem ihre Änderung oder Aufhebung begehrt wird.

(2)

Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist.“

10

Ebenfalls in Titel X sieht Regel 49 („Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig“) Abs. 1 und 2 vor:

„(1)

Entspricht die Beschwerde nicht den Artikeln 57 bis 59 der Verordnung [Nr. 40/94] sowie Regel 48 Absatz 1 Buchstabe c) und Absatz 2, so weist die Beschwerdekammer sie als unzulässig zurück, sofern der Mangel nicht bis zum Ablauf der gemäß Artikel 59 der Verordnung [Nr. 40/94] festgelegten Frist beseitigt worden ist.

(2)

Stellt die Beschwerdekammer fest, dass die Beschwerde sonstigen Vorschriften der Verordnung [Nr. 40/94] oder sonstigen Vorschriften dieser Regeln und insbesondere Regel 48 Absatz 1 Buchstaben a) und b) nicht entspricht, so teilt sie dies dem Beschwerdeführer mit und fordert ihn auf, die festgestellten Mängel innerhalb einer von ihr festgelegten Frist zu beseitigen. Werden die Mängel nicht fristgemäß beseitigt, so weist die Beschwerdekammer die Beschwerde als unzulässig zurück.“

11

In Regel 50 („Prüfung der Beschwerde“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 heißt es:

„Die Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, sind im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar, soweit nichts anderes vorgesehen ist.

Richtet sich die Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung, so beschränkt die Beschwerdekammer die Prüfung der Beschwerde auf die Sachverhalte und Beweismittel, die innerhalb der von der Widerspruchsabteilung nach Maßgabe der Verordnung [Nr. 40/94] und dieser Regeln festgesetzten Frist vorgelegt werden, sofern die Beschwerdekammer nicht der Meinung ist, dass zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel gemäß Artikel 74 Absatz 2 der Verordnung [Nr. 40/94] berücksichtigt werden sollten.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

12

Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt wird in den Randnrn. 1 bis 9 des angefochtenen Urteils wie folgt dargestellt:

„1

Am 2. Januar 2006 meldete der Kläger, Herr Aurelio Muñoz Molina, … beim [HABM] eine Gemeinschaftsmarke an.

2

Dabei handelte es sich um das Wortzeichen R10.

3

Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 30/2006 vom 24. Juli 2006 veröffentlicht.

4

Am 24. Oktober 2006 erhob die DL Sports & Marketing Ltda gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 … gegen die Anmeldung einen Widerspruch, der auf die nicht eingetragene Marke und das im geschäftlichen Verkehr benutzte Kennzeichenrecht R10 gestützt war und sich gegen alle von der Anmeldemarke erfassten Waren richtete. …

5

Am 28. November 2006 gewährte die Widerspruchsabteilung [der] DL Sports & Marketing [Ltda] eine Frist von vier Monaten bis zum 29. März 2007, um u. a. das Bestehen und die Gültigkeit des geltend gemachten älteren Rechts nachzuweisen. Am 29. März 2007 beantragte [die] DL Sports & Marketing [Ltda] eine Fristverlängerung, die ihr am 8. Juni 2007 bis zum Datum des 9. August 2007 eingeräumt wurde. Am 24. Oktober 2007 stellte die Widerspruchsabteilung fest, dass nichts zur Begründung des Widerspruchs eingereicht worden sei.

6

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 teilte der Bevollmächtigte [von Nike] der Widerspruchsabteilung mit, dass [die] DL Sports & Marketing [Ltda] mit Vertrag vom 20. Juni 2007 das Eigentum an verschiedenen Marken und gewerblichen Schutzrechten – unter Vermittlung durch die Nike, Inc. – auf [Nike] übertragen habe (im Folgenden: Übertragungsvertrag). Der Bevollmächtigte [von Nike] teilte weiter mit, er sei von der neuen Inhaberin des älteren Rechts mit der Fortführung des Widerspruchsverfahrens beauftragt worden, und beantragte demgemäß, an diesem Verfahren als Vertreter beteiligt zu werden.

7

Am 19. Februar 2008 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass [die] DL Sports & Marketing [Ltda] innerhalb der gesetzten Frist nicht das Bestehen des zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten älteren Rechts nachgewiesen habe (im Folgenden: Entscheidung der Widerspruchsabteilung).

8

Am 28. März 2008 legte [Nike] gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 … beim HABM eine Beschwerde ein.

9

Mit [der streitigen Entscheidung] wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde als unzulässig zurück. Sie begründete dies damit, dass [Nike] nicht ihre Rechtsstellung als Beteiligte am Widerspruchsverfahren nachgewiesen habe und dass sie deshalb nicht zur Einlegung einer Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung berechtigt gewesen sei. Der Bevollmächtigte [von Nike] habe nämlich vor der Widerspruchsabteilung nicht dargelegt – und erst recht nicht nachgewiesen –, dass das zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachte ältere Recht zu den Marken gehöre, die auf [Nike] übertragen worden seien. Auch im Beschwerdeverfahren habe [Nike] nicht nachzuweisen vermocht, dass sie Inhaberin des geltend gemachten älteren Rechts sei. Der Übertragungsvertrag belege nur, dass [Nike] verschiedene Gemeinschaftsmarken erworben habe, nicht aber speziell ihren Erwerb des fraglichen älteren Rechts.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13

Mit am 6. April 2009 eingegangener Klageschrift erhob Nike eine Klage vor dem Gericht, die u. a. darauf gerichtet war, ihre Beschwerde bei der Ersten Beschwerdekammer des HABM für zulässig erklären zu lassen.

14

Für ihre Klage machte Nike vier Klagegründe geltend.

15

Das Gericht hat den ersten und den dritten Klagegrund zurückgewiesen und den vierten Klagegrund ungeprüft gelassen, aber dem zweiten Klagegrund stattgegeben, soweit er die streitige Entscheidung betraf, und daher die streitige Entscheidung aufgehoben.

16

Mit ihrem zweiten Klagegrund hatte Nike zum einen gerügt, dass die streitige Entscheidung unter Verletzung ihrer Verteidigungsrechte ergangen sei, da sie auf eine Auslegung des Übertragungsvertrags gestützt worden sei, zu der sie nicht habe Stellung nehmen können, und zum anderen, dass durch den Erlass der Entscheidung u. a. Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 verletzt werde, weil ihr keine Gelegenheit gegeben worden sei, die Mängel hinsichtlich des Nachweises für die Übertragung des älteren Rechts zu beheben.

17

In den Randnrn. 22 bis 24 und 26 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass Nike nach Ansicht der Ersten Beschwerdekammer des HABM nicht habe belegen können, dass sie Inhaberin des geltend gemachten älteren Rechts sei, und dass sie folglich nicht ihre Beteiligtenstellung im Widerspruchsverfahren nachgewiesen habe und somit nicht zur Anfechtung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung berechtigt gewesen sei. Dazu hat das Gericht ausgeführt, dass mangels einer Rechtsvorschrift, die den Nachweis für die Übertragung eines zur Stützung eines Widerspruchs geltend gemachten älteren nationalen Rechts regele, die Richtlinien für die Verfahren vor dem HABM (im Folgenden: Richtlinien des HABM) – die dieses grundsätzlich zu beachten habe – insoweit der Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 nachgebildet seien. So sei in Kapitel 1 („Verfahrensfragen“) des Teils C („Das Widerspruchsverfahren“) in Punkt E, VIII, 1.3.1 dieser Richtlinien vorgesehen, dass dann, wenn der neue Inhaber des älteren nationalen Rechts „das [HABM] über die Übertragung informiert, aber keine (ausreichenden) Nachweise vorlegt, … das Widerspruchsverfahren ausgesetzt werden [muss] und dem neuen Inhaber … zwei Monate gegeben [werden], um die Übertragung nachzuweisen“.

18

Das Gericht hat in Randnr. 24 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass diese Übertragung der Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95, die u. a. für den Rechtsübergang von Gemeinschaftsmarken gelte, auf die Übertragung der Rechte an nationalen Marken nicht zu beanstanden sei, da in den Fällen, in denen das nationale Recht kein Verfahren für die Eintragung der Übertragung des Eigentums an eingetragenen Marken vorsehe, die Prüfung, ob die Übertragung der Widerspruchsmarke tatsächlich stattgefunden habe, im Wesentlichen die gleiche sei wie die, welche die zuständige Dienststelle des HABM bei der Prüfung von Anträgen auf Übertragung von Gemeinschaftsmarken vornehme. Auch wenn dieses Verfahren im Übrigen ausdrücklich eingetragene nationale Marken betreffe, sei es auf die Übertragung nicht eingetragener nationaler Marken entsprechend anzuwenden, da die Art der vom HABM vorzunehmenden Prüfung die gleiche sei.

19

Im Anschluss hat das Gericht in den Randnrn. 25 und 26 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass nach Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 die Vorschriften für das Verfahren vor der Widerspruchsabteilung des HABM im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar seien, dass aber die Erste Beschwerdekammer des HABM unter Verstoß gegen die vorgenannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 2868/95 und der Richtlinien des HABM Nike nicht die Gelegenheit gegeben habe, ergänzende Nachweise für die Übertragung des älteren nationalen Rechts vorzulegen.

20

Dem Vorbringen des HABM, Nike habe ihren Eintritt anstelle der ursprünglichen Widersprechenden in das Verfahren vor der Widerspruchsabteilung des HABM erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens beantragt, hat das Gericht in Randnr. 27 des angefochtenen Urteils entgegnet, dass, selbst wenn dieser Antrag keinen Erfolg haben könne oder sogar unbeachtet bleiben dürfe, dem Erwerber nicht das Recht genommen werden dürfe, eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung einzulegen. Denn als Inhaber der zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten Marke sei der Erwerber notwendig zur Anfechtung der das Widerspruchsverfahren abschließenden Entscheidung berechtigt, und zwar unabhängig davon, ob er vor der Widerspruchsabteilung des HABM einen Antrag auf Eintritt in das Verfahren gestellt habe und ob dieser Antrag zulässig gewesen sei. Die Beschwerdekammer des HABM müsse sich zwar vergewissern, dass der Erwerber Inhaber der älteren Marke sei, sie müsse diese Prüfung jedoch unter Einhaltung der geltenden Verfahrensvorschriften einschließlich der Richtlinien des HABM durchführen.

21

Nach Ansicht des Gerichts in Randnr. 28 des angefochtenen Urteils vermochte ebenso wenig das Vorbringen des HABM durchzugreifen, Nike habe keinen geeigneten Nachweis dafür vorgelegt, dass das für den Widerspruch angeführte ältere Recht auf sie übertragen worden sei, denn mit ihrer Rüge mache Nike gerade geltend, dass ihr die Erste Beschwerdekammer des HABM Gelegenheit hätte geben müssen, sich zur Auslegung der eingereichten Nachweise zu äußern oder deren Unzulänglichkeit zu beheben.

22

Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 29 und 30 des angefochtenen Urteils das Vorbringen des HABM zurückgewiesen, dass der Rechtsverstoß der Ersten Beschwerdekammer des HABM nicht zur Aufhebung der streitigen Entscheidung führen könne, da er sich nicht auf deren Inhalt ausgewirkt habe, und dass der Widerspruch in jedem Fall bereits deshalb hätte zurückgewiesen werden müssen, weil es die ursprüngliche Widersprechende versäumt habe, Nachweise für das Bestehen des den Widerspruch stützenden älteren Rechts einzureichen. Nach Ansicht des Gerichts ließ sich nicht bestreiten, dass eine Entscheidung, mit der die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen werde, nicht den gleichen Inhalt wie eine Entscheidung in der Sache habe. Im Übrigen könne das Gericht nicht anhand einer Prüfung von Argumenten, die von der Ersten Beschwerdekammer des HABM nicht behandelt worden seien, unmittelbar die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung prüfen, um zu ermitteln, ob der Verstoß gegen Verfahrensregeln durch die Beschwerdekammer möglicherweise Einfluss auf die endgültige Zurückweisung des Widerspruchs gehabt habe.

23

Das Gericht hat daraus in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass der zweite Klagegrund durchgreife, ohne dass geprüft zu werden brauche, ob die Verteidigungsrechte von Nike unabhängig von den vorgenannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 2868/95 und den Richtlinien des HABM verletzt worden seien.

Anträge der Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof

24

Mit seinem Rechtsmittel beantragt das HABM,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

durch Urteil in der Sache erneut zu entscheiden und die Klage gegen die streitige Entscheidung abzuweisen oder die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

Nike die Kosten aufzuerlegen.

25

In ihrer Rechtsmittelbeantwortung beantragt Nike,

das Rechtsmittel zurückzuweisen;

dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

26

Für das Rechtsmittel macht das HABM zwei Rechtsmittelgründe geltend. Der erste betrifft einen Verstoß gegen Regel 49 der Verordnung Nr. 2868/95 und gegen Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 und der zweite einen Verstoß gegen die Richtlinien des HABM und Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95.

27

Die beiden Rechtsmittelgründe sind zusammen zu prüfen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

28

Mit dem ersten Teil seines ersten Rechtsmittelgrundes macht das HABM geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es weder Regel 49 der Verordnung Nr. 2868/95 noch Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 auf das Beschwerdeverfahren angewandt habe, obwohl die streitige Entscheidung auf diese Bestimmungen gestützt sei.

29

Nach Ansicht des HABM hatte Nike ihre Rechtsstellung als Beteiligte am Verfahren vor der Ersten Beschwerdekammer des HABM darzutun, und zwar durch den Nachweis, dass ihr das den Widerspruch stützende ältere nationale Recht von der ursprünglichen Widersprechenden übertragen worden sei. Der streitigen Entscheidung sei zu entnehmen, dass die der Beschwerdekammer vorgelegten Dokumente nicht bewiesen, dass Nike Inhaberin dieses Rechts sei, denn der von Nike vorgelegte Übertragungsvertrag belege nur den Erwerb von Gemeinschaftsmarken, nicht aber den Erwerb der nicht eingetragenen nationalen Widerspruchsmarke durch Nike.

30

Das Gericht habe im angefochtenen Urteil zu Unrecht eine Gesetzeslücke angenommen, die es anhand von aufeinanderfolgenden Analogien zu füllen versucht habe, was dazu geführt habe, dass die im vorliegenden Fall anwendbare Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 außer Acht gelassen worden sei und die Beschwerdekammern des HABM verpflichtet worden seien, die Richtlinien des HABM und damit Vorschriften anzuwenden, die im vorliegenden Fall überhaupt nicht einschlägig seien.

31

Nach dieser Regel 49 Abs. 1 müsse der sich aus einem Verstoß gegen die Art. 57 bis 59 der Verordnung Nr. 40/94 ergebende Mangel vor Ablauf der in Art. 59 dieser Verordnung festgesetzten Frist, also innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung, beseitigt werden.

32

Da zudem nach Regel 49 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 dem Beschwerdeführer eine Frist für die Beseitigung etwaiger Mängel nur eingeräumt werde, wenn die Beschwerdekammer des HABM feststelle, dass die Beschwerde sonstigen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 oder der Verordnung Nr. 2868/95 und insbesondere Regel 48 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 2868/95 nicht entspreche, untersage Regel 49 dieser Verordnung der Beschwerdekammer des HABM, eine Frist für die Beseitigung von sich aus einem Verstoß gegen Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 ergebenden Mängeln einzuräumen. Angesichts der Tatsache, dass Nike ihre Rechtsstellung als Verfahrensbeteiligte nicht innerhalb der in Art. 59 dieser Verordnung festgesetzten Frist von vier Monaten nachgewiesen habe, sei in der streitigen Entscheidung zu Recht festgestellt worden, dass die Beschwerde von Nike nach Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 in Verbindung mit Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 unzulässig sei.

33

Zudem habe die Erste Beschwerdekammer des HABM nicht dadurch die Verteidigungsrechte von Nike verletzt, dass sie ihr keine Frist für die Beseitigung der Unzulässigkeit ihrer Beschwerde eingeräumt habe, da nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts die Würdigung der Tatsachen zur Entscheidungsfindung selbst gehöre. Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstrecke sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bildeten, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen wolle. Da Nike die fraglichen Dokumente selbst beim HABM eingereicht habe, sei es ihr möglich gewesen, sich zu ihrer Beweiskraft zu äußern.

34

Mit dem zweiten Teil seines ersten Rechtsmittelgrundes macht das HABM geltend, das Gericht habe seine Pflicht zur Begründung des angefochtenen Urteils dadurch verletzt, dass es sich nicht zur Anwendbarkeit des Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 und der Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 auf das Beschwerdeverfahren geäußert habe.

35

Nike trägt zum ersten Rechtsmittelgrund vor, das Gericht habe die streitige Entscheidung zu Recht aufgehoben, da die Erste Beschwerdekammer des HABM gegen Regel 50 der Verordnung Nr. 2868/95 und Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe, indem sie ihr keine Gelegenheit gegeben habe, ergänzende Nachweise für die Übertragung des geltend gemachten älteren Rechts auf sie vorzulegen. Nach diesem Art. 73 könne nämlich eine Entscheidung des HABM nicht auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich nicht hätten äußern können. Dies gehöre zu den Mindestanforderungen an die Rechtssicherheit, die Beteiligte erwarten könnten, wenn sie sich der Verwaltung gegenübersähen. Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 könne keine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen.

36

In dem Verfahren vor dem Gericht habe das HABM weder bestritten, dass die Unzulässigkeit der Beschwerde in der streitigen Entscheidung mit der Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 begründet worden sei, noch, dass die Erste Beschwerdekammer des HABM Nike nicht die Gelegenheit gegeben habe, sich zu diesem Unzulässigkeitsgrund zu äußern. Daher sei das angefochtene Urteil, was die Verletzung der Verteidigungsrechte gemäß Art. 73 dieser Verordnung angehe, mit dem Unionsrecht vereinbar.

37

Zudem müsse die Anwendung des Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 mit den übrigen Bestimmungen dieser Verordnung und der Verordnung Nr. 2868/95 und insbesondere damit im Einklang stehen, was unter dem Begriff des Beteiligten an einem Beschwerdeverfahren zu verstehen sei. Die Auslegung, die das HABM dem Begriff des Beteiligten im Sinne des Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 gegeben habe, verwechsele die Eigenschaft des „Beteiligten“ mit der des „Inhabers“ des älteres Rechts und lasse die unterschiedliche Terminologie außer Betracht, wie sie in den Bestimmungen dieser Verordnung verwendet werde. Die Verwendung des Begriffs „Beteiligter“ im genannten Art. 58 zeige, dass die Verordnung den nachträglichen und rechtzeitigen Nachweis der „Rechtsinhaberschaft“ zulasse. Daher sei der Erwerber im vorliegenden Fall befugt, gegen die das Widerspruchsverfahren abschließende Entscheidung vorzugehen.

38

Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund eines Verstoßes gegen die Richtlinien des HABM und gegen Art. 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 macht das HABM geltend, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft, soweit darin festgestellt werde, dass die Beschwerdekammern des HABM gemäß Regel 50 Abs. 1 dieser Verordnung verpflichtet seien, die Richtlinien des HABM anzuwenden.

39

Diese Richtlinien seien Anweisungen an die Bediensteten des HABM, auf deren Grundlage die Prüfer und die verschiedenen Abteilungen des HABM ihre Entscheidungen träfen, zu deren Anwendung aber nicht die Beschwerdekammern des HABM verpflichtet sein könnten, die u. a. die Vereinbarkeit der Entscheidungen dieser Abteilungen mit den Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 40/94 und 2868/95 überprüften.

40

Ferner handele es sich bei den Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM um gebundene Entscheidungen und nicht um Ermessensentscheidungen. Daher sei die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen nur auf der Grundlage der Verordnungen Nrn. 40/94 und 2868/95 in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis des HABM zu beurteilen.

41

In diesem Zusammenhang sei der Verweis des angefochtenen Urteils auf Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 besonders verfehlt, denn zum einen sei darin ausdrücklich bestimmt, dass die Regel nur anwendbar sei, „soweit nichts anderes vorgesehen“ sei, und Regel 49 dieser Verordnung sehe gerade etwas anderes vor. Zum anderen könne es sich bei den Bestimmungen, auf die Regel 50 Abs. 1 verweise, nur um Rechtsvorschriften handeln, insbesondere um die Verordnungen Nrn. 40/94 und 2868/95 und nicht um verwaltungsinterne Anweisungen, die an die Abteilungen des HABM gerichtet seien.

42

Nike ist hingegen der Ansicht, dass das HABM, auch wenn ihm durch die Verpflichtung zur Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns Schranken gesetzt seien, anerkannt und bekräftigt habe, dass das „Kohärenzgebot“ u. a. durch den Erlass mehr oder weniger bindender interner Leitlinien umgesetzt werde. Folglich müsse es die einschlägigen Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 40/94 und 2868/95 im Einklang mit den Richtlinien des HABM auslegen. Der Verweis des angefochtenen Urteils auf die Verpflichtung der Beschwerdekammern des HABM zur Anwendung dieser Richtlinien stelle daher keinen Rechtsfehler dar. In Ermangelung einer speziellen Rechtsvorschrift müssten nämlich die Beschwerdekammern Regel 31 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2868/95 so anwenden, wie dies in den Richtlinien des HABM vorgegeben sei.

43

Schließlich trägt Nike vor, dass die Beschwerdekammern des HABM über die von den Beteiligten vorgetragenen Tatsachen hinaus auch allgemein bekannte Tatsachen berücksichtigen könnten. Obwohl sich aus Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergebe, dass es in einem Verfahren mit mehreren Beteiligten Sache der Beteiligten sei, die von ihnen vorgetragenen Tatsachen hinreichend zu beweisen, befreie diese Bestimmung die Erste Beschwerdekammer des HABM nicht von ihrer Pflicht, die als Nachweis für die Rechtsinhaberschaft von Nike angeführte Übertragungsurkunde für das geltend gemachte ältere Recht zu überprüfen. Dies gelte umso mehr, als die Herkunft und der Inhaber der zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten Marke allgemein bekannt seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

44

Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und dem zweiten Rechtsmittelgrund macht das HABM geltend, das Gericht habe dadurch gegen Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 49 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen, dass es diese Bestimmungen außer Acht gelassen und die Erste Beschwerdekammer des HABM verpflichtet habe, bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung einer Person, die gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung des HABM Beschwerde eingelegt habe, die Richtlinien des HABM entsprechend anzuwenden. Das Gericht habe entschieden, dass die Beschwerdekammer Nike eine zusätzliche Frist zur Stellungnahme oder Vorlage ergänzender Nachweise für die Übertragung des zur Begründung der Beschwerdeberechtigung herangezogenen älteren Rechts hätte einräumen müssen.

45

Zur Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung des HABM sieht Art. 58 Satz 1 der Verordnung Nr. 40/94 vor, dass die Beschwerde denjenigen zusteht, die an einem Verfahren beteiligt waren, das zu einer Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind.

46

Nach Art. 59 dieser Verordnung ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim HABM einzulegen und innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich zu begründen.

47

Regel 49 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2868/95, die u. a. Durchführungsvorschriften für die Art. 58 und 59 der Verordnung Nr. 40/94 enthält, stellt spezielle Regeln für die Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde auf.

48

Was die Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig und die Voraussetzungen für die Beseitigung eines eventuellen Unzulässigkeitsgrundes anbelangt, der sich u. a. daraus ergeben kann, dass die Beschwerde nicht den in den Art. 58 und 59 der Verordnung Nr. 40/94 festgelegten Bedingungen entspricht, sieht Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 vor, dass die Beschwerdekammer die Beschwerde als unzulässig zurückweist, wenn sie u. a. Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 nicht entspricht und sofern der Mangel nicht bis zum Ablauf der in Art. 59 dieser Verordnung festgelegten Frist beseitigt worden ist.

49

Wie in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils ausgeführt, sieht dieser Art. 59 jedoch zwei unterschiedliche Fristen vor. Um eine tatsächliche Möglichkeit zur Beseitigung der in Regel 49 Abs. 1 angesprochenen Mängel zu schaffen, ist auf die Frist von vier Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung abzustellen.

50

Regel 49 der Verordnung Nr. 2868/95 eröffnet dem HABM nach dem Wortlaut ihres Abs. 1 nicht nur keine Möglichkeit, demjenigen, der die Beschwerde einlegt, eine zusätzliche Frist für die Beseitigung eines Mangels im Zusammenhang mit dem Nachweis der Beschwerdeberechtigung einzuräumen, sondern schließt zudem in ihrem Abs. 2 eine solche Möglichkeit aus.

51

Regel 49 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 sieht nämlich vor, dass die Beschwerdekammer, wenn sie feststellt, dass die Beschwerde sonstigen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 oder sonstigen Vorschriften der Regeln der Verordnung Nr. 2868/95 und insbesondere Regel 48 Abs. 1 Buchst. a und b nicht entspricht, dies dem Beschwerdeführer mitteilt und ihn auffordert, die festgestellten Mängel innerhalb einer von ihr festgelegten Frist zu beseitigen. Werden die Mängel nicht fristgemäß beseitigt, so weist die Beschwerdekammer die Beschwerde als unzulässig zurück.

52

Aus dem Verweis in Regel 49 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 auf „sonstige Vorschriften“ geht klar hervor, dass die Beschwerdekammer des HABM im Fall eines Mangels wegen Nichteinhaltung von Bestimmungen, die, wie u. a. Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94, im ersten Absatz dieser Regel ausdrücklich angeführt sind, keine zusätzliche Frist einräumen kann.

53

Diese fehlende Möglichkeit der Einräumung einer zusätzlichen Frist greift nicht in den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 ein, der vorsieht, dass die Entscheidungen des HABM nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Dieses Recht verlangt nämlich nicht, dass die Beschwerdekammer des HABM vor Erlass ihrer endgültigen Entscheidung über die Würdigung der von einem Beteiligten vorgelegten Beweise diesem eine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme zu diesen Beweisen geben muss (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 4. März 2010, Kaul/HABM, C-193/09 P, Randnrn. 58 und 66).

54

Daraus folgt, dass eine Beschwerde bei der Beschwerdekammer des HABM nur zulässig ist, wenn derjenige, der sie einlegt, seine Beschwerdeberechtigung innerhalb der in Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Frist von vier Monaten nachweist. Einen eventuellen Unzulässigkeitsgrund darf er innerhalb derselben Frist aus eigenem Entschluss beseitigen.

55

Hat also eine Übertragung des zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten Zeichens stattgefunden, ohne dass diese Übertragung in dem Verfahren vor der Widerspruchsabteilung des HABM berücksichtigt werden konnte, ist die Beschwerde des Erwerbers nur zulässig, wenn er zum Nachweis seiner Beschwerdeberechtigung innerhalb der in Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Frist von vier Monaten vor der Beschwerdekammer des HABM belegt, dass er infolge einer Übertragung Inhaber dieses Zeichens geworden ist.

56

Daher hat das Gericht im vorliegenden Fall dadurch gegen Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 49 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen, dass es Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 außer Acht gelassen und entschieden hat, dass die Erste Beschwerdekammer des HABM in Anwendung der Regel 50 Abs. 1 und in entsprechender Anwendung der Regel 31 Abs. 6 dieser Verordnung und der Widerspruchsrichtlinien des HABM in ihrem in Randnr. 17 des vorliegenden Urteils angeführten Punkt Nike die Gelegenheit hätte geben müssen, Stellung zu nehmen oder ergänzende Nachweise für die Übertragung des zur Begründung der Beschwerdeberechtigung herangezogenen älteren Rechts vorzulegen.

57

Soweit das Gericht mit dem angefochtenen Urteil entschieden hat, dass die Beschwerdekammern des HABM verpflichtet seien, die Richtlinien des HABM anzuwenden, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung, wie das HABM geltend macht, die Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke gemäß der Verordnung Nr. 40/94 gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind, so dass die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. September 2005, BioID/HABM, C-37/03 P, Slg. 2005, I-7975, Randnr. 47, vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C-173/04 P, Slg. 2006, I-551, Randnr. 48, und vom 16. Juli 2009, American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, C-202/08 P und C-208/08 P, Slg. 2009, I-6933, Randnr. 57).

58

Zudem steht im vorliegenden Fall die Anwendung der Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 durch die Erste Beschwerdekammer des HABM mit Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Verordnung im Einklang, wonach die Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar sind, soweit nichts anderes vorgesehen ist. In Regel 49 der Verordnung ist nämlich gerade etwas anderes vorgesehen, da sie speziell die Voraussetzungen für die Beseitigung eines Unzulässigkeitsgrundes normiert, der mit dem Nachweis der Beteiligtenstellung im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM bei Einlegung der Beschwerde im Zusammenhang steht. Damit schließt sie die entsprechende Anwendung anderer Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat – wie Regel 31 Abs. 6 der Verordnung –, aus.

59

Unter diesen Umständen ist dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und dem zweiten Rechtsmittelgrund als begründet stattzugeben, und der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes braucht nicht geprüft zu werden.

60

Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, soweit das Gericht mit ihm unter Verstoß gegen Art. 58 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 49 der Verordnung Nr. 2868/95 entschieden hat, dass die Erste Beschwerdekammer des HABM in der streitigen Entscheidung dadurch gegen Regel 31 Abs. 6 und Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen habe, dass sie die Beschwerde von Nike für unzulässig erklärt habe. Da das Gericht den vierten Klagegrund von Nike, mit dem diese einen Fehler bei der Würdigung der Übertragungsurkunde für das angeführte ältere Recht geltend machte, nicht geprüft hat, ist die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 24. November 2010, Nike International/HABM – Muñoz Molina (R10) (T-137/09), wird aufgehoben, soweit das Gericht unter Verstoß gegen Art. 58 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1891/2006 des Rates vom 18. Dezember 2006 geänderten Fassung und gegen Regel 49 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 geänderten Fassung entschieden hat, dass die Erste Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) in ihrer Entscheidung vom 21. Januar 2009 (Sache R 551/2008-1) dadurch gegen Regel 31 Abs. 6 und Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 in der durch die Verordnung Nr. 1041/2005 geänderten Fassung verstieß, dass sie die Beschwerde der Nike International Ltd für unzulässig erklärte.

 

2.

Die Sache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

 

3.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt vorbehalten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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