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Dokument 62009CJ0323
Judgment of the Court (First Chamber) of 22 September 2011.#Interflora Inc. and Interflora British Unit v Marks & Spencer plc and Flowers Direct Online Ltd.#Reference for a preliminary ruling: High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division - United Kingdom.#Trade marks - Keyword advertising on the internet - Selection by the advertiser of a keyword corresponding to a competitor’s trade mark with a reputation - Directive 89/104/EEC - Article 5(1)(a) and (2) - Regulation (EC) No 40/94 - Article 9(1)(a) and (c) - Condition that one of the trade mark’s functions be adversely affected - Detriment to the distinctive character of a trade mark with a reputation (‘dilution’) - Unfair advantage taken of the distinctive character or repute of that trade mark (‘free-riding’).#Case C-323/09.
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 22. September 2011.
Interflora Inc. und Interflora British Unit gegen Marks & Spencer plc und Flowers Direct Online Ltd.
Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division - Vereinigtes Königreich.
Marken - Werbung im Internet anhand von Schlüsselwörtern (‚keyword advertising‘) - Auswahl eines Schlüsselworts durch den Werbenden, das der bekannten Marke eines Mitbewerbers entspricht - Richtlinie 89/104/EWG - Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 - Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und c - Voraussetzung der Beeinträchtigung einer der Funktionen der Marke - Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke (‚Verwässerung‘) - Unlauteres Ausnutzen der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke (‚Trittbrettfahren‘).
Rechtssache C-323/09.
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 22. September 2011.
Interflora Inc. und Interflora British Unit gegen Marks & Spencer plc und Flowers Direct Online Ltd.
Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division - Vereinigtes Königreich.
Marken - Werbung im Internet anhand von Schlüsselwörtern (‚keyword advertising‘) - Auswahl eines Schlüsselworts durch den Werbenden, das der bekannten Marke eines Mitbewerbers entspricht - Richtlinie 89/104/EWG - Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 - Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und c - Voraussetzung der Beeinträchtigung einer der Funktionen der Marke - Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke (‚Verwässerung‘) - Unlauteres Ausnutzen der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke (‚Trittbrettfahren‘).
Rechtssache C-323/09.
Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-08625
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2011:604
Rechtssache C‑323/09
Interflora Inc
und
Interflora British Unit
gegen
Marks & Spencer plc
und
Flowers Direct Online Ltd
(Vorabentscheidungsersuchen des
High Court of Justice [England & Wales], Chancery Division)
„Marken – Werbung im Internet anhand von Schlüsselwörtern (‚keyword advertising‘) – Auswahl eines Schlüsselworts durch den Werbenden, das der bekannten Marke eines Mitbewerbers entspricht – Richtlinie 89/104/EWG – Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und c – Voraussetzung der Beeinträchtigung einer der Funktionen der Marke – Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke (‚Verwässerung‘) – Unlauteres Ausnutzen der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke (‚Trittbrettfahren‘)“
Leitsätze des Urteils
1. Rechtsangleichung – Marken – Auslegung der Verordnung Nr. 40/94 und der Richtlinie 89/104 – Recht des Inhabers einer Marke, sich der Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren durch einen Dritten zu widersetzen – Zweck – Grenzen
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a; Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a)
2. Rechtsangleichung – Marken – Auslegung der Verordnung Nr. 40/94 und der Richtlinie 89/104 – Recht des Inhabers einer Marke, sich der Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren durch einen Dritten zu widersetzen –Werbung im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a; Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a)
3. Rechtsangleichung – Marken – Auslegung der Verordnung Nr. 40/94 und der Richtlinie 89/104 – Bekannte Marke – Werbung im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 9 Abs. 1 Buchst. c; Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 5 Abs. 2)
1. Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken und deren zehntem Erwägungsgrund wurde das Recht der Mitgliedstaaten in dem Sinne harmonisiert, dass das durch eine Marke gewährte ausschließliche Recht dem Markeninhaber „absoluten“ Schutz dagegen bietet, dass ein Dritter mit dieser Marke identische Zeichen für identische Waren oder Dienstleistungen benutzt, während sich der Markeninhaber bei Fehlen dieser doppelten Identität lediglich im Fall einer Verwechslungsgefahr mit Erfolg auf sein ausschließliches Recht berufen kann. Dieser Unterschied zwischen dem Schutz nach Buchst. a und dem nach Buchst. b des genannten Art. 5 Abs. 1 wurde für die Gemeinschaftsmarke durch den siebten Erwägungsgrund und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke übernommen.
Dieser vom Unionsgesetzgeber vorgesehene „absolute“ Schutz vor einer Benutzung von mit einer Marke identischen Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers für Waren oder Dienstleistungen, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind, ist jedoch vom Gerichtshof unter dem Blickwinkel angewandt worden, dass der Schutz nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 unabhängig von seiner Bedeutung lediglich gewährt wurde, um dem Inhaber einer Marke den Schutz seiner spezifischen Interessen als deren Inhaber zu ermöglichen, d. h. um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktionen erfüllen kann. Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass die Ausübung des ausschließlichen Rechts aus der Marke auf Fälle beschränkt bleiben muss, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.
Diese Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 wurde dahin präzisiert, dass diese Bestimmungen es dem Markeninhaber erlauben, sein ausschließliches Recht geltend zu machen, wenn eine der Funktionen der Marke, sei es ihre Hauptfunktion, auf die Herkunft der von der Marke erfassten Ware oder Dienstleistung hinzuweisen, oder eine ihrer anderen Funktionen, wie die Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen, beeinträchtigt wird oder werden kann.
Eine Marke soll zwar stets ihre herkunftshinweisende Funktion erfüllen und hat ihre anderen Funktionen nur, soweit sie vom Markeninhaber dazu verwendet wird, insbesondere zu Zwecken der Werbung oder Investition. Doch kann dieser Unterschied zwischen der Hauptfunktion der Marke und ihren anderen Funktionen es nicht rechtfertigen, dass, sofern eine Marke eine oder mehrere dieser anderen Funktionen hat, deren Beeinträchtigung vom Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 ausgeschlossen wäre. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass nur bekannte Marken andere Funktionen als die herkunftshinweisende Funktion haben können.
(vgl. Randnrn. 36-38, 40)
2. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines mit dieser Marke identischen Schlüsselworts, das der Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, für Waren oder Dienstleistungen zu werben, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Eine solche Benutzung
– beeinträchtigt die herkunftshinweisende Funktion der Marke, wenn aus der anhand des genannten Schlüsselworts gezeigten Werbung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke bzw. einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen;
– beeinträchtigt im Rahmen eines Referenzierungsdienstes wie Adwords nicht die Werbefunktion der Marke;
– beeinträchtigt die Investitionsfunktion der Marke, wenn sie es dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.
Auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke ist zu schließen, wenn die Anzeige des Dritten suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Ebenso ist auf eine Beeinträchtigung dieser Funktion zu schließen, wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, aber hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer aufgrund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist.
Was die Werbefunktion angeht, lässt der bloße Umstand, dass der Inhaber einer Marke, wenn ein Dritter ein mit ihr identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist, seinen Werbeaufwand erhöhen muss, um ihre Sichtbarkeit für den Verbraucher aufrechtzuerhalten oder zu verbessern, nicht stets auf eine Beeinträchtigung der Werbefunktion dieser Marke schließen. Die Marke stellt zwar einen wesentlichen Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs dar, das das Unionsrecht errichten will, doch soll sie ihren Inhaber nicht vor Praktiken schützen, die zum Wettbewerb gehören. Die Werbung im Internet anhand von Schlüsselwörtern, die Marken entsprechen, stellt eine solche Praxis dar, da sie im Allgemeinen lediglich dazu dient, den Internetnutzern eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen der Inhaber dieser Marken vorzuschlagen.
Was die Investitionsfunktion angeht, darf der Markeninhaber einen Mitbewerber nicht daran hindern können, ein mit seiner Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, unter Bedingungen zu benutzen, die einem fairen Wettbewerb entsprechen und bei denen die herkunftshinweisende Funktion der Marke gewahrt wird, sofern diese Benutzung lediglich zur Folge hat, dass der Inhaber dieser Marke seine Anstrengungen zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden, anpassen muss. Ebenso wenig kann der Markeninhaber mit Erfolg den Umstand anführen, dass diese Benutzung einige Verbraucher veranlassen werde, sich von Waren oder Dienstleistungen der genannten Marke abzuwenden.
(vgl. Randnrn. 45, 57-58, 62, 64, 66, Tenor 1)
3. Art. 5 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer bekannten Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines dieser Marke entsprechenden Schlüsselworts, das dieser Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, zu werben, wenn dieser Mitbewerber damit die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt (Trittbrettfahren) oder wenn in der genannten Werbung eine Beeinträchtigung dieser Unterscheidungskraft (Verwässerung) oder Wertschätzung (Verunglimpfung) liegt.
In einer Werbung anhand eines solchen Schlüsselworts liegt z. B. dann eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke (Verwässerung), wenn sie zu einer Abschwächung dieser Marke zu einem Gattungsbegriff beiträgt.
Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.
(vgl. Randnrn. 93-95, Tenor 2)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
22. September 2011(*)
„Marken – Werbung im Internet anhand von Schlüsselwörtern (‚keyword advertising‘) – Auswahl eines Schlüsselworts durch den Werbenden, das der bekannten Marke eines Mitbewerbers entspricht – Richtlinie 89/104/EWG – Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und c – Voraussetzung der Beeinträchtigung einer der Funktionen der Marke – Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke (‚Verwässerung‘) – Unlauteres Ausnutzen der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke (‚Trittbrettfahren‘)“
In der Rechtssache C‑323/09
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 16. Juli 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 12. August 2009, in dem Verfahren
Interflora Inc.,
Interflora British Unit
gegen
Marks & Spencer plc,
Flowers Direct Online Ltd
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter J.‑J. Kasel, M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits und M. Safjan,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Interflora Inc. und der Interflora British Unit, vertreten durch R. Wyand, QC, und S. Malynicz, Barrister,
– der Marks & Spencer plc, vertreten durch G. Hobbs, QC, E. Himsworth, Barrister, sowie T. Savvides und E. Devlin, Solicitors,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Krämer als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. März 2011
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) und Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Interflora Inc. und der Interflora British Unit einerseits und der Marks & Spencer plc (im Folgenden: M & S) und der Flowers Direct Online Ltd andererseits. Der Rechtsstreit wird nach einem Vergleich mit Flowers Direct Online Ltd noch zwischen Interflora Inc. und Interflora British Unit einerseits und M & S andererseits fortgeführt und betrifft das durch Schlüsselwörter, die der Marke INTERFLORA entsprechen, ausgelöste Erscheinen von Werbeanzeigen von M & S im Internet.
Rechtlicher Rahmen
3 Die Richtlinie 89/104 und die Verordnung Nr. 40/94 wurden durch die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299, S. 25), die am 28. November 2008 in Kraft getreten ist, bzw. durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft getreten ist, aufgehoben. Gleichwohl können für den Ausgangsrechtsstreit unter Berücksichtigung des Zeitpunkts einiger Ereignisse die Richtlinie 89/104 und die Verordnung Nr. 40/94 als maßgeblich angesehen werden.
4 Die vom Gerichtshof auf das Ersuchen des vorlegenden Gerichts vorgenommenen Auslegungen der Richtlinie 89/104 und der Verordnung Nr. 40/94 sind folglich, falls etwa das vorlegende Gericht für die Beilegung des Ausgangsrechtsstreits auf die Vorschriften der Richtlinie 2008/95 und der Verordnung Nr. 207/2009 abstellt, auf diese neuen Rechtsvorschriften übertragbar. Mit deren Erlass wurden nämlich der Wortlaut, Kontext und Zweck der für den Ausgangsrechtsstreit einschlägigen Bestimmungen nicht wesentlich geändert.
5 Der zehnte Erwägungsgrund der Richtlinie 89/104 lautete:
„Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz ist absolut im Falle der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den Waren oder Dienstleistungen. Der Schutz erstreckt sich ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke und der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen. Es ist unbedingt erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahr stellt die spezifische Voraussetzung für den Schutz dar …“
6 Der siebte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 hatte nahezu denselben Wortlaut.
7 Art. 5 („Rechte aus der Marke“) der Richtlinie 89/104 bestimmte:
„(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
a) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;
b) ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
(2) Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, dass es dem Inhaber gestattet ist, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen der Absätze l und 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:
a) das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen;
b) unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;
c) Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;
d) das Zeichen in den Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen.
…“
8 Der Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 40/94 entsprach im Wesentlichen dem von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/104. Art. 9 Abs. 2 dieser Verordnung entsprach Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte:
„(1) Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
…
c) ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Der „AdWords“‑Referenzierungsdienst
9 Führt ein Internetnutzer mit der Suchmaschine Google eine Suche anhand eines oder mehrerer Wörter durch, zeigt die Suchmaschine die Internetseiten, die diesen Wörtern am ehesten zu entsprechen scheinen, nach abnehmender Relevanz an. Dies sind die sogenannten „natürlichen“ Suchergebnisse.
10 Daneben ermöglicht es der entgeltliche Referenzierungsdienst „AdWords“ von Google jedem Wirtschaftsteilnehmer, mittels Auswahl eines oder mehrerer Schlüsselwörter im Fall der Übereinstimmung zwischen diesen und den Wörtern, die in der von einem Internetnutzer an die Suchmaschine gerichteten Suchanfrage enthalten sind, einen Werbelink zu seiner Internetseite erscheinen zu lassen. Dieser Werbelink erscheint in der Rubrik „sponsored links“ (deutsche Google-Fassung: „Anzeigen“), die am rechten Bildschirmrand, rechts von den natürlichen Ergebnissen, oder im oberen Teil des Bildschirms, oberhalb dieser Ergebnisse, angezeigt wird.
11 Dem genannten Werbelink wird eine kurze Werbebotschaft beigefügt. Dieser Link und diese Botschaft bilden zusammen die Anzeige, die in der oben genannten Rubrik erscheint.
12 Für den Referenzierungsdienst hat der Werbende pro Klick auf den Werbelink eine Vergütung zu zahlen. Diese Vergütung bestimmt sich u. a. nach dem „maximalen Preis-pro-Klick“, zu dessen Zahlung sich der Werbende bei Abschluss des Vertrags mit Google über den Referenzierungsdienst bereit erklärt hat, und nach der Zahl der Klicks der Internetnutzer auf diesen Link.
13 Mehrere Werbende können dasselbe Schlüsselwort auswählen. In welcher Reihenfolge ihre Werbelinks gezeigt werden, hängt dann insbesondere ab vom jeweiligen „maximalen Preis-pro-Klick“, von der Zahl der Klicks, die diese Links erhalten haben, und von der Qualität der Anzeige, wie Google sie bewertet. Der Werbende kann die Position seiner Anzeige in der Reihenfolge jederzeit verbessern, indem er den maximalen Preis-pro-Klick erhöht oder versucht, die Qualität seiner Anzeige zu steigern.
Die Benutzung von Schlüsselwörtern im Ausgangsrechtsstreit
14 Die Interflora Inc., eine Gesellschaft mit Sitz im Bundesstaat Michigan (Vereinigte Staaten), betreibt ein weltweites Blumenliefernetz. Interflora British Unit ist Lizenznehmerin von Interflora Inc.
15 Das Netz von Interflora Inc. und Interflora British Unit (zusammen im Folgenden: Interflora) besteht aus Floristen, bei denen persönlich oder telefonisch Bestellungen aufgegeben werden können. Außerdem hat Interflora Websites, auf denen Bestellungen über das Internet aufgegeben werden können, die dann von dem Mitglied des Netzes, das der Adresse, an die die Blumen geliefert werden sollen, am nächsten ist, ausgeführt werden. Die Adresse der Hauptwebsite ist www.interflora.com. Diese Seite führt zu länderspezifischen Websites wie www.interflora.co.uk.
16 INTERFLORA ist eine nationale Marke im Vereinigten Königreich und auch eine Gemeinschaftsmarke. Es ist unstreitig, dass diese Marken im Bereich der Blumenlieferdienste im Vereinigten Königreich und in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen hohen Bekanntheitsgrad haben.
17 M & S, eine Gesellschaft englischen Rechts, gehört zu den wichtigsten Einzelhandelsunternehmen im Vereinigten Königreich. Sie vertreibt ein breites Warensortiment und erbringt Dienstleistungen über ihr Filialnetz und über ihre Internetseite www.marksandspencer.com. Zu ihren Tätigkeiten gehören auch der Verkauf und die Lieferung von Blumen. Diese Geschäftstätigkeit erfolgt im Wettbewerb mit derjenigen von Interflora. Zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens ist unstreitig, dass M & S nicht Mitglied des Interflora-Netzes ist.
18 Im Zusammenhang mit dem „AdWords“-Referenzierungsdienst wählte M & S das Wort „Interflora“ und Varianten dieses Wortes mit geringfügigen Abweichungen sowie Ausdrücke, die das Wort „Interflora“ enthalten (wie „Interflora Flowers“, „Interflora Delivery“, „Interflora.com“, „Interflora co uk“), als Schlüsselwörter. Folglich erschien, wenn Internetnutzer das Wort „Interflora“, eine jener Varianten oder einen der Ausdrücke als Suchbegriff in die Suchmaschine Google eingaben, eine Anzeige von M & S in der Rubrik „Anzeigen“.
19 Diese Anzeige hatte u. a. folgendes Erscheinungsbild:
„M & S Flowers Online
www.marksandspencer.com/flowers
Gorgeous fresh flowers & plants
Order by 5 pm for next day delivery“
(„M & S Flowers Online
www.marksandspencer.com/flowers
Prächtige frische Blumen und Pflanzen
Bei Bestellung vor 17 Uhr Lieferung am nächsten Tag“).
20 Angesichts dieses Sachverhalts erhob Interflora beim High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division, gegen M & S Klage wegen Verletzung ihrer Markenrechte. Dieses Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof zehn Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auf ein Ersuchen des Gerichtshofs um Klarstellung hat das vorlegende Gericht mit Entscheidung vom 29. April 2010, bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen am 9. Juni 2010, die Fragen 5 bis 10 zurückgezogen und lediglich folgende vier Fragen aufrechterhalten:
1. Wenn ein Unternehmen, das mit dem Inhaber einer eingetragenen Marke im Wettbewerb steht und das über seine Website Waren und Dienstleistungen anbietet, die mit den von der Marke erfassten identisch sind,
i) ein mit der Marke identisches Zeichen als ein Schlüsselwort für einen vom Betreiber einer Suchmaschine angebotenen Anzeigendienst auswählt,
ii) das Zeichen als Schlüsselwort benennt,
iii) eine Verbindung zwischen dem Zeichen und der URL seiner Website herstellt,
iv) den Preis pro Klick festsetzt, den es für das Schlüsselwort zahlen will,
v) die Zeiten für das Erscheinen der Anzeige festsetzt und
vi) das Zeichen im geschäftlichen Schriftverkehr bei der Rechnungsstellung und Entgegennahme von Entgelten bzw. bei der Führung seiner Konten beim Betreiber der Suchmaschine benutzt, die Anzeige selbst aber weder das Zeichen noch ein ihm ähnliches Zeichen enthält,
stellen dann einzelne dieser Handlungen oder diese Handlungen in ihrer Gesamtheit eine „Benutzung“ des Zeichens durch das mit dem Markeninhaber im Wettbewerb stehende Unternehmen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 dar?
2. Erfolgt eine solche Benutzung gegebenenfalls im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 „für“ Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist?
3. Fällt eine solche Benutzung gegebenenfalls in den Anwendungsbereich
a) von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 und/oder
b) von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. l Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94?
4. Spielt es für die Beantwortung der Frage 3 eine Rolle,
a) ob das Erscheinen der Anzeige des mit dem Markeninhaber im Wettbewerb stehenden Unternehmens infolge der Eingabe des fraglichen Zeichens durch einen Nutzer geeignet ist, Teile des Publikums zu der Annahme zu verleiten, dass das mit dem Markeninhaber im Wettbewerb stehende Unternehmen dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehört, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht, oder
b) ob der Betreiber der Suchmaschine dem Markeninhaber in dem betreffenden Mitgliedstaat der Gemeinschaft nicht erlaubt, Dritten die Auswahl der mit seiner Marke identischen Zeichen als Schlüsselwörter zu untersagen?
Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
21 M & S hat mit Schreiben vom 1. April 2011 beantragt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, und geltend gemacht, dass die am 24. März 2011 vorgetragenen Schlussanträge des Generalanwalts auf unzutreffenden Prämissen beruhten und gegen die Grundsätze der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Gerichtshof und dem vorlegenden Gericht verstießen. Zu dem letztgenannten Gesichtspunkt weist M & S darauf hin, dass der Generalanwalt, anstatt sich auf eine Analyse der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts zu beschränken, dargelegt habe, zu welchem Ergebnis eine Auslegung dieser Vorschriften seines Erachtens im Ausgangsverfahren führen müsste.
22 Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gerichtshof gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht (vgl. insbesondere Urteile vom 26. Juni 2008, Burda, C‑284/06, Slg. 2008, I‑4571, Randnr. 37, und vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 36).
23 Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass er im vorliegenden Fall über alle erforderlichen Angaben verfügt, um die Fragen des vorlegenden Gerichts beantworten zu können, und dass die Rechtssache nicht mit Blick auf ein vor ihm nicht erörtertes Vorbringen geprüft werden muss.
24 Zu der Kritik am Inhalt der Schlussanträge des Generalanwalts ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 252 Abs. 2 AEUV der Generalanwalt die Aufgabe hat, öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist. Hierbei kann er ein Vorabentscheidungsersuchen gegebenenfalls in einem weiteren Kontext prüfen als in den vom vorlegenden Gericht oder den Parteien des Ausgangsverfahrens genau vorgegebenen Grenzen. Im Übrigen binden die Schlussanträge des Generalanwalts oder ihre Begründung den Spruchkörper nicht (Urteile vom 11. November 2010, Hogan Lovells International, C‑229/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 26, und AJD Tuna, Randnr. 45).
25 Dies gilt auch für das vorlegende Gericht, das bei der Anwendung der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Argumentation des Generalanwalts nicht folgen muss.
26 Unter diesen Umständen ist der Antrag von M & S auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zurückzuweisen.
Zu den Vorlagefragen
Zu den Fragen betreffend Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94
27 Mit seinen Fragen 1, 2 und 3 Buchst. a möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines mit dieser Marke identischen Schlüsselworts, das der Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, eine Werbeanzeige für Waren oder Dienstleistungen erscheinen zu lassen, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind.
28 Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in diesem Kontext der Umstand, dass die genannte Werbeanzeige geeignet ist, Teile des Publikums zu der irrigen Annahme zu verleiten, dass der Werbende dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehört, und der Umstand, dass der Erbringer des Referenzierungsdienstes es Markeninhabern nicht erlaubt, die Auswahl von mit seiner Marke identischen Zeichen als Schlüsselwörter zu untersagen, relevant sind.
29 Diese Fragen sind gemeinsam zu prüfen.
30 Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, ist das von dem Werbenden als Schlüsselwort im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählte Zeichen das von diesem verwendete Mittel, um das Erscheinen seiner Anzeige auszulösen, und ist daher Gegenstand einer Benutzung im geschäftlichen Verkehr im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 der Verordnung Nr. 40/94 (vgl. insbesondere Urteile vom 23. März 2010, Google France und Google, C‑236/08 bis C‑238/08, Slg. 2010, I‑2417, Randnrn. 49 bis 52, und vom 25. März 2010, BergSpechte, C‑278/08, Slg. 2010, I‑2517, Randnr. 18).
31 Es handelt sich außerdem um eine Benutzung für Waren und Dienstleistungen des Werbenden, auch wenn das als Schlüsselwort ausgewählte Zeichen nicht in der Anzeige selbst erscheint (Urteil BergSpechte, Randnr. 19, und Beschluss vom 26. März 2010, Eis.de, C‑91/09, Randnr. 18).
32 Der Markeninhaber kann sich jedoch der Benutzung eines mit seiner Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort nicht widersetzen, wenn nicht alle hierfür in Art. 5 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 der Verordnung Nr. 40/94 sowie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs dazu vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.
33 Der Ausgangsrechtsstreit ist als Fall „doppelter Identität“ im Sinne von Abs. 1 Buchst. a der genannten Art. 5 bzw. 9 einzuordnen, bei dem ein Dritter ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist. Es ist nämlich unstreitig, dass M & S für ihren Blumenlieferdienst u. a. das Zeichen „Interflora“ benutzt hat, das mit der für Blumenlieferdienste eingetragenen Wortmarke INTERFLORA im Wesentlichen identisch ist.
34 In diesem Fall darf der Markeninhaber eine solche Benutzung nur verbieten, wenn sie eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann (Urteile Google France und Google, Randnr. 79, sowie BergSpechte, Randnr. 21; vgl. ferner Urteile vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., C‑487/07, Slg. 2009, I‑5185, Randnr. 60, sowie vom 8. Juli 2010, Portakabin, C‑558/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 29).
35 Interflora meint, diese Voraussetzung sei nach bereits fester Rechtsprechung so zu verstehen, dass der genannte Abs. 1 Buchst. a den Markeninhaber vor jeder Beeinträchtigung einer der Funktionen der Marke schütze. M & S hingegen ist der Auffassung, eine solche Auslegung lasse sich nicht eindeutig der Rechtsprechung entnehmen und drohe, zu einem Ungleichgewicht zwischen dem Interesse am Schutz des geistigen Eigentums und dem am Schutz des freien Wettbewerbs zu führen. Die Europäische Kommission wiederum sieht Abs. 1 Buchst. a von Art. 5 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 der Verordnung Nr. 40/94 lediglich als Vorschrift zum Schutz des Markeninhabers gegen Beeinträchtigungen der herkunftshinweisenden Funktion der Marke. Die anderen Funktionen der Marke könnten allenfalls bei der Auslegung von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 über die Rechte aus bekannten Marken eine Rolle spielen.
36 Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 und deren zehntem Erwägungsgrund wurde das Recht der Mitgliedstaaten in dem Sinne harmonisiert, dass das durch eine Marke gewährte ausschließliche Recht dem Markeninhaber „absoluten“ Schutz dagegen bietet, dass ein Dritter mit dieser Marke identische Zeichen für identische Waren oder Dienstleistungen benutzt, während sich der Markeninhaber bei Fehlen dieser doppelten Identität lediglich im Fall einer Verwechslungsgefahr mit Erfolg auf sein ausschließliches Recht berufen kann. Dieser Unterschied zwischen dem Schutz nach Buchst. a und dem nach Buchst. b des genannten Art. 5 Abs. 1 wurde für die Gemeinschaftsmarke durch den siebten Erwägungsgrund und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 übernommen.
37 Dieser vom Unionsgesetzgeber vorgesehene „absolute“ Schutz vor einer Benutzung von mit einer Marke identischen Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers für Waren oder Dienstleistungen, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind, ist jedoch vom Gerichtshof unter dem Blickwinkel angewandt worden, dass der Schutz nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 unabhängig von seiner Bedeutung lediglich gewährt wurde, um dem Inhaber einer Marke den Schutz seiner spezifischen Interessen als deren Inhaber zu ermöglichen, d. h. um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktionen erfüllen kann. Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass die Ausübung des ausschließlichen Rechts aus der Marke auf Fälle beschränkt bleiben muss, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (Urteil vom 12. November 2002, Arsenal Football Club, C‑206/01, Slg. 2002, I‑10273, Randnr. 51).
38 Diese Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 wurde vielfach wiederholt und in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 übernommen (vgl. insbesondere zur Richtlinie 89/104 Urteile vom 11. September 2007, Céline, C‑17/06, Slg. 2007, I‑7041, Randnr. 16, sowie vom 12. Juni 2008, O2 Holdings und O2 [UK], C‑533/06, Slg. 2008, I‑4231, Randnr. 57, und zur Verordnung Nr. 40/94 Beschluss vom 19. Februar 2009, UDV North America, C‑62/08, Slg. 2009, I‑1279, Randnr. 42, sowie Urteil Google France und Google, Randnr. 75). Sie wurde ferner dahin präzisiert, dass die genannten Bestimmungen es dem Markeninhaber erlauben, sein ausschließliches Recht geltend zu machen, wenn eine der Funktionen der Marke, sei es ihre Hauptfunktion, auf die Herkunft der von der Marke erfassten Ware oder Dienstleistung hinzuweisen, oder eine ihrer anderen Funktionen, wie die Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen, beeinträchtigt wird oder werden kann (Urteile L’Oréal u. a., Randnrn. 63 und 65, sowie Google France und Google, Randnrn. 77 und 79).
39 Hinsichtlich der anderen Funktionen der Marke als der herkunftshinweisenden Funktion haben sowohl der Unionsgesetzgeber – durch Verwendung des Wortes „insbesondere“ im zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 89/104 und im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 – als auch der Gerichtshof – durch Verwendung der Formulierung „Funktionen der Marke“ seit dem Urteil Arsenal Football Club – zum Ausdruck gebracht, dass die herkunftshinweisende Funktion der Marke nicht deren einzige Funktion ist, die gegenüber Beeinträchtigungen durch Dritte schutzwürdig ist. Sie haben damit berücksichtigt, dass eine Marke häufig neben einem Hinweis auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen ein Instrument der Geschäftsstrategie darstellt, das u. a. zu Werbezwecken oder zum Erwerb eines Rufs eingesetzt wird, um den Verbraucher zu binden.
40 Eine Marke soll zwar stets ihre herkunftshinweisende Funktion erfüllen und hat ihre anderen Funktionen nur, soweit sie vom Markeninhaber dazu verwendet wird, insbesondere zu Zwecken der Werbung oder Investition. Doch kann dieser Unterschied zwischen der Hauptfunktion der Marke und ihren anderen Funktionen es nicht rechtfertigen, dass, sofern eine Marke eine oder mehrere dieser anderen Funktionen hat, deren Beeinträchtigung vom Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 ausgeschlossen wäre. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass nur bekannte Marken andere Funktionen als die herkunftshinweisende Funktion haben können.
41 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die Voraussetzung der Beeinträchtigung einer der Funktionen der Marke im Licht der vorstehenden Erwägungen und der nachstehend gegebenen Anhaltspunkte für die Auslegung anzuwenden.
42 Hinsichtlich der Benutzung von mit Marken identischen Zeichen im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes als Schlüsselwörter für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marken eingetragen sind, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass neben der herkunftshinweisenden Funktion die Werbefunktion relevant sein kann (vgl. Urteil Google France und Google, Randnr. 81). Diese Erwägung gilt auch im vorliegenden Fall, wobei Interflora jedoch außerdem eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion ihrer Marke geltend gemacht hat.
43 Folglich sind dem vorlegenden Gericht Hinweise zur Auslegung in Bezug auf die herkunftshinweisende, die Werbe- und die Investitionsfunktion zu geben.
Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion
44 Ob die herkunftshinweisende Funktion einer Marke beeinträchtigt wird, wenn den Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten, z. B. eines Mitbewerbers des Inhabers der Marke, gezeigt wird, hängt insbesondere davon ab, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen (Urteile Google France und Google, Randnrn. 83 und 84, und Portakabin, Randnr. 34). In einer solchen Situation, die im Übrigen dadurch gekennzeichnet ist, dass die fragliche Anzeige sofort erscheint, sobald die Marke als Suchwort eingegeben wurde, und zu einem Zeitpunkt gezeigt wird, zu dem die Marke auf dem Bildschirm auch in ihrer Eigenschaft als Suchwort sichtbar ist, kann sich der Internetnutzer hinsichtlich des Ursprungs der betroffenen Waren oder Dienstleistungen irren (Urteil Google France und Google, Randnr. 85).
45 Auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion ist zu schließen, wenn die Anzeige des Dritten suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Ebenso ist auf eine Beeinträchtigung dieser Funktion zu schließen, wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, aber hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer aufgrund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist (Urteile Google France und Google, Randnrn. 89 und 90, und Portakabin, Randnr. 35).
46 Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu würdigen, ob nach dem Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke, wie sie in den vorstehenden Randnummern beschrieben ist, vorliegt oder vorliegen könnte (vgl. entsprechend Urteil Google France und Google, Randnr. 88).
47 Bei dieser Würdigung ist der in Frage 4 Buchst. b angeführte Umstand unerheblich, dass der Erbringer des Referenzierungsdienstes es dem Markeninhaber nicht erlaubt hat, die Auswahl des mit dieser Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort zu untersagen. Wie der Generalanwalt in Nr. 40 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, könnten sich nur im umgekehrten Fall, wenn der Erbringer des Referenzierungsdienstes den Markeninhabern eine solche Möglichkeit eingeräumt hat, rechtliche Auswirkungen ergeben, da dann bei der Auswahl mit einer Marke identischer Zeichen als Schlüsselwörter das Fehlen eines Verbots des Markeninhabers unter bestimmten Voraussetzungen als seine stillschweigende Zustimmung eingestuft werden könnte. Dagegen bestätigt im vorliegenden Fall der Umstand, dass vom Markeninhaber keine Zustimmung eingeholt bzw. gegeben wurde, nur, dass die Benutzung des mit seiner Marke identischen Zeichens ohne seine Zustimmung erfolgte.
48 Hingegen kann ein Umstand wie der in Frage 4 Buchst. a angeführte für die Anwendung der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 enthaltenen Regel erheblich sein.
49 Sollte nämlich die vom vorlegenden Gericht vorgenommene Tatsachenwürdigung ergeben, dass Internetnutzer durch die auf eine Suche anhand des Wortes „Interflora“ erscheinende Werbeanzeige von M & S zu der irrigen Annahme verleitet werden können, dass der Blumenlieferdienst von M & S zum Interflora-Vertriebsnetz gehört, wäre zu folgern, dass diese Werbeanzeige keinen Aufschluss darüber gibt, ob M & S im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist. Unter diesen Umständen wäre die herkunftshinweisende Funktion der Marke INTERFLORA beeinträchtigt.
50 In diesem Kontext setzen sich, wie in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die maßgeblichen Verkehrskreise aus normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzern zusammen. Somit reicht der Umstand, dass einige Internetnutzer möglicherweise nur schwer erkennen konnten, dass der von M & S angebotene Dienst nichts mit dem von Interflora zu tun hat, nicht aus, um eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion festzustellen.
51 Im Rahmen seiner Sachverhaltsprüfung wird das vorlegende Gericht zunächst feststellen können, ob dem normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten Marktmerkmale das Wissen zu unterstellen ist, dass der Blumenlieferdienst von M & S nicht zum Interflora-Netz gehört, sondern vielmehr mit diesem in Wettbewerb steht, und dann, falls ein solches allgemeines Wissen fehlt, ob für den Internetnutzer aus der Werbeanzeige von M & S erkennbar war, dass dieser Dienst nicht zu dem genannten Netz gehört.
52 Das vorlegende Gericht wird insbesondere den Umstand berücksichtigen können, dass das Vertriebsnetz des Markeninhabers aus zahlreichen Einzelhändlern zusammengesetzt ist, zwischen denen hinsichtlich ihrer Größe und ihres Geschäftsprofils große Unterschiede bestehen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass es für den normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer unter solchen Bedingungen besonders schwer sein kann, ohne Hinweis des Werbenden, dessen Werbeanzeige auf eine Suche mit der genannten Marke als Suchwort erscheint, zu erkennen, ob dieser zu diesem Netz gehört oder nicht.
53 Angesichts dieses Umstands und anderer Faktoren, die es als relevant erachtet, wird das vorlegende Gericht, sofern ein allgemeines Wissen wie das in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils angeführte fehlt, beurteilen müssen, ob die Verwendung von Formulierungen wie „M & S Flowers“ in einer Werbeanzeige wie der in Randnr. 19 des vorliegenden Urteils angeführten ausreicht oder nicht, damit ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer, der in seinem Suchbegriff das Wort „Interflora“ verwendet, erkennen kann, dass der angebotene Blumenlieferdienst nicht von Interflora stammt.
Beeinträchtigung der Werbefunktion
54 Zur Werbefunktion hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Benutzung eines mit einer fremden Marke identischen Zeichens im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes wie „AdWords“ diese Funktion der Marke nicht beeinträchtigt (Urteile Google France und Google, Randnr. 98, und BergSpechte, Randnr. 33).
55 Zwar kann eine solche Benutzung auf die Möglichkeit für den Inhaber einer Wortmarke, sie für Werbung einzusetzen, Auswirkungen entfalten.
56 Insbesondere wird der Markeninhaber, wenn er bei dem Anbieter des Referenzierungsdienstes seine eigene Marke als Schlüsselwort registriert, um in der Rubrik „Anzeigen“ eine Anzeige erscheinen zu lassen, und seine Marke auch von einem Mitbewerber als Schlüsselwort ausgewählt wurde, gelegentlich einen höheren Preis-pro-Klick als dieser zahlen müssen, wenn er will, dass seine Anzeige vor der Anzeige dieses Mitbewerbers erscheint (vgl. Urteil Google France und Google, Randnr. 94).
57 Jedoch lässt der bloße Umstand, dass der Inhaber einer Marke, wenn ein Dritter ein mit ihr identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist, seinen Werbeaufwand erhöhen muss, um ihre Sichtbarkeit für den Verbraucher aufrechtzuerhalten oder zu verbessern, nicht stets auf eine Beeinträchtigung der Werbefunktion dieser Marke schließen. Insoweit ist festzustellen, dass die Marke zwar einen wesentlichen Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs darstellt, das das Unionsrecht errichten will (vgl. u. a. Urteil vom 23. April 2009, Copad, C‑59/08, Slg. 2009, I‑3421, Randnr. 22), doch soll sie ihren Inhaber nicht vor Praktiken schützen, die zum Wettbewerb gehören.
58 Die Werbung im Internet anhand von Schlüsselwörtern, die Marken entsprechen, stellt eine solche Praxis dar, da sie im Allgemeinen lediglich dazu dient, den Internetnutzern eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen dieser Markeninhaber vorzuschlagen (vgl. insoweit Urteil Google France und Google, Randnr. 69).
59 Im Übrigen hat die Auswahl eines mit einer fremden Marke identischen Zeichens im Rahmen eines Referenzierungsdienstes mit den Merkmalen von „AdWords“ nicht zur Folge, dass dem Inhaber dieser Marke die Möglichkeit genommen wird, seine Marke wirksam einzusetzen, um die Verbraucher zu informieren und zu überzeugen (vgl. insoweit Urteil Google France und Google, Randnrn. 96 und 97).
Beeinträchtigung der Investitionsfunktion
60 Neben ihrer herkunftshinweisenden Funktion und gegebenenfalls ihrer Werbefunktion kann eine Marke von ihrem Inhaber auch dazu eingesetzt werden, einen Ruf zu erwerben oder zu wahren, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.
61 Diese sogenannte „Investitionsfunktion“ der Marke kann sich zwar mit der Werbefunktion überschneiden, ist jedoch von dieser verschieden. Der Einsatz einer Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs erfolgt nämlich nicht nur durch Werbung, sondern auch durch verschiedene Geschäftsmethoden.
62 Benutzt ein Dritter, etwa ein Mitbewerber des Inhabers einer Marke, ein mit dieser identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist, und wird es dadurch dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden, so ist davon auszugehen, dass durch diese Benutzung die Investitionsfunktion der Marke beeinträchtigt wird. Dieser Markeninhaber darf somit eine solche Benutzung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 bzw. im Fall der Gemeinschaftsmarke Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 verbieten.
63 In einer Situation, in der die Marke bereits einen solchen Ruf genießt, wird die Investitionsfunktion beeinträchtigt, wenn die Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens für identische Waren oder Dienstleistungen Auswirkungen auf diesen Ruf hat und damit dessen Wahrung gefährdet. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, muss sich der Markeninhaber aufgrund seines ausschließlichen Rechts aus der Marke einer solchen Benutzung widersetzen können (vgl. Urteil vom 12. Juli 2011, L’Oréal u. a., C‑324/09, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 83).
64 Dagegen darf der Markeninhaber einen Mitbewerber nicht daran hindern können, ein mit seiner Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, unter Bedingungen zu benutzen, die einem fairen Wettbewerb entsprechen und bei denen die herkunftshinweisende Funktion der Marke gewahrt wird, sofern diese Benutzung lediglich zur Folge hat, dass der Inhaber dieser Marke seine Anstrengungen zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden, anpassen muss. Ebenso wenig kann der Markeninhaber mit Erfolg den Umstand anführen, dass diese Benutzung einige Verbraucher veranlassen werde, sich von Waren oder Dienstleistungen der genannten Marke abzuwenden.
65 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht dieser Erwägungen zu prüfen, ob die Benutzung des mit der Marke INTERFLORA identischen Zeichens durch M & S die Möglichkeit von Interflora gefährdet, einen Ruf, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden, zu wahren.
66 Folglich ist auf die Fragen 1, 2, 3 Buchst. a und 4 zu antworten, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines mit dieser Marke identischen Schlüsselworts, das der Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, für Waren oder Dienstleistungen zu werben, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Eine solche Benutzung
– beeinträchtigt die herkunftshinweisende Funktion der Marke, wenn aus der anhand des genannten Schlüsselworts gezeigten Werbung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke bzw. einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen;
– beeinträchtigt im Rahmen eines Referenzierungsdienstes mit den Merkmalen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht die Werbefunktion der Marke;
– beeinträchtigt die Investitionsfunktion der Marke, wenn sie es dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.
Zu der Frage betreffend Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94
67 Mit seiner Frage 3 Buchst. b in Verbindung mit den Fragen 1 und 2 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer bekannten Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines dieser Marke entsprechenden Schlüsselworts, das dieser Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, zu werben.
68 Was zunächst die Anwendbarkeit der in den genannten Art. 5 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c enthaltenen Regeln angeht, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung, obzwar diese Bestimmungen nach ihrem Wortlaut nur den Fall betreffen, in dem ein mit einer bekannten Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die denjenigen nicht ähnlich sind, für die diese Marke eingetragen ist, der in ihnen vorgesehene Schutz erst recht auch für die Benutzung eines solchen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen gilt, die mit denjenigen, für die diese Marke eingetragen ist, identisch oder ihnen ähnlich sind (vgl. u. a. Urteile vom 9. Januar 2003, Davidoff, C‑292/00, Slg. 2003, I‑389, Randnr. 30, vom 23. Oktober 2003, Adidas-Salomon und Adidas Benelux, C‑408/01, Slg. 2003, I‑12537, Randnrn. 18 bis 22, sowie Google France und Google, Randnr. 48).
69 Da die Marke INTERFLORA bekannt ist und M & S ein mit dieser Marke identisches Zeichen als Schlüsselwort, wie in Randnr. 33 des vorliegenden Urteils festgestellt, für einen Dienst benutzt hat, der mit demjenigen, für den die genannte Marke eingetragen ist, identisch ist, sind Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 im Ausgangsverfahren anwendbar. Im Übrigen geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das im Vereinigten Königreich anwendbare Recht die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 enthält.
70 Sodann ergibt sich zur Tragweite des Schutzes der Inhaber bekannter Marken aus dem Wortlaut der genannten Bestimmungen, dass der Inhaber einer solchen Marke es Dritten verbieten darf, ohne seine Zustimmung und ohne rechtfertigenden Grund im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen zu benutzen, wenn diese Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
71 Die Ausübung dieses Rechts durch den Inhaber der bekannten Marke setzt nicht voraus, dass für die beteiligten Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr besteht (Urteile Adidas-Salomon und Adidas Benelux, Randnr. 31, sowie vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., Randnr. 36). Im Übrigen genügt hinsichtlich des bestimmten Grades der Ähnlichkeit, der nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 zwischen der bekannten Marke und dem von dem Dritten verwendeten Zeichen vorliegen muss, der Hinweis, dass diese Voraussetzung im vorliegenden Fall angesichts der engen Entsprechung zwischen dem Zeichen „Interflora“ und den von M & S verwendeten Varianten einerseits und der Marke INTERFLORA andererseits erfüllt ist.
72 Die Beeinträchtigungen, vor denen Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 Schutz gewähren, sind erstens die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Marke, zweitens die Beeinträchtigung der Wertschätzung dieser Marke und drittens das unlautere Ausnutzen der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke, wobei es für die Anwendung der in den genannten Bestimmungen enthaltenen Regelung genügt, wenn eine dieser Beeinträchtigungen vorliegt (vgl. Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., Randnrn. 38 und 42).
73 Die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke, die auch als „Verwässerung“ bezeichnet wird, liegt vor, wenn die Eignung dieser Marke, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu identifizieren, geschwächt wird, während die Beeinträchtigung der Wertschätzung der Marke, auch als „Verunglimpfung“ bezeichnet, dann vorliegt, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die das identische oder ähnliche Zeichen von Dritten benutzt wird, auf die Öffentlichkeit in einer solchen Weise wirken können, dass die Anziehungskraft der Marke geschmälert wird (vgl. Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., Randnrn. 39 und 40).
74 Der Begriff „unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke“, auch als „Trittbrettfahren“ bezeichnet, ist nicht mit der Beeinträchtigung der Marke verknüpft, sondern mit dem Vorteil, den der Dritte aus der Benutzung des identischen oder ähnlichen Zeichens zieht. Er umfasst insbesondere die Fälle, in denen aufgrund der Übertragung des Images der Marke oder der durch sie vermittelten Merkmale auf die mit dem identischen oder ähnlichen Zeichen gekennzeichneten Waren eine eindeutige Ausnutzung der Sogwirkung der bekannten Marke gegeben ist (Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., Randnr. 41).
75 Aus den Erläuterungen in der Antwort auf das oben in Randnr. 20 genannte Ersuchen um Klarstellung geht hervor, dass das vorlegende Gericht nicht um eine Auslegung des Begriffs der Beeinträchtigung der Wertschätzung der Marke (Verunglimpfung) ersucht, sondern wissen möchte, unter welchen Voraussetzungen anzunehmen ist, dass ein Werbender, der anhand eines mit einer bekannten Marke identischen Zeichens, das er ohne Zustimmung des Inhabers dieser Marke im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, einen Werbelink auf seine Website anzeigen lässt, die Unterscheidungskraft dieser bekannten Marke beeinträchtigt (Verwässerung) oder die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke unlauter ausnutzt (Trittbrettfahren).
Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke (Verwässerung)
76 Wie der Generalanwalt in Nr. 80 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wird die Unterscheidungskraft einer bekannten Marke beeinträchtigt, wenn durch die Benutzung eines mit ihr identischen oder ihr ähnlichen Zeichens ihre Fähigkeit, die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers von denen anderer Herkunft zu unterscheiden, verringert wird. Am Ende eines Verwässerungsprozesses ist die Marke nicht mehr in der Lage, bei den Verbrauchern eine unmittelbare gedankliche Verbindung mit einer bestimmten gewerblichen Herkunft hervorzurufen.
77 Damit der Inhaber der bekannten Marke vor dieser Art von Beeinträchtigung wirksam geschützt ist, sind Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen, dass dieser Inhaber jegliche Benutzung eines mit dieser Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens verbieten darf, durch die ihre Kennzeichnungskraft verringert wird, ohne das Ende des Verwässerungsprozesses, nämlich den vollständigen Verlust der Unterscheidungskraft der Marke, abwarten zu müssen.
78 Zur Stützung ihrer These, dass die Kennzeichnungskraft ihrer Marke beeinträchtigt werde, trägt Interflora vor, die Benutzung des Wortes „Interflora“ durch M & S und andere Unternehmen im Rahmen eines Referenzierungsdienstes wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden verleite die Internetnutzer allmählich zu der Annahme, dass dieser Begriff keine Marke für den Blumenlieferdienst der Floristen des Interflora-Netzes sei, sondern ein Gattungsbegriff für jeglichen Blumenlieferdienst.
79 Zwar wird dadurch, dass ein mit einer bekannten Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen von einem Dritten und im Geschäftsleben benutzt wird, die Kennzeichnungskraft dieser Marke verringert und damit ihre Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und bei einer Gemeinschaftsmarke von Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 beeinträchtigt, wenn diese Benutzung zu ihrer Abschwächung zu einem Gattungsbegriff beiträgt.
80 Doch trägt entgegen dem Vorbringen von Interflora die Auswahl eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens als Schlüsselwort im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes nicht zwangsläufig zu einer solchen Entwicklung bei.
81 Falls etwa die Benutzung eines einer bekannten Marke entsprechenden Zeichens als Schlüsselwort zur Anzeige einer Werbung führt, aus der für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer erkennbar ist, dass die angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht von dem Inhaber der bekannten Marke stammen, sondern von einem seiner Mitbewerber, ist anzunehmen, dass die Kennzeichnungskraft dieser Marke durch die betreffende Benutzung nicht verringert wurde, da mit dieser der Internetnutzer lediglich auf das Vorhandensein einer Alternative zu der Ware oder Dienstleistung des Inhabers der genannten Marke aufmerksam gemacht wurde.
82 Wenn das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass aus der Werbung, die anhand der Benutzung des mit der Marke INTERFLORA identischen Zeichens durch M & S ausgelöst wird, für den normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer erkennbar ist, dass der von M & S beworbene Dienst unabhängig von dem von Interflora ist, kann folglich Interflora nicht mit Erfolg, gestützt auf Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94, geltend machen, dass diese Benutzung zu einer Abschwächung dieser Marke zu einem Gattungsbegriff beigetragen habe.
83 Sollte das vorlegende Gericht jedoch zu dem Ergebnis gelangen, dass aus der durch die genannte Benutzung eines mit der Marke INTERFLORA identischen Zeichens ausgelösten Werbung für den normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht erkennbar ist, dass der von M & S beworbene Dienst unabhängig von dem von Interflora ist, und sollte Interflora darauf bestehen, dass das vorlegende Gericht zusätzlich zu der Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion feststellen möge, dass M & S die Unterscheidungskraft der genannten Marke beeinträchtigt habe, indem sie zur Abschwächung dieser Marke zu einem Gattungsbegriff beigetragen habe, wäre es Sache dieses Gerichts, auf der Grundlage aller ihm unterbreiteten Anhaltspunkte zu beurteilen, ob die Auswahl von der Marke INTERFLORA entsprechenden Zeichen als Schlüsselwörter im Internet eine solche Auswirkung auf den Markt für Blumenlieferdienste hatte, dass sich der Begriff „Interflora“ für die Verbraucher zu einer Bezeichnung für jeden Blumenlieferdienst entwickelt hat.
Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke (Trittbrettfahren)
84 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, zielt ein Werbender durch die Auswahl eines mit einer fremden Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort darauf ab, dass die Internetnutzer, die dieses Wort als Suchbegriff eingeben, nicht nur auf die vom Inhaber dieser Marke herrührenden angezeigten Links klicken, sondern auch auf den Werbelink des Werbenden (Urteil Google France und Google, Randnr. 67).
85 Außerdem werden bei einer bekannten Marke wahrscheinlich viele Internetnutzer den Namen dieser Marke als Schlüsselwort eingeben, um im Internet Informationen oder Angebote über Waren oder Dienstleistungen dieser Marke zu finden.
86 Unter diesen Umständen ist, wie der Generalanwalt in Nr. 96 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, unbestreitbar, dass, wenn der Mitbewerber des Inhabers einer bekannten Marke diese im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes als Schlüsselwort auswählt, diese Benutzung dazu dient, die Unterscheidungskraft und Wertschätzung dieser Marke auszunutzen. Durch diese Auswahl kann es nämlich zu der Situation kommen, dass wahrscheinlich vielen Verbrauchern, wenn sie im Internet anhand dieses Schlüsselworts nach Waren oder Dienstleistungen der bekannten Marke suchen, die Werbeanzeige dieses Mitbewerbers auf ihrem Bildschirm gezeigt wird.
87 Im Übrigen lässt sich nicht bestreiten, dass der Mitbewerber, wenn Internetnutzer nach Kenntnisnahme von seiner Werbeanzeige die von ihm angebotene Ware oder Dienstleistung statt derjenigen des Inhabers der Marke, nach der sie ursprünglich gesucht haben, erwerben, aus der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung dieser Marke einen echten Vorteil zieht.
88 Zudem steht fest, dass der Werbende, wenn er im Rahmen eines Referenzierungsdienstes Zeichen auswählt, die mit einer fremden Marke identisch oder ihr ähnlich sind, an deren Inhaber für diese Benutzung im Allgemeinen keine Vergütung zahlt.
89 Aus diesen Merkmalen der Auswahl von Zeichen, die fremden bekannten Marken entsprechen, als Schlüsselwörter im Internet ergibt sich, dass eine solche Auswahl, sofern kein „rechtfertigender Grund“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 vorliegt, als eine Benutzung zu beurteilen sein kann, bei der sich der Werbende in den Bereich der Sogwirkung einer bekannten Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen. Ist dies der Fall, ist diese Ausnutzung durch den Dritten als unlauter anzusehen (vgl. insoweit Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., Randnr. 49).
90 Dies kann, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, insbesondere für Fälle anzunehmen sein, in denen Werbende im Internet mittels Benutzung von Schlüsselwörtern, die bekannten Marken entsprechen, Waren zum Verkauf anbieten, die Nachahmungen von Waren des Inhabers dieser Marken sind (Urteil Google France und Google, Randnrn. 102 und 103).
91 Wenn dagegen im Internet anhand eines Schlüsselworts, das einer bekannten Marke entspricht, eine Werbung gezeigt wird, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen dieser Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Inhabers der bekannten Marke vorgeschlagen wird, ist davon auszugehen, dass eine solche Benutzung grundsätzlich unter einen gesunden und lauteren Wettbewerb im Bereich der fraglichen Waren oder Dienstleistungen fällt und damit aus einem „rechtfertigenden Grund“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 erfolgt.
92 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der vorstehenden Auslegungsgesichtspunkte festzustellen, ob im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens eine Benutzung des Zeichens gegeben ist, die die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke INTERFLORA ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.
93 Nach alledem ist auf die Frage 3 Buchst. b zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen sind, dass der Inhaber einer bekannten Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines dieser Marke entsprechenden Schlüsselworts, das dieser Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, zu werben, wenn dieser Mitbewerber damit die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt (Trittbrettfahren) oder wenn in der genannten Werbung eine Beeinträchtigung dieser Unterscheidungskraft (Verwässerung) oder Wertschätzung (Verunglimpfung) liegt.
94 In einer Werbung anhand eines solchen Schlüsselworts liegt z. B. dann eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke (Verwässerung), wenn sie zu einer Abschwächung dieser Marke zu einem Gattungsbegriff beiträgt.
95 Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.
Kosten
96 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines mit dieser Marke identischen Schlüsselworts, das der Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, für Waren oder Dienstleistungen zu werben, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Eine solche Benutzung
– beeinträchtigt die herkunftshinweisende Funktion der Marke, wenn aus der anhand des genannten Schlüsselworts gezeigten Werbung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke bzw. einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen;
– beeinträchtigt im Rahmen eines Referenzierungsdienstes mit den Merkmalen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht die Werbefunktion der Marke;
– beeinträchtigt die Investitionsfunktion der Marke, wenn sie es dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.
2. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer bekannten Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines dieser Marke entsprechenden Schlüsselworts, das dieser Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, zu werben, wenn dieser Mitbewerber damit die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt (Trittbrettfahren) oder wenn in der genannten Werbung eine Beeinträchtigung dieser Unterscheidungskraft (Verwässerung) oder Wertschätzung (Verunglimpfung) liegt.
In einer Werbung anhand eines solchen Schlüsselworts liegt z. B. dann eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke (Verwässerung), wenn sie zu einer Abschwächung dieser Marke zu einem Gattungsbegriff beiträgt.
Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Englisch.