Wählen Sie die experimentellen Funktionen, die Sie testen möchten.

Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62010CO0546

    Beschluss des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 13. September 2011.
    Hans-Peter Wilfer gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM).
    Rechtsmittel - Gemeinschaftsmarke - Bildzeichen, das einen Gitarrenkopf darstellt - Zurückweisung der Anmeldung - Absolutes Eintragungshindernis - Fehlende Unterscheidungskraft - Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen - Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 74 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Zulässigkeit von erstmals vor dem Gericht vorgelegten Beweismitteln - Gleichbehandlung.
    Rechtssache C-546/10.

    Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-00127*

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2011:574

    BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    13. September 2011(*)

    „Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Bildzeichen, das einen Gitarrenkopf darstellt – Zurückweisung der Anmeldung – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 74 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Zulässigkeit von erstmals vor dem Gericht vorgelegten Beweismitteln – Gleichbehandlung“

    In der Rechtssache C‑546/10 P

    betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. November 2010,

    Hans-Peter Wilfer, wohnhaft in Markneukirchen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt W. Prinz,

    Rechtsmittelführer,

    anderer Verfahrensbeteiligter:

    Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

    Beklagter im ersten Rechtszug,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter A. Rosas und U. Lõhmus (Berichterstatter),

    Generalanwalt: P. Mengozzi,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    nach Anhörung des Generalanwalts

    folgenden

    Beschluss

    1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Wilfer die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. September 2010, Wilfer/HABM (Darstellung eines Gitarrenkopfs) (T‑458/08, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 25. Juli 2008 (Sache R 78/2007‑4, im Folgenden: streitige Entscheidung) über die Zurückweisung der Anmeldung eines einen Gitarrenkopf darstellenden Bildzeichens als Gemeinschaftsmarke abgewiesen worden ist.

     Rechtlicher Rahmen

    2        Art. 7 („Absolute Eintragungshindernisse“) der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) sieht in Abs. 1 vor:

    „Von der Eintragung ausgeschlossen sind

    b)      Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,

    …“

    3        Art. 63 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung lautet:

    „(1)      Die von den Beschwerdekammern getroffenen Entscheidungen, durch die über eine Beschwerde entschieden wird, sind mit der Klage beim Gerichtshof anfechtbar.

    (2)      Die Klage ist zulässig wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages, dieser Verordnung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs.“

    4        In Art. 74 Abs. 1 dieser Verordnung heißt es:

    „In dem Verfahren vor dem [HABM] ermittelt das [HABM] den Sachverhalt von Amts wegen. …“

    5        Nach Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts können die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern.

     Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

    6        Am 2. April 2002 meldete der Rechtsmittelführer beim HABM das nachfolgend wiedergegebene Bildzeichen, das einen Gitarrenkopf in den Farben Silber, Grau und Braun darstellt, als Gemeinschaftsmarke an:

    Image not found

    7        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 9 und 15 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

    –        Klasse 9: „Verstärker, Boxen, Aktivboxen (Combos); Mikrofonständer, Hochständer für Lautsprecherboxen sowie dazugehörige Distanzstangen“;

    –        Klasse 15: „Musikinstrumente, insbesondere Gitarren, elektrische Gitarren, akustische Gitarren, Bassgitarren, Drums, Schellen; Bestand- und Zubehörteile von Musikinstrumenten, insbesondere Saiten, Bunddraht, Gurte, Halsstäbe, Wirbel, Notenständer, an Musikinstrumente angepasste und nicht angepasste Behältnisse, insbesondere Taschen und Koffer für Musikinstrumente, Instrumentenetuis, Knebel, Ventile; Ständer für Gitarren (elektrische, akustische und Bassgitarren), Keyboardständer, Ständer für Schlaginstrumente, insbesondere Trommel und Becken, Ständer für Blasinstrumente“.

    8        Mit Entscheidung vom 30. November 2006 wies der Prüfer die Anmeldung in Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 teilweise, nämlich für „Verstärker, Boxen, Aktivboxen (Combos)“ der Klasse 9 und für die angemeldeten Waren der Klasse 15 mit Ausnahme der Waren „Drums, Schellen; Keyboardständer, Ständer für Schlaginstrumente, insbesondere Trommel und Becken, Ständer für Blasinstrumente“, zurück.

    9        Am 5. Januar 2007 legte der Rechtsmittelführer gegen diese Entscheidung des Prüfers beim HABM Beschwerde ein, soweit mit dieser Entscheidung die Anmeldung für einen Teil der angemeldeten Waren zurückgewiesen worden war.

    10      Mit der streitigen Entscheidung wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde des Rechtsmittelführers mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 habe. Sie führte u. a. aus, dass Gegenstand der Anmeldung eine zweidimensionale naturgetreue Abbildung eines Gitarrenkopfs sei und dass sich die beanspruchten Waren an ein breites Publikum richteten. Bei einem wichtigen Teil des relevanten Publikums, nämlich den Verbrauchern ohne vertiefte Musikkenntnisse, könne weder vorausgesetzt werden, dass sie dem Gitarrenkopf eine besondere Rolle beimäßen, die über seine Funktion der Erzeugung von Klängen hinausgehe, noch, dass sie die Formunterschiede und Abweichungen in einzelnen Details überhaupt bemerkten. Zudem gehe die dargestellte Form nicht über das Übliche hinaus, und die Farbkombination dieses Gitarrenkopfs verleihe dieser Marke keine Unterscheidungskraft.

     Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    11      Mit Klageschrift, die am 9. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung. Er stützte seine Klage auf vier Klagegründe, mit denen er Verstöße erstens gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, zweitens gegen den Grundsatz der Sachverhaltsermittlung von Amts wegen gemäß Art. 74 Abs. 1 dieser Verordnung, drittens gegen die Begründungspflicht im Sinne von Art. 73 Satz 1 der Verordnung und viertens gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend machte. Das Gericht ist diesen Klagegründen nicht gefolgt und hat demgemäß die Klage abgewiesen.

    12      Zunächst hat das Gericht in den Randnrn. 12 bis 17 des angefochtenen Urteils die erstmals bei ihm vorgelegten Beweismittel, darunter ein Sachverständigengutachten sowie verschiedene Abbildungen von Gemeinschaftsmarken und nationalen Marken, für unzulässig erklärt.

    13      Hierzu hat das Gericht in Randnr. 10 des angefochtenen Urteils ausgeführt,

    „dass die vor dem Gericht erhobene Klage zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM im Sinne von Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 … dient. Daher ist es nicht Aufgabe des Gerichts, die tatsächlichen Umstände im Licht erstmals vor ihm vorgelegter Beweismittel zu überprüfen. Denn die Zulassung solcher Beweismittel verstößt gegen Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern können (Urteile des Gerichts vom 6. März 2003, DaimlerChrysler/HABM [Calandre], T‑128/01, Slg. 2003, II‑701, Randnr. 18, und vom 19. November 2008, Rautaruukki/HABM [RAUTARUUKKI], T‑269/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20)“.

    14      In Bezug auf den ersten Klagegrund ist das Gericht erstens auf die Rüge des Rechtsmittelführers eingegangen, dass sich die Beschwerdekammer zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dreidimensionalen Marken gestützt habe. Es hat zunächst diese Rechtsprechung umrissen und sodann in Randnr. 41 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass es sich bei der Anmeldemarke um die zweidimensionale Darstellung eines Gitarrenkopfs handele und dass, auch wenn der Gitarrenkopf nur ein Teil dieses Musikinstruments sei, diese Marke in einem anderen Verhältnis zu der mit ihr bezeichneten Ware stehe als eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem vom Erscheinungsbild der bezeichneten Ware unabhängigen Zeichen bestehe.

    15      In den Randnrn. 42 und 43 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Argument des Rechtsmittelführers zurückgewiesen, wonach vielmehr die allgemeinen Grundsätze für die Unterscheidungskraft einer Marke anzuwenden seien, nach denen insbesondere ein Minimum an Unterscheidungskraft genüge, um das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 geregelte Eintragungshindernis entfallen zu lassen.

    16      Zweitens hat das Gericht das Vorbringen des Rechtsmittelführers zurückgewiesen, dass die Beschwerdekammer selbst bei Anwendung der Rechtsprechung zu dreidimensionalen Marken der angemeldeten Marke insbesondere wegen der besonders großen Aufmerksamkeit der Abnehmer der von dieser Marke erfassten Waren Unterscheidungskraft hätte beimessen müssen.

    17      Hierzu hat das Gericht in den Randnrn. 48 und 51 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus Berufs- und Hobbymusikern zusammensetzten, die nicht zwangsläufig über besondere technische Kenntnisse verfügten, und dass der Aufmerksamkeitsgrad dieser Verkehrskreise beim Kauf der von der Marke erfassten Waren als erhöht anzusehen sei.

    18      In den Randnrn. 54 und 55 des angefochtenen Urteils hat sich das Gericht die Auffassung der Beschwerdekammer zu eigen gemacht, dass die Form der angemeldeten Marke eindeutig an die einfachste Form erinnere, in der der Kopf einer fünfsaitigen Gitarre dargestellt werden könne. Eine Beurteilung der angemeldeten Marke anhand der vom Rechtsmittelführer beim HABM eingereichten Abbildungen branchenüblicher Gitarrenköpfe führe zu dem Ergebnis, dass sie sich nicht von den üblichen Merkmalen der auf dem Markt vorhandenen Gitarrenköpfe, deren Formen sehr unterschiedlich sein könnten, unterscheide.

    19      Das Gericht hat in den Randnrn. 56 und 57 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Beschwerdekammer zu der Annahme berechtigt gewesen sei, dass die wenigen vom Rechtsmittelführer angeführten Merkmale mit technischen, funktionellen oder dekorativen Aspekten in Verbindung gebracht würden und dass die Farben dieser Marke, die nicht originell seien und nicht auffielen, die Marke nicht aus dem Rahmen des Üblichen heraushöben.

    20      In Randnr. 60 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass der Rechtsmittelführer nichts vorgebracht habe, was die von der Beschwerdekammer in der streitigen Entscheidung vorgenommene Analyse in Frage stelle, so dass der Schluss gerechtfertigt sei, dass die angemeldete Marke eine naturgetreue, nicht vom Branchenüblichen abweichende Wiedergabe eines Gitarrenkopfs sei. Unabhängig von der Frage, ob ein Gitarrenkopf in den betreffenden Fachkreisen als Hinweis auf die Herkunft dienen könne, lasse die Beurteilung dieser Marke kein Merkmal erkennen, das zumindest von einem Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der bezeichneten Waren aufgefasst werden könne.

    21      Insoweit hat das Gericht in Randnr. 61 des angefochtenen Urteils konstatiert, dass der Rechtsmittelführer die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach sich die ihr vom Rechtsmittelführer vorgelegte Stellungnahme des Chefredakteurs einer Fachzeitschrift nur auf professionelle Kreise beziehe, nicht in Frage stelle. Dieses Zeugnis sei somit für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich.

    22      Drittens hat das Gericht in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils die Rüge des Rechtsmittelführers zurückgewiesen, dass die Beschwerdekammer nur auf einzelne Bestandteile der angemeldeten Marke und nicht auf den von dieser hervorgerufenen Gesamteindruck abgestellt habe. Die Beschwerdekammer habe nämlich in Einklang mit der Rechtsprechung die Bestandteile der angemeldeten Marke anhand der vom Rechtsmittelführer vorgelegten Beispiele branchenüblicher Gitarren beurteilt, bevor sie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass insgesamt kein Merkmal vorliege, das als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren aufgefasst werden könnte, und dass die Wiedergabe selbst „naturgetreu“ sei und nichts enthalte, was der fraglichen Marke Unterscheidungskraft verleihen könnte.

    23      Mit seinem zweiten Klagegrund machte der Rechtsmittelführer insbesondere geltend, die Beschwerdekammer habe die streitige Entscheidung darauf gestützt, dass die in der angemeldeten Marke dargestellte Form nicht über das Übliche hinausgehe, ohne diese Behauptung zu begründen, obwohl sie hätte recherchieren müssen, welches die übliche Form eines Gitarrenkopfs sei.

    24      Das Gericht hat in Randnr. 75 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Vorgehensweise der Beschwerdekammer mit dem Beurteilungsrahmen, wie er in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94, insbesondere im Urteil vom 22. Juni 2006, Storck/HABM (C‑25/05 P, Slg. 2006, I‑5719), aufgestellt worden sei, in Einklang stehe, weil die Kammer die vom Rechtsmittelführer selbst vorgelegten konkreten Beispiele branchenüblicher Gitarren geprüft habe, um festzustellen, ob die Marke offenkundige Unterschiede gegenüber den auf dem Markt vorhandenen Gitarren aufweise. Eine Verpflichtung, näher zu bestimmen, welche Form eines Gitarrenkopfs üblich sei, ginge über die Anforderungen der Rechtsprechung hinaus. Außerdem entspreche die Vorgehensweise der Beschwerdekammer auch dem Grundsatz, wonach es, wenn ein Kläger geltend mache, eine Anmeldemarke habe entgegen der vom HABM vorgenommenen Beurteilung Unterscheidungskraft, Sache des Klägers sei, durch konkrete und fundierte Angaben darzulegen, dass die Anmeldemarke entweder von Haus aus Unterscheidungskraft besitze oder sie durch Benutzung erworben habe; dies sei durch den Rechtsmittelführer im vorliegenden Fall nicht geschehen.

    25      Der dritte vom Rechtsmittelführer geltend gemachte Klagegrund ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels.

    26      Als vierten Klagegrund machte der Rechtsmittelführer geltend, dass die Beschwerdekammer Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 strenger ausgelegt habe, als sie es üblicherweise tue. Zum Beleg für dieses Vorbringen verwies der Rechtsmittelführer auf vier bereits eingetragene Gemeinschaftsmarken.

    27      Insoweit hat das Gericht in Randnr. 92 des angefochtenen Urteils zunächst daran erinnert, dass die Abbildungen von drei dieser Marken erstmals vor ihm vorgelegt worden und damit unzulässig seien, und sodann in Randnr. 93 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung Nr. 40/94 zu prüfen sei und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis dieser Kammern.

    28      In Randnr. 97 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ergänzend festgestellt, dass das HABM zu Recht ausgeführt habe, dass sich die einzige ältere Marke, auf die sich der Rechtsmittelführer in ordnungsgemäßer Weise berufen habe, in vielerlei Hinsicht von der angemeldeten Marke unterscheide, die traditioneller sei.

     Anträge der Verfahrensbeteiligten

    29      Der Rechtsmittelführer beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

    30      Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

     Zum Rechtsmittel

    31      Der Rechtsmittelführer trägt vier Rechtsmittelgründe vor. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht er geltend, dass das Gericht zu Unrecht bestimmte erstmals vor ihm vorgelegte Beweise nicht berücksichtigt habe. Mit dem zweiten bis vierten Rechtsmittelgrund wird jeweils ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, gegen Art. 74 Abs. 1 der Verordnung und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht.

    32      Der Gerichtshof kann gemäß Art. 119 seiner Verfahrensordnung, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen, ohne die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

    33      Diese Bestimmung ist im vorliegenden Fall anzuwenden.

     Zum ersten Rechtsmittelgrund: Nichtberücksichtigung bestimmter erstmals vor dem Gericht vorgelegter Beweismittel

     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    34      Der Rechtsmittelführer meint, das Gericht habe bestimmte erstmals vor ihm vorgelegte Beweismittel, nämlich ein Gutachten und Abbildungen von Gemeinschaftsmarken und nationalen Marken, zu Unrecht auf der Grundlage von Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts für unzulässig erachtet, da diese Beweismittel den von der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht im Sinne dieser Vorschrift ändern könnten. Streitgegenstand sei nämlich die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit, während die in Rede stehenden Beweismittel nur vorgelegt worden seien, um bereits vor dem HABM vorgebrachte Argumente zu unterstützen. Die Ablehnung des Gerichts, diese Beweismittel zu berücksichtigen, verletze den Anspruch des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör.

    35      Die Nichtberücksichtigung dieser Beweismittel verstoße auch gegen den Grundsatz der Sachverhaltsermittlung von Amts wegen im Sinne von Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94, da diese Beweismittel das Vorbringen des Rechtsmittelführers vor der Beschwerdekammer ergänzt hätten, die in Verkennung dieses Grundsatzes keine eigenen Untersuchungen hierzu vorgenommen habe.

    36      Das HABM meint, das Vorbringen des Rechtsmittelführers beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis des Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts.

     Würdigung durch den Gerichtshof

    37      Vorab ist festzustellen, dass das Gericht die erstmals vor ihm vorgelegten Beweismittel, anders als der Rechtsmittelführer anzunehmen scheint, nicht allein auf der Grundlage von Art. 135 § 4 seiner Verfahrensordnung für unzulässig erklärt hat.

    38      Wie nämlich aus Randnr. 10 des angefochtenen Urteils klar hervorgeht, hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es nicht seine Aufgabe sei, die tatsächlichen Umstände im Licht erstmals vor ihm vorgelegter Beweismittel zu überprüfen, da die vor dem Gericht erhobene Klage zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM im Sinne von Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 diene. Erst danach hat das Gericht ausgeführt, dass die Zulassung solcher Beweismittel gegen Art. 135 § 4 seiner Verfahrensordnung verstoße.

    39      Folglich wurde die letztgenannte Bestimmung vom Gericht nur ergänzend genannt. Nach ständiger Rechtsprechung können jedoch Rügen, die gegen nichttragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen und gehen daher ins Leere (vgl. u. a. Beschluss vom 8. April 2008, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission, C‑503/07 P, Slg. 2008, I‑2217, Randnr. 62, und Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 211).

    40      Daher könnte, selbst wenn man in Übereinstimmung mit dem Rechtsmittelführer davon ausginge, dass die von ihm erstmals vor dem Gericht vorgelegten Beweismittel den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht im Sinne von Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts hätten ändern können, so dass diese Vorschrift ihrer Zulässigkeit nicht entgegenstünde, dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.

    41      Das Gericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es gemäß Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 die tatsächlichen Umstände nicht im Licht erstmals vor ihm vorgelegter Beweismittel überprüfen könne. Die Klage beim Gericht ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen im Sinne dieser Vorschrift gerichtet, und diese Rechtmäßigkeit ist anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Beschwerdekammern im Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidungen verfügen konnten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2006, Rossi/HABM, C‑214/05 P, Slg. 2006, I‑7057, Randnrn. 50 und 52, vom 18. Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C‑16/06 P, Slg. 2008, I‑10053, Randnrn. 136 bis 138, sowie Beschluss vom 9. Juli 2010, The Wellcome Foundation/HABM, C‑461/09 P, Randnrn. 25 bis 27).

    42      Es ist unstreitig, dass das Gutachten sowie die Abbildungen der Gemeinschaftsmarken und der nationalen Marken, die vom Rechtsmittelführer als Beweismittel geltend gemacht worden sind, erstmals vor dem Gericht und nicht vor der Beschwerdekammer des HABM vorgelegt wurden. Das Gericht hat sie daher in den Randnrn. 12 bis 17 des angefochtenen Urteils zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Diese Zurückweisung hat daher nicht den Anspruch des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör verletzt.

    43      Im Übrigen geht weder aus der Klageschrift im Verfahren vor dem Gericht noch aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass der Rechtsmittelführer vor dem Gericht einen Verstoß der Beschwerdekammer gegen den Amtsermittlungsgrundsatz im Sinne von Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemacht hätte, um die Zulässigkeit dieser Beweismittel zu begründen.

    44      Könnte ein Verfahrensbeteiligter jedoch erstmals ein Argument vorbringen, das er vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, so könnte er den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofs daher auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, Slg. 2004, I‑5089, Randnr. 50, und vom 9. Juni 2011, Evropaïki Dynamiki/EZB, C‑401/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 51). Ein solches Argument ist folglich offensichtlich unzulässig.

    45      Demnach ist der erste Rechtsmittelgrund als teilweise offensichtlich unbegründet und teilweise offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

     Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    46      Mit dem ersten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es im vorliegenden Fall die Rechtsprechung zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 in Bezug auf dreidimensionale Marken angewandt habe.

    47      Zum einen habe das Gericht verkannt, dass diese Rechtsprechung zwar auf Massenprodukte anwendbar sei, es aber spezielle Waren gebe, bei denen der Verbraucher daran gewöhnt sei, dass die Ausgestaltung bestimmter Teile der Gesamtware dazu diene, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen. Dies sei der Fall bei der Kopfplatte einer Gitarre. Auf solche Waren seien die allgemeinen Grundsätze zur Bewertung der Unterscheidungskraft einer Marke anzuwenden, nach denen ein Minimum an Unterscheidungskraft genüge, um das in dieser Vorschrift geregelte Eintragungshindernis entfallen zu lassen. Folglich sei die Schlussfolgerung, zu der das Gericht in Randnr. 60 des angefochtenen Urteils gelangt sei, rechtsfehlerhaft und verfälsche den vom Rechtsmittelführer vor dem Gericht vorgebrachten Sachverhalt und die von ihm vorgelegten Beweismittel.

    48      Zum anderen habe das Gericht rechtsfehlerhaft die Rechtsprechung zu dreidimensionalen Marken analog auf eine Bildmarke angewandt, die nur einen Teil der gekennzeichneten Ware darstelle, nämlich den Teil, der seit jeher als Kennzeichen dieser Ware verwendet worden sei.

    49      Mit dem zweiten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, fehlerhaft angenommen zu haben, dass die von ihm geltend gemachten Bestandteile der angemeldeten Marke dahin aufgefasst würden, dass sie auf technische, funktionelle oder dekorative Aspekte bezogen seien. Außerdem habe das Gericht den vor ihm vorgebrachten Sachverhalt und die ihm vorgelegten Beweismittel verfälscht, indem es in Randnr. 60 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten habe, den maßgeblichen Verkehrskreisen sei die Übung, Kopfplatten von Gitarren als Herkunftshinweis auf diese Gitarren zu verwenden, unbekannt.

    50      Mit dem dritten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes vertritt der Rechtsmittelführer die Auffassung, das Gericht habe in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, dass sich das HABM bei der Bewertung der einzelnen Elemente der angemeldeten Marke auf den von dieser hervorgerufenen Gesamteindruck gestützt habe. Die Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass verschiedene Elemente der Ausgestaltung der Kopfplatte einer Gitarre dazu dienten, auf deren Herkunft hinzuweisen, habe zu einer fehlerhaften Beurteilung des Gesamteindrucks dieser Marke geführt.

    51      Das HABM hält den zweiten Rechtsmittelgrund für offensichtlich unzulässig, da er auf eine Beurteilung der Verbraucherwahrnehmung gestützt sei, die von der abweiche, zu der das HABM und das Gericht gelangt seien.

     Würdigung durch den Gerichtshof

    52      Was den ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes betrifft, so bedeutet nach ständiger Rechtsprechung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, dass diese Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteile vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM, C‑238/06 P, Slg. 2007, I‑9375, Randnr. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, Slg. 2010, I‑535, Randnrn. 33 und 34).

    53      Insoweit hat das Gericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, nicht anders sind als die für die übrigen Markenkategorien geltenden. Es hat ferner ausgeführt, dass im Rahmen der Anwendung dieser Kriterien eine dreidimensionale Marke, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst besteht, von den Durchschnittsverbrauchern nicht notwendig in der gleichen Weise wahrgenommen wird wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist. Denn wenn grafische oder Wortelemente fehlen, schließen die Durchschnittsverbraucher aus der Form der Waren oder der ihrer Verpackung gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren; daher kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als diejenige einer Wort- oder Bildmarke (vgl. Urteile vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, Slg. 2004, I‑9165, Randnr. 30, und Develey/HABM, Randnr. 80).

    54      Unter diesen Umständen besitzt, wie das Gericht richtig festgestellt hat, nur eine Marke, die erheblich von der Branchennorm oder -üblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllen kann, auch Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (vgl. Urteile Mag Instrument/HABM, Randnr. 31, Storck/HABM, Randnr. 28, und Develey/HABM, Randnr. 81).

    55      Da der Gerichtshof die in den beiden vorstehenden Randnummern wiedergegebenen Erwägungen zu dreidimensionalen Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, nicht auf Massenprodukte beschränkt hat, kann der Rechtsmittelführer sich nicht mit Erfolg auf das Bestehen einer solchen Beschränkung und eine daraus folgende Ausklammerung von Waren berufen, bei denen der Verbraucher daran gewöhnt sei, dass die Formen bestimmter Elemente des Gesamtprodukts als Hinweis auf dessen Herkunft dienten.

    56      Vielmehr geht aus der in Randnr. 54 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung hervor, dass, wenn das Erscheinungsbild von Waren einer bestimmten Branche oder eines Elements dieser Waren als Herstellerhinweis dient, wie es der Rechtsmittelführer in Bezug auf Gitarrenköpfe behauptet, dies nur deshalb so ist, weil das Erscheinungsbild einer ausreichenden Zahl dieser Waren oder ihrer Elemente erheblich von der Branchennorm oder -üblichkeit abweicht. Dies bedeutet keineswegs, dass das Erscheinungsbild einer Ware oder eines Elements einer Ware dieser Branche, das, was diese anbelangt, nicht erheblich von dieser Norm abweicht, dazu geeignet wäre, die maßgeblichen Verkehrskreise auf die Herkunft dieser Ware hinzuweisen.

    57      Folglich behauptet der Rechtsmittelführer zu Unrecht, dass das Gericht in Randnr. 60 des angefochtenen Urteils dadurch, dass es im vorliegenden Fall die Rechtsprechung zu den dreidimensionalen Marken und nicht die allgemeinen Grundsätze für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke heranzog, zu einer rechtsfehlerhaften Schlussfolgerung gelangt sei.

    58      Im Übrigen ist die Rechtsprechung, die zu dreidimensionalen Marken entwickelt wurde, welche aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, auch dann einschlägig, wenn die angemeldete Marke, wie im vorliegenden Fall, eine Bildmarke ist, die aus der zweidimensionalen Darstellung der Ware besteht. Denn auch in einem solchen Fall besteht die Marke nicht aus einem Zeichen, das vom Erscheinungsbild der mit ihr gekennzeichneten Waren unabhängig ist (Urteile Storck/HABM, Randnr. 29, und vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C‑144/06 P, Slg. 2007, I‑8109, Randnr. 38).

    59      Aus der letzteren Feststellung ergibt sich, dass die Rechtsprechung zu dreidimensionalen Marken entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers auch dann anwendbar ist, wenn eine Marke nur einen Teil der bezeichneten Ware, im vorliegenden Fall den Kopf einer Gitarre, darstellt. Wie das Gericht in Randnr. 41 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, besteht eine solche Marke nämlich ebenso wenig aus einem Zeichen, das vom Erscheinungsbild der mit ihr gekennzeichneten Waren unabhängig ist, wie eine das Gesamtprodukt darstellende Bildmarke.

    60      Aus diesen Erwägungen folgt, dass der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

    61      In Bezug auf den zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellungen zu den Merkmalen des relevanten Publikums und zu der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung oder der Einstellung dieses Publikums in den Bereich der Tatsachenwürdigung fallen (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, Randnr. 51, sowie Beschluss vom 22. Oktober 2010, Longevity Health Products/HABM, C‑84/10 P, Randnr. 29).

    62      Gemäß Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel jedoch auf Rechtsfragen beschränkt. Allein das Gericht ist für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Somit ist die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteile Mag Instrument/HABM, Randnr. 39, Les Éditions Albert René/HABM, Randnr. 68, und vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 49).

    63      Mithin sind die Rügen des Rechtsmittelführers nur insoweit zulässig, als mit ihnen dargetan werden soll, dass das Gericht Beweismittel verfälscht habe.

    64      Eine solche Verfälschung muss sich in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, Slg. 2008, I‑10505, Randnr. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    65      Soweit das Vorbringen des Rechtsmittelführers dahin zu verstehen ist, dass er behauptet, das Gericht habe den vor ihm vorgebrachten Sachverhalt und die ihm vorgelegten Beweismittel in Bezug auf die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise verfälscht, ist allerdings festzustellen, dass sich eine solche Verfälschung nicht in offensichtlicher Weise aus den Akten ergibt. Insoweit geht aus Randnr. 61 des angefochtenen Urteils hervor, dass sich die vom Rechtsmittelführer vor der Beschwerdekammer zur Stützung seines Vorbringens vorgelegte Erklärung des Chefredakteurs einer Fachzeitschrift nur auf professionelle Kreise bezieht, was der Rechtsmittelführer nicht bestreitet. Daher hat das Gericht dieses Beweismittel nicht verfälscht, soweit es die Erklärung in Randnr. 61 mit der Begründung für unerheblich angesehen hat, dass sie einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise außer Acht lasse.

    66      Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist demnach als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    67      Mit dem dritten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer zwar einen Rechtsfehler geltend, indem er vorbringt, das Gericht habe die Nichtberücksichtigung des Gesamteindrucks der angemeldeten Marke durch die Beschwerdekammer nicht richtig gewürdigt, doch geht aus den zur Begründung dieser Behauptung vorgebrachten Argumenten hervor, dass er in Wirklichkeit die Beurteilung des Gesamteindrucks rügen will, auf die sich die Beschwerdekammer gestützt hat.

    68      Gemäß der in Randnr. 62 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung unterliegt eine solche Tatsachenwürdigung, vorbehaltlich einer Verfälschung der Tatsachen und Beweismittel, nicht der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels.

    69      Da der Rechtsmittelführer in Bezug auf den dritten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes keine Verfälschung von Tatsachen und Beweismitteln geltend gemacht hat, ist dieser Teil als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

    70      Demnach ist der zweite Rechtsmittelgrund des Rechtsmittelführers insgesamt als teilweise offensichtlich unbegründet und teilweise offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

     Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94

     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    71      Der Rechtsmittelführer wirft dem Gericht vor, dass es in Randnr. 75 des angefochtenen Urteils den Grundsatz der Sachverhaltsermittlung von Amts wegen im Sinne von Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 unzutreffend gewürdigt habe. Das Gericht habe insoweit das Verhältnis zwischen Regel und Ausnahme verkannt. Wenn eine Warengruppe Bestandteile aufweise, die seit jeher als Hinweis auf die Herkunft der Ware dienten, sei es fehlerhaft, zu behaupten, wie es das Gericht getan habe, es wäre Sache des Klägers gewesen, zusätzlich über die vorgelegten konkreten und fundierten Angaben hinaus weitere konkrete und fundierte Angaben zu machen.

    72      Das HABM macht geltend, es habe keiner Sachverhaltsermittlung seinerseits mehr bedurft, weil der Rechtsmittelführer selbst die auf dem Markt herrschenden Verhältnisse umfangreich und detailliert dargestellt habe. Der Prüfer habe die vom Rechtsmittelführer vorgelegten Vergleichsformen berücksichtigt.

     Würdigung durch den Gerichtshof

    73      Gemäß Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 haben die Prüfer des HABM und, auf Beschwerde, seine Beschwerdekammern von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, um festzustellen, ob der Anmeldung der Marke eines der Eintragungshindernisse nach Art. 7 dieser Verordnung entgegensteht. Infolgedessen können sich die zuständigen Stellen des HABM veranlasst sehen, ihre Entscheidungen auf Tatsachen zu stützen, die vom Anmelder nicht angeführt worden sind (vgl. Urteile Storck/HABM, Randnr. 50, und vom 19. April 2007, HABM/Celltech, C‑273/05 P, Slg. 2007, I‑2883, Randnr. 38).

    74      Mit seinem Rechtsmittel rügt der Rechtsmittelführer jedoch nicht die Feststellung, die das Gericht in Randnr. 75 des angefochtenen Urteils traf, nachdem es zunächst die Beurteilung überprüft hatte, die von den Dienststellen des HABM im Licht der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung vorgenommen worden war. Nach dieser Feststellung des Gerichts stand die Vorgehensweise dieser Dienststellen im Einklang mit dem Beurteilungsrahmen, wie er in der Rechtsprechung zu Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 aufgestellt worden sei.

    75      Unter diesen Umständen kann der Rechtsmittelführer nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht habe einen Fehler begangen, der einen Verstoß gegen diese Vorschrift darstelle, soweit es festgestellt habe, dass die Vorgehensweise der Beschwerdekammer mit dem Grundsatz in Einklang gestanden habe, dem zufolge einem Kläger, der die vom HABM vorgenommene Beurteilung rüge, die Beibringung konkreter und fundierter Angaben obliege.

    76      Im Übrigen bezieht sich der Rechtsmittelführer mit seinem Vorbringen zu dem Verhältnis zwischen Regel und Ausnahme offenbar auf sein in Randnr. 47 des vorliegenden Beschlusses zusammenfassend wiedergegebenes Vorbringen zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, das außerhalb des dritten Rechtsmittelgrundes liegt.

    77      Der dritte Rechtsmittelgrund ist folglich als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

     Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    78      Nach Ansicht des Rechtsmittelführers stellt es einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, dass das Gericht verschiedene mit der Klageschrift unterbreitete Gemeinschaftsmarken nicht berücksichtigt habe.

    79      In Bezug auf die von ihm ordnungsgemäß geltend gemachte ältere Gemeinschaftsmarke ist er der Auffassung, dass die Feststellung in Randnr. 97 des angefochtenen Urteils, wonach der als Gemeinschaftsmarke eingetragene Gitarrenkopf auffälliger sei als die traditionellere angemeldete Marke, keine Begründung dafür sei, dass nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen worden sei.

    80      Das HABM tritt den Argumenten des Rechtsmittelführers entgegen und macht geltend, dass dem Gericht keine Verkennung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vorgeworfen werden könne.

     Würdigung durch den Gerichtshof

    81      Wie in Randnr. 42 des vorliegenden Beschlusses festgestellt worden ist, hat das Gericht die Abbildungen von Gemeinschaftsmarken, die als Beweismittel erstmals vor ihm vorgelegt worden sind, zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Diese Zurückweisung kann folglich keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung darstellen.

    82      Die Feststellung des Gerichts in Randnr. 97 des angefochtenen Urteils wurde nur ergänzend getroffen. Gemäß der in Randnr. 39 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung geht die gegen diese Feststellung gerichtete Rüge des Rechtsmittelführers somit ins Leere.

    83      Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    84      Nach alledem greift keiner der vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Rechtsmittelgründe durch. Das Rechtsmittel ist daher in vollem Umfang zurückzuweisen.

     Kosten

    85      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach Art. 118 dieser Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM die Verurteilung des Rechtsmittelführers beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) beschlossen:

    1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

    2.      Herr Wilfer trägt die Kosten.

    Unterschriften


    * Verfahrenssprache: Deutsch.

    nach oben