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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62010CJ0361

    Urteil des Gerichtshofes (Siebte Kammer) vom 9. Juni 2011.
    Intercommunale Intermosane SCRL und Fédération de l’industrie et du gaz gegen Belgischer Staat.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d’État - Belgien.
    Binnenmarkt - Normen und technische Vorschriften - Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft - Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten.
    Rechtssache C-361/10.

    Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-05079

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2011:382

    Rechtssache C‑361/10

    Intercommunale Intermosane SCRL

    und

    Fédération de l’industrie et du gaz

    gegen

    État belge

    (Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d'État [Belgien])

    „Binnenmarkt – Normen und technische Vorschriften – Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft – Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten“

    Leitsätze des Urteils

    Rechtsangleichung – Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft – Richtlinie 98/34 – Technische Vorschrift – Begriff

    (Richtlinie 98/34 des Europäischen Parlaments und des Rates in der Fassung der Richtlinie 98/48, Art. 1 Nr. 11)

    Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in der durch die Richtlinie 98/48 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass nationale Bestimmungen, die zum Schutz der Arbeitnehmer bestimmte Anforderungen an die Ausführung elektrischer Anlagen, an die Konstruktion elektrischer Betriebsmittel und an die Schutzvorrichtungen, mit denen diese Betriebsmittel versehen sind, stellen, wie sie in der belgischen Regelung über die Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten enthalten sind, keine technischen Vorschriften im Sinne dieser Bestimmung darstellen, deren Entwurf gemäß Art. 8 Abs. 1 Nr. 1 dieser Richtlinie mitzuteilen ist.

    (vgl. Randnr. 22 und Tenor)







    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

    9. Juni 2011(*)

    „Binnenmarkt – Normen und technische Vorschriften – Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft – Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten“

    In der Rechtssache C‑361/10

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Belgien) mit Entscheidung vom 9. Juli 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juli 2010, in dem Verfahren

    Intercommunale Intermosane SCRL,

    Fédération de l’industrie et du gaz

    gegen

    État belge

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und des Richters G. Arestis,

    Generalanwältin: E. Sharpston,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

    –        der Intercommunale Intermosane SCRL, vertreten durch J. Bourtembourg, avocat,

    –        der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und T. Materne als Bevollmächtigte,

    –        der Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

    –        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Patakia und G. Zavvos als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 1 und 8 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 98/34).

    2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Intercommunale Intermosane SCRL und der Fédération de l’industrie et du gaz, association sans but lucratif, gegen den belgischen Staat über eine Regelung mit Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten.

     Rechtlicher Rahmen

     Unionsrecht

    3        Art. 1 der Richtlinie 98/34 bestimmt:

    „Für diese Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    1.      ‚Erzeugnis‘: Erzeugnisse, die gewerblich hergestellt werden, und landwirtschaftliche Erzeugnisse, einschließlich Fischprodukte;

    3.      ‚technische Spezifikation‘: Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Abmessungen, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung des Erzeugnisses sowie über Konformitätsbewertungsverfahren.

          …

    4.      ‚sonstige Vorschrift‘: eine Vorschrift für ein Erzeugnis, die keine technische Spezifikation ist und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen wird und den Lebenszyklus des Erzeugnisses nach dem Inverkehrbringen betrifft, wie Vorschriften für Gebrauch, Wiederverwertung, Wiederverwendung oder Beseitigung, sofern diese Vorschriften die Zusammensetzung oder die Art des Erzeugnisses oder seine Vermarktung wesentlich beeinflussen können;

    11.      ‚Technische Vorschrift‘: Technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto für das Inverkehrbringen, die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, sowie – vorbehaltlich der in Artikel 10 genannten Bestimmungen – die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.

          …

    Diese Richtlinie gilt nicht für Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen des Vertrags zum Schutz von Personen, insbesondere der Arbeitnehmer, bei der Verwendung von Erzeugnissen für erforderlich halten, sofern diese Maßnahmen keine Auswirkungen auf die Erzeugnisse haben.“

    4        Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 98/34 lautet :

    „Vorbehaltlich des Artikels 10 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt; in diesem Fall reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor.“

     Nationales Recht

    5        Die Art. 8 bis 13 des Königlichen Erlasses vom 2. Juni 2008 über die Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten (Moniteur belge vom 19. Juni 2008, S. 31631, im Folgenden: Königlicher Erlass) sehen vor:

    „Art. 8.  Die elektrische Anlage wird so ausgeführt, dass die Arbeitnehmer vor den Risiken aufgrund des direkten und indirekten Kontakts, vor den Folgen von Überspannungen insbesondere aufgrund von Isolationsfehlern, Schaltvorgängen und Witterungseinflüssen, vor Verbrennungen und anderen Gesundheitsrisiken sowie vor nichtelektrischen Risiken aufgrund der Stromnutzung geschützt sind.

    Erscheint es nicht möglich, die erwähnten Risiken durch Maßnahmen auf der Ebene der Planung oder durch Maßnahmen des allgemeinen Schutzes zu beseitigen, ist der Zugang zu diesen Anlagen Arbeitnehmern vorzubehalten, deren Befähigung mit dem Code BA4 oder BA5 im Sinne von Art. 47 der [Allgemeinen Verordnung über elektrische Anlagen] gekennzeichnet ist.

    Art. 9.  Die elektrische Anlage wird so ausgeführt, dass

    1°       gefährliche Lichtbögen und Oberflächentemperaturen vermieden werden,

    2°       Überhitzung, Brand und Explosion vermieden werden.

    Art. 10. § 1.      Jeder Stromkreis ist durch mindestens eine Schutzvorrichtung geschützt, die einen Überlaststrom unterbricht, bevor eine Erwärmung entstehen kann, die für die Isolierung, die Verbindungen, die Leiter oder die Umgebung schädigend sein kann.

    Jeder Stromkreis wird durch eine Schutzvorrichtung geschützt, die einen Kurzschlussstrom ausschaltet, bevor gefährliche Wirkungen eintreten.

    § 2.      Abweichend von § 1. ist es erlaubt, bestimmte Stromkreise nicht gegen Überlast zu schützen, sofern die Bedingungen und Einzelheiten in den Art. 119, 123 und 126 der [Allgemeinen Verordnung für elektrische Anlagen] eingehalten werden.

    Art. 11. § 1.      Zur Durchführung von Arbeiten an elektrischen Anlagen im spannungsfreien Zustand muss die Freischaltung der elektrischen Anlage oder der individuellen Stromkreise auf eine sichere und zuverlässige Art und Weise durchgeführt werden können.

    § 2.      Der Funktionsbefehl wird sicher und zuverlässig ausgeführt.

    § 3.      Die Folgen von Spannungsabfällen oder von Spannungsausfall und -wiederkehr gefährden die Sicherheit der Arbeitnehmer nicht.

    Art. 12. Die elektrische Anlage wird mit elektrischen Betriebsmitteln ausgeführt, die so beschaffen sind, dass sie bei korrekter Installation und Wartung sowie bestimmungsmäßiger Verwendung die Sicherheit der Personen nicht gefährden.

    Gegebenenfalls erfüllen die Betriebsmittel die Bestimmungen der Erlasse, die die einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien umsetzen.

    Art. 13. Die verwendeten elektrischen Betriebsmittel sind entweder durch ihre Konstruktion oder durch einen zusätzlichen Schutz den vorhandenen oder vernünftigerweise vorhersehbaren äußeren Einflüssen und Nutzungsbedingungen angepasst.“

     Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    6        Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens beantragten mit Klageschrift, die am 18. August 2008 beim vorlegenden Gericht einging, die Nichtigerklärung des Königlichen Erlasses.

    7        Zur Stützung ihrer Klage berufen sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens insbesondere auf einen Verstoß gegen die Richtlinie 98/34 mit der Begründung, dass der Königliche Erlass technische Vorschriften enthalte, deren Entwurf gemäß Art. 8 der Richtlinie der Kommission hätte übermittelt werden müssen.

    8        In diesem Kontext hat der Conseil d’État des Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.      Sind nationale Vorschriften wie die Art. 8 bis 13 des Königlichen Erlasses vom 2. Juni 2008 über die Mindestvorschriften für die Sicherheit bestimmter alter elektrischer Anlagen in Arbeitsstätten, die zum Schutz der Arbeitnehmer bestimmte Anforderungen an die Ausführung elektrischer Anlagen, an die Konstruktion elektrischer Betriebsmittel und an die Schutzvorrichtungen, mit denen diese Betriebsmittel versehen sind, stellen, technische Vorschriften im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, deren Entwürfe nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie mitzuteilen sind?

    2.      Sind nationale Vorschriften wie die Art. 8 bis 13 des genannten Königlichen Erlasses vom 2. Juni 2008 Maßnahmen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der genannten Richtlinie 98/34, die die Mitgliedstaaten zum Schutz von Personen, insbesondere der Arbeitnehmer, bei der Verwendung von Erzeugnissen für erforderlich halten und die keine Auswirkungen auf die Erzeugnisse haben?

     Zu den Vorlagefragen

     Zur ersten Frage

    9        Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 dahin auszulegen ist, dass nationale Bestimmungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden technische Vorschriften im Sinne dieser Bestimmung darstellen, deren Entwürfe nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie mitzuteilen sind.

    10      Nach ständiger Rechtsprechung soll die Richtlinie 98/34 den freien Wettbewerb, der zu den Grundlagen der Europäischen Union gehört, durch eine vorbeugende Kontrolle schützen, die insofern sinnvoll ist, als unter die Richtlinie fallende technische Vorschriften möglicherweise Behinderungen des Warenaustauschs zwischen Mitgliedstaaten darstellen, die nur zugelassen werden können, wenn sie notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen zu genügen, die ein im allgemeinen Interesse liegendes Ziel verfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. April 1996 in der Rechtssache C‑194/94, CIA Security International, Slg. 1996, I‑2201, Randnrn. 40 und 48, sowie vom 8. September 2005, Lidl Italia, C‑303/04, Slg. 2005, I‑7865, Randnr. 22).

    11      Nach der Rechtsprechung ergibt sich in diesem Zusammenhang aus Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34, dass der Begriff der „technischen Vorschrift“ dreierlei bezeichnet, nämlich erstens die „technische Spezifikation“ im Sinne von Art. 1 Nr. 3 dieser Richtlinie, zweitens die „sonstige Vorschrift“ im Sinne von Art. 1 Nr. 4 dieser Richtlinie und drittens das Verbot von Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie (vgl. Urteile vom 21. April 2005, Lindberg, C‑267/03, Slg. 2005, I‑3247, Randnr. 54, und vom 8. November 2007, Schwibbert, C‑20/05, Slg. 2007, I‑9447, Randnr. 34).

    12      Davon ausgehend, dass die im Ausgangsverfahren fraglichen elektrischen Anlagen als „Erzeugnis“ im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 eingestuft werden können, ist zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Bestimmungen einer dieser drei Kategorien angehören.

    13      Hierzu genügt erstens vorab die Feststellung, dass diese Bestimmungen nicht der dritten Kategorie technischer Vorschriften im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 angehören, denn sie enthalten kein Verbot von Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses im Sinne dieser Bestimmung.

    14      Zweitens ist zu untersuchen, ob die im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Bestimmungen zur ersten Kategorie technischer Vorschriften im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 gehören, also unter den Begriff „technische Spezifikation“ fallen.

    15      Nach der Rechtsprechung setzt dieser Begriff voraus, dass sich die nationale Maßnahme auf das Erzeugnis und seine Verpackung als solche bezieht und daher eines der vorgeschriebenen Merkmale für ein Erzeugnis festlegt (vgl. Urteil Schwibbert, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    16      In Bezug auf die im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Bestimmungen ist festzustellen, dass die Mindestvorschriften für die Ausführung bestimmter elektrischer Anlagen in diesen Bestimmungen die Sicherheit dieser Anlagen gewährleisten sollen, um die Arbeitnehmer zu schützen, die diese benutzen.

    17      Die Mindestvorschriften enthalten Anforderungen und allgemeine Ziele im Bereich der Sicherheit und des Schutzes, ohne sich auf das betreffende Erzeugnis und seine Verpackung als solche zu beziehen und daher die Merkmale für dieses Erzeugnis festzulegen.

    18      Somit enthalten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Bestimmungen keine technischen Spezifikationen im Sinne der Richtlinie 98/34.

    19      Drittens ist zu prüfen, ob diese Bestimmungen zur zweiten Kategorie technischer Vorschriften im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34, nämlich den „sonstigen Vorschriften“ gehören.

    20      Nach der Rechtsprechung können die Bestimmungen nur dann als „sonstige Vorschrift[en]“ im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34 eingestuft werden, wenn die dort vorgesehenen Mindestvorschriften „Vorschriften“ darstellen, die die Zusammensetzung, die Art oder die Vermarktung des betreffenden Erzeugnisses wesentlich beeinflussen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Lindberg, Randnr. 72).

    21      Angesichts des allgemeinen Charakters dieser Bestimmungen können diese keine solchen Vorschriften darstellen und daher auch nicht als „sonstige Vorschrift[en]“ im Sinne von Art. 1 Nr. 4 eingestuft werden.

    22      Nach allem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 dahin auszulegen ist, dass nationale Bestimmungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden keine technischen Vorschriften im Sinne dieser Bestimmung darstellen, deren Entwurf gemäß Art. 8 Abs. 1 Nr. 1 dieser Richtlinie mitzuteilen ist.

     Zur zweiten Frage

    23      In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

     Kosten

    24      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

    Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass nationale Bestimmungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden keine technischen Vorschriften im Sinne dieser Bestimmung darstellen, deren Entwurf gemäß Art. 8 Abs. 1 Nr. 1 dieser Richtlinie mitzuteilen ist.

    Unterschriften


    * Verfahrenssprache: Französisch.

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