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Dokument 62009CJ0050
Judgment of the Court (First Chamber) of 3 March 2011.#European Commission v Ireland.#Failure of a Member State to fulfil obligations - Directive 85/337/EEC - Obligation of the competent environmental authority to carry out an assessment of the effects of certain projects on the environment - More than one competent authority - Need to ensure an assessment of the interaction between factors likely to be directly or indirectly affected - Application of the directive to demolition works.#Case C-50/09.
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 3. März 2011.
Europäische Kommission gegen Irland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 85/337/EWG - Verpflichtung der zuständigen Umweltbehörde, für Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen - Mehrere zuständige Behörden - Notwendigkeit, die Bewertung der Wechselwirkung zwischen denjenigen Faktoren zu gewährleisten, die unmittelbar oder mittelbar betroffen sein können - Anwendung der Richtlinie auf Abbrucharbeiten.
Rechtssache C-50/09.
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 3. März 2011.
Europäische Kommission gegen Irland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 85/337/EWG - Verpflichtung der zuständigen Umweltbehörde, für Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen - Mehrere zuständige Behörden - Notwendigkeit, die Bewertung der Wechselwirkung zwischen denjenigen Faktoren zu gewährleisten, die unmittelbar oder mittelbar betroffen sein können - Anwendung der Richtlinie auf Abbrucharbeiten.
Rechtssache C-50/09.
Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-00873
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2011:109
Rechtssache C‑50/09
Europäische Kommission
gegen
Irland
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 85/337/EWG – Verpflichtung der zuständigen Umweltbehörde, für Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen – Mehrere zuständige Behörden – Notwendigkeit, die Bewertung der Wechselwirkung zwischen denjenigen Faktoren zu gewährleisten, die unmittelbar oder mittelbar betroffen sein können – Anwendung der Richtlinie auf Abbrucharbeiten“
Leitsätze des Urteils
1. Umwelt – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337 – Verpflichtung der zuständigen Behörde, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen – Umfang
(Richtlinie 85/337 des Rates in der Fassung der Richtlinien 97/11 und 2003/35, Art. 3)
2. Umwelt – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337 – Mehrere zuständige Behörden – Voraussetzung – Befugnisse und Regeln über ihre Ausübung, mit denen eine vollständige Prüfung vor der Erteilung der Genehmigung gewährleistet wird
(Richtlinie 85/337 des Rates in der Fassung der Richtlinien 97/11 und 2003/35, Art. 2, 3 und 4)
3. Umwelt – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337 – Geltungsbereich – Abbrucharbeiten – Einbeziehung
(Richtlinie 85/337 des Rates in der Fassung der Richtlinien 97/11 und 2003/35, Art. 1 Abs. 2)
1. Art. 3 der Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinien 97/11 und 2003/35 überträgt der zuständigen Umweltbehörde die Verpflichtung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen, die eine Beschreibung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die in den ersten drei Gedankenstrichen dieses Artikels genannten Faktoren und die Wechselwirkung zwischen ihnen umfassen muss. Diese Bewertungspflicht unterscheidet sich von den in den Art. 4 bis 7, 10 und 11 der Richtlinie 85/337 aufgestellten Verpflichtungen, bei denen es sich im Wesentlichen um Verpflichtungen zum Einholen und Austausch von Angaben, zur Anhörung, hinsichtlich der Öffentlichkeit und zur Gewährleistung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs handelt. Dies sind Verfahrensvorschriften, die nur die Frage betreffen, wie der in Art. 3 dieser Richtlinie vorgesehenen wesentlichen Verpflichtung nachzukommen ist.
Auch wenn Art. 8 der Richtlinie 85/337 vorsieht, dass die Ergebnisse der Anhörungen und die gemäß den Art. 5 bis 7 dieser Richtlinie eingeholten Angaben beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind, darf diese Verpflichtung, am Ende des Entscheidungsprozesses die von der zuständigen Umweltbehörde eingeholten Angaben zu berücksichtigen, gleichwohl nicht mit der in Art. 3 der Richtlinie 85/337 niedergelegten Bewertungspflicht verwechselt werden. Diese vor dem Entscheidungsprozess vorzunehmende Bewertung impliziert nämlich eine materielle Prüfung der eingeholten Angaben und eine Überlegung der Frage, ob es zweckmäßig ist, sie gegebenenfalls um zusätzliche Daten zu ergänzen. Die zuständige Umweltbehörde muss daher sowohl ermittelnd als auch analysierend tätig werden, um zu einer möglichst vollständigen Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des betreffenden Projekts auf die in den ersten drei Gedankenstrichen von Art. 3 der Richtlinie 85/337 genannten Faktoren und ihre Wechselwirkungen untereinander zu gelangen.
Sowohl aus dem Wortlaut der fraglichen Vorschriften der Richtlinie 85/337 als auch aus ihrem allgemeinen Aufbau geht somit hervor, dass ihr Art. 3 eine grundlegende Vorschrift darstellt. Eine bloße Umsetzung der Art. 4 bis 11 dieser Richtlinie kann nicht automatisch als Umsetzung von Art. 3 angesehen werden. Folglich verstößt ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 85/337 in ihrer geänderten Fassung, wenn er diesen Art. 3 nicht umsetzt.
Insoweit erfordert die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht zwar nicht notwendigerweise eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche und besondere Rechts- oder Verwaltungsvorschrift und kann ihr auch ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleistet, doch müssen ihre Vorschriften nichtsdestoweniger mit unbestreitbarer Verbindlichkeit und mit der Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit umgesetzt werden, die notwendig sind, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, das, soweit die Richtlinie Rechte für Einzelne begründen soll, verlangt, dass die Begünstigten in die Lage versetzt werden, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen.
(vgl. Randnrn. 36, 38-41, 46, 107 und Tenor)
2. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinien 97/11 und 2003/35 regelt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung stattzufinden hat. Das impliziert, dass die Prüfung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die in Art. 3 dieser Richtlinie genannten Faktoren und auf die Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren in vollem Umfang vor der Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird.
Unter diesen Umständen steht zwar nichts der Wahl eines Mitgliedstaats entgegen, die Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 85/337 zwei verschiedenen Behörden zu übertragen, doch steht dies unter der Voraussetzung, dass die jeweiligen Befugnisse dieser Behörden und die Regeln über ihre Ausübung gewährleisten, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig und rechtzeitig, d. h. vor Erteilung der Genehmigung im Sinne dieser Richtlinie, durchgeführt wird.
Ein Mitgliedstaat, der nicht sicherstellt, dass die Anforderungen aus den Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie in Fällen, in denen mehrere Behörden Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf ein Projekt haben, in vollem Umfang erfüllt werden, verstößt demnach gegen seine Verpflichtungen aus dieser Richtlinie.
(vgl. Randnrn. 76-77, 107 und Tenor)
3. Abbrucharbeiten fallen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinien 97/11 und 2003/35 und können demnach ein „Projekt“ im Sinne ihres Art. 1 Abs. 2 darstellen.
Die Definition des Begriffs „Projekt“ in Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie lässt es nämlich nicht zu, daraus den Schluss zu ziehen, dass Abbrucharbeiten nicht den Kriterien dieser Definition genügen könnten. Solche Arbeiten können nämlich als „sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft“ qualifiziert werden. Diese Auslegung wird im Übrigen dadurch erhärtet, dass die Bezugnahmen auf „kulturelles Erbe“ in Art. 3 der Richtlinie 85/337, auf „historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende Landschaften“ in Anhang III Nr. 2 Buchst. h dieser Richtlinie und auf die „architektonisch wertvollen Bauten und [die] archäologischen Schätze“ in ihrem Anhang IV Nr. 3 gegenstandslos wären, wenn Abbrucharbeiten vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen wären.
(vgl. Randnrn. 97-98, 101)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
3. März 2011(*)
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 85/337/EWG – Verpflichtung der zuständigen Umweltbehörde, für Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen – Mehrere zuständige Behörden – Notwendigkeit, die Bewertung der Wechselwirkung zwischen denjenigen Faktoren zu gewährleisten, die unmittelbar oder mittelbar betroffen sein können – Anwendung der Richtlinie auf Abbrucharbeiten“
In der Rechtssache C‑50/09
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 4. Februar 2009,
Europäische Kommission, vertreten durch P. Oliver, C. Clyne und J.‑B. Laignelot als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Irland, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von G. Simons, SC, und D. McGrath, BL, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter J.‑J. Kasel, A. Borg Barthet und M. Ilešič sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2010,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof die Feststellung, dass Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl. L 73, S. 5) und die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/337) verstoßen hat, dass es
– Art. 3 dieser Richtlinie nicht umgesetzt hat,
– nicht sichergestellt hat, dass die Anforderungen aus den Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie in Fällen, in denen sowohl die irischen Planungsbehörden als auch die Umweltschutzbehörde Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf ein Projekt haben, in vollem Umfang erfüllt werden, und
– Abbrucharbeiten vom Anwendungsbereich seiner Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie ausgenommen hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
2 Art. 1 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 85/337 bestimmt:
„(2) Im Sinne dieser Richtlinie sind:
Projekt:
– die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen,
– sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen;
…
Genehmigung:
Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält;
…
(3) Die zuständige(n) Behörde(n) ist (sind) die Behörde(n), die von den Mitgliedstaaten für die Durchführung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Aufgaben bestimmt wird (werden).“
3 Art. 2 Abs. 1 bis 2a der Richtlinie 85/337 hat folgenden Wortlaut:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.
(2) Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen.
(2a) Die Mitgliedstaaten können ein einheitliches Verfahren für die Erfüllung der Anforderungen dieser Richtlinie und der Richtlinie des Rates 96/61/EG vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung vorsehen.“
4 Art. 3 der Richtlinie 85/337 sieht vor:
„Die Umweltverträglichkeitsprüfung identifiziert, beschreibt und bewertet in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 11 die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf folgende Faktoren:
– Mensch, Fauna und Flora,
– Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
– Sachgüter und kulturelles Erbe,
– die Wechselwirkung zwischen den unter dem ersten, dem zweiten und dem dritten Gedankenstrich genannten Faktoren.“
5 Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 85/337 lautet:
„(1) Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.
(2) Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 anhand
a) einer Einzelfalluntersuchung
oder
b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien,
ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss.
Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a) und b) genannten Verfahren anzuwenden.“
6 Die Art. 5 bis 7 der Richtlinie 85/337 regeln die im Rahmen des Prüfverfahrens einzuholenden Angaben und durchzuführenden Anhörungen. Art. 5 betrifft die vom Projektträger vorzulegenden Angaben, Art. 6 behandelt die Verpflichtung zur Anhörung der Behörden mit umweltbezogenem Aufgabenbereich sowie der Öffentlichkeit, und in Art. 7 wird die Verpflichtung geschaffen, im Fall eines grenzübergreifenden Projekts den anderen betroffenen Mitgliedstaat zu informieren. Art. 8 der Richtlinie 85/337 sieht vor, dass die Ergebnisse der Anhörungen und die eingeholten Angaben beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind.
7 Die Art. 9 bis 11 der Richtlinie 85/337 über die am Ende des Genehmigungsverfahrens getroffene Entscheidung regeln die Information der Öffentlichkeit und der betroffenen Mitgliedstaaten, die Wahrung der gewerblichen und handelsbezogenen Geheimnisse, das Recht der Mitglieder der Öffentlichkeit, ein Überprüfungsverfahren vor einem Gericht einzuleiten, und den Austausch von Angaben zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission.
8 Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 85/337 erlegte den Mitgliedstaaten in seiner ursprünglichen Fassung die Verpflichtung auf, ihren Bestimmungen spätestens am 3. Juli 1988 nachzukommen. Die mit den Richtlinien 97/11 und 2003/35 vorgenommenen Änderungen dieser Richtlinie waren von den Mitgliedstaaten spätestens am 14. März 1999 bzw. am 25. Juni 2005 umzusetzen.
Nationales Recht
Das Gesetz von 2000 über Raumordnung und Entwicklung
9 Das Gesetz von 2000 über Raumordnung und Entwicklung (Planning and Development Act 2000) – in der Fassung des Gesetzes von 2006 über strategische Infrastrukturen (Strategic Infrastructure Act 2006) – (im Folgenden: PDA) definiert den rechtlichen Rahmen für die Erteilung von Genehmigungen für die meisten der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337 aufgezählten Projektkategorien. Bei bestimmten Projekten ist die im PDA vorgesehene Genehmigung, die sogenannte „Planungsgenehmigung“, die grundsätzlich von einer lokalen Behörde erteilt wird, die einzige für die Durchführung eines Projekts erforderliche Form der Genehmigung. Für diesen Fall sieht das PDA vor, dass die von den lokalen Behörden getroffenen Entscheidungen beim An Bord Pleanála (Nationaler Raumordnungsrat, im Folgenden: Rat) angefochten werden können.
10 Teil X des PDA mit den Sections 172 bis 177 behandelt die Umweltverträglichkeitsprüfung. Nach Section 176 werden die Projekte, für die eine solche Prüfung durchgeführt werden muss, durch Verordnung festgelegt. Section 172 bestimmt, dass Genehmigungsanträgen bei Projekten, die von einer nach Section 176 erlassenen Verordnung erfasst werden, eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit beigefügt werden muss. Nach Section 173 muss eine für Raumordnung zuständige Behörde (im Folgenden: Planungsbehörde), die mit einem Genehmigungsantrag befasst wird, für den ihr eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit vorgelegt wird, diese Erklärung berücksichtigen; dasselbe gilt für den Rat, wenn er mit einem Rechtsmittel befasst wird. Section 177 sieht vor, dass die in eine solche Erklärung aufzunehmenden Angaben durch Verordnung festgelegt werden.
11 Die Anwendungsmodalitäten des PDA werden in der Verordnung von 2001 über Raumordnung und Entwicklung (Planning and Development Regulations 2001) in der Fassung der Verordnung von 2008 über Raumordnung und Entwicklung (im Folgenden: PDR) festgelegt, die insbesondere auf der Grundlage der Sections 176 und 177 PDA erlassen wurde.
12 Teil 2 der PDR betrifft Projekte, die von einer Umweltverträglichkeitsprüfung befreit sind. Art. 6 PDR verweist insoweit auf Anhang 2 Teil 1 dieser Verordnung, der in Klasse 50 den „Abbruch eines Gebäudes oder anderen Bauwerks“ nennt. In den Art. 9 und 10 PDR werden die Voraussetzungen angegeben, unter denen für ein grundsätzlich befreites Projekt dennoch ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss.
13 Teil 10 der PDR regelt die Umweltverträglichkeitsprüfung. In Art. 93 PDR in Verbindung mit Anhang 5 dieser Verordnung werden die Kategorien von Projekten festgelegt, für die eine solche Prüfung erforderlich ist. Art. 94 PDR, in dem die Angaben aufgezählt werden, die eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit enthalten muss, lautet:
„Eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit hat zu enthalten:
(a) die in Anhang 6 Nr. 1 genannten Angaben,
(b) die in Anhang 6 Nr. 2 genannten Angaben, soweit
(i) diese Angaben für eine bestimmte Phase des Genehmigungsverfahrens und für die besonderen Merkmale des betreffenden Projekts oder der betreffenden Projektart und der voraussichtlich betroffenen Umweltfaktoren relevant sind und
(ii) von der Person oder den Personen, die die Erklärung erstellen, vernünftigerweise, insbesondere unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Kenntnisse und Beurteilungsmethoden, verlangt werden kann, diese Angaben zusammenzutragen, und
(c) eine nicht fachsprachliche Zusammenfassung der nach den Buchst. a und b erforderlichen Angaben.“
14 In Anhang 6 der PDR werden die Angaben genannt, die eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit enthalten muss. Nach Nr. 2 Buchst. b dieses Anhangs muss eine solche Erklärung Folgendes enthalten:
„Eine Beschreibung der Umweltfaktoren, die von dem in Aussicht genommenen Projekt voraussichtlich erheblich betroffen sein werden, insbesondere:
– Mensch, Fauna und Flora,
– Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
– Sachgüter, einschließlich des architektonischen und archäologischen Erbes, sowie das kulturelle Erbe,
– die Wechselwirkung zwischen den oben genannten Faktoren.“
15 Nach Art. 108 PDR muss die Planungsbehörde überprüfen, dass die in der Erklärung zur Umweltverträglichkeit gemachten Angaben den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen.
Das Gesetz von 1992 über die Umweltschutzbehörde
16 Mit dem Gesetz von 1992 über die Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency Act 1992, im Folgenden: EPAA) wurde insbesondere ein neues System zur integrierten Verminderung der Umweltverschmutzung geschaffen, indem für zahlreiche industrielle Tätigkeiten eine Genehmigung durch die Umweltschutzbehörde vorgeschrieben wurde. Handelt es sich um eine neue Tätigkeit und/oder impliziert sie einen Neubau, bedarf sie zudem der im PDA vorgesehenen Planungsgenehmigung.
17 Section 98 EPAA, der es den Planungsbehörden untersagte, bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Planungsgenehmigung Aspekte in Verbindung mit Umweltverschmutzungsgefahren zu berücksichtigen, wurde durch Section 256 PDA dahin geändert, dass es diesen Behörden zwar untersagt ist, von ihnen erteilte Genehmigungen für Tätigkeiten, die im Übrigen einer Genehmigung der Umweltschutzbehörde bedürfen, mit Auflagen hinsichtlich der Verminderung verschmutzender Emissionen zu versehen, sie aber nichtsdestoweniger gegebenenfalls die Erteilung einer Planungsgenehmigung aus Umweltgründen verweigern können. Diese Section 98 sieht in ihrer geänderten Fassung vor, dass diese Behörden die Umweltschutzbehörde um Stellungnahme insbesondere zur Erklärung zur Umweltverträglichkeit ersuchen können. Die Umweltschutzbehörde muss dem Ersuchen allerdings nicht nachkommen.
18 Die Verordnung von 1994 über die Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency [Licensing] Regulations 1994, im Folgenden: EPAR) sieht vor, dass die Umweltschutzbehörde einen Antrag auf Genehmigung einer Planungsbehörde übermitteln kann. Diese Behörde ist allerdings nicht verpflichtet, auf die Übermittlung zu antworten.
Das Gesetz von 1930 über nationale Denkmäler
19 Das Gesetz von 1930 über nationale Denkmäler (National Monuments Act 1930, im Folgenden: NMA) regelt den Schutz der aus kultureller Sicht wichtigsten irischen archäologischen Stätten, die als „nationale Denkmäler“ qualifiziert werden. Durch ein Gesetz von 2004 (National Monuments [Amendment] Act 2004) wurde es geändert, um die Beschränkungen zu lockern, die das frühere Recht im Fall von Vorhaben vorsah, die auf die Änderung oder Beseitigung nationaler Denkmäler abzielten.
20 Section 14 NMA verleiht dem irischen Minister für Umwelt, das Erbe und die Lokalverwaltungen (im Folgenden: Minister) eine mit einem Wertungsspielraum versehene Befugnis zum Erlass einer Entscheidung, durch die der Abbruch eines nationalen Denkmals ermöglicht wird. Für den Fall, dass ein nationales Denkmal während der Verwirklichung eines Straßenbauprojekts entdeckt wird, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, sieht Section 14A NMA vor, dass in Erwartung von Anweisungen des Ministers grundsätzlich keine Arbeiten an dem Denkmal durchgeführt werden dürfen. Diese Anweisungen können verschiedene „Maßnahmen an dem Denkmal“ umfassen, auch seinen Abbruch. Beim Erlass dieser Anweisungen ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen. Allerdings bestimmt Section 14B NMA, dass die Anweisungen des Ministers dem Rat zu übermitteln sind. Sehen die Anweisungen eine Änderung des genehmigten Straßenbauprojekts vor, hat der Rat zu prüfen, ob diese Änderung erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Ist der Rat der Auffassung, dass dies der Fall ist, muss er die Vorlage einer Erklärung zur Umweltverträglichkeit verlangen.
Vorverfahren
21 Nach der Prüfung einer Beschwerde betreffend die Umsetzung der Richtlinie 85/337 durch Irland war die Kommission der Auffassung, dass dieser Mitgliedstaat die Richtlinie nicht vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt habe, und forderte ihn entsprechend dem Vertragsverletzungsverfahren mit Schreiben vom 19. November 1998 zur Stellungnahme auf. Ein zweites Mahnschreiben wurde Irland am 9. Februar 2001 übersandt.
22 Nach Prüfung der auf die Mahnschreiben hin eingegangenen Stellungnahmen richtete die Kommission am 6. August 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Irland, in der sie den Schluss zog, dass dieser Mitgliedstaat die Art. 2 bis 6, 8 und 9 dieser Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe. Als Antwort teilte Irland der Kommission mit, dass sich zur Gewährleistung der Umsetzung erforderliche Gesetzesänderungen im Stadium der Annahme befänden, und beantragte eine Aussetzung des Verfahrens.
23 Nach erneuten Beschwerden übersandte die Kommission Irland am 2. Mai 2006 ein ergänzendes Mahnschreiben.
24 Da die eingegangenen Antworten der Kommission nicht zufriedenstellend erschienen, erließ sie am 29. Juni 2007 eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie den Schluss zog, dass Irland die Richtlinie 85/337, insbesondere ihre Art. 2 bis 4, noch immer nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe, und diesen Mitgliedstaat aufforderte, dieser Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten ab ihrem Eingang nachzukommen. Irland blieb auf diese Stellungnahme hin bei seinem Standpunkt, dass die geltenden irischen Rechtsvorschriften nunmehr eine angemessene Umsetzung der Richtlinie darstellten.
25 Daraufhin hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.
Zur Klage
Zur ersten Rüge: Nichtumsetzung von Art. 3 der Richtlinie
Vorbringen der Parteien
26 Die Kommission meint, Art. 3 der Richtlinie 85/337 sei von grundlegender Bedeutung, da darin definiert werde, was eine Umweltverträglichkeitsprüfung ausmache, so dass er in eindeutiger Weise umgesetzt werden müsse. Die Vorschriften, die Irland als angemessene Umsetzung von Art. 3 der Richtlinie anführe, seien unzureichend.
27 So betreffe Section 173 PDA, wonach die Planungsbehörde die Angaben in der vom Projektträger vorgelegten Erklärung zur Umweltverträglichkeit berücksichtigen müsse, die in Art. 8 der Richtlinie 85/337 aufgestellte Verpflichtung, die nach den Art. 5 bis 7 dieser Richtlinie eingeholten Angaben zu berücksichtigen. Hingegen entspreche diese Section 173 nicht der der zuständigen Behörde mit Art. 3 der Richtlinie auferlegten umfassenderen Verpflichtung, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu gewährleisten, mit der alle in diesem Art. 3 genannten Faktoren identifiziert, beschrieben und bewertet würden.
28 Zu den Art. 94, 108 und 111 PDR sowie Anhang 6 dieser Verordnung trägt die Kommission vor, dass darin nur zum einen aufgezählt werde, wozu der Projektträger in seiner Erklärung zur Umweltverträglichkeit Angaben machen müsse, und zum anderen die Verpflichtung der zuständigen Behörden aufgestellt werde, die Vollständigkeit dieser Angaben zu prüfen. Die in diesen Vorschriften vorgesehenen Verpflichtungen unterschieden sich von der in Art. 3 der Richtlinie für die zuständige Behörde aufgestellten Verpflichtung, eine vollständige Prüfung der Umweltverträglichkeit vorzunehmen.
29 Zur Relevanz der Rechtsprechung der irischen Gerichte zur Anwendung der fraglichen Bestimmungen des nationalen Rechts legt die Kommission dar, dass diese Gerichte zwar mehrdeutige Vorschriften richtlinienkonform auslegen könnten, nicht aber die im nationalen Recht bestehenden Lücken schließen könnten. Im Übrigen beträfen die von Irland angeführten Entscheidungsauszüge nicht die Auslegung des nationalen Rechts, sondern die Auslegung der Richtlinie 85/337 als solcher.
30 Irland wendet sich gegen die Bedeutung, die die Kommission Art. 3 der Richtlinie 85/337 beimisst. Dieser allgemein formulierte Artikel besage nur, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Art. 4 bis 11 dieser Richtlinie durchgeführt werden müsse. Mit der Umsetzung der Art. 4 bis 11 ins nationale Recht stelle ein Mitgliedstaat zugleich die Umsetzung von Art. 3 sicher.
31 Mit Section 172 (1) und Section 173 PDA sowie den Art. 94 und 108 PDR und deren Anhang 6 werde eine vollständige Umsetzung der Bestimmungen von Art. 3 der Richtlinie 85/337 sichergestellt. Der Supreme Court (Irland) habe in zwei Urteilen von 2003 und 2007, O’Connell/Environmental Protection Agency und Martin/An Bord Pleanála, bestätigt, dass die Planungsbehörden und die Umweltschutzbehörde nach nationalem Recht verpflichtet seien, die in Art. 3 genannten Faktoren und die Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren zu prüfen. Mit diesen Urteilen, die bei der Beurteilung der Bedeutung der fraglichen nationalen Bestimmungen zu berücksichtigen seien, werde keine Regelungslücke geschlossen, sondern nur festgestellt, dass das anwendbare nationale Recht den zuständigen Behörden die Verpflichtung auferlege, die Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt nach Maßgabe der in Art. 3 der Richtlinie 85/337 aufgestellten Kriterien zu prüfen.
32 Hilfsweise verweist Irland auf den Ausdruck „angemessene Planung und nachhaltige Entwicklung“ in Section 34 PDA. Dies sei das wesentliche Kriterium, das jede Planungsbehörde bei der Entscheidung über einen Genehmigungsantrag berücksichtigen müsse. Dieser Terminus trete zu allen Kriterien hinzu, die in Section 34 PDA sowie anderen Vorschriften desselben Gesetzes, darunter Section 173 PDA, dessen Anwendung er verstärke, genannt würden.
33 Schließlich macht Irland geltend, dass die Kommission nicht das Ermessen beachte, über das ein Mitgliedstaat nach Art. 249 EG hinsichtlich der Form und der Mittel zur Gewährleistung der Umsetzung einer Richtlinie verfüge. Mit ihrer Forderung nach einer wörtlichen Umsetzung von Art. 3 der Richtlinie 85/337 missachte die Kommission den Bestand an Gesetzgebung und Rechtsprechung, der in Irland innerhalb von 45 Jahren um die Begriffe „angemessene Planung“ und „nachhaltige Entwicklung“ herum entstanden sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
34 Einleitend ist festzustellen, dass die Kommission und Irland Art. 3 der Richtlinie 85/337 unterschiedlich auffassen und sein Verhältnis zu den Art. 4 bis 11 dieser Richtlinie divergierend beurteilen. Die Kommission meint, in Art. 3 würden Verpflichtungen aufgestellt, die über die nach den Art. 4 bis 11 vorgeschriebenen hinausgingen, während Irland der Ansicht ist, dass es sich lediglich um eine allgemein gehaltene Vorschrift handele und der genaue Verlauf der Umweltverträglichkeitsprüfung in den Art. 4 bis 11 geregelt werde.
35 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3 der Richtlinie 85/337 zwar vorschreibt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung „gemäß den Artikeln 4 bis 11“ dieser Richtlinie durchgeführt wird, dass die dort aufgestellten Verpflichtungen aber von den in Art. 3 selbst vorgesehenen abweichen.
36 Art. 3 der Richtlinie 85/337 überträgt der zuständigen Umweltbehörde die Verpflichtung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen, die eine Beschreibung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die in den ersten drei Gedankenstrichen dieses Artikels genannten Faktoren und die Wechselwirkung zwischen ihnen umfassen muss (Urteil vom 16. März 2006, Kommission/Spanien, C‑332/04, Randnr. 33). Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/337 muss diese Prüfung vorgenommen werden, bevor die beantragte Genehmigung zur Durchführung eines Projekts erteilt wird.
37 Um der ihr nach Art. 3 obliegenden Verpflichtung nachzukommen, darf sich die zuständige Umweltbehörde nicht darauf beschränken, die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf bestimmte Faktoren zu identifizieren und zu beschreiben, sondern muss sie zudem in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls bewerten.
38 Diese Bewertungspflicht unterscheidet sich von den in den Art. 4 bis 7, 10 und 11 der Richtlinie 85/337 aufgestellten Verpflichtungen, bei denen es sich im Wesentlichen um Verpflichtungen zum Einholen und Austausch von Angaben, zur Anhörung, hinsichtlich der Öffentlichkeit und zur Gewährleistung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs handelt. Dies sind Verfahrensvorschriften, die nur die Frage betreffen, wie der in Art. 3 dieser Richtlinie vorgesehenen wesentlichen Verpflichtung nachzukommen ist.
39 Zwar sieht Art. 8 der Richtlinie 85/337 vor, dass die Ergebnisse der Anhörungen und die gemäß den Art. 5 bis 7 dieser Richtlinie eingeholten Angaben beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind.
40 Diese Verpflichtung, am Ende des Entscheidungsprozesses die von der zuständigen Umweltbehörde eingeholten Angaben zu berücksichtigen, darf allerdings nicht mit der in Art. 3 der Richtlinie 85/337 niedergelegten Bewertungspflicht verwechselt werden. Diese vor dem Entscheidungsprozess vorzunehmende Bewertung (Urteil vom 4. Mai 2006, Kommission/Vereinigtes Königreich, C‑508/03, Slg. 2006, I‑3969, Randnr. 103) impliziert nämlich eine materielle Prüfung der eingeholten Angaben und eine Überlegung der Frage, ob es zweckmäßig ist, sie gegebenenfalls um zusätzlichen Daten zu ergänzen. Die zuständige Umweltbehörde muss daher sowohl ermittelnd als auch analysierend tätig werden, um zu einer möglichst vollständigen Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des betreffenden Projekts auf die in den ersten drei Gedankenstrichen von Art. 3 der Richtlinie 85/337 genannten Faktoren und ihre Wechselwirkungen untereinander zu gelangen.
41 Sowohl aus dem Wortlaut der fraglichen Vorschriften der Richtlinie 85/337 als auch aus ihrem allgemeinen Aufbau geht somit hervor, dass ihr Art. 3 eine grundlegende Vorschrift darstellt. Eine bloße Umsetzung der Art. 4 bis 11 dieser Richtlinie kann nicht automatisch als Umsetzung von Art. 3 angesehen werden.
42 Im Licht dieser Erwägungen ist zu untersuchen, ob Art. 3 der Richtlinie 85/337 mit den von Irland angeführten nationalen Vorschriften ordnungsgemäß umgesetzt wird.
43 Aus Section 172 PDA und Art. 94 PDR in Verbindung mit deren Anhang 6 geht hervor, dass diese Bestimmungen die Verpflichtung des Projektträgers betreffen, eine Erklärung über die möglichen Umweltauswirkungen eines Projekts vorzulegen, was, wie die Kommission zu Recht geltend macht, der dem Projektträger mit Art. 5 der Richtlinie 85/337 auferlegten Verpflichtung entspricht. In Art. 108 PDR wird der Planungsbehörde nur die Verpflichtung auferlegt, die Vollständigkeit der entsprechenden Angaben zu prüfen.
44 Was Section 173 PDA betrifft, wonach die Planungsbehörde, wenn sie mit einem Genehmigungsantrag befasst wird, für den eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit vorgelegt wird, diese Erklärung und alle ihr übermittelten zusätzlichen Angaben zu berücksichtigen hat, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, dass darin nur eine Verpflichtung aufgestellt wird, die ihrer Art nach der in Art. 8 der Richtlinie 85/337 vorgesehenen entspricht, nämlich die, die Ergebnisse der Anhörungen und der eingeholten Angaben im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Diese Verpflichtung entspricht nicht der weiter gehenden Verpflichtung, die der zuständigen Umweltbehörde mit Art. 3 dieser Richtlinie auferlegt wird, selbst eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der in dieser Vorschrift genannten Faktoren vorzunehmen.
45 Daher ist festzustellen, dass es die von Irland angeführten nationalen Bestimmungen nicht erlauben, das mit Art. 3 der Richtlinie 85/337 angestrebte Ergebnis zu erreichen.
46 Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht zwar nicht notwendigerweise eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche und besondere Rechts- oder Verwaltungsvorschrift und kann ihr auch ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleistet (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Irland, C‑427/07, Slg. 2009, I‑6277, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung), doch müssen ihre Vorschriften nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung nichtsdestoweniger mit unbestreitbarer Verbindlichkeit und mit der Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit umgesetzt werden, die notwendig sind, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, das, soweit die Richtlinie Rechte für Einzelne begründen soll, verlangt, dass die Begünstigten in die Lage versetzt werden, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen (vgl. u. a. Urteil Kommission/Irland, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
47 Insoweit werden im Urteil O’Connell/Environmental Protection Agency des Supreme Court zwar in dem von Irland angeführten Passus die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts im Einklang mit der Richtlinie 85/337 ausgelegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann allerdings eine solche richtlinienkonforme Auslegung der Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts für sich allein nicht die Klarheit und Bestimmtheit aufweisen, die notwendig sind, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen (vgl. u. a. Urteil vom 10. Mai 2007, Kommission/Österreich, C‑508/04, Slg. 2007, I‑3787, Randnr. 79 und dort angeführte Rechtsprechung). Der Teil der Gründe des Urteils Martin/An Bord Pleanála desselben innerstaatlichen Gerichts, auf den sich Irland ferner bezieht, betrifft die Frage, ob alle Faktoren, auf die in Art. 3 der Richtlinie 85/337 abgestellt wird, in den Genehmigungsverfahren, die mit den irischen Rechtsvorschriften eingerichtet wurden, angesprochen werden. Dagegen finden sich dort keine näheren Erläuterungen zu der für die Beurteilung der ersten Rüge entscheidenden Frage, wie die Prüfung dieser Faktoren durch die zuständigen nationalen Behörden auszusehen hat.
48 Zu den von Irland weiter angeführten Begriffen „angemessene Planung“ und „nachhaltige Entwicklung“ ist festzustellen, dass – selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Begriffe die in Art. 3 der Richtlinie 85/337 genannten Kriterien umfassen – nicht feststeht, dass sie es erfordern, dass diese Kriterien in allen Fällen berücksichtigt werden, in denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.
49 Daraus folgt, dass weder die nationale Rechtsprechung noch die Begriffe „angemessene Planung“ und „nachhaltige Entwicklung“ angeführt werden können, um die fehlende Umsetzung von Art. 3 der Richtlinie 85/337 in die irische Rechtsordnung auszugleichen.
50 Die erste Rüge, die die Kommission für ihre Klage vorbringt, ist daher begründet.
Zur zweiten Rüge: keine Gewährleistung der vollständigen Beachtung der Art. 2 bis 4 der Richtlinie 85/337, wenn mehrere Behörden am Entscheidungsprozess beteiligt sind
Vorbringen der Parteien
51 Die Kommission hält es für unerlässlich, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen eines umfassenden Verfahrens durchgeführt wird. In Irland unterlägen indessen nach der Errichtung der Umweltschutzbehörde bestimmte Projekte, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, zwei verschiedenen Entscheidungsprozessen, von denen der eine die Entscheidung der Planungsbehörden zu Aspekten der Flächennutzung und der andere die Entscheidung der Umweltschutzbehörde zu umweltverschmutzungsbezogenen Aspekten betreffe. Die Kommission räumt ein, dass die Planungsgenehmigung und die Genehmigung durch die Umweltschutzbehörde zusammen als eine „Genehmigung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 angesehen werden könnten, wie es die irische Rechtsprechung tue (vgl. Urteil Martin/An Bord Pleanála des Supreme Court), und sieht keine Einwände dagegen, dass diese Genehmigung in zwei aufeinander folgenden Stufen erteilt werde. Sie rügt indessen, dass das irische Recht den Planungsbehörden und der Umweltschutzbehörde nicht vorschreibe, ihre jeweilige Arbeit zu koordinieren. Diese Situation stehe im Widerspruch zu den Art. 2 bis 4 der Richtlinie.
52 Zu Art. 2 der Richtlinie 85/337 trägt die Kommission vor, dass er für die in Art. 4 dieser Richtlinie genannten Projekte die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung „vor Erteilung der Genehmigung“ vorschreibe. Nach irischem Recht könne indessen ein Teil des Entscheidungsprozesses ohne Einhaltung dieser Voraussetzung durchlaufen werden. Zum einen verlangten die entsprechenden Rechtsvorschriften nämlich nicht, dass bei den Planungsbehörden ein Genehmigungsantrag gestellt werde, bevor ein solcher bei der Umweltschutzbehörde gestellt werde, die nicht befugt sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung einzuleiten. Zum anderen seien die Planungsbehörden bei ihrer Prüfung nicht verpflichtet, Auswirkungen im Hinblick auf die Umweltverschmutzung zu berücksichtigen, für die die Gefahr bestehe, dass sie keinerlei Prüfung unterzogen würden.
53 Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. u. a. Urteil vom 20. November 2008, Kommission/Irland, C‑66/06, Randnr. 59) hebt die Kommission hervor, dass sie weder verpflichtet sei, darauf zu warten, dass die Anwendung des Umsetzungsgesetzes schädliche Folgen zeitige, noch deren Vorliegen nachweisen müsse, wenn bereits der Text dieses Gesetzes unzureichend oder mangelhaft sei.
54 In Bezug auf Art. 3 der Richtlinie 85/337 ist die Kommission der Ansicht, dass dann, wenn mehrere Behörden zuständig seien, die Verfahren, die jede von ihnen anwende, zusammen genommen die vollständige Durchführung der nach diesem Art. 3 gebotenen Bewertung sicherstellen müssten. Bei der im irischen Recht vorgesehenen strikten Abgrenzung der unterschiedlichen Rollen der Planungsbehörden einerseits und der Umweltschutzbehörde andererseits werde der Begriff „Umwelt“ beim Treffen der Entscheidung nicht formell berücksichtigt. Keine der an dem Genehmigungsprozess beteiligten Behörden sei nämlich mit der Bewertung und der Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den im ersten, im zweiten und im dritten Gedankenstrich von Art. 3 genannten Faktoren betraut, die in die verschiedenen Zuständigkeitsbereiche jeder dieser Behörden fielen.
55 Dazu trägt die Kommission unter Verweisung auf Section 98 EPAA in der geänderten Fassung sowie die EPAR vor, dass es keine formelle Verbindung – in Form einer Verpflichtung der zuständigen Behörden, sich zu konsultieren – zwischen dem Verfahren auf Erteilung einer Genehmigung durch die Planungsbehörde und dem Verfahren auf Erteilung einer Genehmigung durch die Umweltschutzbehörde gebe.
56 Zur Veranschaulichung ihrer Analyse erwähnt die Kommission die Fälle der Projekte der Errichtung einer Verbrennungsanlage in Duleek in der Grafschaft Meath und der in Leap in der Grafschaft Offaly betriebenen Holzverarbeitungsfabrik.
57 Unter Berufung auf das Urteil vom 4. Mai 2006, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑98/04, Slg. 2006, I‑4003), trägt Irland vor, dass die zweite Rüge, die die Kommission für ihre Klage vorbringe, unzulässig sei, da die Kommission nicht genau dargelegt habe, aus welchem Grund die Bestimmung von zwei zuständigen Behörden durch Irland gegen die Anforderungen aus der Richtlinie 85/337 verstoße. Diese Unterlassung habe es in der Vorbereitung seiner Verteidigung beeinträchtigt.
58 In der Sache macht Irland geltend, dass die Beteiligung mehrerer zuständiger Behörden am Entscheidungsprozess – ein nach Art. 1 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 zulässiges Verfahren – zur Folge habe, dass die Beteiligung und die Verpflichtungen dieser Behörden unterschiedlich ausfielen und in verschiedenen Stadien vor der „Genehmigung des Projekts“ zum Tragen kämen. Unter Berufung auf das Urteil Martin/An Bord Plaenála des Supreme Court trägt Irland vor, dass diese Richtlinie an keiner Stelle nahelege, dass eine einzige zuständige Stelle eine „Gesamtbewertung“ der Umweltverträglichkeit vorzunehmen habe.
59 Irland bestreitet, dass es eine strikte Abgrenzung zwischen den Zuständigkeiten der beiden entscheidungsbefugten Stellen gebe, die sich vielmehr überschnitten. Der Ausdruck „angemessene Planung und nachhaltige Entwicklung“, auf den im PDA Bezug genommen werde, sei ein sehr weites Konzept, das sich insbesondere auf die Umweltverschmutzung erstrecke. Die Planungsbehörden seien verpflichtet, die Umweltverschmutzung im Kontext einer Entscheidung über eine Planungsgenehmigung zu berücksichtigen. In verschiedenen Vorschriften werde diesen Behörden übrigens ausdrücklich die Befugnis übertragen, eine Planungsgenehmigung aus umweltbezogenen Gründen zu verweigern.
60 Auf das Argument der Kommission, es sei möglich, dass ein Genehmigungsantrag bei der Umweltschutzbehörde gestellt werde, bevor bei einer Planungsbehörde eine Genehmigung beantragt und demnach eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, entgegnet Irland, dass eine „Projektgenehmigung“ nach irischem Recht sowohl eine Genehmigung der zuständigen Planungsbehörde als auch eine Genehmigung der Umweltschutzbehörde erfordere. Daher bringe es einem Projektträger keinerlei praktischen Vorteil, eine Genehmigung bei der Umweltschutzbehörde zu beantragen, ohne zugleich einen Genehmigungsantrag bei der zuständigen Planungsbehörde zu stellen, weshalb ein solches Auseinanderfallen der Anträge in der Praxis nicht vorkomme.
61 Im Übrigen bestehe entgegen der Behauptung der Kommission, die Umweltschutzbehörde könne keine Umweltverträglichkeitsprüfung einleiten, in mehreren Fällen, insbesondere bei Anträgen auf Genehmigung der Wiederverwertung oder Beseitigung von Abfällen und bei Anträgen auf Genehmigung der integrierten Kontrolle und Vermeidung von Umweltverschmutzung, die Verpflichtung, bei der Umweltschutzbehörde eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit einzureichen, und zwar unabhängig davon, ob zuvor ein Genehmigungsantrag bei einer Planungsbehörde gestellt worden sei. Außerdem sei die Umweltschutzbehörde in solchen Fällen ausdrücklich befugt, vom Antragsteller ergänzende Angaben anzufordern, und könne daher um Angaben ersuchen, die den in einer Erklärung zur Umweltverträglichkeit enthaltenen faktisch ähnlich seien.
62 Irland meint, dass eine zwischen der zuständigen Planungsbehörde und der Umweltschutzbehörde bestehende Verpflichtung, sich in jedem Fall zu konsultieren, unangemessen sei. Es sei eher angebracht, eine solche Konsultation zuzulassen, dabei aber den entscheidenden Stellen ein Ermessen hinsichtlich der Frage zu belassen, ob diese Konsultation in jedem Einzelfall zweckmäßig sei.
63 Schließlich sei das Urteil vom 20. November 2008, Kommission/Irland, auf das sich die Kommission berufe, um sich der Beweisführung für ihre Behauptungen zu entziehen, für das vorliegende Verfahren nicht relevant. In der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen sei, habe der behauptete Verstoß nämlich die Art und Weise betroffen, in der die Richtlinie 85/337 in das innerstaatliche irische Recht umgesetzt worden sei, während die vorliegende Rechtssache die Anwendung der Vorschriften betreffe, mit denen die Umsetzung dieser Richtlinie sichergestellt werde. Obwohl durch das irische Recht ein vollständiges System zur Prüfung der Umweltverträglichkeit geschaffen worden sei, behaupte die Kommission, dass die entsprechenden Rechtsvorschriften in der Praxis möglicherweise nicht immer angemessen angewandt würden. Die Kommission trage insoweit die Beweislast und habe ihr nicht genügt. Die Bezugnahmen auf die Projekte in Duleek und Leap stützten die Behauptungen der Kommission in keiner Weise.
Würdigung durch den Gerichtshof
– Zur Zulässigkeit der zweiten Rüge
64 Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Rahmen eines nach Art. 226 EG eingeleiteten Verfahrens die mit Gründen versehene Stellungnahme und die Klage eine zusammenhängende und genaue Darstellung der Rügen enthalten, damit der Mitgliedstaat und der Gerichtshof die Tragweite des gerügten Verstoßes gegen das Unionsrecht richtig erfassen können, was notwendig ist, damit der betreffende Staat sich gebührend verteidigen und der Gerichtshof überprüfen kann, ob die behauptete Vertragsverletzung vorliegt (vgl. u. a. oben angeführte Urteile vom 4. Mai 2006, Kommission/Vereinigtes Königreich, C‑98/04, Randnr. 18, und vom 20. November 2008, Kommission/Irland, Randnr. 31).
65 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass im Vorverfahren sowohl in den Nrn. 3.2.2 bis 3.2.5 der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 6. August 2001 als auch in den Randnrn. 2.17 und 2.18 der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 29. Juni 2007 der Grund dargelegt wird, aus dem die strikte Abgrenzung zwischen den den Planungsbehörden einerseits und der Umweltschutzbehörde andererseits zugewiesenen gesonderten Rollen nach Ansicht der Kommission nicht den Anforderungen aus der Richtlinie 85/337 genügt. Dort wird erläutert, dass diese Zuständigkeitsaufteilung mit dem Umstand unvereinbar sei, dass der Begriff „Umwelt“, wie er im von dieser Richtlinie vorgesehenen Entscheidungsprozess berücksichtigt werden müsse, eine Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Faktoren impliziere, die in die getrennten Zuständigkeitsbereiche des einen und des anderen der beiden Entscheidungsträger fielen.
66 Diese Rüge wird in identischen oder ähnlichen Formulierungen in den Randnrn. 55 ff. der Klageschrift ausgeführt, die im Übrigen in ihren Randnrn. 9 bis 20 eine Zusammenfassung der einschlägigen Vorschriften des irischen Rechts enthält.
67 Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass das Vorbringen der Kommission im Vorverfahren und im streitigen Verfahren so klar war, dass Irland sich gebührend verteidigen konnte.
68 Folglich ist die von diesem Mitgliedstaat gegen die zweite Rüge der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.
– Zur Begründetheit
69 Einleitend ist festzustellen, dass die Kommission mit ihrer zweiten Rüge die Umsetzung der Art. 2 bis 4 der Richtlinie 85/337 durch die fraglichen irischen Rechtsvorschriften insoweit kritisiert, als die mit diesen Rechtsvorschriften eingerichteten Verfahren nicht die vollständige Beachtung dieser Artikel gewährleisteten, wenn mehrere nationale Behörden am Entscheidungsprozess beteiligt seien.
70 Demzufolge ist die Argumentation Irlands, dass die Kommission die tatsächliche Grundlage ihrer Klage nicht hinreichend dartue, ohne weiteres zurückzuweisen. Da nämlich, wie die Kommission geltend gemacht hat, die Art und Weise der Umsetzung der Richtlinie 85/337 Gegenstand der Vertragsverletzungsklage ist und nicht das konkrete Ergebnis der Anwendung der nationalen Umsetzungsvorschriften, ist zu prüfen, ob diese Vorschriften als solche die von der Kommission geltend gemachte Unzulänglichkeit oder Fehlerhaftigkeit der Umsetzung dieser Richtlinie in sich tragen, ohne dass die tatsächlichen Auswirkungen der nationalen Umsetzungsvorschriften auf bestimmte Projekte dargetan werden müssten (vgl. Urteil vom 20. November 2008, Kommission/Irland, Randnr. 59).
71 Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 definiert den Begriff „Genehmigung“ als die Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält. In Art. 1 Abs. 3 wird ergänzt, dass die zuständige(n) Behörde(n) die Behörde(n) ist (sind), die von den Mitgliedstaaten für die Durchführung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Aufgaben bestimmt wird (werden).
72 Im Rahmen der ihnen so belassenen Freiheit zur Bestimmung der für die Erteilung einer Genehmigung im Sinne der Richtlinie zuständigen Stellen können die Mitgliedstaaten, wie die Kommission im Übrigen ausdrücklich anerkannt hat, beschließen, diese Aufgabe mehreren Stellen zuzuweisen.
73 Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 bestimmt ergänzend, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung von Projekten oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen, durchgeführt werden kann.
74 Diese Vorschrift impliziert, dass sich die den Mitgliedstaaten belassene Freiheit auf die Festlegung der Verfahrensregeln und der Bedingungen der Gewährung der fraglichen Genehmigung erstreckt.
75 Allerdings kann diese Freiheit nur innerhalb der von der Richtlinie 85/337 gesetzten Grenzen und nur insoweit ausgeübt werden, als die von den Mitgliedstaaten jeweils getroffene Wahl die vollständige Beachtung der in der Richtlinie festgelegten Ziele gewährleistet.
76 So regelt Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/337, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung „vor Erteilung der Genehmigung“ stattzufinden hat. Das impliziert, dass die Prüfung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die in Art. 3 dieser Richtlinie genannten Faktoren und auf die Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren in vollem Umfang vor der Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird.
77 Unter diesen Umständen steht zwar nichts der Wahl Irlands entgegen, die Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 85/337 zwei verschiedenen Behörden zu übertragen, nämlich den Planungsbehörden einerseits und der Umweltschutzbehörde andererseits, doch steht dies unter der Voraussetzung, dass die jeweiligen Befugnisse dieser Behörden und die Regeln über ihre Ausübung gewährleisten, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig und rechtzeitig, d. h. vor Erteilung der Genehmigung im Sinne dieser Richtlinie, durchgeführt wird.
78 Dazu trägt die Kommission vor, sie habe in den irischen Rechtsvorschriften eine Lücke ausgemacht, die sich aus dem Zusammenspiel zweier Faktoren ergebe. Erstens habe die Umweltschutzbehörde, wenn sie mit einem Antrag auf Genehmigung eines Projekts im Hinblick auf umweltverschmutzungsbezogene Aspekte befasst werde, keinerlei Befugnis zur Einleitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Zweitens bestehe die Möglichkeit, dass die Umweltschutzbehörde befasst werde und über die entsprechenden Umweltverschmutzungsfragen entscheide, bevor die Planungsbehörde, die allein vom Projektträger eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit verlangen könne, ihrerseits befasst werde.
79 Irland, das nicht bestreitet, dass die Umweltschutzbehörde allgemein nicht dazu befugt ist, vom Projektträger die Vorlage einer solchen Erklärung zu verlangen, entgegnet, dass es diesem keinerlei praktischen Vorteil bringe, eine Genehmigung bei der Umweltschutzbehörde zu beantragen, ohne zugleich einen Genehmigungsantrag bei der Planungsbehörde zu stellen, da er von beiden Behörden eine Genehmigung benötige. Allerdings hat Irland nicht nachgewiesen und nicht einmal behauptet, dass es für einen Projektträger rechtlich unmöglich ist, eine Entscheidung der Umweltschutzbehörde zu erwirken, bevor er nicht die Planungsbehörde befasst hat.
80 Zwar sieht die EPAR vor, dass die Umweltschutzbehörde der Planungsbehörde einen Genehmigungsantrag übermitteln kann. Zwischen den Parteien ist indessen unstreitig, dass es sich dabei nicht um eine Verpflichtung handelt und die Behörde, der der Antrag übermittelt wurde, nicht auf die Übermittlung antworten muss.
81 Daher lässt sich nicht ausschließen, dass die Umweltschutzbehörde als diejenige Behörde, die sich zur Genehmigung eines Projekts im Hinblick auf umweltverschmutzungsbezogene Aspekte zu äußern hat, eine Entscheidung trifft, ohne dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Einklang mit den Art. 2 bis 4 der Richtlinie 85/337 durchgeführt wurde.
82 Irland macht geltend, dass die Umweltschutzbehörde in bestimmten Fällen, in denen es insbesondere um Genehmigungen der Wiederverwertung und Beseitigung von Abfällen sowie Genehmigungen der integrierten Kontrolle und Vermeidung von Umweltverschmutzung gehe, eine Erklärung zur Umweltverträglichkeit verlangen könne und diese zu berücksichtigen habe. Solche punktuellen Regelungen können allerdings die in der vorstehenden Randnummer festgestellte Lücke in den irischen Rechtsvorschriften nicht schließen.
83 Irland trägt ferner vor, dass die Planungsbehörden seit der Änderung des EPAA durch Section 256 PDA befugt seien, die Erteilung einer Genehmigung gegebenenfalls aus umweltbezogenen Gründen zu verweigern, und dass diesen Behörden mit den Begriffen „angemessene Planung“ und „nachhaltige Entwicklung“ allgemein eine solche Befugnis verliehen werde.
84 Eine solche Ausweitung der Zuständigkeiten der Planungsbehörden kann entsprechend dem Vorbringen Irlands in bestimmten Fällen zu einer Überschneidung der jeweiligen Zuständigkeiten der im Umweltbereich verantwortlichen Behörden führen. Nichtsdestoweniger ist festzustellen, dass eine solche Überschneidung die in Randnr. 81 des vorliegenden Urteils festgestellte Lücke, die der Umweltschutzbehörde die Möglichkeit belässt, über ein Projekt im Hinblick auf umweltverschmutzungsbezogene Aspekte allein und ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Art. 2 bis 4 der Richtlinie 85/337 zu entscheiden, nicht schließen kann.
85 Somit ist festzustellen, dass die zweite Rüge, die die Kommission für ihre Vertragsverletzungsklage vorbringt, begründet ist.
Zur dritten Rüge: Nichtanwendung der Richtlinie 85/337 auf Abbrucharbeiten
Vorbringen der Parteien
86 Die Kommission meint, Abbrucharbeiten könnten insoweit ein „Projekt“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 darstellen, als sie vom Begriff „sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft“ erfasst würden. In der PDR habe Irland indessen fast alle Abbrucharbeiten von der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgenommen. Nach Ablauf der Frist von zwei Monaten, die in der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 29. Juni 2007 festgesetzt worden sei, habe Irland der Kommission zwar einen neuen Text übermittelt, mit dem die PDR dahin geändert werde, dass der Anwendungsbereich der für Abbrucharbeiten vorgesehenen Ausnahme deutlich reduziert werde. Dieser Text könne allerdings im Rahmen der vorliegenden Vertragsverletzungsklage nicht berücksichtigt werden.
87 Die Kommission macht geltend, dass die von Irland vorgenommene Auslegung, wonach Abbrucharbeiten nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/337 fielen, ihren Niederschlag im NMA gefunden habe, und verweist insoweit auf die Sections 14, 14A und 14B dieses Gesetzes, in denen der Abbruch eines nationalen Denkmals geregelt werde.
88 Zur Veranschaulichung der Art und Weise, wie der Ausschluss der Abbrucharbeiten in Anwendung von Section 14A NMA den Abbruch eines nationalen Denkmals unter Verstoß gegen die Richtlinie 85/337 ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erlaubt habe, bezieht sich die Kommission auf die ministerielle Entscheidung vom 13. Juni 2007, mit dem der Abbruch eines nationalen Denkmals angeordnet worden sei, um die Verwirklichung des Projekts der Autobahn M3 zu ermöglichen.
89 Irland wendet einleitend ein, dass die dritte Rüge der Kommission, soweit damit auf Section 14 NMA abgestellt werde, unzulässig sei, da diese Vorschrift in der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 29. Juni 2007 nicht genannt werde.
90 Abbrucharbeiten fielen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/337, da sie in deren Anhängen I und II nicht genannt würden. Außerdem gehe aus Section 10 PDA in Verbindung mit Art. 9 PDR hervor, dass bei Abbrucharbeiten nur dann eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Erwirkung einer Planungsgenehmigung bestehe, wenn nicht davon auszugehen sei, dass das Projekt bedeutende Auswirkungen auf die Umwelt habe.
91 Zur Verpflichtung, ergänzende Prüfungen vorzunehmen, trägt Irland vor, dass die Richtlinie 85/337 ihrem Wesen nach impliziere, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung im frühestmöglichen Stadium, bevor mit dem Projekt begonnen werde, vorgenommen werde. Der einzige Fall, in dem es erforderlich sei, eine neue Prüfung durchzuführen, sei nach Anhang II Nr. 13 erster Gedankenstrich dieser Richtlinie der, dass das Projekt geändert oder erweitert worden sei.
92 Zur Tragweite der nach Section 14A NMA erlassenen ministeriellen Anordnungen hebt Irland hervor, dass diese Vorschrift nur im Kontext eines zuvor vom Rat auf der Grundlage einer Umweltverträglichkeitsprüfung gebilligten Straßenbauprojekts anwendbar sei. Nur der Rat könne über eine Änderung des Straßenbauprojekts entscheiden und müsse in diesem Fall beurteilen, ob die entsprechende Änderung negative Auswirkungen auf die Umwelt haben könne. Unter diesen Umständen könne die Befugnis des Ministers zum Erlass ministerieller Anordnungen nicht auf eine Stufe mit der Erteilung einer Genehmigung für ein Straßenbauprojekt gestellt werden. Die entsprechenden Anordnungen würden gegebenenfalls erst nach dem Beginn der Arbeiten an dem Projekt und der Entdeckung eines neuen nationalen Denkmals erteilt und sollten nur regeln, wie mit diesem verfahren werde. Im Übrigen sei keine ministerielle Anordnung zum Abbruch eines nationalen Denkmals ergangen, um die Verwirklichung des Projekts der Autobahn M3 zu ermöglichen.
Würdigung durch den Gerichtshof
– Zur Zulässigkeit der dritten Rüge
93 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs wird der Gegenstand einer Klage nach Art. 226 EG durch das in diesem Artikel vorgesehene Vorverfahren eingegrenzt und muss die Klage auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt sein wie die mit Gründen versehene Stellungnahme (vgl. u. a. Urteil vom 14. Oktober 2004, Kommission/Frankreich, C‑340/02, Slg. 2004, I‑9845, Randnr. 26 und dort angeführte Rechtsprechung).
94 Im vorliegenden Fall geht aus der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 29. Juni 2007 hervor, dass die Kommission in deren Randnrn. 2.34 bis 2.38 Irland vorgeworfen hat, es habe Abbrucharbeiten vom Anwendungsbereich der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 85/337 ausgenommen. In den Randnrn. 2.39 und 2.40 dieser Stellungnahme hat die Kommission näher dargelegt, dass die von Irland vorgenommene Auslegung dieser Richtlinie ihren Niederschlag nicht nur im PDA finde, sondern auch in anderen, spezielleren Regelungen wie dem NMA, und als Beispiel die Verwirklichung des Projekts der Autobahn M3 angeführt.
95 Daraus folgt, dass sich die Kommission, auch wenn sie in der genannten mit Gründen versehenen Stellungnahme Section 14 NMA nicht ausdrücklich angeführt hat, nichtsdestoweniger im Rahmen ihrer Analyse der Unzulänglichkeiten, die dieses Gesetz ihrer Ansicht nach enthält, klar auf den in dieser Section vorgesehenen Entscheidungsmechanismus bezogen hat.
96 Daher ist die von Irland gegen die dritte Rüge der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.
– Zur Begründetheit
97 In Bezug auf die Frage, ob Abbrucharbeiten, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen vorbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/337 fallen oder entsprechend dem Vorbringen Irlands davon ausgenommen sind, ist unmittelbar darauf hinzuweisen, dass die Definition des Begriffs „Projekt“ in Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie es nicht zulässt, daraus den Schluss zu ziehen, dass Abbrucharbeiten nicht den Kriterien dieser Definition genügen könnten. Solche Arbeiten können nämlich als „sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft“ qualifiziert werden.
98 Diese Auslegung wird dadurch erhärtet, dass die Bezugnahmen auf „kulturelles Erbe“ in Art. 3 der Richtlinie 85/337, auf „historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende Landschaften“ in Anhang III Nr. 2 Buchst. h dieser Richtlinie und auf die „architektonisch wertvollen Bauten und [die] archäologischen Schätze“ in ihrem Anhang IV Nr. 3 gegenstandslos wären, wenn Abbrucharbeiten vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen wären.
99 Zwar ist nach Art. 4 der Richtlinie 85/337 bei einem Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur dann erforderlich, wenn es in eine der in den Anhängen I und II dieser Richtlinie aufgeführten Kategorien fällt. Entsprechend dem Vorbringen Irlands wird darin auf Abbrucharbeiten, mit Ausnahme der im Rahmen der vorliegenden Klage nicht einschlägigen Demontage von Kernkraftwerken und anderen Kernreaktoren gemäß Anhang I Nr. 2, nicht ausdrücklich Bezug genommen.
100 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Anhänge sich eher auf sektorielle Kategorien von Projekten beziehen, ohne die genaue Art der vorgesehenen Arbeiten zu beschreiben. Zur Veranschaulichung lässt sich mit der Kommission darauf hinweisen, dass „Städtebauprojekte“ im Sinne von Anhang II Nr. 10 Buchst. b sehr häufig den Abbruch bestehender baulicher Anlagen mit sich bringen.
101 Folglich werden Abbrucharbeiten durchaus vom Anwendungsbereich der Richtlinie 85/337 umfasst und können demnach ein „Projekt“ im Sinne ihres Art. 1 Abs. 2 darstellen.
102 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen, wie sie bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist in dem Mitgliedstaat bestand (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Irland, Randnr. 64 und dort angeführte Rechtsprechung).
103 Irland bestreitet nicht, dass Abbrucharbeiten nach den zum Zeitpunkt der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme geltenden nationalen Rechtsvorschriften in der Regel keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterlagen, sondern für sie vielmehr eine grundsätzliche Ausnahme galt.
104 Aus den in den Sections 14 bis 14B NMA vorgesehenen Regelungen über den Abbruch eines nationalen Denkmals ergibt sich, dass darin entsprechend dem Vorbringen der Kommission in keiner Weise der mögliche Fall berücksichtigt wird, dass derartige Abbrucharbeiten als solche ein Projekt im Sinne der Art. 1 und 4 der Richtlinie 85/337 darstellen und damit einer vorherigen Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen können. Da die Unzulänglichkeit der Umsetzung dieser Richtlinie in die irische Rechtsordnung feststeht, sind die tatsächlichen Auswirkungen der entsprechenden Rechtsvorschriften auf die Verwirklichung konkreter Projekte wie das der Autobahn M3 indessen nicht zu prüfen.
105 Die Gesetzesänderungen nach der Erhebung der Vertragsverletzungsklage können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Irland, Randnr. 65 und dort angeführte Rechtsprechung).
106 Somit ist festzustellen, dass die dritte Rüge, die die Kommission für ihre Klage vorbringt, begründet ist.
107 Demzufolge ist festzustellen, dass Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 85/337 verstoßen hat, dass es
– Art. 3 dieser Richtlinie nicht umgesetzt hat,
– nicht sichergestellt hat, dass die Anforderungen aus den Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie in Fällen, in denen sowohl die Planungsbehörden als auch die Umweltschutzbehörde Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf ein Projekt haben, in vollem Umfang erfüllt werden, und
– Abbrucharbeiten vom Anwendungsbereich seiner Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie ausgenommen hat.
Kosten
108 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung Irlands beantragt hat und Irland mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Irland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 und die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung verstoßen, dass es
– Art. 3 dieser Richtlinie nicht umgesetzt hat,
– nicht sichergestellt hat, dass die Anforderungen aus den Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie in Fällen, in denen sowohl die irischen Planungsbehörden als auch die Umweltschutzbehörde Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf ein Projekt haben, in vollem Umfang erfüllt werden, und
– Abbrucharbeiten vom Anwendungsbereich seiner Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie ausgenommen hat.
2. Irland trägt die Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Englisch.