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Dokument 62008CJ0334
Judgment of the Court (Second Chamber) of 8 July 2010.#European Commission v Italian Republic.#Failure of a Member State to fulfil obligations - Union’s own resources - Refusal to make available to the Union own resources corresponding to certain unlawful customs authorisations - Force majeure - Fraudulent conduct by the customs authorities - Liability of the Member States - Lawfulness of the entry of established entitlements in a separate account.#Case C-334/08.
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 8. Juli 2010.
Europäische Kommission gegen Italienische Republik.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Eigenmittel der Union - Weigerung, der Union Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die aus bestimmten rechtswidrigen Bewilligungen der Zollbehörden stammen -Höhere Gewalt - Betrügerisches Verhalten der Zollbehörden - Haftung der Mitgliedstaaten - Ordnungsmäßigkeit der Eintragung der festgestellten Abgaben in die gesonderte Buchführung.
Rechtssache C-334/08.
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 8. Juli 2010.
Europäische Kommission gegen Italienische Republik.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Eigenmittel der Union - Weigerung, der Union Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die aus bestimmten rechtswidrigen Bewilligungen der Zollbehörden stammen -Höhere Gewalt - Betrügerisches Verhalten der Zollbehörden - Haftung der Mitgliedstaaten - Ordnungsmäßigkeit der Eintragung der festgestellten Abgaben in die gesonderte Buchführung.
Rechtssache C-334/08.
Sammlung der Rechtsprechung 2010 I-06869
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2010:414
Rechtssache C‑334/08
Europäische Kommission
gegen
Italienische Republik
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Eigenmittel der Union – Weigerung, der Union Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die aus bestimmten rechtswidrigen Bewilligungen der Zollbehörden stammen – Höhere Gewalt – Betrügerisches Verhalten der Zollbehörden – Haftung der Mitgliedstaaten – Ordnungsmäßigkeit der Eintragung der festgestellten Abgaben in die gesonderte Buchführung“
Leitsätze des Urteils
1. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Feststellung und Bereitstellung durch die Mitgliedstaaten
(Verordnung Nr. 1150/17 des Rates, Art. 1; Richtlinie 2000/597 des Rates, Art. 2 Abs. 1 und 8 Teil B Abs. 1)
2. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Feststellung und Bereitstellung durch die Mitgliedstaaten
(Verordnung Nr. 1150/2000 des Rates, Art. 17 Abs. 2)
3. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Feststellung und Bereitstellung durch die Mitgliedstaaten
(Verordnung Nr. 2580/2000 des Rates, Art. 2 Abs. 3; Beschluss 2000/583 des Rates)
4. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Feststellung und Bereitstellung durch die Mitgliedstaaten
(Verordnung Nr. 1150/2000 des Rates, Art. 6 Abs. 3 Buchst. b und 17 Abs. 2)
1. Die Eigenmittel der Gemeinschaften im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b des Beschlusses 2000/597 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften werden nach Art. 8 Abs. 1 dieses Beschlusses von den Mitgliedstaaten erhoben, die diese Mittel der Kommission zur Verfügung stellen müssen. Nach Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Beträge, die den gemäß Art. 2 dieser Verordnung festgestellten Ansprüchen entsprechen, der Kommission zur Verfügung gestellt werden. Die Mitgliedstaaten sind hierzu nur dann nicht verpflichtet, wenn diese Beträge aus Gründen höherer Gewalt nicht erhoben werden konnten oder wenn sich erweist, dass die Einziehung aus nicht von ihnen zu vertretenden Gründen auf Dauer unmöglich ist.
In diesem Zusammenhang ist das Verhalten eines Staatsorgans dem Staat grundsätzlich zuzurechnen. Ein Organ umfasst alle Personen oder Einrichtungen, die diese Stellung nach dem nationalen Recht des betreffenden Staates innehaben. Der Umstand, dass eine solche Person oder Einrichtung, die zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse berechtigt ist und in dieser Eigenschaft tätig wird, durch ihr Verhalten gegen das Gesetz verstößt, ihre Befugnisse missbraucht oder Weisungen ihrer Vorgesetzten zuwiderhandelt, kann diesen Schluss nicht entkräften.
(vgl. Randnrn. 34-35, 39)
2. Unter höherer Gewalt im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften sind ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse zu verstehen, auf die derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluss hat und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können. Eines der Merkmale des Tatbestands der höheren Gewalt ist der Eintritt eines Ereignisses, auf das die Person, die sich auf höhere Gewalt berufen möchte, keinen Einfluss hat, d. h. der Eintritt einer Tatsache, die außerhalb der Eingriffssphäre dieser Person liegt.
Das Verhalten von Zollbeamten, die in Erfüllung ihrer Aufgaben rechtswidrige Bewilligungen erteilen, kann nicht als außerhalb der Sphäre der Verwaltung, der sie angehören, liegend betrachtet werden. Ferner ist nicht nachgewiesen worden, dass die Folgen dieses Verhaltens, das dem Mitgliedstaat zuzurechnen ist, trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch diesen Mitgliedstaat nicht hätten vermieden werden können. Daher kann sich dieser Mitgliedstaat nicht unter Berufung auf höhere Gewalt seiner Verpflichtung zur Zurverfügungstellung der Eigenmittel der Union an die Kommission entziehen.
(vgl. Randnrn. 42, 46-47, 49)
3. Wenn ein von den Zollbehörden eines Mitgliedstaats begangener Fehler dazu führt, dass der Abgabenpflichtige den Betrag der betreffenden Abgaben nicht entrichten muss, kann dies nicht die Verpflichtung des fraglichen Mitgliedstaats in Frage stellen, die festgestellten Abgaben und Verzugszinsen abzuführen.
Demnach verstößt ein Mitgliedstaat, der es unterlässt, den Anspruch der Union auf Eigenmittel festzustellen und den entsprechenden Betrag der Kommission zur Verfügung zu stellen, ohne dass eine der in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt ist, gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Art. 2 und 8 des Beschlusses 2000/597 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften.
(vgl. Randnrn. 50-51)
4. Die Möglichkeit der Befreiung der Mitgliedstaaten von ihrer Verpflichtung, der Kommission die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, erfordert nicht nur die Einhaltung der in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften in der geänderten Fassung aufgestellten Voraussetzungen, sondern auch, dass diese Ansprüche ordnungsgemäß in die Buchführung B aufgenommen worden sind.
In Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 heißt es nämlich, dass die Mitgliedstaaten bei der Haushaltsverwaltung oder bei der von ihnen bestimmten Einrichtung über die Eigenmittel Buch führen müssen. Gemäß Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben a und b müssen die Mitgliedstaaten die nach Artikel 2 der Verordnung festgestellten Ansprüche spätestens am ersten Werktag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch festgestellt wurde, in die A-Buchführung aufnehmen; in der B-Buchführung können innerhalb derselben Frist festgestellte Ansprüche ausgewiesen werden, die „noch nicht eingezogen wurden“ und für die „eine Sicherheit nicht geleistet worden ist“, sowie festgestellte Ansprüche, „für die eine Sicherheit geleistet worden ist [und die] angefochten werden und durch Regelung des betreffenden Streitfalls Veränderungen unterworfen sein können“.
Die Aufnahme der Eigenmittel in die Buchführung B stellt somit eine Ausnahmesituation dar, die dadurch gekennzeichnet ist, dass es den Mitgliedstaaten entweder möglich ist, diese Ansprüche der Kommission nach ihrer Feststellung nicht zur Verfügung zu stellen, weil sie im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 noch nicht eingezogen wurden, oder dass sie aufgrund von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung hierzu nicht verpflichtet sind, wenn sich diese Ansprüche als aus Gründen höherer Gewalt oder aus anderen, nicht von ihnen zu vertretenden Gründen als uneinbringlich erweisen.
Unter diesen Umständen kann den Mitgliedstaaten eine solche Ausnahmesituation nur dann zugutekommen, wenn sie die festgestellten Ansprüche unter Beachtung des Unionsrechts in die Buchführung B aufgenommen haben.
(vgl. Randnrn. 65-66, 68-69)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
8. Juli 2010(*)
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Eigenmittel der Union – Weigerung, der Union Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die aus bestimmten rechtswidrigen Bewilligungen der Zollbehörden stammen – Höhere Gewalt – Betrügerisches Verhalten der Zollbehörden – Haftung der Mitgliedstaaten – Ordnungsmäßigkeit der Eintragung der festgestellten Abgaben in die gesonderte Buchführung“
In der Rechtssache C‑334/08
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 18. Juli 2008,
Europäische Kommission, vertreten durch A. Aresu und A. Caeiros als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
unterstützt durch
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und B. Klein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter) sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus, A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2009,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. April 2010
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 10 EG, Art. 8 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 42) sowie den Art. 2, 6, 10, 11 und 17 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 130, S. 1) verstoßen hat, dass sie sich geweigert hat, der Kommission die Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die der Zollschuld entsprechen, die sich aus der Erteilung rechtswidriger Bewilligungen für die Einrichtung und den Betrieb von Zolllagern des Typs C in Taranto durch die Direzione Compartimentale delle Dogane per le Regioni Puglia e Basilicata (regionale Zolldirektion für Apulien und die Basilikata) mit Sitz in Bari ab dem 27. Februar 1997, gefolgt von anschließenden Bewilligungen für die Umwandlung unter Zollaufsicht und für den aktiven Veredelungsverkehr bis zu deren Widerruf am 4. Dezember 2002, ergibt.
Rechtlicher Rahmen
Die Regelung der Eigenmittel der Union
2 Auf dem Gebiet der Eigenmittel der Union wurde der Beschluss 94/728/EG, Euratom des Rates vom 31. Oktober 1994 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 293, S. 9) mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch den Beschluss 2000/597 aufgehoben und ersetzt.
3 Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses 2000/597 bestimmt:
„Folgende Einnahmen stellen in den Haushaltsplan der Europäischen Union einzusetzende Eigenmittel dar:
…
b) Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen der Gemeinschaften eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden …
…“
4 Art. 8 Abs. 1 des Beschlusses 2000/597 sieht vor:
„Die Eigenmittel der Gemeinschaften gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) und b) werden von den Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben, die gegebenenfalls den Erfordernissen der Gemeinschaftsregelung anzupassen sind.
Die Kommission nimmt in regelmäßigen Abständen eine Prüfung der einzelstaatlichen Bestimmungen vor, die ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilt werden, teilt den Mitgliedstaaten die Anpassungen mit, die sie zur Gewährleistung ihrer Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften für notwendig hält, und erstattet der Haushaltsbehörde Bericht.
Die Mitgliedstaaten stellen die Mittel nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) bis d) der Kommission zur Verfügung.“
5 Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 unter dem Titel I der Verordnung („Allgemeine Vorschriften“) lautet:
„Für diese Verordnung gilt ein Anspruch der Gemeinschaften auf die Eigenmittel im Sinn von Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) und b) des Beschlusses 94/728/EG, Euratom als festgestellt, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind.“
6 Art. 6 Abs. 1 bis 3 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1150/2000 in deren Titel II („Verbuchung der Eigenmittel“) sieht vor:
„(1) Bei der Haushaltsverwaltung jedes Mitgliedstaats oder bei der von jedem Mitgliedstaat bestimmten Einrichtung wird über die Eigenmittel Buch geführt, und zwar aufgegliedert nach der Art der Mittel.
(2) Für die Zwecke der Eigenmittel-Buchführung erfolgt der Rechnungsabschluss frühestens am letzten Arbeitstag des Monats der Feststellung um 13.00 Uhr.
(3) a) Die nach Artikel 2 festgestellten Ansprüche werden vorbehaltlich des Buchstabens b) dieses Absatzes spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch festgestellt wurde, in die Buchführung [sogenannte ‚Buchführung A‘] aufgenommen.
b) Festgestellte Ansprüche, die in die Buchführung nach Buchstabe a) nicht aufgenommen wurden, weil sie noch nicht eingezogen wurden und für die eine Sicherheit nicht geleistet worden ist, werden innerhalb der Frist nach Buchstabe a) in einer gesonderten Buchführung [sogenannte ‚Buchführung B‘] ausgewiesen. Die Mitgliedstaaten können auf die gleiche Weise vorgehen, wenn festgestellte Ansprüche, für die eine Sicherheit geleistet worden ist, angefochten werden und durch Regelung des betreffenden Streitfalls Veränderungen unterworfen sein können.“
7 Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 in deren Titel III („Bereitstellung der Eigenmittel“) bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat schreibt die Eigenmittel nach Maßgabe des Artikels 10 dem Konto gut, das zu diesem Zweck für die Kommission bei der Haushaltsverwaltung des Mitgliedstaats oder bei der von ihm bestimmten Einrichtung eingerichtet wurde.
…“
8 Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000, ebenfalls in deren Titel III, lautet:
„Nach Abzug von 10 v. H. für Erhebungskosten gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Beschlusses 94/728/EG, Euratom erfolgt die Gutschrift der Eigenmittel im Sinn von Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) und b) des genannten Beschlusses spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch nach Artikel 2 der vorliegenden Verordnung festgestellt wurde.
Bei den nach Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b) in [der] Buchführung [B] ausgewiesenen Ansprüchen erfolgt die Gutschrift spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem die den Ansprüchen entsprechenden Beträge eingezogen wurden.“
9 Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 bestimmt:
„Bei verspäteter Gutschrift auf dem in Artikel 9 Absatz 1 genannten Konto hat der betreffende Mitgliedstaat Zinsen zu zahlen, deren Satz dem am Fälligkeitstag auf dem Geldmarkt des betreffenden Mitgliedstaats für kurzfristige Finanzierung geltenden Zinssatz – erhöht um 2 Prozentpunkte – entspricht. Dieser Satz erhöht sich um 0,25 Prozentpunkte für jeden Verzugsmonat. Der erhöhte Satz findet auf die gesamte Dauer des Verzugs Anwendung.“
10 Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in deren Titel VII („Kontrollvorschriften“) sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten haben alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Beträge, die den gemäß Artikel 2 festgestellten Ansprüchen entsprechen, der Kommission nach Maßgabe dieser Verordnung zur Verfügung gestellt werden.
(2) Die Mitgliedstaaten sind nur dann nicht verpflichtet, die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge der Kommission zur Verfügung zu stellen, wenn diese Beträge aus Gründen höherer Gewalt nicht erhoben werden konnten. Ferner brauchen die Mitgliedstaaten im Einzelfall die Beträge der Kommission nicht zur Verfügung zu stellen, wenn sich nach eingehender Prüfung aller maßgeblichen Umstände des betreffenden Falles erweist, dass die Einziehung aus nicht von ihnen zu vertretenden Gründen auf Dauer unmöglich ist. Diese Fälle sind in dem Bericht gemäß Absatz 3 aufzuführen, sofern die zu dem am ersten Arbeitstag des Monats Oktober des Kalendervorjahres geltenden Kurs in Landeswährung umgerechneten Beträge 10 000 EUR übersteigen. In dem Bericht sind die Gründe anzugeben, die den Mitgliedstaat gehindert haben, die betreffenden Beträge zur Verfügung zu stellen. Die Kommission kann dem Mitgliedstaat binnen sechs Monaten ihre Bemerkungen übermitteln.“
11 Die Verordnung Nr. 1150/2000 wurde durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2028/2004 des Rates vom 16. November 2004 (ABl. L 352, S. 1), die am 28. November 2004 in Kraft getreten ist, geändert (im Folgenden: Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung).
12 Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, der Kommission die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, wenn diese entweder
a) aus Gründen höherer Gewalt oder
b) aus anderen, nicht von den Mitgliedstaaten zu vertretenden Gründen
nicht erhoben werden konnten.
Beträge festgestellter Ansprüche werden durch eine Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde für uneinbringlich erklärt, nachdem diese sich von der Unmöglichkeit ihrer Einziehung überzeugt hat.
Als uneinbringlich gelten Beträge festgestellter Ansprüche spätestens nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt ihrer Feststellung gemäß Artikel 2 oder, falls Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht erhoben oder sonstige Rechtsmittel eingelegt wurden, ab dem Zeitpunkt, an dem die diesbezügliche Gerichtsentscheidung ergangen ist bzw. mitgeteilt oder veröffentlicht wurde.
Sind Teilzahlungen oder Zahlungen eingegangen, so beginnt der vorgenannte Fünfjahreszeitraum spätestens am Tag der letzten effektiven Zahlungsleistung, sofern mit dieser die Restschuld nicht vollständig beglichen wurde.
Für uneinbringlich erklärte bzw. als uneinbringlich geltende Beträge werden aus der … Buchführung [B] gemäß Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b) endgültig herausgenommen. Sie werden in einem Anhang zu der Vierteljahresübersicht gemäß Artikel 6 Absatz 4 Buchstabe b) sowie gegebenenfalls in der vierteljährlichen Aufstellung gemäß Artikel 6 Absatz 5 aufgeführt.“
Das Vorverfahren
13 Auf eine Beschwerde wegen Unregelmäßigkeiten bei der Zollverwaltung hin, die im Zollbezirk Taranto (Italien) begangen worden sein sollen, verlangte die Kommission mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 von den italienischen Behörden hierüber Aufklärung.
14 Mit ihrer Antwort übermittelten diese Behörden der Kommission einen internen Auditbericht vom 18. Februar 2003, aus dem Folgendes hervorging:
– Am 27. Februar 1997 und am 7. April 1997 hätten die zuständigen italienischen Zollbehörden u. a. der Fonderie SpA (im Folgenden: Fonderie) eine Reihe von Bewilligungen für die Einrichtung von zwei privaten Zolllagern des Typs C und für die Umwandlung von dort befindlichen Aluminiumblöcken der Tarifposition 7601 (Zollsatz von 6 %) in Aluminiumabfall der Tarifposition 7602 (zollfrei) unter Verwendung des Verfahrens der Umwandlung unter zollamtlicher Überwachung erteilt;
– die betreffenden Bewilligungen seien unter Verstoß gegen das Zollrecht der Gemeinschaft erteilt worden und hätten dazu geführt, dass in der Zeit von 1997 bis 2002 Eigenmittel der Gemeinschaft nicht festgestellt und erhoben worden seien, wobei die Zollschuld auf ungefähr 46,6 Milliarden ITL geschätzt werde;
– nach Eingang einer Beschwerde eines Unternehmens desselben Sektors hätten die zuständigen Zollbehörden die in Rede stehenden Bewilligungen am 4. Dezember 2002 widerrufen und die Ansprüche der Gemeinschaften auf die betreffenden Eigenmittel festgestellt;
– neben den betroffenen Unternehmen seien auch einige Beamte der italienischen Zollverwaltung für den Betrag der Zollschuld und die Erteilung der rechtswidrigen Bewilligungen haftbar gemacht worden, und gegen sie sei ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen „schweren Schmuggels“ und „Fälschung öffentlicher Urkunden“ eingeleitet worden.
15 Mit Schreiben vom 30. September 2005 legten die italienischen Behörden der Kommission ergänzende Angaben vor, nach denen sich der Gesamtbetrag der hinterzogenen Gemeinschaftseinnahmen auf 22 730 818,35 Euro belaufen und dieser in den Monaten März, Juni und Juli 2003 gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 in der Buchführung B ausgewiesen worden sein soll.
16 Nach einem Schriftwechsel mit den italienischen Behörden übersandte die Kommission der Italienischen Republik am 23. März 2007 ein Mahnschreiben, mit dem die Italienische Republik aufgefordert wurde, der Kommission unverzüglich den Betrag von 22 730 818,35 Euro entsprechend den von dieser selbst festgestellten Eigenmitteln zur Verfügung zu stellen und diesen Betrag in den Anhang der monatlichen Aufstellung der Buchführung A im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1150/2000 aufzunehmen.
17 Die italienischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 7. Mai 2007, dass sie den Standpunkt der Kommission nicht teilten. Sie machten insbesondere geltend, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen „Fehler“ oder eine „fahrlässige Handlung“ der Behörden, sondern um schädliche Wirkungen vorsätzlicher Handlungen Dritter mit betrügerischem Charakter handele, die nicht vom Staat zu vertreten seien.
18 Am 23. Oktober 2007 übersandte die Kommission der Italienischen Republik eine mit Gründen versehene Stellungnahme und forderte sie auf, binnen zwei Monaten ab Zugang dieser Stellungnahme die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um der Kommission den Betrag von 22 730 818,35 Euro an Eigenmitteln der Gemeinschaften zu überweisen. Am 24. Dezember 2007 beantworteten die italienischen Behörden die mit Gründen versehene Stellungnahme unter Wiederholung der Einwände gegen die Beanstandungen der Kommission.
19 Unter diesen Umständen hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.
20 Die Bundesrepublik Deutschland ist mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. Dezember 2008 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Italienischen Republik zugelassen worden.
Zur Klage
Zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 8 des Beschlusses 2000/597 sowie die Art. 2, 6, 10, 11 und 17 der Verordnung Nr. 1150/2000
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
21 Die Kommission stellt fest, dass die italienischen Behörden der Ansicht seien, sowohl die unrechtmäßige Erteilung der Bewilligungen als auch das Funktionieren der betreffenden Zollverfahren stellten eine Folge des von nationalen Beamten ins Werk gesetzten Betrugs dar, ist jedoch der Ansicht, dass der italienische Staat nicht jede Haftung für die Folgen von in seinem Namen vollzogenen Verwaltungshandlungen ablehnen könne. Daher müsse der italienische Staat, ohne dass das Ergebnis des Strafverfahrens oder der Ausgang des Verfahrens der Einziehung bei den Schuldnern abgewartet zu werden brauche, die finanziellen Folgen der Handlungen seiner Verwaltungsorgane tragen. Folglich sei die Frage, ob die Unregelmäßigkeit von der italienischen Verwaltung wegen eines Fehlers oder eines von Mitgliedern seines Personals begangenen Betrugs wegen mangelnder angemessener Überwachung oder aber wegen einer systematischen unregelmäßigen Praxis zuzuordnen sei, zweitrangig.
22 Im Kontext der Regelung der Eigenmittel der Gemeinschaft und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit sei es unannehmbar, dass ein Mitgliedstaat von seiner Haftung für den Betrag der Zollschuld entlastet werde, die unmittelbar aufgrund von Handlungen seiner eigenen Verwaltung entstanden sei. Daher könne es im vorliegenden Fall nicht Sache der Gemeinschaft sein, das finanzielle Risiko im Zusammenhang mit den Vorgängen der Nacherhebung bei den Schuldnern zu tragen.
23 Die Italienische Republik führt aus, dass der der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegende Sachverhalt unbestreitbar im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen stehe. Da die strafrechtliche Verantwortlichkeit personenbezogen sei, könne der fragliche Sachverhalt keinesfalls der Verwaltung zur Last gelegt werden, der die bestochenen Beamten angehörten.
24 Nach Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 seien die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, der Kommission die Beträge zur Verfügung zu stellen, die aus Gründen höherer Gewalt nicht hätten erhoben werden können. Die Tatbestandsmerkmale der höheren Gewalt seien erfüllt, wenn der Betroffene alles üblicherweise in seiner Macht Stehende unternommen habe und aus von seinem Willen unabhängigen Gründen im Zusammenhang mit außerhalb seiner Sphäre liegenden vorsätzlichen betrügerischen Verhaltensweisen die Begehung einer strafbaren Handlung nicht habe verhindern können. Die unerlaubten Verhaltensweisen der Beamten stellten ein außerhalb der Sphäre des Handelns der Verwaltung und der ihr obliegenden Überwachungs‑ und Überprüfungspflicht liegendes Ereignis dar. Daher könne der italienische Staat unter Berücksichtigung der gegen die für diese Handlungen verantwortlichen Personen vor den Gerichten erhobenen Anklagen und Zivilklagen sowie der in den Phasen der Überprüfung und der Ahndung dieser Handlungen an den Tag gelegten Sorgfalt nicht objektiv für die Zahlung der Eigenmittel der Gemeinschaft haftbar gemacht werden.
25 Die Kommission stellt in ihrer Erwiderung klar, dass höhere Gewalt zwar tatsächlich ein haftungsbefreiender Umstand sei, jedoch deshalb, weil sie auf einem Ereignis beruhe, das außerhalb der Sphäre der Einrichtung liege, in deren Rahmen das schädigende Ereignis eingetreten sei und die dessen schädliche Folgen nur hinnehmen könne. Im vorliegenden Fall sei das vorsätzliche Handeln der Beamten dagegen innerhalb der Verwaltung selbst erfolgt, der die Tätigkeit der betreffenden Bediensteten zuzurechnen sei. Daher liege kein Fall höherer Gewalt vor, sondern ein rechtswidriges Verhalten einer nationalen Behörde, das der Italienischen Republik unmittelbar zuzurechnen sei.
26 Die Italienische Republik entgegnet, wenn ein Beamter für eigene und unerlaubte Interessen tätig werde und sich damit völlig gleichgültig gegenüber dem ihm anvertrauten öffentlichen Amt verhalte, stelle er sich außerhalb des Verwaltungsapparats, dem er angehöre. Andernfalls würde jedes, auch betrügerische, Verhalten, dessen sich ein nationaler Beamter schuldig mache, die Haftung der Verwaltung, im vorliegenden Fall des Mitgliedstaats, dem der Täter abstrakt angehöre, auslösen.
27 Die Bundesrepublik Deutschland führt in ihrem Streithilfeschriftsatz aus, dass die Kommission zum Zeitpunkt des Ablaufs der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist die Zurverfügungstellung der Eigenmittel noch nicht habe beanspruchen können, da zu diesem Zeitpunkt die dem betroffenen Mitgliedstaat zur Last gelegte Vertragsverletzung nicht vorgelegen habe.
28 Als Erstes macht die Bundesrepublik Deutschland geltend, dass die italienischen Behörden die in Rede stehenden Eigenmittel zu Recht in die Buchführung B und nicht in die Buchführung A aufgenommen hätten, da es sich um festgestellte Ansprüche gehandelt habe, die noch nicht eingezogen gewesen seien und für die keine Sicherheit geleistet worden sei. Im Übrigen gebe es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Pflicht zur Überführung von festgestellten Beträgen von der Buchführung B in die Buchführung A.
29 Aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. b in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung ergebe sich als Grundsatz, dass die Abführungspflicht bei Ansprüchen, die in der Buchführung B ausgewiesen seien, die vorherige Einziehung der Beträge durch die Mitgliedstaaten voraussetze.
30 Von diesem Grundsatz könne nur ausnahmsweise auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung abgewichen werden. Diese Bestimmung der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung regele die Voraussetzungen für eine Befreiung der Mitgliedstaaten von der Pflicht zur Bereitstellung von Eigenmitteln an die Gemeinschaft, wenn diese in der Buchführung B ausgewiesen seien, und dazu gehöre die Voraussetzung, dass die Beträge nicht erhoben werden könnten. Wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, d. h., wenn die Beträge, die die nationalen Behörden für uneinbringlich erklärt hätten, in Wirklichkeit einbringlich seien, seien die Mitgliedstaaten ausnahmsweise verpflichtet, der Kommission die Eigenmittel bereits vor ihrer Einziehung zur Verfügung zu stellen.
31 Im vorliegenden Fall hätten die nationalen Behörden die in Rede stehenden Beträge nicht für uneinbringlich erklärt oder sie als uneinbringlich eingestuft. Daher hätte der Ablauf der Fünfjahresfrist in Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung, die mit der Eintragung der Mittel in die Buchführung B beginne, abgewartet werden müssen, bevor die Kommission die Italienische Republik zur Einzahlung dieser Mittel hätte verpflichten können. Da diese Frist erst im Juli 2008 abgelaufen sei, habe bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, also Ende Dezember 2007, noch keine Pflichtverletzung dieses Mitgliedstaats vorgelegen.
32 Die Kommission entgegnet in ihrer Antwort, dass es nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 93 § 4 seiner Verfahrensordnung einem Streithelfer verwehrt sei, in seinem Schrifthilfeschriftsatz Gründe vorzubringen, mit denen der Rahmen des Rechtsstreits, wie er in der Klageschrift definiert sei, geändert oder umgebildet werde. Das Vorbringen der deutschen Regierung in Bezug auf die Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung müsse daher für unzulässig erklärt werden, da es völlig außerhalb des von den Parteien festgelegten rechtlichen Rahmens liege und für die Ausführungen der italienischen Behörden unerheblich sei.
33 Dieses Vorbringen sei jedenfalls unbegründet, da zum einen das besondere Verfahren nach Art. 17 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung insgesamt nicht anwendbar sei und zum anderen die dort vorgesehene Fünfjahresfrist nicht gelte. Dieses Verfahren könne nur auf Mittel angewandt werden, die berechtigterweise in die Buchführung B aufgenommen worden seien und die daher wegen ihrer Uneinbringlichkeit den Gemeinschaften nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Im vorliegenden Fall seien die in Rede stehenden Beträge dagegen wegen eines Fehlers der italienischen Behörden in die Buchführung B aufgenommen worden, während sie von diesen zum Zeitpunkt der Einfuhr – und der nachfolgenden zollamtlichen Abfertigung – der Waren, auf die sich die von diesen Behörden in rechtswidriger Weise erteilten Bewilligungen bezogen hätten, in die Buchführung A hätten aufgenommen werden müssen.
Würdigung durch den Gerichtshof
34 Wie aus Art. 8 Abs. 1 des Beschlusses 2000/597 hervorgeht, werden die Eigenmittel der Gemeinschaften gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b dieses Beschlusses von den Mitgliedstaaten erhoben, die diese Mittel der Kommission zur Verfügung stellen müssen.
35 Nach Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Beträge, die den gemäß Art. 2 dieser Verordnung festgestellten Ansprüchen entsprechen, der Kommission zur Verfügung gestellt werden. Die Mitgliedstaaten sind hierzu nur dann nicht verpflichtet, wenn diese Beträge aus Gründen höherer Gewalt nicht erhoben werden konnten oder wenn sich erweist, dass die Einziehung aus nicht von ihnen zu vertretenden Gründen auf Dauer unmöglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2005, Kommission/Dänemark, C‑392/02, Slg. 2005, I‑9811, Randnr. 66).
36 Im vorliegenden Fall ist weder das Bestehen einer Zollschuld noch der Betrag der Eigenmittel bestritten, der im Übrigen von den italienischen Behörden festgestellt worden ist.
37 Die Italienische Republik macht geltend, dass die Nichteinziehung der Eigenmittel nicht auf Verwaltungsfehler zurückgehe, die den nationalen Behörden zuzurechnen seien, sondern auf betrügerische Verhaltensweisen von Zollbeamten, die im Einvernehmen mit den Verantwortlichen des beteiligten Unternehmens gehandelt hätten. Ein solches Verhalten unterbreche notwendigerweise den Kausalzusammenhang zwischen der Verwaltungstätigkeit und der schädigenden Handlung und erlaube daher die Feststellung eines Falles höherer Gewalt im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000.
38 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
39 Erstens ist das Verhalten eines Staatsorgans dem Staat grundsätzlich zuzurechnen. Ein Organ umfasst alle Personen oder Einrichtungen, die diese Stellung nach dem nationalen Recht des betreffenden Staates innehaben. Der Umstand, dass eine solche Person oder Einrichtung, die zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse berechtigt ist und in dieser Eigenschaft tätig wird, durch ihr Verhalten gegen das Gesetz verstößt, ihre Befugnisse missbraucht oder Weisungen ihrer Vorgesetzten zuwiderhandelt, kann diesen Schluss nicht entkräften.
40 Im vorliegenden Fall geht aus dem internen Auditbericht vom 18. Februar 2003, den die italienische Zollverwaltung der Kommission übermittelt hatte, hervor, dass die zuständigen Zollbehörden mit Bescheiden vom 27. Februar 1997 und 7. April 1997 der Fonderie rechtswidrige Bewilligungen für die Einrichtung von zwei privaten Zolllagern des Typs C und die Umwandlung von Aluminiumblöcken, die sich dort befanden, in Aluminiumschrott erteilt und infolgedessen die betreffenden Erzeugnisse einer Regelung der Zollbefreiung unterworfen hatten, obwohl diese normalerweise zollpflichtig gewesen wären.
41 Aus diesem Bericht geht auch hervor, dass die erwähnten Unregelmäßigkeiten dazu geführt haben, dass Ansprüche auf Eigenmittel der Union nicht festgestellt und diese von 1997 bis 2002 nicht erhoben wurden.
42 Unstreitig handelten die Zollbeamten zu dem Zeitpunkt, zu dem die rechtswidrigen Bewilligungen erteilt wurden, in Erfüllung ihrer Aufgaben.
43 Diese Handlungen, die von Beamten in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommen wurden, sind daher als Handlungen der Verwaltung selbst zu betrachten.
44 Unter diesen Umständen ist das rechtswidrige Verhalten der nationalen Verwaltung der Italienischen Republik zuzurechnen.
45 Sodann stellt sich die Frage, ob sich die Italienische Republik auf Gründe höherer Gewalt im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 berufen kann, um von der Verpflichtung, die den Abgaben entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, befreit zu sein.
46 Nach ständiger Rechtsprechung sind unter höherer Gewalt ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse zu verstehen, auf die derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluss hat und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (vgl. u. a. insbesondere Urteile vom 5. Februar 1987, Denkavit België, 145/85, Slg. 1987, 565, Randnr. 11, sowie vom 5. Oktober 2006, Kommission/Deutschland, C‑105/02, Slg. 2006, I‑9659, Randnr. 89, und Kommission/Belgien, C‑377/03, Slg. 2006, I‑9733, Randnr. 95).
47 Eines der Merkmale des Tatbestands der höheren Gewalt ist der Eintritt eines Ereignisses, auf das die Person, die sich auf höhere Gewalt berufen möchte, keinen Einfluss hat, d. h. der Eintritt einer Tatsache, die außerhalb der Eingriffssphäre dieser Person liegt.
48 Außerdem kann, wie die Generalanwältin in Nr. 31 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Italienische Republik sich nicht mit dem Einwand des Vorliegens höherer Gewalt von jeder Haftung befreien, indem sie zur Begründung anführt, dass nicht die üblichen Kontrollen zur Aufdeckung der Unregelmäßigkeiten geführt hätten, sondern erst die Beschwerde eines Konkurrenzunternehmens. Da die Ursache für die Nichterhebung der Zölle im vorliegenden Fall im Verantwortungsbereich der Italienischen Republik liegt, kommt es nicht mehr darauf an, welche konkreten Maßnahmen zur Abwendung der vorliegenden Machenschaften hätten führen können oder nicht.
49 In Anbetracht der Erwägungen in den vorstehenden Randnummern kann das Verhalten der im vorliegenden Fall beteiligten Zollbeamten nicht als außerhalb der Sphäre der Verwaltung, der sie angehören, liegend betrachtet werden. Ferner ist nicht nachgewiesen worden, dass die Folgen dieses Verhaltens, das der Italienischen Republik zuzurechnen ist, trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch diesen Mitgliedstaat nicht hätten vermieden werden können. Daher kann sich dieser Mitgliedstaat nicht unter Berufung auf höhere Gewalt seiner Verpflichtung zur Zurverfügungstellung der Eigenmittel der Union an die Kommission entziehen.
50 Was schließlich die Verpflichtung der Italienischen Republik angeht, den den festgestellten Abgaben entsprechenden Betrag der Kommission zur Verfügung zu stellen, ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung, wenn ein von den Zollbehörden eines Mitgliedstaats begangener Fehler dazu führt, dass der Abgabenpflichtige den Betrag der betreffenden Abgaben nicht entrichten muss, dies nicht die Verpflichtung des fraglichen Mitgliedstaats in Frage stellen kann, die festgestellten Abgaben und Verzugszinsen abzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Dänemark, Randnr. 63, und vom 19. März 2009, Kommission/Italien, C‑275/07, Slg. 2009, I‑2005, Randnr. 100).
51 Demnach verstößt ein Mitgliedstaat, der es unterlässt, den Anspruch der Union auf Eigenmittel festzustellen und den entsprechenden Betrag der Kommission zur Verfügung zu stellen, ohne dass eine der in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt ist, gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Art. 2 und 8 des Beschlusses 2000/597 (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2007, Kommission/Dänemark, C‑19/05, Slg. 2007, I‑8597, Randnr. 32).
52 Zur Streithilfe der Bundesrepublik Deutschland zur Unterstützung der Anträge der Italienischen Republik ist darüber hinaus Folgendes auszuführen.
53 Nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs können mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden.
54 Desgleichen bestimmt Art. 93 § 5 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs u. a., dass der Streithilfeschriftsatz die Angriffs‑ und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers enthalten muss.
55 Die Bundesrepublik Deutschland beantragt zwar wie die Italienische Republik die Abweisung der Klage der Kommission, trägt jedoch in ihrem Streithilfeschriftsatz ein zusätzliches Verteidigungsmittel zu denjenigen vor, auf die die Italienische Republik ihr Vorbringen stützt. Mit diesem Vorgehen hat die Bundesrepublik Deutschland die erwähnten Bestimmungen der Satzung und der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nicht verletzt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Februar 1961, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, 30/59, Slg. 1961, 1, und vom 15. Juli 2004, Spanien/Kommission, C‑501/00, Slg. 2004, I‑6717, Randnrn. 131 bis 157).
56 Der Streithilfeschriftsatz der Bundesrepublik Deutschland ist deshalb vom Gerichtshof zu prüfen.
57 Der von der Bundesrepublik Deutschland angeführte Grund, wonach die der Italienischen Republik zur Last gelegte Vertragsverletzung bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht vorgelegen habe, beruht auf der Prämisse, dass die mit der Verordnung Nr. 2028/2004 eingeführten Änderungen der Verordnung Nr. 1150/2000 und insbesondere ihres Art. 17 Abs. 2 auf den vorliegenden Fall anwendbar seien.
58 Die Bundesrepublik Deutschland macht nämlich geltend, da die italienischen Behörden die in Rede stehenden Beträge weder für uneinbringlich erklärt noch als uneinbringlich betrachtet hätten, müsse der Ablauf der Fünfjahresfrist des Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung abgewartet werden, der mit der Aufnahme der festgestellten Abgaben in die Buchführung B – d. h. ab den Monaten März, Juni und Juli des Jahres 2003 – zu laufen beginne, bevor die Kommission von der italienischen Regierung die Zahlung dieser Abgaben verlangen könne. Da diese Frist nicht vor Juli 2008 abgelaufen gewesen sei, habe bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, also Ende Dezember 2007, keine Pflichtverletzung der Italienischen Republik vorgelegen.
59 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Italienische Republik durch ihre Weigerung, der Kommission Eigenmittel der Union aus zwischen 1997 und 2002 vorgenommenen Einfuhren zur Verfügung zu stellen, für die die festgestellten Abgaben von diesem Mitgliedstaat in den Monaten März, Juni und Juli 2003 in die Buchführung B aufgenommen wurden, gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat, während die Verordnung Nr. 2028/2004 erst am 28. November 2004 in Kraft getreten ist.
60 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anhängigen Rechtsstreitigkeiten anwendbar sind, anders als materiell‑rechtliche Vorschriften, die gewöhnlich so ausgelegt werden, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nicht gelten (vgl. insbesondere Urteile vom 12. November 1981, Meridionale Industria Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, Slg. 1981, 2735, Randnr. 9, und vom 1. Juli 2004, Tsapalos und Diamantakis, C‑361/02 und C‑362/02, Slg. 2004, I‑6405, Randnr. 19).
61 Mit Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung wird ein neues Verfahren eingeführt, das die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten ermächtigt, entweder bestimmte den festgestellten Ansprüchen entsprechende Beträge für uneinbringlich zu erklären oder die festgestellten Abgabenbeträge nach spätestens fünf Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Feststellung als uneinbringlich anzusehen. Diese Beträge werden aus der Buchführung B endgültig herausgenommen, und die Mitgliedstaaten sind vorbehaltlich des Einspruchs der Kommission gegen die von den Mitgliedstaaten angeführten Gründe höherer Gewalt oder andere, nicht von ihnen zu vertretende Gründe nicht verpflichtet, der Kommission diese Beträge zur Verfügung zu stellen.
62 Mit der Änderung von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 wollte der Unionsgesetzgeber ein neues Verfahren schaffen, um den Unzulänglichkeiten des alten Systems der doppelten Buchführung abzuhelfen, indem vorgesehen wird, dass bestimmte den festgestellten Ansprüchen entsprechende Beträge, die nicht eingezogen werden konnten, nicht mehr in der Buchführung B enthalten sind, ohne dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, sie der Kommission zur Verfügung zu stellen.
63 Dieses Ziel geht insbesondere aus dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2028/2004 hervor, wonach das „1989 eingeführte System der doppelten Buchführung … zur Unterscheidung zwischen den bereits eingezogenen und den noch ausstehenden Ansprüchen eingeführt worden [war]. Dieses System hat seinen Zweck jedoch bezüglich des Mechanismus für die Gutschrift der in der … Buchführung [B] ausgewiesenen Haushaltsposten nur zum Teil erfüllt. So sind sowohl der Europäische Rechnungshof als auch die Kommission bei ihren Kontrollen wiederholt auf Unregelmäßigkeiten in der Buchführung [B] gestoßen, die eine wirklichkeitsgetreue Ausweisung der Sachlage im Bereich der Einziehungen verhindern. Die Buchführung [B] sollte um die Beträge bereinigt werden, die aller Voraussicht nach vor Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr eingezogen werden können und die daher den Gesamtsaldo verfälschen …“
64 Da es sich um Verfahrensbestimmungen handelt, sind sie gemäß der in Randnr. 60 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung auf den vorliegenden Rechtsstreit anzuwenden.
65 Es ist jedoch zu beachten, dass die Möglichkeit der Befreiung der Mitgliedstaaten von ihrer Verpflichtung, der Kommission die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, nicht nur die Einhaltung der in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung aufgestellten Voraussetzungen erfordert, sondern auch, dass diese Ansprüche ordnungsgemäß in die Buchführung B aufgenommen worden sind.
66 In Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 heißt es nämlich, dass die Mitgliedstaaten bei der Haushaltsverwaltung oder bei der von ihnen bestimmten Einrichtung über die Eigenmittel Buch führen müssen. Nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. a und b müssen die Mitgliedstaaten die nach Art. 2 der Verordnung festgestellten Ansprüche spätestens am ersten Werktag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch festgestellt wurde, in die Buchführung A aufnehmen; in der Buchführung B können innerhalb derselben Frist festgestellte Ansprüche ausgewiesen werden, die „noch nicht eingezogen wurden“ und für die „eine Sicherheit nicht geleistet worden ist“, sowie festgestellte Ansprüche, „für die eine Sicherheit geleistet worden ist [und die] angefochten werden und durch Regelung des betreffenden Streitfalls Veränderungen unterworfen sein können“ (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 74).
67 Ferner muss zur Bereitstellung der Eigenmittel nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 jeder Mitgliedstaat die Eigenmittel nach Maßgabe des Art. 10 der Verordnung dem Konto gutschreiben, das zu diesem Zweck für die Kommission eingerichtet wurde. Nach Art. 10 Abs. 1 erfolgt die Gutschrift der Eigenmittel nach Abzug der Erhebungskosten spätestens am ersten Werktag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch nach Art. 2 der Verordnung festgestellt wurde, mit Ausnahme der nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung in der Buchführung B ausgewiesenen Ansprüche, bei denen die Gutschrift spätestens am ersten Werktag nach dem 19. des zweiten Monats erfolgt, der auf den Monat folgt, in dem die den Ansprüchen entsprechenden Beträge „eingezogen wurden“ (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 75).
68 Die Aufnahme der Eigenmittel in die Buchführung B stellt somit eine Ausnahmesituation dar, die dadurch gekennzeichnet ist, dass es den Mitgliedstaaten entweder möglich ist, diese Ansprüche der Kommission nach ihrer Feststellung nicht zur Verfügung zu stellen, weil sie im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 noch nicht eingezogen wurden, oder dass sie aufgrund von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung hierzu nicht verpflichtet sind, wenn sich diese Ansprüche als aus Gründen höherer Gewalt oder aus anderen, nicht von ihnen zu vertretenden Gründen als uneinbringlich erweisen.
69 Unter diesen Umständen kann den Mitgliedstaaten eine solche Ausnahmesituation nur dann zugutekommen, wenn sie die festgestellten Ansprüche unter Beachtung des Unionsrechts in die Buchführung B aufgenommen haben.
70 Im vorliegenden Fall beruht das Unterbleiben der Feststellung und der Einziehung der Ansprüche der Union aus Abgaben auf die Einfuhren, die Fonderie von 1997 bis 2002 getätigt hat, auf dem Verhalten der italienischen Zollbeamten, das, wie der Gerichtshof in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils festgestellt hat, der Italienischen Republik zuzurechnen ist.
71 Hätte dieses Verhalten den Verpflichtungen insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1150/2000 entsprochen, wären die fraglichen Eigenmittel bei der Durchführung der Einfuhrvorgänge und ihrer anschließenden Zollabfertigung festgestellt worden und hätten daher spätestens am 1. Werktag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf denjenigen folgt, in dem sie festgestellt worden sind, in die Buchführung A aufgenommen werden müssen.
72 Daher muss, wie die Generalanwältin in Nr. 77 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Italienische Republik sich zum einen für den Zeitraum von 1997 bis 2002 so behandeln lassen, als ob sie die Ansprüche festgestellt und in die Buchführung A aufgenommen hätte. Zum anderen kann sie sich nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Buchführung B berufen, denn indem sie die Ansprüche nicht festgestellt hat, hat sie selbst die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 herbeigeführt.
73 Da die italienischen Behörden die Ansprüche auf die Eigenmittel zu Unrecht in die Buchführung B aufgenommen haben, ist Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in der geänderten Fassung nicht auf sie anwendbar.
74 Somit ist das zusätzliche, von der Bundesrepublik Deutschland angeführte Verteidigungsmittel zurückzuweisen.
Zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 10 EG
75 Was den ebenfalls von der Kommission gerügten Verstoß gegen Art. 10 EG angeht, genügt der Hinweis, dass kein Verstoß gegen die allgemeinen Verpflichtungen aus diesem Artikel festzustellen ist, der sich von dem festgestellten Verstoß gegen die spezifischeren Gemeinschaftsverpflichtungen unterschiede, die die Italienische Republik gemäß Art. 8 des Beschlusses 2000/597 sowie den Art. 2, 6, 10, 11 und 17 der Verordnung Nr. 1150/2000 einzuhalten hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2007, Kommission/Dänemark, Randnr. 36).
76 Nach alledem ist festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 8 des Beschlusses 2000/597 sowie den Art. 2, 6, 10, 11 und 17 der Verordnung Nr. 1150/2000 verstoßen hat, dass sie sich geweigert hat, der Kommission die Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die der Zollschuld entsprechen, die sich aus der Erteilung rechtswidriger Bewilligungen für die Einrichtung und den Betrieb von Zolllagern des Typs C in Taranto durch die Direzione Compartimentale delle Dogane per le Regioni Puglia e Basilicata mit Sitz in Bari ab dem 27. Februar 1997, gefolgt von anschließenden Bewilligungen für die Umwandlung unter Zollaufsicht und für den aktiven Veredelungsverkehr bis zu deren Widerruf am 4. Dezember 2002, ergibt.
Kosten
77 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Italienischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Art. 69 § 4 der Verfahrensordnung trägt die Bundesrepublik Deutschland ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 8 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften sowie den Art. 2, 6, 10, 11 und 17 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften verstoßen, dass sie sich geweigert hat, der Kommission die Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die der Zollschuld entsprechen, die sich aus der Erteilung rechtswidriger Bewilligungen für die Einrichtung und den Betrieb von Zolllagern des Typs C in Taranto durch die Direzione Compartimentale delle Dogane per le Regioni Puglia e Basilicata mit Sitz in Bari ab dem 27. Februar 1997, gefolgt von anschließenden Bewilligungen für die Umwandlung unter Zollaufsicht und für den aktiven Veredelungsverkehr bis zu deren Widerruf am 4. Dezember 2002, ergibt.
2. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
3. Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Italienisch.