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Dokument 62008CJ0485

Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 15. April 2010.
Claudia Gualtieri gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel - Abgeordneter nationaler Sachverständiger - Tagegeld - Grundsatz der Gleichbehandlung.
Rechtssache C-485/08 P.

Sammlung der Rechtsprechung 2010 I-03009

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2010:188

Rechtssache C-485/08 P

Claudia Gualtieri

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Abgeordneter nationaler Sachverständiger – Tagegeld – Grundsatz der Gleichbehandlung“

Leitsätze des Urteils

1.        Rechtsmittel – Gründe – Unzureichende oder widersprüchliche Begründung – Zulässigkeit – Umfang der Begründungspflicht

(Art. 225 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

2.        Beamte – Kostenerstattung – Abgeordnete nationale Sachverständige – Tagegeld

(Art. 3 Abs. 2 EG)

3.        Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Ermittlung des Streitgegenstands – Kurze Darstellung der Klagegründe

(Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c)

1.        Die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts widersprüchlich oder unzulänglich ist, ist eine Rechtsfrage, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann.

Im Rechtsmittelverfahren richtet sich die Kontrolle durch den Gerichtshof darauf, ob das Gericht auf alle vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist.

Die Verpflichtung des Gerichts, seine Entscheidungen zu begründen, bedeutet indessen nicht, dass es sich detailliert mit jedem von der entsprechenden Partei vorgebrachten Argument befassen müsste, insbesondere dann, wenn es nicht hinreichend klar und bestimmt ist.

(vgl. Randnrn. 39-41)

2.        Der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot verlangt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist.

Mit einer Entscheidung des Gerichts, in der das Kriterium des Familienstands als eines der ordnungsgemäßen und angemessenen Kriterien für die Bestimmung der Höhe des zu zahlenden Tagegelds gutgeheißen und der Standpunkt vertreten wird, dass eine Klägerin zur Zeit ihres Abordnungsantrags nicht gegenüber einem ledigen abgeordneten nationalen Sachverständigen diskriminiert worden sei, da ihre rechtliche Stellung als verheiratete Frau von der einer ledigen Person abweiche, werden verheiratete Personen nicht gegenüber ledigen, in einer faktischen Lebensgemeinschaft lebenden Personen diskriminiert.

Die Festlegung der Bedingungen für die Gewährung entsprechender Gelder an abgeordnete nationale Sachverständige gehört nämlich zu einer Befugnis, bei deren Ausübung die Kommission über ein Ermessen verfügt. Auch würde das Diskriminierungsverbot bzw. der Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann missachtet, wenn Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des Beschlusses der Kommission vom 30. April 2002 über die Regelung für abgeordnete nationale Sachverständige eine willkürliche oder im Hinblick auf das Ziel dieser Bestimmung offensichtlich unangemessene Differenzierung enthielte. Das Tagegeld wird insoweit von der Kommission gezahlt, um die Nachteile und Kosten auszugleichen, die der abgeordnete nationale Sachverständige aufgrund der Entfernung von seinem Wohnort zu tragen hat. Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des genannten Beschlusses beruht auf einer Vermutung, nach der ein solcher Sachverständiger geringeren Nachteilen ausgesetzt ist, wenn sein Ehepartner zur Zeit des Abordnungsantrags am Ort der Abordnung wohnt.

Faktische und rechtliche begründete Lebensgemeinschaften wie die Ehe können zwar unter bestimmten Aspekten Ähnlichkeiten aufweisen, doch müssen diese nicht zwingend zu einer Gleichstellung dieser beiden Arten von Lebensgemeinschaften führen.

Selbst wenn der Erlass einer allgemeinen abstrakten Regelung in Grenzfällen vereinzelt zu Unzuträglichkeiten führt, ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber allgemeine Kategorien bildet, solange diese nicht ihrem Wesen nach im Hinblick auf das verfolgte Ziel diskriminierend sind. Dieser Schluss gilt erst recht, wenn Grenzfälle vereinzelt Vorteile mit sich bringen.

(vgl. Randnrn. 70-73, 75, 78, 81)

3.        Das Gericht muss einen Antrag, der in einer bei ihm eingereichten Klageschrift enthalten ist, als unzulässig zurückweisen, wenn sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die er gestützt ist, nicht zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben, wobei das Fehlen solcher Angaben in der Klageschrift nicht durch deren Vortrag in der mündlichen Verhandlung geheilt werden kann.

(vgl. Randnr. 104)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

15. April 2010(*)

„Rechtsmittel – Abgeordneter nationaler Sachverständiger – Tagegeld – Grundsatz der Gleichbehandlung“

In der Rechtssache C‑485/08 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 11. November 2008,

Claudia Gualtieri, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: P. Gualtieri und M. Gualtieri, avvocati,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter E. Levits (Berichterstatter), M. Ilešič, J.‑J. Kasel und M. Safjan,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Frau Gualtieri die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 10. September 2008, Gualtieri/Kommission (T‑284/06, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht folgende von ihr gestellte Anträge abgewiesen hat:

–        die Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 5. September 2005 aufzuheben, mit der ihr der Bezug von Tagegeld in Höhe von 107,10 Euro sowie einer monatlichen Vergütung in Höhe von 321,30 Euro verweigert wurde;

–        die Entscheidung vom 30. Januar 2006 aufzuheben, mit der die Kommission ihre Beschwerde gegen die Entscheidung vom 5. September 2005 zurückgewiesen hat;

–        alle monatlichen Mitteilungen der Kommission über die Festsetzung der ihr geschuldeten Gelder aufzuheben;

–        die Kommission zu verurteilen, ihr ab dem 1. Januar 2004 die ihr geschuldeten Gelder zu zahlen, und zwar unter Berücksichtigung der Erhöhung der entsprechenden Beträge nach dem Inkrafttreten des Beschlusses C(2004) 577 der Kommission vom 27. Februar 2004 über die Abordnung nationaler Sachverständiger zur Kommission und sodann des Beschlusses C(2005) 872 vom 22. März 2005 zur Änderung dieses Beschlusses C(2004) 577;

–        hilfsweise, die Kommission zu verurteilen, ihr die ihr geschuldeten Gelder ab dem 2. Februar 2005 oder, äußerst hilfsweise, ab dem 4. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 zu zahlen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

I –  Rechtlicher Rahmen

2        Der Beschluss C(2002) 1559 der Kommission vom 30. April 2002 über die Regelung für zu den Kommissionsdienststellen abgeordnete nationale Sachverständige in der Fassung des Beschlusses C(2003) 406 vom 31. Januar 2003 (im Folgenden: ANS-Beschluss) sah in Art. 1 Abs. 1 und 2 vor:

„1.      Diese Regelung gilt für nationale Sachverständige (nachstehend ANS … genannt), die von nationalen, regionalen oder lokalen Behörden zu den Dienststellen der Kommission abgeordnet werden. …

2.      Unter diese Regelung fallende Personen bleiben während der Dauer ihrer Abordnung im Dienste ihres Arbeitgebers und werden weiter von diesem bezahlt.“

3        Art. 17 Abs. 1 des ANS-Beschlusses lautete:

„ANS haben für die Dauer ihrer Abordnung Anspruch auf ein Tagegeld. Ist der Ort der Abordnung nicht weiter als 150 km vom Wohnort entfernt, so beträgt das Tagegeld 26,78 Euro; übersteigt die Entfernung 150 km, so beträgt das Tagegeld 107,10 Euro.“

4        Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 des ANS-Beschlusses sah die Gewährung einer monatlichen Vergütung vor, deren Höhe sich nach der Entfernung zwischen dem Wohnort und dem Ort der Abordnung richtete.

5        Art. 20 des ANS-Beschlusses lautete:

„1.      Als Wohnort im Sinne dieser Regelung gilt der Ort, an dem der ANS unmittelbar vor der Abordnung seine berufliche Tätigkeit für den Arbeitgeber ausgeübt hat. Als Ort der Abordnung gilt der Ort, an dem sich die Kommissionsdienststelle befindet, der er zugewiesen worden ist. Ort der Abordnung und Wohnort sind in dem Briefwechsel gemäß Artikel 1 Absatz 5 anzugeben.

3.      Als Wohnort gilt [in folgenden Fällen] der Ort der Abordnung,

         …

b)      falls zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission die Abordnung beantragt, der Ehepartner oder ein unterhaltsberechtigtes Kind des ANS am Ort der Abordnung seinen gewöhnlichen Wohnsitz gehabt hat.

Als Wohnsitz am Ort der Abordnung gilt jeder nicht weiter als 150 km vom Ort der Abordnung entfernt gelegene Wohnsitz.“

6        Der ANS-Beschluss wurde später geändert durch die Beschlüsse der Kommission C(2004) 577 vom 27. Februar 2004, C(2005) 872 vom 22. März 2005 und C(2005) 3608 vom 21. September 2005. Er wurde aufgehoben durch den Beschluss C(2006) 2033 der Kommission vom 1. Juni 2006 über die Regelung für zu den Kommissionsdienststellen abgeordnete nationale Sachverständige.

II –  Sachverhalt

7        Der Sachverhalt wird in den Randnrn. 6 bis 13 des angefochtenen Urteils wie folgt dargelegt:

„6      Die Klägerin, Claudia Gualtieri, Richterin in Italien, arbeitete vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2005 als ANS bei der Kommission.

7      Nachdem die Kommission von der Ständigen Vertretung der Italienischen Republik bei der Europäischen Union die für die Abordnung erforderlichen Unterlagen erhalten hatte, unterrichtete sie den Ständigen Vertreter mit einem am 11. November 2003 bei diesem eingegangenen Schreiben, dass die Vorschriften des [ANS-Beschlusses] auf die Klägerin Anwendung fänden und diese somit Tagegeld in Höhe von 107,10 Euro sowie – unter den in Art. 17 dieses Beschlusses vorgesehenen Voraussetzungen – eine monatliche Vergütung in Höhe von 321,30 Euro erhalte.

8      Einige Tage nach dem Dienstantritt der Klägerin als ANS teilte die Generaldirektion ‚Personal und Verwaltung‘ der Ständigen Vertretung der Italienischen Republik mit Schreiben vom 9. Januar 2004 mit, dass die Klägerin Tagegeld nur in Höhe von 26,78 Euro statt der zuvor angekündigten 107,10 Euro erhalte, da Brüssel der Wohnort ihres Ehepartners im Sinne von Art. 20 Abs. 3 des ANS-Beschlusses sei.

9      Ab dem 2. Februar 2005 lebte die Klägerin getrennt von ihrem Mann und nahm ihren Wohnsitz unter einer neuen Adresse in Brüssel. … Die in gegenseitigem Einverständnis nach belgischem Recht errichtete Scheidungsurkunde wurde am 4. Juli 2005 beim Tribunal de première instance Brüssel eingereicht, und am 13. Januar 2006 wurde ein entsprechendes Urteil verkündet.

10      Mit am 6. Juli 2005 gestelltem Antrag begehrte die Klägerin von der Kommission unter Berufung auf die Trennung von ihrem Mann die Zahlung von Tagegeld in Höhe von 107,10 Euro und einer monatlichen Vergütung, worauf sie zumindest ab dem 2. Februar 2005 Anspruch zu haben meinte.

11      Am 5. September 2005 wies die Kommission diesen Antrag mit der Begründung zurück, dass der Wohnort der Klägerin im Sinne von Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses bei ihrem Abordnungsantrag auf Brüssel festgelegt worden sei.

12      Mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 legte die Klägerin Beschwerde nach Art. 27 des ANS-Beschlusses in der Fassung des Beschlusses C(2005) 872 [der Kommission] vom 22. März 2005 ein.

13      Mit Entscheidung vom 30. Januar 2006 kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften eingelegt worden sei, wies sie aber u. a. mit der Begründung zurück, dass ‚als Einstellungsort der Wohnort der Betroffenen zur Zeit des Antrags auf Abordnung zur Kommission festgelegt wurde und diese Entscheidung deshalb nach eventuellen Änderungen der persönlichen Umstände der Betroffenen nicht zu ändern ist‘.“

III –  Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

8        Mit Klageschrift, die am 30. April 2006 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst eingegangen ist, erhob die Rechtsmittelführerin eine Klage mit den in Randnr. 1 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Anträgen.

9        Mit Beschluss vom 9. Oktober 2000 entschied das Gericht für den öffentlichen Dienst (Erste Kammer), dass die Rechtsmittelführerin als ANS keine Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften im Sinne des Art. 236 EG sei. Demzufolge erklärte es sich in dem Rechtsstreit für ratione personae unzuständig und verwies die Rechtssache nach Art. 8 Abs. 2 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs zur Entscheidung an das Gericht.

10      Das Gericht hielt es nach einem Hinweis darauf, dass die Klage nach Ansicht der Kommission nur insoweit zulässig sei, als sie auf die Aufhebung der Entscheidung vom 30. Januar 2006 gerichtet sei und die Ablehnung der Zahlung der vollen Gelder im Sinne von Art. 17 des ANS-Beschlusses für den Zeitraum zwischen dem 17. August und dem 31. Dezember 2005 (oder zwischen dem 6. Mai und dem 31. Dezember 2005) betreffe, für sachgerecht, aus Gründen der Prozessökonomie sofort zu den materiellrechtlichen Fragen Stellung zu nehmen und die Klage dementsprechend als unbegründet abzuweisen, so dass es von einer Prüfung der die Zulässigkeit der Klage betreffenden Fragen absehen konnte.

11      Das Gericht hat zunächst den ersten Klagegrund der Rechtsmittelführerin in Bezug auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Anwendung des ANS-Beschlusses zurückgewiesen.

12      Zur Beantwortung des Vorbringens der Rechtsmittelführerin, die Kommission habe gegen Art. 141 EG verstoßen, indem sie es mit der Begründung, sie sei zur Zeit ihres Abordnungsantrags mit einer in Brüssel wohnhaften Person verheiratet gewesen, abgelehnt habe, ihr nach der Trennung den vollen Betrag der in Art. 17 des ANS-Beschlusses vorgesehenen Gelder zu zahlen, hat das Gericht in Randnr. 29 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass in dem ANS-Beschluss nicht zwischen männlichen und weiblichen ANS unterschieden werde und dass seine Anwendung keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bewirke.

13      In Randnr. 30 des angefochtenen Urteils hat das Gericht überdies dargelegt, dass die fraglichen Gelder, wie die Rechtsmittelführerin im Übrigen in der mündlichen Verhandlung selbst anerkannt habe, jedenfalls kein Entgelt darstellten.

14      In Randnr. 31 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die von der Rechtsmittelführerin erhobene Rüge eines Verstoßes gegen das Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund des Familienstands zurückgewiesen und dazu ausgeführt, dass „der Mechanismus des Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses … endgültig auf jeden – ledigen oder verheirateten – ANS Anwendung [findet]“ und dass „[d]ie Kommission … zu Recht angenommen [hat], dass die Klägerin zur Zeit ihrer Abordnung nicht gegenüber einem ledigen ANS diskriminiert wurde, da der Familienstand der Klägerin als verheiratete Frau von dem einer ledigen Person abwich“. Nach einem Hinweis darauf, dass „[d]ie Ehe … nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts grundsätzlich nicht mit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder anderen tatsächlichen Situationen vergleichbar [ist], da eines der wesentlichen Merkmale der Ehe darin besteht, dass sie besondere rechtliche Verpflichtungen begründet, die von denen nach jedem anderen Status abweichen“, hat das Gericht ferner hervorgehoben, dass „die Klägerin nach den Akten während der gesamten Dauer ihrer Abordnung verheiratet blieb, da die Scheidung erst im Januar 2006 ausgesprochen wurde“.

15      Das Gericht hat sodann den zweiten Klagegrund der Rechtsmittelführerin geprüft, nämlich die nach Art. 241 EG geltend gemachte Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses. Es hat diese Einrede zurückgewiesen und dazu in den Randnrn. 36 und 37 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerin diesen Klagegrund in ihren Schriftsätzen nur sehr abstrakt vorgebracht habe, ohne genau darzulegen, worin der von ihr geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe, und ohne dass sie diesen Klagegrund in der mündlichen Verhandlung näher ausgeführt hätte, obwohl das Gericht sie dazu aufgefordert habe.

16      Schließlich hat das Gericht den dritten Klagegrund der Rechtsmittelführerin in Bezug auf einen Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes zurückgewiesen, indem es in den Randnrn. 42 und 43 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Hinweise, die die Kommission der Rechtsmittelführerin über die Ständige Vertretung der Italienischen Republik habe zukommen lassen, bereits im Widerspruch zum Wortlaut des ANS-Beschlusses stünden und den Status der Klägerin als Frau, die zur Zeit des Abordnungsantrags mit einer am Ort der Abordnung wohnhaften Person verheiratet gewesen sei, nicht berücksichtigt hätten. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass der ANS-Beschluss den an die Rechtsmittelführerin gerichteten Schreiben beigefügt gewesen sei, und zudem befunden, dass diese als berufstätige Richterin in der Lage gewesen sei, den rechtlichen und tatsächlichen Kontext der Situation zu beurteilen.

IV –  Anträge der Beteiligten vor dem Gerichtshof

17      Mit ihrem Rechtsmittel ersucht die Rechtsmittelführerin den Gerichtshof,

–        das angefochtene Urteil ganz oder teilweise aufzuheben;

–        ihren in erster Instanz und im Rechtsmittelverfahren gestellten Anträgen ganz oder teilweise stattzugeben;

–        hilfsweise, die Rechtssache im Hinblick auf jede erforderliche Entscheidung in der Sache an das Gericht zurückzuverweisen und

–        der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen, hilfsweise, die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren in vollem Umfang gegeneinander aufzuheben.

18      Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Klägerin die Kosten des vorliegenden Rechtszugs aufzuerlegen.

V –  Zum Rechtsmittel

A –  Zum Rechtsmittel, soweit es auf die Aufhebung des angefochtenen Urteils gerichtet ist

19      Für ihren Aufhebungsantrag führt die Rechtsmittelführerin zwei Rechtsmittelgründe an, nämlich vom Gericht begangene Rechtsfehler und Begründungsmängel, die zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit bei Arbeitsleistungen geführt hätten, und eine unzureichende Begründung der Zurückweisung der Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses.

20      Mit Schreiben, das am 12. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Rechtsmittelführerin gemäß Art. 42 § 2 und Art. 118 der Verfahrensordnung beantragt, ein neues Angriffsmittel vorbringen zu dürfen.

1.     Zum Antrag auf Zulassung eines neuen Angriffsmittels

a)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

21      Die Rechtsmittelführerin macht geltend, dass die Kommission nach der Einreichung der Rechtsmittelschrift am 12. November 2008 den Beschluss C(2008) 6866 final über die Regelung für zur Kommission abgeordnete oder sich zu Zwecken der beruflichen Weiterbildung bei der Kommission aufhaltende nationale Sachverständige (im Folgenden: ANS-Beschluss von 2008) erlassen habe.

22      Dieser neue Beschluss liefere neue Anhaltspunkte zur Stützung ihrer mit ihrem Rechtsmittel vertretenen These, dass zwischen dem ANS und der Kommission ein durch ein Unterordnungsverhältnis gekennzeichnetes Arbeitsverhältnis begründet worden sei und dass die vom ANS in diesem Rahmen bezogenen Gelder Entgeltcharakter hätten. Außerdem enthalte der ANS-Beschluss von 2008 keine Bestimmung mehr dahin gehend, dass das Tagegeld verringert werde, wenn der Ehepartner oder Kinder, denen der ANS unterhaltspflichtig sei, zum Zeitpunkt des Abordnungsantrags ihren gewöhnlichen Wohnsitz am Ort der Abordnung hätten.

23      Die Kommission, die gemäß Art. 42 § 2 Abs. 2 der Verfahrensordnung um Stellungnahme zum Vorbringen der Rechtsmittelführerin ersucht worden ist, meint, dass der Antrag auf Zulassung eines neuen Angriffsmittels unzulässig sei, da der Gerichtshof das Rechtsmittel nur anhand der vom Gericht berücksichtigten Sach- und Rechtslage beurteilen könne. Außerdem hätte die Rechtsmittelführerin, wenn sie der Ansicht sei, dass der Erlass des ANS-Beschlusses von 2008 für die Beurteilung ihres Falls vor dem Gericht relevant sei, nach Art. 44 der Satzung des Gerichtshofs und den Art. 125 und 126 der Verfahrensordnung des Gerichts bei diesem einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen müssen.

24      Hilfsweise macht die Kommission geltend, Art. 42 der Verfahrensordnung sei dahin auszulegen, dass er implizit voraussetze, dass der angeführte Umstand relevant sei. Der ANS-Beschluss von 2008 könne jedoch keinerlei Auswirkungen auf die nach dem 2002 erlassenen ANS-Beschluss begründete Situation haben. Außerdem gehe die Argumentation der Klägerin sachlich fehl, da der ANS-Beschluss von 2008 die Unterscheidung zwischen ANS einerseits und Beamten und Bediensteten der Kommission andererseits in vollem Umfang aufrechterhalte.

b)     Würdigung durch den Gerichtshof

25      Art. 42 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, sieht vor, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

26      Im vorliegenden Fall geht das auf den Erlass des ANS-Beschlusses von 2008 während des Verfahrens vor dem Gerichtshof gestützte Angriffsmittel auf jeden Fall ins Leere, da die Rechtmäßigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts nach der Sach‑ und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Aktes zu beurteilen ist (vgl. Urteile vom 7. Februar 1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg. 1979, 321, Randnr. 7, vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑449/98 P, Slg. 2001, I‑3875, Randnr. 87, und vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, Slg. 2008, I‑10945, Randnrn. 110 und 111).

27      Bei dem ANS-Beschluss von 2008, der erst am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, handelt es sich nämlich nicht um eine auf den Zeitraum der Abordnung der Rechtsmittelführerin anwendbare Regelung. Daher ist dieser Beschluss kein Umstand, der für die Prüfung des Rechtsmittels gegen das angefochtene Urteil, mit dem das Gericht die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Kommission in Bezug auf diese Abordnung geprüft hat, relevant wäre.

2.     Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz

28      Der erste Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin ist in vier Teile untergliedert.

a)     Zum ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

i)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

29      Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe der Begründungspflicht nicht genügt, indem es sich nicht zur Rechtsstellung der ANS geäußert habe, obwohl diese Frage vor ihm aufgeworfen worden sei.

30      Die Rechtsmittelführerin trägt ferner vor, dass das Unterordnungsverhältnis im Arbeitsverhältnis zwischen der Kommission und dem ANS nicht in Zweifel gezogen werden könne, da die Verbindung, die der ANS zu seiner Herkunftsverwaltung unterhalte, während der Dauer der Abordnung als ausgesetzt anzusehen sei. Der ANS sei vollständig in die Organisation der Kommission integriert und übe sein Amt ausschließlich für diese aus.

31      Nach Ansicht der Kommission ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unzulässig. Zum einen impliziere die These der Rechtsmittelführerin, wonach sie als Bedienstete der Kommission hätte angesehen werden müssen, zwingend, dass die Rechtmäßigkeit des gesamten ANS-Beschlusses und insbesondere der Vorschriften, nach denen der ANS an seinen ursprünglichen Arbeitgeber gebunden bleibe, in Frage gestellt werde. Diese Vorschriften seien im erstinstanzlichen Verfahren jedoch nicht angegriffen worden. Zum anderen sei beim Gericht nicht beantragt worden, über die rechtliche Qualifizierung des beruflichen Status des ANS gegenüber der Kommission zu entscheiden.

32      Hilfsweise trägt die Kommission vor, dass der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ins Leere gehe, da nicht darüber entschieden werden müsse, ob ein ANS ein Bediensteter der Kommission sei, um zu bestimmen, ob Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses oder die Art der Anwendung dieses Artikels einen Verstoß gegen Art. 141 EG oder den allgemeinen Grundsatz der Nichtdiskriminierung darstelle.

ii)  Würdigung durch den Gerichtshof

33      In Bezug auf die erste von der Kommission erhobene Unzulässigkeitseinrede ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes einen Begründungsfehler des Gerichts insoweit geltend macht, als dieses nicht auf die Argumente eingegangen sei, die sie zur Rechtsstellung des ANS – und nicht zur Rechtmäßigkeit des ANS-Beschlusses – vorgetragen habe. Folglich ist diese Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen.

34      Soweit die Kommission zweitens die Unzulässigkeit des ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes mit der Begründung geltend macht, beim Gericht sei nicht beantragt worden, über die Rechtsstellung des ANS zu entscheiden, ist darauf hinzuweisen, dass aus der von der Rechtsmittelführerin beim Gericht eingereichten Erwiderung hervorgeht, dass die Argumente zur Rechtsstellung des ANS durchaus vor dem Gericht vorgetragen worden sind.

35      Zwar können nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

36      Es ist jedoch festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin die Argumente zur Rechtsstellung des ANS zwar erst im Stadium der Erwiderung vorgetragen hat, dass es ihr dabei allerdings um eine Entgegnung auf die in der Klagebeantwortung vertretene These der Kommission ging, wonach die fraglichen Gelder nicht als Entgelt qualifiziert werden können, da die Kommission nicht der Arbeitgeber des ANS sei. Für die Rechtsmittelführerin ging es mit anderen Worten um den Nachweis, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Beteiligten durch das Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses zwischen ihnen gekennzeichnet sei und die vom ANS bezogenen Gelder deshalb als Entgelt im Sinne von Art. 141 EG anzusehen seien.

37      Die Argumente zur Rechtsstellung des ANS können somit als eine Erweiterung des von ihr vor dem Gericht vorgetragenen Angriffsmittels eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz bei der Anwendung des ANS-Beschlusses angesehen werden. Ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt, ist jedoch nach der Rechtsprechung zulässig (vgl. u. a. Urteile vom 19. Mai 1983, Verros/Parlament, 306/81, Slg. 1983, 1755, Randnr. 9, vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Randnrn. 38 bis 40, und vom 17. Juli 2008, Campoli/Kommission, C‑71/07 P, Slg. 2008, I‑5887, Randnr. 63).

38      Folglich kann die Kommission nicht geltend machen, die Frage der rechtlichen Qualifizierung des beruflichen Status des ANS gegenüber der Kommission sei vor dem Gericht nicht behandelt worden. Ihre zweite Unzulässigkeitseinrede ist somit ebenfalls zurückzuweisen.

39      Hinsichtlich der Begründetheit ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts widersprüchlich oder unzulänglich ist, eine Rechtsfrage ist, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann (vgl. u. a. Urteile vom 11. Januar 2007, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, C‑404/04 P, Randnr. 90, und vom 9. September 2008, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, Slg. 2008, I‑6513, Randnr. 90).

40      Im Rechtsmittelverfahren richtet sich die Kontrolle durch den Gerichtshof darauf, ob das Gericht auf alle vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 128, vom 29. April 2004, British Sugar/Kommission, C‑359/01 P, Slg. 2004, I‑4933, Randnr. 47, und vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 244).

41      Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, bedeutet die Verpflichtung des Gerichts, seine Entscheidungen zu begründen, indessen nicht, dass es sich detailliert mit jedem von der entsprechenden Partei vorgebrachten Argument befassen müsste, insbesondere dann, wenn es nicht hinreichend klar und bestimmt ist (vgl. u. a. Urteile vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, Slg. 2001, I‑1611, Randnr. 121, vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C‑197/99 P, Slg. 2003, I‑8461, Randnr. 81, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, Randnr. 90, sowie FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission, Randnr. 91).

42      Im vorliegenden Fall wurde die Argumentation zur Rechtsstellung des ANS, wie in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils dargelegt, im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz, wie er in Art. 141 EG niedergelegt ist, vorgetragen.

43      Es steht fest, dass das Gericht in Randnr. 29 des angefochtenen Urteils auf das Vorbringen eines Verstoßes gegen Art. 141 EG eingegangen ist, indem es ausgeführt hat, dass in dem ANS-Beschluss nicht zwischen männlichen und weiblichen ANS unterschieden werde und dass seine Anwendung demnach keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bewirke.

44      Daher war die Frage nach der Stellung des ANS und somit der Möglichkeit, die von ihm bezogenen Gelder als Entgelt zu qualifizieren, nicht mehr entscheidungserheblich.

45      Im Übrigen hat das Gericht in Randnr. 30 des angefochtenen Urteils nur zur Ergänzung ausgeführt, dass die fraglichen Gelder überdies jedenfalls kein Entgelt darstellten.

46      Der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist demnach als unbegründet zurückzuweisen.

b)     Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

i)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

47      Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe gegen die Begründungspflicht verstoßen und einen Rechtsfehler begangen, indem es in Randnr. 30 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe: „Überdies stellen die fraglichen Gelder jedenfalls, wie die Klägerin im Übrigen in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, kein Entgelt dar.“

48      Die Rechtsmittelführerin trägt erstens vor, sie habe einen nuancierteren Standpunkt eingenommen, indem sie dargelegt habe, dass, auch wenn Art. 17 Abs. 9 des Beschlusses C(2006) 2033 vorsehe, dass die fraglichen Gelder nicht als Entgelt anzusehen seien, dennoch nicht ausgeschlossen sei, dass sie zumindest teilweise Entgeltcharakter hätten.

49      Zweitens habe das Gericht angenommen, dass die fraglichen Gelder keinen Entgeltcharakter hätten, ohne die erforderlichen vertieften Prüfungen vorzunehmen und ohne andere Rechtsvorschriften heranzuziehen, insbesondere Art. 141 Abs. 2 EG, Art. 63 Abs. 3 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften oder Art. 19 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften.

50      Die Kommission macht erstens geltend, dass die Frage hinsichtlich der Erklärungen der Rechtsmittelführerin in der mündlichen Verhandlung eine Sachfrage darstelle, die im Rahmen eines Rechtsmittels nicht in Zweifel gezogen werden könne, sofern keine Verfälschung der Tatsachen dargelegt werde. Eine solche Verfälschung sei aber weder geltend gemacht noch nachgewiesen worden, da dem Vorbringen in Bezug auf die Unvollständigkeit der in dem angefochtenen Urteil wiedergegebenen Erklärungen keine entsprechende Bedeutung beigelegt werden könne.

51      Zweitens habe die Rechtsmittelführerin in Nr. 77 ihrer Rechtsmittelschrift ausdrücklich anerkannt, die in Randnr. 30 des angefochtenen Urteils wiedergegebene Erklärung abgegeben zu haben, nämlich in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt zu haben, dass die fraglichen Gelder kein Entgelt darstellten. Die entsprechenden Argumente der Rechtsmittelführerin zeigten, dass sie dem, was sie vor dem Gericht eingeräumt habe, keine erhebliche Bedeutung beigemessen und ihre weiteren Kommentare als bloße Hypothesen vorgetragen habe.

ii)  Würdigung durch den Gerichtshof

52      Nach ständiger Rechtsprechung können Rügen, die gegen nichttragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zu deren Aufhebung führen und gehen daher ins Leere (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Randnr. 148, sowie Beschlüsse vom 23. Februar 2006, Piau/Kommission, C‑171/05 P, Randnr. 86, und vom 9. März 2007, Schneider Electric/Kommission, C‑188/06 P, Randnr. 64).

53      Wie in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils dargelegt, hat das Gericht in Randnr. 30 des angefochtenen Urteils die von der Rechtsmittelführerin angegriffene Feststellung als nichttragende Ergänzung zu den Ausführungen in Randnr. 29 des angefochtenen Urteils getroffen. Das ergibt sich auch aus der Verwendung des Begriffs „überdies“ als Eingang dieser Randnr. 30.

54      Der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes richtet sich demnach gegen einen nichttragenden Grund des angefochtenen Urteils und kann daher, auch wenn er begründet sein sollte, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen.

55      Folglich ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen.

c)     Zum dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

i)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

56      Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht zum einen vor, es habe das Vorliegen einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geprüft, obwohl sie sich nicht auf eine solche Diskriminierung berufen, sondern versucht habe, mit der Anführung aller geltenden Rechtsvorschriften das Bestehen eines allgemeinen Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts nachzuweisen, wonach gleiche Arbeit gleich vergütet werden müsse.

57      Zum anderen bewirke die vom Gericht vorgenommene Auslegung eine Diskriminierung der rechtlich begründeten Familie, da nur eheliche Verbindungen und keine faktischen Lebensgemeinschaften, wie dauerhaft sie auch sein mögen, erfasst würden.

58      Erstens genüge indessen der Ehestand nicht, um die vorgenommene Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Vielmehr müsse die tatsächliche Situation jedes Paares berücksichtigt werden, die bei verheirateten und bei tatsächlich zusammenlebenden Paaren die gleiche sei, da es in beiden Fällen eine gegenseitige und solidarische wirtschaftliche Unterstützung und einen paritätischen Beitrag zur Zahlung der Ausgaben für das gemeinsame Leben gebe.

59      Zweitens gebe es gegenwärtig in der Gesetzgebung verschiedener Mitgliedstaaten eine starke Tendenz zur Angleichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft an die Ehe. Folglich müsse die Rechtsprechung des Gerichtshofs, in der die Gleichheit von Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft nicht anerkannt werde, jedenfalls im Bereich der Arbeit im Licht der gemeinschaftsrechtlichen Normen, insbesondere des Art. 1d Abs. 1 Unterabs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der den Schutz des Familienlebens gemäß Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten auch faktischen Familien zuerkenne, überprüft werden.

60      Drittens ergebe sich der diskriminierende Charakter der Differenzierungen des Entgelts aufgrund des Familienstands daraus, dass die Kommission die fraglichen Gelder nicht herabsetze, wenn ein ANS nach seinem Dienstantritt eine in Brüssel wohnhafte Person heirate oder wenn der Ehepartner eines ANS nach dessen Abordnung seinen Wohnsitz nach Brüssel verlege.

61      Viertens schließlich versucht die Rechtsmittelführerin darzutun, dass der von der Kommission vor dem Gericht vertretene Standpunkt inkohärent sei, weil diese angegeben habe, dass der Familienstand des ANS das einzige tatsächliche und festgelegte Kriterium sei, das für die Beurteilung der Höhe der zu zahlenden Tagegelder berücksichtigt werden könne, weil es im Widerspruch zum Grundsatz der Vereinfachung stehe, konkrete Situationen einschließlich solcher nichtehelicher Lebensgemeinschaften zu prüfen, zugleich aber die – mit diesem Grundsatz der Vereinfachung nicht kohärente – Behauptung aufgestellt habe, dass die Rechtsmittelführerin sämtliche monatlichen Zahlungen hätte anfechten müssen.

62      Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht zu der Bezugnahme der Rechtsmittelführerin auf Art. 141 EG zu Recht ausgeführt, dass aus einer Analyse des ANS-Beschlusses keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hervorgehe.

63      Das Argument, Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaften seien gleichwertig, sei erstmals im Rechtsmittelverfahren vorgetragen worden und daher für unzulässig zu erklären.

64      Außerdem müsse zwar die Bedeutung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeitsleistungen selbstverständlich anerkannt werden, doch sei dieser Grundsatz im vorliegenden Fall nicht einschlägig und durch das angefochtene Urteil nicht verletzt worden. Jedenfalls hätte die Gleichstellung von Ehe und nichtehelichen Lebensgemeinschaften im Rahmen des Systems der an ANS gezahlten Gelder nur zur Folge, dass die Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses zugrunde liegende Vermutung, dass sich ein ANS geringfügigeren Nachteilen gegenübersehe, wenn er mit einer am Ort der Abordnung wohnhaften Person verheiratet sei, auch auf ANS in nichtehelichen Lebensgemeinschaften ausgedehnt werde und ihnen demnach ebenfalls weniger gezahlt werde.

65      Dass in einigen Vorschriften der Gemeinschaftsrechtsordnung Ehen und nichteheliche Lebensgemeinschaften ausdrücklich gleichgestellt seien, bewirke im Übrigen keine allgemeine Verpflichtung, eine solche Gleichstellung vorzunehmen, und zwar insbesondere deshalb, weil die Gründe für eine Gleichstellung in den entsprechenden Vorschriften, insbesondere der Schutz des Familienlebens, nicht zu den Grundlagen der in Art. 17 des ANS-Beschlusses vorgesehenen Gelder gehörten.

66      Wenn eine Regelung auf konkrete und präzise Kriterien gestützt sei, die objektiv angewandt würden, sei die Existenz von Grenzfällen hinnehmbar, da sich bedeutendere Faktoren wie die rationelle Nutzung der Ressourcen der Gemeinschaft und im vorliegenden Fall die Erleichterung des bürokratischen Aufwands für die Kommission in Bezug auf vorübergehend von den nationalen Verwaltungen abgeordnete Personen anführen ließen.

ii)  Würdigung durch den Gerichtshof

67      Was das Argument betrifft, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es das Vorliegen einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geprüft habe, genügt der Hinweis, dass die Rechtsmittelführerin, wie auch aus Nr. 22 der Rechtsmittelschrift hervorgeht, vor dem Gericht ausdrücklich einen Verstoß gegen Art. 141 EG geltend gemacht hat. Diese Bestimmung ist eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Gleichheit der Geschlechter (vgl. Urteil vom 11. September 2007, Lindorfer/Rat, C‑227/04 P, Slg. 2007, I‑6767, Randnr. 50).

68      Das Gericht hat daher zu Recht geprüft, ob die Anwendung des ANS-Beschlusses eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bewirken kann.

69      Was sodann das Argument der Rechtsmittelführerin anbelangt, die vom Gericht vorgenommene Auslegung bewirke eine Diskriminierung der rechtlich begründeten Familie gegenüber faktischen Lebensgemeinschaften, ist dieses als zulässig anzusehen. Zum einen hat sich die Rechtsmittelführerin nämlich, wie aus der Klageschrift, insbesondere ihrer Nr. 33, hervorgeht, durchaus auf die Vergleichbarkeit von rechtlich begründeten Gemeinschaften wie der Ehe mit faktischen Lebensgemeinschaften berufen, und zum anderen hat das Gericht dazu in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils ausdrücklich Stellung genommen.

70      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot verlangt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA, C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 95, vom 12. September 2006, Eman und Sevinger, C‑300/04, Slg. 2006, I‑8055, Randnr. 57, und Lindorfer/Rat, Randnr. 63).

71      Indem das Gericht in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils eine Diskriminierung der Rechtsmittelführerin, die zum Zeitpunkt der Abordnung verheiratet war, gegenüber einem ledigen ANS unter Hinweis auf ihren unterschiedlichen Familienstand verneint hat, hat es impliziert das Kriterium des Familienstands als eines der ordnungsgemäßen und angemessenen Kriterien für die Bestimmung der Höhe des zu zahlenden Tagegelds gutgeheißen.

72      Die Festlegung der Bedingungen für die Gewährung entsprechender Gelder an ANS gehört zu einer Befugnis, bei deren Ausübung die Kommission über ein Ermessen verfügt. Auch würde das Diskriminierungsverbot bzw. der Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann missachtet, wenn Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses eine willkürliche oder im Hinblick auf das Ziel dieser Bestimmung offensichtlich unangemessene Differenzierung enthielte.

73      Dazu ist darauf hinzuweisen, dass das Tagegeld entsprechend den Erläuterungen der Kommission von dieser gezahlt wird, um die Nachteile und Kosten auszugleichen, die der ANS aufgrund der Entfernung von seinem Wohnort zu tragen hat. Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses beruht auf einer Vermutung, nach der ein ANS geringeren Nachteilen ausgesetzt ist, wenn sein Ehepartner zur Zeit des Abordnungsantrags am Ort der Abordnung wohnt.

74      Die Rechtsmittelführerin stellt diese Vermutung als solche nicht in Frage, meint aber, dass der Familienstand nicht das einzige relevante und angemessene Kriterium sei, das insoweit herangezogen werden könne, und dass sich die Mitglieder einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bei ihrem Zusammenleben in derselben Situation wie verheiratete Paare befinden könnten.

75      Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass faktische und rechtliche begründete Lebensgemeinschaften wie die Ehe zwar unter bestimmten Aspekten Ähnlichkeiten aufweisen können, dass diese aber nicht zwingend zu einer Gleichstellung dieser beiden Arten von Lebensgemeinschaften führen müssen.

76      Unter diesen Umständen erweist sich die Wahl der Anknüpfung an das Kriterium des Familienstands weder als willkürlich noch als offensichtlich unangemessen im Hinblick auf das Ziel, die an ANS gezahlten Tagegelder herabzusetzen, wenn sich diese in Situationen befinden, in denen vermutet werden kann, dass sie aufgrund ihres Familienstands geringere Kosten und Nachteile zu tragen haben.

77      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin weder vor dem Gericht noch vor dem Gerichtshof speziell eine Ungleichbehandlung verheirateter Personen gegenüber Personen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, geltend gemacht oder auf eine Praxis der Kommission in dieser Hinsicht hingewiesen hat.

78      Daraus folgt, dass das Gericht verheiratete Personen nicht gegenüber ledigen, in einer faktischen Lebensgemeinschaft lebenden Personen diskriminiert hat, indem es das Kriterium des Familienstands gutgeheißen und in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Rechtsmittelführerin zur Zeit ihres Abordnungsantrags nicht gegenüber einem ledigen ANS diskriminiert worden sei, da ihre rechtliche Stellung als verheiratete Frau von der einer ledigen Person abweiche.

79      Demzufolge ist dieses Argument der Rechtsmittelführerin als unbegründet zurückzuweisen.

80      Die Berufung der Rechtsmittelführerin auf verschiedene Situationen, in denen das Tagegeld bei späteren Änderungen der Situation eines ANS nicht herabgesetzt werde, kann diese Beurteilung nicht in Frage stellen.

81      Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber, selbst wenn der Erlass einer allgemeinen abstrakten Regelung in Grenzfällen vereinzelt zu Unzuträglichkeiten führt, allgemeine Kategorien bildet, solange diese nicht ihrem Wesen nach im Hinblick auf das verfolgte Ziel diskriminierend sind (Urteil vom 16. Oktober 1980, Hochstrass/Gerichtshof, 147/79, Slg. 1980, 3005, Randnr. 14). Dieser Schluss gilt erst recht, wenn Grenzfälle vereinzelt Vorteile mit sich bringen.

82      Die Bezugnahme der Rechtsmittelführerin auf Vorschriften des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist insoweit nicht relevant.

83      Zum einen hat der Gerichtshof bereits darauf hingewiesen, dass ANS, die zeitweise bei der Kommission beschäftigt sind, nicht dem Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften unterliegen (vgl. auch Urteil vom 24. Januar 2008, Adam/Kommission, C‑211/06 P, Randnr. 52).

84      Zum anderen hat die Rechtsmittelführerin nicht dargelegt, inwieweit die vom Gericht vorgenommene Auslegung gegen den Grundsatz des Schutzes des Familienlebens, wie er in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert wird, verstoße.

85      Die Argumente schließlich, mit denen die Rechtsmittelführerin den von der Kommission vor dem Gericht vertretenen Standpunkt angreift, sind unzulässig. Nach Art. 225 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs ist das Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts nämlich auf Rechtsfragen beschränkt und muss auf die Unzuständigkeit des Gerichts, auf einen Verfahrensfehler, durch den die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden, oder auf eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch das Gericht gestützt werden (vgl. u. a. Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Mai 2001, FNAB u. a./Rat, C‑345/00 P, Slg. 2001, I‑3811, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Indem die Rechtsmittelführerin den von der Kommission vor dem Gericht vertretenen Standpunkt angreift, zielt sie jedoch nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. u. a. Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 35).

87      Der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig zurückzuweisen.

d)     Zum vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

i)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

88      Mit dem hilfsweise vorgetragenen vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils lediglich hervorgehoben, dass sie nach den Akten während der gesamten Dauer ihrer Abordnung verheiratet geblieben sei, obwohl sie beantragt habe, dass ihr die fraglichen Gelder ab dem 2. Februar 2005, dem Zeitpunkt der tatsächlichen Trennung, oder hilfsweise ab dem 4. Juli 2005, dem Tag der Einreichung der Scheidungsurkunde, in voller Höhe gezahlt würden. Das angefochtene Urteil enthalte somit einen Begründungsmangel, da es den vom Gericht verfolgten logischen und rechtlichen Gedankengang nicht klar erkennen lasse.

89      Außerdem finde die Notwendigkeit, für die Bestimmung der Höhe der geschuldeten Gelder auf die Situation des ANS zur Zeit des Abordnungsantrags abzustellen, ohne eventuelle spätere Änderungen zu berücksichtigen, im Wortlaut der anwendbaren Bestimmungen keine Bestätigung.

90      Die Rechtsmittelführerin trägt vor, dass der Standpunkt der Kommission widersprüchlich sei, da ihre Aufforderung gegenüber der Rechtsmittelführerin, gegen alle monatlichen Zahlungen Klage zu erheben, dem Grundsatz der Vereinfachung zuwiderlaufe und deshalb völlig inkohärent sei. Ferner werde der Standpunkt der Kommission in Bezug auf die Verweigerung einer kontinuierlichen Kontrolle des Status der ANS durch den von ihr zugestandenen Umstand geschwächt, dass Fälle, in denen eine Überprüfung geboten sei, selten seien.

91      Die Kommission entgegnet, dass der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zum Teil unzulässig und jedenfalls unbegründet sei.

92      Erstens sei keinerlei zusätzliche Begründung in Bezug auf eine Tatsache erforderlich, die gänzlich unbestreitbar sei, nämlich die, dass sich die rechtliche Situation der Rechtsmittelführerin während der Zeit der Abordnung nicht geändert habe, wobei diese Tatsache ohnehin nur dazu diene, den Gedankengang des Gerichts zu stützen, wonach die Rechtsmittelführerin nicht gegenüber einem ledigen ANS diskriminiert gewesen sein könne, da sie verheiratet sei und die rechtliche Stellung einer verheirateten Frau sich von der einer ledigen Person unterscheide.

93      Zweitens ziele die Rechtsmittelführerin mit ihrer Berufung auf einen im vorliegenden Fall nicht gegebenen Begründungsmangel in Wirklichkeit auf eine bloße Überprüfung der bereits im ersten Rechtszug vorgetragenen und zurückgewiesenen Argumente zur Notwendigkeit, Änderungen der persönlichen Situation des ANS während der Zeit seiner Abordnung zu berücksichtigen, durch den Gerichtshof ab.

94      Drittens schreibe Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses jedenfalls vor, dass die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzung für die Herabsetzung der Tagegelder zum Zeitpunkt des Antrags auf Abordnung zur Kommission zu erfolgen habe.

ii)  Würdigung durch den Gerichtshof

95      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses für die Bestimmung des Wohnorts des ANS auf dessen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Abordnungsantrags abzustellen ist.

96      Das Argument der Rechtsmittelführerin, wonach der Standpunkt des Gerichts, der Mechanismus des Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses finde endgültig auf jeden ANS Anwendung und der Zeitpunkt des Abordnungsantrags stelle den relevanten Zeitpunkt für die Beurteilung des Wohnorts dar, im Wortlaut des ANS-Beschlusses keine Grundlage findet, wird somit bereits durch den Wortlaut des genannten Art. 20 Abs. 3 Buchst. b widerlegt.

97      Zweitens sind auch die Rügen hinsichtlich eines Verstoßes des Gerichts gegen die Begründungspflicht zurückzuweisen. Das Gericht hat nämlich zu Recht festgestellt, dass die Beurteilung der Situation des ANS endgültig zum Zeitpunkt des Abordnungsantrags vorgenommen wird, und mit dieser Feststellung wurde rechtlich hinreichend auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geantwortet, ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Trennung oder dem der Einreichung der Scheidungsurkunde seien ihr die Tagegelder in voller Höhe zu zahlen. Diese Änderungen der rechtlichen Stellung der Rechtsmittelführerin konnten demnach nicht relevant sein.

98      Im Übrigen hat das Gericht nur zur Ergänzung ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerin während der gesamten Dauer ihrer Abordnung verheiratet geblieben sei. Wie in Randnr. 52 des vorliegenden Urteils dargelegt, können Rügen, die gegen nichttragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zu deren Aufhebung führen und gehen daher ins Leere.

99      Was drittens die Argumente der Rechtsmittelführerin zum Nachweis einer Inkohärenz des Standpunkts der Kommission betrifft, genügt die Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin eine bloße erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage begehrt, was nach der in den Randnrn. 85 und 86 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels fällt.

100    Daraus folgt, dass der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig zurückzuweisen ist.

3.     Zum zweiten Rechtsmittelgrund: rechtsfehlerhafte Zurückweisung der Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses durch das Gericht

a)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

101    Die Rechtsmittelführerin meint, dass das Gericht, als es die nach Art. 241 EG in Bezug auf Art. 20 Abs. 3 Buchst. b des ANS-Beschlusses erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit als unzulässig zurückgewiesen habe, einen Begründungsfehler begangen habe, da die Rechtsmittelführerin die für ihren Antrag geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gründe ausführlich und unmittelbar verständlich dargelegt habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht habe sie angegeben, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit zu den bereits dargelegten Gründen hinzutrete, die die Rüge der Ungleichbehandlung stützten. Daraus ergebe sich klar, dass die Bezugnahme auf Art. 241 EG darauf abgezielt habe, auch im Fall einer verspätet erhobenen Klage eine Entscheidung über die aufgeworfenen Fragen zu erreichen.

102    Die Kommission macht geltend, die Zurückweisung der Einrede der Rechtswidrigkeit in den Randnrn. 35 bis 37 des angefochtenen Urteils sei ordnungsgemäß begründet.

b)     Würdigung durch den Gerichtshof

103    Nach der Überschrift des zweiten Rechtsmittelgrundes, so wie er in den Schriftsätzen der Rechtsmittelführerin dargelegt wird, wirft sie dem Gericht vor, bei der Zurückweisung der Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 241 EG der Begründungspflicht nicht genügt zu haben. Aus den Nrn. 123 bis 125 der Rechtsmittelschrift geht indessen hervor, dass die Rechtsmittelführerin in Wirklichkeit die Begründetheit dieser Zurückweisung angreift. Die Rechtsmittelführerin meint, dass ihre Klage entgegen der Entscheidung des Gerichts den in Randnr. 35 des angefochtenen Urteils angeführten Zulässigkeitsregeln entsprochen habe.

104    Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass das Gericht einen Antrag, der in einer bei ihm eingereichten Klageschrift enthalten ist, als unzulässig zurückweisen muss, wenn sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die er gestützt ist, nicht zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben, wobei das Fehlen solcher Angaben in der Klageschrift nicht durch deren Vortrag in der mündlichen Verhandlung geheilt werden kann (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006, Rossi/HABM, C‑214/05 P, Slg. 2006, I‑7057, Randnr. 37).

105    Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Randnr. 36 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin den auf die Einrede der Rechtswidrigkeit gestützten Klagegrund in ihren Schriftsätzen nur sehr abstrakt vorgebracht habe, ohne genau anzugeben, worin der von ihr geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe.

106    Vor dem Gerichtshof hat die Rechtsmittelführerin kein Argument vorgetragen, um darzutun, dass die beim Gericht eingereichte Klageschrift entgegen den Ausführungen des Gerichts genaue tatsächliche und rechtliche Umstände zur Untermauerung der geltend gemachten Einrede der Rechtswidrigkeit enthalten habe, wobei der Vortrag in der mündlichen Verhandlung dahin gehend, dass die dem ersten Klagegrund zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände auch die Einrede der Rechtswidrigkeit stützten, entsprechend der in Randnr. 104 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung insoweit nicht relevant ist.

107    Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, so dass der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

B –  Zu dem Rechtsmittel, soweit es die Verurteilung zur Tragung der Kosten betrifft

1.     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

108    Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin hat das Gericht einen Rechtsfehler und einen Begründungsfehler begangen, indem es ihr die Kosten der Kommission auferlegt habe. Zum einen sei nämlich die allgemeine Vorschrift des Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen, da ein ANS als Bediensteter der Kommission anzusehen sei, und zum anderen habe das Gericht, obwohl diese Frage ausdrücklich aufgeworfen worden sei, nicht die Gründe angeführt, aus denen die Rechtsstellung des ANS nicht mit der der Beamten und Bediensteten identisch oder vergleichbar sein solle.

109    Außerdem stellten die Neuheit und die rechtliche Komplexität der aufgeworfenen Fragen sowie das durchgängige Verhalten der Kommission außergewöhnliche Gründe dar, die das Gericht nach Art. 87 § 3 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung dazu hätten veranlassen müssen, der Kommission ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

110    Die Kommission macht geltend, dass der Rechtsstreit, da die Rechtsmittelführerin ein ANS sei, dessen Stellung sich klar von der der Beamten und Bediensteten der Kommission unterscheide, Art. 230 EG unterfalle und dass demnach die Vorschriften über die Kosten in Rechtssachen betreffend Beamte und Bedienstete der Kommission keine Anwendung fänden. Außerdem sei in dem Rechtsstreit kein außergewöhnlicher Grund erkennbar gewesen, der das Gericht hätte veranlassen müssen, die Kosten zu teilen oder gegeneinander aufzuheben.

2.     Würdigung durch den Gerichtshof

111    Nach Art. 58 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs ist „[e]in Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung … unzulässig“. Nach ständiger Rechtsprechung sind zudem Anträge, mit denen die Fehlerhaftigkeit der Kostenentscheidung des Gerichts geltend gemacht wird, gemäß dieser Bestimmung als unzulässig zurückzuweisen, wenn alle anderen Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind (vgl. u. a. Urteile vom 14. September 1995, Henrichs/Kommission, C‑396/93 P, Slg. 1995, I‑2611, Randnrn. 65 und 66, vom 12. Juli 2001, Kommission und Frankreich/TF1, C‑302/99 P und C‑308/99 P, Slg. 2001, I‑5603, Randnr. 31, und vom 26. Mai 2005, Tralli/EZB, C‑301/02 P, Slg. 2005, I‑4071, Randnr. 88).

112    Da alle anderen Rechtsmittelgründe der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen worden sind, ist dieser letzte Rechtsmittelgrund betreffend die Aufteilung der Kosten demnach für unzulässig zu erklären.

VI –  Kosten

113    Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Frau Gualtieri unterlegen ist, ist sie entsprechend dem Antrag der Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      FrauGualtieri trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Italienisch.

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