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Dokument 62008CC0033

Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 18. Februar 2009.
Agrana Zucker GmbH gegen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Unwelt und Wasserwirtschaft.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Verwaltungsgerichtshof - Österreich.
Zucker - Befristete Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie - Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 - Berechnung des befristeten Umstrukturierungsbetrags - Berücksichtigung des Teils der Quote, der einer präventiven Marktrücknahme unterliegt - Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung.
Rechtssache C-33/08.

Sammlung der Rechtsprechung 2009 I-05035

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2009:99

Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

I – Einleitung

1. Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren wird der Gerichtshof mit zwei Vorlagefragen vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: vorlegendes Gericht) zur Auslegung und gegebenenfalls Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik(2) befasst.

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Agrana Zucker GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (im Folgenden: Beschwerdegegner) betreffend die Wirksamkeit eines auf der Grundlage von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 erlassenen Bescheids, mit dem Letzterer die Beschwerdeführerin zur Zahlung der ersten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2006/07 verpflichtet hat.

3. Das vorlegende Gericht möchte mit seiner ersten Vorlagefrage im Wesentlichen wissen, ob die Höhe des zu zahlenden Umstrukturierungsbetrags von der gesamten zugeteilten Quote zu berechnen ist oder ob die Berechnung allein auf der Grundlage der tatsächlich zur Verfügung stehenden Quote nach Abzug der infolge der präventiven Marktrücknahme vom Markt genommenen Menge vorzunehmen ist. Die zweite Vorlagefrage zielt dagegen auf eine Prüfung der Vereinbarkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht ab.

II – Normativer Rahmen

4. Im Rahmen der Reform der gemeinsamen Marktorganisation (GMO) für Zucker hat der Rat am 20. Februar 2006 sowohl die Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker(3) als auch die Verordnung Nr. 320/2006 erlassen. Gemäß Art. 44 der Verordnung Nr. 318/2006 sind von der Kommission Übergangsmaßnahmen erlassen worden.

Die Verordnung Nr. 318/2006

5. Zu den neuen, mit der Verordnung Nr. 318/2006 eingeführten Instrumenten der Marktverwaltung gehört die Marktrücknahme von Zucker gemäß Art. 19 dieser Verordnung, der u. a. Folgendes bestimmt:

„(1) Um das strukturelle Gleichgewicht des Marktes zu einem Preisniveau zu erhalten, das sich dem Referenzpreis annähert, kann unter Berücksichtigung der Verpflichtungen der Gemeinschaft, die sich aus Abkommen ergeben, die gemäß Artikel 300 des Vertrags geschlossen wurden, ein für alle Mitgliedstaaten einheitlicher Prozentsatz von Quotenzucker … bis zum Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres aus dem Markt genommen werden.

(2) Der Rücknahmeprozentsatz gemäß Absatz 1 wird spätestens am 31. Oktober des betreffenden Wirtschaftsjahrs auf der Grundlage der in dem Wirtschaftsjahr erwarteten Markttendenzen festgesetzt.

(3) Jedes über eine Quote verfügende Unternehmen lagert die Zuckermengen, die der Anwendung des Prozentsatzes gemäß Absatz 1 auf seine Quotenerzeugung für das betreffende Wirtschaftsjahr entsprechen, während der Rücknahmezeit auf eigene Rechnung ein.

Zuckermengen gelten als die ersten im Rahmen der Quote erzeugten Mengen für das folgende Wirtschaftsjahr. Unter Berücksichtigung der erwarteten Zuckermarkttendenzen kann jedoch nach dem in Artikel 39 Absatz 2 genannten Verfahren beschlossen werden, die Gesamtheit oder einen Teil der aus dem Markt genommenen [Zuckermengen] als:

– Überschusszucker … zu betrachten, der bzw. die verfügbar ist, um zu Industriezucker … zu werden,

oder

– vorübergehende Quotenerzeugung zu betrachten, die unter Wahrung der Verpflichtungen, die sich aus Abkommen ergeben, die gemäß Artikel 300 des Vertrags geschlossen wurden, teilweise zur Ausfuhr vorbehalten werden kann.

…“

Die Verordnung Nr. 320/2006

6. Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 regelt die Erhebung des befristeten Umstrukturierungsbetrags. Diese Bestimmung sieht im Einzelnen Folgendes vor:

„(1) Unternehmen, denen eine Quote zugeteilt worden ist, zahlen jedes Wirtschaftsjahr je Tonne der Quote einen befristeten Umstrukturierungsbetrag.

Auf Quoten, die ein Unternehmen in einem bestimmten Wirtschaftsjahr gemäß Artikel 3 Absatz 1 aufgegeben hat, wird in diesem Wirtschaftsjahr und in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren kein befristeter Umstrukturierungsbetrag erhoben.

(2) Der befristete Umstrukturierungsbetrag für Zucker und Inulinsirup wird wie folgt festgelegt:

– 126,40 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2006/2007,

– 173,80 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2007/2008,

– 113,30 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2008/2009.

Der befristete Umstrukturierungsbetrag je Wirtschaftsjahr für Isoglucose wird auf 50 % der in Unterabsatz 1 festgelegten Beträge festgesetzt.

(3) Die Mitgliedstaaten haften gegenüber der Gemeinschaft für den in ihrem Hoheitsgebiet zu erhebenden befristeten Umstrukturierungsbetrag.

Die Mitgliedstaaten zahlen den Umstrukturierungsbetrag in zwei Tranchen in den Umstrukturierungsfonds ein:

– 60 % spätestens bis zum 31. März des betreffenden Wirtschaftsjahres

und

– 40 % spätestens bis zum 30. November des nachfolgenden Wirtschaftsjahres.

(5) Die Mitgliedstaaten teilen alle gemäß Absatz 3 zu zahlenden befristeten Umstrukturierungsbeträge nach Maßgabe der in dem betreffenden Wirtschaftsjahr zugewiesenen Quoten auf die Unternehmen in ihrem Hoheitsgebiet auf.

Die Unternehmen zahlen die befristeten Umstrukturierungsbeträge in zwei Tranchen:

– 60 % spätestens bis Ende Februar des betreffenden Wirtschaftsjahres,

– 40 % spätestens bis zum 31. Oktober des nachfolgenden Wirtschaftsjahres“.

Die Verordnung (EG) Nr. 493/2006

7. Zu den Übergangsmaßnahmen, die die Verordnung (EG) Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 mit Übergangsmaßnahmen für die Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1265/2001 und (EG) Nr. 314/2002(4) vorsieht, um den Übergang von der bestehenden zur neuen Regelung sicherzustellen, gehört die „präventive Marktrücknahme“.

8. Diesbezüglich sieht die sechste Begründungserwägung Folgendes vor:

„Um das Marktgleichgewicht in der Gemeinschaft zu verbessern, ohne dass im Wirtschaftsjahr 2006/07 neue Zuckerbestände entstehen, ist eine Übergangsmaßnahme zur Verringerung der im Rahmen der Quoten für das genannte Wirtschaftsjahr beihilfefähigen Erzeugung vorzusehen. Es ist eine Schwelle festzusetzen, ab der die Quotenerzeugung jedes Unternehmens als aus dem Markt genommen im Sinne von Artikel 19 der Verordnung Nr. 318/2006 oder – auf Antrag des Unternehmens – als Nichtquotenerzeugung im Sinne von Artikel 12 der genannten Verordnung betrachtet wird. Wegen des Übergangs von der bisherigen auf die neue Regelung sind für die Festsetzung dieser Schwelle die in Artikel 10 der Verordnung Nr. 1260/2001 und die in Artikel 19 der Verordnung Nr. 318/2006 vorgesehenen Methoden zu gleichen Teilen zu kombinieren; außerdem ist den besonderen Anstrengungen Rechnung zu tragen, die von mehreren Mitgliedstaaten im Rahmen des Umstrukturierungsfonds unternommen wurden, der mit der Verordnung Nr. 320/2006 … eingerichtet wurde.“

9. Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 legt die Übergangsbestimmungen betreffend die präventive Marktrücknahme wie folgt fest:

„Bei jedem Unternehmen gilt der Teil der [Zuckererzeugung] des Wirtschaftsjahrs 2006/07, der im Rahmen der Quoten gemäß Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 erzeugt wird und die nach Absatz 2 festgesetzte Schwelle übersteigt, als im Sinne von Artikel 19 der genannten Verordnung aus dem Markt genommen, oder er wird, auf vor dem 31. Januar 2007 zu stellenden Antrag des betreffenden Unternehmens, ganz oder teilweise als nicht quotengebundene Erzeugung im Sinne von Artikel 12 der genannten Verordnung betrachtet.

Die in Absatz 1 genannte Schwelle wird für jedes Unternehmen festgesetzt durch Multiplikation der dem Unternehmen nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 zugeteilten Quote mit der Summe der folgenden Koeffizienten:

a) dem in Anhang I der vorliegenden Verordnung für den betreffenden Mitgliedstaat festgesetzten Koeffizienten;

b) dem Koeffizienten, der bestimmt wird durch Division der Summe aller Quoten, auf die in dem betreffenden Mitgliedstaat für das Wirtschaftsjahr 2006/07 gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 verzichtet wird, durch die Summe der Quoten, die in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 für diesen Mitgliedstaat festgesetzt sind. Die Kommission setzt diesen Koeffizienten spätestens am 15. Oktober 2006 fest.

Übersteigt die Summe der Koeffizienten jedoch 1,0000, so entspricht die Schwelle der in Absatz 1 genannten Quote.“

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

10. Der Beschwerdegegner erkannte mit Bescheid vom 26. Juni 2006 über die Zuteilung der Quote für die Erzeugung von Zucker in den Wirtschaftsjahren 2006/07 bis einschließlich 2014/2015 und mit Bescheid vom 18. Dezember 2006 über die Zuteilung der zusätzlichen Zuckerquote der Beschwerdeführerin eine Zuckerquote von insgesamt 405 812,4 t (387 326,4 t Zuckerquote zuzüglich 18 486,0 t zusätzlicher Zuckerquote) zu. Mit Bescheid vom 28. Juni 2006 setzte der Beschwerdegegner in Anwendung von Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 für die Erzeugung von Quotenzucker im Wirtschaftsjahr 2006/07 eine Produktionsschwelle fest. Durch diese präventive Marktrücknahme verringerte sich die Quote der Beschwerdeführerin um 57 246,84 t.

11. Mit Bescheid des Vorstands für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die vom Beschwerdegegner als Förderungsabwicklungsstelle eingesetzt worden ist, im Folgenden: AMA) vom 16. Januar 2007 wurde der Beschwerdeführerin die Zahlung der ersten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2006/07, der auf der Grundlage der ursprünglichen Quote berechnet worden war, in Höhe von 30 776 812,42 Euro vorgeschrieben.

12. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Mit Bescheid vom 16. April 2007, über dessen Rechtmäßigkeit das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren zu befinden hat, wies der Beschwerdegegner die Berufung als unbegründet ab.

13. Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Frage strittig ist, ob der Umstrukturierungsbetrag gemäß Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 von der gesamten zugeteilten Quote zu berechnen ist, wie dies der Beschwerdegegner getan hat, oder ob die der Berechnung zugrunde zu legende Quote im Hinblick auf die Produktionsschwelle und die damit verbundene präventive Marktrücknahme zu vermindern sei. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin wäre der Umstrukturierungsbetrag nur auf einer Grundlage von 348 565,56 t (d. h. auf der Grundlage der tatsächlichen Menge des Quotenzuckers) und nicht auf der Grundlage von 405 812,4 t (d. h. auf der Grundlage der ursprünglich zugeteilten, später verminderten Quote) zu berechnen, zumal sie die Differenzmenge nicht auf dem Markt als Quotenzucker habe verkaufen können.

14. Dem Vorlagebeschluss ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin der Auffassung ist, dass eine Miteinbeziehung der Differenzmenge, die aufgrund der Quotenkürzung gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 im Wirtschaftsjahr 2006/07 nicht zur Verfügung stehe, in die Bemessungsgrundlage des im Wirtschaftsjahr 2006/07 zu leistenden Umstrukturierungsbetrags gemeinschaftsrechtlich unzulässig sei, weil sie gegen das primärrechtliche Verhältnismäßigkeitsgebot und das Diskriminierungsverbot des Art. 34 Abs. 2 EG verstoße.

15. Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens nicht zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG befugt war, sie sich somit im Ausgangsverfahren auf die Rechtswidrigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts berufen kann.

16. In diesem Rahmen hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 dahin gehend auszulegen, dass auch eine Zuckerquote, die infolge einer präventiven Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 nicht ausgenützt werden kann, Teil der Bemessung des befristeten Umstrukturierungsbetrags zu sein hat?

2. Für den Fall der Bejahung der Frage 1:

Ist Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 mit Primärrecht, insbesondere mit dem aus Art. 34 EG abzuleitenden Diskriminierungsverbot und dem Vertrauensschutz, vereinbar?

IV – Verfahren vor dem Gerichts hof

17. Der Vorlagebeschluss mit Datum vom 19. November 2007 ist am 28. Januar 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

18. Schriftliche Erklärungen haben der Rat, die Regierung der Republik Litauen sowie die Kommission innerhalb der in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten Frist eingereicht.

19. Der Gerichtshof hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen eine schriftliche Frage an die Kommission gerichtet, die diese beantwortet hat.

20. Da keiner der Beteiligten die Eröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt hat, konnten nach der Generalversammlung des Gerichtshofs am 4. November 2008 die Schlussanträge in dieser Rechtssache ausgearbeitet werden.

V – Wesentliche Argumente der Parteien

21. Sowohl der Rat als auch die Kommission vertreten die Auffassung, dass Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dahin ausgelegt werden müsse, dass auch die Zuckerquote, die infolge einer präventiven Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 nicht effektiv ausgenutzt werden könne, Teil der Bemessung des befristeten Umstrukturierungsbetrags zu sein habe.

22. Die litauische Regierung vertritt eine gegenteilige Auslegung. Danach sei das Wort „Quote“ in Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dahin gehend auszulegen, dass es sich dabei um die Quote handele, die den Unternehmen im fraglichen Wirtschaftsjahr tatsächlich zur Verfügung stehe, d. h. die Quote, die sich nach der präventiven Marktrücknahme ergebe.

23. Der Rat macht im Einzelnen geltend, dass allein die von ihm vorgeschlagene Auslegung von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dem Wortlaut und dem Zweck dieser Bestimmung Rechnung trage. Aus ihr gehe deutlich hervor, dass der Umstrukturierungsbetrag je Tonne der einem Unternehmen zugeteilten Quote erhoben werden solle, wobei lediglich die Unternehmen von der vollständigen oder Teilzahlung des Umstrukturierungsbetrags ausgenommen werden sollten, die ihre Quote bzw. die Produktion definitiv aufgegeben hätten. Die so erhobenen Beträge dienten als zweckgebundene Einnahmen der Finanzierung der Umstrukturierungsbeihilfen und gewährleisteten eine Haushaltsstabilität und ‑neutralität im Sinne des Gemeinschaftsgesetzgebers.

24. Bezüglich der Frage der Gültigkeit dieser Bestimmung bemerkt der Rat, dass die Marktrücknahme ein legitimes Ziel der Reform der GMO für Zucker verfolge, nämlich das strukturelle Gleichgewicht auf einem Preisniveau in der Nähe des Referenzpreises zu erhalten. Ähnlich verhalte es sich mit Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006, dessen Regelung der präventiven Marktrücknahme als Übergangsmaßnahme erlassen worden sei, um das Marktgleichgewicht in der Gemeinschaft zu verbessern, ohne dass im Wirtschaftsjahr 2006/07 neue Zuckerbestände entstünden. Zudem sei der negative Effekt der Marktrücknahme für ein Unternehmen marginal im Vergleich zu ihrem positiven globalen Effekt auf den Zuckermarkt in der Gemeinschaft. Dadurch, dass es keine Überproduktion gebe, könne das globale Preisniveau in der Nähe des Referenzpreises gehalten werden, wovon alle auf dem Markt verbleibenden Unternehmen zum Schluss profitierten.

25. Der Rat bestreitet einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, wobei er darauf hinweist, dass alle Unternehmen den Umstrukturierungsbetrag auf der Bemessungsgrundlage der ihnen zugeteilten Quoten zu entrichten hätten. Die Quotenverteilung und nachfolgende Verwaltung durch die Mitgliedstaaten sowie die nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 angewandten Koeffizienten seien darauf ausgerichtet, die Überproduktion in jedem Mitgliedstaat gleichermaßen zu senken, um das Produktionsgleichgewicht in der ganzen Gemeinschaft zu erreichen. Es handele sich bei der Situation von zwei Unternehmen, die in zwei Mitgliedstaaten ansässig seien, um unterschiedliche Sachverhalte, die nicht gleich behandelt werden könnten. Jedenfalls sei eine unterschiedliche Behandlung durch den Sinn und Zweck der Koeffizientenregelung objektiv gerechtfertigt.

26. Die Kommission trägt im Hinblick auf die Auslegung von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 im Wesentlichen dieselben Argumente wie der Rat vor.

27. Im Zusammenhang mit der Frage der Gültigkeit dieser Bestimmung stellt die Kommission zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin und das vorlegende Gericht keinerlei Zweifel an der Zulässigkeit der mit der Zuckerreform des Jahres 2006 verfolgten Ziele geäußert hätten. Des Weiteren äußert sie die Ansicht, dass es sachgerecht und zweckmäßig sei, dass vom Umstrukturierungsbetrag solche Zuckermengen nicht ausgeschlossen würden, die anderen Marktmechanismen, insbesondere dem der Marktrücknahme, zufolge zwar nicht im betroffenen Wirtschaftsjahr im Rahmen der Quotenregelung verkauft werden könnten, die aber nicht definitiv vom Markt genommen würden.

28. Erstens könne die Finanzierung der Beihilfen zum Zweck der Umstrukturierung nur sichergestellt werden, wenn eine im Voraus planbare Berechnungsgrundlage zur Verfügung stehe. Zweitens könnten die Quotenaufgabe nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 und die Marktrücknahme nach Art. 19 der Verordnung Nr. 318/2006 nicht gleichgestellt werden. Bei Ersterer handele es sich um eine längerfristige Maßnahme der strukturellen Marktbereinigung, bei Letzterer um eine kurzfristige Preisstützungsregelung, die nicht zur Umstrukturierung des Zuckermarkts beitrage. Drittens seien die wirtschaftlichen Folgen der Einbeziehung der von der Marktrücknahme betroffenen Zuckermengen in die Berechnungsgrundlage für den befristeten Umstrukturierungsbetrag beschränkt. Dazu komme, dass Unternehmen wie die Beschwerdeführerin die Möglichkeit gehabt hätten, die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen der Marktrücknahme des Wirtschaftsjahrs 2006/07 gering zu halten oder überhaupt zu vermeiden. So habe die Kommission die Zuckerrüben- und Zuckererzeuger bereits am 3. Februar 2006 durch eine Mitteilung im Amtsblatt (5) darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der voraussichtlichen Lage auf dem Gemeinschaftsmarkt für Zucker von der ihr vom Rat übertragenen Möglichkeit der Marktrücknahme als Übergangsregelung Gebrauch machen könnte. Die Verordnung Nr. 493/2006, mit der die Kommission die Marktrücknahme für das Wirtschaftsjahr 2006/07 vorgeschrieben habe, sei sodann im März 2006 veröffentlicht worden. Als einziger Zuckerhersteller in Österreich habe die Beschwerdeführerin die Möglichkeit gehabt, ihre Produktion für das betroffene Wirtschaftsjahr zu reduzieren, um die Übertragung der zurückgenommenen Zuckermengen oder den Absatz derselben außerhalb der Zuckerquoten zu verhindern.

29. Was den Vorwurf des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot angeht, erklärt die Kommission, dass die Argumentation der Beschwerdeführerin sich auf den in Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 493/2006 vorgesehenen Berechnungskoeffizienten beziehe, während die Vorlagefrage ausschließlich Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 zum Gegenstand habe. Abgesehen davon, dass diese auf der Übergangsermächtigung fußende Anwendung der Marktrücknahme im Wirtschaftsjahr 2006/07 nicht als solche Gegenstand der Vorlage sei, ist die Kommission der Auffassung, dass die unterschiedliche Auswirkung der Regelung keine Ungleichbehandlung darstelle bzw. jedenfalls objektiv gerechtfertigt werden könne. Die Berücksichtigung der Quotenaufgabe auf der Ebene der Mitgliedstaaten sei darin zu suchen, dass im Zuckersektor bis zum Auslaufen des Quotensystems mit dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 die Zuckerquoten den Mitgliedstaaten zugewiesen und anschließend von den Mitgliedstaaten auf die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen aufgeteilt würden. Das Ziel der Restrukturierung des Zuckermarkts sei dem Gemeinschaftsgesetzgeber in der Übergangszeit somit am besten dadurch erreichbar erschienen, dass die definitive Quotenaufgabe auch in einem mitgliedstaatlichen Kontext organisiert würde.

30. Die litauische Regierung erklärt, dass Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 nicht klar definiere, welche zugeteilte Quote – d. h. die ursprünglich zugeteilte oder die nach der präventiven Marktrücknahme zugeteilte Quote – gemeint sei. Ferner ist sie der Ansicht, dass aus Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 nicht geschlossen werden könne, dass die Unternehmen, die keine Quote aufgegeben hätten, Abgaben entrichten müssten, die auf der Grundlage der gesamten ursprünglich zugeteilten Quote bemessen würden.

31. Des Weiteren trägt sie vor, dass die zurückgenommenen Zuckermengen nicht als Quotenmenge verkauft werden könnten und dass die Möglichkeiten nach Art. 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 318/2006 es keineswegs erlaubten, die Menge, um die die Quote durch die präventive Marktrücknahme vermindert worden sei, mit einer Zuckerquote gleichzusetzen.

32. Wenn Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dahin gehend ausgelegt würde, dass für die Bemessung des befristeten Umstrukturierungsbetrags eine Zuckerquote in die Bemessungsgrundlage aufzunehmen wäre, die infolge einer präventiven Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 nicht ausgenützt werden könnte, würde dieses System zur Bemessung des Umstrukturierungsbetrags zu einer ungerechtfertigt hohen finanziellen Belastung und folglich zu einer unbegründeten Abgabenbelastung der Unternehmen führen. Bezugnehmend auf das Urteil vom 8. Mai 2008, Zuckerfabrik Jülich u. a.(6), weist die litauische Regierung darauf hin, dass trotz des weiten Ermessens, über das die Gemeinschaftsorgane auf dem Gebiet der Landwirtschaft verfügten, die Erzeuger nicht über das Maß hinaus belastet werden dürften, das zur Erreichung des mit der Abgabe verfolgten Ziels erforderlich sei.

33. Eine solche Auslegung hätte zudem eine Ungleichbehandlung zur Folge, zumal die präventive Maßnahme unter Anwendung unterschiedlicher Koeffizienten auf die Mitgliedstaaten erfolge, die Kürzung der Quoten für die in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen geringer ausfallen könne als für die in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, und zwar unabhängig von ihrem Verhalten. Daraus ergäben sich eine Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt sowie eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Unternehmen, die sich nicht vom Markt zurückgezogen hätten.

VI – Rechtliche Würdigung

A – Einleitende Ausführungen

34. Mit den Verordnungen Nr. 318/2006 und Nr. 320/2006 des Rates und der Verordnung Nr. 493/2006 der Kommission hat der Gemeinschaftsgesetzgeber eine einschneidende Reform der europäischen Zuckermarktordnung eingeleitet. Mit der Neuregelung, die am 1. Juli 2006 in Kraft getreten ist, ist ein seit nahezu 40 Jahren weitgehend unverändertes System(7) in die generelle Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)(8) einbezogen worden.

35. Sie ist darauf gerichtet, die langfristigen Zukunftsperspektiven der Zuckererzeugung in der Europäischen Union zu sichern, deren Wettbewerbsfähigkeit und Marktorientierung zu fördern und die Position der Europäischen Union in der laufenden Welthandelsrunde zu stärken. Kernpunkte der Reform sind eine Kürzung des garantierten Mindestpreises für Zucker, Ausgleichszahlungen an die Landwirte und ein Umstrukturierungsfonds als Anreiz für wettbewerbsschwächere Zuckerhersteller, aus der Produktion auszuscheiden. Finanziert wird die Umstrukturierungsregelung, indem auf alle Quoten für Süßmittel ein spezifischer Umstrukturierungsbetrag erhoben wird.

36. Im Mittelpunkt der vorliegenden Rechtssache steht die rechtliche Prüfung der Modalitäten für die Berechnung des Umstrukturierungsbetrags, deren Rechtmäßigkeit die Beschwerdeführerin als Beitragspflichtige in Frage stellt. Das Vorabentscheidungsersuchen ist dahin gehend zu verstehen, dass die erste Vorlagefrage auf eine Auslegung von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 als gemeinschaftsrechtliche Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen mitgliedstaatlichen Bescheids, die zweite Vorlagefrage wiederum auf eine Prüfung der Gültigkeit dieser Bestimmung abzielt.

B – Zur ersten Frage

37. Im Hinblick auf die erste Vorlagefrage ist vorweg daran zu erinnern, dass der Wortlaut einer Bestimmung nach den hergebrachten Auslegungsgrundsätzen stets Ausgangspunkt und zugleich Grenze jeder Auslegung ist(9) . Zu den weiteren Auslegungsmethoden, deren sich der Rechtsanwender nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu bedienen hat, um den Regelungsgehalt einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts zu ermitteln, gehören die systematische, die teleologische und die historische Auslegung.

38. Aus Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 geht zunächst hervor, dass „Unternehmen, denen eine Quote zugeteilt worden ist“, jedes Wirtschaftsjahr „je Tonne der Quote“ einen befristeten Umstrukturierungsbetrag zu zahlen haben. Diese Bestimmung spricht ausdrücklich nicht von dem Teil der Quote, für den der Erzeuger tatsächlich Zucker produziert hat, wovon die Beschwerdeführerin offenbar ausgeht, sondern von der gesamten, dem jeweiligen Unternehmen zugeteilten Quote(10) . Darauf weisen die Kommission und der Rat zu Recht hin. Diese Bestimmung knüpft die Verpflichtung zur Zahlung des befristeten Umstrukturierungsbetrags somit ausschließlich an die Zuteilung einer Quote im jeweiligen Wirtschaftsjahr, ohne Differenzierungen irgendwelcher Art vorzunehmen oder nach dem Schicksal der tatsächlich produzierten Zuckermenge zu fragen. Demnach sind nach dieser Auslegung nachträgliche Änderungen der Quote für die Berechnung des befristeten Umstrukturierungsbetrags unerheblich.

39. Die einzige Ausnahmeregelung in Unterabs. 2 derselben Bestimmung, der eine Befreiung von der Entrichtung eines befristeten Umstrukturierungsbetrags vorsieht, betrifft ausdrücklich nur jene Quoten, „die ein Unternehmen in einem bestimmten Wirtschaftsjahr gemäß Art. 3 Abs. 1 aufgegeben hat“. Gemeint ist damit die endgültige Aufgabe der Quote oder von Teilen davon nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006, die aber die Marktrücknahme nach Art. 19 der Verordnung Nr. 318/2006 weder vom Wortlaut her erfasst noch mit ihr gleichgesetzt werden kann.

40. Vergleicht man nämlich die Mechanismen der Quotenaufgabe und der Marktrücknahme miteinander, so wird ersichtlich, dass sie sich sowohl in ihrer Funktionsweise als auch in ihrem Zweck grundlegend voneinander unterscheiden. Während Erstere die endgültige Aufgabe der Quote einschließlich des Abbaus bzw. der Stilllegung der Produktionsanlagen zum Inhalt hat, impliziert Letztere nur die vorübergehende Rücknahme der betroffenen Zuckermenge vom Markt, die Einlagerung oder den Absatz derselben außerhalb der Quoten. Dieser Unterschied in der Funktionsweise geht auf den unterschiedlichen Regelungszweck der jeweils maßgeblichen Bestimmungen zurück.

41. Die sozial- und umweltverträgliche Quotenaufgabe weniger wettbewerbsfähiger Zuckerproduzenten stellt eines der Mittel der mit der Verordnung Nr. 320/2006 bezweckten Umstrukturierung der Zuckerindustrie dar. Aus dem ersten und dem fünften Erwägungsgrund dieser Verordnung geht hervor, dass die Zahlung einer angemessenen Umstrukturierungsbeihilfe Zuckerunternehmen mit der geringsten Produktivität einen wirksamen wirtschaftlichen Anreiz zur Einstellung der Quotenzuckererzeugung und zum Verzicht auf die betreffenden Quoten bieten soll. Diese Beihilfe soll nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers zweierlei ermöglichen, zum einen die Erzeugung so weit zu reduzieren, dass in der Gemeinschaft ein Marktgleichgewicht erreicht wird, und zum anderen einen deutlichen Abbau von unrentablen Erzeugungskapazitäten. Aus diesem Grund werden diese Beträge im vierten Erwägungsgrund dieser Verordnung als „zweckgebundene Einnahmen“, die sich von den im Rahmen der GMO für Zucker üblichen Abgaben unterscheiden, bezeichnet.

42. Die Umstrukturierung der Zuckerindustrie dient dazu, langfristige politische Ziele der Gemeinschaft zu erreichen, die ausweislich der ersten Begründungserwägung zur Verordnung Nr. 320/2006 darin bestehen, die Gemeinschaftsregelung für die Zuckererzeugung und den Zuckerhandel mit den internationalen Erfordernissen in Einklang zu bringen(11) und die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Sektors sicherzustellen.

43. Bei der Marktrücknahme handelt es sich dagegen um ein Instrument der Preisstützung, das laut Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 318/2006 und ihrem 22. Erwägungsgrund bezweckt, das strukturelle Gleichgewicht auf einem Preisniveau in der Nähe des Referenzpreises zu erhalten. Ähnlich verhält es sich mit Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006, dessen Regelung der präventiven Marktrücknahme nach dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung als Übergangsmaßnahme erlassen worden ist, um das Marktgleichgewicht in der Gemeinschaft zu verbessern, ohne dass im Wirtschaftsjahr 2006/07 neue Zuckerbestände entstehen.

44. Somit ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 so auszulegen ist, dass auch eine Zuckerquote, die infolge einer präventiven Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 nicht ausgenützt werden kann, Teil der Bemessung des befristeten Umstrukturier ungsbetrags zu sein hat.

C – Zur zweiten Frage

45. In einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b EG, das auf die Prüfung der Gültigkeit einer Norm des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts gerichtet ist, legt das nationale Gericht mit seiner Vorlagefrage grundsätzlich den Prüfungsumfang des Gerichtshofs fest(12) .

46. Wie eingangs erwähnt, zielt die zweite Vorlagefrage wörtlich auf eine Prüfung der Vereinbarkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 mit höherrangigem Recht, genauer gesagt mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem sich aus Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 2 EG abzuleitenden Diskriminierungsverbot ab. Gleichwohl ist festzustellen, dass die im Vorlagebeschluss enthaltenen Ausführungen, einschließlich der von der Beschwerdeführerin im Rahmen des Ausgangsverfahrens vorgebrachten Rügen(13) sich gänzlich auf das Gebot der Verhältnismäßigkeit und das Verbot der Diskriminierung beziehen.

47. Bei verständiger Würdigung des Vorabentscheidungsersuchens ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht eigentlich eine Prüfung der Vereinbarkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 mit den beiden letztgenannten Grundsätzen begehrt. Aus diesem Grund schlage ich eine Umformulierung der zweiten Vorlagefrage in diesem Sinne vor.

1. Vermeintlicher Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot

a) Das Ermessen des Gemeinschaftsgesetzgebers im Rahmen der GAP

48. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört und u. a. im Bereich der GAP durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs mehrfach bestätigt worden ist, dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen(14) .

49. Allerdings hat der Gerichtshof zugleich festgestellt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich der GAP über ein weites Ermessen verfügt, das seiner politischen Verantwortung, die ihm die Art. 34 EG bis 37 EG übertragen, entspricht. Denn bei der Durchführung der GAP, u. a. im Zuckerbereich, werden ihm die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte sowie Entscheidungen wirtschaftlicher, politischer und sozialer Natur abverlangt(15) . Dementsprechend hat der Gerichtshof erklärt, dass die richterliche Kontrolle sich auf die Prüfung der Frage zu beschränken hat, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob das betreffende Organ die Grenzen seines Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat(16) .

50. Nach Auffassung des Gerichtshofs folgt für die gerichtliche Kontrolle der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus diesem weiten Ermessensspielraum, dass die Rechtmäßigkeit einer im Bereich der GAP erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein kann, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist(17) . Es geht somit nicht darum, ob die vom Gesetzgeber erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme war, sondern darum, ob sie offensichtlich ungeeignet war(18) .

51. Wie Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen vom 14. Juni 2007 in der Rechtssache Zuckerfabrik Jülich(19) jedoch zu Recht erklärt hat, kann diese Rechtsprechung allerdings nicht dahin gehend verstanden werden, als habe der Gerichtshof dem Gemeinschaftsgesetzgeber einen Freibrief erteilen wollen. Der Gerichtshof hat die richterliche Kontrolle der Ausübung des weiten Ermessens durch die Gemeinschaftsorgane keineswegs ausgeschlossen. Soll diese Kontrolle irgendeine Bedeutung haben, so muss der Gerichtshof in bestimmten Fällen einschreiten können, etwa dann, wenn die Erzeuger durch überhöhte Abgaben unverhältnismäßig belastet werden.

52. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller dem Gerichtshof vorgetragenen Umstände die Verpflichtung der Produzenten zur Zahlung des Umstrukturierungsbetrags nach Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 zur Erreichung der angestrebten Ziele geeignet und ob darin eine unverhältnismäßige Belastung der Produzenten zu erkennen ist.

b) Ermittlung des Prüfungsumfangs

53. Ohne die Zweifel an der Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 im Einzelnen darzulegen, verweist das vorlegende Gericht in seinem Vorlagebeschluss auf die Argumentation der Beschwerdeführerin zum vermeintlichen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Diese bringt im Wesentlichen vor, dass der über die Produktionsschwelle hinaus produzierte Zucker jedenfalls nicht als Quotenzucker verkauft werden könne. Dadurch, dass der Umstrukturierungsbetrag für die gesamte Quote, also ohne Berücksichtigung der durch die präventive Marktrücknahme dem Markt entzogenen Quote, berechnet werde, sinke der tatsächliche Nettoreferenzpreis unter 505,50 Euro auf Produzentenebene und müsse mit dem Verkauf einer geringeren Quotenmenge erreicht werden. Weiterhin gelte die entzogene Quote als erste Quote des nächsten Wirtschaftsjahrs 2007/2008 und werde somit wiederum für die Bemessung des Umstrukturierungsbetrags herangezogen. Als letztes Argument bringt die Klägerin vor, entgegen dem in der vierten Begründungserwägung verankerten Ziel der Regelung, Vorteile für die Unternehmen zu bringen, die zur Zahlung der Umstrukturierungsbeträge verpflichtet seien, bewirke sie im Gegenteil, dass den Unternehmen mit verkürzten Quoten die Zahlung des Umstrukturierungsbetrags niemals zugutekomme.

54. Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin und das vorlegende Gericht nicht die Legitimität der Ziele, die mit der Reform der GMO für Zucker aus dem Jahr 2006 verfolgt werden, in Frage stellen. Auch nicht in Frage gestellt wird die Geeignetheit des vom Gemeinschaftsgesetzgeber verfolgten finanziellen Anreizmechanismus, mit Hilfe dessen unrentable Zuckererzeuger angehalten werden sollen, Quoten endgültig aufzugeben. Ebenso wenig hinterfragt wird, dass die Umstrukturierungsregelung von den im Markt verbleibenden und damit von der Umstrukturierung letztendlich begünstigten Unternehmen finanziert werden soll.

55. Dessen ungeachtet erscheint es aus hiesiger Sicht sachgerecht und zweckmäßig, wenn der Umstrukturierungsbetrag ausschließlich von jenen Unternehmen geleistet wird, die willens und fähig sind, sich unter Wettbewerbsbedingungen weiterhin an der Zuckerproduktion zu beteiligen, zumal sie im Ergebnis vom Rückzug weniger produktiver Wettbewerber und von der damit einhergehenden Marktbereinigung profitieren. Ebenso sachgerecht und zweckmäßig ist es, wenn leistungsschwächere Unternehmen, die bereit sind, sich unter Aufgabe ihrer Quote bzw. Verzicht auf diese endgültig aus der Zuckerproduktion zurückzuziehen, von dieser Beitragspflicht befreit werden und stattdessen eine angemessene Umstrukturierungsbeihilfe erhalten. Insofern eignet sich die Zuweisung einer Quote nach Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 als Anknüpfungspunkt für die Begründung der Beitragspflicht.

56. Die Hauptfrage, die sich allerdings in der vorliegenden Rechtssache stellt, ist, ob es im Hinblick auf das Umstrukturierungsziel als unverhältnismäßig angesehen werden kann, dass vom Umstrukturierungsbetrag solche Zuckermengen nicht ausgeschlossen werden, die anderen Mechanismen, insbesondere dem der Marktrücknahme, zufolge nicht im betroffenen Wirtschaftsjahr im Rahmen der Quotenregelung verkauft werden können.

c) Würdigung der vorgetragenen Argumente

i) Notwendigkeit einer im Voraus planbaren Berechnungsgrundlage

57. Der Rat und die Kommission verweisen in erster Linie auf die Notwendigkeit einer im Voraus planbaren Berechnungsgrundlage, um die Selbstfinanzierung des Umstrukturierungssystems zu gewährleisten. Das Ziel der befristeten Umstrukturierungsregelung, sämtliche Anträge auf Beihilfen zu bewilligen, dürfe nicht durch ein Element der Unsicherheit, wie etwa das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel aus dem Umstrukturierungsfonds, untergraben werden. Wären nicht alle zugeteilten Quoten, sondern nur die tatsächlich im Rahmen der Quote produzierten Zuckermengen oder eben auch die der Marktrücknahme unterliegenden Zuckermengen in diese Berechnungsgrundlage einzubeziehen, so könnte dieses Ziel nicht erreicht werden und einzelne Anträge müssten gegebenenfalls zurückgewiesen werden.

58. Ergänzend weist die Kommission darauf hin, dass sich der Umstand, dass der Umstrukturierungsbetrag sich auf die abstrakt zugeteilten und nicht auf die tatsächlich produzierten Quoten beziehe, aus der Überlegung ergebe, dass auch die Umstrukturierungsbeihilfen, die den Unternehmen für die endgültige Aufgabe ihrer Quoten gewährt würden, unabhängig davon geleistet würden, dass diese Unternehmen Teile dieser Quoten in einem Wirtschaftsjahr aufgrund einer Marktrücknahme gar nicht hätten ausschöpfen können.

59. Meines Erachtens stellen die vorgetragenen haushaltspolitischen Erwägungen sowie der Verweis auf die Notwendigkeit einer Selbstfinanzierung des Umstrukturierungssystems hinreichend schlüssige Argumente zugunsten einer Berechnung des Umstrukturierungsbetrags auf der Grundlage der abstrakt zugeteilten Quote dar. Diese Vorgehensweise sichert zum einen die Stabilität der Einnahmen des Umstrukturierungsfonds, zum anderen aber auch das finanzielle Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und Ausgaben, was nicht nur einen zentralen Grundsatz des Haushaltsrechts der Gemeinschaft darstellt, sondern darüber hinaus unentbehrlich ist(20), wenn man bedenkt, dass die Umstrukturierungsbeihilfen, auf die grundsätzlich jeder Produzent Anspruch hat, ebenfalls auf der Grundlage der abstrakt zugeteilten Quoten berechnet werden. Will man ein einseitiges Ansteigen der Kosten bei gleichzeitig unzureichender Finanzierung des Umstrukturierungsfonds verhindern, so ist es konsequent, einheitliche Berechnungskriterien für den Umstrukturierungsbetrag und die Umstrukturierungsbeihilfen festzulegen.

60. Des Weiteren hat die Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofs hin durch Einreichung ihres Schreibens vom 11. Dezember 2008, dem eine Aufstellung der geschätzten sowie der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des Umstrukturierungsfonds beigefügt ist, den Nachweis dafür erbracht, dass die Selbstfinanzierung des Umstrukturierungssystems gesichert ist, wobei die vorgesehenen bzw. tatsächlich erzielten Einnahmen die Ausgaben nicht übermäßig übersteigen(21) .

ii) Vorläufiger Charakter der Marktrücknahme

61. Ferner weisen der Rat und die Kommission auf die Unterschiede zwischen der Marktrücknahme als kurzfristiger Preisstützungsregelung und der Quotenaufgabe als längerfristiger Maßnahme der strukturellen Marktbereinigung hin. Wie sie zutreffend darlegen, hat eine Marktrücknahme keineswegs den endgültigen Verlust der Quote zur Folge(22) . Zwar trifft es zu, dass ein Unternehmen die der Marktrücknahme unterliegenden Zuckermengen im betroffenen Wirtschaftsjahr nicht im Rahmen der Quotenregelung verkaufen kann. Dennoch bleibt ihm dieser Teil der Quote erhalten. Ihm steht deshalb frei, diesen Teil der Quote entweder auf dem Weltmarkt zu verkaufen(23) oder auf das darauf folgende Wirtschaftsjahr zu übertragen. In letzterem Fall kann die Quote im Rahmen der Quotenregelung wieder ausgeschöpft werden, weil die konkrete Menge Zucker, die im ersten Wirtschaftsjahr zurückgenommen wurde, als erste Erzeugung des darauffolgenden Wirtschaftsjahrs gilt. Dies folgt ausdrücklich aus Art. 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 318/2006.

62. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, wie sie im Vorlagebeschluss(24) wiedergegeben ist, entsteht hierdurch keine zusätzliche Belastung für die Zuckerproduzenten infolge der Beitragspflicht aus Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006, da der Mechanismus der Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 laut den Erläuterungen der Kommission nicht etwa dazu führt, dass dieselbe Quote in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren mit der Abgabe belastet wird. Vielmehr wird jedes Wirtschaftsjahr isoliert betrachtet, wobei in jedem Wirtschaftsjahr die volle zugewiesene Quote dem befristeten Umstrukturierungsbetrag unterworfen wird. Dabei ist es unerheblich, dass es sich bei der konkreten Menge Zucker um im ersten oder im darauffolgenden Wirtschaftsjahr produzierten Zucker handelt.

iii) Übersehbare wirtschaftliche Folgen für die betroffenen Produzenten

63. Des Weiteren legen der Rat und die Kommission dar, dass sich die eventuellen negativen wirtschaftlichen Folgen der Einbeziehung der von der Marktrücknahme betroffenen Zuckermengen in die Berechnungsgrundlage für den befristeten Umstrukturierungsbetrag in Grenzen halten, jedenfalls aber durch die Vorteile einer Marktrücknahme ausgeglichen werden.

64. Zwar ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass der infolge der Marktrücknahme über der Produktionsschwelle produzierte Zucker, der erst im darauffolgenden Wirtschaftsjahr als Quotenzucker verkauft werden kann, nicht immer den Referenzpreis wird erzielen können. Allerdings weist der Rat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nachdem der Interventionspreis durch die Reform der GMO für Zucker aus dem Jahr 2006 abgeschafft worden sei, die Verordnung Nr. 318/2006 den Verkauf zu einem Referenzpreis nicht mehr garantiere. Zudem heißt es in Art. 18 Abs. 2 dieser Verordnung, dass sich der Interventionspreis für Quotenzucker auf 80 % und nicht etwa auf 100 % des Referenzpreises beläuft.

65. Ein Produzent wird sich daher nicht darauf verlassen können, stets den Referenzpreis zu erzielen. Letztendlich hängt der Zuckerverkauf aber von vielen wirtschaftlichen Faktoren ab. In erster Linie orientiert sich der tatsächliche Marktpreis nämlich an Angebot und Nachfrage, so dass ein Produzent für die der Marktrücknahme unterliegenden Zuckermengen unter Umständen auch einen höheren Preis als den Referenzpreis wird erzielen können.

66. Ferner ist dem Vorbringen des Rates und der Kommission zuzustimmen, wonach eine Marktrücknahme sich letztendlich zum Vorteil der Produzenten auswirkt. Der Mechanismus der Marktrücknahme zielt, wie bereits ausgeführt(25), darauf ab, den Zuckerpreis auf einem Niveau zu halten, das sich dem Referenzpreis annähert, also auf einem Niveau, das über demjenigen der Intervention liegt. Dadurch werden eventuelle, aus der Marktrücknahme unmittelbar entstehende Verluste mittelbar durch einen allgemeinen Anstieg des Quotenzuckerpreises, der gerade durch diese Maßnahme herbeigeführt werden kann, jedenfalls ausgeglichen.

67. Als unhaltbar zurückzuweisen ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Marktrücknahme betreffe in erster Linie wettbewerbsstarke Erzeuger. Richtig ist vielmehr, dass die Marktrücknahme alle Unternehmen betrifft, denen Quoten zugeteilt worden sind. Dieser Anknüpfungspunkt ist als solcher jedoch neutral, da er nicht nach der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen differenziert. Daher unterliegen alle Unternehmen denselben Wettbewerbsbedingungen, unabhängig von ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit. Folglich entbehrt der Vorwurf der diskriminierenden Benachteiligung und der Wettbewerbsverzerrung jeder Grundlage.

68. Dessen ungeachtet sind Unternehmen wie die Beschwerdeführerin nicht von der Beachtung einer allgemeinen Sorgfaltspflicht(26) im eigenen Interesse befreit, die ihnen insbesondere die Verpflichtung auferlegt, nachteilige wirtschaftliche Folgen, die sich eventuell aus einer Marktrücknahme ergeben, so weit wie möglich abzuwenden. Dazu gehört die Ergreifung aller erforderlichen Maßnahmen, einschließlich einer entsprechenden Anpassung der Produktion, sobald sich aufgrund von Mitteilungen der Kommission eine Marktrücknahme abzeichnet. So hatte die Kommission am 3. Februar 2006 durch eine Mitteilung im Amtsblatt (27) darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der voraussichtlichen Lage auf dem Gemeinschaftsmarkt für Zucker im Wirtschaftsjahr 2006/07 von der ihr vom Rat übertragenen Möglichkeit der Marktrücknahme als Übergangsregelung Gebrauch machen könnte. Die Verordnung Nr. 493/2006, mit der die Kommission die Marktrücknahme für dieses Wirtschaftsjahr angeordnet hat, ist im März 2006 veröffentlicht worden. Folglich hätte die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt, ihre Produktion für das fragliche Wirtschaftsjahr(28) auf die entsprechende Menge zu reduzieren, um eine Übertragung der zurückgenommenen Zuckermengen oder den Absatz derselben außerhalb der Zuckerquoten zu verhindern.

d) Ergebnis

69. Aus alledem ergibt sich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Festlegung der Modalitäten für die Berechnung des Umstrukturierungsbetrags alle wesentlichen Aspekte, einschließlich der Vor- und Nachteile für die Unternehmen, berücksichtigt hat.

70. Die Verwendung der abstrakt zugewiesenen Quote nach Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 als Grundlage für die Berechnung des Umstrukturierungsbetrags ist im Hinblick auf das Ziel der Umstrukturierung der Zuckerindustrie und in Anbetracht des dem Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich der GAP eingeräumten weiten Ermessens weder offensichtlich ungeeignet, noch stellt sie eine unverhältnismäßige Belastung der Produzenten dar.

2. Vermeintlicher Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

a) Ermittlung des Prüfungsumfangs

71. Nach ständiger Rechtsprechung untersagt das in Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 2 EG niedergelegte Verbot der Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Gemeinschaft, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre(29) . Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisationen, namentlich deren Interventionsmechanismen, dürfen daher nur aufgrund objektiver Kriterien, die eine ausgewogene Verteilung der Vor- und Nachteile auf die Betroffenen gewährleisten, nach Regionen und sonstigen Produktions- oder Verbrauchsbedingungen differenzieren, ohne nach dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu unterscheiden(30) .

72. Da es außerdem um die gerichtliche Kontrolle der Art und Weise der Durchführung des in Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 2 EG enthaltenen Diskriminierungsverbots geht, verfügt der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie bereits gesagt, auf dem Gebiet der GAP über ein weites Ermessen, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Art. 34 bis 37 EG übertragen(31) .

73. Die Zweifel des vorlegenden Gerichts an der Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 beruhen auf den Argumenten, die die Beschwerdeführerin im Rahmen des Ausgangsverfahrens vorgebracht hat und die im Vorlagebeschluss wiedergegeben sind. Danach sieht sich die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens infolge der präventiven Marktrücknahme insoweit benachteiligt, als die Marktrücknahme nicht für alle Unternehmen einheitlich erfolge, sondern unter Anwendung von für die Mitgliedstaaten unterschiedlichen Koeffizienten zu bestimmen sei. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens liegt eine Ungleichbehandlung darin, dass Unternehmen in den von der Rücknahme stärker betroffenen Mitgliedstaaten verhältnismäßig weniger Zucker zum Referenzpreis verkaufen können. Diese Ungleichbehandlung sei durch die Berechnung des Umstrukturierungsbetrags von der zugeteilten Quote nur verstärkt, weil die betroffenen Unternehmen die ihnen verbleibende Zuckerproduktion zu einem noch geringeren Nettoreferenzpreis verkaufen müssten.

74. Der Rat und die Kommission weisen zwar zutreffend darauf hin, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens sich im Wesentlichen auf das Instrument der präventiven Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 bezögen, während die zweite Vorlagefrage eigentlich die Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 zum Gegenstand habe. Aus der Sicht der Kommission müsste die Gültigkeitsfrage des Vorlagegerichts daher als gegenstandslos betrachtet werden, zumal sich dieser Bestimmung keine Einzelheiten für den Mechanismus der Marktrücknahme entnehmen ließen. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens durchaus eine gewisse Relevanz für die Untersuchung der zweiten Vorlagefrage aufweisen. Angesichts der Umstände des Ausgangsfalls können die Folgen der Berechnung des Umstrukturierungsbetrags auf der Grundlage der zugeteilten Quote nicht genau beurteilt werden, wenn gleichzeitig die Wirkung der Marktrücknahme auf die Zuckerproduzenten ausgeblendet wird. Zudem haben alle Verfahrensbeteiligten Ausführungen zu diesem Themenkomplex gemacht, womit der Umfang der gerichtlichen Prüfung im Vorabentscheidungsverfahren entsprechend erweitert wurde.

75. Folglich muss der Gerichtshof bei der Prüfung dieser Rüge die Ausführungen der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens berücksichtigen, sofern sie die Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 betreffen.

b) Prüfung eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot

76. Zunächst einmal ist klarzustellen, dass in der in Abs. 1 dieser Bestimmung vorgeschriebenen Zahlung des befristeten Umstrukturierungsbetrags allein kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zu erkennen ist, da alle auf dem Markt für Zucker verbleibenden Unternehmen diesen Betrag auf der Bemessungsgrundlage der ihnen zugeteilten Quoten zu entrichten haben. Im Übrigen beanstandet die Beschwerdeführerin auch nicht, dass Unternehmen, die ihre Quote endgültig aufgeben, nicht ebenfalls zur Finanzierung des Umstrukturierungsfonds herangezogen werden.

i) Funktionsweise des Koeffizientensystems

77. Bevor ich auf den Vorwurf der uneinheitlichen und damit der vermeintlich diskriminierenden Durchführung der Marktrücknahme eingehe, empfiehlt es sich, die Funktionsweise sowie den Sinn und Zweck des Koeffizientensystems näher zu erläutern.

78. Durch Art. 44 der Verordnung Nr. 318/2006 ist die Kommission vom Rat dazu ermächtigt worden, Maßnahmen zu erlassen, um den Übergang von der Marktsituation im Jahr 2005/2006 zu derjenigen im Wirtschaftsjahr 2006/07 zu erleichtern, insbesondere durch die Herabsetzung der Menge, die im Rahmen der Quote erzeugt werden kann. Zu diesen Maßnahmen gehört die in Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 geregelte präventive Marktrücknahme.

79. Die danach festgelegte Schwelle berechnet sich gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung durch Multiplikation der dem Unternehmen nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 318/2006 zugeteilten Quote mit der Summe zweier in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 493/2006 aufgeführter Koeffizienten. Dabei handelt es sich zunächst um den Koeffizienten, der im Anhang I zur Verordnung Nr. 493/2006 festgesetzt wird, der laut den Erläuterungen der Kommission eine Kombination aus der Anwendung des Art. 10 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1260/2001(32) mit der in Art. 19 der Verordnung Nr. 318/2006 für die Marktrücknahme vorgesehenen Methode darstellt. Der zweite Koeffizient trägt den im Wirtschaftsjahr 2006/07 im Rahmen der Umstrukturierungsregelung der Verordnung Nr. 320/2006 von den Mitgliedstaaten vorgenommenen Anstrengungen der endgültigen Quotenaufgabe Rechnung und wurde von der Kommission durch die Verordnung Nr. 1541/2006(33) festgesetzt.

80. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin beziehen sich offenbar auf die Anwendung des in Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 493/2006 vorgesehenen Koeffizienten.

81. Nach den übereinstimmenden Ausführungen der Kommission und der Beschwerdeführerin(34) hat die Anwendung dieses Koeffizienten für das Übergangsjahr 2006/07 zur Folge, dass die Schwelle im Wirtschaftsjahr 2006/07 umso höher ist, je mehr Quoten nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 endgültig aufgegeben worden sind. Anders formuliert bewirkt die Anwendung dieses Koeffizienten für das Übergangsjahr 2006/07, dass Unternehmen in einem Mitgliedstaat, in dem im Wirtschaftsjahr 2006/07 weniger Quoten endgültig aufgegeben worden sind, weniger Zuckermengen im Rahmen der Quotenregelung verkaufen können, als wenn sie in einem Mitgliedstaat ansässig wären, in dem mehr Quoten endgültig aufgegeben worden sind.

ii) Würdigung

– Relevanter Bezugsrahmen

82. Der Festsetzung der Rücknahmeschwelle geht eine komplexe Rechnung voraus, bei der die oben genannten Koeffizienten, aber auch die dem jeweiligen Unternehmen letztlich zugeteilte Quote berücksichtigt werden. Die Zuteilung der individuellen Quote wird gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 318/2006 wiederum vom jeweiligen Mitgliedstaat auf der Basis der vom Rat festgesetzten nationalen Quote vorgenommen.

83. Da bei der Beurteilung der Belastung der einzelnen Unternehmen durch die Marktrücknahme sowohl gemeinschaftsrechtliche Faktoren als auch solche des nationalen Rechts eine Rolle spielen, fragt sich, ob der Bezugsrahmen für die Beurteilung der Frage, ob eine Ungleichbehandlung der betroffenen Unternehmen vorliegt, auf der Ebene der Gemeinschaft oder des jeweiligen Mitgliedstaats festzulegen ist.

84. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Mitgliedstaaten den in Art. 34 Abs. 2 EG niedergelegten Grundsatz bei der Umsetzung einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung und insbesondere auch dann beachten, wenn diese Regelung ihnen die Wahl zwischen mehreren Anwendungsmodalitäten oder Optionen lässt(35) . Das Diskriminierungsverbot als objektive Rechtsnorm gilt daher nicht nur für den Gemeinschaftsgesetzgeber, an den es sich in erster Linie wendet, sondern auch für die Mitgliedstaaten, soweit diese, z. B. aufgrund einer Ermächtigung durch eine Gemeinschaftsverordnung oder in Ausführung einer solchen, tätig werden(36) .

85. Was den vorliegenden Fall anbelangt, bin ich der Ansicht, dass der Bezugsrahmen für die Beurteilung des Bestehens einer Ungleichbehandlung auf der Ebene der Gemeinschaft und nicht der Mitgliedstaaten festzulegen ist. Entscheidend ist meines Erachtens, welchem Entscheidungsorgan letztendlich die Ungleichbehandlung zuzurechnen ist. Zwar ist der Kommission darin zuzustimmen, dass die Ermächtigung zur Quotenzuteilung in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 318/2006 dem jeweiligen Mitgliedstaat in der Tat ein gewisses Ermessen einräumt, um industriepolitische Weichenstellungen zu setzen. Rechtlich betrachtet liegt letztendlich aber ein dem Gemeinschaftsgesetzgeber zurechenbares Handeln vor, zumal der Rat und die Kommission durch die Festsetzung der länderspezifischen Koeffizienten und Quoten die Grundlage für eine gleichmäßige Senkung der Überproduktion in allen Mitgliedstaaten gelegt haben. Die mitgliedstaatlichen Entscheidungsspielräume, etwa bei der Neuzuteilung und Kürzung von Quoten, auf die die Kommission hinweist, können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es letztendlich der Gemeinschaftsgesetzgeber war, der die maßgeblichen Entscheidungen zur Ausgestaltung des Zuckermarkts getroffen hat. Er hat eine für die gesamte Gemeinschaft geltende Marktordnung für Zucker geschaffen, in deren Rahmen er sich diverser Mechanismen zur Anpassung der Produktion bedienen kann, zu denen auch die streitgegenständliche präventive Marktrücknahme nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 493/2006 gehört.

86. Folglich ist der Bezugsrahmen für die Beurteilung der Frage, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt, auf der Ebene der Gemeinschaft festzulegen. Daher ist es unter Umständen wie denen des vorliegenden Falls grundsätzlich rechtlich möglich, die Lage der Beschwerdeführerin mit der eines in einem anderen Mitgliedstaat angesiedelten Unternehmens zu vergleichen.

– Ungleichbehandlung

87. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin führt das Koeffizientensystem zu einer Ungleichbehandlung der Produzenten. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf einen von ihr konzipierten hypothetischen Fall, der die in Nr. 81 d ieser Schlussanträge beschriebene Wirkung dieses Systems veranschaulichen soll(37) .

88. Die Beschwerdeführerin zieht anhand dieses hypothetischen Falls einen Vergleich der Auswirkungen einer ungleichen Quotenkürzung in zwei gleich großen Mitgliedstaaten mit gleichen Quoten, die jeweils zu gleichen Teilen auf zwei im Land befindliche Unternehmen aufgeteilt sind. Wenn in einem Mitgliedstaat eines von zwei produzierenden Zuckererzeugungsunternehmen seine Produktion ganz oder teilweise stilllege und seine Quote gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 320/2006 aufgebe, so sei das andere Unternehmen in dem Mitgliedstaat, das die Zuckerproduktion voll umfänglich aufrechterhalte, durch dieses Verhalten des anderen Unternehmens indirekt begünstigt. Im Verhältnis zu den vergleichbaren Unternehmen in dem anderen Mitgliedstaat, wo keines der beiden Unternehmen seine Produktion aufgebe oder einschränke, werde seine Quote aufgrund der von ihm nicht beeinflussbaren Aufgabe der Quote durch das zweite Unternehmen weniger stark gekürzt. Unternehmen in den von der Kürzung stärker betroffenen Mitgliedstaaten könnten im Vergleich zu Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten verhältnismäßig weniger Zucker zum Referenzpreis von 631,9 Euro pro Tonne im Wirtschaftsjahr 2006/07 verkaufen. Dies ist nach Ansicht der Beschwerdeführerin bereits als eine Diskriminierung im Sinne des Art. 34 Abs. 2 EG anzusehen.

89. Dazu genügt aus meiner Sicht der Hinweis, dass keine der Parteien ernsthaft bestreitet, dass die Anwendung des Koeffizientensystems die oben beschriebene Wirkung zeitigt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass zwei in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen von einer Marktrücknahme unterschiedlich betroffen werden, je nachdem, wie groß der Anteil der im jeweiligen Mitgliedstaat niedergelassene Unternehmen ist, der die Produktion endgültig aufgibt. Geht man, wie von der Beschwerdeführerin offenbar vertreten, davon aus, dass die betroffenen Unternehmen zumindest formal betrachtet gleich sind(38), so läge unter solchen Umständen tatsächlich eine unterschiedliche Behandlung vor.

– Rechtfertigung

90. Fraglich ist, ob eine solche potenzielle Ungleichbehandlung von Unternehmen von einem Mitgliedstaat zum anderen objektiv gerechtfertigt werden kann.

91. Vorab ist festzustellen, dass der Mechanismus der Marktrücknahme bei genauer Betrachtung seiner Funktionsweise und Finalität ein Mechanismus ist, der eine einzelfallbezogene Differenzierung zulässt. Anders als von der Beschwerdeführerin angedeutet, wird bei der Festlegung der Höhe der Rücknahmeschwelle nicht nach dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, sondern nach den dort jeweils gegebenen Produktionsbedingungen differenziert. Der vom Gemeinschaftsgesetzgeber entworfene Mechanismus der Marktrücknahme zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass er den Besonderheiten der Zuckerproduktion im jeweiligen Mitgliedstaat in besonderem Maße Rechnung trägt. Dies wird sowohl durch die bereits beschriebene Funktionsweise des Koeffizientensystems als auch durch die im Wesentlichen dem Ermessen der Mitgliedstaaten überlassene Zuteilung der Einzelquoten ermöglicht. Also sind die angewandten Kriterien für eine Differenzierung zulässig im Sinne der Rechtsprechung(39) .

92. Was die Prüfung des Vorliegens eines legitimen Grundes für eine Ungleichbehandlung angeht, ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs(40) hinzuweisen, wonach die Kommission bei Eingriffen in den Markt eine weitgehende Entscheidungsfreiheit genießt, die jeden Automatismus ausschließt und im Licht der wirtschaftspolitischen Ziele auszuüben ist, die die jeweils geltende Verordnung zur Regelung der GMO für Zucker aufstellt. Daraus hat der Gerichtshof die Schlussfolgerung gezogen, dass bei der Kontrolle über die Rechtmäßigkeit der Ausübung einer solchen Freiheit die Gerichte nicht die Beurteilungen, zu denen die zuständigen Behörden gelangt sind, durch ihre eigenen ersetzen dürfen. Sie müssen sich darauf beschränken, zu prüfen, ob jene Beurteilungen offensichtlich irrig oder mit einem Ermessensmissbrauch behaftet sind. Entsprechendes muss im Zusammenhang mit der gerichtlichen Kontrolle einer der Kommission zurechenbaren Ungleichbehandlung gelten(41) .

93. Für die Untersuchung der Rechtfertigungsfrage erscheint mir zunächst die Erklärung der Kommission(42) relevant, wonach der Gemeinschaftsgesetzgeber die von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlichen Anstrengungen zur Restrukturierung des Zuckermarkts wie auch andere besondere Situationen in bestimmten Mitgliedstaaten berücksichtigen wollte.

94. Für gleichfalls relevant halte ich die Erklärung des Rates(43), wonach die Kommission im Rahmen der Durchführungsbestimmungen Koeffizienten geschaffen habe, um die Überproduktion in jedem Mitgliedstaat gleichermaßen zu senken und zugleich das Produktionsgleichgewicht in der ganzen Gemeinschaft zu erreichen. Nach Auffassung des Rates müssen Marktregulierungsinstrumente wie die Marktrücknahme unter Umständen auch unterschiedlich angewandt werden, um das strukturelle Gleichgewicht in der Gemeinschaft zu erzielen. Verzichten die in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen freiwillig auf ihre Quoten, so habe dieser Mitgliedstaat die Produktion bereits auf ein bestimmtes Niveau gesenkt. In den Mitgliedstaaten, in denen die Produktionsquoten voll ausgenutzt wurden, bedurfte es nach dem Vorbringen des Rates dagegen des Mechanismus der Marktrücknahme, um die dem Mitgliedstaat zugewiesene Produktionsquote proportional zu senken.

95. Das Ziel einer proportionalen Senkung der zugeteilten Produktionsquote unter Berücksichtigung der Zuckerproduktion in jedem Mitgliedstaat zum Zweck einer gemeinschaftsweit einheitlichen Preisstabilisierung vermag aus meiner Sicht einen differenzierten Ansatz bei der Durchführung der Marktrücknahme durchaus zu rechtfertigen, weil es erstens dem Prinzip der Einheit des europäischen Binnenmarkts Rechnung trägt, das gemeinsame Preise für die regulierten Erzeugnisse fordert(44), und weil zweitens eine Marktrücknahme sich letztendlich zum Vorteil aller Zuckerproduzenten in der Gemeinschaft, einschließlich der Beschwerdeführerin, auswirkt.

96. Dagegen kann dem Gemeinschaftsgesetzgeber nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er in Ausübung seiner Entscheidungsprärogative bei der Regelung der Marktrücknahme einen differenzierenden Ansatz gewählt hat, der die in jedem Mitgliedstaat gegebenen Umstände, allen voran die individuelle Quotenzuteilung pro Unternehmen gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 318/2006 sowie den Anteil der gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 endgültig aufgegebenen Quoten, berücksichtigt.

97. Ein differenzierender Ansatz ist zum einen aus organisatorischen Gründen geboten, da die Mitgliedstaaten aufgrund ihrer genauen Kenntnis der jeweiligen Produktionsstrukturen und ‑bedingungen besser in der Lage sind, die Förderungswürdigkeit von Zuckerproduzenten nach bestimmten Sachkriterien, wie etwa der regionalen Spezialisierung(45) und der Wettbewerbsfähigkeit zu beurteilen. Durch die im Wege der Schwerpunktsetzung vorgenommene Steuerung der Zuckerproduktion tragen die Mitgliedstaaten letztendlich auch zur Erreichung des Umstrukturierungsziels der Gemeinschaft bei.

98. Zum anderen ist dem Rat darin zuzustimmen, dass die Festsetzung einer unterschiedlich niedrigen Rücknahmeschwelle geboten ist, je nachdem, wie hoch der Anteil der endgültig aufgegebenen Quoten ist. In Anbetracht der Notwendigkeit einer proportionalen Senkung der Zuckerproduktion in der gesamten Gemeinschaft erscheint es gerechtfertigt, die Rücknahmeschwelle in jenen Mitgliedstaaten höher festzusetzen, in denen die Produktion bereits auf ein bestimmtes Niveau gesenkt wurde. Umgekehrt bedarf es in einem Mitgliedstaat, in dem nicht von der Möglichkeit der finanziell unterstützten Quotenaufgabe Gebrauch gemacht wurde, einer niedrigeren Rücknahmeschwelle.

99. Nach Würdigung aller dem Gerichtshof vorgetragenen Tatsachen und Argumente komme ich zu dem Ergebnis, dass nichts darauf schließen lässt, dass die Anwendung des streitgegenständlichen Koeffizientensystems bei der Festlegung der Rücknahmeschwelle mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet wäre. Ebenso wenig lässt diese Maßnahme den Schluss auf eine Ermessensüberschreitung seitens des Gemeinschaftsgesetzgebers zu.

100. Aus alledem folgt, dass ein Verstoß gegen das aus Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 2 EG abzuleitende Diskriminierungsverbot zu verneinen ist.

VII – Ergebnis

101. Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Verwaltungsgerichtshofs wie folgt zu antworten:

1. Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 ist dahin gehend auszulegen, dass auch eine Zuckerquote, die infolge einer präventiven Marktrücknahme nach Art. 3 der Verordnung Nr. 493/2006 der Kommission vom 27. März 2006 nicht ausgenützt werden kann, Teil der Bemessung des befristeten Umstrukturierungsbetrags zu sein hat.

2. Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 ist mit dem Primärrecht, insbesondere mit dem aus Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 2 EG abzuleitenden Diskriminierungsverbot und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, vereinbar.

(1) .

(2)  – ABl. L 58, S. 42.

(3)  – ABl. L 58, S. 1.

(4)  – ABl. L 89, S. 11.

(5)  – Mitteilung der Kommission an die Zuckerrüben- und Zuckererzeuger vom 3. Februar 2006 (ABl. C 27, S. 8).

(6)  – Urteil vom 8. Mai 2008, Zuckerfabrik Jülich u. a. (C‑5/06 und C‑23/06 bis C‑36/06, Slg. 2008, I‑0000).

(7)  – Die gemeinsamen Marktordnungen für Zucker zeichneten sich bisher durch ihre Preisstützungsregelungen und die Zuteilung von Quoten aus. Etwa 70% der in der Gemeinschaft produzierten Agrarprodukte (z.B. Getreide, Zucker, Milchprodukte, Fleisch, einige Obst- und Gemüsearten sowie Tafelwein) sind Preisstützungsregelungen unterworfen (vgl. Brú Purón, C. M., Exégesis conjunta de los tratados vigentes y constitucional europeos , Cizur Menor 2005, Art. 34, S. 777). Das 1967 mit der GMO für Zucker geschaffene Quotenregime ermöglicht es, relativ hohe Preise beizubehalten, ohne Überschüsse zu produzieren. Das Quotenregime sollte ursprünglich lediglich vorübergehenden Charakter haben und im Jahr 1975 auslaufen, ist jedoch mehrmals verlängert worden. Es ist später flexibler gestaltet worden, um eine Quotenerhöhung zugunsten leistungsfähigerer Zuckerproduzenten zu ermöglichen (vgl. Olmi, G., Politique agricole commune , Brüssel 1991, S. 173; Priebe, R., in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union , München 2008, Band I, Art. 34, Randnr. 57).

(8)  – Vgl. zu der auf dem Europäischen Rat vom 26. März 1999 in Berlin beschlossenen Reform der GAP, die mit der Verabschiedung der „Agenda 2000“ eingeleitet wurde, meine Schlussanträge vom 3. Februar 2009, Horvath (C‑428/07, Verfahren anhängig, Nrn. 45 f.).

(9)  – In diesem Sinne Ehlers, D., Allgemeines Verwaltungsrecht (hrsg. von H.‑U. Erichsen u. a.), § 2 I 6, S. 59, Randnr. 14. Generalanwalt Léger ist in seinen Schlussanträgen vom 28. September 2004, Schulte (C‑350/03, Slg. 2005, I‑9215, Nrn. 84 f.), gewissermaßen von einem Vorrang der Wortlautauslegung ausgegangen, als er erklärt hat, dass die finalistische Auslegung nur dann angewendet werde, wenn verschiedene Auslegungen der fraglichen Vorschrift möglich seien bzw. wenn die fragliche Vorschrift allein anhand ihres Wortlauts, etwa wegen ihrer Mehrdeutigkeit, nur schwer auszulegen sei. Baldus, C./Vogel, F., „Gedanken zu einer europäischen Auslegungslehre: grammatikalisches und historisches Element“, Fiat iustitia – Recht als Aufgabe der Vernunft, Festschrift für Peter Krause zum 70. Geburtstag , Berlin 2006, S. 247 f., bestreiten nicht, dass die Wortlautinterpretation Ausgangspunkt der Auslegung jeder gemeinschaftsrechtlichen Norm ist. Sie verweisen jedoch auf die Schwierigkeit, angesichts der sprachlichen Vielfalt innerhalb der Gemeinschaft eine verlässliche Auslegung zu finden, was einen Rückgriff auf andere Auslegungsmethoden wie die teleologische und die historische Auslegung notwendig mache.

(10)  – Keine andere Schlussfolgerung kann aus einem Vergleich mehrerer Sprachfassungen gezogen werden. Sowohl in der deutschen („Unternehmen, denen eine Quote zugeteilt worden ist“) als auch in der dänischen („virksomheder, der har fået tildelt en kvote“), der englischen („undertakings to which a quota has been allocated “), der französischen („entreprises qui détiennent un quota“), der italienischen („imprese a cui è stata assegnata una quota“), der portugiesischen („empresas às quais tiverem sido atribuídas quotas“), der niederländischen („ondernemingen waaraan een quotum is toegekend “), der schwedischen („företag som har tilldelats en kvot“) und der spanischen Sprachfassung („empresas a las que se haya concedido una cuota“) wird an die dem Unternehmen jeweils zugeteilte Quote geknüpft.

(11)  – Die Reform der GMO für Zucker ist auch eine Reaktion der Gemeinschaft auf eine Entscheidung des Streitbeilegungsmechanismus („Dispute Settlement Body“) der Welthandelsorganisation vom 28. April 2005 (vgl. Report of the Appellate Body, European Communities – Export Subsidies on Sugar, Verfahren WT/DS265/AB/R, WT/DS266/AB/R, WT/DS283/AB/R), in der einzelne Verstöße seitens der Gemeinschaft gegen das Übereinkommen über Landwirtschaft im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde („Agreement on Agriculture“) festgestellt wurden.

(12)  – In diesem Sinne auch Middecke, A., in: Handbuch des Rechtsschutzes der Europäischen Union , 2. Aufl, München 2003, § 10, Randnr. 40, S. 227. So kann das nationale Gericht z.B. eine Vorlage auf bestimmte Gültigkeitsgründe beschränken, die dann vom Gerichtshof seiner Prüfung zugrunde gelegt werden (vgl. Urteile vom 29. Mai 1997, Rotexchemie [C‑26/96, Slg. 1997, I‑2817] und vom 11. November 1997, Eurotunnel [C‑408/95, Slg. 1997, I‑6315]). Lenaerts, K./Arts, D./Maselis, I., Procedural Law of the European Union , 2. Aufl., London 2006, Randnr. 10‑012, S. 361, gehen offenbar ebenfalls davon aus, dass Ausgangspunkt für die Bestimmung des Prüfungsumfangs im Rahmen eines auf die Gültigkeit einer Gemeinschaftsrechtsnorm abzielenden Vorabentscheidungsverfahrens die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage ist.

(13)  – Ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Auslegung einer Vorlagefrage, die auf die Prüfung der Gültigkeit einer Gemeinschaftsrechtsnorm gerichtet ist und entweder allgemein oder unpräzise formuliert ist, sind die vom Kläger des Ausgangsverfahrens geltend gemachten Angriffsmittel (vgl. Urteil vom 25. Oktober 1978, Royal Scholten Honig, 103/77 und 145/77, Slg. 1978, 2037, Randnrn. 16 und 17).

(14)  – Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a. (C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13), vom 5. Oktober 1994, Crispoltoni u. a. (C‑133/93, C‑300/93, C‑362/93, Slg. 1994, I‑4863, Randnr. 41), vom 12. Juli 2001, Jippes u. a. (C‑189/01, Slg. 2001, I‑5689, Randnr. 81), und vom 7. September 2006, Spanien/Rat (C‑310/04, Slg. 2006, I‑7285, Randnr. 97).

(15)  – In diesem Sinne Urteile vom 29. Oktober 1980, Roquette Frères/Rat (138/79, Slg. 1980, 3333, Randnr. 25), und vom 6. Juli 2000, Eridania (C‑289/97, Slg. 2000, I‑5409, Randnr. 48), ferner die Urteile vom 6. Dezember 2005, ABNA u. a. (C‑453/03, C‑11/04, C‑12/04 und C‑194/04, Slg. 2005, I‑10423, Randnr. 69), und Spanien/Rat (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 96) sowie die Schlussanträge von Generalanwältin Kokott vom 26. Oktober 2006, Roquette Frères (C‑441/05, Slg. 2007, I‑1993, Nr. 72).

(16)  – Urteile vom 11. Juli 1989, Schräder (265/87, Slg. 1989, 2237, Randnr. 22), Fedesa u. a. (in Fn. 14 angeführt, Randnrn. 8 und 14), Eridania (in Fn. 15 angeführt, Randnr. 49), Jippes u. a. (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 80), vom 9. September 2004, Spanien/Kommission (C‑304/01, Slg. 2004, I‑7655, Randnr. 23), Spanien/Rat (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 96), vom 4. Oktober 2007, Geuting (C‑375/05, Slg. 2007, I‑7983, Randnr. 44), und vom 17. Januar 2008, Viamex u.a (C‑37/06 und C‑58/06, Slg. 2008, I‑69, Randnr. 34) sowie die Schlussanträge von Generalanwältin Kokott, Roquette Frères (in Fn. 15 angeführt, Nr. 72).

(17)  – Urteile Fedesa u. a. (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 14), Crispoltoni u. a. (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 42), Jippes u. a. (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 83), vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 80), Spanien/Rat (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 98) und Geuting (in Fn. 16 angeführt, Randnr. 46).

(18)  – Urteile Jippes u. a. (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 83), Spanien/Rat (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 99) und Geuting (in Fn. 16 angeführt, Randnr. 47). Wie Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen vom 14. Juni 2007, Zuckerfabrik Jülich (C‑5/06, Slg. 2008, I‑0000, Nr. 65), jedoch zu Recht erklärt hat, kann diese Rechtsprechung andererseits nicht so verstanden werden, als habe der Gerichtshof dem Gemeinschaftsgesetzgeber einen Freibrief erteilt. Der Gerichtshof habe die richterliche Kontrolle der Ausübung des weiten Ermessens durch die Gemeinschaftsorgane nicht ausgeschlossen. Die Generalanwältin vertrat die Auffassung, dass der Gerichtshof etwa dann müsse einschreiten können, wenn die Erzeuger offensichtlich unverhältnismäßig belastet würden.

(19)  – Siehe die Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston, Zuckerfabrik Jülich (in Fn. 18 angeführt, Nr. 65).

(20)  – In diesem Zusammenhang ist zunächst auf Art. 268 Abs. 3 EG hinzuweisen, der den Grundsatz der Ausgeglichenheit des Gemeinschaftshaushalts verankert. Danach ist der Haushalt rechnerisch in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen. Es muss somit sichergestellt werden, dass die vorgesehenen Ausgaben durch die zur Verfügung stehenden Einnahmen getätigt werden können (in diesem Sinne auch Schoo, J., EU-Kommentar [hrsg. von J. Schwarze], Baden-Baden 2000, Art. 268, Randnr. 19, S. 2198).

Siehe ferner Ackrill, R., The Common Agricultural Policy , Sheffield 2000, S. 78, der in dem Gebot der Ausgeglichenheit des Gemeinschaftshaushalts vielmehr eine Regel sieht. Ein defizitärer Haushalt sei demnach nicht zulässig. Diese Regel sei auch im Rahmen der GAP zu beachten. Die Europäische Investitionsbank dürfe zwar Kredite für Investitionsprojekte, nicht jedoch zur Finanzierung der Gemeinschaftsausgaben gewähren. Nach Auffassung des Autors war es das Ziel der Autoren der Gründungsverträge, der Gemeinschaft und insbesondere der Kommission keine einfachen Lösungen bei der Bestimmung von Ausgaben und Einnahmen anzubieten.

Beim Umstrukturierungsbetrag handelt es sich gemäß der vierten Begründungserwägung zwar um eine zweckgebundene Ausgabe, jedoch entbindet diese Tatsache die Gemeinschaftsorgane nicht von der Beachtung dieses Grundsatzes. Im Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker vom 22. Juni 2005, KOM(2005) 263, S. 9, wurde ausdrücklich auf das Ziel der Selbstfinanzierbarkeit der Umstrukturierungsregelung hingewiesen.

(21)  – Aus dieser Aufstellung geht hervor, dass die Einnahmen im Wirtschaftsjahr 2006/07 sich auf 2.145 Mio. Euro beliefen. Die Ausgaben beliefen sich ihrerseits auf 1.358 Mio. Euro. Somit betrug die Bilanz des Wirtschaftsjahres 2006/07 787 Mio. Euro, die zur Finanzierung der Umstrukturierung der Folgejahre verwendet worden sind.

(22)  – Siehe dazu die Ausführungen in den Nrn. 40 bis 43 dieser Schlussanträge.

(23)  – Quotenregelungen beschränken die Erzeugung auf bestimmte Mengen zwar nicht in der Weise, dass sie weiter gehende Erzeugungen verbieten, aber doch dadurch, dass die Überproduktion für einen einzelnen Erzeuger „Sanktionen“ nach sich zieht (z. B. Vermarktungsverbot in der Gemeinschaft, Zahlung von Abgaben) und mithin jegliche Produktionsausweitung wirtschaftlich höchst unsinnig wäre. Wichtig zu erwähnen ist aber, dass jedes der bisher bestehenden Quotensysteme (insbesondere Zucker, Fischerei, Milch, verarbeitete Tomaten) besonderen Gesetzmäßigkeiten entsprechend den Bedürfnissen der betreffenden Produkte folgt. Zwar gibt es auch in der Zuckermarktordnung Zuckerquoten. Bei Überschreitung der Quote wird hier aber keine Abgabe fällig. Vielmehr hat der Produzent keinen Anspruch auf Ausfuhrerstattungen für die zusätzlich produzierten Mengen (vgl. Van Rijn, T., Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – Kommentar [hrsg. von H. von der Groeben/J. Schwarze], Band 1, 6. Aufl., Art. 34, Randnr. 35, S. 1207).

(24)  – Siehe S. 9 des Vorlagebeschlusses.

(25)  – Siehe Nr. 40 dieser Schlussanträge.

(26)  – Der Gerichtshof hat bereits bei der Prüfung der Gültigkeit einer Verordnung auf bestimmte Sorgfaltspflichten von Betroffenen in Gestalt von Schadensabwendungspflichten hingewiesen (vgl. Urteil vom 14. März 1973, Westzucker, 57/72, Slg. 1973, 321, Randnr. 20).

(27)  – In der Mitteilung der Kommission an die Zuckerrüben- und Zuckererzeuger vom 3. Februar 2006 (ABl. C 27, S. 8) heißt es: „Die Kommission macht die Zuckerrüben- und Zuckererzeuger auf die voraussichtliche Lage auf dem Gemeinschaftsmarkt für Zucker im Wirtschaftsjahr 2006/2007 aufmerksam. Vor allem wegen der Lagerbestände, die sich im Wirtschaftsjahr 2004/2005 angesammelt haben, sowie der im Rahmen der Welthandelsorganisation geltenden Ausfuhrregeln und Ausfuhrbeschränkungen könnten zu Beginn des Wirtschaftsjahres 2006/2007 beträchtliche Zuckerlagerbestände verfügbar, gleichzeitig aber die Absatzmöglichkeiten für diese Mengen rückläufig sein. Hierbei werden die Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker und in diesem Rahmen die Umstrukturierung der Zuckerproduktion noch nicht so weit fortgeschritten sein, dass bereits ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 ein Marktgleichgewicht gewährleistet werden kann. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Kommission besondere Verwaltungsmaßnahmen für zur Ernte im Wirtschaftsjahr 2006/2007 ausgesäte Zuckerrüben treffen muss . Diese Maßnahmen, die die Kommission aufgrund etwaiger ihr vom Rat übertragener Befugnisse als Übergangsmaßnahmen träfe, könnten insbesondere den Umfang der im Rahmen der Quoten für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 möglichen Erzeugung und die Vorschriften für den Absatz von im Wirtschaftsjahr 2005/2006 erzeugtem C‑Zucker betreffen.“

(28)  – Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 318/2006 beginnt das Wirtschaftsjahr für alle in Abs. 1 genannten Erzeugnisse am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Das Wirtschaftsjahr 2006/07 beginnt jedoch gemäß Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 2 am 1. Juli 2006 und endet am 30. September 2007.

(29)  – Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erklärt, dass das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot in Art. 34 Abs. 2 EG ein spezifischer Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes ist, der zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört und nach dem vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. Vgl. zum allgemeinen, aber auch zum spezifischen Diskriminierungsverbot des Art. 34 Abs. 2 EG die Urteile vom 23. Oktober 2007, Polen/Rat (C‑273/04, Slg. 2007, I‑8925, Randnr. 86), vom 22. Juni 2006, Belgien/Kommission (C‑182/03, Slg. 2006, I‑5479 Randnr. 170), vom 30. März 2006, Spanien/Rat (C‑87/03 und C‑100/03, Slg. 2006, I‑2915, Randnr. 48), vom 6. März 2003, Niemann (C‑14/01, Slg. 2003, I‑2279, Randnr. 49), vom 13. April 2000, Karlsson u. a. (C‑292/97, Slg. 2000, I‑2737, Randnr. 39), vom 10. März 1998, Kommission/Deutschland (C‑122/95, Slg. 1998, I‑973, Randnr. 62), vom 17. April 1997, EARL de Kerlast (C‑15/95, Slg. 1997, I‑1961, Randnr. 35), vom 17. Oktober 1995, Fishermen’s Organisations u. a. (C‑44/94, Slg. 1995, I‑3115, Randnr. 46), vom 27. Januar 1994, Herbrink (C‑98/91, Slg. 1994, I‑223, Randnr. 27), vom 10. Januar 1992, Kühn (C‑177/90, Slg. 1992, I‑35, Randnr. 18), vom 21. Februar 1990, Wuidart u. a. (C‑267/88 bis C‑285/88, Slg. 1990, I‑435, Randnr. 13), vom 20. September 1988, Spanien/Rat (203/86, Slg. 1988, 4563, Randnr. 25), vom 25. November 1986, Klensch (201/85 und 202/85, Slg. 1986, 3477, Randnr. 9), vom 27. März 1980, Salumi u. a. (66/79, 127/79 und 128/79, Slg. 1980, 1237, Randnr. 14), vom 19. Oktober 1977, Ruckdeschel und Ströh (117/76 und 16/77, Slg. 1977, 1753, Randnr. 7) und Moulins et Huileries de Pont-à-Mousson und Providence agricole de la Champagne (124/76 und 20/77, Slg. 1977, 1795, Randnr. 16), vom 25. Oktober 1978, Koninklijke Scholten-Honig und De Bijenkorf (125/77, Slg. 1978, 1991, Randnr. 26) und Royal Scholten-Honig und Tunnel Refineries (in Fn. 13 angeführt, Randnr. 26), sowie meine Schlussanträge vom 3. Februar 2009, Horvath (in Fn. 8 angeführt, Nrn. 99 f.).

(30)  – Urteile Spanien/Rat (in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 25), vom 19. März 1992, Hierl (C‑311/90, Slg. 1992, I‑2061, Randnr. 18), und vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat (C‑280/93, Slg. 1994, I‑4973, Randnr. 67).

(31)  – Urteil Wuidart u. a. (in Fn. 28 angeführt, Randnr. 14).

(32)  – Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 des Rates vom 19. Juni 2001 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 178, S. 1).

(33)  – Verordnung (EG) Nr. 1541/2006 der Kommission vom 13. Oktober 2006 zur Festsetzung des Koeffizienten, der die Festsetzung der Rücknahmeschwelle gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 493/2006 ermöglicht (ABl. L 283, S. 22).

(34)  – Siehe S. 6 des Vorlagebeschlusses.

(35)  – Urteile Klensch (in Fn. 28 angeführt, Randnr. 10), vom 13. Juli 1989, Wachauf (5/88, Slg. 1989, 2609, Randnr. 19), vom 11. Juli 1989, Daniel Cornée (196/88 bis 198/88, Slg. 1989, 2309, Randnrn. 20 f.), und vom 14. Juli 1994, Graff (C‑351/92, Slg. 1994, I‑3361, Randnrn. 17 und 18).

(36)  – In diesem Sinne Van Rijn, T., a. a. O. (Fn. 22), Art. 34 EG, Randnr. 59.

(37)  – Siehe S. 7 des Vorlagebeschlusses.

(38)  – Ein formaler Standpunkt sagt indes noch nichts darüber aus, ob die betroffenen Unternehmen in materieller Hinsicht tatsächlich gleich sind. Dies wird allerdings angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls (z. B. Produktion, Nachfrage, wirtschaftliche Lage und Größe des Betriebs) selten oder fast nie der Fall sein. Wie Schwarze, J., European Administrative Law , 1. Aufl., Luxemburg 2006, S. 548, zu Recht erklärt, kann Gleichheit nie absolut, sondern nur partiell und nur in Bezug auf bestimmte Merkmale und Verhältnisse sein. Ein Urteil, das die Gleichheit zweier zu vergleichender Objekte bestätigt oder ausschließt, kann nur relative Gültigkeit beanspruchen. Zu behaupten, zwei Objekte seien absolut identisch, wäre aus der Sicht des Autors völlig unlogisch. Was die vorliegende Rechtssache angeht, hat die Beschwerdeführerin keine Argumente oder Kriterien für ihre Auffassung geliefert, sie sei in der gleichen Lage wie andere betroffene zuckerproduzierende Unternehmen.

(39)  – Siehe Nr. 71 des Vorlagebeschlusses.

(40)  – Urteil Westzucker (in Fn. 25 angeführt, Randnr. 14).

(41)  – Vgl. die Urteile vom 29. Februar 1996, Frankreich und Irland/Kommission (C‑296/93 und C‑307/93, Slg. 1996, I‑795, Randnr. 31), und vom 17. Juli 1997, National Farmers’ Union (C‑354/95, Slg. 1997, I‑4559, Randnr. 50). Thiele, G., in: EUV/EGV Kommentar (hrsg. von C. Calliess/M. Ruffert), Art. 34, Randnr. 57, S. 684, verweist auf die Ermessensfreiheit des Gemeinschaftsgesetzgebers im Bereich der GAP und geht davon aus, dass eine politische Entscheidung aus diesem Grund nur dann in Frage gestellt würde, wenn sie angesichts der Erkenntnisse, über die er bei Erlass der Entscheidung verfügt, offensichtlich irrig erscheint. Iliopouliou, A., „Le principe d’égalité et de non-discrimination“, Droit Administratif Européen (hrsg. von J.‑B. Auby/J. Dutheil de la Rochere), Brüssel 2007, S. 446, erklärt, dass der Gerichtshof in der Regel eine gewisse Reserviertheit an den Tag legt und auf das weite Ermessen der Gemeinschaftsorgane bei der Beurteilung einer komplexen wirtschaftlichen Lage hinweist.

(42)  – Siehe Nr. 53 des Schriftsatzes der Kommission.

(43)  – Siehe Randnr. 45 des Schriftsatzes des Rates.

(44)  – Vgl. Halla-Heißen, I./Nonhoff, F., Marktordnungsrecht – Marktordnungswaren im grenzüberschreitenden Warenverkehr , Köln 1997, S. 34. Danach lassen die auf der Grundlage der Ziele der GAP erlassenen Regelungen drei wesentliche Grundprinzipien erkennen: Markteinheit, Gemeinschaftspräferenz und finanzielle Solidarität. Einheit des Marktes beinhaltet zunächst freien Warenverkehr mit Agrarerzeugnissen zwischen den Mitgliedstaaten. Zölle und Handelshemmnisse sowie Subventionen einzelner Mitgliedstaaten für ihre Landwirtschaft, die zu einer Wettbewerbsverfälschung führen können, sollen ausgeschlossen sein. Faktisch soll es keinen Unterschied machen, ob ein Warenverkehr in einem Mitgliedstaat oder im Binnenmarkt stattfindet. Voraussetzung hierfür seien zunächst gemeinsame Preise und Wettbewerbsregeln.

(45)  – Der Gerichtshof hat im Urteil Eridania (in Fn. 15 angeführt, Randnr. 20) festgestellt, dass eine Aufteilung der festgesetzten Zuckerquoten auf einzelne Unternehmen auf der Grundlage ihrer tatsächlichen Erzeugung gerechtfertigt ist, da eine solche Verteilung der Lasten dem Grundsatz der regionalen Spezialisierung entspricht, auf dem der gemeinsame Markt basiert und der verlangt, dass die Erzeugung am wirtschaftlich geeignetsten Ort stattfinden kann. Darüber hinaus entspricht sie dem Grundsatz der Solidarität der Erzeuger, da die Erzeugung ein berechtigtes Kriterium für die Beurteilung sowohl der Wirtschaftskraft der Erzeuger als auch der Vorteile, die sie aus dem System ziehen, darstellt.

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