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Dokument 62005CJ0014

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 13. Juli 2006.
Anagram International Inc. gegen Inspecteur van de Belastingdienst - Douanedistrict Rotterdam.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Gerechtshof te Amsterdam - Niederlande.
Gemeinsamer Zolltarif - Kombinierte Nomenklatur - Tarifierung - Mit Gas befüllte Ballons.
Rechtssache C-14/05.

Sammlung der Rechtsprechung 2006 I-06763

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2006:465

Rechtssache C-14/05

Anagram International Inc.

gegen

Inspecteur van de Belastingdienst – Douanedistrict Rotterdam

(Vorabentscheidungsersuchen des Gerechtshof te Amsterdam)

„Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Tarifierung – Mit Gas befüllte Ballons“

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 13. Juli 2006 

Leitsätze des Urteils

Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen – Unterposition 9503 90 32 (Anderes Spielzeug aus Kunststoff ohne Mechanik)

(Verordnung Nr. 442/2000 der Kommission)

Die Unterposition 9503 90 32 (Anderes Spielzeug aus Kunststoff ohne Mechanik) der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der durch die Verordnung Nr. 1832/2002 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie mit Gas befüllte Ballons wie die erfasst, die in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur beschrieben sind und aus einer Hülle aus aluminiumbedampften verschweißten Kunststofffolien bestehen, wobei die Kunststofffolie die Außenseite des Ballons bildet.

Die von der Kommission in der genannten Verordnung vorgenommene Einreihung gilt entsprechend für Ballons mit derselben Zusammensetzung, bei denen jedoch die Kunststofffolie die Innenseite des Ballons bildet.

(vgl. Randnrn. 16, 28, 33, 35, Tenor 1–2)




URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

13. Juli 2006(*)

„Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Tarifierung – Mit Gas befüllte Ballons“

In der Rechtssache C‑14/05

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Gerechtshof Amsterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom 28. Dezember 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Januar 2005, in dem Verfahren

Anagram International Inc.

gegen

Inspecteur van de Belastingdienst Douane district Rotterdam

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. Malenovský sowie der Richter S. von Bahr und U. Lõhmus (Berichterstatter),

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–       der Anagram International Inc., vertreten durch K. Winters, advocaat, und J. A. H. Hollebeek, adviseur,

–       der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und D. J. M. de Grave als Bevollmächtigte,

–       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Hottiaux als Bevollmächtigte im Beistand von F. Tuytschaever, avocat,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 geänderten Fassung (ABl. L 290, S. 1) sowie die Auslegung und gegebenenfalls die Gültigkeit von Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 442/2000 der Kommission vom 25. Februar 2000 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 54, S. 33).

2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft amerikanischen Rechts Anagram International Inc. (im Folgenden: Anagram) und dem Inspecteur van de Belastingdienst Douane district Rotterdam (im Folgenden: Inspecteur) über die Tarifierung eines mit Helium befüllten Ballons.

 Rechtlicher Rahmen

 Gemeinschaftsrecht

3       Die KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), ausgearbeitet wurde. Das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen, mit dem das HS eingeführt wurde, und das Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 wurden im Namen der Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) genehmigt. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS. Nur die siebte und die achte Stelle bilden spezielle Unterteilungen der KN.

4       Die im entscheidungserheblichen Zeitraum geltende Fassung der KN ergibt sich aus der Verordnung Nr. 1832/2002. Die einschlägigen Tarifpositionen in Kapitel 95 „Spielzeug, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte; Teile davon und Zubehör“ des Abschnitts XX „Verschiedene Waren“ der KN lauten:

„9503 Anderes Spielzeug; maßstabgetreu verkleinerte Modelle und ähnliche Modelle zur Unterhaltung, auch mit Antrieb; Puzzles aller Art:

9503 90 – andere:

9503 90 10 …

                           – – andere:

                           – – – aus Kunststoff:

9503 90 32 – – – – ohne Mechanik

9505               Fest-, Karnevals-/Faschings- oder andere Unterhaltungsartikel, einschließlich Zauber- und Scherzartikel:

9505 90 00 – andere“.

5       Gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 2658/97 obliegen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Anwendung der KN und insbesondere die Erläuterungen und die Einreihung von Waren in die KN.

6       Die Verordnung Nr. 442/2000 wurde von der Kommission gestützt auf Artikel 9 der Verordnung Nr. 2658/97 erlassen. In Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 442/2000 sind die Waren, um die es im vorliegenden Verfahren geht, folgendermaßen in die Tarifposition eingereiht:

„9503 90 32 Ballons, bestehend aus einer Hülle aus aluminiumbedampften verschweißten Kunststofffolien. Die Kunststofffolie bildet die Außenseite des Ballons. Die Ballons enthalten einen Füllstutzen, in dem sich ein Ventil in Form eines Kunststoffstreifens befindet. Dieser Kunststoffstreifen verschließt automatisch das im Ballon vorhandene Gas luftdicht und verhindert so dessen Ausströmen. Die Ballons werden mit Gas (Luft oder Helium) befüllt.“

7       Die Einreihung dieser Waren in die Tarifposition erfolgt laut der beigefügten Begründung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur, Anmerkung 2v) zu Kapitel 39 sowie dem Wortlaut der Position 9503 und der Unterpositionen 9503 90 und 9503 90 32 KN. Außerdem können die fraglichen Waren gemäß dieser Begründung mit unterschiedlichen Motiven bedruckt sein, die jedoch die Einreihung als Spielzeugballon nicht beeinflussen.

8       In den HS-Erläuterungen zu Position 9503 heißt es:

„Zu dieser Position gehört Spielzeug, das im Wesentlichen zur Unterhaltung für Personen (Kinder oder Erwachsene) bestimmt ist. … [Hierher gehört z. B.]

         … Spielzeug, das nicht in Pos. 9501 oder 9502 erfasst ist. Dieses Spielzeug kann auch mit Vorrichtung zum Bewegen oder mit Motor (z. B. mechanisch oder elektrisch) versehen sein.

[Hierher gehören z. B.]

6)      Kinderluftballons und Spielzeugdrachen (andere als die der Pos. 8801).

18)      Reifen, Diabolos, Kreisel (auch Brummkreisel), Springseile (mit Handgriffen), Bälle (soweit sie nicht zu Pos. 9504 oder Pos. 9506 gehören).“

9       In den HS-Erläuterungen zu Position 9505 heißt es:

„Zu dieser Position gehören:

A)      Festartikel/Karnevalsartikel … und ähnliche Waren zur Unterhaltung, die im Hinblick auf ihre kurzfristige Verwendung im Allgemeinen aus nicht dauerhaftem Material hergestellt sind. Hierzu gehören:

1)      Dekorationsartikel … (Girlanden [Lampions, Papierlaternen etc. ])

[4)      Artikel zur Belustigung und anderes: Wurfkugeln, Konfetti, Luftschlangen, Sonnenschirme, Regenschirme, Jahrmarktsflöten, Neckartikel usw.]“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

10     Am 5. Februar 2003 beantragte Anagram beim Inspecteur eine verbindliche Zolltarifauskunft für ein Produkt und schlug dessen Einreihung in die Unterposition 9505 90 00 KN vor. Das Produkt wurde folgendermaßen beschrieben:

„Ein Festballon aus Kunststoff mit Alu-Überzug in unterschiedlichen Formen, unterschiedlich bedruckt je nach Anlass, z. B. Geburtstag, Geburt, Valentinstag usw. Der Ballon wird einmal mit Helium gefüllt und ist mit einem Sperrventil versehen, er ist dadurch vor Gasverlust geschützt.“

11     In der am 27. Februar 2003 erteilten verbindlichen Tarifauskunft reihte der Inspecteur das Produkt abweichend von diesem Vorschlag in die Unterposition 9503 90 32 KN ein, wobei er als Warenbeschreibung den Wortlaut von Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 wählte.

12     Nach der Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen die verbindliche Tarifauskunft durch den Inspecteur erhob Anagram Klage vor dem Gerechtshof Amsterdam.

13     Nach Prüfung eines Musters der Ware hat das vorlegende Gericht Zweifel, ob die Einreihung des fraglichen Ballons als Spielzeug begründet ist, da es seiner Ansicht nach nicht die erforderlichen Merkmale aufweist, die ein Spielzeug kennzeichnen, das zur Unterhaltung oder zum Spielen verwendet wird, sondern eher dem Begriff „Festartikel“ im Sinne des Titels der Position 9505 KN entspricht.

14     Zu der Verordnung Nr. 442/2000 bemerkt das Gericht, dass das streitige Produkt nicht dieselben Merkmale aufweise wie die, die in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung beschrieben seien. Es meint jedoch, dass die Verordnung Nr. 442/2000 aufgrund des Urteils vom 4. März 2004 in der Rechtssache C‑130/02 (Krings, Slg. 2004, I‑2121, Randnr. 35) auf das streitige Produkt – wie der Inspecteur vorschlägt – entsprechend anwendbar sei. Daher stelle sich die Frage, ob diese Verordnung mit dem Wortlaut der KN im Einklang stehe.

15     Unter diesen Umständen hat der Gerechtshof Amsterdam beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.       Ist die Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 442/2000 so auszulegen, dass sie auch die im Sachverhalt beschriebenen Waren erfasst?

2.       Wenn ja, ist die Verordnung dann insoweit gültig?

3.       Falls die Verordnung ungültig ist oder die fraglichen Waren nicht erfasst, kann der GZT dann so ausgelegt werden, dass diese Waren als „Festartikel“ in die Unterposition 9505 90 00 KN einzureihen sind?

 Zu den Vorlagefragen

16     Im Ausgangsrechtsstreit geht es um die zolltarifliche Einreihung von mit Gas gefüllten Ballons mit einer Hülle aus einer aluminiumbedampften verschweißten Kunststofffolie, bei der die Kunststofffolie die Innenseite des Ballons bildet. Ballons mit derselben Zusammensetzung, bei denen jedoch die Kunststofffolie die Außenseite des Ballons bildet, sind gemäß Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 in die Unterposition 9503 90 32 KN (Spielzeug aus Kunststoff ohne Mechanik) eingereiht.

17     Mit seiner zweiten Frage, die zuerst zu prüfen ist, da bei ihrer Verneinung die erste Frage gegenstandslos würde, fragt das Gericht nach der Gültigkeit von Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000, wonach Ballons mit einer Hülle aus aluminiumbedampften verschweißten Kunststofffolien, bei denen die Kunststofffolie die Außenseite des Ballons bildet, in die Unterposition 9503 90 32 KN eingereiht werden.

18     Nach ständiger Rechtsprechung hat der Rat der Europäischen Union der Kommission, die mit den Zollsachverständigen der Mitgliedstaaten zusammenarbeitet, ein weites Ermessen bei der näheren Bestimmung des Inhalts der Tarifpositionen, die für die Einreihung einer bestimmten Ware in Frage kommen, eingeräumt. Dennoch hat die Kommission aufgrund ihrer Befugnis zum Erlass von Maßnahmen gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 2658/87 nicht das Recht, den Inhalt oder die Tragweite der Tarifpositionen zu ändern (vgl. in diesem Sinne Urteil Krings, Randnr. 26 und die dort zitierte Rechtsprechung).

19     Somit ist zu prüfen, ob die Unterposition 9503 90 32 KN dahin auszulegen ist, dass sie Produkte wie die in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 beschriebenen Ballons erfasst.

20     Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Position der KN festgelegt sind. Die von der Kommission zur KN und von der Weltzollorganisation zur HS ausgearbeiteten Erläuterungen sind ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (vgl. Urteil vom 17. März 2005 in der Rechtssache C‑467/03, Ikegami, Slg. 2005, I‑2389, Randnr. 17).

21     Der Verwendungszweck der Ware kann ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er dieser Ware innewohnt, wobei sich dies anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lassen muss (vgl. Urteil Ikegami, Randnr. 23 und die dort zitierte Rechtsprechung).

22     Nach Ansicht von Anagram kann der in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 beschriebene Ballon nicht als „Spielzeug“ im Sinne der Unterposition 9503 90 32 KN eingestuft werden. Da ein solcher Ballon nämlich nur in der Luft schweben könne, könne man ihn nicht zur Unterhaltung oder zum Spielen verwenden. Außerdem sei er aufgrund des Materials, aus dem er hergestellt sei, für eine Verwendung als Spielzeug nicht widerstandsfähig und haltbar genug. Er entspreche weder der Beschreibung der Position 9503 KN noch der in den HS-Erläuterungen zu dieser Position.

23     Aus den HS-Erläuterungen zur Position 9503 ergibt sich, dass Spielzeug im Sinne dieser Position im Wesentlichen ein zur Unterhaltung für Personen (Kinder oder Erwachsene) bestimmter Gegenstand ist.

24     Es ist festzustellen, dass die fraglichen Ballons trotz ihres wenig widerstandsfähigen und wenig haltbaren Materials diese Eigenschaft haben, denn ihre geringe Lebensdauer und ihr Schweben in der Luft schließen nicht aus, dass insbesondere Kinder zu ihrer Unterhaltung mit diesen Gegenständen spielen.

25     Hinzu kommt, dass die Einreihung der Ballons durch die Kommission in der Verordnung Nr. 442/2000 durch die HS-Erläuterung zu Position 9503 gestützt wird, wonach diese Position Kinderluftballons und Papierdrachen sowie Bälle (außer für Gesellschaftsspiele und Sport) umfasst.

26     Im Übrigen ist es unerheblich, dass die genannten Bälle auch als Festartikel verwendet werden können. Lässt sich nämlich das objektive Merkmal eines Produkts bei der Zollabfertigung feststellen, so steht der Umstand, dass auch eine andere Verwendung dieses Produkts denkbar ist, seiner rechtlichen Qualifizierung nicht entgegen. Für seine zollrechtliche Tarifierung ist es nicht erforderlich, dass seine ausschließliche Zweckbestimmung dem genannten objektiven Merkmal entspricht. Ausreichend ist, dass dies seine wesentliche Zweckbestimmung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. August 1994 in der Rechtssache C‑395/93, Neckermann Versand, Slg. 1994, I‑4027, Randnrn. 8 f.).

27     Schließlich ist dem Wortlaut der Unterpositionen 9503 90 und 9503 90 32 KN kein Unterscheidungskriterium zur Kennzeichnung von mit Gas gefüllten Ballons zu entnehmen. Er sieht für die Einreihung eines Produkts in die Unterposition 9503 90 32 KN nur die beiden allgemeinen Voraussetzungen vor, dass es aus Kunststoff und ohne Mechanik ist, und diese beiden Voraussetzungen sind bei der Ware im Sinne von Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 erfüllt.

28     Daher ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass die Prüfung der zweiten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 442/2000 insoweit beeinträchtigen könnte, als die in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung bezeichneten Produkte in die Unterposition 9503 90 32 KN eingereiht sind.

29     Was die erste Frage anbelangt, die dahin geht, ob auch das im Ausgangsverfahren fragliche Produkt in die Unterposition 9503 90 32 KN einzureihen ist, ist darauf hinzuweisen, dass eine Tarifierungsverordnung Normcharakter hat, da sie nicht für einen bestimmten Wirtschaftsteilnehmer gilt, sondern für die Gesamtheit der Produkte, die mit dem Produkt identisch sind, das der Ausschuss für den Zollkodex geprüft hat, der zu der genannten Verordnung seine Stellungnahme abgegeben hat. Um im Rahmen der Auslegung einer Tarifierungsverordnung deren Anwendungsbereich zu bestimmen, ist u. a. die Begründung der Verordnung zu berücksichtigen (vgl. Urteil Krings, Randnr. 33 und die dort zitierte Rechtsprechung).

30     Anagram macht geltend, dass das fragliche Produkt in Anbetracht der Beschreibung in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 nicht in den Anwendungsbereich dieser Nummer falle. Sie verweist insbesondere auf die ausdrückliche Beschreibung des Ballons, nach der dieser aus einer Hülle aus Kunststofffolie bestehe, die auf der Innenseite mit Aluminium bedampft und verschweißt sei. Allein für diese Art von Ballon gelte die Vorschrift. Bei dem streitigen Produkt bilde jedoch die Kunststofffolie die Innenseite des Ballons.

31     Dazu ist festzustellen, dass das im Ausgangsverfahren fragliche Produkt sicherlich nicht mit dem in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 beschriebenen Produkt identisch ist, da es nicht in allen seinen Merkmalen mit der dort enthaltenen Warenbeschreibung übereinstimmt. Deshalb ist die genannte Verordnung, wie die niederländische Regierung zutreffend bemerkt, auf dieses Produkt nicht unmittelbar anwendbar.

32     Gleichwohl fördert, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, die entsprechende Anwendung einer Tarifierungsverordnung wie der Verordnung Nr. 442/2000 auf Produkte, die denjenigen entsprechen, die von dieser Verordnung erfasst werden, eine kohärente Auslegung der KN und die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer (vgl. Urteil Krings, Randnr. 35).

33     Der einzige Unterschied zwischen dem fraglichen Produkt und dem in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 442/2000 bezeichneten Produkt besteht darin, dass die Materialien, aus denen sich das Produkt zusammensetzt, lediglich umgestülpt sind; dessen wichtigste Merkmale bleiben, wie auch die Kommission bemerkt, unberührt. Daraus folgt, dass die Verordnung auf das Produkt von Anagram entsprechend anwendbar ist.

34     Außerdem wird diese Feststellung durch die Begründung von Nummer 3 der Tabelle bestätigt, wonach die Produkte mit unterschiedlichen Motiven bedruckt sein können, die sich im vorliegenden Fall hauptsächlich auf die unterschiedlichen festlichen Anlässe beziehen, ohne jedoch die Einreihung der Produkte als Spielzeugballons zu beeinflussen.

35     Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass die von der Kommission in der Verordnung Nr. 442/2000 vorgenommene Einreihung des in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung beschriebenen Produkts entsprechend für mit Gas gefüllte Ballons mit einer Hülle aus einer aluminiumbedampften verschweißten Kunststofffolie gilt, bei der die Kunststofffolie die Innenseite des Ballons bildet.

36     Nach alledem ist die dritte Vorlagefrage nicht zu beantworten.

 Kosten

37     Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 442/2000 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur insoweit beeinträchtigen könnte, als die Produkte in Nummer 3 der Tabelle im Anhang dieser Verordnung in die Unterposition 9503 90 32 der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 geänderten Fassung eingereiht sind.

2.      Die von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in der Verordnung Nr. 442/2000 vorgenommene Einreihung des in Nummer 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung beschriebenen Produkts gilt entsprechend für mit Gas gefüllte Ballons mit einer Hülle aus einer aluminiumbedampften verschweißten Kunststofffolie, bei der die Kunststofffolie die Innenseite des Ballons bildet.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.

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