Wählen Sie die experimentellen Funktionen, die Sie testen möchten.

Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62004CJ0500

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 16. Februar 2006.
Proxxon GmbH gegen Oberfinanzdirektion Köln.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Düsseldorf - Deutschland.
Zolltarifliche Einreihung - Von Hand zu betätigende Schrauben- und Spannschlüssel und auswechselbare Steckschlüsseleinsätze.
Rechtssache C-500/04.

Sammlung der Rechtsprechung 2006 I-01545

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2006:111

Rechtssache C-500/04

Proxxon GmbH

gegen

Oberfinanzdirektion Köln

(Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf)

„Zolltarifliche Einreihung – Von Hand zu betätigende Schrauben- und Spannschlüssel und auswechselbare Steckschlüsseleinsätze“

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 16. Februar 2006 

Leitsätze des Urteils

1.     Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofes – Grenzen

(Artikel 234 EG)

2.     Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen – Schraubereinsätze

1.     In einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der Tarifierung ist es Aufgabe des Gerichtshofes, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es die betreffenden Waren in die Kombinierte Nomenklatur einreihen kann, nicht aber, diese Einreihung selbst vorzunehmen, zumal der Gerichtshof nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt. Das nationale Gericht ist hierzu jedenfalls besser in der Lage.

(vgl. Randnr. 23)

2.     Die Position 8204 der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung Nr. 2388/2000 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie getrennt eingeführte Schraubereinsätze mit Vierkantantrieb für Schlitz-, Kreuzschlitz-, TX- (Innentorx-) und Innensechskantschrauben nicht erfasst. Diese Position ist jedoch dahin auszulegen, dass sie getrennt eingeführte Teile des Vierkantsystems, die bei ihrer Verwendung das Verbindungselement nicht unmittelbar berühren, sowie getrennt eingeführte Drehmomentschlüssel des Vierkantsystems erfasst.

(vgl. Randnrn. 28, 33, 37, Tenor 1-3)




URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

16. Februar 2006(*)

„Zolltarifliche Einreihung – Von Hand zu betätigende Schrauben- und Spannschlüssel und auswechselbare Steckschlüsseleinsätze“

In der Rechtssache C‑500/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 29. November 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Dezember 2004, in dem Verfahren

Proxxon GmbH

gegen

Oberfinanzdirektion Köln

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. La Pergola (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter S. von Bahr und A. Borg Barthet,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2005

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–       der Proxxon GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt D. Ehle,

–       der luxemburgischen Regierung, vertreten durch S. Schreiner und J.‑C. Nilles als Bevollmächtigte,

–       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Hottiaux und B. Schima als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Position 8204 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2388/2000 geänderten Fassung (ABl. L 264, S. 1, und – Berichtigung – ABl. L 276, S. 92).

2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Proxxon GmbH (im Folgenden: Proxxon) mit Sitz in Deutschland und der Oberfinanzdirektion Köln über die Einreihung verschiedener von Hand zu betätigender Schraubwerkzeuge, nämlich Schrauben- und Spannschlüssel sowie Steckschlüssel, und von Schraubendrehereinsätzen in die KN.

 Rechtlicher Rahmen

3       Die durch die Verordnung Nr. 2658/87 geschaffene KN stützt sich auf das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen eingeführt wurde; dieses wurde im Namen der Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) genehmigt. Die KN übernimmt die aus sechs Ziffern bestehenden Positionen und Unterpositionen des HS; lediglich die siebte und die achte Ziffer stellen Untergliederungen dar, die ihr eigen sind.

4       Das Kapitel 82 des Abschnitts XV des zweiten Teils der KN trägt die Überschrift „Werkzeuge, Schneidwaren und Essbestecke, aus unedlen Metallen; Teile davon, aus unedlen Metallen“.

5       In den Anmerkungen zu diesem Kapitel heißt es:

„1.      … Kapitel 82 [erfasst] nur Waren mit Klinge oder arbeitendem Teil:

a) aus unedlem Metall;

2.       Teile aus unedlen Metallen von Waren des Kapitels 82 werden wie die entsprechenden Waren eingereiht, ausgenommen Werkzeughalter für Handwerkzeug der Position 8466 und besonders genannte Teile. …“

6       Die in Kapitel 82 enthaltene Position 8204 lautet: „Von Hand zu betätigende Schrauben- und Spannschlüssel (einschließlich Drehmomentschlüssel); auswechselbare Steckschlüsseleinsätze, auch mit Griff“.

7       Die Position 8205 im selben Kapitel lautet: „Handwerkzeuge (einschließlich Glasschneidediamanten), anderweit weder genannt noch inbegriffen; Lötlampen und dergleichen; Schraubstöcke, Schraubzwingen und dergleichen, die nicht Zubehör oder Teile von Werkzeugmaschinen sind; Ambosse; tragbare Feldschmieden; Schleifapparate zum Hand- oder Fußbetrieb“.

8       Die ebenfalls in Kapitel 82 enthaltene Position 8206 lautet: „Zusammenstellungen von Werkzeugen aus zwei oder mehr der Positionen 8202 bis 8205, in Aufmachungen für den Einzelverkauf“.

9       Die Position 8207 im selben Kapitel lautet: „Auswechselbare Werkzeuge zur Verwendung in mechanischen oder nichtmechanischen Handwerkzeugen oder in Werkzeugmaschinen (z. B. zum Pressen, Prägen, Tiefziehen, Gesenkschmieden, Stanzen, Lochen, zum Herstellen von Innen- und Außengewinden, Bohren, Reiben, Räumen, Fräsen, Drehen, Schrauben), einschließlich Ziehwerkzeuge und Pressmatrizen zum Ziehen oder Strang- und Fließpressen von Metallen, und Erd-, Gesteins- oder Tiefbohrwerkzeuge“.

10     Die letztgenannte Position umfasst die Unterposition 8207 90 30 „Schraubendrehereinsätze“.

11     Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, die in deren Teil I Titel I Buchstabe A enthalten sind (im Folgenden: Allgemeine Vorschriften), sehen Folgendes vor:

„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1.      Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

3.      Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a)      Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b)      Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c)      Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12     Proxxon importiert von Hand zu betätigende Schraubwerkzeuge, die aus Drittstaaten stammen, nach Deutschland und in andere Mitgliedstaaten. Diese Werkzeuge werden in mehrteiligen Komplettkästen oder einzeln eingeführt.

13     Nach einer in Deutschland durchgeführten Zollprüfung beantragte Proxxon bei der Oberfinanzdirektion Köln verbindliche Zolltarifauskünfte für eine Reihe von Schrauben- und Spannschlüsseln, Steckschlüsseln und Schraubendrehereinsätzen. Hierbei schlug sie deren Einreihung in die Position 8204 der KN vor. Am 17. Juni 2001 erteilte die Oberfinanzdirektion dreizehn verbindliche Zolltarifauskünfte, in denen die Werkzeuge von Proxxon je nach Art und Zusammenstellung den Positionen 8205, 8206 und 8207 der KN zugeordnet wurden.

14     Proxxon legte gegen diese verbindlichen Zolltarifauskünfte Einsprüche ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2002 wies die Oberfinanzdirektion diese Einsprüche als unbegründet zurück. Proxxon focht diese Entscheidung beim Finanzgericht Düsseldorf mit der Begründung an, dass alle fraglichen Werkzeuge in die Position 8204 der KN eingereiht werden müssten.

15     Das Finanzgericht Düsseldorf hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Gehören getrennt eingeführte Schraubereinsätze mit Vierkantantrieb für Schlitz-, Kreuzschlitz-, TX- (Innentorx) und Innensechskantschrauben der im Beschluss näher beschriebenen Art in die Position 8204?

2.      Gehören getrennt eingeführte Teile des im Beschluss näher beschriebenen Vierkantsystems, die bei ihrer Verwendung das Verbindungselement (Mutter, Schraube) nicht unmittelbar berühren, in die Position 8204?

3.      Gehören getrennt eingeführte Drehmomentschlüssel des Vierkantsystems der im Beschluss näher beschriebenen Art in die Position 8204?

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

16     In ihren schriftlichen Erklärungen bittet die luxemburgische Regierung den Gerichtshof im Wesentlichen darum, „bestimmte Warenzusammenstellungen“, die vom Gericht des Ausgangsverfahrens in seinen drei Vorlagefragen genannt worden seien, nach der Allgemeinen Vorschrift 3 b in die Position 8466 10 oder, hilfsweise, in die Position 8204 der KN einzureihen.

17     Insoweit ist daran zu erinnern, dass das in Artikel 234 EG vorgesehene Verfahren nach ständiger Rechtsprechung ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten ist, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten die Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gibt, die sie zur Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten benötigen. Folglich ist es allein Sache der nationalen Gerichte, die mit dem Rechtsstreit befasst sind und in deren Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen Rechtssache sowohl die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass ihres Urteils als auch die Rechtserheblichkeit der Fragen, die sie dem Gerichtshof stellen, zu beurteilen (vgl. u. a. Urteile vom 18. Oktober 1990 in den verbundenen Rechtssachen C‑297/88 und C‑197/89, Dzodzi, Slg. 1990, I‑3763, Randnrn. 33 und 34, vom 8. November 1990 in der Rechtssache C‑231/89, Gmurzynska-Bscher, Slg. 1990, I‑4003, Randnrn. 18 und 19, und vom 11. Januar 2001 in der Rechtssache C‑403/98, Monte Arcosu, Slg. 2001, I‑103, Randnr. 21).

18     Im vorliegenden Fall hat das Gericht des Ausgangsverfahrens den tatsächlichen Rahmen auf „getrennt eingeführte“ Waren begrenzt. Es besteht kein Anlass, diesen vom vorlegenden Gericht gezogenen Rahmen zu verlassen und, wie die luxemburgische Regierung vorschlägt, bestimmte Zusammenstellungen dieser Waren tariflich einzureihen.

 Zur ersten Vorlagefrage

 Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

19     Proxxon macht geltend, dass die in der ersten Frage genannten Waren in die Position 8204 der KN einzureihen seien. Die vom vorlegenden Gericht vertretene Einordnung als Schraubendrehereinsätze sei unzutreffend. Die im Ausgangsverfahren streitigen Steckschlüsseleinsätze müssten danach eingereiht werden, ob sie „female“ (weiblich, d. h. von außen fassend) oder „male“ (männlich, d. h. von innen fassend) seien. Die Position 8204 der KN unterscheide bei den betreffenden Werkzeugen jedoch nicht danach, ob die Schlüsseleinsätze von innen oder von außen fassten. Die Besonderheit der im Ausgangsverfahren streitigen Waren bestehe auch in ihrer Auswechselbarkeit aufgrund der Verbindungssystematik zwischen Schrauben- und Spannschlüsseln sowie zwischen den männlichen und weiblichen Steckschlüsseleinsätzen. Alle im Ausgangsverfahren streitigen Werkzeuge hätten zudem einen einheitlichen Verwendungszweck – was ein objektives Tarifierungskriterium sei –, nämlich das Ziehen oder Lösen von mit unterschiedlichen Köpfen versehenen Gewindeschrauben durch einen einheitlichen Satz von mit der Hand zu bedienenden Schraubwerkzeugen. Die Unterposition 8207 90 30 der KN schließlich erfasse nur auswechselbare Schraubendrehereinsätze, die vor allem in einfachen Handwerkzeugen zum Einsatz kämen, wie sie in der Position 8205 beschrieben würden, während die Position 8204 „Werkzeuge unter Einsatz von Schlüsseln“ betreffe.

20     Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist der Auffassung, dass die in der ersten Frage genannten Waren in die Position 8207 der KN einzureihen seien. Denn diese seien vom vorlegenden Gericht als „Schraubendrehereinsätze“ eingeordnet worden. „Schraubendrehereinsätze“ seien in der Unterposition 8207 90 30 der KN besonders genannt. Außerdem widerspräche es dem mit der Schaffung dieser Unterposition verfolgten Zweck, die Einreihung der fraglichen Waren der Einreihung des Werkzeugs folgen zu lassen, in dem sie verwendet würden.

 Antwort des Gerichtshofes

21     Nach ständiger Rechtsprechung ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteile vom 26. September 2000 in der Rechtssache C‑42/99, Eru Portuguesa, Slg. 2000, I‑7691, Randnr. 13, vom 15. September 2005 in der Rechtssache, C‑495/03, Intermodal Transports, Slg. 2005, I‑0000, Randnr. 47, und vom 8. Dezember 2005 in der Rechtssache C‑445/04, Possehl Erzkontor, Slg. 2005, I‑0000, Randnr. 19).

22     Die Erläuterungen zur KN und diejenigen zum HS tragen jeweils erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen bei, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein. Der Inhalt dieser Erläuterungen muss daher mit den Bestimmungen der KN in Einklang stehen und darf deren Bedeutung nicht verändern (Urteile Intermodal Transports, Randnr. 48, und Possehl Erzkontor, Randnr. 20).

23     In einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der Tarifierung ist es Aufgabe des Gerichtshofes, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es die betreffenden Waren in die KN einreihen kann, nicht aber, diese Einreihung selbst vorzunehmen, zumal der Gerichtshof nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt. Das nationale Gericht ist hierzu jedenfalls besser in der Lage (Urteil vom 7. November 2002 in den verbundenen Rechtssachen C‑260/00 bis C‑263/00, Lohmann und Medi Bayreuth, Slg. 2002, I‑10045, Randnr. 26).

24     Die enge Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, die Artikel 234 EG für das Vorabentscheidungsverfahren vorsieht, beruht nämlich auf einer Verteilung der Aufgaben zwischen ihnen (Urteil vom 30. März 2000 in der Rechtssache C‑236/98, JämO, Slg. 2000, I‑2189, Randnr. 30); dieses Verfahren erlaubt dem Gerichtshof die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, auf die es für die Entscheidung des bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreits ankommt (Urteile Monte Arcosu, Randnr. 21, und Lohmann und Medi Bayreuth, Randnr. 27).

25     Im Ausgangsverfahren hat das vorlegende Gericht die fraglichen Waren als „Schraubendrehereinsätze“ eingeordnet. Diese Einordnung beruht auf einer reinen Tatsachenfeststellung, die der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht in Frage stellen kann. Zudem genügt der Hinweis, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof nicht ersucht hat, über die Einordnung dieser Einsätze zu befinden, sondern sich auf die Frage nach ihrer Tarifierung beschränkt.

26     Nach den allgemeinen Vorschriften geht die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor (Urteil Possehl Erzkontor, Randnr. 21). Insoweit bestimmt Anmerkung 2 des Kapitels 82 der KN, dass Teile aus unedlen Metallen von Waren dieses Kapitels wie die entsprechenden Waren eingeordnet werden, ausgenommen u. a. besonders genannte Teile.

27     Wie die Kommission ausführt, erfasst die Unterposition 8207 90 30 offenkundig speziell „Schraubendrehereinsätze“. Da zudem solche Einsätze in ganz unterschiedlichen Werkzeugen verwendet werden, widerspräche es dem mit der Schaffung einer besonderen Unterposition verfolgten Zweck, ihre Einreihung der Einreihung dieser Werkzeuge folgen zu lassen. Eine solche Lösung nähme der Unterposition 8207 90 30 der KN jeglichen Inhalt.

28     Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass die Position 8204 der KN dahin auszulegen ist, dass sie getrennt eingeführte Schraubereinsätze mit Vierkantantrieb für Schlitz-, Kreuzschlitz-, TX- (Innentorx) und Innensechskantschrauben der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art nicht erfasst.

 Zur zweiten Vorlagefrage

 Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

29     Nach Ansicht von Proxxon gehören die Teile des Vierkantsystems der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art in die Position 8204 der KN. Denn ob ein direkter Kontakt zwischen den Verbindungselementen und den Schrauben oder Muttern bestehe, könne kein objektives Unterscheidungs- und damit auch kein Tarifierungsmerkmal sein. Zudem seien diese Verbindungselemente auch bei getrennter Einfuhr Teile eines Systems und nur innerhalb dieses Systems verwendbar. Schließlich würden sie an keiner anderen Stelle des Kapitels 82 erwähnt.

30     Die Kommission ist ebenso wie Proxxon der Auffassung, dass die in der zweiten Frage genannten Waren in die Position 8204 der KN gehören. Denn angesichts der Funktion dieser Verbindungsteile (als Bestandteile des Antriebssystems und aufgrund ihrer Eignung zur Aufnahme verschiedener Einsätze) scheide eine Einreihung als Teile von Schraubendrehereinsätzen im Sinne der Position 8207 aus. Zudem könnten diese Waren Steckschlüsseleinsätze aufnehmen, die von der Position 8204 der KN ausdrücklich erfasst würden. Schließlich seien nach Anmerkung 2 zu Kapitel 82 der KN Teile von in dieses Kapitel gehörenden Waren wie die entsprechenden Waren einzureihen.

 Antwort des Gerichtshofes

31     Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes kann der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er dieser Ware innewohnt, wobei sich dies anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lassen muss (vgl. u. a. Urteile vom 5. April 2001 in der Rechtssache C‑201/99, Deutsche Nichimen, Slg. 2001, I‑2701, Randnr. 20, vom 4. März 2004 in der Rechtssache C‑130/02, Krings, Slg. 2004, I‑2121, Randnr. 30, und vom 17. März 2005 in der Rechtssache C‑467/03, Ikegami, Slg. 2005, I‑2389, Randnr. 23).

32     Die in der Vorlageentscheidung beschriebenen Teile des Vierkantsystems fallen, wie Proxxon und die Kommission ausgeführt haben, unter die Position 8204 der KN. Denn diese Teile können Steckschlüsseleinsätze aufnehmen, und Letztere, auch mit Griff, werden ausdrücklich von dieser Position erfasst. Darüber hinaus werden nach Anmerkung 2 zu Kapitel 82 der KN „Teile aus unedlen Metallen von Waren des Kapitels 82 … wie die entsprechenden Waren eingereiht“, was bedeutet, dass ein Verbindungsstück zwischen dem Griff oder Antriebsteil und einem Steckschlüsseleinsatz wie der Einsatz selbst einzureihen ist.

33     Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Position 8204 der KN dahin auszulegen ist, dass sie getrennt eingeführte Teile des Vierkantsystems der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art, die bei ihrer Verwendung das Verbindungselement nicht unmittelbar berühren, erfasst.

 Zur dritten Vorlagefrage

 Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

34     Proxxon, die Kommission und die luxemburgische Regierung vertreten die Auffassung, dass Drehmomentschlüssel in die Position 8204 der KN gehörten, da diese Position jene Werkzeugkategorie ausdrücklich aufführe.

 Antwort des Gerichtshofes

35     Drehmomentschlüssel sind in der Position 8204 der KN ausdrücklich genannt.

36     Wie die Kommission – unter Hinweis auf die Feststellung des vorlegenden Gerichts – ausführt, ist charakteristisch an Drehmomentschlüsseln ihre Eignung zur Aufnahme von Einsätzen verschiedener Art, wozu auch Schraubendrehereinsätze gehören können. Zudem spricht nichts dagegen, unter dem Begriff Drehmomentschlüssel in Position 8204 auch die handelsüblich als solche bezeichneten Waren zu verstehen, sofern objektives Merkmal dieser Waren ihre Eignung zur Aufnahme auswechselbarer Werkzeuge ist und sie der Erleichterung des Schraubvorgangs dienen.

37     Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Position 8204 der KN dahin auszulegen ist, dass sie getrennt eingeführte Drehmomentschlüssel des Vierkantsystems der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art erfasst.

 Kosten

38     Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Position 8204 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2388/2000 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie getrennt eingeführte Schraubereinsätze mit Vierkantantrieb für Schlitz-, Kreuzschlitz-, TX- (Innentorx) und Innensechskantschrauben der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art nicht erfasst.

2.      Die Position 8204 der Kombinierten Nomenklatur ist dahin auszulegen, dass sie getrennt eingeführte Teile des Vierkantsystems der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art, die bei ihrer Verwendung das Verbindungselement nicht unmittelbar berühren, erfasst.

3.      Die Position 8204 der Kombinierten Nomenklatur ist dahin auszulegen, dass sie getrennt eingeführte Drehmomentschlüssel des Vierkantsystems der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Art erfasst.

Unterschriften.


* Verfahrenssprache: Deutsch.

nach oben