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Dokument 61994CJ0327

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 26. September 1996.
Jürgen Dudda gegen Finanzgericht Bergisch Gladbach.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Köln - Deutschland.
Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Auslegung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c - Tontechnische Umsetzung der Darbietung bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen - Ort der Leistung.
Rechtssache C-327/94.

Sammlung der Rechtsprechung 1996 I-04595

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:1996:355

61994J0327

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 26. September 1996. - Jürgen Dudda gegen Finanzgericht Bergisch Gladbach. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Köln - Deutschland. - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Auslegung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c - Tontechnische Umsetzung der Darbietung bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen - Ort der Leistung. - Rechtssache C-327/94.

Sammlung der Rechtsprechung 1996 Seite I-04595


Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


++++

Steuerrecht ° Harmonisierung ° Umsatzsteuern ° Gemeinsames Mehrwertsteuersystem ° Dienstleistungen ° Bestimmung des steuerrechtlichen Anknüpfungspunkts ° Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur und der Künste sowie damit zusammenhängende Tätigkeiten ° Damit zusammenhängende Tätigkeiten ° Begriff ° Tontechnische Umsetzung der Darbietung bei künstlerischen Veranstaltungen mit Stellung der erforderlichen Gerätschaften und des notwendigen Bedienungspersonals ° Einbeziehung

(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c)

Leitsätze


Unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (77/388), der im Rahmen der Sonderregelung, die für Dienstleistungen eingeführt wurde, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen, vorsieht, daß als Ort bestimmter Dienstleistungen, zu denen Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur und der Künste sowie gegebenenfalls die damit zusammenhängenden Tätigkeiten gehören, der Ort gilt, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden, fällt die Tätigkeit eines Unternehmers, der bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen die tontechnische Umsetzung der Darbietung in der Weise durchführt, daß er die Auswahl und die Bedienung der eingesetzten Geräte auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten und die beabsichtigten Klangeffekte abstimmt und die erforderlichen Gerätschaften und das notwendige Bedienungspersonal stellt, sofern die Leistung dieses Unternehmers für die Darbietung der künstlerischen oder unterhaltenden Hauptleistung unerläßlich ist. Für die Auslegung dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, ob es der Unternehmer zusätzlich übernommen hat, die mit seiner Hilfe zu erzeugenden Klangeffekte auf bestimmte, von anderen Unternehmern erzeugte optische Effekte abzustimmen.

Nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers soll nämlich, wenn die Dienstleistung auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung in einem Mitgliedstaat erbracht wird und wenn der Veranstalter die Steuer, mit der der Endverbraucher belastet werden soll, in diesem Staat einnimmt, die Steuer, deren Bemessungsgrundlage alle Leistungen sind, deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen, an diesen Staat und nicht an die einzelnen Mitgliedstaaten entrichtet werden, in denen die verschiedenen tätig gewordenen Dienstleistenden den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit haben.

Entscheidungsgründe


1 Das Finanzgericht Köln hat mit Beschluß vom 17. Oktober 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Dezember 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ° Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage (77/388/EWG; ABl. L 145, S. 1; Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Kläger Dudda und dem Finanzamt Bergisch Gladbach (Finanzamt) über die Zahlung von Umsatzsteuer auf vom Kläger ausserhalb Deutschlands erbrachte Leistungen.

3 Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie stellt folgende allgemeine Regel auf:

"Als Ort der Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ... hat ..."

4 Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich bestimmt:

"Es gilt ... als Ort der folgenden Dienstleistungen der Ort, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden:

° Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Tätigkeiten".

5 In Deutschland enthält das Umsatzsteuergesetz (UStG) eine Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie entsprechende Bestimmung sowie eine Bestimmung über "künstlerische, ... unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter", die Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie entspricht.

6 Der Kläger erbringt im Rahmen seines Unternehmens tontechnische Leistungen, zu denen insbesondere die Beschallung von Konzerten und ähnlichen Veranstaltungen gehört. Der Sitz seines Unternehmens befindet sich in Deutschland; dagegen finden die Veranstaltungen, die der Kläger akustisch betreut, zum grossen Teil im Ausland statt, darunter in einigen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

7 Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß der Kläger den Auftrag für seine Tätigkeit jeweils vom Veranstalter des einzelnen Projekts erhält. Er hat im wesentlichen die betreffende Veranstaltung tontechnisch zu betreuen. Zu diesem Zweck stellt er zunächst fest, welche tontechnischen Geräte erforderlich sind und wie diese eingesetzt werden müssen, um eine optimale Beschallung oder bestimmte Klangeffekte zu erzielen. Bei einzelnen Veranstaltungen, wie insbesondere den "Klangwolke"-Projekten, müssen die akustischen Darbietungen auf andere Effekte (z. B. Lichtspiele, Darstellungen mit Laserstrahlen, Feuerwerk) abgestimmt werden. Der Kläger stellt dem Veranstalter das seiner Ansicht nach erforderliche Gerät nebst Bedienungspersonal gegen Entgelt zur Verfügung. Dabei stammen die eingesetzten Gerätschaften zum Teil aus seinem Unternehmen, zum Teil werden sie von anderen Unternehmen angemietet. Der Kläger nimmt unter Mithilfe seiner Mitarbeiter den Aufbau, die Einstellung und die Bedienung der eingesetzten tontechnischen Vorrichtungen vor und erhält für seine gesamte Leistung vom Veranstalter ein einheitliches Entgelt.

8 Das Finanzamt unterwarf die Entgelte, die der Kläger für in den Jahren 1985 und 1986 ausserhalb Deutschlands stattfindende Veranstaltungen erhielt, der Umsatzsteuer. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger gegen die Entscheidung des Finanzamts Klage beim vorlegenden Gericht.

9 Der Kläger macht geltend, daß die streitigen Leistungen "künstlerische, ... unterhaltende oder ähnliche Leistungen" im Sinne des UStG darstellten und daß eine andere Auslegung gegen Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie verstosse. Da diese Leistungen ausserhalb Deutschlands tatsächlich bewirkt worden seien, seien sie nicht in Deutschland steuerbar.

10 Nach Ansicht des Finanzamts lassen sich dagegen die streitigen Leistungen nicht als künstlerische, unterhaltende oder ähnliche Leistungen qualifizieren. Der Ort dieser Leistungen sei daher der nach der allgemeinen Regel zu bestimmende Ort, nämlich derjenige, an dem der Dienstleistende seinen Sitz habe. Demgemäß seien die Leistungen in Deutschland steuerbar.

11 Das Finanzgericht Köln neigt zu der Auffassung, die streitigen Leistungen seien weder als "künstlerische" noch als "unterhaltende", noch auch nur als "ähnliche" Leistungen im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften anzusehen. Eine abweichende Beurteilung könne sich jedoch unter Berücksichtigung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie insbesondere daraus ergeben, daß sich diese Bestimmung auch auf mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur oder der Künste usw. oder mit ähnlichen Tätigkeiten "zusammenhängende Tätigkeiten" beziehe.

12 Da das Finanzgericht Köln somit eine Auslegung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie für erforderlich hielt, um den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheiden zu können, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Übt ein Unternehmer, der bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen die tontechnische Umsetzung der Darbietung durchführt, eine Tätigkeit im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten EG-Richtlinie aus, wenn seine Aufgabe darin besteht,

° die Auswahl und die Bedienung der eingesetzten Geräte auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten und die beabsichtigten Klangeffekte abzustimmen

sowie

° die erforderlichen Gerätschaften und das notwendige Bedienungspersonal zu stellen?

b) Macht es gegebenenfalls einen Unterschied, ob der Unternehmer es zusätzlich übernommen hat, die mit seiner Hilfe zu erzeugenden Klangeffekte auf bestimmte ° von anderen Unternehmern erzeugte ° optische Effekte abzustimmen?

Zur ersten Frage

13 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie die Tätigkeit eines Unternehmers fällt, der bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen die tontechnische Umsetzung der Darbietung in der Weise durchführt, daß er die Auswahl und die Bedienung der eingesetzten Geräte auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten und die beabsichtigten Klangeffekte abstimmt und die erforderlichen Gerätschaften und das notwendige Bedienungspersonal stellt.

14 Nach Ansicht der deutschen Regierung fällt eine solche Tätigkeit nicht unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich, sondern unter Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie. Da die erstgenannte Bestimmung gegenüber der letztgenannten Ausnahmecharakter habe, sei sie restriktiv auszulegen, so daß bei ernsthaften Zweifeln hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit vorrangig die Grundregel des Artikels 9 Absatz 1 anzuwenden sei.

15 Im vorliegenden Fall bestuenden daran, ob die in der ersten Frage beschriebenen Leistungen unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie fielen, zumindest ernsthafte Zweifel. Diese Leistungen ermöglichten nämlich die Ausübung von Tätigkeiten insbesondere auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung, ohne daß sie deshalb im Sinne dieser Bestimmung selbst Tätigkeiten auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten darstellten, da ihnen das kulturschaffende Element fehle.

16 Bei der Frage, ob diese Leistungen als mit Tätigkeiten auf dem Gebiet insbesondere der Künste oder der Unterhaltung zusammenhängende Tätigkeiten angesehen werden könnten, seien zwei Auslegungen des Begriffs "zusammenhängend" möglich. Nach der ersten handele es sich um Leistungen, die mit der Person des Erbringers der Hauptleistung zusammenhingen (z. B. alle von einem Künstler erbrachten Leistungen, die mit dessen künstlerischer Hauptleistung zusammenhingen); nach der zweiten handele es sich um Leistungen, die mit dem Gegenstand der Hauptleistung zusammenhingen (z. B. jede Leistung, die mit der künstlerischen Hauptleistung zusammenhänge, unabhängig davon, wer sie erbringe).

17 Die deutsche Regierung spricht sich für die erste Auslegung aus. Sie beruft sich hierzu auf den Zweck des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c, aus Vereinfachungsgründen allen Tätigkeiten, die mit der Hauptleistung der Künstler, Sportler usw. im Rahmen einer Veranstaltung zusammenhingen, steuerrechtlich einen einzigen Ort zugrunde zu legen. Dieser Ansatz ermögliche eine Lösung des Problems der Steuerflucht von Dienstleistenden mit äusserst hoher Mobilität, wie Künstlern, die den Sitz oder die Niederlassung, von dem oder von der aus sie tätig würden, leicht nach Ländern verlegen könnten, die Steuerparadiese darstellten.

18 Mit der zweiten Auslegung sei hingegen die Gefahr einer Steuerflucht und des Mißbrauchs durch Dienstleistende verbunden, deren Tätigkeit nicht durch Mobilität gekennzeichnet sei und die ihren Sitz oder eine feste Niederlassung in einem Mitgliedstaat hätten, jedoch ihre Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbrächten. Es wäre nämlich schwierig, diese in verschiedenen Mitgliedstaaten bewirkten Leistungen zu kontrollieren. So liege im Ausgangsverfahren keinerlei Nachweis darüber vor, daß der Kläger in den Mitgliedstaaten, in denen die betreffenden Veranstaltungen stattgefunden hätten, tatsächlich Umsatzsteuer entrichtet habe. Es wäre daher einfacher, wenn die Umsatzsteuer in dem Mitgliedstaat erhoben würde, in dem ein solcher Dienstleistender niedergelassen sei.

19 Schließlich spreche für die empfohlene Auslegung auch der Wortlaut des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich, der das Wort "gegebenenfalls" enthalte. Dieses Wort wäre überfluessig, wenn die zweite Auslegung zuträfe, da in diesem Fall jede von einem Dritten erbrachte Leistung, die irgendeinen Bezug zur Hauptleistung namentlich auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung aufwiese, als mit dieser zusammenhängende Leistung unter diese Bestimmung fiele.

20 Zum Verhältnis zwischen den Absätzen 1 und 2 des Artikels 9 der Sechsten Richtlinie hat der Gerichtshof bereits festgestellt, daß Artikel 9 Absatz 2 eine Reihe besonderer Anknüpfungspunkte enthält, während in Absatz 1 insoweit eine allgemeine Regel niedergelegt ist. Durch diese Bestimmungen sollen, wie sich aus Artikel 9 Absatz 3 ° wenn auch nur für Sonderfälle ° ergibt, Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, sowie die Nichtbesteuerung von Einnahmen verhindert werden (Urteil vom 4. Juli 1985 in der Rechtssache 168/84, Berkholz, Slg. 1985, 2251, Randnr. 14).

21 Daraus folgt, daß eine Auslegung des Artikels 9 keinen Vorrang des Absatzes 1 gegenüber Absatz 2 ergibt. In jedem Einzelfall stellt sich vielmehr die Frage, ob eine der Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 2 einschlägig ist; andernfalls gilt Absatz 1.

22 Daher ist der Anwendungsbereich des Artikels 9 Absatz 2 unter Berücksichtigung seines Zweckes zu bestimmen, der sich aus der siebten Begründungserwägung der Richtlinie ergibt; diese Begründungserwägung lautet wie folgt:

"Die Bestimmung des Ortes des steuerbaren Umsatzes hat insbesondere hinsichtlich der Lieferung eines Gegenstandes mit Montage und der Dienstleistungen zu Kompetenzkonflikten zwischen den Mitgliedstaaten geführt. Wenn auch als Ort der Dienstleistung grundsätzlich der Ort gelten muß, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner beruflichen Tätigkeit hat, so sollte doch insbesondere für bestimmte zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen, deren Kosten in den Preis der Waren eingehen, als Ort der Dienstleistung das Land des Dienstleistungsempfängers gelten."

23 Artikel 9 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie als ganzer will also eine Sonderregelung für Dienstleistungen einführen, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen.

24 Ein entsprechender Zweck liegt auch Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie zugrunde, wonach als Ort von Dienstleistungen auf dem Gebiet u. a. der Künste oder der Unterhaltung sowie der mit diesen zusammenhängenden Tätigkeiten der Ort gilt, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden. Nach Auffassung des Gemeinschaftsgesetzgebers soll nämlich, wenn der Leistende seine Dienstleistungen in dem Staat erbringt, in dem derartige Leistungen tatsächlich bewirkt werden, und wenn der Veranstalter die Mehrwertsteuer, mit der der Endverbraucher belastet werden soll, in demselben Staat einnimmt, die Mehrwertsteuer, deren Bemessungsgrundlage alle diese Leistungen sind, deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen, an diesen Staat und nicht an denjenigen Staat entrichtet werden, in dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.

25 Eine bestimmte Leistung fällt nicht nur dann unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich, wenn sie ein besonderes künstlerisches Niveau hat; auch fallen unter diese Bestimmung nicht nur Leistungen, die sich auf Tätigkeiten auf dem Gebiet insbesondere der Kunst oder der Unterhaltung beziehen, sondern auch solche, die sich auf nur ähnliche Tätigkeiten beziehen.

26 Ist der künstlerische oder unterhaltende Charakter der Haupttätigkeit wie im vorliegenden Fall unstreitig, so bleibt zu prüfen, ob eine Leistung der im Ausgangsverfahren streitigen Art eine damit zusammenhängende Dienstleistung im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie darstellt.

27 Angesichts der Feststellungen in den Randnummern 24 und 25 dieses Urteils sind alle jene Leistungen als mit einer Tätigkeit insbesondere auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung zusammenhängende Dienstleistungen anzusehen, die zwar selbst keine solche Tätigkeit darstellen, aber für ihre Ausübung unerläßlich sind.

28 Mithin handelt es sich dabei um Leistungen, die mit der objektiv betrachteten Haupttätigkeit zusammenhängen, ohne daß es auf die Person des Erbringers ankäme.

29 Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie, der von mit Tätigkeiten insbesondere auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung zusammenhängenden Tätigkeiten spricht, ohne darauf abzustellen, wer diese Tätigkeiten ausübt.

30 Dieser Auslegung steht auch nicht das Wort "gegebenenfalls" entgegen, da es lediglich darauf hindeutet, daß nicht in jedem Fall neben einer Haupttätigkeit auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung auch eine damit zusammenhängende Tätigkeit vorliegt.

31 Aus dem Vorstehenden folgt, daß eine Leistung, die die Beschallung einer künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltung zum Gegenstand hat, dann als damit zusammenhängende Leistung im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie anzusehen ist, wenn sie für die Durchführung dieser Veranstaltung unerläßlich ist.

32 Die Gefahr der Steuerflucht oder des Mißbrauchs durch Erbringer dieser Dienstleistungen, die den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat haben, ihre Leistungen jedoch in einem anderen Mitgliedstaat erbringen, kann nicht zu einer anderen Auslegung führen. Im übrigen können die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten, wie die Kommission in der Sitzung und der Generalanwalt in den Nummern 24 und 45 seiner Schlussanträge hervorgehoben haben, nach den Artikeln 21 und 22 Absatz 7 der Sechsten Richtlinie Maßnahmen ergreifen, um einer solchen Gefahr zu begegnen.

33 Somit ist auf die erste Frage zu antworten, daß unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie die Tätigkeit eines Unternehmers fällt, der bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen die tontechnische Umsetzung der Darbietung in der Weise durchführt, daß er die Auswahl und die Bedienung der eingesetzten Geräte auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten und die beabsichtigten Klangeffekte abstimmt und die erforderlichen Gerätschaften und das notwendige Bedienungspersonal stellt, sofern die Leistung dieses Unternehmers für die Darbietung der künstlerischen oder unterhaltenden Hauptleistung unerläßlich ist.

Zur zweiten Frage

34 Nach dem Vorlagebeschluß hat der Kläger vor dem vorlegenden Gericht vorgetragen, die Leistungen, die er im Rahmen der Programme "Klangwolke" erbracht habe, bei denen er die akustischen Darbietungen auf bestimmte optische Effekte habe abstimmen müssen, stellten als solche unterhaltende Leistungen dar.

35 Das nationale Gericht hat somit seine zweite Vorlagefrage unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs gestellt.

36 Die Frage, ob die Abstimmung der von einem Unternehmer erzeugten Klangeffekte auf bestimmte, von anderen Unternehmern erzeugte optische Effekte als solche eine Leistung auf dem Gebiet der Unterhaltung oder eine mit einer Tätigkeit auf dem Gebiet der Unterhaltung zusammenhängende Tätigkeit darstellt, ist vom nationalen Gericht zu beurteilen. Auf diese Frage kommt es jedoch nicht an, da alle diese Leistungen unter dieselbe Bestimmung, nämlich Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie, fallen.

37 Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, daß es für die Beantwortung der ersten Frage nicht darauf ankommt, ob es der Unternehmer zusätzlich übernommen hat, die mit seiner Hilfe zu erzeugenden Klangeffekte auf bestimmte, von anderen Unternehmern erzeugte optische Effekte abzustimmen.

Kostenentscheidung


Kosten

38 Die Auslagen der deutschen und der italienischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Finanzgericht Köln mit Beschluß vom 17. Oktober 1994 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ° Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG) fällt die Tätigkeit eines Unternehmers, der bei künstlerischen oder unterhaltenden Veranstaltungen die tontechnische Umsetzung der Darbietung in der Weise durchführt, daß er die Auswahl und die Bedienung der eingesetzten Geräte auf die jeweiligen akustischen Gegebenheiten und die beabsichtigten Klangeffekte abstimmt und die erforderlichen Gerätschaften und das notwendige Bedienungspersonal stellt, sofern die Leistung dieses Unternehmers für die Darbietung der künstlerischen oder unterhaltenden Hauptleistung unerläßlich ist.

2. Für die Beantwortung der ersten Frage kommt es nicht darauf an, ob es der Unternehmer zusätzlich übernommen hat, die mit seiner Hilfe zu erzeugenden Klangeffekte auf bestimmte, von anderen Unternehmern erzeugte optische Effekte abzustimmen.

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