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Dokument 61983CC0091
Opinion of Mr Advocate General Mancini delivered on 3 July 1984. # Heineken Brouwerijen BV v Inspecteur der Vennootschapsbelasting, Amsterdam and Utrecht. # References for a preliminary ruling: Gerechtshof Amsterdam - Netherlands. # State aids - Notification. # Joined cases 91 and 127/83.
Schlussanträge des Generalanwalts Mancini vom 3. Juli 1984.
Heineken Brouwerijen BV gegen Inspecteurs der Vennootschapsbelasting Amsterdam und Utrecht.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Gerechtshof Amsterdam - Niederlande.
Staatliche Beihilfen - Unterrichtung der Kommission.
Verbundene Rechtssachen 91 und 127/83.
Schlussanträge des Generalanwalts Mancini vom 3. Juli 1984.
Heineken Brouwerijen BV gegen Inspecteurs der Vennootschapsbelasting Amsterdam und Utrecht.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Gerechtshof Amsterdam - Niederlande.
Staatliche Beihilfen - Unterrichtung der Kommission.
Verbundene Rechtssachen 91 und 127/83.
Sammlung der Rechtsprechung 1984 -03435
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:1984:235
SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS
G. FEDERICO MANCINI
VOM3. JULI 1984 ( 1 )
Herr Präsident,
meine Herren Richter!
1. |
Gegenstand dieser Vorabentscheidungsverfahren ist die Auslegung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag, die staatliche Beihilfen an Unternehmen betreffen. Es geht im wesentlichen darum einige Aspekte des einschlägigen Verfahrens näher zu bestimmen, das die Kommission, die Mitgliedstaaten und die betroffenen Unternehmen nach diesen Vorschriften einhalten müssen, um eine angemessene präsentive Kontrolle der nationalen Interventionsmaßnahmen auszuüben oder zu ermöglichen. Der Sachverhalt der Rechtssache 91/83: Am 30. Januar 1981 setzte der Inspecteur der vennootschapsbelasting Amsterdam (Amt für Körperschaftssteuer) die Steuerschuld der Gesellschaft mit beschränkter Haftung Heineken Brouwerijen mit Sitz in Zoeterwoude (Niederlande) für den Zeitraum 1977/78 auf 44240451 HFL fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Firma mit am 25. März 1981 eingereichter Klageschrift Klage beim Gerechtshof Amsterdam. Die Festsetzung — so wird dort ausgeführt — berücksichtige den Umstand nicht, daß die Firma Heineken während des Zeitraums, auf den sich die Besteuerung beziehe, Investitionen in neuen Immobilien in Höhe von 32287582 HFL vorgenommen habe; daraus ergebe sich ihr Anspruch — in Form einer Herabsetzung der Steuer — auf einen Zuschuß in Höhe von 9617994 HFL gleich 25 % des Gesamtbetrags der Neuinvestitionen anstatt der geringeren ihr vom Finanzamt zuerkannten Summe (11 % dieses Betrags). Da der Gerechtshof eine Vorabentscheidung gemäß Artikel 177 für erforderlich hält, hat er mit Beschluß vom 13. April 1983 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen vorgelegt:
Ich komme zur Rechtssache 127/83. Am 3. Juni 1981 setzte der Inspecteur der vennootschapsbelasting Utrecht die Steuerschuld der Firma Heineken Brouwerijen auf 165000 HFL fest. Die Firma Heineken erhob gegen diesen Bescheid Klage beim Gerechtshof Amsterdam und trug vor, daß die streitige Steuer die von ihr vorgenommenen Investitionen (Erweiterung von drei Betriebsgebäuden für die Wasseraufbereitung) wegen des Ortes, an dem sie vorgenommen worden seien, einschneidender treffe als andere gleichartige Investitionen und daher unvereinbar mit den Artikeln 92 und 93 EWG-Vertrag sei. Wie in der Rechtssache 91/83 hat der Gerechtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof mit Beschluß vom 13. April 1983 die soeben wiedergegebenen Fragen vorgelegt. Durch Beschluß vom 1. Februar 1984 hat der Gerichtshof die beiden Rechtssachen für die Zwecke des mündlichen Verfahrens und einer gemeinsamen Entscheidung verbunden, da beide Rechtssachen dieselben Parteien betreffen und sich auf die gleiche Materie beziehen. |
2. |
Um die Tragweite und den logischen Zusammenhang der vier Fragen richtig zu verstehen, ist es erforderlich, einen Hinweis auf die nationale Regelung zu geben, die in den beiden Rechtssachen einschlägig ist und die man sich bei der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, auf die das vorlegende Gericht Bezug nimmt, vor Augen halten muß. Die Stadtgebiete der westlichen Niederlande, der sogenannten „Randstad-Nederland“, sind zu dicht bevölkert und zu stark industrialisiert. Um die Entlastung dieser Gebiete zu fördern, legte die niederländische Regierung im Jahr 1972 einen Gesetzentwurf (Wet Selectieve Investeringsregeling oder SIR) vor, mit dem eine Abgabe auf den größten Teil der Neuinvestitionen in diesen Gebieten eingeführt wurde. Der Entwurf wurde im Jahr 1974 verabschiedet, nach zwei Jahren jedoch wurde die Geltung des Gesetzes ausgesetzt. Im Jahr 1977 legte die niederländische Regierung dann einen zweiten Gesetzentwurf (Wet Investeringsrekening oder WIR) vor, der staatliche Zuschüsse zugunsten von Investitionen in Form von Steuersenkungen vorsah. Diese Zuschüsse umfaßten eine Grundprämie, die für jede Art von Investitionen gewährt wurde, und selektive Prämien, unter anderem eine „allgemeine regionale Prämie“, die nur für außerhalb der Randstad vorgenommene Investitionen gewährt wurde. Der Mechanismus der selektiven Prämien und insbesondere derjenige der allgemeinen regionalen Prämie wurden von der Kommission (die von der niederländischen Regierung über den Entwurf der WIR gemäß Artikel 93 EWG-Vertrag unterrichtet worden war) als unvereinbar mit Artikel 92 angesehen, unter anderem — so stellt die Kommission fest — weil sie auf eine regionale Beihilfe hinausliefen, die als solche auf die von der Kommission selbst im Rahmen ihrer eigenen Politik festgelegten Gebiete hätte beschränkt werden müssen. Nach diesen Beanstandungen änderte die Regierung die Vorschriften der WIR und bezog die als selektive Prämien vorgesehenen Steuererleichterungen in die Grundprämie ein; auf diese Weise verallgemeinerte sie die Beihilfemaßnahmen und überwandt so das Hindernis, das Artikel 92 darstellte. Während der parlamentarischen Arbeiten zur Verabschiedung der WIR wurde das im Jahr 1974 eingeführte und dann im Jahr 1976 ausgesetzte Abgabesystem (SIR) erneut geprüft. In den Entwurf der WIR wurden deshalb einige Änderungen der SIR aufgenommen, durch die die beiden Interventionsinstrumente koordiniert werden sollten; insbesondere wurde — und sei es auch nur vorübergehend — die Höhe der in Form von Steuernachlässen gewährten Beihilfen mit Hilfe einer niedrigeren Quote für die in der Randstad vorgenommenene Investitionen und einer höheren für die in anderen Gebieten vorgenommenen Investitionen differenziert (Artikel 36). Die Ausgangsverfahren sind gerade aus dem Zusammenwirken der beiden Systeme entstanden, nämlich des Systems der SIR und desjenigen der WIR. Denn nach Auffassung der Klägerin führt der differenzierte Steuernachlaß zu einer Beihilfe zugunsten der Firmen, die außerhalb der Randstad investieren; diese Beihilfe unterscheide sich daher nicht von den Beihilfen, die im Entwurf der WIR vorgesehen seien und nach dem Urteil der Kommission im Widerspruch zu Artikel 92 stünden. |
3. |
Gegenstand der vier Fragen ist die Auslegung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag. Insbesondere die erste Frage geht dahin, ob eine Reihe von Maßnahmen, die in den Niederlanden im Hinblick auf Industrieansiedlungen eingeführt worden sind, unter den Begriff dei „Beihilfe“ im Sinne des Artikels 92 fallen; die anderen drei beziehen sich dagegen auf das besondere Verfahren, das Artikel 93 für die Beurteilung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vorsieht. Ich sage gleich, daß die Reihenfolge der Fragen meiner Ansicht nach umzukehren ist: Der Nutzen einer Antwort auf die den Begriff der Beihilfe betreffende Frage hängt nämlich von der Antwort ab, die Sie auf die das Verfahren nach Artikel 93 betreffenden Auslegungsfragen geben werden. Zu dieser Betrachtungsweise gelange ich durch Ihre Rechtsprechung. Sie haben sich mehrfach mit den Grenzen befaßt, innerhalb deren einzelne die Rechtmäßigkeit von staatlichen Beihilfen vor ihren Gerichten in Zweifel ziehen können; besonders aufschlußreich erscheint mir die Auffassung, die Sie in den Urteilen vom 22. März 1977 in der Rechtssache 78/76, Steinike und Weinlig/Deutschland, Slg. 1977, 595, und in der Rechtssache 74/76, Ian-nelli/Meroni, Slg. 1977, 557, zum Ausdruck gebracht haben. Nach einer Rechtsvorschrift der Bundesrepublik mußten die Importeure von Zitrusfrüchten, die diese Früchte zur Herstellung, von Getränken verwendeten, an eine besondere Körperschaft einen Betrag entrichten, der dazu bestimmt war, den Verkauf und die Ausfuhr von deutschen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu fördern. Sie wurden um Entscheidung darüber ersucht, ob die Vereinbarkeit einer derartigen Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt von einem deutschen Verwaltungsgericht beurteilt werden könne. Ihre Antwort ist bekannt. „Bei der Beurteilung der Frage, ob eine staatliche Beihilfe [mit dem Gemeinsamen Markt] vereinbar ist“ — so haben Sie festgestellt — „sind ... [nicht nur] vielschichtige ... [sondern auch] raschen Änderungen unterliegende wirtschaftiche Gegebenheiten ... zu bewerten“; gerade aus diesem Grund schreibt „Artikel 93 des Vertrages ... ein besonderes Verfahren für die fortlaufende Überprüfung der Beihilfen durch die Kommission vor“. Daraus folgt, daß die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt Sache der Kommission ist — natürlich unter der Kontrolle des Gerichtshofes; deshalb können auch die einzelnen im Regelfall und allein aufgrund des Artikels 92 den nationalen Gerichten diese Frage nicht vorlegen (Randnummern 9 und 10 der Entscheidungsgründe des Steinike-Urteils). Über Anträge auf Feststellung der Unvereinbarkeit — so haben Sie abschließend festgestellt — kann das Gericht daher nur in genau definierten Ausnahmefällen entscheiden, z. B. wenn die Beihilfe „Gegenstand einer den ... Mitgliedstaat zur Aufhebung oder Umgestaltung verpflichtenden Entscheidung der Kommission“ gewesen ist oder wenn sie eingeführt worden ist, ohne daß das Verfahren des Artikels 93 Absatz 3 eingehalten wurde (Randnummer 15). Wie klug diese Lösung ist, liegt auf der Hand. Nach ihren Befugnissen und ihren Mitteln ist die Kommission zur Durchführung der schwierigen Untersuchung, die die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt voraussetzt, viel besser ausgestattet als die nationalen Gerichte; dagegen ist das Gericht in vollem Umfang in der Lage festzustellen, ob eine Beihilfe gegen den Willen der Kommission weiterbesteht oder ob die Einführung der Beihilfe unter Mißachtung der Verfahrensvoraussetzungen erfolgt ist. Nun sieht jeder, was dies für den vorliegenden Fall bedeutet: Eine Antwort auf die erste Frage ist nur dann von Nutzen, wenn festgestellt wird, daß der niederländische Staat gegen die Verpflichtungen aus Artikel 93 und insbesondere aus dessen Absatz 3 verstoßen hat. Ich erinnere daran, daß die Kommission nach dieser Vorschrift von „jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen“ so rechtzeitig zu unterrichten ist, daß sie sich dazu äußern kann und daß sie — wenn sie das Vorhaben für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar hält — das in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren einleiten kann. |
4. |
Ich beginne also mit der zweiten Frage. Das vorlegende Gericht fragt Sie, ob das Beihilfevorhaben, von dem der Staat die Kommission unterrichtet, allen Beteiligten unmittelbar und deutlich zur Kenntnis gegeben werden muß. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, daß die Mitteilungspflicht des Staates zweckmäßig ist für das in Artikel 93 Absatz 2 geregelte Verfahren: Sie entspricht nämlich dem Erfordernis, daß die Kommission rechtzeitig über alle Informationen verfügen muß, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beihilfemaßnahmen, die ergriffen werden sollen, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind und, wenn sie sie für nicht vereinbar hält, um ihre Aufhebung oder Umgestaltung vorzuschreiben. Im Rahmen dieses Verfahrens nun sind die Wirtschaftsteilnehmer, an die sich derartige Maßnahmen richten, geschützt. Dafür sorgt Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1 dadurch, daß er vorschreibt, daß die Kommission, bevor sie die Beihilfen prüft, die Betreffenden zur Äußerung aufzufordern hat; bei dieser Prüfung und bei der Entscheidung, die auf diese Prüfung folgt, werden demnach die Interessen, die diese Wirtschaftsteilnehmer vertreten, in der gebotenen Weise berücksichtigt. Bei diesem Stand der Dinge ist es nicht möglich, in Artikel 93 eine Verpflichtung der Staaten hineinzulesen, nicht nur die Kommission, sondern auch die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer über die Beihilfen zu unterrichten, deren Einführung sie beabsichtigen. Gegen diese Auffassung spricht, was ich gerade zu dem angemessenen Schutz gesagt habe, den diese Wirtschaftsteilnehmer genießen, und mehr noch die Unsinnigkeit der sich aus ihr ergebenden praktischen Konsequenzen. Wie könnten denn die Staaten für die detaillierte Verbreitung der Angaben sorgen, die diese Auffassung verlangt, ohne daß die rechtzeitige Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens im allgemeinen oder der wirtschafaftspolitischen Interventionen im besonderen gefährdet würden? Dem ist meiner Ansicht nach nichts hinzuzufügen, um zu zeigen, daß die zweite Frage zu verneinen ist. |
5. |
Die dritte Frage geht dahin, ob die Verpflichtung zur Unterrichtung der Kommission über die Absicht, Beihilfen einzuführen oder zu ändern, die den Staaten durch Artikel 93 Absatz 3 auferlegt ist, sich auch auf die Änderungen dieser Vorhaben während der parlamentarischen Verhandlungen erstreckt. Sie können diese Frage nur bejahen, meiner Ansicht nach jedoch mit einer Einschränkung, die durch die materiellen Erfordernisse vorgegeben ist, die die Vorschrift erfüllen soll. Die Vorschrift — das haben Sie selbst gesagt — wurde geschaffen, um es der Kommission zu ermöglichen, die Vereinbarkeit von vorgesehenen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt zu beurteilen. Bei einem derartigen Ziel ist es aber nicht zuläßig, zu Lasten der Staaten eine absolute oder vollständige Mitteilungspflicht vorzusehen. Mit anderen Worten, es sind die Änderungen mitzuteilen, die durch ihre Auswirkungen auf die Tätigkeit der Unternehmen oder ihre Wettbewerbsbeziehungen Einfluß auf das Urteil der Kommission haben können, und sicherlich nicht die anderen, d. h. die nur formalen oder für die Wettbewerbsfreiheit nicht gefährlichen Änderungen. Das vorlegende Gericht stellt Ihnen diese Frage aufgrund der sich eindeutig aus den Vorlagebeschlüssen ergebenden Annahme, daß der niederländische Staat die Kommission nicht von den am Entwurf der WIR während der parlamentarischen Arbeiten vorgenommenen Änderungen unterrichtet habe, insbesondere daß er ihr die Wiedereinführung des in der SIR vorgesehenen Abgabensystems und der Differenzierung des Betrags der Beihilfen für Neuansiedlungen verschwiegen habe. Die Kommission selbst verneint jedoch, daß dies der Fall sei; auf die ihr vom Gerichtshof vorgelegten Fragen hat sie nämlich vorgetragen, daß die niederländischen Behörden ihr sowohl das Wiederinkrafttreten des SIR-Systems als auch die differenzierte Verringerung der steuerlichen Belastung neuer Anlagen mitgeteilt hätten. Da dies die einzigen Änderungen waren, die sich auf das von der Kommission ausgesprochene Urteil über die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt auswirken konnten, liegt meiner Ansicht nach in der vorliegenden Sache kein Fall der Nichterfüllung der Mitteilungspflicht durch den niederländischen Staat vor. |
6. |
Die vierte Frage ist eng mit der vorhergehenden Frage verknüpft und zerfällt in zwei Teile. Der erste Teil betrifft das Verbot, die beabsichtigten Maßnahmen durchzuführen, bevor die Kommission das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 abgeschlossen hat. Läßt sich sagen — so fragt das Gericht —, daß dieses Verbot auch für Vorhaben gilt, die in ihrer ursprünglichen Form ordnungsgemäß mitgeteilt, in der Folge jedoch geändert worden sind, ohne daß die Änderungen der Kommission bekanntgegeben worden sind? Die Frage ist auf eine Feststellung der Tragweite des Artikels 93 Absatz 3 gerichtet. Wie ich mehrfach ausgeführt habe, verpflichtet diese Vorschrift die Staaten, die Kommission von Beihilfevorhaben zu unterrichten, um es ihr zu ermöglichen, sich zur Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu äußern. Mir scheint auf der Hand zu liegen, daß die Verpflichtung, die beabsichtigten Interventionen nicht durchzuführen, bereits in diesem vorprozessualen Stadium gilt, und zwar für den gesamten Zeitraum, den die Kommission vernünftigerweise benötigt, um entweder ihre Stellungnahme bekanntzugeben oder um — sobald sie diese veröffentlicht hat — zu entscheiden, ob sie das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren einleitet. Ist dieser Zeitraum ohne Beanstandungen seitens der Kommission abgelaufen, so entfällt das Verbot, und es ist davon auszugehen, daß es dem Mitgliedstaat freisteht, sein Vorhaben durchzuführen. Wie ist nun die Rechtslage, wenn derselbe Staat Änderungen an dem ursprünglichen Entwurf vorgenommen hat, ohne die Kommission davon zu unterrichten? Ich bin der Meinung, daß das in Frage stehende Verbot auch in diesem Fall besteht. Wenn dem nicht so wäre, befände sich der Staat, der seine Verpflichtungen nicht erfüllt, in einer vorteilhaften Position, ein Ergebnis, das zu widersinnig ist, als daß es haltbar sein könnte. Was das Stadium der Prüfung durch die Kommission angeht, reicht die Feststellung aus, daß die Verpflichtung, das Vorhaben nicht durchzuführen, ausdrücklich in Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 vorgesehen ist. Zwar könnte man vorbringen, daß diese Vorschrift die Unterrichtung mit der Einleitung des Verfahrens verknüpft, und daraus herleiten — dies hat, so nehme ich an, das niederländische Gericht getan —, daß die Verpflichtung, von der Durchführung der Maßnahme Abstand zu nehmen, nicht entsteht, wenn keine Unterrichtung erfolgt ist. Dieses Argument stünde jedoch auf schwachen Füßen. Sicherlich kann die Kommission nämlich das Verfahren auch dann einleiten, wenn das Vorhaben ihr nicht mitgeteilt worden ist, und zwar aufgrund von Angaben, die sie auf anderen Wegen erhalten hat. Dies reicht meiner Ansicht nach für die Feststellung aus, daß die fehlende Unterrichtung keine Auwirkungen auf das Verbot haben kann, die beabsichtigten Maßnahmen durchzuführen. Im zweiten Teil der vierten Frage werden diese Punkte weiter ausgeführt. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob dieses Verbot — vorausgesetzt, daß es auch in bezug auf nicht mitgeteilte Änderungen besteht — sich auf die gesamte Beihilfe oder nur auf den durch die Änderung zustande gekommenen Teil erstreckt. Ich bezweifle, daß man ihm eine einheitliche Antwort geben kann. Hier spielen nämlich die konkreten Umstände eine entscheidende Rolle, und zwar die Auswirkung, die das Zusammenwirken der ursprünglichen Maßnahme mit der Änderung auf das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes haben kann. Wenn dieses Zusammenwirken potentiell im Widerspruch zum EWG-Vertrag steht, liegt es meiner Ansicht nach auf der Hand, daß die Durchführung der gesamten Beihilferegelung ausgesetzt bleiben muß. Möglicherweise besteht ein solcher Widerspruch aber nicht, z. B. weil die ursprünglich beabsichtigte Maßnahme keine Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt hat, und die Vorschrift, durch die die Änderung eingeführt wird, gegenüber jener autonom ist. Bei einer derartigen Fallgestaltung gilt die Aussetzung nur für die nicht mitgeteilte Änderung. |
7. |
Zum Schluß komme ich zur ersten Frage. Der Gerichtshof fragt danach, ob verschiedene niederländische Rechtsvorschriften wegen der Wirkung auf den Gemeinsamen Markt, die sie zusammen ausüben, als „Beihilfen“ im Sinne von Artikel 92 EWG-Vertrag anzusehen sind. Wie ich zu Anfang ausgeführt habe, ist es nach Ihrer Rechtsprechung nicht zulässig, daß nationale Gerichte darüber entscheiden, ob eine Beihilfemaßnahme mit dem EWG-Vertrag vereinbar ist, es sei denn, sie ist eingeführt worden, ohne das besondere Verfahren des Artikels 93 einzuhalten. Außerdem läßt sich aufgrund der Antworten, die sich auf die Fragen 2, 3 und 4 gegeben habe, verneinen, daß der niederländische Staat beim Erlaß der streitigen Vorschriften gegen verfahrensrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Daraus folgt, daß die Voraussetzungen, aufgrund deren das vorlegende Gericht die Vereinbarkeit dieser Vorschriften beurteilen kann, nicht vorliegen; deshalb erübrigt sich eine Entscheidung des Gerichtshofes über die von ihm gestellte Frage. |
8. |
Aufgrund all dieser Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor, drei der vier Fragen, die der Gerechtshof Amsterdam mit zwei parallelen Beschlüssen, beide vom 13. April 1983, in den Rechtsstreitigkeiten der Gesellschaft mit beschränkter Haftung Heineken Brouwerijen gegen den Inspecteur der vennootschapsbelasting Amsterdam und den Inspecteur der vennootschapsbelasting Utrecht gestellt hat, wie folgt zu beantworten:
Zuletzt schlage ich vor, die erste Frage nicht zu beantworten. Aufgrund der Antworten, die ich für die durch die anderen Fragen aufgeworfenen Auslegungsprobleme vorgeschlagen habe, erübrigt sich nämlich eine Entscheidung über diese Frage. |
( 1 ) Aus dem Italienischen übersetzt.