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Document 62005CJ0391
Judgment of the Court (Fourth Chamber) of 1 March 2007. # Jan De Nul NV v Hauptzollamt Oldenburg. # Reference for a preliminary ruling: Finanzgericht Hamburg - Germany. # Excise duties - Exemption from excise duty on mineral oils - Directive 92/81/EEC - ‘Navigation within Community waters’. # Case C-391/05.
Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 1. März 2007.
Jan De Nul NV gegen Hauptzollamt Oldenburg.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Hamburg - Deutschland.
Verbrauchsteuern - Befreiung von der Mineralölsteuer - Richtlinie 92/81/EWG - Begriff "Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft".
Rechtssache C-391/05.
Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 1. März 2007.
Jan De Nul NV gegen Hauptzollamt Oldenburg.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Hamburg - Deutschland.
Verbrauchsteuern - Befreiung von der Mineralölsteuer - Richtlinie 92/81/EWG - Begriff "Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft".
Rechtssache C-391/05.
Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-01793
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:126
*A9* Finanzgericht Hamburg, Beschluß vom 30/08/2005 (IV 342/02)
Rechtssache C‑391/05
Jan De Nul NV
gegen
Hauptzollamt Oldenburg
(Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Hamburg)
„Verbrauchsteuern – Befreiung von der Mineralölsteuer – Richtlinie 92/81/EWG – Begriff ‚Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft‘“
Schlussanträge des Generalanwalts Y. Bot vom 14. Dezember 2006
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 1. März 2007
Leitsätze des Urteils
1. Steuerrecht – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle – Richtlinie 92/81
(Richtlinie 92/81 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1)
2. Steuerrecht – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle – Richtlinie 92/81
(Richtlinie 92/81 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1)
1. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 92/81 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle sieht eine Reihe obligatorischer Steuerbefreiungen vor, wie diejenige in Buchst. c Unterabs. 1 für Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft einschließlich der Fischerei außer für die private nicht gewerbliche Schifffahrt.
Der Begriff „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ im Sinne dieser Bestimmung bezieht sich auf alle Gewässer, die von sämtlichen für den gewerblichen Seeverkehr tauglichen Seeschiffen einschließlich derjenigen mit der größten Kapazität befahren werden können. Er umfasst daher auch bestimmte Binnenwasserstraßen.
Für die gewerbliche Seeschifffahrt taugliche Schiffe können nämlich für diese Schifffahrt auch auf bestimmten Binnenwasserstraßen bis zu bestimmten Seehäfen eingesetzt werden, auch wenn diese Häfen nicht an der Küste liegen. Diese Schifffahrt von der obligatorischen Steuerbefreiung auszunehmen, sobald sie auf Binnenwasserstraßen in Richtung Seehäfen stattfindet, würde dem innergemeinschaftlichen Handelsverkehr schaden, da dieser Ausschluss die von einer solchen Schifffahrt betroffenen Wirtschaftsteilnehmer benachteiligen und deswegen dazu führen könnte, dass ein Teil des Seeverkehrs von diesen Häfen abgezogen würde. Hierdurch würden diese Wirtschaftsteilnehmer gegenüber denjenigen, die in den an der Küste liegenden Häfen tätig sind, benachteiligt.
(vgl. Randnrn. 19, 30, 32, Tenor 1)
2. Die Manövriertätigkeit eines Hopperbaggers während der Saug- und Spülarbeiten, d. h. die mit der Ausführung der Baggerarbeiten unmittelbar zusammenhängenden Fahrten, fällt unter den Begriff „Schifffahrt“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle.
Auf den Zweck der durchgeführten Fahrt kommt es nämlich nicht an, solange es sich dabei um eine Schifffahrt handelt, die eine entgeltliche Dienstleistung umfasst. Ein Hopperbagger, der über einen Schiffsantrieb verfügt, mithilfe dessen er sich bei seiner Manövriertätigkeit selbständig fortbewegen kann, weist die technischen Merkmale auf, die für eine Schifffahrt erforderlich sind und ihm die Erbringung einer solchen Dienstleistung ermöglichen.
(vgl. Randnrn. 37-38, 40, Tenor 2)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
1. März 2007(*)
„Verbrauchsteuern – Befreiung von der Mineralölsteuer – Richtlinie 92/81/EWG – Begriff ‚Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft‘“
In der Rechtssache C‑391/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 30. August 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 2005, in dem Verfahren
Jan De Nul NV
gegen
Hauptzollamt Oldenburg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters E. Juhász, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis und J. Malenovský,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Jan De Nul NV, vertreten durch Rechtsanwalt W. Meven,
– des Hauptzollamts Oldenburg, vertreten durch A. Gessler als Bevollmächtigte,
– der belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Mölls als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Dezember 2006
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABl. L 316, S. 12) in der Fassung der Richtlinie 94/74/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. L 365, S. 46) (im Folgenden: Richtlinie 92/81).
2 Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Jan De Nul NV (im Folgenden: De Nul) und dem Hauptzollamt Oldenburg (im Folgenden: Hauptzollamt) über dessen Weigerung, bestimmte beim Betrieb eines Laderaumsaugschiffs (Hopperbagger) verwendete Mineralölmengen von der Mineralölsteuer (im Folgenden: Steuer) zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 92/81
3 Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 92/81 bestimmt:
„(1) Über die allgemeinen Vorschriften über die steuerbefreite Verwendung verbrauchsteuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der harmonisierten Verbrauchsteuer:
…
c) Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft (einschließlich Fischerei); hiervon ausgenommen ist die Verwendung für die private nichtgewerbliche Schifffahrt.
Im Sinne dieser Richtlinie ist unter der ‚privaten nichtgewerblichen Schifffahrt‘ zu verstehen, dass das Wasserfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.
…
(2) Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften können die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle oder andere wie diese eingesetzte Erzeugnisse gewähren, welche unter Steueraufsicht verwendet werden:
…
b) für die Schifffahrt auf Binnenwasserstraßen, mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt;
…
g) beim Ausbaggern von Schifffahrtsstraßen und Häfen.“
Nationales Recht
4 In Deutschland finden sich die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Steuerbefreiung für Mineralöle im Mineralölsteuergesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. 1992 I S. 2150 und 2185, im Folgenden: MinöStG) sowie in der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung) vom 15. September 1993 (BGBl. 1993 I S. 1602, im Folgenden: MinöStV).
5 Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG darf Mineralöl vorbehaltlich des § 12 MinöStG als Schiffsbetriebsstoff auf Schiffen, die ausschließlich in der gewerblichen Schifffahrt und bei damit verbundenen Hilfstätigkeiten wie Lotsen-, Schlepper- und ähnlichen Diensten oder im Werkverkehr eingesetzt sind, auf Behörden- und Kriegsschiffen, auf Schiffen des Seenotrettungsdienstes sowie auf Schiffen der Haupterwerbsfischerei zum Motorenantrieb und zum Heizen steuerfrei verwendet werden.
6 Aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung des § 31 Abs. 2 Nr. 5 MinöStG hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 5 Nr. 2 MinöStV bestimmte Arten schwimmender Arbeitsgeräte vom Begriff „Schiffe“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG ausgenommen. So werden Bagger, Krane und Getreideheber nicht als Schiffe im Sinne dieser Bestimmung angesehen, so dass für Schiffsbetriebsstoffe, die auf diesen Geräten zum Motorenantrieb und zum Heizen verwendet werden, keine Steuerbefreiung gewährt werden kann.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
7 De Nul, die im Wasserbau tätige Klägerin des Ausgangsverfahrens, begehrte eine Steuerbefreiung für bestimmte Mengen Mineralöl, die beim Betrieb des Hopperbaggers „Christoforo Colombo“ mit einer Kapazität von 10 062 t zwischen dem 19. Oktober 1999 und dem 17. Dezember 1999 in der Nassbaggerei in einem Abschnitt der Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven verbraucht wurden.
8 Mit einem Hopperbagger werden Sand, Kies und andere Materialien vom Gewässergrund aufgesaugt und in den Laderaum des Baggers gespült. Später werden die Materialien zu Verklappungsorten transportiert, wo sie aus dem Laderaum herausgespült werden.
9 Am 3. April 2000 meldete De Nul die Mineralölmengen an, die während der Saug- und Spülarbeiten verbraucht worden waren. Im weiteren Verlauf wies das Hauptzollamt dieses Unternehmen darauf hin, dass auch diejenigen Mineralölmengen zu versteuern seien, die während der Leerfahrten des Baggers und seines Manövrierens bei diesen Arbeiten verwendet worden seien.
10 Aus der ergänzten Steueranmeldung von De Nul vom 15. November 2000 ergab sich eine Steuerschuld von 183 127 DM.
11 Den auf Erlass dieses Betrags gerichteten Einspruch von De Nul vom 19. Dezember 2000 wies das Hauptzollamt mit Entscheidung vom 3. Juli 2002 zurück. Am 2. August 2002 reichte De Nul beim Finanzgericht Hamburg eine Klage ein, mit der sie eine Befreiung derjenigen Mineralölmengen von der Steuer begehrte, die nicht für den Betrieb des Baggers selbst, sondern für dessen Leerfahrten eingesetzt worden waren.
12 Vor dem vorlegenden Gericht machte De Nul geltend, die Tätigkeit eines Hopperbaggers gleiche unabhängig vom Zweck seiner Fahrt der eines Spezialschiffs der gewerblichen Schifffahrt, dessen Treibstoffverbrauch unter die Steuerbefreiung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 92/81 falle.
13 Das Hauptzollamt trug vor diesem Gericht vor, bei dem Elbeabschnitt, in dem der Hopperbagger eingesetzt worden sei, handele es sich um eine Binnenwasserstraße, so dass die Steuerbefreiung, die die Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 92/81 gewähren könnten, in die Regelungsbefugnis der nationalen Behörden falle.
14 Mit Änderungsbescheid vom 27. Dezember 2004 änderte das Hauptzollamt die Steueranmeldung vom 15. November 2000 unter Berücksichtigung eines Urteils des Bundesfinanzhofs vom 3. Februar 2004 ab und stellte fest, dass der Verbrauch von Mineralöl für Leerfahrten des Hopperbaggers gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG von der Steuer befreit sei. Demgemäß wurde die Steuerschuld um 164 372 DM gemindert.
15 Die Parteien des Ausgangsverfahrens haben daher das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit es die Teile der Steuerbemessungsgrundlage betrifft, die zu dieser Steuerminderung geführt haben, und gehen übereinstimmend davon aus, dass der Rechtsstreit nur noch die Frage betrifft, ob De Nul die Steuer für die Mineralölmengen zu entrichten hat, die während des durch die Baggerarbeiten bedingten Manövrierens verbraucht wurden.
16 Das Finanzgericht Hamburg ist der Auffassung, dass die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der Auslegung des Begriffs „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ abhängt; es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Wie ist der Begriff Meeresgewässer der Gemeinschaft im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 in Abgrenzung zu dem Begriff Binnenwasserstraße im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 92/81 zu verstehen?
2. Ist der Betrieb eines Laderaumsaugschiffs (sog. Hopperbagger) auf einem Meeresgewässer der Gemeinschaft insgesamt als Schifffahrt im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 anzusehen, oder muss zwischen den verschiedenen Tätigkeitsarten während eines Einsatzes differenziert werden?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
17 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie der Begriff „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 im Gegensatz zu demjenigen der „Binnenwasserstraßen“ im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie auszulegen ist.
18 Für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 92/81 aufgrund des Art. 99 EG-Vertrag (jetzt Art. 93 EG) erlassen worden ist, der den Rat der Europäischen Union ermächtigt, auf Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften einstimmig u. a. Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Verbrauchsabgaben zu erlassen, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts notwendig ist.
19 Im Rahmen der auf Gemeinschaftsebene eingeführten harmonisierten Regelung der Struktur der Verbrauchsteuern sieht die Richtlinie 92/81 in Art. 8 Abs. 1 eine Reihe obligatorischer Steuerbefreiungen vor, wie die für Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft einschließlich der Fischerei außer für die private nicht gewerbliche Schifffahrt.
20 Zu dem nicht definierten Begriff „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ in Abs. 1 Buchst. c dieser Bestimmung ist festzustellen, dass bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift u. a. der Zusammenhang, in dem sie steht, und der Zweck, der mit der Regelung verfolgt wird, zu der sie gehört, zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, Slg. 2005, I‑4983, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
21 Insoweit ergibt sich aus dem dritten und dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 92/81, dass mit dieser eine Reihe gemeinsamer Definitionen für alle verbrauchsteuerpflichtigen Mineralölerzeugnisse sowie bestimmte obligatorische Befreiungen für diese Erzeugnisse auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden sollten (vgl. Urteil vom 1. April 2004, Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, C‑389/02, Slg. 2004, I‑3537, Randnrn. 17 und 18). Diesen Erwägungsgründen sowie dem Titel der Richtlinie 92/81 lässt sich ferner entnehmen, dass diese gemeinsamen Definitionen und die vorgesehenen Steuerbefreiungen die Errichtung und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts fördern und die Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle auf Gemeinschaftsebene harmonisieren sollen.
22 Infolgedessen sind die Definitionen für die unter die Richtlinie 92/81 fallenden Erzeugnisse und die insoweit geltenden Befreiungen unter Berücksichtigung des Wortlauts der fraglichen Bestimmungen und der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele autonom auszulegen (vgl. Urteil Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, Randnr. 19).
23 Eine solche autonome Auslegung dieser Befreiungen ist umso mehr geboten, als Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 92/81 für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung vorsieht, Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für bestimmte in dieser Bestimmung aufgeführte Tätigkeiten nicht der harmonisierten Verbrauchsteuer zu unterwerfen (vgl. Urteile vom 10. Juni 1999, Braathens, C‑346/97, Slg. 1999, I‑3419, Randnr. 31, und Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, Randnr. 20). Divergierende Auslegungen der in der Richtlinie 92/81 vorgesehenen Befreiungsverpflichtungen auf nationaler Ebene würden aber nicht nur das Ziel der Harmonisierung der gemeinschaftsrechtlichen Regelung und die Rechtssicherheit beeinträchtigen, sondern brächten auch die Gefahr einer Ungleichbehandlung der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer mit sich (vgl. Urteil Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, Randnr. 21).
24 Zu der genannten Bestimmung ist festzustellen, dass mit der obligatorischen Steuerbefreiung für Mineralöl, das als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft verwendet wird, bezweckt wird, den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr, insbesondere den Warenverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr, die in diesen Gewässern stattfinden können, zu fördern.
25 Mit dieser Steuerbefreiung wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber auf die Gleichheit bestimmter steuerlicher Bedingungen hinwirken, die für die Tätigkeit von Transport- oder anderen Dienstleistungsunternehmen gelten, die die genannten Gewässer befahren.
26 Daraus folgt, dass unter dem Begriff „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ alle Gewässer zu verstehen sind, in denen normalerweise gewerbliche Seeschifffahrt stattfindet. Diese betrifft alle Seeschiffe einschließlich derjenigen mit der größten Kapazität.
27 Nur diese Auslegung kann, wie die Kommission hervorgehoben hat, gewährleisten, dass zwischen den Seehäfen der Gemeinschaft, von denen aus die genannten Tätigkeiten ausgeübt werden, gleiche wirtschaftliche Bedingungen herrschen, und zwar unabhängig von der Lage der einzelnen Häfen im Verhältnis zur nächstgelegenen Küste.
28 Schließlich ist festzustellen, dass die Richtlinie 92/81 auch bezweckt, den freien Verkehr von Mineralölen im Binnenmarkt sicherzustellen und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, die sich aus in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Verbrauchsteuerstrukturen ergeben könnten (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Kommission/Deutschland, C‑240/01, Slg. 2004, I‑4733, Randnrn. 39 und 44).
29 Somit können die Regelung des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/81, nach der die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle oder andere wie diese eingesetzte Erzeugnisse, die unter Steueraufsicht verwendet werden, gewähren können, und insbesondere der Begriff „Schifffahrt auf Binnenwasserstraßen“ in Buchst. b dieser Bestimmung kein entscheidendes Kriterium für die Auslegung des Umfangs der in Art. 8 Abs. 1 vorgesehenen obligatorischen Steuerbefreiungen sein.
30 Es steht nämlich fest, dass für die gewerbliche Seeschifffahrt taugliche Schiffe für diese Schifffahrt auch auf bestimmten Binnenwasserstraßen bis zu bestimmten Seehäfen eingesetzt werden können, auch wenn diese Häfen nicht an der Küste liegen. Diese Schifffahrt von der obligatorischen Steuerbefreiung auszunehmen, sobald sie auf Binnenwasserstraßen in Richtung Seehäfen stattfindet, würde dem innergemeinschaftlichen Handelsverkehr schaden, da dieser Ausschluss die von einer solchen Schifffahrt betroffenen Wirtschaftsteilnehmer benachteiligen und deswegen dazu führen könnte, dass ein Teil des Seeverkehrs von diesen Häfen abgezogen würde. Hierdurch würden diese Wirtschaftsteilnehmer gegenüber denjenigen, die in den an der Küste liegenden Häfen tätig sind, benachteiligt.
31 Daher kann die fakultative Regelung des Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 92/81 lediglich Auffangcharakter in dem Sinne haben, dass sie auf die Schifffahrt auf Binnenwasserstraßen nur anwendbar ist, soweit diese Schifffahrt außerhalb der Gewässer stattfindet, auf denen gewerbliche Seeschifffahrt stattfinden kann.
32 Mithin ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass sich der Begriff „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 auf alle Gewässer bezieht, die von sämtlichen für den gewerblichen Seeverkehr tauglichen Seeschiffen einschließlich derjenigen mit der größten Kapazität befahren werden können.
Zur zweiten Frage
33 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bestimmte betriebliche Tätigkeiten eines Hopperbaggers unter den Begriff der „Schifffahrt“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 fallen können.
34 Wie sich aus Randnr. 15 des vorliegenden Urteils ergibt, ist in dem Rechtsstreit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens nur noch streitig, ob die Steuerbefreiung nach der genannten Bestimmung auch für die Mineralölmengen gewährt werden kann, die während des durch die Baggerarbeiten bedingten Manövrierens verbraucht wurden, da De Nul anerkannt hat, dass die für die Saug- und Spülarbeiten eingesetzten Mineralölmengen zu versteuern sind.
35 Aus der Vorlageentscheidung geht außerdem hervor, dass für das während der Leerfahrten des Hopperbaggers verbrauchte Mineralöl eine Befreiung von der Verbrauchsteuer gewährt wurde.
36 Zum Begriff „Schifffahrt“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 hat der Gerichtshof in Randnr. 23 seines Urteils Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft festgestellt, dass jede Schifffahrt zu kommerziellen Zwecken in den Anwendungsbereich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer fällt. In Randnr. 25 dieses Urteils hat er ausgeführt, dass diese Bestimmung nicht nach dem jeweiligen Zweck der Schifffahrt unterscheidet, da die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Richtlinie verhindert werden sollen, unabhängig von der Art der betreffenden gewerblichen Schifffahrt auftreten können.
37 Somit ergibt sich aus dem Urteil Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, dass es auf den Zweck der durchgeführten Fahrt nicht ankommt, solange es sich dabei um eine Schifffahrt handelt, die eine entgeltliche Dienstleistung umfasst.
38 Im Ausgangsverfahren steht fest, dass der Hopperbagger über einen Schiffsantrieb verfügt, mithilfe dessen er sich bei seiner Manövriertätigkeit selbständig fortbewegen kann. Dieser Antrieb weist somit die technischen Merkmale auf, die für eine Schifffahrt erforderlich sind und ihm die Erbringung einer solchen Dienstleistung ermöglichen.
39 Zur Regelung des Art. 8 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 92/81, wonach die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle, die beim Ausbaggern von Schifffahrtsstraßen und Häfen verwendet werden, gewähren können, genügt, wie oben in Randnr. 29 dieses Urteils hervorgehoben worden ist, die Feststellung, dass diese den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit der Steuerbefreiung keinen Einfluss auf die Auslegung des Abs. 1 dieser Bestimmung haben kann.
40 Folglich ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass die Manövriertätigkeit eines Hopperbaggers während der Saug- und Spülarbeiten, d. h. die mit der Ausführung der Baggerarbeiten unmittelbar zusammenhängenden Fahrten, unter den Begriff „Schifffahrt“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 fällt.
Kosten
41 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
1. Der Begriff „Meeresgewässer der Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle in der Fassung der Richtlinie 94/74/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 bezieht sich auf alle Gewässer, die von sämtlichen für den gewerblichen Seeverkehr tauglichen Seeschiffen einschließlich derjenigen mit der größten Kapazität befahren werden können.
2. Die Manövriertätigkeit eines Hopperbaggers während der Saug- und Spülarbeiten, d. h. die mit der Ausführung der Baggerarbeiten unmittelbar zusammenhängenden Fahrten, fällt unter den Begriff „Schifffahrt“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 in der Fassung der Richtlinie 94/74.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Deutsch.