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Document 61991CJ0136
Judgment of the Court (Third Chamber) of 1 April 1993. # Findling Wälzlager Handelsgesellschaft mbH v Hauptzollamt Karlsruhe. # Reference for a preliminary ruling: Finanzgericht Baden-Württemberg - Germany. # Anti-dumping duties - Interpretation of Article 1 (3) of Regulation (EEC) Nº 374/87. # Case C-136/91.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 1. April 1993.
Findling Wälzlager Handelsgesellschaft mbH gegen Hauptzollamt Karlsruhe.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Baden-Württemberg - Deutschland.
Antidumpingzölle - Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 374/87.
Rechtssache C-136/91.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 1. April 1993.
Findling Wälzlager Handelsgesellschaft mbH gegen Hauptzollamt Karlsruhe.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Baden-Württemberg - Deutschland.
Antidumpingzölle - Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 374/87.
Rechtssache C-136/91.
Sammlung der Rechtsprechung 1993 I-01793
ECLI identifier: ECLI:EU:C:1993:133
*A9* Finanzgericht Baden-Württemberg, Vorlagebeschluß vom 07/05/1991 (11 K 49/88 Z)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 1. APRIL 1993. - FINDLING WAELZLAGER HANDELSGESELLSCHAFT MBH GEGEN HAUPTZOLLAMT KARLSRUHE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: FINANZGERICHT BADEN-WUERTTEMBERG - DEUTSCHLAND. - ANTIDUMPINGZOELLE - AUSLEGUNG VON ARTIKEL 1 ABSATZ 3 DER VERORDNUNG (EWG) NR. 374/87. - RECHTSSACHE C-136/91.
Sammlung der Rechtsprechung 1993 Seite I-01793
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
++++
Gemeinsame Handelspolitik ° Schutz gegen Dumpingpraktiken ° Auslegung der Gemeinschaftsregelung ° Antidumpingzoll ° Anwendung von Antidumpingzollsätzen, die den Ausführern einzeln zugeordnet sind ° Ausfuhr durch einen Zwischenhändler ° Unbeachtlich
(Verordnung Nr. 374/87 des Rates, Artikel 1 Absatz 3)
Bei der Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 374/87 über die endgültige Vereinnahmung der für den vorläufigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge und die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lagergehäusen für Wälzlager mit Ursprung in Japan, der für sieben namentlich genannte Ausführer die Anwendung individuell zugeordneter Antidumpingzollsätze und für andere Ausführer die Anwendung eines höheren Auffangzollsatzes vorsieht, sind nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht, und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden. Aus der Grundverordnung über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern ergibt sich jedoch, daß die Antidumpingzölle die Dumpingspanne nicht übersteigen dürfen und niedriger sein sollten, wenn ein geringerer Zoll ausreicht, um die Schädigung zu beseitigen. Dieser Grundsatz, der auch in Artikel 8 des Antidumping-Kodex des GATT festgeschrieben ist, würde missachtet, wenn auf ein von einem Zwischenhändler ausgeführtes Produkt ein höherer Antidumpingzoll erhoben würde, als er zur Anwendung käme, wenn das gleiche Produkt von dem Unternehmen in den Gemeinsamen Markt ausgeführt würde, das es an den Zwischenhändler verkauft hat. Wenn der festgesetzte Zollsatz im letzteren Fall als ausreichend angesehen wurde, um die Schädigung zu beseitigen, so stuende im anderen Fall die Erhebung eines höheren Zolls ausser Verhältnis zum verfolgten Ziel.
Daher ist Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 374/87 dahin auszulegen, daß es für die Anwendung der Antidumpingzollsätze, die einem namentlich genannten Ausführer individuell zugeordnet sind, ausreicht, daß die einzuführenden Lagergehäuse nachweislich von ihm oder für ihn hergestellt worden sind.
1 Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluß vom 7. Mai 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Mai 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 374/87 des Rates vom 5. Februar 1987 über die endgültige Vereinnahmung der für den vorläufigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge und die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lagergehäusen für Wälzlager mit Ursprung in Japan (ABl. L 35, S. 32; nachstehend: Verordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Findling Wälzlager Handelsgesellschaft mbH (nachstehend: Klägerin) und dem Hauptzollamt Karlsruhe.
3 Aus den Akten geht hervor, daß die Klägerin Lagergehäuse für Wälzlager aus Japan einführte, wo sie von der Asahi Seiko Co. Ltd im Auftrag der Nachi Fujikoshi Corp. hergestellt wurden. Diese Lagergehäuse mit dem Firmenzeichen Nachi wurden von der Gloria International Corporation, Osaka, Japan (nachstehend: Gloria), und der Ehara Industries Ltd, Osaka, Japan (nachstehend: Ehara), an die Klägerin verkauft. Auf diese Einfuhren wurde, gestützt auf die Verordnung, ein Antidumpingzoll zum Satz von 13,39 % (nachstehend: Auffangzollsatz) erhoben.
4 Nach erfolglosem Einspruch gegen diesen Bescheid des Hauptzollamts erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg, in der sie geltend machte, daß der auf die erwähnten Einfuhren angewandte Zollsatz auf einer falschen Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung beruhe.
5 Da das Finanzgericht Baden-Württemberg der Ansicht ist, daß es eine Auslegung dieser Bestimmung benötige, um den Rechtsstreit entscheiden zu können, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die Tabelle in Absatz 3 des Artikels 1 der Verordnung (EWG) Nr. 374/87 dahin auszulegen, daß es für die Anwendung der den Fabrikaten Nummern 1 bis 7 in Spalte 3 zugeordneten individuellen Antidumpingzollsätze ausreicht, daß die Lagergehäuse nachweislich von dem entsprechenden oder für das entsprechende (in der Spalte "Ausführer" genannte) Unternehmen produziert wurden?
2. Bei Verneinung von Frage 1:
Ist die letzte Zeile der Tabelle in Absatz 3 des Artikels 1 der Verordnung (EWG) Nr. 374/87 ("8. Andere; Hersteller: °; Firmen- oder Handelszeichen: °; Zollsatz in %: 13,39") dahin auszulegen, daß sie die Ausfuhr von Lagergehäusen beliebiger japanischer Hersteller ohne oder mit beliebigem Firmen- oder Handelszeichen durch andere als die in den Nummern 1 bis 7 genannten Ausführer betrifft?
6 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des rechtlichen Rahmens des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.
7 Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung lautet:
"Der Antidumpingzollsatz wird in Prozent des Nettopreises frei Gemeinschaftsgrenze, unverzollt, wie folgt festgesetzt:"
AusführerHerstellerFirmen- oder HandelszeichenZollsatz in %1. Asahi Seiko Co. Ltd
2. Koyo Seiko Co.
3. Nachi Fujikoshi Corp.
4. Nippon Pillow Block Sales Co. Ltd
5. Nippon Seiko KK
6. NTN Toyo Bearing Ltd
7. Showa Pillow Block Mfg. Co. Ltd
8. AndereAsahi Seiko Co. Ltd
Nippon Pillow Block Manufacturing Co.
Asahi Seiko Co. Ltd
Nippon Pillow Block Manufacturing Co.
Nippon Seiko KK
NTN Toyo Bearing Ltd
Showa Pillow Block
Mfg. Co. Ltd
ASAHI
KOYO
NACHI
FYH
NSK
NTN
NBR
4,58
7,33
2,24
3,77
13,39
11,22
3,99
13,39
8 Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob man nicht über den Wortlaut der Bestimmung hinausgehen und ihren Zweck berücksichtigen müsse, der darin bestehe, Antidumpingzollsätze nicht schlechthin für Ausführer festzusetzen, sondern nur für Unternehmen, die die Produkte herstellten oder herstellen ließen. Werde das Produkt von einer Firma ausgeführt, die ° wie z. B. die Firmen Gloria und Ehara ° nur eine intermediäre Rolle spiele, so müsse untersucht werden, ob das Produkt von einem der Unternehmen hergestellt worden sei, die in den Nummern 1 bis 7 der Spalte "Ausführer" der oben wiedergegebenen Tabelle genannt seien. Treffe dies zu, so sei der für dieses Unternehmen geltende besondere Zollsatz anzuwenden. Nur anderenfalls sei der in Nummer 8 der Tabelle vorgesehene Auffangzollsatz von 13,39 % anzuwenden.
9 Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, daß eine Vorschrift nur ausnahmsweise gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden dürfe und daß sich eine solche Auslegung im vorliegenden Fall nur schwer rechtfertigen lasse, da die Ziele der Verordnung Nr. 374/87 abweichend von anderen Verordnungen nicht in den Begründungserwägungen erwähnt seien. Auch beträfen vor oder nach der Verordnung Nr. 374/87 erlassene Verordnungen unterschiedslos Hersteller und Ausführer einschließlich der Ausführer, die nur eine Rolle als intermediäre Firmen spielten.
10 Nach Ansicht der Kommission umfasst die Nummer 8 "Andere" der Spalte "Ausführer" nicht nur Ausführer, die auch Hersteller sind oder die unter eigenem Firmen- oder Handelszeichen von anderen Herstellern bezogene Produkte verkaufen, sondern auch Ausführer, die das fragliche Produkt kaufen und es unter dem Firmen- oder Handelszeichen des Herstellers weiterverkaufen. Diese wörtliche Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung sei aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig, die eine einheitliche Anwendung der Zollvorschriften innerhalb der Gemeinschaft erfordere.
11 Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht, und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteile vom 17. November 1983 in der Rechtssache 292/82, Merck, Slg. 1983, 3781, Randnr. 12, und vom 21. Februar 1984 in der Rechtssache 337/82, St. Nikolaus Brennerei, Slg. 1984, 1051, Randnr. 10).
12 Aus Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 201, S. 1) sowie der späteren Verordnung Nr. 2423/88 des Rates vom 11. Juli 1988 (ABl. L 209, S. 1) ergibt sich, daß die Antidumpingzölle die Dumpingspanne nicht übersteigen dürfen und niedriger sein sollten, wenn ein geringerer Zoll ausreicht, um die Schädigung zu beseitigen.
13 Dieser Grundsatz, der auch in Artikel 8 des Antidumping-Kodex des GATT (Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens, ABl. 1980, L 71, S. 90) festgeschrieben ist, würde missachtet, wenn auf ein von einem bestimmten Unternehmen ausgeführtes Produkt ein höherer Antidumpingzoll erhoben würde, als er zur Anwendung käme, wenn das gleiche Produkt von dem Unternehmen in den Gemeinsamen Markt ausgeführt würde, das es an das betreffende Unternehmen verkauft hat. Wenn der festgesetzte Zollsatz im letzteren Fall als ausreichend angesehen wurde, um die Schädigung zu beseitigen, so stuende im anderen Fall die Erhebung eines höheren Zolls ausser Verhältnis zum verfolgten Ziel.
14 Diese Auslegung scheitert nicht an der Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung der Zollvorschriften innerhalb der Gemeinschaft, wie sie sich bei einer wörtlichen Auslegung der fraglichen Bestimmung ergäbe. Eine solche einheitliche Anwendung muß nämlich durch die klare, genaue und vollständige Formulierung der fraglichen Gemeinschaftsvorschrift sichergestellt werden.
15 Die genannte Auslegung kann auch nicht deswegen verworfen werden, weil die betroffenen Parteien gemäß Artikel 14 der Verordnungen Nr. 2176/84 und Nr. 2423/88 eine Überprüfung der Verordnungen zur Festsetzung von Antidumpingzöllen erreichen können. Diese Überprüfung kann nämlich nur durch veränderte Umstände gerechtfertigt sein, was im Ausgangsrechtsstreit nicht der Fall ist, und sie kann jedenfalls nur stattfinden, wenn mindestens ein Jahr seit Abschluß der Untersuchung vergangen ist (Artikel 14 Absatz 1 der Verordnungen Nr. 2176/84 und Nr. 2423/88).
16 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß die Tabelle in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 374/87 des Rates vom 5. Februar 1987 über die endgültige Vereinnahmung der für den vorläufigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge und die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lagergehäusen für Wälzlager mit Ursprung in Japan dahin auszulegen ist, daß es für die Anwendung der Antidumpingzollsätze, die den in der Spalte 3 genannten Zeichen Nummern 1 bis 7 individuell zugeordnet sind, ausreicht, daß die Lagergehäuse nachweislich von dem entsprechenden in der Spalte "Ausführer" genannten Unternehmen oder für dieses hergestellt worden sind.
17 Aufgrund der Antwort auf die erste Frage braucht über die zweite Frage nicht entschieden zu werden.
Kosten
18 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
auf die ihm vom Finanzgericht Baden-Württemberg mit Beschluß vom 7. Mai 1991 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
Die Tabelle in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 374/87 des Rates vom 5. Februar 1987 über die endgültige Vereinnahmung der für den vorläufigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge und die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von Lagergehäusen für Wälzlager mit Ursprung in Japan ist dahin auszulegen, daß es für die Anwendung der Antidumpingzollsätze, die den in der Spalte 3 genannten Zeichen Nummern 1 bis 7 individuell zugeordnet sind, ausreicht, daß die Lagergehäuse nachweislich von dem entsprechenden in der Spalte "Ausführer" genannten Unternehmen oder für dieses hergestellt worden sind.