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Schrittweiser Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

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Schrittweiser Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

EINLEITUNG

Seit mehr als 20 Jahren bündeln die Mitgliedstaaten ihre Kräfte, um staatenübergreifende Phänomene wie Terrorismus, Drogenhandel und illegale Einwanderung zu bekämpfen. Als 1986 die Freizügigkeit als eines der Hauptelemente des Binnenmarktes anerkannt wurde, erschien diese informelle Zusammenarbeit der Regierungen der Mitgliedstaaten als unzureichend, um die Internationalisierung der Netze krimineller Aktivitäten zu bekämpfen und dem Sicherheitsbedürfnis des europäischen Bürgers gerecht zu werden. Daher wurde beschlossen, die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres in den Vertrag von Maastricht zu integrieren, um sie zu einer eigenständigen Politik der Europäischen Union zu machen.

Die gemeinschaftliche Säule wurde um eine Säule der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit ergänzt, ferner wurden ganz neue rechtliche Instrumente geschaffen. Allerdings wurde diese Zusammenarbeit, die mit Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Union im Jahr 1993 eingeführt wurde, sowohl in ihrer Arbeitsweise als auch aufgrund ihrer Ergebnisse als nicht sehr befriedigend eingestuft. Daher hat die Überarbeitung des Vertrags über die Europäische Union wichtige Änderungen im Entscheidungsprozeß mit sich gebracht.

Um einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, führt der Vertrag von Amsterdam einen neuen Titel "Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr" in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ein. Die Kontrolle der Außengrenzen, das Asylrecht, die Einwanderung und die justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen gehören künftig zur ersten Säule und werden durch die Gemeinschaftsmethode geregelt. Gleichwohl wird diese "Vergemeinschaftung" schrittweise nach Maßgabe der Beschlüsse des Rates der Europäischen Union erfolgen, spätestens jedoch fünf Jahre nach Inkrafttreten des neuen Vertrages. Lediglich die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen verbleiben im Bereich der dritten Säule, die der Vertrag um Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit erweitert.

Diese institutionellen Entwicklungen bringen neue Arten der Beschlussfassung mit sich, die es ermöglichen sollen, mehr und wirksamere Maßnahmen zu ergreifen, die eine engere Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten nach sich ziehen.

VORGESCHICHTE

Die Anfänge der Zusammenarbeit (1975-85)

Ab 1975 entstand im Bereich der Einwanderung, des Asylrechts sowie der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit nach und nach eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit. Das erste Beispiel hierfür war die Trevi-Gruppe, in der sich die Innenminister zusammenschlossen, um den Terrorismus zu bekämpfen und die polizeiliche Zusammenarbeit in der Gemeinschaft auf diesem Gebiet zu koordinieren. In ihr erörterten die Innenminister Probleme der öffentlichen Ordnung und des Terrorismus, und unter ihrer Ägide entstanden diverse Arbeitsgruppen und -untergruppen. Die europäischen Organe blieben damals von diesem Prozess ausgeschlossen, der nach den Regeln der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit verlief.

Von der Einheitlichen Europäischen Akte zum Vertrag von Maastricht (1986-92)

Der Abschluss der Einheitlichen Europäischen Akte im Jahr 1986 markierte einen Wendepunkt in dieser Zusammenarbeit, deren Ablauf bis dahin sowohl für die Bürger als auch für die Gemeinschaftsorgane wenig durchschaubar gewesen war. Der neu eingeführte Artikel 8 a definierte die Freizügigkeit als eines der vier Hauptelemente, die den Gemeinsamen Markt ausmachen, und unterstellte diesen Bereich ausdrücklich der Zuständigkeit der Gemeinschaft. Die neuen Arbeitsgruppen, die nach Unterzeichnung der Einheitlichen Akte ins Leben gerufen wurden, trugen dieser Entwicklung Rechnung; ihnen gehörten seither Beobachter der Kommission an. Außerdem siedelten die Ad-hoc-Gruppe „Einwanderung", in der seit 1986 die für Einwanderungsfragen zuständigen Minister zusammentrafen, wie auch der Europäische Ausschuss zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs (CELAD) ihr Sekretariat neben dem des Rates der Europäischen Union an. Weitere Gruppen wurden gegründet, beispielsweise die mit Zollfragen befasste Gruppe gegenseitige Unterstützung. Darüber hinaus trat in regelmäßigen Abständen ein Rat der Justizminister der Mitgliedstaaten zusammen. Schon zu dieser Zeit behandelte er die justitielle Zusammenarbeit auf strafrechtlichem und zivilrechtlichem Gebiet sowie bestimmte Fragen der europäischen politischen Zusammenarbeit.

Trotz der im Weißbuch der Kommission von 1985 enthaltenen Empfehlungen zum Personenverkehr blieben die Bereiche der Justiz und der inneren Angelegenheiten weitgehend der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit vorbehalten. So wurde 1988 vom damals in Rhodos tagenden Europäischen Rat die zwischenstaatliche Koordinatorengruppe „Freizügigkeit" beauftragt, Maßnahmen vorzuschlagen, durch die nach einem Abbau der Kontrollen an den Binnengrenzen Freizügigkeit und Sicherheit miteinander in Einklang gebracht werden könnten. Diese Gruppe schlug 1989 ein Arbeitsprogramm („Dokument von Palma") vor, in dem sie einen stärker koordinierten Ansatz der verschiedenen Aspekte der Zusammenarbeit in den Bereichen der Justiz und der inneren Angelegenheiten empfahl. Tatsächlich arbeiteten die verschiedenen Arbeitsgruppen, die im Laufe der Jahre gebildet wurden, voneinander getrennt und erstellten ihre Berichte für Minister, die in unterschiedlichen Zusammensetzungen tagten. Außerdem konnten das Europäische Parlament und die einzelstaatlichen Parlamente aufgrund der Art dieser Zusammenarbeit keinerlei Kontrolle über die in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen ausüben.

Die verwendeten Instrumente entsprachen einer herkömmlichen Methode der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit: mal wurden Übereinkünfte getroffen, mal Entschließungen, Schlussfolgerungen und Empfehlungen formuliert. Als Instrumente des klassischen internationalen Rechts wurden diese Rechtsakte außerhalb des Rahmens des Rates der Europäischen Union erlassen. Unter ihnen wären das Übereinkommen von Dublin aus dem Jahr 1990 über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrags und die Londoner Entschließungen zu erwähnen, die ebenfalls Asylfragen betreffen.

Rechtsverbindlichere Texte wurden von einigen Mitgliedstaaten im Laufe der achtziger Jahre beschlossen: das Schengener Übereinkommen von 1985 und das Schengener Durchführungsübereinkommen von 1990, durch die neue operationelle Strukturen geschaffen wurden, unter anderem um die polizeiliche Zusammenarbeit und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens (Schengener Informationssystem, SIS) zu gewährleisten. Es erschien damals notwendig, das undurchsichtige System der Beratungsgruppen in eine globale Struktur zu integrieren: Es ging nicht nur darum, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten in den Bereichen Justiz und Inneres wirksamer zu gestalten, sondern auch darum, die Arbeit aller dieser Gremien zu koordinieren und Doppelarbeit zu vermeiden.

Die Institutionalisierung einer Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres: Titel VI des Vertrags über die Europäische Union (1992-98)

Titel VI lehnte sich zum Teil an das bereits bestehende System der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit an, was die gegen ihn erhobenen Einwände erklärt: Eine Vielzahl an Arbeitsebenen im Bereich der dritten Säule, Komplexität und Mangel an Transparenz. Die von der Struktur der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik inspirierte Struktur der dritten Säule räumte den Gemeinschaftsorganen nur eine begrenzte Rolle ein, die eigentlich keine Kontrolle über die Entscheidungen der Mitgliedstaaten zulässt:

  • Der Gerichtshof war nur dann für die Auslegung der Übereinkommen zuständig, wenn eine Klausel des Textes (Übereinkommens o. ä.) dies ausdrücklich vorsah;
  • das Europäische Parlament konnte vom Rat konsultiert werden, in den meisten Fällen wurde es aber lediglich unterrichtet;
  • die Europäische Kommission besaß ein Initiativrecht, das sich auf bestimmte Gebiete beschränkte und mit den Mitgliedstaaten geteilt wurde;
  • dem Rat waren häufig durch die Verpflichtung, alle Beschlüsse einstimmig zu fällen, die Hände gebunden.

Der Vertrag von Amsterdam verändert die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, indem er einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit umfassenderen und zugleich präziseren Ansprüchen, mit wirksameren und demokratischeren Methoden schafft, in dem die Aufgaben der Organe ausgewogener gestaltet sind.

DIE FUNKTIONSWEISE VON TITEL IV DES VERTRAGS ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT

Titel IV umfasst folgende Bereiche:

  • Freier Personenverkehr
  • Kontrolle der Außengrenzen
  • Asyl, Einwanderung und Schutz der Rechte von Staatsangehörigen dritter Länder
  • Justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen

Diese als Fragen von gemeinschaftlichem Interesse definierten Bereiche wurden zuvor durch die Vorschriften von Titel VI des Vertrags über die Europäische Union (auch als dritte Säule bezeichnet) geregelt.

Aufbau eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts innerhalb von fünf Jahren

Der Vertrag von Amsterdam überführt diese Bereiche in den Rechtsrahmen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, wo sich die Rolle der Organe erheblich von derjenigen unterscheidet, die ihnen bislang in Titel VI vorbehalten war.

Während der ersten fünf Jahre wird der Rat der Europäischen Union noch die Hauptrolle spielen, um in den genannten Bereichen einige Entscheidungen zu treffen. Das Ziel ist, den freien Personenverkehr von europäischen Bürgern und Angehörigen dritter Staaten zu erleichtern und dabei eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden zu schaffen, um die internationale Kriminalität zu bekämpfen.

Der allgemeine institutionelle Mechanismus

Der Rat bleibt weiterhin Herzstück dieses Prozesses, ist aber nicht länger der einzige Akteur.

In einem Anfangsstadium von fünf Jahren nach Inkrafttreten des neuen Vertrags beschließt der Rat einstimmig über die von der Kommission oder einem Mitgliedstaat ausgearbeiteten Vorschläge für Maßnahmen. Vor jedem Beschluss hört er das Europäische Parlament an.

Anschließend wird der Rat nur auf Vorschlag der Kommission beschließen. Diese muss jedoch jeden Antrag eines Mitgliedstaates prüfen, der darauf abzielt, dass sie dem Rat einen Vorschlag unterbreitet. Nach Anhörung des Europäischen Parlaments muss der Rat einstimmig beschließen, bei der Verabschiedung von Maßnahmen unter Titel IV das Mitentscheidungsverfahren und die Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit anzuwenden und die Bestimmungen über den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anzupassen.

Abgesehen von dieser Entscheidungsrolle wird der Rat in seiner Funktion der Koordinierung zwischen den zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen Dienststellen und der Europäischen Kommission bestätigt. Die bestehenden vielfältigen Arbeitsgruppenebenen werden abgeschafft. Die Gruppen werden auf ein und derselben Ebene angesiedelt und unterstehen unmittelbar dem Ausschuß der Ständigen Vertreter (AStV).

Hinweis: Einige Maßnahmen unterliegen einem anderen institutionellen Mechanismus (Artikel 67).

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

Der neue Vertrag stärkt die Rolle des Europäischen Gerichtshofs in den Bereichen Justiz und Inneres. Vorher erstreckte sich seine Zuständigkeit nicht auf diese Bereiche, und er konnte die vom Rat beschlossenen Maßnahmen nicht kontrollieren. Nur Übereinkommen konnten - sofern sie eine spezielle Klausel enthielten - die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung ihrer Bestimmungen und für die Entscheidung über Streitfälle hinsichtlich ihrer Anwendung vorsehen.

Nach dem neuen Titel IV, der hauptsächlich den freien Personenverkehr, Fragen des Asyls und der Einwanderung sowie die justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen behandelt, ist der Gerichtshof in folgenden Fällen zuständig:

  • Ein nationales Gericht letzter Instanz kann ihn anrufen, damit er über eine strittige Auslegung des vorliegenden Titels oder aber über die Gültigkeit und Auslegung der auf der Grundlage dieses Titels erlassenen Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane entscheidet, sofern eine Entscheidung des Gerichtshofs notwendig ist, damit die nationale Gerichtsbarkeit ihr Urteil fällen kann;
  • ebenso können ihn der Rat, die Kommission oder ein Mitgliedstaat anrufen, damit er über eine strittige Auslegung des vorliegenden Titels oder von auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakten entscheidet.

Allerdings ist der Gerichtshof nicht dafür zuständig, über Maßnahmen oder Entscheidungen zu befinden, die getroffen wurden, um den Abbau jeglicher Personenkontrollen (bei Bürgern der Europäischen Gemeinschaft oder Angehörigen von Drittstaaten) beim Überschreiten der Binnengrenzen zu gewährleisten.

Die Mitgliedstaaten

Die Mitgliedstaaten behalten ihre Vorrechte, hauptsächlich auf dem Gebiet des freien Personenverkehrs. Ihnen obliegt auch weiterhin die alleinige Verantwortung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit. In diesem Rahmen können sie außenpolitische Erwägungen berücksichtigen.

In einem Dringlichkeitsfall, etwa wenn ein Mitgliedstaat mit einem plötzlichen Ansturm von Staatsangehörigen von Drittstaaten konfrontiert ist, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit vorläufige Maßnahmen (höchstens für sechs Monate) zugunsten des betroffenen Mitgliedstaates beschließen, um die Freizügigkeit oder die Einreise von Angehörigen des jeweiligen Drittstaates einzuschränken.

Die Protokolle

Protokoll über die Position des Vereinigten Königreiches und Irlands

Diese beiden Länder beteiligen sich nicht an den unter Titel IV fallenden Maßnahmen und sind nicht an sie gebunden. Sie nehmen folglich nicht an den Abstimmungen teil, die den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts betreffen.

Will sich das Vereinigte Königreich oder Irland hingegen an der Annahme der Anwendung einer vorgeschlagenen Maßnahme beteiligen, so müssen sie den Präsidenten des Rates innerhalb einer Frist von drei Monaten ab der Vorlage des Vorschlags oder der Initiative beim Rat davon in Kenntnis setzen. Ebenso können sie die Maßnahme nach ihrer Verabschiedung durch den Rat jederzeit annehmen.

Protokoll über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels 14 EGV (vormals Artikel 7a) auf das Vereinigte Königreich und auf Irland

Das Vereinigte Königreich und Irland behalten sich das Recht vor, bei Personen, die in ihr Staatsgebiet einreisen wollen, insbesondere bei Angehörigen von Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder jedes anderen Abkommens, welches das Vereinigte Königreich oder Irland bindet, Kontrollen vorzunehmen und darüber zu entscheiden, ob ihnen die Genehmigung zur Einreise erteilt wird. Zugleich können die anderen Mitgliedstaaten bei jeder Person, die aus dem Vereinigtem Königreich oder Irland einreisen will, Kontrollen durchführen.

Irland hat den Wunsch geäußert, sich soweit wie möglich an den in Anwendung von Titel IV getroffenen Maßnahmen zu beteiligen, soweit diese die Aufrechterhaltung des gemeinsamen Gebietes für den Reiseverkehr mit dem Vereinigten Königreich ermöglichen (dieses „einheitliche Gebiet für den Reiseverkehr" stellt einen Raum der Freizügigkeit zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich dar).

Protokoll über die Position Dänemarks

Dänemark beteiligt sich nicht an der Annahme von Maßnahmen, die nach Titel IV vorgeschlagen werden. Ausgenommen sind Maßnahmen, durch die Drittstaaten bestimmt werden, deren Angehörige bei der Überschreitung der EU-Außengrenzen ein Visum vorlegen müssen, bzw. diejenigen Maßnahmen, die sich auf die Einrichtung eines einheitlichen Visums beziehen.

Hinsichtlich der Entwicklung des Schengen-Besitzstandes entscheidet Dänemark innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten, nachdem der Rat über einen Vorschlag beschlossen hat, ob es diesen Beschluss in einzelstaatliches Recht umsetzen will.

DIE FUNKTIONSWEISE VON TITEL VI DES VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION

Der Titel VI "Bestimmungen über die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen" hat das Ziel, folgende Phänomene zu verhüten und zu bekämpfen:

  • Rassismus und Fremdenfeindlichkeit;
  • Terrorismus;
  • Menschenhandel und Verbrechen an Kindern;
  • Drogenhandel;
  • Waffenhandel;
  • Korruption und Betrug.

Diese Ziele sollen erreicht werden durch:

  • eine engere Zusammenarbeit zwischen den Polizeikräften, den Zollbehörden und den anderen zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten auf direktem Wege oder über die Vermittlung von Europol;
  • eine engere Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden und anderen zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten auf direktem Wege oder über die Vermittlung von Europol;
  • erforderlichenfalls durch eine Angleichung der strafrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten.

Es fällt auf, dass die Ziele von Titel VI des Vertrags über die Europäische Union präzisiert worden sind. Die Mitgliedstaaten sind sich nunmehr der Tatsache bewusst, dass die Kriminalität vor den einzelstaatlichen Grenzen nicht haltmacht. Es sind staatenübergreifende Verbrechernetze entstanden, und der einzige Weg zu ihrer wirksamen Bekämpfung besteht in einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Staaten.

Der allgemeine institutionelle Mechanismus

Der Rat der Europäischen Union bleibt weiterhin der Hauptakteur im Entscheidungsprozeß unter Titel VI. Zur Erreichung der vorgenannten Ziele kann er von folgenden Instrumenten Gebrauch machen:

  • dem gemeinsamen Standpunkt, durch den die Vorgehensweise der Union in einer gegebenen Frage bestimmt wird;
  • dem Rahmenbeschluss, um die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten anzugleichen. Wie die Richtlinie (ein Rechtsinstrument der gemeinschaftlichen Säule) bindet der Rahmenbeschluss die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ergebnisses und lässt die nationalen Instanzen über Form und Mittel entscheiden;
  • dem Beschluss für alle anderen Ziele außer der Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten. Er ist verpflichtend, und die zur Durchführung der Beschlüsse auf Unionsebene erforderlichen Maßnahmen werden durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit angenommen;
  • dem Übereinkommen, das von den Mitgliedstaaten gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften getroffen wird. Sofern nichts anderes vorgesehen ist, tritt es in Kraft, sobald es mindestens von der Hälfte der Mitgliedstaaten, die es vereinbart haben, ratifiziert wurde.

Ein mit hochrangigen Beamten besetzter Koordinierungsausschuss gibt gegenüber dem Rat Stellungnahmen ab und wirkt an der Vorbereitung seiner Arbeiten mit.

Die Kommission wird an den Arbeiten, die sich auf die unter Titel VI angesprochenen Bereiche beziehen, in vollem Umfang beteiligt; ihr Initiativrecht wird auf alle Bereiche ausgedehnt.

Die Mitgliedstaaten

Der neue Vertrag respektiert die Ausübung der den Mitgliedstaaten obliegenden Zuständigkeiten für den Erhalt der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

Sie sind gewissermaßen die ausschließlichen Akteure der Zusammenarbeit in den Bereichen von Titel VI. Um ihr Vorgehen zu koordinieren, unterrichten und beraten sie sich gegenseitig und richten eine Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen behördlichen Dienststellen ein.

Sie vertreten in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen, an denen sie teilnehmen, die im Rahmen dieses Titels festgelegten gemeinsamen Standpunkte.

Die Mitgliedstaaten können im Rahmen der Organe, Verfahren und Mechanismen der Europäischen Union eine engere Zusammenarbeit einführen, sofern diese Zusammenarbeit den Zuständigkeiten und Zielen der Europäischen Gemeinschaft Rechnung trägt und geeignet ist, schneller einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen (wie es in der Vergangenheit das Schengen-System vermochte). Der Rat erteilt seine Billigung mit qualifizierter Mehrheit (Zustimmung von mindestens zehn Mitgliedern). Sollte diese verstärkte Zusammenarbeit für einen Mitgliedstaat auf nationaler Ebene erhebliche politische Probleme mit sich bringen, so kann der Rat verlangen, dass der Europäische Rat mit der Frage befasst wird.

Das Europäische Parlament

Bevor er einen Rahmenbeschluss, einen Beschluss oder ein Übereinkommen annimmt, hört der Rat das Europäische Parlament an.

Der Vorsitz des Rates und die Kommission unterrichten das Europäische Parlament regelmäßig über die in den Bereichen des Titels VI durchgeführten Arbeiten.

Das Europäische Parlament kann Anfragen oder Empfehlungen an den Rat richten. Einmal jährlich führt es eine Aussprache über die Fortschritte in der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

Der Gerichtshof

Der neue Vertrag erkennt die Zuständigkeit des Gerichtshofs für Fragen der Gültigkeit und der Auslegung von Rahmenbeschlüssen und Beschlüssen, für die Auslegung der Übereinkommen sowie für Fragen der Gültigkeit und Auslegung der in ihrer Anwendung getroffenen Maßnahmen an.

Für Vorabentscheidungen geben die Mitgliedstaaten in einer Einzelerklärung an, dass sie die Zuständigkeit des Gerichtshofs anerkennen und welches nationale Gericht befugt ist, den Gerichtshof anzurufen. Je nachdem, welche Wahl der Mitgliedstaat getroffen hat, kann anschließend entweder das letztinstanzliche nationale Gericht oder aber jedes Gericht dieses Staates den Gerichtshof anrufen, damit dieser über eine Frage der Auslegung oder der Gültigkeit eines der vorgenannten Rechtsakte entscheidet, sofern es eine Entscheidung über diesen Punkt für erforderlich hält, um ein eigenes Urteil fällen zu können.

Die Protokolle

Protokoll über die Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union

Die Mitgliedstaaten, die die Schengener Übereinkommen unterzeichnet haben, (alle Mitgliedstaaten außer dem Vereinigten Königreich und Irland) stellen ihre Zusammenarbeit beim Abbau der Binnengrenzen in den rechtlichen und institutionellen Rahmen der Europäischen Union. Der Rat tritt an die Stelle des durch die Schengener Übereinkommen eingesetzten Exekutivauschusses.

Irland und das Vereinigte Königreich können sich an allen oder an Teilen der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes beteiligen; hierzu bedarf es eines einstimmigen Ratsbeschlusses mit den Stimmen der 13 Unterzeichnerstaaten der Übereinkommen und der Stimme des Vertreters der Regierung des betreffenden Staates.

Island und Norwegen werden bei der Durchführung des Schengen-Besitzstands und bei seiner weiteren Entwicklung assoziiert.

Protokoll zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union

In der Erwägung, daß alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Menschenrechte und die Grundfreiheiten achten, kann ein von einem Angehörigen eines Mitgliedstaates gestellter Asylantrag nur dann berücksichtigt werden, wenn:

  • der Mitgliedstaat des Antragstellers Maßnahmen ergreift, die seine in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vorgesehenen Verpflichtungen außer Kraft setzen;
  • der Rat eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte im Land des Antragstellers festgestellt hat;
  • ein Mitgliedstaat dies einseitig beschließt (Belgien hat angekündigt, eine gesonderte Prüfung jedes Asylantrags vorzunehmen, um seinen zuvor eingegangenen internationalen Verpflichtungen aus dem Genfer Abkommen von 1951 und dem New Yorker Protokoll von 1967 nachzukommen).

ÜBERSCHREITEN DER BINNEN- UND AUSSENGRENZEN

Der Rat der Europäischen Union muss binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags die Maßnahmen treffen, die zur Erreichung der im Vertrag von Amsterdam festgelegten Ziele erforderlich sind.

Personenkontrolle an den Binnengrenzen der Europäischen Union

Jede Kontrolle von Personen - ob von EU-Bürgern oder von Staatsangehörigen von Drittstaaten - an den Binnengrenzen muss entfallen.

Im Gegensatz zu den anderen Bereichen des Titels IV ist der Gerichtshof für die Kontrolle der Gültigkeit und der Anwendung dieser Maßnahmen nicht zuständig.

Überschreiten der Außengrenzen der Europäischen Union

Die Normen und Verfahren, an die sich die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Kontrollen beim Überschreiten der Außengrenzen der Europäischen Union halten müssen, werden vom Rat festgelegt.

Die gemeinsamen Vorschriften für die Erteilung von Visa mit einer maximalen Aufenthaltsdauer von drei Monaten enthalten folgende Elemente:

  • eine Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige bei der Überschreitung der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, und der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind;
  • die Verfahren und Voraussetzungen für die Visumerteilung durch die Mitgliedstaaten;
  • ein Muster für ein einheitliches Visum (die Mitgliedstaaten werden für Angehörige dritter Staaten das gleiche Visum ausstellen);
  • Vorschriften hinsichtlich des einheitlichen Visums (Die Ausstellung von Visa durch die Mitgliedstaaten erfolgt nach gemeinsamen Vorschriften).

Dem allgemeinen Beschlussfassungsverfahren nach Titel IV zufolge werden die Maßnahmen von Punkt 2 und 4 durch den Rat einstimmig beschlossen. Spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des neuen Vertrags müssen diese Maßnahmen im Mitentscheidungsverfahren mit dem Europäischen Parlament beschlossen werden.

In Abweichung von dem unter diesem Titel allgemein angewandten Verfahren werden die Maßnahmen von Punkt 1 und 3 vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Parlaments beschlossen.

Freizügigkeit von Staatsangehörigen dritter Staaten

Die Bedingungen, unter denen Angehörige dritter Staaten auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während einer Dauer von höchstens drei Monaten Reisefreiheit genießen, müssen durch entsprechende Maßnahmen festgelegt werden.

Protokoll über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des Überschreitens der Außengrenzen

Die Mitgliedstaaten sind weiterhin berechtigt, Abkommen mit Drittstaaten zu schließen, sofern diese dem Gemeinschaftsrecht und anderen in Betracht kommenden internationalen Abkommen nicht zuwiderlaufen.

ASYL- UND EINWANDERUNGSPOLITIK

Innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam muss der Rat Maßnahmen für verschiedene Bereiche des Asyl- und Einwanderungsrechts beschließen. Von dieser Frist ausgenommen sind die Maßnahmen für eine ausgewogene Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen verbunden sind, die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Einwanderer sowie die Rechte von Angehörigen dritter Staaten.

Asylpolitik

Internationale Vorschriften für die Gewährung von Asyl sind in dem Genfer Abkommen von 1951 und dem New Yorker Protokoll von 1967 über den Flüchtlingsstatus festgelegt worden. In asylpolitischen Fragen werden darüber hinaus Konsultationen mit dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge und mit anderen einschlägigen internationalen Organisationen geführt werden. In diesem Rahmen trifft der Rat Maßnahmen, um folgendes festzulegen:

  • Kriterien und Mechanismen zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines Asylantrags, den ein Angehöriger eines Drittstaates in einem Mitgliedstaat gestellt hat;
  • Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten;
  • Mindestnormen für die Anerkennung von Staatsangehörigen dritter Länder als Flüchtlinge;
  • Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung des Flüchtlingsstatus.

Weitere Maßnahmen, die Flüchtlinge und Vertriebene betreffen, müssen außerdem in folgenden Bereichen angewandt werden:

  • Mindestnormen für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus Drittstaaten, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, und von Personen, die internationalen Schutz benötigen;
  • Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (Das Problem der Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien insbesondere in Deutschland hat gezeigt, wie nützlich eine solche Maßnahme sein kann, falls sich noch einmal eine ähnliche Situation ergeben sollte.)

Sollten ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Staatsangehörigen eines dritten Landes in eine Notlage geraten, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit vorläufige Maßnahmen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten beschließen.

Einwanderungspolitik

Einwanderungspolitische Maßnahmen werden in folgenden Bereichen getroffen:

  • Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Verfahren zur Erteilung von langfristigen Visa und Aufenthaltstiteln durch die Mitgliedstaaten, insbesondere zum Zwecke der Familienzusammenführung,
  • illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich der Rückführung illegal eingewanderter Personen.

Schließlich werden Maßnahmen getroffen, um die Rechte von Staatsangehörigen dritter Länder, die sich legal in einem Mitgliedstaat aufhalten, und die Bedingungen, unter denen sie sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten dürfen, festzulegen.

Die Mitgliedstaaten können im Rahmen ihrer Einwanderungspolitik innerstaatliche Bestimmungen beibehalten oder einführen, sofern diese mit dem Vertrag von Amsterdam und internationalen Abkommen vereinbar sind.

JUSTITIELLE ZUSAMMENARBEIT IN ZIVILSACHEN

In dem Maße, wie sich die justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen grenzübergreifend auswirkt, werden diesbezügliche Maßnahmen gemäß der Funktionsweise von Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beschlossen. In diesem Bereich werden die nachstehend aufgeführten Ziele verfolgt:

  • das Verständnis von gerichtlichen und außergerichtlichen Entscheidungen, die in einem Mitgliedstaat gefällt wurden, durch die anderen Mitgliedstaaten zu fördern; die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen einschließlich außergerichtlicher Entscheidungen zu verbessern und zu vereinfachen;
  • die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten zu fördern;
  • die Hindernisse, die einer reibungslosen Abwicklung von Zivilverfahren im Wege stehen, - erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften - zu beseitigen.

JUSTITIELLE ZUSAMMENARBEIT IN STRAFSACHEN

Zur Entwicklung der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen werden folgende Ziele festgelegt:

  • die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und den Justizbehörden oder anderen zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten bei Gerichtsverfahren und der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern und zu beschleunigen;
  • die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern;
  • die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften zu gewährleisten, soweit dies für die Verbesserung der Zusammenarbeit erforderlich ist;
  • Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden;
  • schrittweise Maßnahmen zu treffen, um Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen in den Bereichen organisierte Kriminalität, Terrorismus und Drogenhandel festzulegen.

Die Ziele bleiben allgemeiner Natur, ohne genaue Zeitvorgaben. In der Tat sind die angeschnittenen Themen sehr vielschichtig, und die vorstehenden Zielvorgaben stellen bei der justitiellen Zusammenarbeit einen ersten wichtigen Schritt dar.

POLIZEILICHE ZUSAMMENARBEIT

Die polizeiliche Zusammenarbeit kommt durch gemeinsame Aktionen, die vom Rat der Europäischen Union beschlossen werden, sowie durch die Vermittlung des Europäischen Polizeiamtes (Europol) zum Ausdruck.

Gemeinsame Aktionen

Sie decken verschiedene Bereiche ab, deren Liste nicht erschöpfend ist:

  • im Bereich der Verhütung und der Aufdeckung strafbarer Handlungen sowie der Ermittlungen auf diesem Gebiet die operationelle Zusammenarbeit zwischen den Polizeidienststellen, den Zollbehörden und anderen spezialisierten Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten;
  • das Erheben, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, eingeschlossen Informationen über zweifelhafte Finanztransaktionen;
  • die Zusammenarbeit und gemeinsame Initiativen in den Bereichen Aus- und Fortbildung, Austausch von Verbindungsbeamten, Abordnungen, Einsatz von Ausrüstungsgegenständen und kriminaltechnische Forschung;
  • die gemeinsame Bewertung spezieller Ermittlungstechniken für die Aufdeckung schwerwiegender Formen des organisierten Verbrechens.

Das Europäische Polizeiamt (Europol)

Der Rat fördert ebenfalls die Zusammenarbeit über das Europäische Polizeiamt; in den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten des neuen Vertrags wird er Maßnahmen beschließen, um Europol zu ermöglichen,

  • spezifische Ermittlungsmaßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu erleichtern, zu unterstützen und zu koordinieren;
  • die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu ersuchen, Ermittlungen durchzuführen und spezifisches Fachwissen zu entwickeln, welches den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden kann, um ihnen bei den Ermittlungen in Fällen des organisierten Verbrechens zu helfen;
  • mit den auf den Kampf gegen das organisierte Verbrechen spezialisierten Beamten und Sonderermittlern eng zusammenzuarbeiten.

Schließlich wird der Rat ein Netz für Forschung, Dokumentation und Statistik über die grenzüberschreitende Kriminalität einrichten.

Die im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit durchgeführten Maßnahmen (einschließlich der Tätigkeiten von Europol) unterliegen im Einklang mit den in jedem Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften einer gerichtlichen Überprüfung durch die zuständigen einzelstaatlichen Behörden.

EINBEZIEHUNG DES SCHENGEN-RAUMES IN DIE EUROPÄISCHE UNION

Der Abbau der Grenzkontrollen innerhalb des sogenannten Schengen-Raumes wurde dank einer Initiative von Deutschland, Frankreich und den Benelux-Ländern aus dem Jahr 1985 möglich. 1990 wurden durch das Schengener Übereinkommen gemeinsame Vorschriften hinsichtlich der Erteilung von Visa, des Asylrechts, der Kontrolle an den Außengrenzen sowie der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Zoll erlassen, um den freien Personenverkehr zwischen den Unterzeichnerstaaten ohne Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung zu ermöglichen. Es wurde ein Informationssystem für den Austausch personenbezogener Daten eingerichtet. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Irlands) sowie Norwegen und Island haben sich dieser zwischenstaatlichen Initiative angeschlossen.

Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der Europäischen Union

Die Mitgliedstaaten, die die Schengener Übereinkommen unterzeichnet haben, stellen künftig ihre „verstärkte Zusammenarbeit" beim Abbau der Binnengrenzen in den rechtlichen und institutionellen Rahmen der Europäischen Union. Der Rat der Europäischen Gemeinschaften tritt an die Stelle des Exekutivausschusses, der durch die Schengener Übereinkommen eingesetzt wurde. Die oben erwähnten gemeinsamen Vorschriften werden entweder unter Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder unter Titel VI des Vertrags über die Europäische Union einbezogen. Jeder neue Vorschlag in den Bereichen Visa, Asylrecht, Kontrolle an den Außengrenzen sowie Zusammenarbeit zwischen Polizei und Zoll stützt sich auf eine dieser neuen Rechtsgrundlagen.

Das Ziel der Freizügigkeit, das seit der Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 festgeschrieben ist, lässt sich auch dann erreichen, wenn zugleich eine demokratische Kontrolle gewährleistet wird und die Bürger über Rechtsmittel verfügen, wenn ihre Rechte in Frage gestellt sind (Gerichtshof und/oder einzelstaatliche Gerichte je nach Rechtsgebiet).

Irland und das Vereinigte Königreich können sich an allen oder an Teilen der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes beteiligen; hierzu bedarf es eines einstimmigen Ratsbeschlusses mit den Stimmen der 13 Unterzeichnerstaaten der Übereinkommen und des Vertreters der Regierung des betreffenden Staates.

Island und Norwegen werden bei der Durchführung des Schengen-Besitzstands und bei seiner weiteren Entwicklung assoziiert.

Der Schengen-Besitzstand

Der sogenannte Schengen-Besitzstand umfasst die folgenden Rechtsakte:

  • Das am 14. Juni 1985 von den Benelux-Staaten, Deutschland und Frankreich unterzeichnete Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.
  • Das Übereinkommen über die Durchführung des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985, das am 19. Juni 1990 von Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden unterzeichnet wurde, sowie die dazugehörige Schlussakte und die gemeinsamen Erklärungen im Anhang.
  • Die Beitrittsprotokolle und -abkommen mit Italien (unterzeichnet am 27. November 1990), Spanien und Portugal (unterzeichnet am 25. Juni 1991), Griechenland (unterzeichnet am 6. November 1992), Österreich (unterzeichnet am 28. April 1995) sowie Dänemark, Finnland und Schweden (unterzeichnet am 19. Dezember 1996) einschließlich der dazugehörigen Schlussakte und Erklärungen im Anhang.
  • Beschlüsse und Erklärungen des gemäß dem Durchführungsübereinkommen von 1990 gebildeten Exekutivausschusses sowie die Rechtsakte zur Durchführung des Übereinkommens, die von den Instanzen erlassen worden sind, denen der Exekutivausschuss Entscheidungsbefugnisse übertragen hat.

DIE UMNUMERIERUNG DER VERTRÄGE

Es wird darauf hingewiesen, dass das Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam zu einer umfassenden Umnummerierung der Titel und Artikel der verschiedenen Verträge geführt hat.

So wurden die Artikel K.1 bis K.14, die Titel VI des Vertrags über die Europäische Union umfasst, mit den Nummern 29 bis 42 bezeichnet.

See also

Wenn Sie mehr wissen möchten:

  • über die Rechtsvorschriften zur Einrichtung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
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