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Der Vertrag von Marrakesch

Der Vertrag von Marrakesch

 

ZUSAMMENFASSUNG DER DOKUMENTE:

Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichten Werken für sehbehinderte Personen

Beschluss (EU) 2018/254 über den Abschluss des Vertrags von Marrakesch

WAS IST DER ZWECK DES VERTRAGS UND DES BESCHLUSSES?

Der Vertrag von Marrakesch soll die Verfügbarkeit und den grenzüberschreitenden Austausch bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen verbessern.

Mit dem Beschluss wird der Abschluss des Vertrags durch die EU bewilligt.

Der Vertrag von Marrakesch wurde durch die Richtlinie (EU) 2017/1564 und die Verordnung (EU) 2017/1563 in EU-Recht übernommen.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Der Vertrag von Marrakesch schreibt den Vertragsparteien vor, Ausnahmen oder Beschränkungen hinsichtlich des Urheberrechts und verbundenen Rechten vorzusehen, damit Vervielfältigungsstücke von bestimmten Werken und sonstigen Schutzgegenständen in einem barrierefreien Format vervielfältigt, veröffentlicht und international verbreitet werden können.

Begünstigte Personen

Die begünstigten Personen sind gemäß dem Vertrag Personen, die von verschiedenen Behinderungen betroffen sind, die das effektive Lesen von gedrucktem Material behindern. Hierzu zählen Personen, die blind sind, eine Lernbehinderung, eine körperliche Behinderung oder eine Sehbehinderung haben, die sie daran hindert, gedrucktes Material zu lesen und zu verstehen, oder Bücher oder andere gedruckte Werke zu halten oder zu handhaben (begünstigte Personen gemäß dem Vertrag).

Dies umfasst Werke „in Form von Text, Notationen und/oder damit verbundenen Darstellungen, unabhängig davon, ob diese veröffentlicht sind oder in anderer Weise in welcher Form auch immer öffentlich verfügbar gemacht werden“, einschließlich Hörbücher.

Der Vertrag erkennt auch die Rolle befugter Stellen an, die auf gemeinnützige Weise Vervielfältigungsstücke veröffentlichter Werke in einem barrierefreien Format zum nicht gewerblichen Verleih oder zur elektronischen Verbreitung erstellen können, sofern der Zugang zum jeweiligen Werk rechtmäßig ist, nur die Änderungen vorgenommen werden, die erforderlich sind, um das Werk barrierefrei zu gestalten, und die Vervielfältigungsstücke ausschließlich für die Nutzung durch begünstigte Personen bereitgestellt werden.

Ausnahmen oder Beschränkungen hinsichtlich des Urheberrechts, einschließlich für die Einfuhr und Ausfuhr

Der Vertrag schreibt den Parteien vor, eine Ausnahme oder eine Beschränkung hinsichtlich der nationalen Urheberrechtsgesetze einzuführen, um die Vervielfältigung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zu ermöglichen.

Zudem schreibt der Vertrag den Parteien vor, unter bestimmten Bedingungen die Einfuhr und Ausfuhr von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zu ermöglichen, um die internationale Verbreitung von Büchern, die in einem barrierefreien Format verfügbar sind, zu erleichtern:

  • ein Vervielfältigungsstück kann ohne Genehmigung des Rechteinhabers eingeführt werden;
  • Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format können von einer befugten Stelle an eine begünstigte Person oder eine andere befugte Stelle für die ausschließliche Nutzung der Werke durch begünstige Personen ausgeführt werden.

Vertragsparteien

Die Vertragsmitgliedschaft steht Mitgliedern der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) und der EU offen. Dem Vertrag zufolge muss die WIPO einen „Informationszugangspunkt“ einrichten, um den freiwilligen Informationsaustausch und die Identifizierung befugter Stellen zu ermöglichen. Der Vertrag begründet außerdem eine Versammlung der Vertragsparteien, deren Hauptaufgabe darin besteht, den Vertrag zu unterhalten und weiter auszugestalten.

EU-Ratifizierung

Am 13. September 2017 wurde durch die Verordnung (EU) 2017/1563 und die Richtlinie (EU) 2017/1564 die neue verpflichtende Ausnahme hinsichtlich der Urheberrechtsvorschriften dem Vertrag gemäß in das EU-Recht übernommen. Am 15. Februar 2018 wurde vor der vollständigen Ratifizierung mit dem Beschluss (EU) 2018/254 des Rates der Abschluss des Vertrags bewilligt.

WANN TRITT DER VERTRAG IN KRAFT?

Der Vertrag von Marrakesch ist am 30. September 2016 in Kraft getreten, drei Monate nachdem die erforderliche Anzahl von 20 Vertragsparteien erreicht wurde.

Der Beschluss des Rates zur Bewilligung des Abschlusses des Vertrags wurde am 15. Februar 2018 erlassen. Die EU-Ratifizierung des Vertrags folgte am 12. Oktober 2018.

HINTERGRUND

Der EU-Gerichtshof urteilte im Jahr 2017, dass die EU ausschließliche Zuständigkeit hat und dass der Vertrag von Marrakesch von der EU allein abgeschlossen werden kann, ohne die Beteiligung einzelner EU-Länder.

Die Vertragsparteien haben die Freiheit, seine Bestimmungen unter Berücksichtigung ihrer eigenen Rechtssysteme und Rechtspraxis umzusetzen, entsprechend den Drei-Stufen-Test-Verpflichtungen gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst. Der Übereinkunft zufolge darf keine Ausnahme oder Beschränkung mit einer normalen Nutzung des Werks in Konflikt stehen und darf die legitimen Interessen des Urhebers nicht unzumutbar verletzen.

Weiterführende Informationen:

HAUPTDOKUMENTE

Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte und anderweitig lesebehinderte Personen (ABl. L 48 vom 21.2.2018, S. 3-11)

Beschluss (EU) 2018/254 des Rates vom 15. Februar 2018 über den Abschluss – im Namen der Europäischen Union – des Vertrags von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken (ABl. L 48 vom 21.2.2018, S. 1-2)

Die im Nachhinein vorgenommenen Änderungen des Beschlusses (EU) 2018/254 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

VERBUNDENE DOKUMENTE

Verordnung (EU) 2017/1563 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über den grenzüberschreitenden Austausch von Vervielfältigungsstücken bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format zwischen der Union und Drittländern zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen (ABl. L 242 vom 20.9.2017, S. 1-5)

Richtlinie (EU) 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen und zur Änderung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 242 vom 20.9.2017, S. 6-13)

Beschluss 2014/221/EU des Rates vom 14. April 2014 über die Unterzeichnung im Namen der Europäischen Union des Vertrags von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken (ABl. L 115 vom 17.4.2014, S. 1-2)

Letzte Aktualisierung: 06.11.2018

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