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Document 62022CN0420

    Rechtssache C-420/22: Vorabentscheidungsersuchen des Szegedi Törvényszék (Ungarn), eingereicht am 24. Juni 2022 — NW/Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság, Miniszterelnöki Kabinetirodát vezető miniszter

    ABl. C 451 vom 28.11.2022, p. 7–8 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    28.11.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 451/7


    Vorabentscheidungsersuchen des Szegedi Törvényszék (Ungarn), eingereicht am 24. Juni 2022 — NW/Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság, Miniszterelnöki Kabinetirodát vezető miniszter

    (Rechtssache C-420/22)

    (2022/C 451/10)

    Verfahrenssprache: Ungarisch

    Vorlegendes Gericht

    Szegedi Törvényszék

    Parteien des Ausgangsverfahrens

    Kläger: NW

    Beklagte: Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság, Miniszterelnöki Kabinetirodát vezető miniszter

    Vorlagefragen

    1.

    Ist Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG (1) des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) — sowie gegebenenfalls mit Art. 7 und 24 der Charta — dahin zu verstehen, dass er die Behörde eines Mitgliedstaats, die eine Entscheidung erlassen hat, mit der aus Gründen der nationalen Sicherheit und/oder der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit der Entzug einer früher erteilten langfristigen Aufenthaltsberechtigung angeordnet wird, sowie die Fachbehörde, die den vertraulichen Charakter festgestellt hat, dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass der betroffene Drittstaatsangehörige und sein gesetzlicher Vertreter zumindest vom wesentlichen Inhalt der als vertraulich oder als Verschlusssache eingestuften Informationen und Daten, die der auf die genannten Gründe gestützten Entscheidung zugrunde liegen, Kenntnis erhalten und diese Informationen oder Daten in dem Verfahren, das die Entscheidung betrifft, verwenden können, wenn die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass eine solche Offenlegung den Gründen der nationalen Sicherheit zuwiderlaufen würde?

    2.

    Bejahendenfalls: Was genau ist im Hinblick auf die Art. 41 und 47 der Charta unter „wesentlicher Inhalt“ der als geheim eingestuften Gründe, auf deren Grundlage eine solche Entscheidung ergeht, zu verstehen?

    3.

    Ist Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109 im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass das Gericht eines Mitgliedstaats, das über die Rechtmäßigkeit des Stellungnahme der Fachbehörde, die auf einen Grund gestützt ist, der sich auf als vertraulich oder als Verschlusssache eingestufte Informationen bezieht, und der auf dieser Stellungnahme beruhenden materiell-rechtlichen Entscheidung auf dem Gebiet des Ausländerrechts entscheidet, befugt sein muss, die Rechtmäßigkeit der Geheimhaltung (ihre Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit) zu prüfen und, wenn es die Geheimhaltung für rechtswidrig hält, anzuordnen, dass die betroffene Person und ihr gesetzlicher Vertreter von allen Informationen, auf die sich die Stellungnahme und die Entscheidung der Verwaltungsbehörden stützen, Kenntnis erhalten und diese verwenden dürfen, oder, wenn es die Geheimhaltung für rechtmäßig hält, anzuordnen, dass die betroffene Person zumindest von dem wesentlichen Inhalt der vertraulichen Informationen Kenntnis erhalten und diese Informationen in dem sie betreffenden ausländerrechtlichen Verfahren verwenden kann?

    4.

    Sind die Art. 9 Abs. 3 und 10 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109 in Verbindung mit den Art. 7, 24, Art. 51 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der eine ausländerrechtliche Entscheidung, mit der der Entzug einer früher erteilten langfristigen Aufenthaltsberechtigung angeordnet wird, in einer Entscheidung ohne Begründung besteht,

    i)

    die sich ausschließlich auf eine automatische Bezugnahme auf eine verbindliche, ebenfalls nicht begründete, die Gefährdung oder Verletzung der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung feststellende fachbehördliche Stellungnahme, die keine Ausnahme zulässt, stützt, und

    ii)

    die daher ohne gründliche Prüfung des Vorliegens von Gründen der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung im konkreten Fall und ohne Berücksichtigung der individuellen Umstände und der Erfordernisse der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erlassen wurde?


    (1)  ABl. 2004, L 16, S. 44.


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