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Document 62020CJ0716

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 8. September 2022.
RTL Television GmbH gegen Grupo Pestana S.G.P.S., S.A. und SALVOR - Sociedade de Investimento Hoteleiro, S.A.
Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal de Justiça.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung – Richtlinie 93/83/EWG – Art. 1 Abs. 3 – Begriff ,Kabelweiterverbreitung‘ – Anbieter der Weiterverbreitung, der nicht die Eigenschaft eines Kabelunternehmens hat – Zeitgleiche, unveränderte und vollständige Verbreitung von durch Satellit übermittelten und zum öffentlichen Empfang bestimmten Fernseh- oder Radiosendungen durch den Betreiber eines Hotels mittels Parabolantenne, Kabel sowie Fernseh- oder Radioempfängern – Nichtvorliegen.
Rechtssache C-716/20.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:643

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

8. September 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung – Richtlinie 93/83/EWG – Art. 1 Abs. 3 – Begriff ‚Kabelweiterverbreitung‘ – Anbieter der Weiterverbreitung, der nicht die Eigenschaft eines Kabelunternehmens hat – Zeitgleiche, unveränderte und vollständige Verbreitung von durch Satellit übermittelten und zum öffentlichen Empfang bestimmten Fernseh- oder Radiosendungen durch den Betreiber eines Hotels mittels Parabolantenne, Kabel sowie Fernseh- oder Radioempfängern – Nichtvorliegen“

In der Rechtssache C‑716/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal de Justiça (Oberster Gerichtshof, Portugal) mit Entscheidung vom 10. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Dezember 2020, in dem Verfahren

RTL Television GmbH

gegen

Grupo Pestana S.G.P.S. SA,

SALVOR – Sociedade de Investimento Hoteleiro SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis, M. Ilešič (Berichterstatter), D. Gratsias und Z. Csehi,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der RTL Television GmbH, vertreten durch J. P. de Oliveira Vaz Miranda de Sousa, Advogado,

der Grupo Pestana S.G.P.S. SA und der SALVOR – Sociedade de Investimento Hoteleiro SA, vertreten durch H. Trocado, Advogado,

der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, B. Rechena und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. März 2022

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. 1993, L 248, S. 15).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der RTL Television GmbH (im Folgenden: RTL) auf der einen und der Grupo Pestana S.G.P.S. SA (im Folgenden: Grupo Pestana) sowie der SALVOR – Sociedade de Investimento Hoteleiro SA (im Folgenden: Salvor) auf der anderen Seite über das Zurverfügungstellen von Sendungen eines RTL-Senders in den Zimmern von von Grupo Pestana und Salvor betriebenen Hotels ohne vorherige Erlaubnis seitens RTL.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

TRIPS-Übereinkommen

3

Das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnete Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) in Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) wurde mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) genehmigt.

4

Art. 9 („Verhältnis zur Berner Übereinkunft“) Abs. 1 des TRIPS-Übereinkommens bestimmt:

„Die Mitglieder befolgen die Artikel 1 bis 21 der Berner Übereinkunft [zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft)] und den Anhang dazu. …“

5

Art. 14 („Schutz von ausübenden Künstlern, Herstellern von Tonträgern [Tonaufnahmen] und Sendeunternehmen“) Abs. 3 dieses Abkommens sieht vor:

„Sendeunternehmen haben das Recht, folgende Handlungen zu verbieten, wenn diese ohne ihre Erlaubnis vorgenommen werden: die Festlegung, die Vervielfältigung von Festlegungen und die drahtlose Weitersendung von Funksendungen sowie die öffentliche Wiedergabe von Fernsehsendungen solcher Funksendungen. Mitglieder, die den Sendeunternehmen solche Rechte nicht gewähren, müssen den Inhabern des Urheberrechts an dem Gegenstand von Funksendungen die Möglichkeit gewähren, die genannten Handlungen vorbehaltlich der Berner Übereinkunft … zu verhindern.“

Berner Übereinkunft

6

Art. 11bis Abs. 1 der Berner Übereinkunft sieht vor:

„Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst genießen das ausschließliche Recht, zu erlauben:

2.

jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder ohne Draht, wenn diese Wiedergabe von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird,

…“

Abkommen von Rom

7

Nach Art. 3 Buchst. g des am 26. Oktober 1961 in Rom geschlossenen Internationalen Abkommens über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (im Folgenden: Abkommen von Rom) bedeutet „Weitersendung“ im Sinne des Übereinkommens „die gleichzeitige Ausstrahlung der Sendung eines Sendeunternehmens durch ein anderes Sendeunternehmen“.

8

Art. 13 („Mindestschutz der Sendeunternehmen“) dieses Abkommens sieht vor:

„Die Sendeunternehmen genießen das Recht, zu erlauben oder zu verbieten:

a)

die Weitersendung ihrer Sendungen;

b)

die Festlegung ihrer Sendungen;

c)

die Vervielfältigung

(i)

der ohne ihre Zustimmung vorgenommenen Festlegungen ihrer Sendungen;

(ii)

der auf Grund der Bestimmungen des Artikels 15 vorgenommenen Festlegungen ihrer Sendungen, wenn die Vervielfältigung zu anderen als den in diesen Bestimmungen genannten Zwecken vorgenommen wird;

d)

die öffentliche Wiedergabe ihrer Fernsehsendungen, wenn sie an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind; es obliegt der nationalen Gesetzgebung des Staates, in dem der Schutz dieses Rechtes beansprucht wird, die Bedingungen für die Ausübung dieses Rechtes zu regeln.“

Unionsrecht

Richtlinie 93/83

9

In den Erwägungsgründen 8 bis 10, 27 und 28 der Richtlinie 93/83 heißt es:

„(8)

… [E]s [fehlt] an der für den freien Verkehr von Rundfunksendungen innerhalb der Gemeinschaft erforderlichen Rechtssicherheit, wo Programme grenzüberschreitend in Kabelnetze eingespeist und weiterverbreitet werden.

(9)

Die Entwicklung des vertraglichen Rechteerwerbs durch Erlaubnis trägt schon jetzt nachhaltig zur Schaffung des angestrebten europäischen audiovisuellen Raumes bei. Das Fortbestehen solcher vertraglichen Vereinbarungen ist mithin sicherzustellen und ihre möglichst reibungslose Durchführung in der Praxis nach Möglichkeit zu fördern.

(10)

Gegenwärtig können Kabelnetzbetreiber insbesondere nicht sicher sein, tatsächlich alle Rechte an den Programmen erworben zu haben, die Gegenstand einer solchen vertraglichen Vereinbarung sind.

(27)

Die Kabelweiterverbreitung von Programmen aus anderen Mitgliedstaaten stellt eine Handlung dar, die in den Bereich des Urheberrechts und gegebenenfalls der Leistungsschutzrechte fällt. Daher benötigt ein Kabelnetzbetreiber für jeden weiterverbreiteten Programmteil die Genehmigung sämtlicher Rechtsinhaber. Nach dieser Richtlinie sollten diese Genehmigungen grundsätzlich vertraglich zu erteilen sein, soweit nicht für bereits bestehende gesetzliche Lizenzen eine zeitweilige Ausnahme vorgesehen wird.

(28)

Damit das reibungslose Funktionieren vertraglicher Vereinbarungen nicht durch den Einspruch von Außenseitern, die Rechte an einzelnen Programmteilen innehaben, in Frage gestellt werden kann, sollte, soweit die Besonderheiten der Kabelweiterverbreitung dies erfordern, durch Einführung einer Verwertungsgesellschaftspflicht eine ausschließlich kollektive Ausübung des Verbotsrechts vorgesehen werden. Das Verbotsrecht als solches bleibt dabei erhalten, lediglich die Art seiner Ausübung wird in bestimmtem Umfang geregelt. Daraus folgt zugleich, dass die Kabelweiterverbreitungsrechte nach wie vor abtretbar sind. Die Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird vom Regelungsbereich dieser Richtlinie nicht erfasst.“

10

Art. 1 („Definitionen“) Abs. 3 der Richtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet ‚Kabelweiterverbreitung‘ die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterverbreitung einer drahtlosen oder drahtgebundenen, erdgebundenen oder durch Satellit übermittelten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen, die zum öffentlichen Empfang bestimmt sind, aus einem anderen Mitgliedstaat durch Kabel- oder Mikrowellensysteme.“

11

In Art. 2 („Senderecht“) der Richtlinie heißt es:

„… [D]ie Mitgliedstaaten [sehen] für den Urheber das ausschließliche Recht vor, die öffentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Werken über Satellit zu erlauben.“

12

Art. 8 („Kabelweiterverbreitungsrecht“) Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Kabelweiterverbreitung von Rundfunksendungen aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Staatsgebiet unter der Beachtung der anwendbaren Urheberrechte und verwandten Schutzrechte und auf der Grundlage individueller oder kollektiver Verträge zwischen den Urheberrechtsinhabern, den Leistungschutzberechtigten und den Kabelunternehmen erfolgt.“

13

Art. 9 („Ausübung des Kabelweiterverbreitungsrechts“) der Richtlinie 93/83 lautet:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das Recht der Urheberrechtsinhaber und der Inhaber verwandter Schutzrechte, einem Kabelunternehmen die Erlaubnis zur Kabelweiterverbreitung zu erteilen oder zu verweigern, nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann.

(2)   Hat ein Rechtsinhaber die Wahrnehmung seiner Rechte keiner Verwertungsgesellschaft übertragen, so gilt die Verwertungsgesellschaft, die Rechte der gleichen Art wahrnimmt, als bevollmächtigt, seine Rechte wahrzunehmen. Nimmt mehr als eine Verwertungsgesellschaft Rechte dieser Art wahr, so steht es dem Rechtsinhaber frei, unter diesen Verwertungsgesellschaften diejenige auszuwählen, die als zur Wahrung seiner Rechte bevollmächtigt gelten soll. Für einen Rechtsinhaber im Sinne dieses Absatzes ergeben sich aus der Vereinbarung zwischen dem Kabelunternehmen und der Verwertungsgesellschaft, die als bevollmächtigt zur Wahrung seiner Rechte gilt, die gleichen Rechte und Pflichten wie für Rechtsinhaber, die diese Verwertungsgesellschaft bevollmächtigt haben; er kann diese Rechte innerhalb eines von dem betreffenden Mitgliedstaat festzulegenden Zeitraums geltend machen, der, gerechnet vom Zeitpunkt der Kabelweiterverbreitung an, die sein Werk oder andere urheberrechtlich geschützte Gegenstände umfasst, nicht kürzer als drei Jahre sein darf.

(3)   Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass bei einem Rechtsinhaber, der die Erstsendung eines Werks oder eines anderen urheberrechtlich geschützten Gegenstands im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats gestattet, davon ausgegangen wird, dass er damit einverstanden ist, seine Kabelweiterverbreitungsrechte nicht auf individueller Grundlage, sondern gemäß dieser Richtlinie auszuüben.“

14

Art. 10 („Ausübung des Kabelweiterverbreitungsrechts durch Sendeunternehmen“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Artikel 9 auf die Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine eigenen Sendungen geltend macht, keine Anwendung findet, wobei es unerheblich ist, ob die betreffenden Rechte eigene Rechte des Unternehmens sind oder ihm durch andere Urheberrechtsinhaber und/oder Inhaber verwandter Schutzrechte übertragen worden sind.“

Richtlinie 2001/29/EG

15

Der 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10) bestimmt:

„Mit dieser Richtlinie sollte das für die öffentliche Wiedergabe geltende Urheberrecht weiter harmonisiert werden. Dieses Recht sollte im weiten Sinne verstanden werden, nämlich dahin gehend, dass es jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist. Dieses Recht sollte jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung, umfassen. Dieses Recht sollte für keine weiteren Handlungen gelten.“

16

Art. 1 („Anwendungsbereich“) Abs. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„… [D]iese Richtlinie [lässt] die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über folgende Bereiche unberührt und beeinträchtigt sie in keiner Weise:

c)

über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im Bereich des Satellitenrundfunks und der Kabelweiterverbreitung;

…“

17

Art. 2 („Vervielfältigungsrecht“) der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

e)

für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden.“

18

In Art. 3 („Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände“) der Richtlinie heißt es:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

(2)   Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, zu erlauben oder zu verbieten, dass die nachstehend genannten Schutzgegenstände drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind:

d)

für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden.

…“

Richtlinie 2006/115/EG

19

Der 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 2006, L 376, S. 28) lautet:

„Die Mitgliedstaaten sollten einen weiterreichenden Schutz für Inhaber von verwandten Schutzrechten vorsehen können, als er in dieser Richtlinie hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe vorgeschrieben ist.“

20

Art. 7 („Aufzeichnungsrecht“) Abs. 2 und 3 dieser Richtlinie sieht vor:

„(2)   Die Mitgliedstaaten sehen für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vor, die Aufzeichnung ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, unabhängig davon, ob es sich hierbei um drahtlose oder drahtgebundene, über Kabel oder durch Satelliten vermittelte Sendungen handelt.

(3)   Einem weiterverbreitenden Kabelsendeunternehmen, das lediglich Sendungen anderer Sendeunternehmen über Kabel weiterverbreitet, steht das Recht nach Absatz 2 jedoch nicht zu.“

21

Art. 8 („Öffentliche Sendung und Wiedergabe“) Abs. 3 der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vor, die drahtlose Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

22

In Art. 9 („Verbreitungsrecht“) Abs. 1 der Richtlinie heißt es:

„Die Mitgliedstaaten sehen das ausschließliche Recht, die … genannten Schutzgegenstände … der Öffentlichkeit … zur Verfügung zu stellen …, wie folgt vor:

d)

für Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen nach Maßgabe von Artikel 7 Absatz 2.“

23

Art. 12 („Beziehung zwischen Urheberrecht und verwandten Schutzrechten“) der Richtlinie 2006/115 bestimmt:

„Der Schutz von dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten gemäß dieser Richtlinie lässt den Schutz der Urheberrechte unberührt und beeinträchtigt ihn in keiner Weise.“

Portugiesisches Recht

24

Art. 176 des Código do Direito de Autor e dos Direitos Conexos (Gesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, im Folgenden: CDADC) Abs. 9 und 10 sieht vor:

„9.   Ein Sendeunternehmen ist ein Unternehmen, das Ton- oder Bildrundfunksendungen ausstrahlt, wobei unter Rundfunksendung die zum öffentlichen Empfang bestimmte Ausstrahlung von Tönen oder Bildern oder deren Darstellung, einzeln oder kumuliert, drahtgebunden oder drahtlos, insbesondere über Funkwellen, optische Kabel, Kabel oder Satellit zu verstehen ist.

10.   Weiterverbreitung ist die zeitgleiche Ausstrahlung einer Sendung eines Sendeunternehmens durch ein anderes Sendeunternehmen.“

25

In Art. 187 („Rechte von Sendeunternehmen“) Abs. 1 CDADC heißt es:

„Die Sendeunternehmen genießen das Recht, zu erlauben oder zu verbieten:

a)

die Weiterverbreitung ihrer Sendungen über Funkwellen;

e)

die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen, wenn diese Wiedergabe an einem öffentlichen Ort und gegen Zahlung einer Eintrittsgebühr erfolgt.“

26

In Art. 3 des Decreto-Lei Nr. 333/97 (Gesetzesdekret Nr. 333/97) vom 27. November 1997 (Diário da República I, Serie I‑A, Nr. 275 vom 27. November 1997) heißt es:

„Im Sinne dieses Dekrets

c)

bezeichnet der Begriff ‚Kabelweiterverbreitung‘ die zeitgleich und vollständig über Kabel erfolgende öffentliche Verbreitung einer zum öffentlichen Empfang bestimmten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen.“

27

Art. 8 („Erweiterung auf die Inhaber verwandter Schutzrechte“) des Gesetzesdekrets Nr. 333/97 sieht vor:

„Die Bestimmungen der Artikel 178, 184 und 187 [CDADC] sowie der Artikel 6 und 7 dieses Gesetzesdekrets gelten für ausübende Künstler, Hersteller von Ton- und Videoaufnahmen und Sendeunternehmen in Bezug auf die öffentliche Wiedergabe ihrer Leistungen über Satellit, Tonträger, Videoträger und Sendungen sowie hinsichtlich der Kabelweiterverbreitung.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

28

RTL mit Sitz in Deutschland ist Teil eines Konglomerats von Fernsehsendeunternehmen, das unter dem Handelsnamen „Mediengruppe RTL Deutschland“ bekannt ist. Der Sender RTL ist einer der bekanntesten und vom deutschsprachigen Publikum in der Europäischen Union meistgesehenen deutschsprachigen Fernsehsender. Seine Programme bieten eine sehr breite Palette von Fernsehformaten (Filme, Serien, Shows, Dokumentarfilme, Sportereignisse, Nachrichten und Magazine).

29

Technisch gesehen kann dieser Sender in Deutschland, Österreich und der Schweiz über alle bestehenden Möglichkeiten zum Empfang von Fernsehsendungen empfangen werden, nämlich über Satellit, Kabel, IP, OTT/Internet sowie über das terrestrische Fernsehnetz. Er ist außerdem kostenlos, da für den Empfang in Privatwohnungen keine Gebühren erhoben werden, und bei den meisten Empfangsoptionen ist das Signal unverschlüsselt. Ferner stammen alle Finanzierungsquellen für Werbung aus diesen drei Ländern.

30

In Anbetracht der Verbreitung des Satellitensignals (Satellit ASTRA 19,2° Ost) kann dieser Sender aus technischer Sicht in mehreren anderen europäischen Ländern, darunter Portugal, mittels einer Parabolantenne empfangen werden.

31

Was den Empfang und die Nutzung dieses Signals betrifft, hat RTL bereits mehrere Lizenzverträge sowohl mit Kabelfernsehbetreibern als auch mit einigen in der Union, u. a. in Portugal, gelegenen Hotels geschlossen.

32

Grupo Pestana mit Sitz in Portugal ist eine Gesellschaft, die in der Verwaltung von Beteiligungen anderer Unternehmen tätig ist. Sie hält Mehrheitsbeteiligungen an Gesellschaften, die ihrerseits Hotels besitzen oder betreiben.

33

Grupo Pestana hält eine unmittelbare Beteiligung von mindestens 98,98 % am Kapital von Salvor, deren Gesellschaftszweck in der Ausübung und Förderung des Hotelgewerbes besteht, indem sie Hotels baut oder den Bau von Hotels finanziert und unmittelbar oder mittelbar den Betrieb von Hotels und ähnlichen Einrichtungen übernimmt.

34

Mit Schreiben vom 7. August 2012 verlangte der Leiter der internationalen Abteilung für Vertrieb sowie Urheberrechte und verwandte Schutzrechte der Mediengruppe RTL Deutschland von Grupo Pestana die Zahlung der Gebühr für die öffentliche Bereitstellung mehrerer zu diesem Konzern gehörender Sender, u. a. des Senders RTL, in Zimmern von Hotels, die von Gesellschaften betrieben werden, die zu Grupo Pestana gehören.

35

Grupo Pestana antwortete am 12. November 2012 auf dieses Schreiben und wies u. a. darauf hin, dass Hotels nach portugiesischem Recht nicht verpflichtet seien, im Fall des bloßen Empfangs des Fernsehsignals eine Urhebervergütung oder eine sonstige Vergütung zu zahlen.

36

Da RTL der Ansicht war, dass sie berechtigt sei, den Empfang und das Zurverfügungstellen der Sendungen des gleichnamigen Senders zu genehmigen oder zu verweigern, erhob sie beim Tribunal da Propriedade Intelectual (Gericht für geistiges Eigentum, Portugal) Klage gegen Salvor und Grupo Pestana und beantragte u. a., festzustellen, dass dieses Zurverfügungstellen ihre vorherige Zustimmung erfordere.

37

Außerdem beantragte sie als Ausgleich für die Weiterverbreitung und/oder die öffentliche Wiedergabe der Sendungen des Senders RTL zum einen, Salvor und Grupo Pestana gesamtschuldnerisch zur Zahlung eines Betrags von 0,20 Euro pro Zimmer und Monat für den Zeitraum zu verurteilen, in dem Salvor den genannten Sender in den Zimmern seiner Hotels zur Verfügung gestellt hatte, zuzüglich Zinsen zum gesetzlichen Zinssatz, und zum anderen, Grupo Pestana zur Zahlung eines solchen Ausgleichs für den Zeitraum zu verurteilen, in dem die Hotels, die von den anderen in ihrem Besitz befindlichen Gesellschaften betrieben werden, den genannten Sender in ihren Zimmern zur Verfügung stellten oder stellen.

38

Schließlich beantragte RTL, Grupo Pestana als Muttergesellschaft zu verurteilen, geeignete konzerninterne Maßnahmen zu ergreifen, damit die von ihr gehaltenen Gesellschaften den Sender RTL nicht in den von ihnen betriebenen Hotels zur Verfügung stellen, ohne zuvor die Einwilligung von RTL eingeholt zu haben.

39

Das Tribunal da Propriedade Intelectual (Gericht für geistiges Eigentum) stellte fest, dass der Empfang und das Zurverfügungstellen der Sendungen des Senders RTL in den betreffenden Hotelzimmern eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 187 Abs. 1 Buchst. e CDADC darstellten, obwohl keine spezifische Gegenleistung, wie etwa ein Eintrittsgeld, gezahlt worden sei, um die Visualisierung dieses Senders zu vergüten. Allerdings entschied dieses Gericht, dass die Verbreitung des genannten Senders nicht als „Weiterverbreitung von Sendungen“ angesehen werden könne, da weder die Beklagten des Ausgangsverfahrens noch die in der Klage angeführten Hotels Sendeunternehmen seien. Folglich wies es die Ansprüche von RTL, insbesondere diejenigen, die schadensersatzrechtlicher Art oder auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützt sind, zurück.

40

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens legte gegen dieses Urteil Berufung beim Tribunal da Relação de Lisboa (Berufungsgericht Lissabon, Portugal) ein, das das erstinstanzliche Urteil bestätigte. Das Berufungsgericht war im Wesentlichen der Auffassung, dass die Verbreitung von Sendungen des Senders RTL über Koaxialkabel an mehrere, in den Zimmern der von den Beklagten des Ausgangsverfahrens betriebenen Hotels installierte Fernsehgeräte keine Weiterverbreitung von Sendungen im Sinne der Definition in Art. 176 Abs. 10 CDADC darstelle.

41

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens legte daraufhin beim vorlegenden Gericht, dem Supremo Tribunal de Justiça (Oberster Gerichtshof, Portugal), außerordentliche Revision ein, die von diesem zugelassen wurde.

42

Nach Ansicht dieses Gerichts ist die im Rahmen dieser Revision zu entscheidende wesentliche Frage, ob die Verbreitung von Sendungen des Senders RTL über Koaxialkabel in den Zimmern der betreffenden Hotels eine Weiterverbreitung dieser Sendungen darstellt, die nach Art. 187 Abs. 1 Buchst. a CDADC der Zustimmung des Sendeunternehmens, im vorliegenden Fall RTL, unterliegt.

43

Zum einen waren die beiden Vorinstanzen der Ansicht, dass keine Weiterverbreitung im Sinne von Art. 176 Abs. 9 und 10 CDADC sowie Art. 3 Buchst. g des Abkommens von Rom vorliege, da die Beklagten nicht als Sendeunternehmen einzustufen seien.

44

Zum anderen wandte RTL ein, dass das den Sendeunternehmen eingeräumte Recht, die Weiterverbreitung ihrer Sendungen zu erlauben und zu verbieten – wie es in Art. 187 Abs. 1 Buchst. a CDADC in Verbindung mit Art. 3 und 8 des Gesetzesdekrets Nr. 333/97 verankert sei –, nicht nur die zeitgleiche drahtlose Übertragung einer Sendung eines Sendeunternehmens durch ein anderes Sendeunternehmen erfasse, sondern auch die zeitgleich und vollständig über Kabel erfolgende öffentliche Verbreitung einer zum öffentlichen Empfang bestimmten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen, unabhängig davon, ob die Person, die diese öffentliche Verbreitung vornehme, ein Sendeunternehmen sei oder nicht.

45

Insoweit hat das vorlegende Gericht Zweifel an der Vereinbarkeit der von den beiden Vorinstanzen vorgenommenen Auslegung der anwendbaren Vorschriften des CDADC und des Gesetzesdekrets Nr. 333/97 mit der Richtlinie 93/83, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob der Katalog der den Sendeunternehmen eingeräumten Rechte, ungeachtet des Wortlauts von Art. 187 Abs. 1 Buchst. a CDADC, u. a. unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Gesetzesdekrets Nr. 333/97 und seiner ursprünglichen Quelle, der Richtlinie 93/83, als erweitert anzusehen ist.

46

Unter diesen Umständen hat das Supremo Tribunal de Justiça (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist der Begriff „Kabelweiterverbreitung“ in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 dahin auszulegen, dass er nicht nur die zeitgleiche Übertragung einer Sendung eines Sendeunternehmens durch ein anderes Sendeunternehmen, sondern auch die zeitgleich und vollständig über Kabel erfolgende öffentliche Verbreitung einer zum öffentlichen Empfang bestimmten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen erfasst (unabhängig davon, ob die Person, die diese öffentliche Verbreitung vornimmt, ein Sendeunternehmen ist oder nicht)?

2.

Ist die zeitgleiche Verbreitung der über Satellit ausgestrahlten Sendungen eines Fernsehsenders über die verschiedenen in Hotelzimmern aufgestellten Fernsehgeräte mittels eines Koaxialkabels eine „Weiterverbreitung“ dieser Sendungen, die unter den in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 genannten Begriff subsumiert werden kann?

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

47

Nach der Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts hat RTL mit am 7. Juni 2022 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingereichtem Schriftsatz die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt.

48

Zur Stützung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Schlussanträge des Generalanwalts auf einer mangelhaften Prüfung mehrerer Aspekte des tatsächlichen, technischen und rechtlichen Zusammenhangs des Ausgangsrechtsstreits beruhten.

49

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen stellt, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist. Die Schlussanträge des Generalanwalts oder ihre Begründung binden den Gerichtshof nicht (Urteil vom 12. Mai 2022, Schneider Electric u. a., C‑556/20, EU:C:2022:378, Rn. 30 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

50

Nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

51

Dagegen sehen die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung keine Möglichkeit für die Parteien vor, zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Stellung zu nehmen (Urteile vom 2. April 2020, Stim und SAMI, C‑753/18, EU:C:2020:268, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 3. September 2020, Supreme Site Services u. a., C‑186/19, EU:C:2020:638, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Im vorliegenden Fall soll der von RTL gestellte Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens ihr im Wesentlichen ermöglichen, auf die vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen getroffenen Feststellungen zu antworten.

53

Insoweit ist der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts der Auffassung, dass er über alle Angaben verfügt, die zur Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts erforderlich sind, und dass das gesamte entscheidungserhebliche Vorbringen zwischen den Parteien sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof erörtert worden ist.

54

Demzufolge ist das mündliche Verfahren nicht wieder zu eröffnen.

Zu den Vorlagefragen

55

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren (Urteil vom 26. April 2022, Landespolizeidirektion Steiermark [Höchstdauer von Kontrollen an den Binnengrenzen], C‑368/20 und C‑369/20, EU:C:2022:298, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof kann veranlasst sein, unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (Urteil vom 24. Februar 2022, Glavna direktsia Pozharna bezopasnost i zashtita na naselenieto, C‑262/20, EU:C:2022:117, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht – unter Berücksichtigung der Definition des Begriffs „Kabelweiterverbreitung“ in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 – verpflichtet sind, den Sendeunternehmen ein ausschließliches Recht einzuräumen, die Weiterverbreitung ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, wenn diese Weiterverbreitung mittels eines Kabels durch eine Einheit erfolgt, die kein Sendeunternehmen ist, wie etwa ein Hotel. Das vorlegende Gericht ist nämlich der Ansicht, dass es im Fall der Bejahung dieser Frage das nationale Recht in einer Weise auslegen müsse, die die wirksame Ausübung eines solchen Rechts gewährleiste.

57

Hierzu ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht verpflichtet sind, in ihrem nationalen Recht eine Reihe verwandter Schutzrechte vorzusehen, die ein Sendeunternehmen wie RTL wahrnehmen können muss.

58

Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts und im Einklang mit den Verpflichtungen der Union, die sich aus dem im Bereich des geistigen Eigentums anwendbaren Völkerrecht, insbesondere aus Art. 13 des Abkommens von Rom und Art. 14 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens, ergeben, gehören zu diesen Rechten u. a.:

das in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2001/29 verankerte ausschließliche Recht, die Vervielfältigung von Aufzeichnungen von Sendungen der Sendeunternehmen zu erlauben oder zu verbieten, unabhängig davon, ob sie drahtgebunden oder drahtlos, einschließlich über Kabel, verbreitet werden;

das in Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2001/29 verankerte ausschließliche Recht, zu erlauben oder zu verbieten, dass Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, einschließlich über Kabel, übertragen werden, in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind;

das in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 verankerte ausschließliche Recht, die Aufzeichnung ihrer Sendungen unabhängig davon, ob es sich hierbei um drahtgebundene oder drahtlose, über Kabel oder durch Satelliten vermittelte Sendungen handelt, zu erlauben oder zu verbieten;

das in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 verankerte ausschließliche Recht, die drahtlose Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe dieser Sendungen, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten;

das in Art. 9 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/115 verankerte ausschließliche Recht, der Öffentlichkeit Aufzeichnungen ihrer Sendungen nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 2 dieser Richtlinie zur Verfügung zu stellen.

59

Der in Rn. 56 des vorliegenden Urteils angeführte Sachverhalt erfüllt die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmungen zwar offenkundig nicht, jedoch bleibt noch die Frage zu klären, ob sich ein ausschließliches Recht wie das in der genannten Randnummer beschriebene gegebenenfalls aus der Auslegung von Art. 1 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 ergeben könnte.

60

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, wissen möchte, ob Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie zum einen dahin auszulegen ist, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, für Sendeunternehmen ein ausschließliches Recht vorzusehen, die Kabelweiterverbreitung im Sinne dieser Bestimmung zu erlauben oder zu verbieten, und zum anderen dahin, dass die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Verbreitung von durch Satellit übermittelten und zum öffentlichen Empfang bestimmten Fernseh- oder Radiosendungen eine solche Weiterverbreitung darstellt, wenn diese Verbreitung durch eine Einheit wie z. B. ein Hotel erfolgt.

61

Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 definiert den Begriff „Kabelweiterverbreitung“ als die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterverbreitung einer drahtlosen oder drahtgebundenen, erdgebundenen oder durch Satellit übermittelten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen, die zum öffentlichen Empfang bestimmt sind, aus einem anderen Mitgliedstaat durch Kabel- oder Mikrowellensysteme.

62

Somit fallen zeitversetzte, veränderte oder unvollständige Weiterverbreitungen sowie Weiterverbreitungen, die in ein und demselben Mitgliedstaat erfolgen, d. h. im Mitgliedstaat des Ursprungs der Erstsendung, nicht unter diesen Begriff (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2017, ITV Broadcasting u. a., C‑275/15, EU:C:2017:144, Rn. 21).

63

Was konkret den Begriff „Weiterverbreitung“ betrifft, so ergibt sich aus der genannten Bestimmung, dass er nur eine Weiterverbreitung betrifft, die durch Kabel oder durch ein System der Verbreitung durch Mikrowellen erfolgt, wobei letztere in einigen Mitgliedstaaten – wie aus Rn. 11 des zweiten Teils der Begründung des Vorschlags der Kommission vom 11. September 1991 für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (KOM[1991] 276 endg.) hervorgeht, der der Richtlinie 93/83 zugrunde liegt – die Funktion einer Kabelweiterverbreitung übernimmt, wenn diese wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Im Übrigen kann die Erstsendung drahtgebunden oder drahtlos, u. a. über Satellit, erfolgen.

64

Außerdem bedeutet die Kabelweiterverbreitung im Sinne dieser Bestimmung, wie das vorlegende Gericht zu Recht hervorgehoben hat, nicht, dass die Einheit, die diese Weiterverbreitung vornimmt, ein Sendeunternehmen ist.

65

Zwar ist die Eigenschaft als „Sendeunternehmen“ aus völkerrechtlicher Sicht erforderlich, damit eine „Weitersendung“ im Sinne von Art. 3 Buchst. g des Abkommens von Rom vorliegen kann, wobei der letztgenannte Begriff im Wesentlichen dem in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 genannten Begriff „drahtlose Weitersendung“ entspricht.

66

Jedoch ist festzustellen, dass Art. 3 Buchst. g und Art. 13 Buchst. a dieses Abkommens für die Auslegung des Begriffs „Kabelweiterverbreitung“ nicht relevant sind, da dieses Abkommen ebenso wie das TRIPS-Übereinkommen ausschließlich den klassischen drahtlosen Rundfunk betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, Kommission/Rat, C‑114/12, EU:C:2014:2151, Rn. 3 und 91).

67

Zwar bezweckte die Richtlinie 93/83 zum Zeitpunkt ihres Erlasses im Wesentlichen, den in Art. 11bis Abs. 1 Nr. 2 der Berner Übereinkunft enthaltenen Begriff „anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen“ dahin gehend zu erweitern, dass er auch Kabelunternehmen erfasst, wenn auch nur in auf den Geltungsbereich dieser Richtlinie beschränkter Weise.

68

Daher ist die Definition des Begriffs „Kabelweiterverbreitung“ in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 ausdrücklich „für die Zwecke“ dieser Richtlinie vorgesehen.

69

Jedoch geht aus Art. 8 und dem 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/83 hervor, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten weder verpflichtet, ein spezielles Recht auf Kabelweiterverbreitung einzuführen, noch den Umfang eines solchen Rechts definiert. Die Mitgliedstaaten haben danach lediglich dafür zu sorgen, dass die Kabelweiterverbreitung von Rundfunksendungen aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Staatsgebiet unter Beachtung der anwendbaren Urheberrechte und verwandten Schutzrechte erfolgt (Urteil vom 3. Februar 2000, Egeda, C‑293/98, EU:C:2000:66, Rn. 24).

70

Diese Richtlinie wurde nämlich hauptsächlich erlassen, um zum einen den Satellitenrundfunk und zum anderen die Kabelweiterverbreitung zu erleichtern, indem mit ihrem Art. 9 die Erteilung einer Erlaubnis zur Kabelweiterverbreitung einer Sendung durch die Urheber und Inhaber verwandter Schutzrechte durch Verwertungsgesellschaften gefördert wird, wobei dieser Art. 9 nach Art. 10 der Richtlinie auf die Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine eigenen Sendungen geltend macht, keine Anwendung findet.

71

Insbesondere haben die Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 dafür zu sorgen, dass die Kabelweiterverbreitung von Rundfunksendungen aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Staatsgebiet unter der Beachtung der anwendbaren Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte und auf der Grundlage individueller oder kollektiver Verträge zwischen den Urheberrechtsinhabern, den Leistungsschutzberechtigten und den Kabelunternehmen erfolgt.

72

Insoweit ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der Erwägungsgründe 8, 9 und 27 der Richtlinie 93/83, dass ein Kabelnetzbetreiber für jeden weiterverbreiteten Programmteil die Erlaubnis sämtlicher Inhaber von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten benötigt und dass diese Erlaubnis, abgesehen von zeitweiligen Ausnahmen für bestimmte gesetzliche Lizenzen, vertraglich zu erteilen ist, was der geeignetste Weg für die Schaffung des angestrebten europäischen audiovisuellen Raums in einem Rahmen ist, der Rechtssicherheit gewährleistet.

73

In diesem Zusammenhang heißt es im 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/83, dass die Richtlinie die Ausübung des ausschließlichen Verbotsrechts in gewissem Umfang regeln soll, wobei das Verbotsrecht als solches erhalten bleibt. Daher sieht Art. 9 der Richtlinie im Wesentlichen vor, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass das Recht der Urheberrechtsinhaber und der Inhaber verwandter Schutzrechte, einem Kabelunternehmen die Erlaubnis zur Kabelweiterverbreitung zu erteilen oder zu verweigern, nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann. In Art. 10 der Richtlinie wird jedoch klargestellt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass dieser Art. 9 auf die Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine eigenen Sendungen geltend macht, keine Anwendung findet, so dass das Kabelunternehmen mit dem betreffenden Sendeunternehmen individuell über die Erteilung einer Erlaubnis verhandeln muss, wobei es unerheblich ist, ob die betreffenden Rechte eigene Rechte des Sendeunternehmens sind oder ihm durch andere Inhaber von Urheberrechten oder verwandter Schutzrechte übertragen worden sind.

74

Werden die in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 vorgesehenen Vereinbarungen nach Maßgabe der Art. 9 und 10 dieser Richtlinie also mit den Kabelunternehmen geschlossen, so ergibt sich daraus, dass Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie den genauen Umfang der Urheberrechte oder verwandten Schutzrechte, der nach anderen Instrumenten des Unionsrechts wie den Richtlinien 2001/29 und 2006/115 sowie nach nationalem Recht festgelegt ist, nicht berührt.

75

Wie sich aus dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/115 ergibt, bleibt es den Mitgliedstaaten nämlich unbenommen, hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe von Sendungen von Sendeunternehmen einen weiter reichenden Schutz vorzusehen, als er nach Art. 8 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgeschrieben ist. Eine solche Möglichkeit bedeutet, dass die Mitgliedstaaten den Sendeunternehmen das ausschließliche Recht gewähren können, Handlungen der öffentlichen Wiedergabe ihrer Sendungen auch unter anderen Umständen als den in Art. 8 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehenen zu erlauben oder zu verbieten, wobei ein solches Recht gemäß Art. 12 der Richtlinie 2006/115 den Schutz der Urheberrechte in keiner Weise beeinträchtigen darf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2015, C More Entertainment, C‑279/13, EU:C:2015:199, Rn. 35).

76

Selbst wenn das nationale Recht ein ausschließliches Recht der Sendeunternehmen vorsehen sollte, die Verbreitung über Kabel zu erlauben oder zu verbieten, regelt die Richtlinie 93/83 gleichwohl nur die Ausübung des Rechts zur Kabelweiterverbreitung im Verhältnis zwischen den Inhabern der Urheberrechte und verwandter Schutzrechte auf der einen und den „Kabelnetzbetreibern“ bzw. den „Kabelunternehmen“ auf der anderen Seite.

77

Außerdem ist in Anbetracht der besonderen Umstände der Entstehungsgeschichte der Richtlinie 93/83 festzustellen, dass die in dieser Richtlinie enthaltenen Begriffe „Kabelnetzbetreiber“ bzw. „Kabelunternehmen“ – wie der Generalanwalt in Nr. 73 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – die Betreiber traditioneller Kabelnetze bezeichnen.

78

Eine Auslegung, nach der unter den Begriff des „Kabelunternehmens“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 jede Person fiele, die eine Kabelweiterverbreitung vornimmt, die den in Art. 1 Abs. 3 dieser Richtlinie beschriebenen technischen Merkmalen entspricht, selbst wenn die berufliche Tätigkeit dieser Person nicht im Betrieb eines Kabelnetzes für die klassische Fernsehverbreitung besteht, würde nämlich in Wirklichkeit bewirken, dass der Umfang des in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 vorgesehenen verwandten Schutzrechts ausgeweitet und dieses dem ausschließlichen Recht der öffentlichen Wiedergabe, wie es in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zugunsten von Urhebern vorgesehen ist, gleichgestellt würde.

79

Insoweit ergibt sich aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115, dass das ausschließliche Recht, die öffentliche Wiedergabe von Sendungen von Sendeunternehmen zu erlauben oder zu verbieten, Dritten nur dann entgegengehalten werden kann, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind. Der Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass die Voraussetzung der Zahlung eines Eintrittsgeldes nicht erfüllt ist, wenn diese Wiedergabe eine Zusatzleistung darstellt, die unterschiedslos im Preis einer Hauptleistung anderer Art, wie der Dienstleistung der Beherbergung in einem Hotel, enthalten ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2017, Verwertungsgesellschaft Rundfunk, C‑641/15, EU:C:2017:131, Rn. 23 und 26).

80

Wie in Rn. 74 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, bezweckt Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 keine Auswirkungen auf den Umfang der Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte, wie sie im Unionsrecht und im Recht der Mitgliedstaaten definiert sind.

81

Schließlich steht die Auslegung, wonach der Begriff „Kabelweiterverbreitung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 nur für die Beziehungen zwischen den Inhabern von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten zu „Kabelnetzbetreibern“ oder „Kabelunternehmen“ im herkömmlichen Sinne dieser Begriffe gilt, im Einklang mit den mit der Richtlinie 93/83 verfolgten Zielen.

82

Wie sich aus der Analyse in den Rn. 70 bis 73 des vorliegenden Urteils ergibt, steht jedoch fest, dass die Richtlinie 93/83 vor allem zu dem Zweck erlassen wurde, u. a. die Kabelweiterverbreitung zu erleichtern und die Erteilung von Erlaubnissen zu fördern.

83

Diese Feststellung wird durch die Erwägungsgründe 8 und 10 der Richtlinie 93/83 bestätigt, aus denen sich zum einen ergibt, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie an der für den freien Verkehr von Rundfunksendungen innerhalb der Union erforderlichen Rechtssicherheit, wo Programme grenzüberschreitend in Kabelnetze eingespeist und weiterverbreitet werden, fehlte, und zum anderen, dass Kabelnetzbetreiber nicht sicher sein konnten, tatsächlich alle Rechte an den Programmen erworben zu haben, die Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen sind.

84

Daher ist festzustellen, dass Einrichtungen wie Hotels nicht unter die Begriffe „Kabelnetzbetreiber“ bzw. „Kabelunternehmen“ im Sinne der Richtlinie 93/83 fallen.

85

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen in der umformulierten Fassung zu antworten, dass Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass

er für Sendeunternehmen kein ausschließliches Recht vorsieht, die Kabelweiterverbreitung im Sinne dieser Vorschrift zu erlauben oder zu verbieten, und

die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Verbreitung von durch Satellit übermittelten und zum öffentlichen Empfang bestimmten Fernseh- oder Radiosendungen keine solche Kabelweiterverbreitung darstellt, wenn diese Weiterverbreitung durch eine andere Person als ein Kabelunternehmen im Sinne dieser Richtlinie, wie etwa ein Hotel, erfolgt.

Kosten

86

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie

 

ist dahin auszulegen, dass

 

er für Sendeunternehmen kein ausschließliches Recht vorsieht, die Kabelweiterverbreitung im Sinne dieser Vorschrift zu erlauben oder zu verbieten, und

die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Verbreitung von durch Satellit übermittelten und zum öffentlichen Empfang bestimmten Fernseh- oder Radiosendungen keine solche Kabelweiterverbreitung darstellt, wenn diese Weiterverbreitung durch eine andere Person als ein Kabelunternehmen im Sinne dieser Richtlinie, wie etwa ein Hotel, erfolgt.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Portugiesisch.

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