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Document 62020CJ0326

Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 13. Januar 2022.
„MONO” SIA gegen Valsts ieņēmumu dienests.
Vorabentscheidungsersuchen der Administratīvā apgabaltiesa.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbrauchsteuern – Richtlinie 2008/118/EG – Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer – Waren, die zur Verwendung im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen bestimmt sind – Vom Aufnahmemitgliedstaat festgelegte Voraussetzungen für die Anwendung der Befreiung – Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln.
Rechtssache C-326/20.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:7

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

13. Januar 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbrauchsteuern – Richtlinie 2008/118/EG – Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer – Waren, die zur Verwendung im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen bestimmt sind – Vom Aufnahmemitgliedstaat festgelegte Voraussetzungen für die Anwendung der Befreiung – Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln“

In der Rechtssache C‑326/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht, Lettland) mit Entscheidung vom 10. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juli 2020, in dem Verfahren

„MONO“ SIA

gegen

Valsts ieņēmumu dienests

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Zweiten Kammer A. Prechal in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richter J. Passer (Berichterstatter) und F. Biltgen, der Richterin L. S. Rossi und des Richters N. Wahl,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der „MONO“ SIA, vertreten durch M. Uļmans,

der lettischen Regierung, zunächst vertreten durch K. Pommere, V. Soņeca und E. Bārdiņš, dann durch K. Pommere und E. Bārdiņš als Bevollmächtigte,

der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Perrin und A. Sauka als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. September 2021

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „MONO“ SIA und dem Valsts ieņēmumu dienests (lettische Abgabenbehörde) (im Folgenden: VID) wegen der Verbrauchsteuerbefreiung für Waren, die an Botschaften und an konsularische Dienste verschiedener Staaten sowie an die Vertretung der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) in Lettland geliefert wurden.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen

3

In Art. 34 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (United Nations Treaty Series, Bd. 500, S. 95) (im Folgenden: WÜD) heißt es:

„Der Diplomat ist von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder ‑abgaben befreit; ausgenommen hiervon sind

a)

die normalerweise im Preis von Waren oder Dienstleistungen enthaltenen indirekten Steuern;

…“

4

Art. 36 Abs. 1 WÜD lautet:

„Nach Maßgabe seiner geltenden Gesetze und anderen Rechtsvorschriften gestattet der Empfangsstaat die Einfuhr der nachstehend genannten Gegenstände und befreit sie von allen Zöllen, Steuern und ähnlichen Abgaben mit Ausnahme von Gebühren für Einlagerung, Beförderung und ähnliche Dienstleistungen:

a)

Gegenstände für den amtlichen Gebrauch der Mission;

b)

Gegenstände für den persönlichen Gebrauch des Diplomaten oder eines zu seinem Haushalt gehörenden Familienmitglieds, einschließlich der für seine Einrichtung vorgesehenen Gegenstände.“

Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen

5

In Art. 49 („Befreiung von der Besteuerung“) des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (United Nations Treaty Series, Bd. 596, S. 261, im Folgenden: WÜK) Abs. 1 heißt es:

„Konsularbeamte und Bedienstete des Verwaltungs- und technischen Personals sowie die mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder sind von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder ‑abgaben befreit; ausgenommen hiervon sind

a)

die normalerweise im Preis von Waren oder Dienstleistungen enthaltenen indirekten Steuern;

…“

6

Art. 50 („Befreiung von Zöllen und Zollkontrollen“) Abs. 1 WÜK bestimmt:

„Nach Maßgabe seiner geltenden Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften gestattet der Empfangsstaat die Einfuhr der nachstehend genannten Gegenstände und befreit sie von allen Zöllen, Steuern und ähnlichen Abgaben mit Ausnahme von Gebühren für Einlagerung, Beförderung und ähnlicher Dienstleistungen:

a)

Gegenstände für den amtlichen Gebrauch der konsularischen Vertretung;

b)

Gegenstände für den persönlichen Gebrauch des Konsularbeamten und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder, einschließlich der für seine Einrichtung vorgesehenen Gegenstände. Die zum Verbrauch bestimmten Gegenstände dürfen die für die unmittelbare Verwendung durch die Beteiligten erforderliche Menge nicht überschreiten.“

Unionsrecht

Richtlinie 2008/118

7

Die Erwägungsgründe 2, 8, 10 und 13 der Richtlinie 2008/118 lauten:

„(2)

Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, müssen die Voraussetzungen für die Erhebung von Verbrauchsteuern auf Waren, die der Richtlinie 92/12/EWG [des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. 1992, L 76, S. 1)] unterliegen (nachstehend ‚verbrauchsteuerpflichtige Waren‘ genannt), harmonisiert bleiben.

(8)

Da es nach wie vor für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist, dass der Begriff der Verbrauchsteuer und die Voraussetzungen für die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs in allen Mitgliedstaaten gleich sind, muss auf [Union]sebene klargestellt werden, zu welchem Zeitpunkt die Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr erfolgt und wer der Verbrauchsteuerschuldner ist.

(10)

Da sich die Verfahren für die Erhebung und die Erstattung der Steuer auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts auswirken, sollten sie sich nach nicht diskriminierenden Kriterien richten.

(13)

Die Bestimmungen und Voraussetzungen für die Befreiung von Lieferungen von der Verbrauchsteuer sollten harmonisiert bleiben. Für steuerfreie Lieferungen an Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten sollte eine Freistellungsbescheinigung verwendet werden.“

8

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118 bestimmt:

„Diese Richtlinie legt ein allgemeines System für die Verbrauchsteuern fest, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch folgender Waren (nachstehend ‚verbrauchsteuerpflichtige Waren‘ genannt) erhoben werden:

b)

Alkohol und alkoholische Getränke gemäß den Richtlinien 92/83/EWG [des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. 1992, L 316, S. 21)] und 92/84/EWG [des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. 1992, L 316, S. 29)];

c)

Tabakwaren gemäß den Richtlinien 95/59/EG [des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (ABl. 1995, L 291, S. 40)], 92/79/EWG [des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf Zigaretten (ABl. 1992, L 316, S. 8)] und 92/80/EWG [des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten (ABl. 1992, L 316, S. 10)].“

9

In Art. 12 der Richtlinie 2008/118 heißt es:

„(1)   Verbrauchsteuerpflichtige Waren sind von der Verbrauchsteuer befreit, wenn sie zur Verwendung für einen der folgenden Zwecke oder durch einen der folgenden Empfänger bestimmt sind:

a)

im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen;

b)

durch internationale Einrichtungen, die von den Behörden des Aufnahmemitgliedstaats als solche anerkannt sind, sowie durch die Mitglieder dieser Einrichtungen, und zwar in den Grenzen und entsprechend den Bedingungen, die in den internationalen Übereinkommen zur Gründung dieser Einrichtungen oder in den Sitzabkommen festgelegt sind;

c)

durch die Streitkräfte der Vertragsparteien des [am 4. April 1949 in Washington (Vereinigte Staaten) unterzeichneten] Nordatlantikpakts mit Ausnahme des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Verbrauchsteueranspruch entsteht, und zwar für den Gebrauch oder Verbrauch dieser Streitkräfte oder ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen;

(2)   Der Aufnahmemitgliedstaat legt Voraussetzungen und Grenzen dieser Steuerbefreiung fest. Die Mitgliedstaaten können die Steuerbefreiung in Form einer Erstattung der Verbrauchsteuer gewähren.“

10

In Art. 13 der Richtlinie heißt es:

„(1)   Unbeschadet des Artikels 21 Absatz 1 ist bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung zu einem der in Artikel 12 Absatz 1 genannten Empfänger eine Freistellungsbescheinigung mitzuführen.

(2)   Die [Europäische] Kommission legt Form und Inhalt der Freistellungsbescheinigung im Einklang mit dem Verfahren gemäß Artikel 43 Absatz 2 fest.

…“

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011

11

Art. 51 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2011, L 77, S. 1) bestimmt:

„(1)   „… [D]ie Bescheinigung über die Befreiung von der Mehrwertsteuer und/oder der Verbrauchsteuer nach dem Muster in Anhang II dieser Verordnung [dient] entsprechend den Erläuterungen im Anhang zu dieser Bescheinigung als Bestätigung dafür, dass der Umsatz nach Artikel 151 der Richtlinie 2006/112/EG [des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1)] von der Steuer befreit werden kann.

(2)   Die in Absatz 1 genannte Bescheinigung wird von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats mit einem Dienststempelabdruck versehen. Sind die Gegenstände oder Dienstleistungen jedoch für amtliche Zwecke bestimmt, so können die Mitgliedstaaten bei Vorliegen von ihnen festzulegender Voraussetzungen auf die Anbringung des Dienststempelabdrucks verzichten. Diese Freistellung kann im Falle von Missbrauch widerrufen werden.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Kontaktstelle zur Angabe der für das Abstempeln der Bescheinigung zuständigen Dienststellen benannt wurde und in welchem Umfang sie auf das Abstempeln der Bescheinigung verzichten. Die Kommission gibt diese Information an die anderen Mitgliedstaaten weiter.

(3)   Wendet der Mitgliedstaat der Lieferung oder Dienstleistung die direkte Befreiung an, so erhält der Lieferer oder Dienstleistungserbringer die in Absatz 1 genannte Bescheinigung vom Empfänger der Lieferung oder Dienstleistung und nimmt sie in seine Buchführung auf. Wird die Befreiung nach Artikel 151 Absatz 2 der Richtlinie [2006/112] im Wege der Mehrwertsteuererstattung gewährt, so ist die Bescheinigung dem in dem betreffenden Mitgliedstaat gestellten Erstattungsantrag beizufügen.“

Lettisches Recht

12

Art. 7 des Likums „Par akcīzes nodokli“ (Verbrauchsteuergesetz) vom 30. Oktober 2003 (Latvijas Vēstnesis, 2003, Nr. 161) (im Folgenden: Verbrauchsteuergesetz) bestimmt:

„Die Verbrauchsteuer schuldet

1.

Der Einführer;

…“

13

In Art. 20 Abs. 1 des Verbrauchsteuergesetzes heißt es:

„Vorbehaltlich der Abs. 2, … 5, … dieses Artikels sind verbrauchsteuerpflichtige Waren von der Verbrauchsteuer befreit, wenn sie geliefert werden:

1. an diplomatische und konsularische Vertretungen;

2. an diplomatische und konsularische Bedienstete der diplomatischen und konsularischen Vertretungen, Verwaltungs- und technische Mitarbeiter und die Familienangehörigen der genannten Personen, sofern sie nicht lettische Staatsangehörige oder Personen mit ständigem Wohnsitz in Lettland sind…

3. an internationale Einrichtungen oder deren Vertretungen, die von den Behörden der Republik Lettland als solche anerkannt sind, in den Grenzen und nach den Voraussetzungen, die in den internationalen Übereinkommen zur Gründung dieser Einrichtungen oder in den Sitzabkommen festgelegt sind;

4. für Mitarbeiter internationaler Organisationen oder ihrer Vertretungen, die im Hoheitsgebiet der Republik Lettland diplomatischen Status haben, sofern sie nicht lettische Staatsangehörige oder Personen mit ständigem Wohnsitz in Lettland sind;

6. an die Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags (mit Ausnahme des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Verbrauchsteueranspruch entsteht), für den Verbrauch dieser Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals oder zur Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen;

9. …

a)

an in der Republik Lettland anerkannte Hauptquartiere der Alliierten …

b)

für Mitglieder eines Hauptquartiers der Alliierten oder deren Angehörige, wenn sie weder lettische Staatsangehörige noch Personen mit ständigem Wohnsitz in Lettland sind.“

14

In Art. 20 Abs. 2 des Verbrauchsteuergesetzes heißt es:

„Die in Abs. 1 dieser Vorschrift genannten Personen können in der Republik Lettland verbrauchsteuerpflichtige Waren erhalten:

2.

aus in der Republik Lettland eingerichteten Steuerlagern, unter folgenden Voraussetzungen:

a)

der Versender der verbrauchsteuerpflichtigen Waren verwendet das in Anhang II der [Durchführungsv]erordnung Nr. 282/2011 festgelegte Dokument, das die Befreiung der Waren von der Verbrauchsteuer bescheinigt,

b)

der Versender der verbrauchsteuerpflichtigen Waren legt einen den Vorschriften über die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren entsprechenden Nachweis vor,

c)

die Zahlung für den Erwerb der verbrauchsteuerpflichtigen Waren erfolgt mit unbaren Zahlungsmitteln,

…“

15

Art. 20 Abs. 5 des Verbrauchsteuergesetzes lautet:

„Verbrauchsteuerpflichtige Waren, die für die Erfordernisse der in Abs. 1 dieser Vorschrift genannten Personen bestimmt sind und in das Gebiet der Republik Lettland zum freien Verkehr … aus anderen Ländern als den Mitgliedstaaten oder aus einem in Art. 2 Abs. 31 dieses Gesetzes genannten Gebiet eingeführt werden, sind unter folgenden Voraussetzungen von der Steuer befreit:

1. Der Versender der verbrauchsteuerpflichtigen Waren verwendet das in Anhang II der [Durchführungsv]erordnung Nr. 282/2011 festgelegte Dokument, das die Befreiung der Waren von der Verbrauchsteuer bescheinigt;

2. Die Zahlung für den Erwerb der verbrauchsteuerpflichtigen Waren erfolgt mit unbaren Zahlungsmitteln,

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16

MONO, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, meldete bei der lettischen Zollverwaltung verbrauchsteuerpflichtige Waren (Alkohol und Zigaretten) an, die sie bei einer britischen Gesellschaft und deren lettischer Niederlassung (im Folgenden: britische Gesellschaft) erworben hatte, um sie unter Anwendung der Verbrauchsteuerbefreiung an Botschaften und konsularische Dienste verschiedener Mitgliedstaaten sowie an die NATO-Vertretung in Lettland zur Überführung in den freien Verkehr zu liefern.

17

Aufgrund einer Abtretungsvereinbarung, mit der MONO die Forderungen gegen ihre Kunden an die britische Gesellschaft abgetreten hatte, erhielt Letztere die Zahlungen dieser Kunden und gab den Betrag an MONO weiter, nachdem sie ihren eigenen Preis für den Verkauf der Waren an MONO abgezogen hatte.

18

Im Anschluss an eine Prüfung erließ der VID am 2. November 2018 eine Entscheidung, mit der MONO verpflichtet wurde, Verbrauchsteuern für die Überführung dieser Waren in den zollrechtlich freien Verkehr zuzüglich Geldbußen und Verzugszinsen zu entrichten. In dieser Entscheidung hieß es, dass die in Art. 20 Abs. 5 Nr. 2 des Verbrauchsteuergesetzes festgelegte Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nicht erfüllt sei, da die diplomatischen Vertretungen die Zahlung für diese verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht mit unbaren Zahlungsmitteln an MONO entrichtet hätten.

19

MONO focht diese Entscheidung bei der Administratīvā rajona tiesa (Bezirksverwaltungsgericht, Lettland) an. Sie machte u. a. geltend, dass die in Art. 20 Abs. 5 Nr. 2 des Verbrauchsteuergesetzes festgelegte Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Verbrauchsteuerbefreiung nicht maßgeblich sei und außerdem in den für Lettland verbindlichen internationalen Rechtsinstrumenten nicht als Voraussetzung für die Steuerbefreiung festgelegt sei.

20

Mit Urteil vom 10. Juni 2019 wies dieses Gericht diese Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der Verbrauchsteuern ab.

21

MONO legte gegen dieses Urteil beim vorlegenden Gericht Berufung ein. Dieses stellte fest, dass unstreitig sei, dass MONO verbrauchsteuerpflichtige Waren im Zolllagerverfahren, im Verfahren der Steueraussetzung und im Hinblick auf ihre Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an Diplomaten angemeldet habe, dass sie von der in Anhang II der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 festgelegten Bescheinigung (im Folgenden: Freistellungsbescheinigung) Gebrauch gemacht habe, dass sie Belege über die Lieferung dieser Waren an Diplomaten mehrerer Staaten und die Vertretung der NATO in Lettland vorgelegt habe, und schließlich, dass die ihr für diese Waren geschuldete Zahlung durch die britische Gesellschaft gemäß einer Abtretungsvereinbarung erfolgt sei.

22

Nach Ansicht des VID ist die Befreiung von der Verbrauchsteuer jedoch nicht anwendbar, da nach Art. 20 Abs. 5 Nr. 2 des Verbrauchsteuergesetzes die verbrauchsteuerpflichtigen Waren von ihrem Empfänger mit unbaren Zahlungsmitteln bezahlt werden müssten.

23

Das vorlegende Gericht führt des Weiteren aus, dass der VID den Standpunkt vertrete, dass nicht nur nachzuweisen sei, dass zwischen den an dem Umsatz beteiligten Parteien eine Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln vorgesehen sei, sondern auch, dass diese Waren tatsächlich mit solchen Mitteln bezahlt worden seien und dass die Zahlung konkret von den Personen geleistet worden sei, die mit den Waren beliefert worden seien. Da die Zahlung, die MONO für die an die Botschaften und an konsularischen Dienste gelieferten verbrauchsteuerpflichtigen Waren geschuldet worden sei, aufgrund einer Abtretungsvereinbarung durch die britische Gesellschaft und nicht durch die Botschaften und konsularische Dienste, die mit diesen Waren beliefert worden seien, geleistet worden sei, könne nach Ansicht des VID unmöglich überprüft werden, ob die fraglichen Botschaften und konsularischen Dienste beim Erhalt dieser Waren tatsächlich mit unbaren Zahlungsmitteln gezahlt hätten.

24

Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass nach der Richtlinie 2008/118 die Anwendbarkeit der Verbrauchsteuerbefreiung auf Waren, die an diplomatische und konsularische Dienste geliefert würden, nicht davon abhänge, dass die Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln erfolge. Diese Voraussetzung gelte ausschließlich nach nationalem Recht.

25

Das vorlegende Gericht fragt sich daher, wie Art. 12 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/118 auszulegen ist. Zum einen sehe Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie zwar vor, dass die Befreiungen unter den Voraussetzungen und innerhalb der Grenzen gälten, die der Aufnahmemitgliedstaat festlege. Jedoch seien zum anderen die Tatsache, dass nach Art. 20 Abs. 5 Nr. 2 des Verbrauchsteuergesetzes Waren, die an Botschaften und konsularische Dienste geliefert würden, mit unbaren Zahlungsmitteln bezahlt werden müssten, und die Tatsache, dass diese Waren von der Verbrauchsteuerbefreiung ausgeschlossen seien, nicht mit Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie vereinbar, da nach dieser Bestimmung die betroffenen Waren von der Verbrauchsteuer befreit seien, wenn sie an Botschaften und konsularische Dienste geliefert würden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der VID weder die Erfüllung der weiteren in der Richtlinie 2008/118 und im Verbrauchsteuergesetz festgelegten Voraussetzungen noch die tatsächliche Lieferung der fraglichen Waren an die betreffenden Botschaften und konsularische Dienste in Frage stelle.

26

Unter diesen Umständen hat die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht, Lettland) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren, die zur Verwendung im Rahmen diplomatischer und konsularischer Beziehungen bestimmt sind, von diesen Steuern unter der Voraussetzung befreit sind, dass die Zahlung dieser Waren mit unbaren Zahlungsmitteln erfolgt, dass die Zahlung an den Lieferer tatsächlich stattgefunden hat und dass sie durch die tatsächlichen Empfänger dieser Waren erfolgt ist?

2.

Ist Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen und Grenzen der Steuerbefreiung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Rahmen diplomatischer und konsularischer Beziehungen so festlegen können, dass die Steuerbefreiung davon abhängig gemacht wird, dass der Käufer dieser Waren diese bereits tatsächlich mit unbaren Zahlungsmitteln bezahlt hat?

Zu den Vorlagefragen

27

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 12 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen ist, dass er es dem Aufnahmemitgliedstaat erlaubt, bei der Festlegung der Voraussetzungen und Grenzen für die Anwendung der Verbrauchsteuerbefreiung für Waren, die im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen verwendet werden, die Anwendung dieser Befreiung davon abhängig zu machen, dass der tatsächliche Empfänger dieser Waren sie unmittelbar bei den Lieferanten mit unbaren Zahlungsmitteln bezahlt hat.

28

Aus den Erwägungsgründen 2, 8 und 10 der Richtlinie 2008/118 ergibt sich, dass diese zum Ziel hat, ein harmonisiertes allgemeines System für die Verbrauchsteuern zu schaffen, um den freien Verkehr der betreffenden Waren und somit das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten. Zwar unterliegen grundsätzlich alle von dieser Richtlinie erfassten Waren der Verbrauchsteuer, doch sieht die Richtlinie insoweit insbesondere in ihrem Art. 12 bestimmte Befreiungen u. a. zugunsten diplomatischer und konsularischer Vertretungen vor.

29

Was die in Art. 12 der Richtlinie 2008/118 vorgesehene Befreiungsregelung betrifft, ist erstens darauf hinzuweisen, dass ihr Hauptziel darin besteht, sicherzustellen, dass die Empfänger der Waren, die unter eine der in Abs. 1 dieser Bestimmung genannten Kategorien fallen, tatsächlich eine solche Befreiung erhalten können. So sind, wie sich aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie ergibt, verbrauchsteuerpflichtige Waren u. a. dann von der Verbrauchsteuer befreit, wenn sie zur Verwendung im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen bestimmt sind.

30

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die letztgenannte Bestimmung zwar nicht ausdrücklich auf eine Verbrauchsteuerbefreiung für Waren, die zum persönlichen Gebrauch des diplomatischen oder konsularischen Personals bestimmt sind, Bezug nimmt, es jedoch außer Zweifel steht, dass diese Bestimmung auf Waren, die für diese Personen zu einem solchen Gebrauch bestimmt sind, anwendbar ist. Diese Auslegung steht nämlich im Einklang mit Art. 36 Abs. 1 Buchst. b WÜD und Art. 50 Abs. 1 Buchst. b WÜK. Bestätigt wird sie außerdem sowohl durch Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/118, in dem in Bezug auf internationale Einrichtungen deren „Mitglieder“ genannt sind, als auch durch Anhang II der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011, der ein Muster der Freistellungsbescheinigung enthält, nach dessen Wortlaut ausdrücklich der Fall vorgesehen ist, dass Waren durch Angehörige einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder durch Bedienstete einer internationalen Organisation privat verwendet werden.

31

Zweitens ist, auch wenn die Mitgliedstaaten, wie sich aus Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 ergibt, bei der Anwendung des Systems der Verbrauchsteuerbefreiung über einen Gestaltungsspielraum verfügen, der es ihnen gestattet, die Voraussetzungen und Grenzen für die Anwendung der Verbrauchsteuerbefreiung festzulegen, festzustellen, dass dieser Gestaltungsspielraum u. a. dadurch eingeschränkt ist, dass in Art. 13 der Richtlinie eine Freistellungsbescheinigung eingeführt wurde, deren Funktion darin besteht, einen Rahmen für die Durchführung der Befreiung vorzugeben sowie sicherzustellen, dass das mit Art. 12 der Richtlinie verfolgte Ziel erreicht wird und die fraglichen Waren tatsächlich von ihren Empfängern genutzt werden.

32

Drittens stellt im Allgemeinen die Verhinderung von Betrug und Missbrauch ein gemeinsames Ziel sowohl des Unionsrechts als auch der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten dar. Was insbesondere die Richtlinie 2008/118 betrifft, ist bereits entschieden worden, dass die Mitgliedstaaten ein legitimes Interesse daran haben, geeignete Maßnahmen zum Schutz ihrer finanziellen Interessen zu ergreifen, und dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein mit dieser Richtlinie verfolgtes Ziel ist (Urteil vom 29. Juni 2017, Kommission/Portugal, C‑126/15, EU:C:2017:504, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung und den Erklärungen der lettischen Regierung hervor, dass das in Art. 20 Abs. 5 Nr. 2 des Verbrauchsteuergesetzes bestimmte Erfordernis, wonach die Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln, d. h. einer Bankzahlungsmethode erfolgen muss, auf dem Willen beruht, sicherzustellen, dass die Befreiung tatsächlich nur denjenigen gewährt wird, die einen Anspruch auf die Befreiung haben, und somit Betrug und Missbrauch zu bekämpfen.

34

Wie in Rn. 32 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist ein solches Ziel zwar legitim, die Mitgliedstaaten müssen aber bei der Ausübung der ihnen durch das Unionsrecht verliehenen Befugnisse die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, zu denen insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zählt (Urteil vom 29. Juni 2017, Kommission/Portugal, C‑126/15, EU:C:2017:504, Rn. 62).

35

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet die Mitgliedstaaten, sich solcher Mittel zu bedienen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen, die aber nicht über das erforderliche Maß hinausgehen und die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Unionsrechts möglichst wenig beeinträchtigen. Der Gerichtshof stellt insoweit in seiner Rechtsprechung klar, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteil vom 29. Juni 2017, Kommission/Portugal, C‑126/15, EU:C:2017:504, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Was das in Rn. 33 des vorliegenden Urteils genannte Erfordernis betrifft, dürfte dieses Erfordernis, dessen Einhaltung es ermöglicht, Merkmale zur Identifikation des Zahlenden und einen Nachweis dafür zu schaffen, dass diese Zahlung tatsächlich geleistet wurde, zwar grundsätzlich geeignet sein, eine Kontrolle zu ermöglichen, ob die Befreiungsvoraussetzung, dass der Käufer zum Kreis der Anspruchsberechtigten für die Verbrauchsteuerbefreiung nach Art. 12 der Richtlinie 2008/118 gehört, eingehalten wurde.

37

Was die Kontrolle der Einhaltung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Befreiung angeht, ist jedoch festzustellen, dass Art. 13 der Richtlinie 2008/118 bereits vorsieht, dass bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung zu einem der in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie genannten Empfänger eine Freistellungsbescheinigung mitzuführen ist.

38

Diese in Anhang II der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 beschriebene Bescheinigung enthält die Identität und die Kontaktdaten des Antragstellers (Einrichtung oder Privatperson), die detaillierte Beschreibung der betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen (Art, Menge oder Anzahl), ihr Preis pro Einheit, ihr Gesamtpreis sowie die benutzte Währung, die ausdrückliche Erklärung des Antragstellers, dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen für einen der amtlichen Zwecke gemäß Art. 12 der Richtlinie 2008/118 oder zur privaten Verwendung als Angehöriger einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung bestimmt sind, den Dienststempelabdruck der Einrichtung mit Datum und Unterschrift bei einer Freistellung zur privaten Verwendung sowie den Dienststempelabdruck mit Datum und mit Unterschrift der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats, die bestätigt, dass der Umsatz in vollem Umfang oder in dem näher bestimmten Umfang den Bedingungen für die Befreiung von der Verbrauchsteuer entspricht.

39

In den ebenfalls in Anhang II der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 enthaltenen Erläuterungen zur Freistellungsbescheinigung ist ausgeführt, dass diese Bescheinigung, die in zwei Exemplaren ausgefertigt wird, von denen eines vom Unternehmer oder Lagerinhaber als Beleg für die Steuerbefreiung nach den in seinem Mitgliedstaat anwendbaren nationalen Bestimmungen aufbewahrt wird, leserlich, in dauerhafter Schrift, ohne die Möglichkeit von Ergänzungen sowie ohne Löschung oder Überschreibung auszufüllen ist. Gegebenenfalls ist eine Übersetzung der Angaben über die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen und des etwaigen dazugehörigen Bestellscheins in einer Sprache beizufügen, die im Mitgliedstaat des Unternehmers oder des Lagerinhabers anerkannt ist. Aus Nr. 4 dieser Erläuterungen geht ferner hervor, dass die diplomatische oder konsularische Vertretung oder die betreffende internationale Einrichtung durch die Anbringung ihres in der vorstehenden Randnummer genannten Dienststempelabdrucks auf der Bescheinigung bestätigt, dass der Antragsteller, wenn es sich um eine Privatperson handelt, Bediensteter der Einrichtung ist und die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen für seinen privaten Gebrauch bestimmt sind.

40

Die Freistellungsbescheinigung und diese Erläuterungen beschreiben somit genau die zu befolgenden Schritte und die Regelungen, die von den verschiedenen am Befreiungsverfahren beteiligten Parteien einzuhalten sind, d. h. dem Steuerpflichtigen, dem Aufnahmemitgliedstaat, den Behörden der diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder der betreffenden internationalen Einrichtung und im Fall des Kaufs zum privaten Gebrauch dem Bediensteten, der die von der Befreiung erfassten Waren kauft.

41

Aus dieser Beschreibung der Freistellungsbescheinigung geht hervor, dass diese durch die verschiedenen in ihr enthaltenen Angaben, die detaillierte Beschreibung der betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen, die Eigenschaft ihrer Unterzeichner und die Bescheinigung, die die betreffende diplomatische, konsularische oder internationale Einrichtung sowie die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats erteilen, für sich alleine genommen geeignet ist, die wirksame Kontrolle der Einhaltung der in Art. 12 der Richtlinie 2008/118 festgelegten Befreiungsvoraussetzungen zu ermöglichen.

42

Was den Standpunkt der lettischen und der spanischen Regierung betrifft, wonach eine Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln es der Steuerverwaltung ermöglichen würde, anhand der Bankinformationen, die bei einer solchen Zahlung vorliegen, zu prüfen, ob die Bedingungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind und ob tatsächlich eine Zahlung erfolgt ist, ist zum einen hinsichtlich der Befreiungsvoraussetzungen festzustellen, dass die Freistellungsbescheinigung Angaben über den Käufer, der die Befreiung in Anspruch nimmt, sowie die detaillierten Angaben zu den Gegenständen, zu den Dienstleistungen und zum Preis enthält. Ein unbares Zahlungsmittel, d. h. eine Bankzahlungsmethode, liefert somit keinen Anhaltspunkt für die Einhaltung der Befreiungsvoraussetzungen, der nicht bereits in der Freistellungsbescheinigung enthalten ist.

43

Zum anderen ist zu der Frage, ob das Erfordernis einer Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln damit gerechtfertigt werden kann, dass sie ermöglicht, zu prüfen, ob das Geschäft, für das eine Befreiung von der Verbrauchsteuer beantragt wird, tatsächlich erfolgt ist, darauf hinzuweisen, dass das tatsächliche Vorliegen eines Verkaufs grundsätzlich durch die quittierte Rechnung oder den bei dieser Gelegenheit ausgestellten Kassenbon hinreichend nachgewiesen wird und der Aufnahmemitgliedstaat die Übermittlung dieser Rechnungslegungsunterlagen zusammen mit der Freistellungsbescheinigung verlangen kann.

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Nach alledem ist vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht festzustellen, dass das Erfordernis einer Zahlung mit unbaren Zahlungsmitteln zur Kontrolle, ob die betreffende Transaktion tatsächlich erfolgt ist, in Bezug auf die von Art. 12 der Richtlinie 2008/118 erfassten Transaktionen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar ist.

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Was schließlich den Verweis des vorlegenden Gerichts in seinen Vorlagefragen auf die Voraussetzungen betrifft, dass die Zahlung an den Lieferanten tatsächlich erfolgt und von den tatsächlichen Empfängern der von der Steuerbefreiung erfassten Waren geleistet worden sein muss, ist darauf hinzuweisen, dass zwar keine Zweifel daran bestehen, dass nur für solche Gegenstände eine Verbrauchsteuerbefreiung in Frage kommt, die tatsächlich an Käufer verkauft wurden, die einen Anspruch auf diese Befreiung haben, was durch die Freistellungsbescheinigung und eine quittierte Rechnung oder einen Kassenbon hinreichend nachgewiesen wird. Weder aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten noch aus Art. 20 Abs. 5 des Verbrauchsteuergesetzes ergibt sich jedoch, dass nach den lettischen Rechtsvorschriften die Zahlung unmittelbar vom Kunden an den Lieferanten erfolgen muss.

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Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 12 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass der Aufnahmemitgliedstaat bei der Festlegung der Voraussetzungen und Grenzen für die Anwendung der Verbrauchsteuerbefreiung für Waren, die im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen verwendet werden, die Anwendung dieser Befreiung davon abhängig macht, dass die Zahlung des Kaufpreises für diese Waren mit unbaren Zahlungsmitteln bewirkt wird.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 12 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass der Aufnahmemitgliedstaat bei der Festlegung der Voraussetzungen und Grenzen für die Anwendung der Verbrauchsteuerbefreiung für Waren, die im Rahmen diplomatischer oder konsularischer Beziehungen verwendet werden, die Anwendung dieser Befreiung davon abhängig macht, dass die Zahlung des Kaufpreises für diese Waren mit unbaren Zahlungsmitteln bewirkt wird.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.

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