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Document 62020CJ0119

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 6. Oktober 2021.
    Līga Šenfelde gegen Lauku atbalsta dienests.
    Vorabentscheidungsersuchen des Augstākā tiesa (Senāts).
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Agrarpolitik – Finanzierung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) – Nationales Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2014-2020 – Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 – Art. 19 Abs. 1 Buchst. a – Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte – Beihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe – Kumulierung von Beihilfen – Möglichkeit, die Kumulierung zu versagen.
    Rechtssache C-119/20.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:817

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    6. Oktober 2021 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Agrarpolitik – Finanzierung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) – Nationales Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2014-2020 – Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 – Art. 19 Abs. 1 Buchst. a – Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte – Beihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe – Kumulierung von Beihilfen – Möglichkeit, die Kumulierung zu versagen“

    In der Rechtssache C‑119/20

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Augstākā tiesa (Senāts) (Oberster Gerichtshof, Lettland) mit Entscheidung vom 24. Februar 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Februar 2020, in dem Verfahren

    Līga Šenfelde

    gegen

    Lauku atbalsta dienests

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters N. Jääskinen,

    Generalanwältin: J. Kokott,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    von Frau L. Šenfelde, die sich selbst vertritt,

    der lettischen Regierung, ursprünglich vertreten durch K. Pommere, V. Soņeca, L. Juškeviča und E. Bārdiņš, dann durch K. Pommere und E. Bārdiņš als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kaduczak und A. Sauka als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. Juni 2021

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 19 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ABl. 2013, L 347, S. 487, und Berichtigung ABl. 2016, L 130, S. 1).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Līga Šenfelde, Eigentümerin eines Betriebs, und dem Lauku atbalsta dienests (Dienst zur Unterstützung des ländlichen Raums, Lettland) wegen der Entscheidung, ihr die Kumulierung zweier Beihilfen zur Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstiger Unternehmen zu verweigern.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Verordnung Nr. 1305/2013

    3

    In den Erwägungsgründen 3, 7 und 17 der Verordnung Nr. 1305/2013 heißt es:

    „(3)

    Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die ländliche Entwicklung … von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr … auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem … Subsidiaritätsprinzip tätig werden. …

    (7)

    … Jeder Mitgliedstaat sollte entweder ein nationales Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für sein gesamtes Hoheitsgebiet oder ein Bündel von regionalen Programmen oder sowohl ein nationales Programm als auch ein Bündel von regionalen Programmen ausarbeiten. In jedem Programm sollten eine Strategie für die Verwirklichung von Zielen in Bezug auf die Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums und eine Auswahl von Maßnahmen bestimmt werden. Die Programmplanung sollte mit den Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums übereinstimmen, dabei jedoch gleichzeitig an den nationalen Kontext angepasst sein und die anderen Unionspolitiken ergänzen, insbesondere die Agrarmarktpolitik, die Kohäsionspolitik und die Gemeinsame Fischereipolitik. Mitgliedstaaten, die sich für die Vorbereitung eines Bündels von regionalen Programmen entscheiden, sollten auch in der Lage sein, auch eine nationale Rahmenregelung ohne gesonderte Zuteilung von Haushaltsmitteln auszuarbeiten, um die Koordinierung zwischen den Regionen bei der Bewältigung nationaler Herausforderungen zu erleichtern.

    (17)

    … Die Entwicklung kleiner, potenziell wirtschaftlich lebensfähiger Betriebe sollte ebenfalls gefördert werden. Um die Lebensfähigkeit der im Rahmen dieser Maßnahme unterstützten neuen Wirtschaftstätigkeiten zu gewährleisten, sollte die Förderung von der Vorlage eines Geschäftsplans abhängig gemacht werden. …“

    4

    Art. 2 Abs. 1 Buchst. n dieser Verordnung definiert den „Junglandwirt“ als eine Person, die zum Zeitpunkt der Antragstellung höchstens 40 Jahre alt ist, über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügt und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Landwirt niederlässt.

    5

    Art. 5 („Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums“) Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a dieser Verordnung bestimmt:

    „Die Verwirklichung der Ziele der Entwicklung des ländlichen Raums, die zur Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum beitragen, wird anhand folgender sechs Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums angestrebt …:

    2.

    Verbesserung der Lebensfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und der Wettbewerbsfähigkeit aller Arten von Landwirtschaft in allen Regionen … mit Schwerpunkt auf den folgenden Bereichen:

    a)

    Verbesserung der Wirtschaftsleistung aller landwirtschaftlichen Betriebe, Unterstützung der Betriebsumstrukturierung und ‑modernisierung insbesondere mit Blick auf die Erhöhung der Marktbeteiligung und ‑orientierung …“

    6

    Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 lautet:

    „Der [Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)] wirkt in den Mitgliedstaaten in Form von Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums. Mit diesen Programmen wird eine Strategie zur Verwirklichung der Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums über ein Bündel von Maßnahmen umgesetzt, die in Titel III definiert sind. Für die Verwirklichung der Ziele zur Entwicklung des ländlichen Raums, die mittels Prioritäten der Union verfolgt werden, wird eine Förderung aus dem ELER beantragt.“

    7

    Art. 13 dieser Verordnung bestimmt:

    „Jede Maßnahme zur Entwicklung des ländlichen Raums muss darauf ausgerichtet sein, insbesondere zur Verwirklichung einer oder mehrerer Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums beizutragen. Anhang VI enthält ein indikatives Verzeichnis der Maßnahmen von besonderer Bedeutung für die Prioritäten der Union.“

    8

    In Art. 19 („Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstiger Unternehmen“) der Verordnung heißt es:

    „(1)   Die Förderung im Rahmen dieser Maßnahmen betrifft

    a)

    Existenzgründungsbeihilfen für

    i)

    Junglandwirte;

    iii)

    die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe;

    (2)   Die Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i wird Junglandwirten gewährt.

    Die Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iii wird kleinen landwirtschaftlichen Betrieben gewährt, die der Begriffsbestimmung der Mitgliedstaaten entsprechen.

    (4)   Die Gewährung der Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a ist von der Vorlage eines Geschäftsplans abhängig. Mit der Durchführung des Geschäftsplans muss innerhalb von neun Monaten ab dem Zeitpunkt des Beschlusses zur Gewährung der Förderung begonnen werden.

    Bei Junglandwirten, die eine Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i erhalten, ist im Geschäftsplan vorzusehen, dass der Junglandwirt innerhalb von 18 Monaten ab dem Zeitpunkt der Niederlassung den Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 im Hinblick auf aktive Landwirte einhält.

    Die Mitgliedstaaten setzen Ober- und Untergrenzen für die Gewährung des Zugangs der landwirtschaftlichen Betriebe zur Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und iii fest. Die Untergrenze für die Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i liegt dabei höher als die Obergrenze für die Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iii. Die Förderung ist auf Betriebe begrenzt, die der Begriffsbestimmung der Kleinst- und kleinen Unternehmen entsprechen.

    (5)   Die Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a wird in mindestens zwei Tranchen während eines Zeitraums von höchstens fünf Jahren gezahlt. Die Tranchen dürfen degressiv sein. Die Zahlung der letzten Tranche gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und ii hängt von der ordnungsgemäßen Durchführung des Geschäftsplans ab.

    (6)   Der Höchstbetrag der Förderung gemäß Absatz 1 Buchstabe a ist in Anhang II festgesetzt. Die Mitgliedstaaten setzen den Förderbetrag gemäß Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und ii auch unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Lage des Programmgebiets fest.

    …“

    Durchführungsverordnung (EU) Nr. 808/2014

    9

    Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 808/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung Nr. 1305/2013 (ABl. 2014, L 227, S. 18) enthält einen Teil 5 über Maßnahmen- und Teilmaßnahmencodes. Dieser Teil sieht gemäß Art. 19 der Verordnung Nr. 1305/2013 unter Code 6 die Maßnahme „Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstiger Unternehmen“ vor. Zu den Teilmaßnahmen für die Programmplanung, die dieser Maßnahme entsprechen, gehören unter Code 6.1 die „Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte“ und unter Code 6.3 die „Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe“.

    Delegierte Verordnung (EU) Nr. 807/2014

    10

    Nach Art. 5 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 807/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Einführung von Übergangsvorschriften (ABl. 2014, L 227, S. 1) setzen die Mitgliedstaaten die Grenzen gemäß Art. 19 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1305/2013 auf der Grundlage des Produktionspotenzials des landwirtschaftlichen Betriebs, gemessen in Standardoutput gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1242/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2008 zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Klassifizierungssystems der landwirtschaftlichen Betriebe (ABl. 2008, L 335, S. 3), oder einer gleichwertigen Grundlage fest.

    Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014-2020

    11

    Nach Rn. 99 der Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014‑2020 (ABl. 2014, C 204, S. 1) „[können] Beihilfen … im Rahmen mehrerer Beihilferegelungen gleichzeitig gewährt oder mit Ad-hoc-Beihilfen kumuliert werden, sofern der Gesamtbetrag der staatlichen Beihilfen für eine Tätigkeit oder ein Vorhaben die in dieser Rahmenregelung festgesetzten Beihilfeobergrenzen nicht übersteigt“.

    12

    Rn. 184 dieser Leitlinien sieht vor, dass „[d]ie Beihilfe … auf 70000 [Euro] pro Junglandwirt und 15000 [Euro] pro kleiner landwirtschaftlicher Betrieb zu begrenzen [ist und dass b]ei der Festsetzung des Beihilfebetrags für Junglandwirte … die Mitgliedstaaten auch der sozioökonomischen Lage des betreffenden Gebiets Rechnung tragen [müssen]“.

    Lettisches Recht

    13

    Nr. 1 der Verordnung Nr. 292 des Ministerrats vom 9. Juni 2015 über das Verfahren zur Gewährung von Beihilfen auf nationaler Ebene und auf Ebene der Europäischen Union für die Teilmaßnahme „Existenzgründungsbeihilfen für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe“ der Maßnahme „Entwicklung von landwirtschaftlichen Betrieben und Unternehmen“ (Latvijas Vēstnesis, 2015, Nr. 126) sieht vor:

    „Diese Verordnung regelt das Verfahren zur Gewährung von Beihilfen auf nationaler Ebene und auf Ebene der Europäischen Union für die Teilmaßnahme ‚Existenzgründungsbeihilfen für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe‘ im Rahmen der Maßnahme ‚Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstigen Unternehmen in Form einer einmaligen Zahlung‘“.

    14

    Nr. 20 dieser Verordnung bestimmt:

    „Innerhalb eines Programmplanungszeitraums kann derjenige, der eine Beihilfe beantragt, einmalig die in diesen Bestimmungen genannte Beihilfe erhalten.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    15

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebs, beantragte am 5. Oktober 2015 im Rahmen eines ersten Vorhabens eine Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe.

    16

    Mit Entscheidung vom 15. Januar 2016 gab der Dienst zur Unterstützung des ländlichen Raums diesem Antrag statt.

    17

    Am 27. Juli 2016 übernahm die Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb, den zuvor ihre Eltern betrieben hatten.

    18

    Am 23. August 2016 stellte sie im Rahmen eines zweiten Vorhabens einen Antrag auf Mittel zur Existenzgründung für Junglandwirte, wobei sie die durch die erste Beihilfe geförderten Tätigkeiten fortsetzte.

    19

    Dieser zweite Antrag wurde am 8. November 2016 vom Dienst zur Unterstützung des ländlichen Raums auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1305/2013 abgelehnt.

    20

    Er war der Ansicht, dass ein Antragsteller im Rahmen einer Maßnahme entweder eine Beihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe oder eine Beihilfe für Junglandwirte erhalten könne. Nach der nationalen Regelung sei es auch nicht zulässig, zunächst eine Beihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe und dann die Beihilfe für Junglandwirte zu beantragen, da ein solcher Antrag in Bezug auf die letztgenannte Beihilfe folglich die Voraussetzung der erstmaligen Niederlassung oder der Übernahme eines Betriebs nicht erfülle.

    21

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens focht diesen Ablehnungsbescheid beim Dienst zur Unterstützung des ländlichen Raums an. Mit Entscheidung vom 6. Januar 2017 bestätigte dieser diese Ablehnung und verwies dabei erneut auf das Verbot der Kumulierung verschiedener in dieser Verordnung vorgesehener Beihilfen.

    22

    Die anschließend von der Klägerin gegen diese ablehnende Entscheidung erhobenen Rechtsbehelfe blieben vor dem Administratīvā rajona tiesa (Bezirksverwaltungsgericht, Lettland) bzw. dem Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht, Lettland) ohne Erfolg.

    23

    Diese Gerichte waren u. a. der Auffassung, dass aus den in den Vorhaben der Klägerin des Ausgangsverfahrens dargelegten Zielen hervorgehe, dass das zweite Vorhaben eine Weiterverfolgung des mit dem ersten Vorhaben verfolgten Ziels darstelle. Die Gewährung zweier Beihilfen zu demselben Zweck verstoße gegen den Grundsatz der einmaligen Zahlung und könne nicht als verhältnismäßige Verwendung der Mittel angesehen werden. Darüber hinaus falle ein Landwirt nicht mehr unter den Begriff „Junglandwirt“, wenn er die Beihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii der Verordnung Nr. 1305/2013 erhalten habe.

    24

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens erhob am 23. November 2017 Kassationsbeschwerde beim Augstākā tiesa (Senāts) (Oberster Gerichtshof, Lettland) und machte darin insbesondere geltend, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1305/2013 fehlerhaft ausgelegt worden seien.

    25

    Sie ist insoweit der Ansicht, dass die beiden Beihilfen unterschiedlichen Vorschriften unterlägen und dass die Regel, dass eine Beihilfe nach dieser Verordnung nicht mehr als einmal bezogen werden könne, für jede Teilmaßnahme individuell und nicht für ihre Kumulierung gelte.

    26

    Das vorlegende Gericht stellt sich daher die Frage nach der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung, die die Zahlung der Beihilfe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 1305/2013 an einen Landwirt verbietet, der bereits die Beihilfe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii dieser Verordnung erhalten hat, mit dem Unionsrecht.

    27

    Unter diesen Umständen hat der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Ist Art. 19 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1305/2013 in Verbindung mit weiteren Bestimmungen dieser Verordnung und der Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014‑2020 dahin auszulegen, dass

    1.

    ein Landwirt die Eigenschaft als „Junglandwirt“ allein aus dem Grund verliert, dass er zwei Jahre zuvor die in Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii der Verordnung Nr. 1305/2013 vorgesehene Beihilfe zur Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe erhalten hat;

    2.

    die genannten Bestimmungen den Mitgliedstaaten gestatten, eine Regelung vorzusehen, nach der die Beihilfe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung an einen Landwirt nicht gezahlt wird, wenn ihm bereits die Beihilfe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii gewährt worden ist;

    3.

    ein Mitgliedstaat berechtigt ist, die Kumulierung von Beihilfen einem Landwirt zu verweigern, wenn die im Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums vorgesehene Kumulierungsabfolge nicht eingehalten wurde?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten Frage

    28

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Landwirt, der die Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung erhalten hat, diese mit der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung kumulieren kann.

    29

    Wie aus Art. 19 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1305/2013 hervorgeht, erfasst die Beihilfe im Rahmen der Maßnahme „Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstiger Unternehmen“ drei Arten von Existenzgründungsbeihilfen, darunter die für Junglandwirte und die für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe.

    30

    In Anhang I Teil 5 („Maßnahmen- und Teilmaßnahmencodes“) der Durchführungsverordnung Nr. 808/2014 sind der Code der Beihilfe für die Maßnahme „Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstiger Unternehmen“ nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1305/2013 und die Codes der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Teilmaßnahmen „Existenzgründungsbeihilfen für Junglandwirte“ bzw. „Existenzgründungsbeihilfen für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe“ aufgeführt.

    31

    Nach Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1305/2013 wird die Förderung gemäß Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung Junglandwirten und die Förderung gemäß Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii kleinen landwirtschaftlichen Betrieben gewährt, die der Begriffsbestimmung der Mitgliedstaaten entsprechen.

    32

    Die letztgenannte Bestimmung überlässt es somit zwar den Mitgliedstaaten, den Begriff „kleine landwirtschaftliche Betriebe“ zu bestimmen, doch definiert Art. 2 Abs. 1 Buchst. n der Verordnung Nr. 1305/2013 den „Junglandwirt“ im Sinne dieser Verordnung als „eine Person, die zum Zeitpunkt der Antragstellung höchstens 40 Jahre alt ist, über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügt und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Landwirt niederlässt“.

    33

    Obwohl der Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung u. a. die Gewährung der beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beihilfen erfasst, ist festzustellen, dass er weder eine Abfolge für die Gewährung dieser Beihilfen festlegt noch ihre kumulative Gewährung ausdrücklich ausschließt.

    34

    Art. 19 Abs. 4 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 sieht vor, dass die Gewährung der in dessen Abs. 1 Buchst. a genannten Beihilfen, zu denen die beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beihilfen gehören, von der Durchführung eines Geschäftsplans abhängig ist, und legt die Bedingungen für die Durchführung dieses Plans fest.

    35

    Außerdem sieht Art. 19 Abs. 4 Unterabs. 3 dieser Verordnung vor, dass die Mitgliedstaaten Ober- und Untergrenzen für die Gewährung des Zugangs der landwirtschaftlichen Betriebe zur Förderung gemäß Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und iii dieses Artikels festsetzen. Er bestimmt, dass die Untergrenze für die Förderung gemäß Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dabei höher liegen muss als die Obergrenze für die Förderung gemäß Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii und dass diese auf Betriebe begrenzt ist, die der Begriffsbestimmung der Kleinst- und kleinen Unternehmen entsprechen.

    36

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Kommission, wie sich aus Art. 19 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1305/2013 ergibt, die Befugnis übertragen wird, delegierte Rechtsakte insbesondere zur Festsetzung der Grenzen gemäß Art. 19 Abs. 4 dieser Verordnung zu erlassen. Nach Art. 5 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 807/2014 setzen die Mitgliedstaaten die Grenzen gemäß Art. 19 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1305/2013 auf der Grundlage des Produktionspotenzials des landwirtschaftlichen Betriebs, gemessen in Standardoutput oder einer gleichwertigen Grundlage, fest.

    37

    Art. 19 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1305/2013 behandelt nicht ausdrücklich die Frage der Kumulierung von Beihilfen, die nach ihrem Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und iii gewährt wurden. Zudem steht die Festsetzung von Grenzen für diese Beihilfen, wie sie in Art. 19 Abs. 4 genannt sind, einer Kumulierung der betreffenden Beihilfen nicht entgegen, sofern der in Art. 19 Abs. 6 dieser Verordnung genannte Höchstbetrag der gewährten Beihilfe eingehalten wird.

    38

    Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass der Empfänger, nachdem er eine Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebs erhalten hat, sein Produktionspotenzial gegebenenfalls dank des Bezugs der ersten Beihilfe steigern konnte, so dass er beschließt, sich als „Junglandwirt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. n der Verordnung Nr. 1305/2013 niederzulassen.

    39

    Daher schließt die Eigenschaft als Empfänger einer solchen Beihilfe nicht die Möglichkeit aus, sich auf die Eigenschaft als „Junglandwirt“ im Sinne dieser Bestimmung zu berufen, die nur die Kriterien des Alters, der Befähigung und der erstmaligen Niederlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Landwirt festlegt. Daraus folgt, dass ein Landwirt wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens als „Junglandwirt“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, auch wenn ihm bereits die Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iii der Verordnung Nr. 1305/2013 gewährt worden ist.

    40

    Das Kriterium der erstmaligen Niederlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb bedeutet nicht zwangsläufig, dass der landwirtschaftliche Betrieb, in dem der „Junglandwirt“ sich erstmalig niederlässt, ein neuer Betrieb ist, da dieses Kriterium auch erfüllt sein kann, wenn dieser „Junglandwirt“ einen alten Betrieb weiterentwickeln will.

    41

    Für die Möglichkeit, die beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beihilfen zu kumulieren, spricht auch der Umstand, dass die Verordnung Nr. 1305/2013 die Zahlung der Beihilfe für Junglandwirte nicht in einem einzigen Schritt, sondern gestaffelt vorgesehen hat, wobei die Möglichkeit einer solchen Zahlung in Tranchen in Art. 19 Abs. 5 dieser Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist und im Übrigen in deren 17. Erwägungsgrund zum Ausdruck kommt.

    42

    Wie die Generalanwältin in Nr. 75 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, trüge im Übrigen der Umstand, es einem Junglandwirt zu ermöglichen, auch nach dem Bezug der Beihilfe für die Entwicklung eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebs noch die Förderung für Junglandwirte zu beantragen, auf die dann der aufgrund der ersten Beihilfe bereits erhaltene Betrag angerechnet wird, der Lebenswirklichkeit von Junglandwirten Rechnung und stünde sowohl mit den Zielen der Verordnung Nr. 1305/2013 als auch mit den Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums im Einklang.

    43

    Das Erfordernis, Landwirte in der Niederlassungsphase dazu zu ermutigen, ihre Betriebe zu vergrößern und weiterzuentwickeln und ihre ursprünglichen Geschäftspläne dahin gehend anzupassen, trägt nämlich zur Verwirklichung des Ziels dieser Verordnung, der ländlichen Entwicklung, wie es im dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung zum Ausdruck kommt, sowie zur notwendigen Förderung der – wie es im 17. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt – Entwicklung kleiner, potenziell wirtschaftlich lebensfähiger Betriebe bei.

    44

    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1305/2013 sowohl die Ziele, zu deren Erreichung die Politik der Entwicklung des ländlichen Raums beitragen soll, als auch die entsprechenden Prioritäten der Union sowie geeignete Maßnahmen für ihre Umsetzung festlegt. Art. 5 dieser Verordnung nennt nämlich sechs Prioritäten für die Entwicklung des ländlichen Raums. Zu diesen zählt nach Nr. 2 dieses Artikels u. a. die Verbesserung der Lebensfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und der Wettbewerbsfähigkeit aller Arten von Landwirtschaft, ebenso wie der Generationswechsel, mit Schwerpunkt insbesondere auf der Verbesserung der Wirtschaftsleistung aller landwirtschaftlichen Betriebe und der Unterstützung der Betriebsumstrukturierung und ‑modernisierung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2021, Région wallonne [Beihilfen für Junglandwirte], C‑830/19, EU:C:2021:552, Rn. 34).

    45

    Das Erfordernis, Landwirte in der Niederlassungsphase dazu zu ermutigen, ihre Betriebe zu vergrößern und weiterzuentwickeln, auf das in Rn. 43 des vorliegenden Urteils hingewiesen wird, gehört aber auch zu den Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums.

    46

    Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin des Ausgangsverfahrens ausweislich der Vorlageentscheidung in ihrem Geschäftsplan in Bezug auf die Beihilfe für Junglandwirte gerade den Wunsch geäußert, das begonnene Projekt weiterzuführen und ihren Betrieb durch die Erweiterung seines Tierbestands weiterzuentwickeln.

    47

    Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Art. 19 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1305/2013 die Beträge begrenzt, die als Junglandwirt im Rahmen der Beihilfe gemäß Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels bezogen werden können, indem er einen „Höchstbetrag“ der hierfür gewährten Beihilfe vorsieht.

    48

    Nach Rn. 99 der Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014-2020 können Beihilfen im Rahmen mehrerer Beihilferegelungen gleichzeitig gewährt oder mit Ad-hoc-Beihilfen kumuliert werden, sofern der Gesamtbetrag der staatlichen Beihilfen für eine Tätigkeit oder ein Vorhaben die in dieser Rahmenregelung festgesetzten Beihilfeobergrenzen nicht übersteigt.

    49

    Hierzu heißt es in Rn. 184 dieser Rahmenregelung, dass die Beihilfe auf 70000 Euro pro Junglandwirt und 15000 Euro pro kleiner landwirtschaftlicher Betrieb zu begrenzen sei, wobei die Mitgliedstaaten bei der Festsetzung des Beihilfebetrags für Junglandwirte auch der sozioökonomischen Lage des betreffenden Gebiets Rechnung tragen müssten.

    50

    Daher ist, wie die Generalanwältin in Nr. 82 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat und wie in Rn. 37 des vorliegenden Urteils dargestellt worden ist, die im Rahmen der Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebs erhaltene Förderung auf die im Rahmen der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte zu erhaltende Förderung anzurechnen, so dass der Höchstbetrag für die Förderung je Junglandwirt gemäß Art. 19 Abs. 6 und Anhang II der Verordnung Nr. 1305/2013 nicht überschritten wird.

    51

    Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 dahin auszulegen ist, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Landwirt, der die Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung erhalten hat, diese mit der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung kumulieren kann, sofern der in dessen Abs. 6 genannte Höchstbetrag der gewährten Beihilfe eingehalten wird.

    Zur zweiten und zur dritten Frage

    52

    Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Gewährung der Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung den Bezug der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung ausschließt.

    53

    Mit diesen Fragen möchte das vorlegende Gericht ganz konkret in Erfahrung bringen, über welchen Gestaltungsspielraum die Mitgliedstaaten bei der Einführung einer Regelung zur Gewährung dieser beiden Existenzgründungsbeihilfen verfügen.

    54

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten die Verordnung Nr. 1305/2013 durch ihre Programme zur Förderung der ländlichen Entwicklung umsetzen. Wie sich aus Art. 6 dieser Verordnung ergibt und wie in deren siebtem Erwägungsgrund zum Ausdruck kommt, wirkt der ELER in den Mitgliedstaaten in Form dieser Programme.

    55

    Jeder Mitgliedstaat sollte daher entweder ein nationales Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für sein gesamtes Hoheitsgebiet oder ein Bündel von regionalen Programmen oder sowohl ein nationales Programm als auch ein Bündel von regionalen Programmen ausarbeiten, wobei mit diesen Programmen eine Strategie zur Verwirklichung der Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums umgesetzt wird.

    56

    Daraus folgt, dass die Verordnung Nr. 1305/2013 den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Modalitäten der Durchführung der in ihr vorgesehenen Beihilfen einen Gestaltungsspielraum belässt.

    57

    Diese Verordnung legt nämlich ausweislich ihres Art. 1 auf der Grundlage von „zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission geteilten Zuständigkeiten“ die Regeln für die Programmplanung, die Vernetzung, die Abwicklung, die Begleitung und die Bewertung sowie die Vorschriften für die Sicherstellung der Koordinierung des ELER mit den übrigen Unionsinstrumenten fest.

    58

    Der Gestaltungsspielraum, über den die Mitgliedstaaten in diesem Rahmen verfügen, kann sich insbesondere auf die Auswahlkriterien von Vorhaben beziehen, um sicherzustellen, dass die Finanzmittel für die Entwicklung des ländlichen Raums auf bestmögliche Weise genutzt werden, um die Maßnahmen im Rahmen der Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums an den Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums auszurichten, und um die Gleichbehandlung der Antragsteller zu gewährleisten.

    59

    Dieser Gestaltungsspielraum kann auch die Ausgestaltung der nationalen Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums sowie die Umsetzung der Vorgaben der Verordnung Nr. 1305/2013, u. a. in Bezug auf die Größe der förderfähigen Betriebe, wie sie in Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 3 dieser Verordnung genannt ist, oder die Höhe der Beihilfen, wie aus dessen Abs. 6 hervorgeht, betreffen.

    60

    Im Übrigen muss nach Art. 13 der Verordnung Nr. 1305/2013 jede Maßnahme zur Entwicklung des ländlichen Raums darauf ausgerichtet sein, insbesondere zur Verwirklichung einer oder mehrerer Prioritäten der Union für die Entwicklung des ländlichen Raums beizutragen. Es ist indes darauf hinzuweisen, dass, wie der Wortlaut dieses Artikels klarstellt, das Verzeichnis der Maßnahmen in Anhang VI dieser Verordnung, die von besonderer Bedeutung für die Prioritäten der Union sind, nur indikativ ist.

    61

    Folglich können die Mitgliedstaaten, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, grundsätzlich wählen, was sie in ihre Programme für die Entwicklung des ländlichen Raums aufnehmen oder nicht. Sie haben somit die Möglichkeit, Beschränkungen für die Gewährung von Existenzgründungsbeihilfen nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung vorzugeben, indem sie ein Verbot vorsehen, die Beihilfe nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Verordnung an einen Landwirt zu zahlen, der bereits die Beihilfe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung erhalten hat.

    62

    Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die Gewährung der Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung den Bezug der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung ausschließt.

    Kosten

    63

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Landwirt, der die Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung erhalten hat, diese mit der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung kumulieren kann, sofern der in dessen Abs. 6 genannte Höchstbetrag der gewährten Beihilfe eingehalten wird.

     

    2.

    Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1305/2013 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die Gewährung der Existenzgründungsbeihilfe für die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe nach Buchst. a Ziff. iii dieser Bestimmung den Erhalt der Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i dieser Verordnung ausschließt.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.

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