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Document 62020CC0690

    Schlussanträge des Generalanwalts G. Pitruzzella vom 14. Juli 2022.
    Casino, Guichard-Perrachon und Achats Marchandises Casino SAS (AMC) gegen Europäische Kommission.
    Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem eine Nachprüfung angeordnet wird – Rechtsbehelfe gegen den Ablauf der Nachprüfung – Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 19 – Verordnung (EG) Nr. 773/2004 – Art. 3 – Aufzeichnung der Befragungen, die die Kommission im Rahmen ihrer Ermittlungen durchführt – Beginn der Untersuchung durch die Kommission.
    Rechtssache C-690/20 P.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:579

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    GIOVANNI PITRUZZELLA

    vom 14. Juli 2022 ( 1 )

    Rechtssache C‑690/20 P

    Casino, Guichard-Perrachon,

    Achats Marchandises Casino SAS (AMC)

    gegen

    Europäische Kommission

    „Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Verwaltungsverfahren – Nachprüfungsbeschluss der Kommission – Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Angebliches Fehlen eines wirksamen Rechtsbehelfs gegen den Ablauf der Nachprüfung – Nichtigkeitsklage“

    1.

    Mit ihrem Rechtsmittel beantragen Casino, Guichard-Perrachon (im Folgenden: Casino) und Achats Marchandises Casino SAS (im Folgenden: AMC, in Verbindung mit Casino: Rechtsmittelführerinnen) die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Oktober 2020, Casino, Guichard-Perrachon und AMC/Kommission ( 2 ) (im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 1054 final der Kommission vom 9. Februar 2017 ( 3 ) (im Folgenden: streitiger Beschluss), mit dem Casino und allen unmittelbar oder mittelbar von ihr kontrollierten Gesellschaften aufgegeben wird, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ( 4 ) zu dulden, teilweise abgewiesen hat.

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    2.

    Die in den Rn. 2 bis 8 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammenfassen.

    3.

    Casino ist die Muttergesellschaft des Casino-Konzerns, der, u. a. in Frankreich, hauptsächlich im Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittel-Vertriebssektor tätig ist. Ihre Tochtergesellschaft AMC ist eine Einkaufszentrale, die für die Handelsketten des Casino-Konzerns in Frankreich die Bezugsbedingungen bei den Lieferanten aushandelt.

    4.

    Nachdem die Europäische Kommission Informationen über den Informationsaustausch zwischen Casino und anderen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, u. a. Intermarché, einer Gesellschaft, die ebenfalls im Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittel-Vertriebssektor tätig ist, erhalten hatte, erließ sie den streitigen Beschluss.

    5.

    Der verfügende Teil dieses Beschlusses bestimmt:

    „Artikel 1

    Casino … sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften sind verpflichtet, eine Nachprüfung betreffend ihre etwaige Beteiligung an gegen Artikel 101 [AEUV] verstoßenden abgestimmten Verhaltensweisen auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs, auf dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten und auf den Märkten für den Verkauf von Produkten des täglichen Bedarfs an Verbraucher zu dulden. Diese aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehen in

    a)

    dem Informationsaustausch seit 2015 zwischen Unternehmen und/oder Unternehmensvereinigungen, insbesondere ICDC …, und/oder ihren Mitgliedern, insbesondere Casino und AgeCore und/oder ihren Mitgliedern, insbesondere Intermarché, über von ihnen erhaltene Rabatte auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel, und die Preise auf dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere in Frankreich, und

    b)

    dem Informationsaustausch mindestens seit 2016 zwischen Casino und Intermarché über ihre künftigen Geschäftsstrategien, insbesondere über das Sortiment, die Entwicklung von Geschäften, den E‑Commerce und die Werbepolitik auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs und auf den Märkten für den Verkauf von Produkten des täglichen Bedarfs an Verbraucher in Frankreich.

    Diese Nachprüfung kann in jedem beliebigen Geschäftslokal des Unternehmens stattfinden …

    Casino ermächtigt die Beamten und sonstigen Personen, die von der Kommission mit der Durchführung einer Nachprüfung beauftragt wurden, und die Beamten und sonstigen Personen, die von der Wettbewerbsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats zu ihrer Unterstützung beauftragt wurden oder vom Mitgliedstaat für diesen Zweck benannt wurden, sich während der normalen Bürozeiten Zugang zu allen ihren Geschäftsräumen und Transportmitteln zu verschaffen. Das Unternehmen duldet die Nachprüfung der Bücher und jeglicher sonstiger Geschäftsunterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, wenn die Beamten und sonstigen beauftragten Personen dies verlangen, und es gestattet ihnen, diese Bücher und Unterlagen vor Ort zu prüfen und von ihnen Kopien oder Auszüge gleich welcher Art anzufertigen oder zu erhalten. Es gestattet das Anbringen von Amtssiegeln in allen Geschäftsräumen und auf allen Büchern oder Dokumenten während der Dauer der Nachprüfung und soweit dies für die Zwecke der Nachprüfung erforderlich ist. Das Unternehmen liefert unverzüglich vor Ort mündliche Erläuterungen zu Gegenstand und Zweck der Nachprüfung, wenn die Beamten oder Personen dies verlangen, und es ermächtigt alle Vertreter und Mitglieder der Belegschaft, solche Erläuterungen zu liefern. Es gestattet die Aufzeichnung dieser Erläuterungen in beliebiger Form.

    Artikel 2

    Die Nachprüfung kann am 20. Februar 2017 oder kurz danach beginnen.

    Artikel 3

    Dieser Beschluss ist an Casino sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften gerichtet.

    Dieser Beschluss wird dem Unternehmen, an das er gerichtet ist, gemäß Artikel 297 Absatz 2 [AEUV] unmittelbar vor der Nachprüfung bekannt gegeben.“

    6.

    Nachdem die französische Wettbewerbsbehörde von dieser Nachprüfung durch die Kommission unterrichtet worden war, beantragte sie bei den Juges des libertés et de la détention (für die Anordnung der Untersuchungshaft zuständige Richter) des Tribunal de grande instance Créteil (Regionalgericht Créteil, Frankreich) und des Tribunal de grande instance Paris (Regionalgericht Paris, Frankreich) die Genehmigung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Geschäftsräumen der Rechtsmittelführerinnen. Mit Beschlüssen vom 17. Februar 2017 genehmigten diese Richter die vorsorglich beantragten Durchsuchungen und Beschlagnahmen (im Folgenden: Beschlüsse vom 17. Februar 2017). Da keine der bei der Nachprüfung getroffenen Maßnahmen die Ausübung der „Vollzugsbefugnisse“ im Sinne von Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1/2003 erforderte, wurden diese Beschlüsse den Rechtsmittelführerinnen nicht zugestellt.

    7.

    Die Nachprüfung begann am 20. Februar 2017, als die Inspektoren der Kommission in Begleitung von Vertretern der französischen Wettbewerbsbehörde den Pariser Sitz des Casino-Konzerns sowie die Geschäftsräume der AMC aufsuchten und den Rechtsmittelführerinnen den streitigen Beschluss zustellten.

    8.

    Im Rahmen der Nachprüfungen betrat die Kommission u. a. die Büros, sammelte Material, insbesondere EDV-Material (Laptops, Mobiltelefone, Tablets, Speichergeräte), nahm eine Anhörung mehrerer Personen vor und kopierte den Inhalt des gesammelten Materials.

    9.

    Die Rechtsmittelführerinnen übermittelten der Kommission jeweils ein Schreiben vom 24. Februar 2017, in dem sie Vorbehalte gegen den streitigen Beschluss und den Ablauf der auf seiner Grundlage durchgeführten Nachprüfung äußerten.

    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    10.

    Mit Klageschrift, die am 28. April 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhoben die Rechtsmittelführerinnen nach Art. 263 AEUV Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Der Rat der Europäischen Union wurde als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

    11.

    Zur Stützung ihrer Klagen machten die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen drei Klagegründe geltend. Der erste war auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 gestützt, der zweite auf eine Verletzung der Begründungspflicht und der dritte auf die Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Im Rahmen des letztgenannten Klagegrundes rügten die Rechtsmittelführerinnen einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Sphäre der privaten Betätigung insbesondere unter Berücksichtigung der vom streitigen Beschluss betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten.

    12.

    Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht Art. 1 Buchst. b des streitigen Beschlusses für nichtig erklärt, da es der Ansicht war, dass die Kommission nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte, die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung in Form eines Informationsaustauschs zwischen Casino und Intermarché über ihre künftigen Geschäftsstrategien hätten vermuten lassen ( 5 ). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen ( 6 ).

    Rechtsmittel und Anträge der Beteiligten

    13.

    Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf vier Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe rechtsirrtümlich entschieden, dass die von der Kommission eingeholten mündlichen Erklärungen nicht hätten aufgezeichnet werden müssen, um als Indizien für den streitigen Beschluss zu dienen. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wird geltend gemacht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es entschieden habe, dass das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht verlange, dass der streitige Beschluss die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission zeitlich beschränke. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe rechtsirrtümlich entschieden, dass das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht verlange, dass der streitige Beschluss die zu überprüfenden Personen und Räumlichkeiten beschränke. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wird geltend gemacht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es entschieden habe, dass das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf keinen eigenständigen und sofortigen Rechtsbehelf gegen den Ablauf der Nachprüfungen verlange.

    14.

    Die Rechtsmittelführerinnen beantragen, Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben, ihren Anträgen im ersten Rechtszug stattzugeben und somit den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären sowie der Kommission die Kosten des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens und die vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    15.

    Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.

    16.

    Der Rat beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen, soweit die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen, es habe rechtsirrtümlich entschieden, dass das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf keinen eigenständigen und sofortigen Rechtsbehelf gegen den Ablauf der Nachprüfungen verlange, und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

    Zum dritten Rechtsmittelgrund

    17.

    Auf Wunsch des Gerichtshofs werde ich meine Würdigung auf den dritten Rechtsmittelgrund beschränken.

    18.

    Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund, mit dem gerügt wird, das Gericht habe rechtsirrtümlich entschieden, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verlange nicht, dass der streitige Beschluss die überprüften Personen und Räume beschränke, wenden sich die Rechtsmittelführerinnen insbesondere gegen die Rn. 144 bis 147 des angefochtenen Urteils.

    19.

    Ich werde zunächst die Argumentation des Gerichts zusammenfassen, die von den Rechtsmittelführerinnen beanstandet wird, und anschließend die vier Rügen untersuchen, in die sich der betreffende Rechtsmittelgrund gliedert.

    Angefochtenes Urteil

    20.

    In Rn. 133 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zunächst festgestellt, aus dem streitigen Beschluss gehe hervor, dass weder die überprüften Gesellschaften noch die überprüften Räumlichkeiten namentlich bezeichnet würden, da es zum einen in Art. 1 Abs. 2 des streitigen Beschlusses heiße, dass die „Nachprüfung in jedem beliebigen Geschäftslokal des Unternehmens stattfinden [kann]“, wobei dieser Angabe die Worte „und insbesondere“ folgten, denen wiederum zwei Adressen folgten. Zum anderen heiße es in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des streitigen Beschlusses, dass der Nachprüfungsbeschluss „an Casino sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften gerichtet“ sei.

    21.

    Sodann hat es in Rn. 135 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der sehr weite Anwendungsbereich der Nachprüfung, zu der solche Angaben führten, von der Rechtsprechung als solcher nicht als übermäßiger Eingriff in die Sphäre der privaten Betätigung der Unternehmen angesehen worden sei.

    22.

    Nach einem Hinweis in den Rn. 137 bis 141 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung, wonach die Ausübung der der Kommission durch die Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumten weitreichenden Nachprüfungsbefugnisse Bedingungen unterliege, die die Beachtung der Rechte der betroffenen Unternehmen gewährleisten sollten, ist das Gericht wie im Folgenden ausgeführt auf die Rüge der Rechtsmittelführerinnen eingegangen, wonach die Kommission im vorliegenden Fall aufgrund der Garantien zum Schutz der Rechtsmittelführerinnen vor unverhältnismäßigen Eingriffen die von der Nachprüfung betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten angeben müsse.

    23.

    Erstens hat das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die im streitigen Beschluss enthaltenen Informationen es insgesamt ermöglichten, die von der Nachprüfung betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten zu bestimmen. Es hat insoweit klargestellt, dass „aufgrund der Beschreibung des Gegenstands und des Zwecks der Nachprüfung und insbesondere der Märkte für die betroffenen Waren und Dienstleistungen sowie aufgrund der Klarstellung, dass Casino und ihre Tochtergesellschaften sowie ihre Räumlichkeiten betroffen sind, … sich dem [streitigen] Beschluss ohne Weiteres entnehmen [lässt], dass die Nachprüfung Casino und ihre Tochtergesellschaften betrifft, die in den von der vermuteten Zuwiderhandlung betroffenen Sektoren tätig sind – d. h. den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs (Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel), dem Markt für den Verkauf [dieser Produkte] an Verbraucher und dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten im Sektor der Produkte des täglichen Bedarfs –, und dass die Nachprüfung in allen ihren Räumlichkeiten durchgeführt werden kann“. Dem Gericht zufolge waren „[g]enauere Spezifikationen zum Bereich der Nachprüfung … daher für den Schutz der Rechte der Klägerinnen nicht notwendig“.

    24.

    Zweitens hat das Gericht in Rn. 145 des angefochtenen Urteils die Rügen der Rechtsmittelführerinnen zurückgewiesen, dass der von der Nachprüfung erfasste Bereich wegen der fehlenden Spezifizierung der betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten zu weit gewesen sei. Insoweit hat es auch darauf hingewiesen, dass die Kommission im streitigen Beschluss „auf das Unternehmen als grundlegendes Subjekt des Wettbewerbsrechts“ abgestellt habe, „das meist eine Muttergesellschaft sowie seine Tochtergesellschaft oder Tochtergesellschaften umfasst, dem die Zuwiderhandlungen, insbesondere die im vorliegenden Fall vermuteten Zuwiderhandlungen, zugerechnet werden können, so dass es gerechtfertigt war, im [streitigen] Beschluss sowohl die Muttergesellschaft Casino als auch ihre Tochtergesellschaften anzuführen“.

    25.

    Drittens hat das Gericht in Rn. 146 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „die fehlende Genauigkeit bei der Benennung der betreffenden Gesellschaften und Räumlichkeiten zum ordnungsgemäßen Ablauf der Nachprüfungen der Kommission [beiträgt], da sie ihr den erforderlichen Spielraum für die Sammlung eines Maximums an möglichen Beweisen einräumt und einen Überraschungseffekt bewahren kann, der unerlässlich ist, um der Gefahr der Vernichtung oder Verschleierung dieser Beweise vorzubeugen“.

    26.

    Schließlich hat das Gericht in Rn. 147 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die in Nr. 6 der vorliegenden Schlussanträge erwähnten Beschlüsse vom 17. Februar 2017, mit denen die in Rede stehenden Durchsuchungen und Beschlagnahmen für den Fall des Widersetzens gegen die Durchsuchung vorsorglich genehmigt wurden, ausdrücklich und abschließend angäben, in welchen Räumlichkeiten diese Durchsuchungen und Beschlagnahmen durchgeführt werden könnten. Eine zusätzliche Garantie in Form der Benennung der durchsuchten Räumlichkeiten werde anerkannt, wenn der mit der Nachprüfung im Zusammenhang stehende Eingriff größer sei, im vorliegenden Fall, wenn er trotz des Widerspruchs der überprüften Gesellschaften unter Einsatz von Polizeikräften auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1/2003 erfolge. Da sich die Rechtsmittelführerinnen der Nachprüfung nicht widersetzt hätten, sei diese zusätzliche Garantie im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen.

    Würdigung

    27.

    Die Rechtsmittelführerinnen werfen dem Gericht vor, gegen Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und das Erfordernis des Schutzes vor willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer Person verstoßen zu haben. Sie tragen im Wesentlichen vor, das Gericht habe es im angefochtenen Urteil rechtsirrtümlich unterlassen festzustellen, dass der streitige Beschluss, in dem weder die von der Nachprüfung betroffenen juristischen Personen noch die Räumlichkeiten, für die sie genehmigt worden sei, einzeln genannt würden, aufgrund der Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung offensichtlich rechtswidrig sei.

    28.

    Wie ich bereits ausgeführt habe, machen die Rechtsmittelführerinnen zur Stützung ihres dritten Rechtsmittelgrundes vier Rügen geltend.

    29.

    Mit ihrer ersten Rüge machen sie geltend, dass entgegen den Ausführungen des Gerichts, insbesondere in Rn. 144 des angefochtenen Urteils, die Festlegung des Gegenstands und des Zwecks der Nachprüfung die fehlende Beschränkung der Befugnisse der Kommission zur Bestimmung der von der Nachprüfung betroffenen Personen und Räumlichkeiten nicht heilen könne. Unter Berufung auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ( 7 ) fügen sie hinzu, es sei nicht hinnehmbar, dass die, denen das Recht auf Achtung der Wohnung zustehe – im vorliegenden Fall jede juristische Person der Casino-Gruppe – aus der Festlegung des Gegenstands der Untersuchung und damit beim Eintreffen der Inspektoren ableiten müssten, dass sich die Nachprüfung auf sie erstrecke.

    30.

    Insoweit schicke ich voraus, dass das Gericht, wie die Kommission zutreffend hervorgehoben hat, entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht der Auffassung war, dass die Festlegung des Gegenstands und des Zwecks der Nachprüfung eine angeblich fehlende Beschränkung der Befugnisse der Kommission geheilt habe.

    31.

    Dagegen hat das Gericht zum einen festgestellt, dass die Achtung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht voraussetze, dass die überprüften Gesellschaften und Räumlichkeiten in der Nachprüfungsentscheidung namentlich bezeichnet würden. Ähnliche Angaben wie die im streitigen Beschluss fänden sich in den Entscheidungen, um die es in anderen vom Gericht entschiedenen Rechtssachen ( 8 ) gegangen sei. Der sehr weite Anwendungsbereich der Nachprüfung, zu der solche Angaben führten, sei von der Rechtsprechung für sich genommen nicht als übermäßiger Eingriff in die Sphäre der privaten Betätigung der Unternehmen angesehen worden.

    32.

    Zum anderen war das Gericht der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die im streitigen Beschluss enthaltenen Angaben zum Gegenstand der Nachprüfung ausreichend seien, um die von der Nachprüfung betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten bestimmen zu können, und dass genauere Spezifikationen für den Schutz der Rechte der Rechtsmittelführerinnen nicht notwendig seien. Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, hat es nicht nur die Angabe des Gegenstands und des Zwecks der Nachprüfung im streitigen Beschluss, insbesondere die Beschreibung der betroffenen Waren- und Dienstleistungsmärkte, sondern auch die in diesem Beschluss enthaltene Angabe berücksichtigt, dass „Casino und ihre Tochtergesellschaften sowie ihre Räumlichkeiten betroffen sind“. Es hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass sich aus dem streitigen Beschluss insgesamt ohne Weiteres ableiten lasse, dass nur Casino und ihre auf den betreffenden Märkten tätigen Tochtergesellschaften von der Nachprüfung betroffen seien.

    33.

    Der oben beschriebene Ansatz des Gerichts verstößt meines Erachtens weder gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) zu Hausdurchsuchungen in den Geschäftsräumen von Gesellschaften, insbesondere zum Zweck von Kontrollen zur Verfolgung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, noch ermächtigt er die Kommission dazu, Maßnahmen zu erlassen, die das in Art. 7 der Charta und in Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankerte Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung in unverhältnismäßiger oder willkürlicher Weise beeinträchtigen.

    34.

    Der Gerichtshof hat im Urteil vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission ( 9 ) (im Folgenden: Urteil Deutsche Bahn), ausgeführt, dass sich der in Art. 8 EMRK vorgesehene Schutz nach der Rechtsprechung des EGMR zwar auf bestimmte Geschäftsräume erstrecken kann, aber der EGMR gleichwohl entschieden hat, dass der öffentliche Eingriff im Fall beruflicher oder geschäftlicher Räume oder Tätigkeiten weiter gehen kann als in anderen Fällen.

    35.

    Die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission beschränken sich nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auf das Recht ihrer Bediensteten, u. a. die von ihnen bezeichneten Räumlichkeiten zu betreten, sich die von ihnen angeforderten Unterlagen vorlegen zu lassen und davon Kopien anzufertigen und sich den Inhalt der von ihnen angegebenen Möbel zeigen zu lassen ( 10 ). Konkret bestimmt Art. 20 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung, dass die mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen unter anderem befugt sind, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu betreten. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass diesem Recht insofern eine besondere Bedeutung zukommt, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen, und dass sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 1/2003 als auch die Aufzählung der den Bediensteten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Art. 20 dieser Verordnung erkennen lassen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können ( 11 ).

    36.

    Schließlich ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission hinreichend mit Garantien versehen ist, die einen Schutz gegen willkürliche Eingriffe der öffentlichen Gewalt bieten ( 12 ) – unter denen, wie der Gerichtshof ausgeführt hat, der Pflicht zur speziellen Begründung des Nachprüfungsbeschlusses eine entscheidende Rolle zukommt ( 13 ) –, und zum anderen darauf, dass die Nachprüfungen, die wie im vorliegenden Fall auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 durchgeführt werden, keine Ausübung von Zwangsbefugnissen beinhalten, die ausschließlich durch die nationalen Behörden im Fall eines Rückgriffs auf das Verfahren nach Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung ausgeübt werden dürfen.

    37.

    Unter diesen Umständen ist meines Erachtens die Feststellung des Gerichts nicht zu beanstanden, wonach, wenn die Gesellschaften und die Geschäftsräume, die einer Nachprüfung unterzogen werden, in der Nachprüfungsentscheidung nicht namentlich bezeichnet sind, die Begründung dieses Beschlusses jedoch leicht und somit ohne übermäßigen Interpretationsaufwand den Schluss zulässt, welche juristischen Personen und Räumlichkeiten von den Nachprüfungen speziell betroffen sind, kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorliege, der beim Erlass von Maßnahmen zu beachten ist, die mit einem Eingriff in Art. 7 der Charta einhergehen ( 14 ).

    38.

    Der EGMR hat in seinem Urteil vom 20. Dezember 2010, Société Canal Plus u. a./Frankreich ( 15 ), einen ähnlichen Ansatz gewählt, in dem er die Auffassung vertreten hat, dass der Umstand, dass eine der überprüften Gesellschaften in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, in dem Beschluss über die Genehmigung der in Rede stehenden Hausdurchsuchungen nicht genau bezeichnet werde, „die Rechtmäßigkeit des Eingriffs nicht in Frage stellt, da sich der Genehmigungsbeschluss im Allgemeinen auf die Räumlichkeiten von ‚Canal Plus‘ bezog“, und zwar „ohne Konkretisierung der Gesellschaftsform der verschiedenen insoweit betroffenen, aber zweifellos unter diese Bezeichnung fallenden Unternehmen“.

    39.

    Zum von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verweise ich darauf, dass dieses Gericht in seinem Beschluss eine Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung festgestellt hat, da der fragliche Durchsuchungsbeschluss es nicht ermögliche, die Gesellschaft zu identifizieren, deren Geschäftsräume durchsucht werden sollten, und er daher unbestimmt sei.

    40.

    Zu diesem Ergebnis ist das Bundesverfassungsgericht im Anschluss an die Feststellung gelangt, dass ein Unternehmen mit der ausschließlichen im Durchsuchungsbeschluss angegebenen Firma unter der in diesem Beschluss angegebenen Anschrift keine Räumlichkeiten nutze und dass hinsichtlich der Unternehmen, die unter dieser Adresse Büros unterhielten und deren Firmenbezeichnung aus den in diesem Beschluss verwendeten Worten mit einem daran anknüpfenden Zusatz bestehe, nicht erkennbar sei, welches dieser Unternehmen gemeint sei. Im Übrigen war es diesem Gericht zufolge nicht möglich, die Ungewissheit über die betroffene Gesellschaft unter Berücksichtigung anderer Angaben im Durchsuchungsbeschluss zu beseitigen.

    41.

    Mit dieser Entscheidung hat es daher nicht ausgeschlossen, dass die von Hausdurchsuchungen betroffene Gesellschaft, sofern der diese Durchsuchungen anordnende Rechtsakt sie nicht namentlich bezeichnet, mittelbar auf der Grundlage des Inhalts des Rechtsakts identifiziert werden kann. Allerdings hat sich das Bundesverfassungsgericht dagegen ausgesprochen, eine solche Feststellung auf der Grundlage von Angaben vorzunehmen, die aus anderen Quellen als dem fraglichen Durchsuchungsbeschluss stammten, wie etwa der Ermittlungsakte.

    42.

    Im vorliegenden Fall hat das Gericht jedoch allein aufgrund der Angaben im streitigen Beschluss festgestellt, dass die von diesem Beschluss betroffenen Gesellschaften eindeutig identifizierbar seien.

    43.

    Im Übrigen bestand eine der Ursachen für die Unsicherheit bei der genauen Bestimmung der von der Durchsuchungsanordnung betroffenen Gesellschaft, um die es in dem oben angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ging, in den fehlenden Angaben über den Tätigkeitsbereich dieser Gesellschaft. Im streitigen Beschluss werden die Märkte, auf denen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV vermutet wurde, dagegen klar angegeben, so dass der Tätigkeitsbereich der von der Nachprüfung betroffenen Unternehmen klar bestimmt werden kann.

    44.

    Mit der zweiten Rüge ihres dritten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass der Begriff „Unternehmen“, der ein wirtschaftlicher und rein funktioneller Begriff sei, der ausschließlich für die Anwendung der materiell-rechtlichen Wettbewerbsregeln wie etwa der Feststellung eines Kartells verwendet werde, der Achtung der Grundrechte, die mit dem Begriff der juristischen Person verbunden seien, nicht entgegenstehen könne. Bei Gesellschaften stehe das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung allein der juristischen Person zu und nicht dem Unternehmen, das keine Rechtspersönlichkeit habe. In diesem Zusammenhang verweisen die Rechtsmittelführerinnen auf das Urteil vom 25. Oktober 2011, Uralita/Kommission ( 16 ), in dem das Gericht ausgeführt habe, dass die Kommission, wenn sie einen Beschluss nach Art. 101 AEUV erlasse, die Person oder die Personen – natürliche oder juristische – namhaft machen müsse, die für das Verhalten des fraglichen Unternehmens verantwortlich gemacht werden könnten und gegen die deswegen Sanktionen verhängt werden könnten.

    45.

    Die von den Rechtsmittelführerinnen im Rahmen dieser zweiten Rüge vorgebrachten Argumente können die Gültigkeit des vom Gericht verfolgten Ansatzes und der Schlussfolgerung, zu der es in Rn. 144 des angefochtenen Urteils gelangt ist, nicht in Frage stellen.

    46.

    Zudem geht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen aus Rn. 145 des angefochtenen Urteils meines Erachtens klar hervor, dass das Gericht, als es vom Unternehmen als „grundlegendem Subjekt des Wettbewerbsrechts“ sprach, nicht behaupten wollte, dass dem „Unternehmen“ im Sinne des Wettbewerbsrechts und nicht den juristischen Personen, aus denen es sich zusammensetzt, das durch Erlass einer Nachprüfungsmaßnahme beschränkte Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung zustehe. Diese Erwähnung dient vielmehr der Klarstellung, wie im Hinblick auf die korrekte Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs dieses Beschlusses der Hinweis in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 dieses Beschlusses zu verstehen ist, wonach „Casino … sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften“ eine Nachprüfung zu dulden hätten.

    47.

    In diesem Zusammenhang kann der Verweis der Rechtsmittelführerinnen auf das Urteil vom 25. Oktober 2011, Uralita/Kommission ( 17 ), das eine Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wurde, und keinen Nachprüfungsbeschluss betraf, für die Rechtsmittelführerinnen, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, in keiner Weise von Nutzen sein. Die Nachprüfungen finden in einer Phase statt, in der die Kommission noch nicht über detaillierte Informationen einschließlich solcher über die Urheber der mutmaßlichen Zuwiderhandlung verfügt, und sie zunächst die Stichhaltigkeit ihres Verdachts sowie den Umfang der festgestellten Tatsachen prüfen muss, da der Zweck der Nachprüfung gerade darin besteht, Beweise für eine mutmaßliche Zuwiderhandlung zusammenzutragen.

    48.

    Mit der dritten Rüge ihres dritten Rechtsmittelgrundes wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Feststellung des Gerichts in Rn. 146 des angefochtenen Urteils, dass die fehlende Genauigkeit bei der Benennung der betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten zum ordnungsgemäßen Ablauf der Nachprüfungen beitrage. Am Beispiel der Rechtsordnungen, in denen die Benennung der Gesellschaften und/oder Räumlichkeiten verlangt werde, zeige sich, dass eine solche Genauigkeit den ordnungsgemäßen Ablauf der Hausdurchsuchungen nicht beeinträchtige.

    49.

    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass, selbst wenn das Gericht die Vorteile der fehlenden Genauigkeit bei der Benennung der von der Nachprüfung betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten für die Effizienz der Nachprüfungen falsch beurteilt oder überschätzt hätte, dies nicht ausreichen würde, um die Gültigkeit des von ihm verfolgten Ansatzes und des Ergebnisses, zu dem es in Rn. 144 des angefochtenen Urteils gelangt ist, in Frage zu stellen.

    50.

    Zum anderen ist daran zu erinnern, dass nationale Praktiken in Gesetzgebung und Rechtsprechung, selbst wenn sie allen Mitgliedstaaten gemeinsam wären, bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrags nicht vorgehen dürfen ( 18 ).

    51.

    Schließlich tragen die Rechtsmittelführerinnen mit der vierten Rüge ihres dritten Rechtsmittelgrundes vor, dass entgegen den Feststellungen des Gerichts in Rn. 147 des angefochtenen Urteils die Gefahr von Willkür, die mit der mangelnden Genauigkeit des streitigen Beschlusses in Bezug auf die gegebenenfalls von einer Nachprüfung betroffenen Personen und Räumlichkeiten einhergehe, nicht durch den Grad des subsidiären Schutzes ausgeglichen worden sei, den die etwaige Durchführung der Beschlüsse vom 17. Februar 2017 geboten habe. Das Unionsrecht müsse nämlich bereits für sich allein ausreichen, um den Einzelnen unmittelbar alle für den Schutz ihrer Grundrechte erforderlichen Garantien zu bieten, ohne sich auf Bestimmungen des nationalen Rechts zu stützen, die darüber hinaus anwendbar seien. Darüber hinaus hätten die Rechtsmittelführerinnen, damit diese Beschlüsse zur Anwendung gelangen, den Beamten der Kommission den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten verweigern müssen, wodurch diese gezwungen gewesen wären, die französischen Behörden um Tätigwerden zu ersuchen. Ein derartiger Widerstand hätte sie der Gefahr einer hohen Geldbuße ausgesetzt.

    52.

    Diese Argumentation der Rechtsmittelführerinnen beruht meines Erachtens erneut auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils. Das Gericht war nicht der Auffassung, dass der Mangel der fehlenden Spezifizierung der betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten dadurch ausgeglichen werde, dass die Räumlichkeiten, die durchsucht werden könnten, in den Beschlüssen vom 17. Februar 2017 ausdrücklich bezeichnet waren. Es hat sich auf den Hinweis beschränkt, dass die Rechtsmittelführerinnen, wenn das Eingreifen der Kommission wegen des Widerstands der Rechtsmittelführerinnen mit der Ausübung von Zwangsbefugnissen verbunden gewesen wäre, eine zusätzliche Garantie in Form einer ausdrücklichen und abschließenden Beschreibung der von der Nachprüfung betroffenen Räumlichkeiten erhalten hätten.

    53.

    Auf der Grundlage aller vorstehenden Erwägungen bin ich der Ansicht, dass der dritte Rechtsmittelgrund keinen Erfolg haben kann.

    Ergebnis

    54.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, den dritten Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) T‑249/17, EU:T:2020:458.

    ( 3 ) Sache AT.40466 – Tute 1.

    ( 4 ) Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).

    ( 5 ) Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils.

    ( 6 ) Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils.

    ( 7 ) Bundesverfassungsgericht, 16. April 2015, 2 BvR 440/14, NJW 2015, S. 2870.

    ( 8 ) In Rn. 134 des angefochtenen Urteils erwähnt das Gericht die Rechtssachen, in denen die Urteile vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission (T‑135/09, EU:T:2012:596), und vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission (T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404), ergangen sind.

    ( 9 ) C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 20.

    ( 10 ) Vgl. Urteil Deutsche Bahn, Rn. 23.

    ( 11 ) Vgl. in diesem Sinne zur Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 des Vertrags (ABl. 1962, 13, S. 204/62), Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission (46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 26).

    ( 12 ) Vgl. Urteil Deutsche Bahn, Rn. 28, sowie Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission (T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 74).

    ( 13 ) Vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, České dráhy/Kommission (C‑538/18 P und C‑539/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:53, Rn. 40).

    ( 14 ) Vgl. zu den Entscheidungen, mit denen Auskünfte angefordert werden, Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache HeidelbergCement/Kommission (C‑247/14 P, EU:C:2015:694, Nr. 42).

    ( 15 ) CE:ECHR:2010:1221JUD002940808, Rn. 52.

    ( 16 ) T‑349/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:622, Rn. 36.

    ( 17 ) T‑349/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:622, Rn. 36.

    ( 18 ) Vgl. Urteil vom 17. Januar 1984, VBVB und VBBB/Kommission (43/82 und 63/82, EU:C:1984:9, Rn. 40).

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