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Document 62020CA0447

Verbundene Rechtssachen C-447/20 und 448/20: Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 7. April 2022 (Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal Administrativo — Portugal) — Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP)/LM (C-447/20), BD, Autoridade Tributária e Aduaneira (C-448/20) (Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung [EG, Euratom] Nr. 2988/95 – Eigenmittel der Europäischen Union – Schutz der finanziellen Interessen der Union – Verfolgung von Unregelmäßigkeiten – Art. 4 – Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen – Art. 3 Abs. 1 – Verjährungsfrist für die Verfolgung – Ablauf – Möglichkeit, sich in einem Zwangsvollstreckungsverfahren darauf zu berufen – Art. 3 Abs. 2 – Frist für die Vollstreckung – Anwendbarkeit – Beginn – Unterbrechung und Aussetzung – Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten)

ABl. C 213 vom 30.5.2022, p. 11–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.5.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 213/11


Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 7. April 2022 (Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal Administrativo — Portugal) — Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP)/LM (C-447/20), BD, Autoridade Tributária e Aduaneira (C-448/20)

(Verbundene Rechtssachen C-447/20 und 448/20) (1)

(Vorlage zur Vorabentscheidung - Verordnung [EG, Euratom] Nr. 2988/95 - Eigenmittel der Europäischen Union - Schutz der finanziellen Interessen der Union - Verfolgung von Unregelmäßigkeiten - Art. 4 - Erlass verwaltungsrechtlicher Maßnahmen - Art. 3 Abs. 1 - Verjährungsfrist für die Verfolgung - Ablauf - Möglichkeit, sich in einem Zwangsvollstreckungsverfahren darauf zu berufen - Art. 3 Abs. 2 - Frist für die Vollstreckung - Anwendbarkeit - Beginn - Unterbrechung und Aussetzung - Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten)

(2022/C 213/12)

Verfahrenssprache: Portugiesisch

Vorlegendes Gericht

Supremo Tribunal Administrativo

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas IP (IFAP)

Beklagte: LM (C-447/20), BD, Autoridade Tributária e Aduaneira (C-448/20)

Tenor

1.

Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen [Union] ist dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich der Einhaltung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der der Adressat eines Bescheids über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge, der nach dem Ablauf der in dieser Bestimmung genannten Verfolgungsfrist erlassen wurde, für die Anfechtung dieses Bescheids innerhalb einer bestimmten Ausschlussfrist dessen Unregelmäßigkeit vor dem zuständigen Verwaltungsgericht geltend machen muss und sich im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens der zwangsweisen Beitreibung nicht mehr unter Berufung auf diese Unregelmäßigkeit gegen die Vollstreckung dieses Bescheids wehren kann.

2.

Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass er in den einzelstaatlichen Rechtsordnungen unmittelbare Wirkung hat, ohne dass nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich wären. Daraus folgt, dass sich der Adressat eines Bescheids über die Rückforderung zu Unrecht erhaltener Beträge jedenfalls auf den Ablauf der in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Vollstreckungsfrist oder gegebenenfalls einer gemäß Art. 3 Abs. 3 dieser Verordnung verlängerten Vollstreckungsfrist berufen können muss, um sich gegen die zwangsweise Beitreibung dieser Beträge zu wehren.

3.

Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die von ihm festgelegte Vollstreckungsfrist ab dem Erlass eines Bescheids, mit dem die Rückzahlung zu Unrecht erhaltener Beträge angeordnet wird, zu laufen beginnt; diese Frist muss an dem Tag zu laufen beginnen, an dem dieser Bescheid rechtskräftig wird, d. h. am Tag des Ablaufs der Rechtsbehelfsfristen oder der Erschöpfung des Rechtswegs.

4.

Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die im ersten Unterabsatz dieses Absatzes vorgesehene Vollstreckungsfrist durch die Mitteilung über die zwangsweise Beitreibung der Schuld, die Gegenstand eines Rückforderungsbescheids ist, unterbrochen wird.


(1)  ABl. C 443 vom 21.12.2020.


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