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Document 62019CO0418

Beschluss des Gerichtshofs (Zehnte Kammer) vom 29. Januar 2020.
Silgan Closures GmbH und Silgan Holdings, Inc. gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Wettbewerb – Art. 101 AEUV – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Markt für Metallverpackungen – Verordnung (EG) Nr. 773/2004 – Art. 2 Abs. 1 – Beschluss zur Einleitung des Verfahrens – Nichtigkeitsklage – Unzulässigkeit – Nicht anfechtbare Handlung – Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz – Teils offensichtlich unzulässiges und teils offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel.
Rechtssache C-418/19 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:43

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

29. Januar 2020(*) 

„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Wettbewerb – Art. 101 AEUV – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Markt für Metallverpackungen – Verordnung (EG) Nr. 773/2004 – Art. 2 Abs. 1 – Beschluss zur Einleitung des Verfahrens – Nichtigkeitsklage – Unzulässigkeit – Nicht anfechtbare Handlung – Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz – Teils offensichtlich unzulässiges und teils offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel“

In der Rechtssache C‑418/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 29. Mai 2019,

Silgan Closures GmbH mit Sitz in München (Deutschland),

Silgan Holdings Inc. mit Sitz in Stamford (Vereinigte Staaten),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Wollmann, D. Seeliger, R. Grafunder und V. Weiss,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis (Berichterstatter) sowie der Richter M. Ilešič und C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Silgan Closures GmbH und die Silgan Holdings, Inc. die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 15. März 2019, Silgan Closures und Silgan Holdings/Kommission (T‑410/18, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2019:166). Mit diesem Beschluss hat das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 2466 final der Kommission vom 19. April 2018 als unzulässig abgewiesen, mit dem sie ein Verfahren nach Art. 101 AEUV in der Sache AT.40522 – Pandora (im Folgenden: streitiger Kommissionsbeschluss) eingeleitet hatte.

 Rechtlicher Rahmen

2        Im 32. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) heißt es:

„Das Recht der beteiligten Unternehmen, von der [Europäischen] Kommission gehört zu werden, sollte bestätigt werden. Dritten, deren Interessen durch eine Entscheidung betroffen sein können, sollte vor Erlass der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, und die erlassenen Entscheidungen sollten auf breiter Ebene bekannt gemacht werden. ...“

3        Art. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt: „Zur Anwendung der Artikel [101] und [102 AEUV] verfügt die Kommission über die in dieser Verordnung vorgesehenen Befugnisse.“

4        Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht vor: „Die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten sind für die Anwendung der Artikel [101] und [102 AEUV] in Einzelfällen zuständig.“

5        Art. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet: „Die einzelstaatlichen Gerichte sind für die Anwendung der Artikel [101] und [102 AEUV] zuständig.“

6        Art. 11 („Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten“) Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet:

„Leitet die Kommission ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung nach Kapitel III ein, so entfällt damit die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Artikel [101] und [102 AEUV]. Ist eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats in einem Fall bereits tätig, so leitet die Kommission ein Verfahren erst ein, nachdem sie diese Wettbewerbsbehörde konsultiert hat.“

7        In Art. 25 („Verfolgungsverjährung“) Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 heißt es:

„Die Verjährung der Befugnis zur Festsetzung von Geldbußen oder Zwangsgeldern wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission oder der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats unterbrochen. ...“

8        Der 10. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008 (ABl. 2008, L 171, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 773/2004) lautet:

„Um die Verteidigungsrechte der Unternehmen zu wahren, sollte die Kommission den Parteien rechtliches Gehör gewähren, bevor sie eine Entscheidung trifft.“

9        Art. 2 („Einleitung eines Verfahrens“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 bestimmt:

„Die Kommission kann jederzeit die Einleitung eines Verfahrens zum Erlass einer Entscheidung gemäß Kapitel III der Verordnung ... Nr. 1/2003 beschließen; dieser Beschluss muss jedoch vor der Versendung einer vorläufigen Beurteilung gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung ... Nr. 1/2003, vor der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, vor der Aufforderung an die Parteien, ihr Interesse an der Aufnahme von Vergleichsgesprächen zu bekunden, oder vor dem Datum der Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß Artikel 27 Absatz 4 der genannten Verordnung ergehen, je nachdem, welche Handlung früher stattfindet.“

10      Art. 10a der Verordnung Nr. 773/2004 regelt das Vergleichsverfahren in Kartellfällen.

11      Die Erwägungsgründe 8, 17 und 18 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. 2004, L 24, S. 1) lauten:

„(8)      Die Vorschriften dieser Verordnung sollten für bedeutsame Strukturveränderungen gelten, deren Auswirkungen auf den Markt die Grenzen eines Mitgliedstaats überschreiten. Solche Zusammenschlüsse sollten grundsätzlich nach dem Prinzip der einzigen Anlaufstelle und im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip ausschließlich auf [Unions]ebene geprüft werden. Unternehmenszusammenschlüsse, die nicht im Anwendungsbereich dieser Verordnung liegen, fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

...

(17)      Der Kommission ist vorbehaltlich der Nachprüfung ihrer Entscheidungen durch den Gerichtshof [der Europäischen Union] die ausschließliche Zuständigkeit für die Anwendung dieser Verordnung zu übertragen.

(18)      Die Mitgliedstaaten dürfen auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht nur anwenden, soweit es in dieser Verordnung vorgesehen ist. ... Diese Verordnung kann jedoch wegen der Unterschiede zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften keine einheitliche Frist für den Erlass endgültiger Entscheidungen nach innerstaatlichem Recht vorschreiben.“

12      Art. 9 („Verweisung an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten“) Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 bestimmt:

„Ist die Kommission der Auffassung, dass unter Berücksichtigung des Marktes der betreffenden Waren oder Dienstleistungen und des räumlichen Referenzmarktes ... ein solcher gesonderter Markt und eine solche Gefahr [im Sinne von Art. 9 Abs. 2] bestehen,

a)      so behandelt sie entweder den Fall nach Maßgabe dieser Verordnung selbst oder

b)      verweist die Gesamtheit oder einen Teil des Falls an die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats, damit das Wettbewerbsrecht dieses Mitgliedstaats angewandt wird.

Ist die Kommission dagegen der Auffassung, dass ein solcher gesonderter Markt oder eine solche Gefahr nicht besteht, so stellt sie dies durch Entscheidung fest, die sie an den betreffenden Mitgliedstaat richtet, und behandelt den Fall nach Maßgabe dieser Verordnung selbst.

In Fällen, in denen ein Mitgliedstaat der Kommission ... mitteilt, dass ein Zusammenschluss in seinem Gebiet einen gesonderten Markt beeinträchtigt, der keinen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes darstellt, verweist die Kommission den gesamten Fall oder den Teil des Falls, der den gesonderten Markt betrifft, an die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats, wenn sie der Auffassung ist, dass ein gesonderter Markt betroffen ist.“

13      In Art. 21 („Anwendung dieser Verordnung und Zuständigkeit“) der Verordnung Nr. 139/2004 heißt es:

„(1)      Diese Verordnung gilt allein für Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3 …“

(2)      Vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Gerichtshof [der Europäischen Union] ist die Kommission ausschließlich dafür zuständig, die in dieser Verordnung vorgesehenen Entscheidungen zu erlassen.

(3)      Die Mitgliedstaaten wenden ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht nicht auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung an.

Unterabsatz 1 berührt nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, … nach einer Verweisung gemäß Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b) oder Artikel 9 Absatz 5 die in Anwendung des Artikels 9 Absatz 8 unbedingt erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

14      Die sich aus dem angefochtenen Beschluss ergebende Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.

15      Die Rechtsmittelführerinnen sind Gesellschaften, die u. a. auf dem Gebiet der Metallverpackungen in Form von Behältern und Verschlüssen tätig sind. Im Laufe des Jahres 2015 leitete das Bundeskartellamt (Deutschland) eine Untersuchung gegen mehrere Gesellschaften auf diesem Gebiet ein, darunter die Gesellschaften der Gruppe, zu der die Rechtsmittelführerinnen gehören. Im Rahmen dieser Untersuchung stellten die zu dieser Gruppe gehörenden Gesellschaften einen Bonusantrag und arbeiteten mit dem Bundeskartellamt zusammen, indem sie Auskünfte erteilten. Zur Vorbereitung eines Vergleichs fand am 8. September 2016 eine Besprechung zwischen den Gesellschaftsvertretern und dem Bundeskartellamt statt.

16      Mit dem streitigen Kommissionsbeschluss leitete die Kommission gegen mehrere auf dem Gebiet der Metallverpackungen tätige Gesellschaften, darunter die Rechtsmittelführerinnen, gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 ein Verfahren nach Art. 101 AEUV ein.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

17      Mit Klageschrift, die am 4. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Kommissionsbeschlusses.

18      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 14. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission die Einrede der Unzulässigkeit der Klage. Der streitige Kommissionsbeschluss stelle keine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV dar, da er keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge, die die Interessen der Rechtsmittelführerinnen durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen könnten.

19      Mit Schriftsätzen, die am 18. bzw. am 26. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, beantragten die Bundesrepublik Deutschland und der Rat der Europäischen Union, in dem Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

20      Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht die Klage der Rechtsmittelführerinnen als unzulässig abgewiesen. Der streitige Kommissionsbeschluss habe nur die einer Verfahrenshandlung zukommenden Wirkungen entfaltet und die Rechtsstellung der Rechtsmittelführerinnen, von ihrer verfahrensrechtlichen Lage abgesehen, nicht beeinträchtigt. Insoweit gehe die durch den Erlass des streitigen Kommissionbeschlusses ausgelöste Verjährungsunterbrechung nicht über die einer Verfahrenshandlung zukommenden Wirkungen hinaus, die sich ausschließlich auf die verfahrensrechtliche Lage des Unternehmens auswirkten, auf das sich die Untersuchung beziehe.

21      Darüber hinaus hat das Gericht gemäß Art. 144 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung entschieden, dass sich die Anträge der Bundesrepublik Deutschland und des Rates auf Zulassung zur Streithilfe erledigt hätten.

 Anträge der Rechtsmittelführerinnen beim Gerichtshof

22      Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen,

–        den angefochtenen Beschluss aufzuheben,

–        die von der Kommission vor dem Gericht erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen,

–        die Rechtssache zur Entscheidung in der Sache an das Gericht zurückzuverweisen und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

23      Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof ein Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

24      Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.

25      Zur Begründung ihres Rechtsmittels machen die Rechtsmittelführerinnen zunächst geltend, dass sich ein verfahrenseinleitender Beschluss wie der streitige Kommissionsbeschluss u. a. auf die Verfolgungsverjährung auswirke, und zwar sowohl gemäß Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 als auch –im vorliegenden Fall – nach deutschem Recht, wonach der Zeitraum, in dem das Bundeskartellamt wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen ahnden könne, durch Verfolgungshandlungen der Kommission verlängert werde. Die vorliegende Rechtssache sei dadurch gekennzeichnet, dass der Erlass des streitigen Kommissionsbeschlusses den Ablauf der beim Bundeskartellamt anhängigen Sache geändert und die Verfolgungsverjährung gegenüber den Rechtsmittelführerinnen nach dem anwendbaren deutschen Recht unterbrochen habe.

26      Somit könne das Bundeskartellamt, nachdem das Verfahren auf der Ebene der Europäischen Union abgeschlossen sei, seine Untersuchung gegen die Rechtsmittelführerinnen fortsetzen, ohne dass ihm die Verfolgungsverjährung entgegengehalten werden könne. Dies beeinträchtige ihre Interessen erheblich. Die Untersuchung des Bundeskartellamts habe sich nämlich nicht gegen sie, sondern gegen andere Unternehmen derselben Gruppe gerichtet, und nach deutschem Recht die Verjährung nur gegenüber diesen Unternehmen als einzige betroffene juristische Personen unterbrochen. Der streitige Kommissionsbeschluss sei somit gegenüber den Rechtsmittelführerinnen die erste verjährungsunterbrechende Handlung gewesen.

27      Nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen hätte die Nichtigerklärung des Beschlusses nach deutschem Recht zur Folge, dass eine gegen sie verhängte Sanktion ausgeschlossen wäre, zumindest in Bezug auf bestimmte vom Bundeskartellamt festgestellte Tatsachen. Das Gericht habe jedoch in der Begründung des angefochtenen Beschlusses den Auswirkungen des Kommissionbeschlusses auf die Möglichkeit, gegen die Rechtsmittelführerinnen in Deutschland Sanktionen zu verhängen, nur einen einzigen Satz in Rn. 26 gewidmet. Der angefochtene Beschluss enthalte somit mehrere – in den sechs für ihr Rechtsmittel angeführten Gründen im Einzelnen dargestellte – Rechtsfehler.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen

28      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses nicht begründet, weshalb es die Wirkungen des streitigen Kommissionsbeschlusses auf die Verjährung für rein verfahrensrechtlich gehalten habe.

29      Darüber hinaus ergebe sich aus den Rn. 24 ff. des Urteils vom 28. März 2019, Cogeco Communications (C‑637/17, EU:C:2019:263), dass Verjährungsregeln dem materiellen Recht und nicht dem Verfahrensrecht zuzuordnen seien. Dies werde durch die Richtlinie (EU) 2019/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts (ABl. 2019, L 11, S. 3) bestätigt. Diese schreibe nämlich keine rückwirkende Umsetzung ihres Art. 29 über Bestimmungen zu Verjährungsfristen für die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern vor, obwohl bei reinen Verfahrensvorschriften eine sofortige Anwendung die Regel wäre.

 Würdigung durch den Gerichtshof

30      Als Erstes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht mit dem ersten Rechtsmittelgrund vor, nicht begründet zu haben, warum es die Wirkungen des streitigen Kommissionsbeschlusses auf die Verjährung für rein verfahrensrechtlich gehalten habe. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung aus der Begründung eines Urteils oder Beschlusses die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen müssen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile vom 8. Mai 2013, Eni/Kommission, C‑508/11 P, EU:C:2013:289, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014, Rn. 80).

31      Dass sich das Gericht zur Begründung seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs stützt, führt nicht dazu, dass seine Begründung unzureichend und unangemessen würde (vgl. entsprechend Beschluss vom 26. September 2019, PITEE Fogyasztóvédelmi Egyesület/Kommission, C‑358/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:794, Rn. 18). Die Begründungspflicht des Gerichts erfordert nämlich nicht, dass es bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 372, sowie vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 189).

32      Vorliegend hat das Gericht in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses zum einen festgestellt, dass „die durch den Erlass des [streitigen Kommissionsb]eschlusses ausgelöste Verjährungsunterbrechung nicht über die einer Verfahrenshandlung zukommenden Wirkungen hinaus[geht], die sich ausschließlich auf die verfahrensrechtliche Lage und nicht auf die Rechtsstellung des Unternehmens auswirken, auf das sich die Untersuchung bezieht“, und sich dabei auf Rn. 17 des Urteils vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264), gestützt. Zum anderen hat es festgestellt, dass „[d]iese Beurteilung, dass diese Wirkungen rein verfahrensrechtlicher Natur sind, ... nicht nur in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 [gilt], sondern auch in Bezug auf die Unterbrechung der Verjährung der Befugnisse der nationalen Behörden, Sanktionen zu verhängen, die gegebenenfalls im nationalen Recht vorgesehen sind“.

33      Somit geht aus dieser Rn. 26 hervor, dass das Gericht seine darin dargelegten Erwägungen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs gestützt hat, die in Bezug auf einen Rechtsakt entwickelt wurde, mit dem die Kommission beschlossen hatte, ein Verfahren in Anwendung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), mittlerweile ersetzt durch die Verordnung Nr. 1/2003, einzuleiten. Nach dieser Rechtsprechung gehen die Wirkungen einer Verjährungsunterbrechung, die aufgrund der Einleitung eines solchen Verfahrens eintritt, nicht über die einer Verfahrenshandlung zukommenden Wirkungen hinaus und wirken sich, von der verfahrensrechtlichen Lage des betreffenden Unternehmens abgesehen, nicht auf seine Rechtsstellung aus.

34      Damit hat das Gericht den Grund für die betreffenden Erwägungen im Sinne der in den Rn. 30 und 31 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung klar und eindeutig angegeben. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses in diesem Punkt unzureichend sei, ist daher als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

35      Als Zweites rügen die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass die durch den Erlass des streitigen Kommissionbeschlusses ausgelöste Verjährungsunterbrechung nicht über die einer Verfahrenshandlung zukommenden Wirkungen hinausgehe, die sich ausschließlich auf die verfahrensrechtliche Lage des Unternehmens auswirkten, auf das sich die Untersuchung beziehe. Hierzu ist Folgendes festzustellen: Zum einen stützt das Urteil vom 28. März 2019, Cogeco Communications (C‑637/17, EU:C:2019:263), das sie hierfür anführen und in dem es darum ging, ob eine nationale Regelung über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen Verstößen gegen Wettbewerbsvorschriften mit dem Unionsrecht vereinbar war, ihre Auffassung nicht.

36      In den Rn. 24 bis 33 des Urteils, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen stützen, hat der Gerichtshof nämlich zunächst festgestellt, dass nach Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. 2014, L 349, S. 1) die nationalen Vorschriften, die erlassen werden, um den materiell-rechtlichen Vorschriften der Richtlinie zu entsprechen, nicht rückwirkend gelten. Er hat somit im Wesentlichen festgestellt, dass solche nationalen Vorschriften nicht gelten, bevor die Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie abgelaufen ist. Anschließend hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der betreffende nationale Gesetzgeber gemäß dem ihm mit Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie insoweit eingeräumten Ermessen entschieden hatte, dass die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Verfahrensvorschriften der Richtlinie nicht auf Schadensersatzklagen anwendbar sind, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist erhoben wurden. Schließlich hat der Gerichtshof aus diesen Erwägungen den Schluss gezogen, dass die Richtlinie 2014/104 „jedenfalls“ zeitlich nicht in der Rechtssache galt, in der das Urteil erging.

37      Somit hat der Gerichtshof in dem Urteil die Verjährungsregelungen nicht als materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Vorschriften eingeordnet. Folglich können die Rechtsmittelführerinnen daraus kein sachdienliches Argument zur Stützung ihres in Rn. 35 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebenen Vorbringens entnehmen.

38      Zum anderen ist auch die Tatsache, dass die Richtlinie 2019/1 keine rückwirkende Umsetzung ihres Art. 29 vorschreibt, eindeutig nicht geeignet, den behaupteten Rechtsfehler zu belegen. Dass für alle Bestimmungen der Richtlinie eine einheitliche Umsetzungsfrist vorgesehen wurde, stellt nämlich keine Grundlage dafür dar, die Regelungen in Art. 29 als verfahrensrechtliche oder materiell-rechtliche Vorschriften einzuordnen, und somit auch nicht dafür, die Begründetheit des Vorbringens der Rechtsmittelführerinnen festzustellen.

39      Dieser zweite Teil des Vorbringens der Rechtsmittelführerinnen ist daher offensichtlich unbegründet, so dass der erste Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen

40      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, jedenfalls sei die in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses dargelegte Auffassung des Gerichts verfehlt, wonach Maßnahmen der Kommission, die sich ausschließlich auf die verfahrensrechtliche Lage eines Klägers auswirkten, nicht mit einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV angefochten werden könnten.

41      Art. 263 AEUV sei im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) auszulegen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus den Urteilen vom 18. März 2010, Alassini u. a. (C‑317/08 bis C‑320/08, EU:C:2010:146), sowie vom 15. September 2016, Star Storage u. a. (C‑439/14 und C‑488/14, EU:C:2016:688), ergebe sich jedoch, dass das durch Art. 47 der Charta garantierte Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz auch dann zu beachten sei, wenn es um „verfahrensrechtliche Nachteile“ gehe, die dann gegebenenfalls zu beseitigen seien, um zu gewährleisten, dass das in diesem Artikel verankerte Recht gewahrt werde.

42      Das Gericht und der Gerichtshof hätten im Übrigen mehrfach entschieden, dass eine Nichtigkeitsklage, die ausschließlich darauf gerichtet sei, den Kläger vor einer Verletzung seiner Verfahrensrechte zu schützen, zulässig sei. So hätten sie zum einen anerkannt, dass ein Unternehmen eine Nichtigkeitsklage gegen eine Maßnahme der Kommission erheben könne, mit der ein Beschwerdeverfahren auf dem Gebiet staatlicher Beihilfen eingestellt werde, oder gegen eine Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV nicht einzuleiten.

43      Zum anderen habe es das Gericht zugelassen, dass eine Klage gegen eine gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 139/2004 ergangene Entscheidung der Kommission erhoben werden könne, mit der der Fall eines angemeldeten Zusammenschlusses an eine nationale Behörde verwiesen werde, da das betroffene Unternehmen sich im Rahmen eines anderen Verfahrens vor einer anderen Behörde erklären müsse. Der vorliegende Fall sei vergleichbar, da der streitige Kommissionsbeschluss für das betroffene Unternehmen zu einem Wechsel der zuständigen Behörde, der Verfahrensregeln und der Rechtsordnung führe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

44      Als Erstes ist, soweit die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügen, das Gericht habe in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses einen Rechtsfehler begangen, indem es Art. 47 der Charta bei seiner Auslegung des Begriffs „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV nicht berücksichtigt habe, auf Folgendes hinzuweisen: Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zielt Art. 47 der Charta nicht darauf ab, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem und insbesondere die Bestimmungen über die Zulässigkeit direkter Klagen bei den Unionsgerichten zu ändern, wie auch aus den Erläuterungen zu Art. 47 hervorgeht, die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta für deren Auslegung zu berücksichtigen sind. Die Auslegung des Begriffs „anfechtbare Handlung“ im Licht von Art. 47 der Charta kann daher nicht zum Wegfall dieser Zulässigkeitsvoraussetzung führen, ohne dass die den Unionsgerichten durch den AEU-Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden (Urteile vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 97, sowie vom 25. Oktober 2017, Rumänien/Kommission, C‑599/15 P, EU:C:2017:801, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Insoweit lässt sich den von den Rechtsmittelführerinnen angeführten und in Rn. 41 des vorliegenden Beschlusses genannten Urteilen offensichtlich kein sachdienliches Gegenargument entnehmen, da sie mit Art. 263 AEUV nichts zu tun haben.

46      Soweit die Rechtsmittelführerinnen ihren zweiten Rechtsmittelgrund auf die Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Zulässigkeit bestimmter – in Rn. 42 des vorliegenden Beschlusses genannter – Klagen auf dem Gebiet staatlicher Beihilfen stützen, genügt als Zweites der Hinweis, dass sich diese Rechtsprechung auf den folgenden Umstand gründet: Stellt die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten, durch eine Entscheidung aufgrund von Art. 108 Abs. 3 AEUV und Art. 4 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) fest, dass eine staatliche Maßnahme keine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe ist, so können die Personen, denen die Verfahrensgarantien, die in Art. 108 Abs. 2 AEUV zugunsten der Beteiligten vorgesehen sind, zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor den Unionsgerichten anzufechten. Aus diesen Gründen erklären diese daher eine Klage auf Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung, die von einem Beteiligten im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, für zulässig, wenn der Kläger mit der Klageerhebung die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (Urteil vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Aus den gleichen Gründen hat der Gerichtshof zudem auch eine Nichtigkeitsklage für zulässig gehalten, die ein Beschwerdeführer gegen eine Handlung der Kommission erhoben hatte, mit der sie das von ihm in Gang gesetzte Vorprüfungsverfahren deswegen beendet hatte, weil die durchgeführte Untersuchung nicht den Schluss auf das Bestehen einer Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV erlaubt habe. Denn durch diese Handlung hat es die Kommission implizit abgelehnt, das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, und somit den durch die Verfahrensgarantien gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV geschützten Personen auch die Möglichkeit genommen, deren Beachtung durchzusetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 52, 53 und 61).

48      Dagegen hat eine Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 nicht die Wirkung, den Adressaten ihre Verfahrensrechte zu nehmen. Vielmehr soll die Ausgestaltung dieses Verfahrens es den betroffenen Unternehmen gerade ermöglichen, ihren Standpunkt zur Kenntnis zu bringen und die Kommission möglichst umfassend zu informieren, bevor sie eine Entscheidung trifft, die die Interessen der Unternehmen beeinträchtigt. Damit sollen zu ihren Gunsten verfahrensmäßige Garantien geschaffen und, wie sich aus dem 32. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 sowie aus dem 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 773/2004 ergibt, das Recht der Unternehmen gewährleistet werden, von der Kommission angehört zu werden (vgl. entsprechend Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 14), worauf das Gericht übrigens in Rn. 17 des angefochtenen Beschlusses zutreffend hingewiesen hat.

49      Mit der Rechtsprechung zu staatlichen Beihilfen, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen berufen, lässt sich der von ihnen behauptete Rechtsfehler somit offenkundig nicht belegen.

50      Als Drittes kann der streitige Kommissionsbeschluss einer Entscheidung über eine Verweisung an die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht gleichgestellt werden. Wie aus Art. 21 Abs. 1 und 3 sowie aus den Erwägungsgründen 8, 17 und 18 dieser Verordnung hervorgeht, ist für die Kontrolle von Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der Verordnung grundsätzlich ausschließlich die Kommission zuständig, und für diese Kontrolle gelten ausschließlich die Bestimmungen des Unionsrechts auf dem Gebiet der Fusionskontrolle.

51      In diesem Rahmen begründet eine Entscheidung über eine Verweisung an eine nationale Behörde gemäß Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 die Zuständigkeit der betreffenden nationalen Behörde, über den Fall oder den Teil des Falls, mit dem sie befasst wurde, zu entscheiden, und berechtigt die Behörde zudem, auf den Fall oder den Teil des Falls, mit dem sie befasst wurde, ihr nationales Wettbewerbsrecht anzuwenden. Eine solche Entscheidung wirkt sich demnach auf die Rechtsstellung der betroffenen Unternehmen aus, da dadurch insbesondere der Fall oder der Teil des Falls, der verwiesen wurde, einem anderen materiellen Kontrollkriterium als dem nach Unionsrecht geltenden unterworfen wird.

52      Im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 beruht dagegen, wie aus ihren Art. 4 bis 6 hervorgeht, die Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV auf den parallelen Zuständigkeiten der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden sowie gegebenenfalls der nationalen Gerichte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Januar 2016, DHL Express [Italien] und DHL Global Forwarding [Italien], C‑428/14, EU:C:2016:27, Rn. 58, sowie vom 23. November 2017, Gasorba u. a., C‑547/16, EU:C:2017:891, Rn. 23). Eine Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 begründet daher nicht die Zuständigkeit der Kommission zur Anwendung von Art. 101 AEUV, da diese Zuständigkeit nicht vom Erlass einer solchen Entscheidung abhängt, und führt auch nicht zu einer Änderung des anwendbaren materiellen Kontrollkriteriums.

53      Demzufolge ist der zweite Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen

54      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beanstanden die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses auch insoweit einen Rechtsfehler begangen, als es die Verjährungsunterbrechung nach Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 mit der nach deutschem Recht gleichgesetzt habe. Das Gericht habe so den Standpunkt eingenommen, dass der streitige Kommissionsbeschluss und die anschließende Fortsetzung des Verfahrens vor dem Bundeskartellamt ein und dieselbe rechtliche Einheit bildeten. Diese Beurteilung stehe jedoch im Widerspruch zum Urteil vom 20. Januar 2016, DHL Express (Italy) und DHL Global Forwarding (Italy) (C‑428/14, EU:C:2016:27), wonach die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden im Rahmen paralleler Zuständigkeiten unabhängig handelten.

55      Wenn das Kommissionsverfahren und das Verfahren vor dem Bundeskartellamt getrennte Prozesse darstellten, sei ein juristisches „Rosinenpicken“ in Bezug auf die wechselseitigen Querwirkungen zwischen den beiden Verfahren nicht statthaft. Da die unionsrechtlichen und die nationalen Kronzeugenregelungen voneinander unabhängig seien, müsse für die Bestimmungen über die Verjährungsunterbrechung das Gleiche gelten. Die Auswirkungen des streitigen Kommissionsbeschlusses auf das in Deutschland eingeleitete Verfahren stellten folglich einen zusätzlichen Gesichtspunkt dar, der über die Rechtswirkungen der bloßen Verfahrenseinleitung durch die Kommission hinausgehe. Dies habe das Gericht in dem angefochtenen Beschluss verkannt.

 Würdigung durch den Gerichtshof

56      Zwar hat das Gericht – wie in Rn. 32 des vorliegenden Beschlusses bereits dargelegt – in Rn. 26 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass seine Beurteilung, dass die Wirkungen der Verjährungsunterbrechung, die infolge des Erlasses des streitigen Kommissionsbeschlusses eingetreten sei, rein verfahrensrechtlicher Natur seien, nicht nur in Bezug auf die Unterbrechung der Verjährung nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 gelte, „sondern auch in Bezug auf die Unterbrechung der Verjährung der Befugnisse der nationalen Behörden, Sanktionen zu verhängen, die gegebenenfalls im nationalen Recht vorgesehen sind“.

57      Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass das Gericht damit entschieden hätte, dass das Verfahren, das durch den streitigen Kommissionsbeschluss eingeleitet wurde, und das vom Bundeskartellamt nach dessen Abschluss möglicherweise gegen die Rechtsmittelführerinnen eingeleitete Verfahren ein und dieselbe rechtliche Einheit bilden. Das Gericht hat sich nämlich mit diesen Erwägungen auf die Feststellung beschränkt, dass sich die Unterbrechung einer Verjährungsfrist auf die Situation des betreffenden Unternehmens rein verfahrensrechtlich auswirke, unabhängig davon, ob es sich um die unionsrechtliche Unterbrechungswirkung handele oder, wie im vorliegenden Fall, um eine im nationalen Recht vorgesehene.

58      Der dritte Rechtsmittelgrund, dem somit eindeutig ein Fehlverständnis des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegt, ist als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen

59      Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass sie die Wirkungen des streitigen Kommissionsbeschlusses auf das in Deutschland eingeleitete Verfahren durch keinen anderen Rechtsbehelf als eine dagegen erhobene Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV beseitigen könnten. Folglich habe ihnen das Gericht ihr Grundrecht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gemäß Art. 47 der Charta entzogen, indem es ihre Klage für unzulässig erklärt habe.

60      Nach deutschem Recht hänge die Unterbrechung der Verjährung einer Verfolgung ihnen gegenüber nur davon ab, dass die Kommission mit einem Verfahren in der gleichen Sache befasst sei und bestimmte konkrete Handlungen vorgenommen, d. h. hier den streitigen Kommissionsbeschluss erlassen habe. Die Frage, ob die Kommission dazu befugt gewesen sei, werde von den deutschen Behörden oder Gerichten nicht geprüft. Folglich erhielten sie in dieser Hinsicht vor den nationalen Gerichten keinen Schutz.

61      Auch ihr Recht, eine Nichtigkeitsklage gegen die von der Kommission zu erlassende endgültige Entscheidung zu erheben, gewährleiste ihnen insoweit keinen effektiven und vollständigen gerichtlichen Rechtsschutz. Werde das durch den streitigen Kommissionsbeschluss eingeleitete Verfahren nicht abgeschlossen, da die Kommission den Fall ohne Erlass einer Entscheidung einstelle, gebe es keinen Rechtsakt, der es ihnen ermögliche, die aufgrund des Eingreifens der Kommission auf nationaler Ebene eingetretene Unterbrechung anzufechten. Ferner würde ihnen, selbst wenn die Kommission eine endgültige Entscheidung erlassen sollte, eine dagegen gerichtete Klage keinen vollständigen Rechtsschutz gewähren, da eine solche endgültige Entscheidung nicht die Frage betreffe, ob die Kommission bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung für die Behandlung der Sache zuständig gewesen sei. Selbst wenn die Unionsgerichte eine solche endgültige Entscheidung für nichtig erklären sollten, bliebe die Frage der Rechtmäßigkeit der Verfahrenseinleitung ungeklärt, und die Rechtsmittelführerinnen wären weiterhin der verlängerten Verjährungsfrist nach deutschem Recht ausgesetzt.

 Würdigung durch den Gerichtshof

62      Als Erstes machen die Rechtsmittelführerinnen mit dem vierten Rechtsmittelgrund erneut geltend, das Gericht habe, indem es ihre Klage als unzulässig abgewiesen habe, gegen Art. 47 der Charta verstoßen. Hierzu genügt der Hinweis, dass Art. 47 der Charta nach der in Rn. 44 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung nicht darauf abzielt, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem – insbesondere die Bestimmungen über die Zulässigkeit direkter Klagen bei den Unionsgerichten – zu ändern. Infolgedessen ist der vierte Rechtsmittelgrund insoweit als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

63      Als Zweites tragen die Rechtsmittelführerinnen, wie in den Rn. 60 und 61 des vorliegenden Beschlusses dargelegt, im Wesentlichen vor, dass es deshalb möglich sein müsse, den streitigen Kommissionsbeschluss mit einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV anzufechten, weil das deutsche Recht keine Möglichkeit vorsehe, die Verjährungsunterbrechung anzufechten, die infolge des Erlasses dieses Beschlusses eingetreten sei. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass, wenn die Kommission am Ende des Verwaltungsverfahrens eine Entscheidung erlassen sollte, die die Interessen der Rechtsmittelführerinnen berührt, diese nach Art. 263 AEUV mit einer Klage vor Gericht angefochten werden könnte, in deren Rahmen die Rechtsmittelführerinnen alle sachdienlichen Klagegründe geltend machen könnten.

64      Insoweit unterliegt, wie aus Art. 263 AEUV hervorgeht, die Frage der Zuständigkeit des Urhebers des Rechtsakts der Kontrolle, die die Unionsgerichte im Rahmen einer solchen Klage ausüben. Daher ist es dann Sache der Unionsgerichte, zu prüfen, ob im Laufe des Verwaltungsverfahrens Verstöße begangen wurden und ob diese sich auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung auswirken, die die Kommission am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassen hat (vgl. entsprechend Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 24).

65      Was zum anderen das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft, sie verfügten über keine Möglichkeit, die auf nationaler Ebene eingetretene Verjährungsunterbrechung anzufechten, wenn die Kommission die Sache einstelle, ohne eine Entscheidung zu erlassen, genügt der Hinweis, dass die von den Rechtsmittelführerinnen insoweit behauptete Unzulänglichkeit nationaler Rechtsbehelfe – abgesehen davon, dass sie nicht nachgewiesen ist – als solche keine Auswirkung auf den Begriff „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV haben kann.

66      Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher als insgesamt offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen

67      Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass der streitige Kommissionsbeschluss auch andere eigenständige Wirkungen entfalte, die mit einer Klage gegen die endgültige Entscheidung nicht rückgängig gemacht werden könnten. So entscheide die Kommission mit ihrem verfahrenseinleitenden Beschluss, welche Sanktionsregelung anwendbar sei, d. h. vorliegend die im Unionsrecht für einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorgesehene Sanktionsregelung, die nicht mit den im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sanktionsregelungen harmonisiert sei.

68      Darüber hinaus habe eine solche Entscheidung Auswirkungen auf die Unternehmen, die in einem laufenden nationalen Verfahren bereits mit einer Wettbewerbsbehörde zusammengearbeitet hätten. Im vorliegenden Fall hätten die Rechtsmittelführerinnen keinen Grund gehabt, einen Bonusantrag bei der Kommission zu erwägen, nachdem das Bundeskartellamt das Verfahren in Deutschland eingeleitet habe. Denn die Zuweisung der Sache sei damit abgeschlossen gewesen, und im Rahmen der Sache habe eine Gesellschaft derselben Gruppe uneingeschränkt kooperiert und sich damit das Recht „erarbeitet“, im Rahmen einer Geldbußenentscheidung des Bundeskartellamts günstiger behandelt zu werden, als es ohne eine solche Kooperation der Fall wäre. Der streitige Kommissionsbeschluss nehme den Rechtsmittelführerinnen diesen begünstigten Status und ihr diesbezügliches Vertrauen.

69      Diese Gesichtspunkte würden in dem angefochtenen Beschluss nicht in Frage gestellt. In dessen Rn. 20 und 21 habe das Gericht jedoch festgestellt, dass die Wirkungen von Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 für das verfolgte Unternehmen nicht nachteilig, sondern vorteilhaft seien. Dies wäre jedoch nur dann der Fall gewesen, wenn der streitige Kommissionsbeschluss dem in Deutschland eingeleiteten Verfahren dauerhaft und endgültig die Grundlage entzogen hätte. Wie jedoch aus dem Urteil vom 14. Februar 2012, Toshiba Corporation u. a. (C‑17/10, EU:C:2012:72), hervorgehe, sei dies nicht der Fall gewesen. Die geltende Verjährungsregel stelle sogar sicher, dass das Bundeskartellamt nicht an zeitliche Beschränkungen gebunden sei, die ihm sonst entgegengehalten werden könnten.

70      Die Rechtsmittelführerinnen verfügten durch die theoretische Möglichkeit, eine endgültige Entscheidung der Kommission anzufechten, nur über unzureichenden gerichtlichen Rechtsschutz. Die Tatsache, dass sie die Zuständigkeit der Kommission nur im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die endgültige Entscheidung anfechten könnten, nehme ihnen nämlich die Möglichkeit, sich gemäß Art. 10a der Verordnung Nr. 773/2004 an einem Vergleichsverfahren zu beteiligen. Eine nach dieser Bestimmung ergangene Entscheidung könnten die Unternehmen nämlich nicht vor dem Gericht anfechten, da sie kein Rechtsschutzinteresse begründen könnten. Auch deswegen sei der streitige Kommissionsbeschluss unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls als anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV einzustufen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

71      Aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs geht hervor, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss. Andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig. Ein Rechtsmittel oder ein Rechtsmittelgrund, das bzw. der nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und Argumente wiedergibt, aber keinerlei Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil oder der angefochtene Beschluss behaftet sein soll, genügt diesem Erfordernis nicht. Ein solches Rechtsmittel oder ein solcher Rechtsmittelgrund zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels fällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 51, sowie vom 26. Januar 2017, Villeroy & Boch/Kommission, C‑625/13 P, EU:C:2017:52, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Mit dem fünften Rechtsmittelgrund beschränken sich die Rechtsmittelführerinnen jedoch im Wesentlichen – und ohne speziell einen Rechtsfehler aufzuzeigen, den das Gericht insoweit begangen haben soll – darauf, verschiedene bereits im ersten Rechtszug angeführte Gesichtspunkte geltend zu machen, aus denen sich ergebe, dass ihre Klage vom Gericht für zulässig hätte erklärt werden müssen, obwohl diese Gesichtspunkte im Wesentlichen in den Rn. 23 bis 25, 27 und 28 des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen wurden. Dieser fünfte Rechtsmittelgrund ist daher insoweit als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

73      Ferner hat das Gericht, soweit die Rechtsmittelführerinnen die Rn. 20 und 21 des angefochtenen Beschlusses beanstanden, in Rn. 20 Folgendes festgestellt: „[D]ie in Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Folge ..., dass mit der Einleitung des Verfahrens, auf das sich der [streitige Kommissionsb]eschluss bezieht, die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung von Art. 101 AEUV im Hinblick auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt entfällt, [schützt] die Klägerinnen ... vor paralleler Verfolgung durch diese Behörden“, und „[d]iese Folge beeinträchtigt ihre Interessen somit nicht“. Hierbei hat es auf Rn. 18 des Urteils vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264), verwiesen.

74      In Rn. 21 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht weiter ausgeführt: „Diese Feststellung gilt nicht nur, wenn bisher keine nationale Behörde ein Verfahren auf dem betreffenden Gebiet eingeleitet hat, sondern auch und erst recht, wenn eine nationale Behörde ein solches Verfahren bereits eingeleitet hat und ihre Zuständigkeit gemäß Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 entfällt. Wenn nämlich der Beschluss über die Einleitung eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV die Rechtsstellung des betreffenden Unternehmens nicht beeinträchtigt, wenn es bis zu diesem Zeitpunkt nicht Gegenstand eines anderen Verfahrens gewesen ist, so gilt dies umso mehr, wenn es bereits Gegenstand einer von einer nationalen Behörde geführten Untersuchung geworden ist.“

75      Nach dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen hat das Gericht mit diesen Feststellungen einen Rechtsfehler begangen, da es nicht berücksichtigt habe, dass der Verlust der Zuständigkeit des Bundeskartellamts für sie wegen der Wirkung der Verjährungsunterbrechung auf nationaler Ebene, die dem streitigen Kommissionsbeschluss nach deutschem Recht zukomme, nachteilig sei. Dieses Vorbringen beruht jedoch auf der Prämisse, dass die Unterbrechungswirkung über die einer Verfahrenshandlung, die ausschließlich ihre verfahrensrechtliche Lage betrifft, zukommenden Wirkungen hinausgeht. Aus der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes ergibt sich jedoch, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht nachgewiesen haben, dass diese Prämisse zutrifft. Dieses Vorbringen ist daher ebenfalls als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

76      Der fünfte Rechtsmittelgrund ist somit als teils offensichtlich unzulässig und teils offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen

77      Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht ihnen in Rn. 18 des angefochtenen Beschlusses ihr Klagerecht gemäß Art. 263 AEUV mit der Begründung verwehrt habe, dass es die von ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen nicht vorzeitig beantworten wolle. Damit habe es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta verstoßen, wonach Einschränkungen der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur vorgenommen werden dürften, wenn sie erforderlich seien und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprächen.

78      Insoweit komme es maßgeblich darauf an, ob das Gericht, wenn es die Begründetheit der Klage geprüft hätte, tatsächlich über Fragen hätte entscheiden müssen, deren Klärung Gegenstand des anhängigen Verwaltungsverfahrens vor der Kommission gewesen sei, so dass die Gefahr einer Vermischung des verwaltungsbehördlichen und des gerichtlichen Verfahrens bestanden hätte. Nur wenn das Gericht eine solche Gefahr konkret festgestellt hätte, hätte es rechtmäßig davon ausgehen können, dass es, wenn es die bei ihm eingereichte Klage zugelassen hätte, Fragen hätte beurteilen müssen, zu denen die Kommission noch nicht habe Stellung nehmen können. Eine solche Gefahr habe vorliegend jedoch nicht bestanden.

79      Die durch die Klage im ersten Rechtszug aufgeworfene Rechtsfrage sei einfach die gewesen, ob die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, wie sie in Art. 5 EUV vorgeschrieben seien, auch dann zu beachten seien, wenn die Kommission gemäß Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 über die Fallverteilung entscheide. Eine bejahende Antwort auf diese Frage hätte zur Nichtigerklärung des streitigen Kommissionsbeschlusses geführt, ohne dass das Gericht eine Tatsachenfrage hätte prüfen müssen, da der Beschluss insoweit keine Begründung enthalten habe. Die vom Gericht in Rn. 18 des angefochtenen Beschlusses geäußerten Befürchtungen seien daher nicht berechtigt.

80      Die Frage, ob die gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen, die manche der vom Bundeskartellamt beschuldigten Unternehmen im Laufe des Jahres 2017 vorgenommen hätten, unter dem Aspekt der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eine Umverteilung des Falls zur Kommission rechtfertigten, sei ebenfalls eine Rechtsfrage. Die Befürchtung des Gerichts, dass das dem streitigen Kommissionsbeschluss nachfolgende Verwaltungsverfahren und das gerichtliche Verfahren durcheinandergebracht würden, sei folglich ebenso wenig gerechtfertigt.

 Würdigung durch den Gerichtshof

81      In Rn. 18 des angefochtenen Beschlusses, der einzigen Randnummer, die Gegenstand des sechsten Rechtsmittelgrundes ist, hat das Gericht festgestellt, dass eine gegen die Einleitung eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV gerichtete Nichtigkeitsklage, wenn sie für zulässig erklärt würde, „den Unionsrichter ... zur Entscheidung über Fragen zwingen [könnte], zu denen die Kommission sich noch nicht hat äußern können; sie würde damit der Erörterung der sachlichen Probleme vorgreifen und die verschiedenen Phasen des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens durcheinanderbringen“. Daraus hat es für eine solche Nichtigkeitsklage geschlossen: „Sie wäre daher mit der im [AEU-]Vertrag vorgesehenen Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und dem Unionsrichter und dem Rechtsschutzsystem des Vertrags sowie mit den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege und eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verwaltungsverfahrens der Kommission unvereinbar“. Hierbei hat es auf Rn. 20 des Urteils vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264), verwiesen.

82      Dazu ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerinnen, soweit sie im Wesentlichen argumentieren, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Nichtigkeitsklagen gemäß Art. 263 AEUV ihr Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz unverhältnismäßig einschränkten, erneut geltend machen, das Gericht habe mit seiner oben wiedergegebenen Feststellung in Rn. 18 gegen dieses Recht verstoßen. Aus der in Rn. 44 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass eine solche Argumentation als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

83      Soweit die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen, dass es den Standpunkt eingenommen habe, es würde, wenn es ihre Klage zuließe, einer Erörterung der sachlichen Probleme vorgreifen, obwohl es bei konkreter Prüfung der Klage hätte feststellen können, dass eine solche Gefahr der Vorwegnahme vorliegend nicht bestanden habe und daher die Unzulässigkeit ihrer Klage nicht rechtfertige, ist als Zweites festzustellen, dass das Gericht zwar in Rn. 18 des angefochtenen Beschlusses die in Rn. 81 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebenen Feststellungen getroffen hat. Aus einer Gesamtbetrachtung des angefochtenen Beschlusses ergibt sich jedoch, dass das Gericht die Unzulässigkeit der bei ihm erhobenen Klage hauptsächlich damit begründet hat, dass der streitige Kommissionsbeschluss keine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV darstelle, da er keine verbindliche Rechtswirkungen erzeuge, die die Interessen der Rechtsmittelführerinnen durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen könnten. Die in Rn. 18 dargelegten Erwägungen sind demnach keine tragenden Gründe, so dass das Vorbringen als offensichtlich ins Leere gehend zurückzuweisen ist.

84      Der sechste Rechtsmittelgrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.

85      Da keiner der von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt als teils offensichtlich unzulässig und teils offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

86      Gemäß Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden. Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der anderen Partei des Verfahrens zugestellt worden ist und ihr dadurch Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerinnen ihre eigenen Kosten tragen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird als teils offensichtlich unzulässig und teils offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

2.      Die Silgan Closures GmbH und die Silgan Holdings Inc. tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 29. Januar 2020

Der Kanzler

 

Der Präsident der Zehnten Kammer

A. Calot Escobar

 

I. Jarukaitis


*      Verfahrenssprache: Deutsch.

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