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Document 62019CJ0933

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 11. November 2021.
Autostrada Wielkopolska S.A. gegen Europäische Kommission und Republik Polen.
Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Konzession für eine gebührenpflichtige Autobahn – Gesetz, das eine Befreiung bestimmter Fahrzeuge von Mautgebühren vorsieht – Dem Konzessionär durch den Mitgliedstaat gewährter Ausgleich für entgangene Einnahmen – Schattenmaut – Ausgleich, der nach Ansicht der Europäischen Kommission zu hoch ist und eine Beihilfe umfasst – Beschluss der Kommission, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Verfahrensrechte des Beihilfeempfängers – Verpflichtung der Kommission, besondere Wachsamkeit walten zu lassen – Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ – Vorteil – Erwartete Verbesserung der finanziellen Lage des Konzessionärs – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers – Verfälschung von Beweismitteln – Fehlen einer Begründung – Verfälschung des streitigen Beschlusses – Auswechslung der Begründung – Umkehr der Beweislast – Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts – Vom Gericht vorzunehmende gerichtliche Kontrolle – Verpflichtungen und Grenzen.
Rechtssache C-933/19 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:905

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

11. November 2021 ( *1 )

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Konzession für eine gebührenpflichtige Autobahn – Gesetz, das eine Befreiung bestimmter Fahrzeuge von Mautgebühren vorsieht – Dem Konzessionär durch den Mitgliedstaat gewährter Ausgleich für entgangene Einnahmen – Schattenmaut – Ausgleich, der nach Ansicht der Europäischen Kommission zu hoch ist und eine Beihilfe umfasst – Beschluss der Kommission, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Verfahrensrechte des Beihilfeempfängers – Verpflichtung der Kommission, besondere Wachsamkeit walten zu lassen – Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ – Vorteil – Erwartete Verbesserung der finanziellen Lage des Konzessionärs – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers – Verfälschung von Beweismitteln – Fehlen einer Begründung – Verfälschung des streitigen Beschlusses – Auswechslung der Begründung – Umkehr der Beweislast – Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts – Vom Gericht vorzunehmende gerichtliche Kontrolle – Verpflichtungen und Grenzen“

In der Rechtssache C‑933/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 20. Dezember 2019,

Autostrada Wielkopolska S.A. mit Sitz in Poznań (Polen), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt O. Geiss und T. Siakka, dikigoros,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Armati, K. Herrmann und S. Noë als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna und M. Rzotkiewicz als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer A. Arabadjiev (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin I. Ziemele sowie der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Autostrada Wielkopolska S.A. (im Folgenden: AW) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. Oktober 2019, Autostrada Wielkopolska/Kommission (T‑778/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:756), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2018/556 der Kommission vom 25. August 2017 über die von Polen durchgeführte staatliche Beihilfe SA.35356 (2013/C) (ex 2013/NN, ex 2012/N) zugunsten von Autostrada Wielkopolska (ABl. 2018, L 92, S. 19, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wurde vom Gericht in den Rn. 1 bis 37 des angefochtenen Urteils dargestellt und lässt sich für die Zwecke des Rechtsmittelverfahrens wie folgt zusammenfassen.

3

Am 10. März 1997 erteilte die Republik Polen AW im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung die Konzession für den Bau und den Betrieb eines Abschnitts der Autobahn A 2 zwischen Nowy Tomyśl (Polen) und Konin (Polen) (im Folgenden: betreffender Abschnitt der Autobahn A 2) für einen Zeitraum von 40 Jahren.

4

Gemäß dem am 12. September 1997 unterzeichneten Konzessionsvertrag (im Folgenden: Konzessionsvertrag) verpflichtete sich AW dazu, für den Bau und den Betrieb des betreffenden Abschnitts der Autobahn A 2 auf eigene Kosten und eigenes Risiko eine Fremdfinanzierung aufzunehmen, und erhielt als Gegenleistung das Recht, von den Nutzern Mautgebühren zu erheben. Dieser Vertrag gestattete es ihr auch, die Mautsätze zu erhöhen, um ihre Einnahmen im Rahmen der durch die Fahrzeugklasse vorgegebenen Höchstsätze zu maximieren.

5

Nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2004 setzte die Republik Polen die Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. 1999, L 187, S. 42) in polnisches Recht um. Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie sieht vor, dass für die Benutzung ein und desselben Straßenabschnitts nicht gleichzeitig Mautgebühren und Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen.

6

Daher verabschiedete das polnische Parlament die Ustawa o zmianie ustawy o autostradach płatnych oraz o Krajowym Funduszu Drogowym oraz ustawy o transporcie drogowym (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über mautpflichtige Autobahnen und den Nationalen Straßenfonds sowie des Straßenverkehrsgesetzes) vom 28. Juli 2005 (Dz. U. Nr. 155, Position 1297, im Folgenden: Gesetz vom 28. Juli 2005). Mit diesem Gesetz wurde die doppelte Gebührenerhebung für Lkw für die Benutzung ein und desselben Straßenabschnitts aufgehoben. Dementsprechend wurden Lkw im Besitz einer Vignette (Mautkarte) für die Benutzung von Landesstraßen in Polen ab dem 1. September 2005 von den Mautgebühren auf Autobahnen, die von Konzessionsverträgen erfasst sind, befreit.

7

Gemäß dem Gesetz vom 28. Juli 2005 sollte der Nationale Straßenfonds den Konzessionären für die Einnahmeeinbußen durch die Mautbefreiung einen Ausgleich zahlen. Dieses Gesetz bestimmte, dass die Konzessionäre Anspruch auf einen Ausgleich in Höhe von 70 % des Betrags haben, der sich aus der Multiplikation der tatsächlichen Anzahl von Fahrten von Lkw mit Vignette mit der für jede Lkw-Klasse mit den Konzessionären ausgehandelten Schattenmaut ergibt. Die durch dieses Gesetz festgelegte Reduzierung auf 70 % diente dazu, die nach der Mautbefreiung erwartete Erhöhung des Verkehrs von Lkw auf gebührenpflichtigen Autobahnen auszugleichen. Das Gesetz sah auch vor, dass die Sätze für die Schattenmaut die geltenden Sätze für die entsprechende Fahrzeugklasse nicht überschreiten dürfen. Schließlich legte es fest, dass die Ausgleichsmethode in jedem einzelnen Konzessionsvertrag bestimmt werden soll.

8

Im Fall von AW wurden die Ausgleichsmethode und die Schattenmautsätze nach Verhandlungen mit den polnischen Behörden in Anlage 6 zum Konzessionsvertrag (im Folgenden: Anlage 6) festgelegt, die am 14. Oktober 2005 angenommen wurde.

9

Die Republik Polen hat erklärt, die in Anlage 6 vorgesehene Ausgleichsmethode beruhe auf dem Prinzip, dass sich die erwartete finanzielle Lage des Konzessionärs nach dem Gesetz vom 28. Juli 2005 nicht habe ändern dürfen. Um dieses Ziel zu erreichen, habe der erwartete interne Zinsfuß (im Folgenden: interner Zinsfuß) für die Investition von AW in den betreffenden Abschnitt der Autobahn A 2 auf dem Niveau bleiben müssen, auf dem er ohne die Gesetzesänderung, d. h. ohne den sich aus dem Gesetz vom 28. Juli 2005 ergebenden Einnahmeverlust, geblieben wäre.

10

Die Parteien, die die Anlage 6 unterzeichneten (im Folgenden: Vertragsparteien), vereinbarten, dass der Ausgleich nach einem zweistufigen Verfahren berechnet werden sollte, dem Finanzmodelle zugrunde liegen, die den tatsächlichen und den voraussichtlichen Cashflow zeigen und die Berechnung des internen Zinsfußes ermöglichen. Auf der ersten Stufe mussten die Sätze der von der Republik Polen an AW zu zahlenden Schattenmaut bestimmt werden. Auf der zweiten Stufe sollten diese Sätze spätestens am 30. November 2007 überprüft und gegebenenfalls geändert werden.

11

So wurden auf der ersten Stufe die Schattenmautsätze auf der Grundlage der drei folgenden, von AW vorgelegten Finanzmodelle festgelegt:

Das Grundmodell zeigte die finanzielle Lage von AW zum Zeitpunkt des Finanzabschlusses 2000 und legte eine reale Mauterhebung vom Beginn bis zum Ablauf der Konzession zugrunde; der interne Zinsfuß betrug 10,62 %;

das Realmautmodell beschrieb die finanzielle Lage von AW ab Dezember 2004 ohne eine Befreiung von Lkw von der Maut; der interne Zinsfuß belief sich auf 10,77 %;

das Vignettenmodell beschrieb die finanzielle Lage von AW ab Juni 2005 bei einer Befreiung von Lkw von der Maut. Bei diesem Modell ergaben sich die Einnahmen aus dem Ausgleich in Form einer Schattenmaut für Lkw und aus der tatsächlichen Erhebung der Maut für andere Fahrzeuge. Die Schattenmautsätze wurden auf die nach dem Konzessionsvertrag zulässigen Höchstwerte festgesetzt. Der interne Zinsfuß betrug 8,20 %.

12

Auf der Grundlage dieser Finanzmodelle zeigte AW, dass der interne Zinsfuß von 10,77 % des Realmautmodells selbst bei Anwendung der Höchstsätze für die Schattenmaut nicht erreicht werden würde. Aus diesem Grund setzte sie die Schattenmautsätze auf die nach dem Konzessionsvertrag zulässigen Höchstwerte fest.

13

Ab dem 1. September 2005 wurden Lkw mit einer Vignette von der Maut befreit, und AW erhielt einen monatlichen Ausgleich, der auf der Grundlage der Zahl der betreffenden Lkw, die die Autobahn befuhren, und der vereinbarten Schattenmautsätze berechnet wurde.

14

Auf der zweiten Stufe mussten die Vertragsparteien die Entwicklung des Lkw-Verkehrs nach der Mautbefreiung überprüfen und die Schattenmautsätze entsprechend anpassen, um zu vermeiden, dass überhöhte oder unzureichende Ausgleichszahlungen geleistet werden. AW hatte ein aktualisiertes Finanzmodell (im Folgenden: Prüfmodell) vorzulegen, das die Auswirkungen dieser Sätze auf die grundlegenden Finanzindikatoren des Konzessionsvertrags, darunter den internen Zinsfuß, zeigt. Falls der interne Zinsfuß des Prüfmodells den internen Zinsfuß des Realmautmodells überschreiten sollte, sollten die Sätze der Schattenmaut gesenkt werden, um den zu hohen Ertrag zu beseitigen. Sollte sich der interne Zinsfuß des Prüfmodells dagegen als niedriger erweisen als der des Realmautmodells, sollten die betreffenden Sätze erhöht werden.

15

Im Jahr 2007 legte AW das Prüfmodell vor. In diesem Modell betrug der interne Zinsfuß im Juni 2006 9,20 %. In dem zugehörigen von AW vorgelegten Prüfbericht wurde vorgeschlagen, die Schattenmautsätze zu erhöhen.

16

Mit Schreiben vom 28. November 2007 setzte die Generalna Dyrekcja dróg krajowych i autostrad (Generaldirektion für Landesstraßen und Autobahnen, Polen) AW davon in Kenntnis, dass sie die vorgeschlagenen angepassten Schattenmautsätze angesichts von Zweifeln an der Richtigkeit der für Anlage 6 zugrunde gelegten Annahmen ablehne. Ungeachtet dieses Schreibens erhielt AW gemäß den Bestimmungen dieser Anlage weiterhin monatliche Schattenmautzahlungen. Am 13. November 2008 erklärte der polnische Minister für Infrastruktur sodann, dass er sich nicht mehr an Anlage 6 gebunden fühle, wobei er u. a. geltend machte, die entsprechende Vereinbarung irrtümlich geschlossen zu haben.

17

Nach Ansicht der Republik Polen hatte AW den internen Zinsfuß im Realmautmodell überbewertet, indem sie überholte Prognosen über den Verkehr und die Einnahmen zugrunde gelegt habe. AW habe eine vom Beratungsunternehmen Wilbur Smith Associates (WSA) im Jahr 1999 erstellte Studie zum Verkehr und zu den Einnahmen (im Folgenden: WSA-Studie von 1999) verwendet statt der verfügbaren aktuelleren Studie von Juni 2004 (im Folgenden: WSA-Studie von 2004). Dem vom polnischen Ministerium für Infrastruktur bei der Gesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) in Auftrag gegebenen Bericht vom 24. September 2010 (im Folgenden: PwC‑Bericht) zufolge würde sich der interne Zinsfuß laut Realmautmodell durch die Verwendung der Verkehrs- und Einnahmeprognosen aus der WSA-Studie von 2004 anstelle der WSA-Studie von 1999 von 10,77 % auf 7,42 % verringern.

18

Nach Meinung des polnischen Ministers für Infrastruktur erhielt AW demnach zu hohe Ausgleichszahlungen aus der Schattenmaut. Da sich AW weigerte, die von der Republik Polen geforderte Überkompensation zurückzuzahlen, beantragte der Minister die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zur Rückforderung der Überkompensation.

19

Zeitgleich focht AW den Rücktritt von Anlage 6 an, indem sie die Streitsache vor ein Schiedsgericht brachte. Mit Schiedsspruch vom 20. März 2013 (im Folgenden: Schiedsspruch) entschied das Schiedsgericht zugunsten von AW und stellte fest, dass diese Anlage gültig sei und die Republik Polen sich an ihre Bestimmungen halten müsse. Mit Urteil vom 26. Januar 2018 wies der Sąd Okręgowy w Warszawie, I Wydział Cywilny (Bezirksgericht Warschau, Erste Kammer für Zivilsachen, Polen) das Rechtsmittel des polnischen Ministers für Infrastruktur gegen den Schiedsspruch zurück. Gegen dieses Urteil wurde ein Rechtsmittelverfahren vor dem Sąd Apelacyjny w Warszawie (Berufungsgericht Warschau, Polen) eingeleitet.

20

Die Anwendung der Ausgleichsregelung in Form einer Schattenmaut endete am 30. Juni 2011 mit der Einführung eines elektronischen Mauterhebungssystems durch die Republik Polen, das die Vignette ersetzte.

21

Am 31. August 2012 meldete die Republik Polen bei der Europäischen Kommission eine Maßnahme in Form einer Schattenmaut als Ausgleichszahlung an AW wegen der Einnahmeverluste durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 an.

22

Am 20. September 2014 beschloss die Kommission, hinsichtlich der angemeldeten Maßnahme ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten (im Folgenden: Einleitungsbeschluss). Dieser Beschluss wurde am 20. September 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2014, C 328, S. 12) veröffentlicht.

23

Am 25. August 2017 erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

24

Erstens vertrat die Kommission, was das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe betrifft, die Auffassung, dass AW wegen der durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgenommenen Änderungen, durch die ihr die Möglichkeit genommen worden sei, eine Maut bei Lkw zu erheben, Anspruch auf einen Ausgleich gehabt habe, dass AW aber, soweit ein entsprechender Ausgleich ihre erwartete finanzielle Lage dadurch verbessert habe, dass er den Ausgleich für die unmittelbaren Folgen der durch dieses Gesetz vorgenommenen Änderungen überstiegen habe, einen ungerechtfertigten Vorteil erhalten habe, der eine staatliche Beihilfe darstelle.

25

In Bezug auf das Realmautmodell war die Kommission der Ansicht, dass AW die verfügbaren aktuellen Verkehrs- und Einnahmeprognosen aus der WSA-Studie von 2004 hätte heranziehen müssen. Im Vergleich zur WSA-Studie von 1999 enthalte die WSA-Studie von 2004 erheblich geringere Verkehrszahlen für die Fahrzeugklassen 2 und 3 sowie viel geringere optimale Realmautsätze für die Fahrzeugklassen 2 bis 4. Die Verwendung der WSA-Studie von 1999 für das Realmautmodell habe zu einem höheren internen Zinsfuß geführt als dem, der zum Zeitpunkt der durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgenommenen Änderungen vernünftigerweise habe erwartet werden können. Dies habe zu einer Überkompensation in Form von höheren Schattenmautzahlungen geführt.

26

Was die Überprüfung der Schattenmautsätze betrifft, war die Kommission der Ansicht, dass die Republik Polen die mit der Verkehrsentwicklung in der Zeit von der Einführung des Schattenmautsystems bis zur Überprüfung von 2007 verbundenen Risiken auf sich genommen habe. Sie akzeptierte diesen Überprüfungsmechanismus jedoch mit der Begründung, dass er es ermöglicht habe, die Schattenmautsätze so festzusetzen, dass die Zahlung eines überhöhten Ausgleichs habe verhindert werden können. Die Kommission wies auch darauf hin, dass die Überprüfung nach einem im Vergleich zur Gesamtlaufzeit des Konzessionsvertrags begrenzten Zeitraum durchgeführt worden sei, der aber insofern tatsächlich angemessen gewesen sei, als er es den Vertragsparteien ermöglicht habe, die erforderlichen Verkehrsdaten zu sammeln und auf dieser Grundlage verlässliche Verkehrsprognosen abzugeben.

27

Zur Berechnung der Überkompensation vertrat die Kommission die Auffassung, dass das von PwC aktualisierte und von ihr in ihrem Bericht verwendete Realmautmodell (im Folgenden: PwC‑Realmautmodell) die Verkehrs- und Einnahmeprognosen der WSA-Studie von 2004 enthalte und die zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes vom 28. Juli 2005 aktualisierten Prognosen korrekt wiedergebe. Sie erkannte an, dass der interne Zinsfuß von 7,42 % des PwC‑Realmautmodells als der interne Zinsfuß angesehen werden könne, mit dem AW unmittelbar vor den durch dieses Gesetz vorgenommenen Änderungen habe rechnen können. Im Vergleich zum internen Zinsfuß von 7,42 % des PwC‑Realmautmodells sei der von AW im Rahmen der Verhandlungen verwendete interne Zinsfuß von 10,77 % zu hoch. Auch der interne Zinsfuß von 8,20 % nach dem Vignettenmodell liege über den 7,42 %.

28

Die Kommission stellte fest, dass PwC zur Ermittlung der Überkompensation für den Zeitraum von September 2005 bis Oktober 2007, der der Überprüfung vorausging, das Vignettenmodell zur Neuberechnung der Schattenmautsätze verwendet habe, die ab September 2005 hätten angewandt werden müssen, um einen internen Zinsfuß von 7,42 % zu erreichen. Der auf der Grundlage der neu berechneten Schattenmautsätze bestimmte Ausgleichsbetrag sei mit den tatsächlich an AW geleisteten Zahlungen verglichen worden. Die Überkompensation in diesem Zeitraum habe sich auf rund 64,7 Mio. Euro belaufen.

29

Die Kommission stellte fest, dass PwC zur Ermittlung der Überkompensation für den Zeitraum nach der Überprüfung, von November 2007 bis Juni 2011, das Prüfmodell benutzt habe, um die Schattenmautsätze neu zu berechnen, um einen internen Zinsfuß von 7,42 % zu erreichen. Der auf der Grundlage der neu berechneten Schattenmautsätze bestimmte Ausgleichsbetrag sei mit den tatsächlich an AW geleisteten Zahlungen verglichen worden. Die Überkompensation in diesem Zeitraum habe sich auf rund 159 Mio. Euro belaufen.

30

Das Vorbringen von AW, das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers sei erfüllt, wies die Kommission zurück.

31

Zweitens war die Kommission der Ansicht, dass die Republik Polen das in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehene Verbot nicht beachtet habe, da AW der Ausgleich noch vor der Anmeldung dieser Maßnahme bei der Kommission zur Verfügung gestellt worden sei, und dass die gewährte Beihilfe demzufolge rechtswidrig sei. Außerdem kam sie zu dem Ergebnis, dass diese Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, so dass sie zurückgefordert werden müsse, um die vor ihrer Gewährung auf dem Markt bestehende Situation wiederherzustellen.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

32

Mit Klageschrift, die am 28. November 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob AW Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

33

AW stützte ihre Klage im Wesentlichen auf sechs Klagegründe, mit denen sie Folgendes rügte: erstens eine Verletzung des Rechts auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren, zweitens einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV wegen Verwendung eines falschen Kriteriums bei der Beurteilung des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils und einer offensichtlich fehlerhaften Anwendung dieses Kriteriums, drittens einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV wegen fehlerhafter Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers und einer unzureichenden Begründung, viertens den Umstand, dass die Kommission ihre Schlussfolgerung hinsichtlich der Unvereinbarkeit der Beihilfe auf fehlerhafte Erwägungen gestützt habe, fünftens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Berechnung der Höhe der staatlichen Beihilfe und sechstens einen Begründungsmangel des streitigen Beschlusses.

34

Das Gericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang abgewiesen.

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

35

AW beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben,

den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären oder die Sache an das Gericht zurückzuverweisen,

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

36

Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und AW die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

37

AW stützt ihr Rechtsmittel auf vier Gründe.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

38

Mit dem ersten Rechtsmittelgrund, der sich auf die Verfahrensrechte von AW bezieht, werden ein Rechtsfehler, eine Verfälschung von Beweisen und ein Begründungsmangel gerügt. Die Kommission tritt dem Vorbringen von AW entgegen, schlägt dem Gerichtshof aber auch vor, diesen Rechtsmittelgrund unter Auswechslung der Begründung zurückzuweisen.

Vorbringen der Parteien

– Zum Vorbringen von AW im Rechtsmittelverfahren

39

AW meint, das Gericht habe in Rn. 60 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die Kommission sie nicht angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt habe, was eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift darstelle, die für sich allein zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses hätte führen müssen. Dagegen habe es in Rn. 61 des angefochtenen Urteils zu Unrecht behauptet, dass für die Nichtigerklärung dieses Beschlusses der Nachweis erforderlich sei, dass die rechtliche Analyse der Kommission ohne ein solches Versäumnis anders hätte ausfallen können. Damit habe das Gericht ein falsches rechtliches Kriterium angewandt und somit einen Rechtsfehler begangen. Im Übrigen seien die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 63, 64, 67 und 68 des angefochtenen Urteils unzureichend und widersprüchlich und beruhten auf einer Verfälschung der Beweise.

40

In diesem Zusammenhang weist AW zunächst darauf hin, dass in den Erwägungsgründen 76 bis 78 des Einleitungsbeschlusses festgestellt werde, dass die Schattenmaut nach den jüngsten Verkehrsprognosen zu berechnen sei und dass die Kommission die WSA-Studie von 2004 als die jüngste Studie ermittelt habe. In ihrer Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss habe AW indessen die 2005 von der Gesellschaft Faber Maunsell erstellte Studie (im Folgenden: FM-Studie von 2005) als die jüngste angegeben. Die Kommission und die Republik Polen hätten die Relevanz dieser Studie während des Zeitraums erörtert, für den das Gericht festgestellt habe, dass AW erneut in die Lage hätte versetzt werden müssen, Stellung nehmen zu können. Hätte AW Beweise dafür beibringen können, dass diese Studie entgegen dem Standpunkt, den die Kommission nach diesem Austausch eingenommen habe, verwendbar gewesen sei, hätte die Kommission sie als die jüngste Studie berücksichtigen müssen, und der interne Zinsfuß unmittelbar vor den durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgenommenen Änderungen (im Folgenden: interner Zinsfuß der Realmaut) hätte demnach in Höhe von 8,2 % oder höher festgelegt werden können, so dass es weder einen Vorteil noch eine staatliche Beihilfe gegeben und das Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

41

Sodann habe das Gericht in Rn. 67 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von AW verfälscht, das sich in Wirklichkeit darauf bezogen habe, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, zu den Argumenten der Republik Polen Stellung zu nehmen. Sollte diese Randnummer dahin zu verstehen sein, dass die FM-Studie von 2005 in den Erwägungen der Kommission nicht berücksichtigt worden sei, wäre im Übrigen davon auszugehen, dass das Gericht den Inhalt des streitigen Beschlusses verfälscht habe und sich in Anbetracht seiner Äußerung, die Kommission habe die jüngsten Daten verwenden wollen, widersprochen habe. Sollte diese Randnummer hingegen dahin zu verstehen sein, dass im Rahmen der Verfahrensrechte von AW eine allgemeine Unterscheidung zwischen „positiven Erklärungen“ (die WSA-Studie von 2004 sei „die jüngste“) und „negativen Erklärungen“ (die FM-Studie von 2005 sei nicht zu berücksichtigen) der Kommission zu treffen sei, wäre davon auszugehen, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe.

42

Schließlich hätte das Verfahren auch dann zu einem anderen Ergebnis führen können, wenn AW Gelegenheit gehabt hätte, zu dem angeblich kurzfristigen Charakter des in Anlage 6 vorgesehenen Schattenmautsystems Stellung zu nehmen, insbesondere unter Berufung auf den Widerspruch dieser Erwägung zu Art. 4 dieser Anlage. Zwar werde diese Erwägung in dem streitigen Beschluss nicht erwähnt, doch habe die Kommission sie im ersten Rechtszug unter Hinweis darauf angeführt, dass aufgrund der – angeblich – kurzfristigen Natur des in Anlage 6 vorgesehenen Schattenmautsystems jedes Inflationsrisiko oder Wechselkursrisiko von begrenzter Bedeutung sei. Da die Kommission hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht nichts anderes vorgetragen habe, sei davon auszugehen, dass sie diese Erwägung bereits im Verwaltungsverfahren angeführt habe.

43

Die Kommission entgegnet zunächst, dass die Erwägung von AW, wonach die Beteiligung am Verwaltungsverfahren den Charakter eines wesentlichen Formerfordernisses habe, auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe. Im Übrigen stelle das Recht der Beteiligten, angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt zu werden, im Gegensatz zu dem wesentlichen Formerfordernis, das darin bestehe, die Beteiligten durch die Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses zur Stellungnahme aufzufordern, kein solches wesentliches Formerfordernis dar, sondern ein subjektives Recht, dessen Umfang von der speziellen Situation des betreffenden Beteiligten und den Umständen des Einzelfalls abhängen könne. Wenn der Umstand, dass dem Begünstigten keine erneute Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, als Verfahrensfehler anzusehen wäre – was nach Ansicht der Kommission nicht der Fall ist –, dann wäre das vom Gericht in den Rn. 61 ff. des angefochtenen Urteils angewandte Kriterium demzufolge korrekt.

44

Zu dem in Rn. 40 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen von AW trägt die Kommission vor, AW schlage keine andere rechtliche Argumentation vor, sondern nur ein anderes Ergebnis, weil für dieselben Berechnungen andere Zahlen herangezogen worden seien, womit nicht belegt werden könne, dass das Gericht die Beweismittel offensichtlich verfälscht habe. AW mache somit geltend, dass, wenn sie an dem Austausch mit der Republik Polen beteiligt worden wäre, die Analyse der Kommission zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Mit diesem Vorbringen werde in Wirklichkeit eine Tatsachenwürdigung beanstandet, was der vom Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren vorgenommenen Kontrolle entzogen sei.

45

Zu dem in den Rn. 41 und 42 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen von AW weist die Kommission darauf hin, dass in der Begründung des angefochtenen Urteils nicht auf jedes vor dem Gericht vorgetragene Argument einzeln eingegangen werden müsse, dass der Vorwurf, einen von der Rechtsmittelführerin nicht geltend gemachten Gesichtspunkt nicht erwähnt zu haben, kein stichhaltiger Rechtsmittelgrund sei und dass das in den Rn. 41 und 42 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Vorbringen daher neben der Sache liege. Außerdem räume AW ein, dass in dem streitigen Beschluss nicht auf die geltend gemachte kurzfristige Natur des in Anlage 6 vorgesehenen Schattenmautsystems Bezug genommen werde. Das Gericht habe insoweit schlicht den Schluss gezogen, dass das verfahrensbezogene Argument von AW ins Leere gehe, weil der Punkt, in Bezug auf den sie ein Recht auf Anhörung geltend mache, nicht Teil der Begründung des streitigen Beschlusses sei.

46

Die Republik Polen macht geltend, AW habe entgegen ihrem Vorbringen nach der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses im Rahmen eines der Kommission am 27. Januar 2015 übermittelten Schreibens und von Besprechungen mit der Kommission am 24. November 2015 und am 21. März 2017 schriftliche und mündliche Stellungnahmen abgeben können. Angesichts dessen, dass die Beihilfeempfänger nur Beteiligte des Verfahrens seien und das Vorgehen der Kommission im Verwaltungsverfahren nicht eigenständig anfechten könnten, dass der Einleitungsbeschluss keine zu berichtigenden Fehler enthalte und dass die Republik Polen während des förmlichen Prüfverfahrens keine neuen Beweise vorgelegt habe, habe die Kommission AW eine weit über ihre Verpflichtungen hinausgehende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Insbesondere habe AW zur Relevanz und zu den Auswirkungen der FM-Studie von 2005 auf die Methode zur Berechnung des internen Zinsfußes Stellung nehmen können, als sie sie der Kommission vorgelegt habe, doch habe sie es sowohl vor der Kommission als auch vor dem Gericht vorgezogen, auf die WSA-Studie von 1999 Bezug zu nehmen.

– Zum Antrag der Kommission auf Auswechslung der Begründung

47

Nach Ansicht der Kommission sind die Erwägungen in den Rn. 58 bis 60 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft, da AW als Begünstigte der fraglichen Beihilfemaßnahme ein „Beteiligter“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV sei, der sich nach der Rechtsprechung nicht auf die Verteidigungsrechte berufen könne, nicht wie ein Mitgliedstaat eine streitige Erörterung mit der Kommission beanspruchen könne und nur ein Recht darauf habe, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt zu werden. Das Gericht habe diese Rechtsprechung verkannt, als es entschieden habe, dass die Kommission AW erneut Gelegenheit hätte geben müssen, Stellung zu nehmen.

48

Das Gericht hätte nämlich, nachdem es in Rn. 63 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass der Einleitungsbeschluss es AW ermöglicht habe, von ihrem Recht zur Stellungnahme Gebrauch zu machen, anerkennen müssen, dass die Umstände des vorliegenden Falls die Kommission nicht verpflichteten, darüber hinauszugehen. Insbesondere könnten die divergierenden Interessen von AW und der Republik Polen es nicht rechtfertigen, AW ähnliche Rechte wie diesem Mitgliedstaat einzuräumen. Ebenso seien weder die Dauer noch die Intensität des Austauschs mit der Republik Polen ungewöhnlich gewesen und rechtfertigten es jedenfalls nicht, AW zusätzliche Rechte zuzuerkennen. Indem das Gericht den Standpunkt eingenommen habe, die Kommission hätte AW das Recht einräumen müssen, sich zur Stellungnahme dieses Mitgliedstaats äußern zu können, habe es ihr der Sache nach ein Recht auf eine kontradiktorische Erörterung zuerkannt und das Verfahren verfälscht, in dem vorgesehen sei, dass nur der jeweilige Mitgliedstaat die von den anderen Beteiligten übermittelten Informationen kommentieren könne.

49

AW trägt vor, die Kommission mache keinen Rechtsfehler geltend, sondern beschränke sich – ohne eine Verfälschung geltend zu machen – darauf, die Tatsachenwürdigung des Gerichts zu rügen, wonach die Umstände des vorliegenden Falls es erfordert hätten, dass AW eine zusätzliche Stellungnahme hätte abgeben können. Da die Kontrolle einer solchen Würdigung nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs falle und die anderen Parteien des Rechtsmittelverfahrens keine Verweisung der Rechtssache an das Gericht beantragt hätten, sei der Antrag der Kommission unzulässig und führe dazu, dass der Gerichtshof ultra petita entscheiden würde. Außerdem behandle die Kommission die verschiedenen Faktoren einzeln, während das Gericht in Rn. 58 des angefochtenen Urteils die besonderen Umstände des vorliegenden Falls zusammen behandelt habe. Ferner habe das Gericht nicht festgestellt, dass AW die Möglichkeit zur Stellungnahme zu allen mitgeteilten Informationen hätte eingeräumt werden müssen, und die bloße Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme komme insbesondere angesichts der fehlenden vollständigen Kenntnis der Akten keiner kontradiktorischen Erörterung gleich und entspreche auch nicht den Rechten, die den Mitgliedstaaten in diesem Bereich zustünden.

Würdigung durch den Gerichtshof

50

Erstens ist zu dem in den Rn. 40 und 41 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen, mit dem eine Verfälschung von Beweismitteln und ein Begründungsmangel geltend gemacht werden, darauf hinzuweisen, dass sich die Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels insbesondere darauf richtet, zu prüfen, ob das Gericht auf alle vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist (Urteil vom 22. Oktober 2014, British Telecommunications/Kommission, C‑620/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2309, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51

In Rn. 60 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass die Kommission AW unter den besonderen Umständen der Rechtssache, wie sie in Rn. 58 des angefochtenen Urteils dargelegt worden seien, erneut Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen.

52

In Rn. 61 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Tatsache, dass die Kommission AW nicht am Austausch mit der Republik Polen nach dem Einleitungsbeschluss beteiligt habe, so bedauerlich sie auch sein möge, nicht zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses führe, da die rechtliche Beurteilung der Kommission in diesem Beschluss unter den Umständen des vorliegenden Falls ohne dieses Versäumnis nicht anders hätte ausfallen können.

53

In Rn. 67 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hierzu ausgeführt, dass „das Vorbringen der Klägerin, dass der Einleitungsbeschluss im Gegensatz zum [streitigen] Beschluss die [FM-Studie von 2005] nicht erwähnt habe, nicht durchgreifen [kann, da] die Kommission … zwar im 138. Erwägungsgrund des [streitigen] Beschlusses auf diese Studie Bezug genommen [hat], aber nur, um zu der Auffassung zu gelangen, dass diese Studie zum Zweck der Berechnung des internen Zinsfußes des Projekts nicht verwendbar gewesen sei“. Die Kommission habe sich damit „darauf beschränkt, eine Studie, auf die sich die Klägerin selbst im Rahmen ihrer Stellungnahme beruft, als irrelevant zurückzuweisen. Unter diesen Umständen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, die [FM-Studie von 2005] im Einleitungsbeschluss nicht erwähnt zu haben“.

54

Mit dieser Rn. 67 sollte somit auf die Argumentation in Rn. 39 der Klageschrift eingegangen werden, die wie folgt lautete:

„… Wenn die Klägerin … über die Auffassung der Kommission informiert worden wäre, dass die [FM‑]Studie von 2005 nicht zuverlässig sei …, da sie sich ausschließlich auf die Verkehrsprognosen und nicht auf die Einnahmeprognosen habe stützen sollen, hätte die Klägerin zeigen können, dass diese Behauptung eindeutig falsch war. Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Kommission dann zu einem anderen Standpunkt zur Bedeutung der [FM‑]Studie von 2005 gelangt wäre, der sich auf ihre gesamte Beurteilung ausgewirkt hätte. In gleicher Weise hätte die Klägerin, wenn sie gewusst hätte, dass die Kommission mit den Änderungen der Finanzmodelle (der Modelle, die die Kommission vor dem Einleitungsbeschluss nicht öffnen konnte) durch PwC einverstanden war, versucht, diese Sicht zu widerlegen. Da die Kommission dem Bericht von PwC große Bedeutung beigemessen hat, können die Argumente, die die Glaubhaftigkeit dieses Berichts in Frage stellen, das Ergebnis der Untersuchung der Kommission beeinflussen.“

55

Aus Rn. 67 des angefochtenen Urteils in Verbindung mit Rn. 39 der Klageschrift, wie sie in den Rn. 53 und 54 des vorliegenden Urteils wiedergegeben sind, ergibt sich indessen, dass AW vor dem Gerichtshof zu Recht geltend macht, das Gericht habe ihr Vorbringen, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, zum Vorbringen der Republik Polen Stellung zu nehmen, verfälscht. AW hat insbesondere geltend gemacht, dass sie, wenn sie diese Möglichkeit gehabt hätte, hätte nachweisen können, dass die FM-Studie von 2005 verwendbar und relevant gewesen sei.

56

Da das Gericht in den Rn. 60 und 61 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass zum einen die Kommission AW Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen und dass zum anderen die rechtliche Beurteilung der Kommission in dem streitigen Beschluss nicht anders hätte ausfallen können, durfte es jedoch nicht davon absehen, speziell zu dem in Rn. 54 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Argument Stellung zu nehmen. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das Gericht sein Urteil insoweit unzureichend begründet hat.

57

Daher ist, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die Erwägungen des Gerichts in Rn. 67 des angefochtenen Urteils auf einer Verfälschung von Beweismitteln beruhen, festzustellen, dass diese Randnummer mit einem Rechtsfehler behaftet ist.

58

Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Verletzung des Unionsrechts in einer Entscheidung des Gerichts, wenn zwar deren Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Entscheidungsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen, und die Begründung ist durch eine andere zu ersetzen (Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C 624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 48).

59

Unter diesen Umständen ist der Antrag der Kommission auf Auswechslung der Begründung zu prüfen, mit dem die Kommission entgegen dem Vorbringen von AW geltend macht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es den Standpunkt eingenommen habe, dass AW im Verwaltungsverfahren ein zweites Mal hätte angehört werden müssen.

60

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren ist, das gegenüber dem kraft seiner unionsrechtlichen Verpflichtungen für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird. Um die Verteidigungsrechte zu wahren, darf die Kommission deshalb in ihrer Entscheidung gegen diesen Mitgliedstaat nicht Informationen heranziehen, hinsichtlich deren diesem nicht gestattet worden ist, eine Stellungnahme abzugeben (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 73).

61

Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung sind die durch staatliche Beihilfen potenziell begünstigten Unternehmen als Beteiligte anzusehen, die die Kommission in der Prüfungsphase nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zur Stellungnahme auffordern muss (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 70).

62

Diese Beteiligten können zwar keine Verteidigungsrechte geltend machen, doch haben sie das Recht, am Verwaltungsverfahren der Kommission unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 71).

63

Insbesondere aus Art. 108 Abs. 2 AEUV ergibt sich nämlich, dass die Kommission, wenn sie die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hinsichtlich einer geplanten Beihilfe beschließt, den Beteiligten, darunter dem oder den betroffenen Unternehmen, Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben muss. Diese Regel hat den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift (Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen, C‑334/07 P, EU:C:2008:709, Rn. 55).

64

Insoweit hat der Gerichtshof zu Art. 108 Abs. 2 AEUV entschieden, dass die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens ist. Diese Mitteilung dient dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen. Ein solches Verfahren gibt außerdem den Mitgliedstaaten und den betroffenen Kreisen die Gewähr, ihre Auffassung vortragen zu können (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 72).

65

Im Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen haben andere Beteiligte als der betroffene Mitgliedstaat nur die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannte Stellung und insoweit selbst keinen Anspruch auf eine kontradiktorische Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten des betroffenen Mitgliedstaats eingeleitet wird (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 74).

66

Im Übrigen hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass dann, wenn sich die rechtliche Regelung, die zum Zeitpunkt der Anmeldung eines Beihilfevorhabens eines Mitgliedstaats galt, geändert hat, bevor die Kommission ihre Entscheidung trifft, die Kommission, um entsprechend ihrer Verpflichtung auf der Grundlage der neuen Vorschriften entscheiden zu können, die Beteiligten zu einer Stellungnahme zur Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit den neuen Vorschriften auffordern muss. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die neue rechtliche Regelung gegenüber der zuvor geltenden keine wesentliche Änderung enthält (Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen, C‑334/07 P, EU:C:2008:709, Rn. 56).

67

Ein Verfahrensfehler zieht jedoch nur dann die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung eines Beschlusses nach sich, wenn der betreffende Beschluss ohne ihn nachweislich einen anderen Inhalt hätte haben können (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 80).

68

Insoweit hat der Gerichtshof in Bezug auf die Verfahrensrechte der Beteiligten bereits entschieden, dass dann, wenn sich die rechtliche Regelung ändert, nachdem die Kommission den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat und bevor die Kommission einen Beschluss über ein Beihilfevorhaben erlässt, und wenn die Kommission diesen Beschluss auf die neue rechtliche Regelung stützt, ohne die Beteiligten aufzufordern, dazu Stellung zu nehmen, das bloße Bestehen von Unterschieden zwischen der rechtlichen Regelung, bezüglich deren die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben, und derjenigen, auf die der Beschluss gestützt ist, als solches nicht zur Nichtigerklärung dieses Beschlusses führen kann. Auch wenn sich die in Rede stehenden rechtlichen Regelungen geändert haben sollten, stellt sich nämlich die Frage, ob diese Änderung in Anbetracht der für den konkreten Fall relevanten Bestimmungen dieser Regelungen geeignet war, den Inhalt des Beschlusses der Kommission zu verändern (Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 81).

69

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich insbesondere, dass es keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift darstellt, wenn die Kommission die Beteiligten nicht auffordert, zu einer Änderung der rechtlichen Regelung – wie dem Inkrafttreten von Leitlinien, die sie in einem ein Verwaltungsverfahren im Bereich staatlicher Beihilfen abschließenden Beschluss anzuwenden beabsichtigt, während des laufenden Verfahrens – Stellung zu nehmen.

70

Wie die Kommission zu Recht geltend macht, gilt diese Erwägung erst recht im vorliegenden Fall, soweit es dem Begünstigten der untersuchten Maßnahme nicht ermöglicht wurde, sich zur Stellungnahme des betreffenden Mitgliedstaats zu den von diesem Begünstigten vorgelegten Informationen zu äußern.

71

Außerdem kann es zwar, wie die Kommission einräumt, Umstände geben, unter denen die Feststellung neuer Tatsachen oder anderer als der im Einleitungsbeschluss genannten Tatsachen oder auch das Eintreten wesentlicher Änderungen des einschlägigen rechtlichen Rahmens eine stärkere Einbeziehung der Beteiligten oder gar die Veröffentlichung eines ergänzenden oder berichtigten Einleitungsbeschlusses erfordern kann, doch lässt die vorliegende Rechtssache keine dieser Situationen erkennen.

72

Insbesondere reichen die vom Gericht in den Rn. 58 und 59 des angefochtenen Urteils angeführten Umstände nicht aus, um eine Verpflichtung der Kommission nachzuweisen, AW die Möglichkeit einzuräumen, sich zur Stellungnahme der Republik Polen zu äußern, was einer streitigen Erörterung mit diesem Mitgliedstaat vor der Kommission gleichkäme.

73

Zweitens ergibt sich aus der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils getroffenen Feststellung, wonach die Umstände des vorliegenden Falls nicht ausreichen, um eine Verpflichtung der Kommission nachzuweisen, AW die Möglichkeit einzuräumen, sich zur Stellungnahme der Republik Polen zu äußern, dass das in den Rn. 39 und 42 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Vorbringen von AW, mit dem ein Rechtsfehler gerügt wird, als ins Leere gehend zurückzuweisen ist.

74

Ist nämlich, wie im vorliegenden Fall, eine solche Verpflichtung nicht nachgewiesen worden, so stellt sich nicht die Frage, ob die von der Kommission vorgenommene rechtliche Analyse anders hätte ausfallen können, wenn die Möglichkeit eingeräumt worden wäre, eine Stellungnahme des betroffenen Mitgliedstaats zu kommentieren.

75

Im Übrigen ergibt sich aus der in Rn. 67 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass das vom Gericht herangezogene rechtliche Kriterium entgegen dem Vorbringen von AW als solches nicht fehlerhaft ist.

76

Nach alledem ist dem Antrag der Kommission auf Auswechslung der Begründung stattzugeben und der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum zweiten und zum dritten Rechtsmittelgrund

77

Der zweite Rechtsmittelgrund, der das Kriterium des privaten Kapitalgebers betrifft, gliedert sich in vier Teile.

78

Der dritte Rechtsmittelgrund, der das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils betrifft, gliedert sich in zwei Teile.

Zu den ersten Teilen des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes

79

Mit dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, der sich auf die Inflations- und Wechselkursrisiken bezieht, macht AW geltend, das Gericht habe das Kriterium des privaten Kapitalgebers verkannt, die Begründung des streitigen Beschlusses durch seine eigene ersetzt und die Beweislast umgekehrt.

80

Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, der die Relevanz einer Übertragung dieser Risiken betrifft, rügt AW eine fehlerhafte Anwendung dieses Kriteriums bei der Beurteilung des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils, eine Ersetzung der Begründung des streitigen Beschlusses, eine Umkehrung der Beweislast und einen Begründungsmangel.

– Vorbringen der Parteien

81

Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes weist AW darauf hin, dass das Gericht in den Rn. 110 bis 112 und 170 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, dass ein hypothetischer privater Kapitalgeber die Übertragung der von AW im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Wechselkurs- und Inflationsrisiken nicht berücksichtigt hätte, weil sie von den Vertragsparteien nicht erörtert worden seien und die sich daraus für AW ergebenden Nachteile oder gar die sich daraus für die Republik Polen ergebenden Vorteile nicht belegt worden seien.

82

Indem das Gericht so die Prüfung auf die von den Vertragsparteien in Anlage 6 in Betracht gezogenen Optionen beschränkt habe, habe es indessen verkannt, dass sich die Prüfung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zwangsläufig auf alle Optionen beziehen müsse, die ein privater Wirtschaftsteilnehmer in einer solchen Situation vernünftigerweise in Betracht gezogen hätte. Außerdem lege ein Vertrag zwar den endgültigen Standpunkt der Vertragsparteien fest, doch führe er grundsätzlich nicht sämtliche Erwägungen an, die sie zu seinem Abschluss veranlasst hätten. Im vorliegenden Fall zeigten die Beweise in den Akten, dass die Vertragsparteien unterrichtet, von Fachleuten unterstützt und in der Lage gewesen seien, die Auswirkungen der Obergrenze für die Schattenmautsätze sowie die Unterschiede zwischen einem Schattenmautsystem und einem Realmautsystem zu erfassen. Aus den Akten gehe ferner hervor, dass diese Obergrenze in Anlage 6, im vorletzten Absatz von Nr. 4 ihres Annex 1, vorgesehen worden sei. Damit sei davon auszugehen, dass das Gericht diese Beweise verfälscht habe, da eine Vertragsbestimmung von den Parteien grundsätzlich erörtert werde.

83

Indem das Gericht entschieden habe, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, die Übertragung der Risiken zu prüfen, weil diese Risiken nicht nachgewiesen seien, habe es die Beweislast umgekehrt, da die Kommission darzutun habe, dass der Empfänger von einem hypothetischen privaten Kapitalgeber offensichtlich keine vergleichbaren Erleichterungen erhalten hätte, und sie insoweit alle Informationen zu berücksichtigen habe, die den Entscheidungsprozess eines durchschnittlich vorsichtigen und sorgfältigen privaten Wirtschaftsteilnehmers, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befinde wie der betreffende Mitgliedstaat, nicht unwesentlich beeinflussen könnten. Daher hätte die Kommission nachweisen müssen, dass ein privater Kapitalgeber die fragliche Information nicht von vornherein als relevant angesehen hätte.

84

Es sei daher Sache des Gerichts gewesen, festzustellen, ob die Kommission alle verfügbaren Informationen berücksichtigt habe und ob die Begründung des streitigen Beschlusses eine Prüfung der Übertragung der Wechselkurs- und Inflationsrisiken umfasst habe. Anstatt eine solche Prüfung vorzunehmen, fülle das angefochtene Urteil durch eine Auswechslung der Begründung eine entsprechende Lücke in dem streitigen Beschluss. Die Ausführungen in den Rn. 110 bis 112 des angefochtenen Urteils stünden nämlich in keinem Zusammenhang mit irgendeiner der Beurteilungen in diesem Beschluss.

85

Da zudem die Wechselkurs- und Inflationsrisiken unmittelbar die Höhe der geschuldeten Beträge und die Fähigkeit zur Finanzierung solcher Beträge während der gesamten Konzession beeinflussten, handele es sich offensichtlich um einen Faktor, der einen erheblichen Einfluss auf den Entscheidungsprozess eines privaten Wirtschaftsteilnehmers haben könne, so dass das Gericht das Kriterium des privaten Kapitalgebers falsch angewandt habe, indem es sich auf einen Kapitalgeber bezogen habe, der sich nicht für seine eigenen Gewinne und seine eigenen Risiken interessiere.

86

Schließlich ist AW der Ansicht, dass die Begründung in Rn. 112 des angefochtenen Urteils unzureichend sei, da aus dieser Randnummer nicht klar hervorgehe, ob das Gericht davon ausgegangen sei, dass eine Übertragung der Wechselkurs- und Inflationsrisiken auf die Republik Polen nicht nur dann erfolgt sei, wenn die Schwankungen unterhalb der vorgesehenen absoluten Obergrenze für den Schattenmautsatz lägen, sondern auch dann, wenn sie über diese hinausgingen – was nicht der Fall sei –, wobei das Gericht in diesem Fall die in den Akten enthaltenen Beweise verfälscht hätte, da aus den Akten klar hervorgehe, dass es eine absolute Obergrenze gegeben habe. Kein anderer in dieser Randnummer erwähnter Gesichtspunkt könne indessen das Ergebnis, zu dem das Gericht gelangt sei, stützen.

87

Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht AW geltend, dass die Fehler, mit denen die Beurteilung des im vorliegenden Fall anwendbaren Kriteriums des privaten Kapitalgebers durch das Gericht behaftet sei, auf allgemeinerer Ebene auch die Beurteilung des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV beträfen. Zu den Fehlern, die das Gericht in den Rn. 110 bis 112 des angefochtenen Urteils begangen habe, verweist AW auf ihr in den Rn. 81 bis 86 des vorliegenden Urteils zusammengefasstes Vorbringen, das eine fehlerhafte Anwendung dieses Kriteriums, einen Begründungsmangel, eine Auswechslung der Begründung und eine Umkehrung der Beweislast belege.

88

Außerdem habe das Gericht in den letzten beiden Sätzen der Rn. 112 des angefochtenen Urteils eine komplexe wirtschaftliche Beurteilung vorgenommen, die über seine Kontrollbefugnisse hinausgehe und dazu geführt habe, dass es seine Begründung an die Stelle derjenigen der Kommission gesetzt habe, die sich in dem streitigen Beschluss nicht für den Inhalt dieser letzten beiden Sätze interessiert habe. Die in dieser Randnummer angestellten Erwägungen könnten im Übrigen die Schlussfolgerung des Gerichts nicht stützen und verfälschten die Beweise, da Lkw 81 % der Einnahmen von AW ausmachten und das Gericht nicht erkläre, wie ein sich auf diese Einnahmen auswirkender Nachteil des Schattenmautsystems dadurch ausgeglichen werden könne, dass 19 % der Einnahmen von AW von diesem Nachteil nicht betroffen seien.

89

Da sich das Vorbringen von AW im ersten Rechtszug auf die Nachteile des Schattenmautsystems bezogen habe, die nicht in die Berechnung des internen Zinsfußes einbezogen worden seien, sich aber gleichwohl auf ihre Finanzlage auswirkten, seien die Erwägungen des Gerichts zu den Nachteilen dieses Systems, die in diese Berechnung einbezogen worden seien, demnach irrelevant. Nach Ansicht von AW kommt es darauf an, ob aus ihrer Sicht ein höherer, aber höhere Inflations- und Wechselkursrisiken aufweisender interner Zinsfuß wirtschaftlich günstiger wäre als ein niedrigerer, der aber geringere Inflations- und Wechselkursrisiken aufweise. Diese Frage könne jedoch nicht beantwortet werden, ohne die Obergrenze für die Schattenmautsätze zu beurteilen.

90

Die Kommission und die Republik Polen treten dem Vorbringen von AW entgegen. Die Kommission meint insbesondere, aus den Rn. 110 und 111 des angefochtenen Urteils ergebe sich, dass die Anlage 6 keine Erwägungen zur Zunahme der Inflations- und Wechselkursrisiken enthalte, dass somit nicht erwiesen sei, dass die Vertragsparteien eine solche Zunahme hätten berücksichtigen wollen, und dass der von AW im ersten Rechtszug mitgeteilte interne Zinsfuß des Vignettenmodells nicht so dargestellt worden sei, als enthalte er ein Element zum Ausgleich von Inflations- und Wechselkursrisiken. Außerdem sei die Behauptung, dass die Beweislast umgekehrt worden sei, unzulässig, da ihr kein rechtliches Argument beigefügt sei, das sie rechtfertigen würde. Ferner machen die Kommission und die Republik Polen geltend, dass die ersten Teile des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes unbegründet seien.

– Würdigung durch den Gerichtshof

91

Im Rahmen der ersten Teile des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes wirft AW dem Gericht vor, Beweismittel verfälscht und mehrere Rechtsfehler begangen zu haben, die sich aus der fehlerhaften Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers, einer fehlerhaften Beweislastverteilung, einer Auswechslung der Begründung und einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Urteils ergäben.

92

Was erstens die angeblichen Verfälschungen von Beweismitteln betrifft, so ist nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union allein das Gericht zuständig für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung (Urteil vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93

Folglich stellt die Tatsachenwürdigung, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94

Behauptet ein Rechtsmittelführer eine Verfälschung von Beweismitteln durch das Gericht, muss er nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben, welche Beweismittel das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Ferner muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95

Im vorliegenden Fall bezieht sich die erste von AW geltend gemachte Verfälschung auf Rn. 110 des angefochtenen Urteils, wonach „aus Anlage 6 nicht hervor[geht], dass die Vertragsparteien die behaupteten Nachteile des Schattenmautsystems, auf die sich [AW] nunmehr beruft, berücksichtigen wollten, und erst recht nicht, dass sie insoweit eine Vereinbarung getroffen haben. Diese Anlage enthält insbesondere keine Ausführungen zur Zunahme der von [AW] behaupteten Risiken“.

96

Soweit AW dem Gericht vorwirft, es habe verkannt, dass die Obergrenze für die Schattenmautsätze in Anlage 6, im vorletzten Absatz von Nr. 4 ihres Annex 1, vorgesehen sei und dass diese Vertragsklausel von den Vertragsparteien erörtert worden sei, rügt sie keine Verfälschung, sondern wendet sich in Wirklichkeit gegen die Tatsachenwürdigung des Gerichts, wonach das bloße Vorhandensein dieser Obergrenze in Ermangelung anderer stützender Umstände keiner Berücksichtigung einer Übertragung der von AW geltend gemachten Wechselkurs- und Inflationsrisiken durch die Parteien gleichkommt.

97

Daher sind, wie die Kommission zu Recht geltend macht, die dahin gehenden Forderungen von AW im Stadium des Rechtsmittelverfahrens unzulässig.

98

Die zweite von AW geltend gemachte Verfälschung betrifft Rn. 112 des angefochtenen Urteils, in der es u. a. heißt:

„… gemäß Anlage 6 [wurden] die Schattenmautsätze an die Schwankungen der Inflationsrate und des Wechselkurses angepasst und darüber hinaus alle sechs Monate ab dem 1. September 2007 um einen als ‚WWR‘ bezeichneten zusätzlichen Faktor erhöht … Mit dem Überprüfungsmechanismus nahm die Republik Polen auch die mit der Entwicklung des Verkehrs und der Einnahmen verbundenen Risiken auf sich und gewährleistete, dass der interne Zinsfuß auf dem vor der Gesetzesänderung in der Zeit vom 1. September 2005 bis zum 31. Dezember 2006 erwarteten Niveau bleiben würde. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das bloße Bestehen einer Obergrenze für die Schattenmautsätze, die nicht an die Schwankungen der Inflationsrate und des Wechselkurses gebunden war, das Inflationsrisiko und das Wechselkursrisiko auf die Klägerin übertragen und die Zahlung einer ‚Prämie‘ an die Klägerin gerechtfertigt hätte.“

99

Soweit AW dem Gericht vorwirft, auf diese Weise davon ausgegangen zu sein, dass die Wechselkurs- und Inflationsrisiken nicht nur insoweit auf die Republik Polen übertragen worden seien, als es um Schwankungen unterhalb der vorgesehenen absoluten Obergrenze für den Schattenmautsatz gehe, sondern auch in Bezug auf darüber liegende Schwankungen, ist festzustellen, dass sich das Gericht im ersten in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Satz darauf beschränkt hat, den in Anlage 6 vorgesehenen Mechanismus zu beschreiben, dass der zweite Satz nicht auf die Wechselkurs- und Inflationsrisiken, sondern auf die Risiken im Zusammenhang mit der Entwicklung des Verkehrs und der Einnahmen abstellt, und dass im dritten Satz eine Tatsachenwürdigung auf der Grundlage der in den beiden vorausgegangenen Sätzen angeführten Beweismittel vorgenommen wird.

100

Diese Passage des angefochtenen Urteils lässt somit keine Verfälschung von Beweismitteln erkennen, und AW beschränkt sich erneut darauf, eine allein dem Gericht obliegende Tatsachenwürdigung anzugreifen, was im Stadium des Rechtsmittelverfahrens unzulässig ist.

101

Die dritte von AW geltend gemachte Verfälschung betrifft ebenfalls Rn. 112 des angefochtenen Urteils, soweit es darin u. a. heißt:

„Was … die Unmöglichkeit betrifft, die Mautgebühren auf einem optimalen Niveau festzusetzen und einen höheren Ertrag als den ursprünglich vorgesehenen zu erzielen, so ist zum einen festzustellen, dass es [AW] weiterhin freistand, die Mautsätze für andere Fahrzeuge als mit einer Vignette versehene Lkw festzusetzen, so dass sie ihre Geschäftsstrategie an die Marktentwicklungen anpassen konnte, und zum anderen, dass sie am 1. September 2005 alle Möglichkeiten genutzt hatte, ihre tatsächlichen Sätze für Lkw zu erhöhen, indem sie sie in der maximalen nach dem [Konzessionsvertrag] zulässigen Höhe festsetzte. Die von der Klägerin behaupteten Nachteile konnten daher ihre erwartete Finanzlage nicht spürbar beeinträchtigen.“

102

Soweit AW geltend macht, dass Lkw 81 % ihrer Einnahmen ausmachten, und behauptet, das Gericht erkläre nicht, wie ein sich auf diese Einnahmen auswirkender Nachteil des Schattenmautsystems dadurch ausgeglichen werden könne, dass 19 % ihrer Einnahmen von diesem Nachteil nicht betroffen seien, so zielt sie nicht darauf ab, eine Verfälschung der Vertragsklauseln durch das Gericht im Rahmen des ersten der in der vorstehenden Randnummer genannten Sätze zu belegen, sondern darzutun, dass die Tatsachenwürdigung durch das Gericht, wonach die behaupteten Nachteile des Schattenmautsystems ihre erwartete Finanzlage nicht spürbar beeinträchtigen konnten, fehlerhaft sei. Auch dieses Vorbringen ist daher als unzulässig anzusehen.

103

Was zweitens die vom Gericht angeblich begangenen Rechtsfehler betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Qualifizierung einer Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verlangt, dass alle nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteil vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104

Da das Vorbringen von AW im Rahmen der ersten Teile des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes ausschließlich die dritte dieser Voraussetzungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs als staatliche Beihilfen Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (Urteil vom 6. März 2018, Kommission/FIH Holding und FIH Erhvervsbank, C‑579/16 P, EU:C:2018:159, Rn. 44).

105

In Anbetracht des Ziels von Art. 107 Abs. 1 AEUV, einen unverfälschten Wettbewerb – auch zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen – zu gewährleisten, kann der Begriff „Beihilfe“ im Sinne dieser Bestimmung demnach keine Maßnahme aus Staatsmitteln zugunsten eines Unternehmens umfassen, wenn dieses Unternehmen denselben Vorteil unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können. Die Beurteilung der Voraussetzungen, unter denen ein solcher Vorteil gewährt wurde, erfolgt daher grundsätzlich unter Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers (Urteil vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106

Wenn insoweit zweifelhaft ist, ob dieser Grundsatz anwendbar ist, insbesondere weil der betreffende Mitgliedstaat beim Erlass der fraglichen Maßnahmen von seinen hoheitlichen Befugnissen Gebrauch gemacht hat, hat der Mitgliedstaat eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise zu belegen, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer getroffen hat (Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107

Ist der Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers dagegen anwendbar, so gehört er zu den Faktoren, die die Kommission berücksichtigen muss, um das Vorliegen einer Beihilfe festzustellen, und stellt somit keine Ausnahme dar, die nur zur Anwendung kommt, wenn sich ein Mitgliedstaat auf sie beruft und festgestellt worden ist, dass die in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltenen Tatbestandsmerkmale des Begriffs „staatliche Beihilfe“ vorliegen (Urteil vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108

In diesem Fall obliegt es demnach der Kommission, insbesondere unter Berücksichtigung der vom betreffenden Mitgliedstaat übermittelten Informationen zu beweisen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers nicht erfüllt sind, so dass die fragliche staatliche Maßnahme einen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV beinhaltet (Urteil vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 110).

109

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass zur Beurteilung der Frage, ob dieselbe Maßnahme unter normalen Marktbedingungen von einem privaten Wirtschaftsteilnehmer getroffen worden wäre, auf einen solchen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der betreffende Staat, abzustellen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

110

In diesem Rahmen hat die Kommission eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei jeden im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob das begünstigte Unternehmen derartige Erleichterungen offenkundig nicht von einem solchen privaten Wirtschaftsteilnehmer erhalten hätte (Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111

Daraus folgt, dass sich die der Kommission gegebenenfalls obliegende Prüfung nicht allein auf die von der zuständigen Behörde tatsächlich berücksichtigten Optionen beschränken darf, sondern zwingend alle Optionen zu umfassen hat, die ein privater Wirtschaftsteilnehmer in einer solchen Situation vernünftigerweise in Betracht gezogen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 29).

112

Insoweit ist zum einen jede Information als erheblich zu betrachten, die den Entscheidungsprozess eines durchschnittlich vorsichtigen und sorgfältigen privaten Wirtschaftsteilnehmers, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der öffentliche Wirtschaftsteilnehmer, nicht unwesentlich beeinflussen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 60).

113

Zum anderen sind für die Anwendung des Kriteriums des privaten Wirtschaftsteilnehmers nur die im Zeitpunkt der betreffenden Entscheidung verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen relevant (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 61).

114

Zudem hat die Kommission im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des AEU-Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass des endgültigen Beschlusses über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115

Soweit AW rügt, das Gericht habe die Grenzen seiner Kontrolle überschritten, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof und das Gericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV für Klagen zuständig sind, die wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des AEU-Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhoben werden. Ist die Klage begründet, so ist die angefochtene Handlung nach Art. 264 AEUV für nichtig zu erklären. Der Gerichtshof und das Gericht dürfen somit auf keinen Fall die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch ihre eigene ersetzen (Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116

Überdies erfordert nach ständiger Rechtsprechung die Prüfung, die die Kommission bei der Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers vorzunehmen hat, dass eine wirtschaftliche Gesamtbeurteilung vorgenommen wird, wobei der Unionsrichter im Rahmen der Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen ausüben, nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen darf (Urteil vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 100).

117

Jedoch muss der Unionsrichter insbesondere nicht nur die sachliche Richtigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kohärenz der angeführten Beweise prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 64).

118

Insoweit ist die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses im Bereich staatlicher Beihilfen vom Unionsrichter anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei Erlass des Beschlusses verfügen konnte, einschließlich derjenigen, die für die nach der in den Rn. 110 bis 113 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung vorzunehmende Beurteilung erheblich erschienen und die sie im Verwaltungsverfahren auf ihr Ersuchen hin hätte erhalten können (Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 70 und 71).

119

Das Vorbringen von AW ist nach Maßgabe der Erwägungen in den Rn. 103 bis 118 des vorliegenden Urteils zu prüfen.

120

Was erstens die Rüge betrifft, das Gericht habe seine Prüfung allein auf die von den Vertragsparteien ins Auge gefassten Optionen beschränkt und den erheblichen Einfluss der geltend gemachten Risiken auf den Entscheidungsprozess eines privaten Kapitalgebers verkannt, so ergibt sich zwar aus der in den Rn. 110 und 111 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass sich die Prüfung, die die Kommission gegebenenfalls vorzunehmen hat, nicht allein auf die von der zuständigen Behörde tatsächlich berücksichtigten Optionen beschränken darf, sondern zwingend alle Optionen zu umfassen hat, die ein privater Wirtschaftsteilnehmer in einer solchen Situation vernünftigerweise in Betracht gezogen hätte.

121

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich jedoch auch, dass dieses Erfordernis nicht bedeutet, dass die Kommission darüber hinaus Optionen berücksichtigen müsste, die ein privater Wirtschaftsteilnehmer in einer solchen Situation vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen hätte.

122

Außerdem ging es in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice (C‑300/16 P, EU:C:2017:706), ergangen ist, um die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers auf einen Gläubiger, der die ihm von einem insolventen Schuldner geschuldeten Beträge in möglichst großem Umfang zurückerlangen wollte. Im Rahmen einer solchen Situation hat der Gerichtshof entschieden, dass die Kommission über die von der zuständigen Behörde in Betracht gezogenen Beitreibungsoptionen hinaus jede andere Option zu prüfen hatte, die ein privater Gläubiger vernünftigerweise berücksichtigt hätte.

123

Dagegen zeigt die im vorliegenden Fall in Rede stehende Situation, dass sich die Republik Polen im Verhältnis zu AW weder in der Situation eines privaten Gläubigers noch im Übrigen in der eines privaten Kapitalgebers befand. Da sich dieser Mitgliedstaat verpflichtet sah, AW für einen Schaden zu entschädigen, der ihr im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen entstanden war, war als Kriterium nämlich das Kriterium eines privaten Schuldners heranzuziehen, der seinem Vertragspartner aufgrund eines ihm zugefügten Schadens im Rahmen eines Vertragsverhältnisses einen Geldbetrag schuldet.

124

Es ist jedoch festzustellen, dass es nicht im Interesse eines privaten Schuldners liegt, seinem Gläubiger einen Ausgleich für Wechselkurs- und Inflationsrisiken, die dieser Gläubiger ihm gegenüber nicht geltend gemacht hat, zu bieten. Da ein höherer Ausgleich grundsätzlich den Interessen eines privaten Schuldners zuwiderlaufen würde, ist nämlich davon auszugehen, dass ein solcher Schuldner solche Risiken nicht berücksichtigt hätte, es sei denn, er wäre dazu auf Verlangen seines Vertragspartners verpflichtet gewesen oder es hätte im Hinblick auf das betreffende Vertragsverhältnis in seinem umfassender verstandenen Interesse gelegen.

125

Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 152 bis 154 und 165 bis 171 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass ein privater Wirtschaftsteilnehmer in der Lage der Republik Polen grundsätzlich nicht bereit gewesen wäre, einen höheren Betrag als den zu zahlen, den er AW aufgrund des in Rede stehenden schädigenden Ereignisses geschuldet habe, und insbesondere, in den Rn. 110 bis 112 des angefochtenen Urteils, dass kein Anlass bestanden habe, angebliche Risiken für AW zu berücksichtigen, für die nicht ersichtlich sei, dass sie Gegenstand einer Anfrage von AW in den Verhandlungen mit dem betreffenden Mitgliedstaat gewesen seien oder anderweitig Gegenstand ihres Austauschs gewesen seien.

126

Zweitens ergibt sich daraus, dass AW dem Gericht zu Unrecht vorwirft, die Beweislast umgekehrt zu haben, da die von AW geltend gemachten Risiken folglich nicht als erhebliche Informationen anzusehen sind, die den Entscheidungsprozess eines durchschnittlich vorsichtigen und sorgfältigen privaten Wirtschaftsteilnehmers, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der öffentliche Wirtschaftsteilnehmer, nicht unwesentlich beeinflussen können. Unter diesen Umständen kann entgegen dem Vorbringen von AW nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission verpflichtet war, in dem streitigen Beschluss die Gründe anzugeben, aus denen sie die von AW geltend gemachten Risiken nicht berücksichtigt hat.

127

Drittens kann AW angesichts der vorstehenden Erwägungen nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht habe eine Auswechslung der Begründung vorgenommen oder die Grenzen seiner Kontrolle überschritten, als es in den Rn. 110 bis 112 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die von AW geltend gemachten Risiken weder für die von der Kommission vorzunehmende Beurteilung relevant noch nachgewiesen gewesen seien. Das Gericht hat sich nämlich darauf beschränkt, die vor ihm vorgebrachten Argumente zu würdigen und zu prüfen, ob der streitige Beschluss im Licht des Vorbringens von AW rechtswidrig war.

128

Soweit AW schließlich geltend macht, dass die Erwägungen in den genannten Randnummern des angefochtenen Urteils die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 113 des angefochtenen Urteils nicht stützen könnten, ist festzustellen, dass sie keinen Begründungsmangel des Urteils rügt, sondern den Inhalt der Würdigungen des Gerichts beanstandet und den Gerichtshof demnach auffordert, eine neue Tatsachenwürdigung vorzunehmen, was nicht in seine Zuständigkeit fällt und daher im Stadium des Rechtsmittelverfahrens als unzulässig anzusehen ist.

129

Nach alledem sind die ersten Teile des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

130

Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, der die Optionen betrifft, die ein hypothetischer privater Kapitalgeber in Betracht gezogen hätte, wird auf einen Verstoß gegen das Kriterium des privaten Kapitalgebers, den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, die Begründungspflicht, die Beweisregeln und die Grenzen der vom Gericht auszuübenden Kontrolle gestützt.

– Vorbringen der Parteien

131

AW trägt vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es angenommen habe, dass ein privater Kapitalgeber bei der Aushandlung der Höhe der Schattenmaut durch die Bestimmungen und die Ziele des Gesetzes vom 28. Juli 2005 eingeschränkt worden wäre, da es den falschen Ansatz der Kommission bestätigt habe, der darin bestanden habe, nur die von dem betreffenden Mitgliedstaat in Betracht gezogenen Optionen zu berücksichtigen. Außerdem sei die angemessene Höhe des Ausgleichs für AW keine entscheidende Erwägung für einen privaten Kapitalgeber, da sie weder mit seiner Rentabilität noch mit seinem Risiko unmittelbar zusammenhänge.

132

Im Übrigen würde, wenn eine gegen ein nationales Gesetz verstoßende Maßnahme allein deshalb einen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen würde, weil ein privater Kapitalgeber nicht mehr als von diesem Gesetz gefordert zahlen würde, dieses Gesetz die Anwendung dieser höherrangigen Bestimmung beschränken, was eine Verletzung des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts bewirken würde.

133

Außerdem habe das Gericht mit seiner Annahme, dass das Gesetz vom 28. Juli 2005 den Vertragsparteien Grenzen für die Festlegung der Schattenmaut auferlege, das angefochtene Urteil unzureichend begründet, gegen die Beweisregeln verstoßen und die Begründung des streitigen Beschlusses durch eine andere ersetzt. Denn dieses Gesetz habe zwar die Realmaut verboten, aber auch auf Verhandlungen über die Ausgleichsmethode und die Erstattungsfristen verwiesen. Da dieses Gesetz weder den internen Zinsfuß regele noch vorsehe, dass nur der Einnahmeverlust auszugleichen sei, und auch die Erwägungen, die der Staat berücksichtigen dürfe, und die wirtschaftliche Stellung des Staates nicht regele, lasse es hinsichtlich der Strukturierung der Vereinbarung über die Schattenmaut ein weites Ermessen.

134

AW habe dem Gericht im Übrigen als Beweis für die Tragweite und den Inhalt des Gesetzes vom 28. Juli 2005 den Schiedsspruch vorgelegt, in dem die richtige Auslegung des Gesetzes vom 28. Juli 2005 dargelegt werde und den das Gericht zu Unrecht und mit einer unzureichenden Begründung als irrelevant zurückgewiesen habe. Der Umstand, dass dieser Schiedsspruch für die Kommission nicht verbindlich gewesen sei und diese der WSA-Studie von 1999 keine größere Relevanz als der WSA-Studie von 2004 beigemessen habe, sei nämlich im Hinblick auf den Beweiswert dieses Schiedsspruchs unerheblich. Das Gericht habe somit seine Schlussfolgerungen aus unvollständigen Beweisen und ohne jede Grundlage gezogen, da nichts in den Akten diese Schlussfolgerungen stütze. Das Gericht habe auch verkannt, dass die Prüfung der Tragweite und des Inhalts des Gesetzes vom 28. Juli 2005 technische Kenntnisse voraussetze und sich die Kommission nicht die erforderliche Sachkunde verschafft habe, was dadurch noch verschlimmert werde, dass der Schiedsspruch und der Wortlaut des Gesetzes vom 28. Juli 2005 darauf hinwiesen, dass die Schattenmaut zwischen den Vertragsparteien habe ausgehandelt werden müssen. Schließlich sei der Schiedsspruch vom Sąd Apelacyjny w Warszawie (Berufungsgericht Warschau) allein wegen seiner Unvereinbarkeit mit dem streitigen Beschluss aufgehoben worden, was seinen Beweiswert für die Auslegung dieses Gesetzes nicht in Frage stelle.

135

Indem es in Rn. 153 des angefochtenen Urteils die im 152. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses enthaltene und ohne genaue, zuverlässige und kohärente Beweise aufgestellte Behauptung bestätigt habe, wonach mit Anlage 6 ein höherer Ausgleich gewährt werde als nach dem Gesetz vom 28. Juli 2005 geboten und zwischen dem Konzessionsvertrag und dieser Anlage ein Widerspruch bestehe, habe es das Gericht zudem versäumt, zu prüfen, ob die Beweisanforderungen erfüllt gewesen seien. Das angefochtene Urteil sei daher mit einem Begründungsmangel behaftet, der es AW nicht ermögliche, die Gründe, die das Gericht dazu veranlasst hätten, die von ihm vorgenommene Auslegung dieses Gesetzes zugrunde zu legen, und die Gründe für die Zurückweisung ihres Vorbringens, dass der angebliche Widerspruch nicht existiere, zu erfahren.

136

Die Kommission und die Republik Polen treten dem Vorbringen von AW entgegen. Die Kommission ist insbesondere der Ansicht, dass die Rüge, dass ein privater Kapitalgeber nicht durch die Bestimmungen und die Ziele des Gesetzes vom 28. Juli 2005 eingeschränkt werde, unzulässig sei, da die Art des Rechtsfehlers nicht näher ausgeführt werde und kein rechtliches Argument zur Stützung einer solchen Rüge vorgebracht worden sei. Da die Tragweite und der Inhalt dieses Gesetzes außerdem tatsächliche Umstände darstellten, könne die allein dem Gericht obliegende Würdigung dieser Gesichtspunkte nur unter Berufung auf ihre Verfälschung beanstandet werden, was nicht geltend gemacht und erst recht nicht bewiesen worden sei. Schließlich machen die Kommission und die Republik Polen geltend, dass der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes unbegründet sei.

– Würdigung durch den Gerichtshof

137

Zunächst ist die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen, die sich auf das Vorbringen von AW im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes bezieht, da dieser hinreichend klar und auf die Feststellung eines Rechtsfehlers gerichtet ist, der sich aus einer Beschränkung der vom Gericht bei der Beurteilung in Bezug auf den Grundsatz des privaten Kapitalgebers sowie eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, einer Missachtung der Regeln über die Beweisführung, eines Austauschs der Begründung und einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Urteils berücksichtigten Gesichtspunkte ergeben soll.

138

Diese Rügen von AW beziehen sich auf die Rn. 152 bis 154 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht u. a. festgestellt hat, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Republik Polen nach dem Gesetz vom 28. Juli 2005 und dem Konzessionsvertrag verpflichtet gewesen sei, AW nur für den durch die durch dieses Gesetz vorgenommenen Änderungen verursachten Einnahmeverlust zu entschädigen, und dass sich kein rational handelnder privater Wirtschaftsteilnehmer bereit erklärt hätte, einen höheren Betrag zu zahlen als den ihm durch dieses Gesetz und diesen Vertrag vorgeschriebenen.

139

In den Rn. 121 bis 125 des vorliegenden Urteils wurde bereits dargelegt, dass das Gericht zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass ein privater Schuldner in der Situation der Republik Polen nicht beabsichtigen würde, AW über die Folgen hinaus zu entschädigen, die sich aus den Auswirkungen des Gesetzes vom 28. Juli 2005 auf ihre Vertragsbeziehung ergeben. Da die Würdigung des Gerichts somit mit dem Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers im Einklang steht, ist davon auszugehen, dass sie weder mit einem Rechtsfehler behaftet ist noch gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts verstößt.

140

Daraus folgt auch, dass AW nicht mit Erfolg geltend machen kann, das Gericht habe die Begründung ausgetauscht oder die Grenzen seiner Kontrolle überschritten, als es in den Rn. 152 bis 154 des angefochtenen Urteils die in Rn. 138 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Feststellungen getroffen habe. Das Gericht hat sich nämlich darauf beschränkt, die vor ihm vorgebrachten Argumente zu würdigen und zu prüfen, ob der streitige Beschluss im Licht des Vorbringens von AW rechtswidrig war.

141

Zur angeblich mangelhaften Begründung des angefochtenen Urteils ist zunächst festzustellen, dass AW lediglich in Abrede stellt, dass die Begründung des angefochtenen Urteils ausreichend sei, um die Feststellungen des Gerichts zu stützen.

142

Sodann beruht dieses Vorbringen zum Teil auf einem falschen Verständnis der Rn. 152 und 153 des angefochtenen Urteils, da diese weder die Feststellung enthalten, dass AW mit Anlage 6 ein höherer Ausgleich als der nach dem Gesetz vom 28. Juli 2005 geforderte gewährt werde, noch, dass ein Widerspruch zwischen dem Konzessionsvertrag und dieser Anlage bestehe. Vielmehr wird dort festgestellt, dass sich die Höhe des Ausgleichs, auf den AW Anspruch gehabt habe, aus einer Gesamtbeurteilung des durch dieses Gesetz verursachten schädigenden Ereignisses und der Verpflichtungen der Republik Polen aus diesem Vertrag ergebe.

143

Da das Gericht in diesen Randnummern des angefochtenen Urteils keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat, entbehrt das Vorbringen von AW, das Gericht habe dabei die Regeln über die Beweisführung verkannt, somit jeder Grundlage.

144

Schließlich zielt AW, wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, auf eine neue Würdigung der Tatsachen und insbesondere des Inhalts des Gesetzes vom 28. Juli 2005 ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt.

145

Folglich ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

146

Mit dem dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, der die Gefahr eines Scheiterns der Verhandlungen und die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten betrifft, macht AW eine Verfälschung der Beweise sowie eine Missachtung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers, des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts, der Begründungspflicht, der Beweisregeln und der Grenzen der vom Gericht auszuübenden Kontrolle geltend.

– Vorbringen der Parteien

147

AW macht geltend, ein hypothetischer privater Kapitalgeber hätte – ebenso wie die Berater der Republik Polen, die die Anlage 6 für akzeptabel gehalten hätten – der Gefahr, dass AW letztlich die Aufhebung des Konzessionsvertrags beantragen oder eine Klage erheben würde, und der entsprechenden fachlichen Stellungnahme ihrer Berater Rechnung getragen, und die Kommission sei daher verpflichtet gewesen, sowohl diese Gefahr zu bewerten als auch diese Stellungnahme zu berücksichtigen, was sie unterlassen habe und was das Gericht nicht beanstandet habe.

148

In Rn. 165 des angefochtenen Urteils habe das Gericht nämlich die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auf die im Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgesehenen Optionen beschränkt und das angefochtene Urteil somit mit den Fehlern behaftet, die bereits im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes festgestellt worden seien. Die Erwägungen in Rn. 166 des angefochtenen Urteils seien Zirkelschlüsse und unangemessen und beinhalteten eine Auswechslung der Begründung in Bezug auf die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils erwähnten Gefahren der Vertragsaufhebung und von Rechtsstreitigkeiten.

149

Soweit das Gericht in Rn. 167 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass AW ebenfalls ein Interesse daran habe, einen Rechtsstreit zu vermeiden, ersetze das Gericht erneut die Argumentation der Kommission in dem streitigen Beschluss durch seine eigene, gehe nicht auf das Vorbringen zu dem Punkt ein, ab dem AW angesichts der für sie bestehenden Aussicht auf Verluste die Vertragsbeziehung nicht mehr fortgesetzt hätte, und verfälsche die Analysen der Berater der Republik Polen. Der letzte Satz dieser Randnummer enthalte außerdem einen logischen Fehler und damit eine unangemessene Begründung, da er die Berücksichtigung der Gefahren der Vertragsaufhebung und von Rechtsstreitigkeiten auf die Zeit vor dem Erlass des Gesetzes vom 28. Juli 2005 beschränke, obwohl diese Gefahren auch für die Zeit danach bestünden.

150

Die Kommission und die Republik Polen treten dem Vorbringen von AW entgegen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

151

Mit ihrem Vorbringen im Rahmen des dritten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes, der die Rn. 165 bis 167 des angefochtenen Urteils betrifft, rügt AW eine fehlerhafte Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers, eine unzureichende Begründung, eine Auswechslung der Begründung und eine Verfälschung von Beweisen.

152

In Rn. 165 des angefochtenen Urteils hat das Gericht in Bezug auf die Gefahren, denen ein privater Wirtschaftsteilnehmer im Fall des Scheiterns der Verhandlungen ausgesetzt sein soll, ausgeführt, dass ein solcher Wirtschaftsteilnehmer einen Zusatz zum Konzessionsvertrag nur geschlossen hätte, um AW gemäß dem Gesetz vom 28. Juli 2005 allein für den durch dieses Gesetz verursachten Einnahmeverlust zu entschädigen, und dass er daher weder diese angeblichen Gefahren berücksichtigt noch sich bereit erklärt hätte, hierfür einen höheren Ausgleich zu leisten. Diese Gefahren seien von den Vertragsparteien bei der Aushandlung von Anlage 6 nicht erörtert und bei der Berechnung der Höhe des AW gezahlten Ausgleichs nicht berücksichtigt worden.

153

In Rn. 166 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Kommission sich in dem streitigen Beschluss im Wesentlichen darauf beschränkt habe, die in den in Anlage 6 vorgesehenen Finanzmodellen verwendeten Daten in Frage zu stellen. Da indessen die für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer in Ermangelung einer Vereinbarung angeblich entstandenen Gefahren keinerlei Bezug zur Relevanz der in diesen Finanzmodellen verwendeten Daten hätten, lasse nichts den Schluss zu, dass ein privater Wirtschaftsteilnehmer die Verwendung der irrelevanten Daten der WSA-Studie von 1999 statt der Daten der WSA-Studie von 2004 akzeptiert hätte, um diesen Gefahren Rechnung zu tragen.

154

In Rn. 167 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zunächst hinzugefügt, dass die Gefahr eines Scheiterns der Verhandlungen und die Gefahr eines Rechtsstreits von einem privaten Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen der Verhandlungen bei der Berechnung des AW geschuldeten Ausgleichs nicht berücksichtigt worden wären, da diese Gefahren in keinem Zusammenhang mit dem durch die Gesetzesänderung verursachten Einnahmeverlust stünden. Ferner habe AW ebenfalls ein Interesse daran gehabt, dass die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen würden und eine Klage auf Schadensersatz vermieden werde. Schließlich habe AW nicht nachgewiesen und nicht einmal behauptet, dass die Berater der Republik Polen der Ansicht gewesen seien, dass die Gefahr eines Scheiterns der Verhandlungen sowie die Gefahr eines Rechtsstreits bei der Bestimmung des internen Zinsfußes unmittelbar vor den durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgenommenen Änderungen zu berücksichtigen seien.

155

Zur angeblichen Verfälschung der Beweise genügt der Hinweis, dass AW entgegen den in Rn. 94 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen nicht angibt, welches Beweismittel durch die Feststellung des Gerichts im letzten Satz von Rn. 167 des angefochtenen Urteils verfälscht worden sein soll.

156

Was die von AW geltend gemachte fehlerhafte Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers angeht, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall als Beurteilungskriterium auf einen privaten Schuldner abzustellen war, der seinem Vertragspartner im Rahmen eines Vertragsverhältnisses einen Geldbetrag schuldet, weil er ihm einen Schaden zugefügt hat. Wie im vorliegenden Urteil bereits mehrfach festgestellt worden ist, ist daher die Beurteilung des Gerichts, wonach ein solcher Schuldner AW grundsätzlich nicht über den aufgrund des schädigenden Ereignisses geschuldeten Betrag hinaus entschädigt hätte, nicht rechtsfehlerhaft.

157

Selbst wenn man davon ausginge, dass sich diese Zahlungsverpflichtung aus einer umfassenderen vertraglichen Beziehung zwischen der Republik Polen und AW ergab und ein privater Schuldner in der Lage dieses Mitgliedstaats somit die Gefahren eines Scheiterns der Verhandlungen und von Rechtsstreitigkeiten hätte berücksichtigen können, wäre zudem Voraussetzung, dass sie real waren und für ihn Kosten verursachen konnten, die die Kosten in Verbindung mit dem an AW geleisteten Ausgleich wegen der Folgen des Gesetzes vom 28. Juli 2005 für sie überstiegen.

158

Schließlich ergibt sich aus den Tatsachenwürdigungen des Gerichts in den Rn. 165 und 167 des angefochtenen Urteils, dass das tatsächliche Vorliegen solcher Gefahren indessen nicht nachgewiesen war. Das Gericht hat insoweit nämlich darauf hingewiesen, dass dieser Punkt zwischen den Vertragsparteien nicht erörtert worden sei, und aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich im Übrigen, dass der vereinbarte Verlustausgleich zum einen den vollständigen Ersatz der entgangenen Einnahmen und zum anderen sicherstellen sollte, dass AW in der Lage war, die für den Bau des fraglichen Autobahnabschnitts aufgenommenen Darlehen zurückzuzahlen.

159

Unter diesen Umständen ist die Rüge einer fehlerhaften Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers als unbegründet zurückzuweisen.

160

Zu den angeblichen Auswechslungen der Begründung ist festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 165 bis 167 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von AW geprüft hat, die Kommission habe zu Unrecht die Gefahr eines Scheiterns der Verhandlungen und die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten außer Acht gelassen. Hierzu hat das Gericht festgestellt, dass die von der Rechtsmittelführerin behaupteten Gefahren nicht erwiesen seien. Die Kommission ist aber grundsätzlich nicht verpflichtet, in ihren Beschlüssen die Gründe anzugeben, aus denen sie nicht nachgewiesene Umstände nicht berücksichtigt hat. Daher hat das Gericht in den genannten Randnummern des angefochtenen Urteils keine Begründung gegeben, die in dem streitigen Beschluss hätte enthalten sein müssen, sondern Ausführungen zur Zurückweisung des Vorbringens gemacht, mit dem ein Begründungsmangel des streitigen Beschlusses dargetan werden sollte.

161

Schließlich zielt AW unter dem Vorwand einer angeblich unzureichenden Begründung des angefochtenen Urteils in Wirklichkeit darauf ab, vom Gerichtshof eine neue Tatsachenwürdigung zu erlangen, was nicht in seine Zuständigkeit fällt.

162

Somit ist der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

163

Mit dem vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, der die zu berücksichtigende Studie zum Verkehr und zu den Einnahmen betrifft, wird eine Verfälschung des streitigen Beschlusses, eine vom Gericht vorgenommene Ersetzung der Begründung des streitigen Beschlusses durch eine andere, eine fehlerhafte Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers, ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, ein Verstoß gegen Beweisregeln und ein Begründungsmangel gerügt.

– Vorbringen der Parteien

164

AW weist darauf hin, dass es im 152. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses heiße, dass es „höchst fragwürdig“ sei, ob ein privater Kapitalgeber zustimmen würde, den Ausgleich für AW auf der Grundlage der WSA-Studie von 1999 und nicht der WSA-Studie von 2004 zu berechnen, und betont, dass die Kommission dabei nicht über Beweise für diesen Umstand verfügt habe. Da der Kommission die Beweislast obliege, könne diese Argumentation nicht ihre Schlussfolgerung stützen, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers nicht erfüllt gewesen sei. Folglich habe das Gericht mit seiner Feststellung in Rn. 153 des angefochtenen Urteils, dass der streitige Beschluss in Bezug auf die Anwendung dieses Kriteriums hinreichend begründet sei, ein falsches rechtliches Kriterium angewandt, die offenkundige Bedeutung des streitigen Beschlusses verfälscht und die Begründung dieses Beschlusses durch seine eigene ersetzt.

165

Die von der Kommission verwendeten Begriffe zeigten im Übrigen ebenso wie die Struktur des streitigen Beschlusses, dass die Kommission das Kriterium des privaten Kapitalgebers als Ausnahme behandelt habe, die sie nur auf Antrag von AW hätte prüfen müssen, so dass Rn. 142 des angefochtenen Urteils, in der das Gegenteil festgestellt werde, nicht überzeugend sei.

166

AW trägt vor, in Rn. 154 des angefochtenen Urteils fänden sich nur Äußerungen zu den Vorzügen der WSA-Studie von 2004 im Verhältnis zur WSA-Studie von 1999 für die Analyse der finanziellen Lage von AW vor der fraglichen Gesetzesänderung. Ein privater Kapitalgeber beschränke sich jedoch nicht auf die Annahme, dass bestimmte Elemente einer Formel anders hätten gewählt werden können, sondern treffe nach Maßgabe des jeweiligen Endergebnisses eine Wahl zwischen der Option dieser Formel und anderen zur Verfügung stehenden Optionen. Die Erwägungen des Gerichts erklärten nicht, warum die Anlage 6 nicht zu diesen anderen Optionen gehört habe, die gegebenenfalls von einem solchen Kapitalgeber berücksichtigt worden wären, so dass die Begründung des angefochtenen Urteils in diesem Punkt unzureichend sei.

167

Außerdem habe das Gericht dadurch, dass es das Ziel des Gesetzes vom 28. Juli 2005 in seine Prüfung einbezogen habe, diese Erwägungen mit den in Rn. 82 des vorliegenden Urteils dargelegten Fehlern behaftet. Da die Begründung in Rn. 154 des angefochtenen Urteils nicht die Option erkennen lasse, die das Gericht als diejenige angesehen habe, die ein privater Kapitalgeber in Betracht gezogen hätte, sei sie unzureichend. Insbesondere sei nicht klar, ob das Gericht die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung allein als Aktualisierung des Grundfinanzmodells mit den Daten der WSA-Verkehrsstudie von 2004, d. h. mit einer Obergrenze für die Schattenmautsätze, oder als Vereinbarung auf der Grundlage des aktualisierten Grundfinanzmodells ohne Festlegung einer Obergrenze betrachtet habe. Im ersten Fall sei die Begründung des Gerichts widersprüchlich, denn nach Ansicht des Gerichts sei eine solche Obergrenze für die „Gewährleistung des Ausgleichs“ nicht erforderlich, da der interne Zinsfuß 7,42 % betragen habe, und im zweiten Fall liege es auf der Hand, dass die Obergrenze für die Schattenmautsätze hätte geprüft werden müssen.

168

Eine andere dem privaten Kapitalgeber offenstehende Option hätte in einer Vereinbarung ohne Aktualisierung der Verkehrsprognose des Grundfinanzmodells, aber mit einer niedrigeren Obergrenze für die Schattenmautsätze bestehen können, die zu einem internen Zinsfuß von weniger als 7,42 % hätte führen können. Ein privater Kapitalgeber würde sicherlich nicht nur deshalb mehr bezahlen, um die „richtige“ Studie zu verwenden. Die „richtige“ Studie sei daher für sich genommen irrelevant. Das Kriterium des privaten Kapitalgebers setze nämlich eine Analyse des „vollständigen Pakets“ voraus, so dass die Analyse des Gerichts eine fehlerhafte Anwendung dieses Kriteriums darstelle. Ebenso habe das Gericht das Vorbringen von AW außer Acht gelassen, wonach ein privater Kapitalgeber angenommen hätte, dass keine der verfügbaren Studien dem verfolgten Ziel angemessen sei, was den Schlussfolgerungen des Finanzberaters der Republik Polen entspreche, was kein Kapitalgeber außer Acht lassen könne.

169

Die Kommission tritt dem Vorbringen von AW entgegen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

170

Mit dem vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes wirft AW dem Gericht vor, es habe in den Rn. 142, 153 und 154 des angefochtenen Urteils falsche rechtliche Kriterien angewandt, den Sinn des streitigen Beschlusses verfälscht, die Begründung dieses Beschlusses durch seine eigene ersetzt und das angefochtene Urteil unzureichend begründet und sei auf eines ihrer Argumente nicht eingegangen.

171

Was zunächst das Vorbringen von AW betrifft, das Gericht habe in Rn. 142 des angefochtenen Urteils zu Unrecht ihre Argumentation zurückgewiesen, dass die Kommission das Kriterium des privaten Kapitalgebers als Ausnahme behandelt habe, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in dieser Randnummer ausgeführt hat, dass AW diese Argumentation vor ihm zu Unrecht vorgetragen habe, denn „die Kommission hat zwar tatsächlich die Höhe der Überkompensation so geprüft, wie sie sich aus dem PwC‑Bericht ergab …, bevor sie auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers einging …, sie hat sich aber erst nach der Prüfung dieses Kriteriums endgültig zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils und zur Höhe der Überkompensation geäußert“.

172

Hierzu ist festzustellen, dass aus dem streitigen Beschluss eindeutig hervorgeht, dass die Kommission bereits in den Erwägungsgründen 125 und 126 dieses Beschlusses ihre gesamte Analyse des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils unter dem Gesichtspunkt durchgeführt hat, dass die Republik Polen nach dem Konzessionsvertrag AW für die durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 verursachten Schäden zu entschädigen hatte und dass ein über diese Schäden hinausgehender Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV beinhaltete. Daraus folgt, dass diese Analyse in ihrem Wesen derjenigen entspricht, die die Kommission nach dem Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers durchzuführen hatte.

173

Da diese Übereinstimmung dieser Analyse mit diesem Grundsatz im Übrigen von der Kommission im 152. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses festgestellt und vom Gericht in den Rn. 152 bis 154 und 165 bis 171 des angefochtenen Urteils präzisiert worden ist, ist das Vorbringen von AW als unbegründet zurückzuweisen.

174

Was sodann die Kritik von AW am letzten Satz von Rn. 153 des angefochtenen Urteils betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht dort ausgeführt hat, dass die Kommission, indem sie es „als ‚höchst fragwürdig‘ angesehen hat, ob ein rationaler privater Marktteilnehmer zustimmen würde, die Ausgleichszahlungen auf der Grundlage der WSA-Studie von 1999 anstelle der jüngeren [WSA‑]Studie von 2004 zu berechnen, … hinreichend klar dargelegt [hat], dass sich aus den Akten nicht ergebe, dass ein solcher Marktteilnehmer die WSA-Studie von 1999 verwendet hätte, wobei sie ihre Beurteilung damit begründet hat, dass die WSA-Studie von 2004 jünger sei“.

175

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Auslegung eines von der Kommission in Ausübung ihrer Befugnisse erlassenen Beschlusses im Bereich staatlicher Beihilfen auf einer rechtlichen Würdigung beruht und dass insoweit das Gericht und der Gerichtshof zuständig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 102 und 105).

176

Im Übrigen ist die Auslegung eines konkreten Punktes eines solchen Beschlusses im Kontext des betreffenden Beschlusses insgesamt vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2020, Larko/Kommission, C‑244/18 P, EU:C:2020:238, Rn. 111).

177

Im vorliegenden Fall ist die Behauptung der Kommission im 152. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, es sei „höchst fragwürdig“, ob ein privater Marktteilnehmer die WSA-Studie von 1999 herangezogen hätte, daher im Kontext der vorliegenden Situation zu sehen, wie er sich u. a. aus dem 135. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses ergibt, in dem die Kommission klargestellt hat, dass es notwendig sei, sich auf eine zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes vom 28. Juli 2005 aktuelle Verkehrs- und Einnahmeprognose zu stützen.

178

Daraus folgt, dass das Gericht in Rn. 153 des angefochtenen Urteils entgegen dem Vorbringen von AW weder ein falsches rechtliches Kriterium angewandt noch den Sinn des streitigen Beschlusses verfälscht hat. Es hat auch nicht die Begründung des streitigen Beschlusses durch seine eigene ersetzt, sondern unter Zurückweisung der vor ihm vorgebrachten Argumentation von AW die Begründung dieses Beschlusses bestätigt.

179

Schließlich ist zu dem gegen Rn. 154 des angefochtenen Urteils gerichteten Vorbringen von AW zunächst festzustellen, dass dieses Vorbringen auf einem falschen Verständnis des anwendbaren Kriteriums beruht. Wie das Gericht in dieser Randnummer des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt hat, hätte nämlich ein privater Schuldner in der Situation der Republik Polen, der AW im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit ihr wegen des ihr durch den Erlass des Gesetzes vom 28. Juli 2005 zugefügten Schadens einen Betrag schuldete, AW eine Entschädigung allein für die sich aus diesem Gesetz ergebenden nachteiligen Folgen gewährleisten wollen.

180

Aus der Argumentation des Gerichts, dass unter Berücksichtigung dieses Ziels keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass ein privater Wirtschaftsteilnehmer bereit gewesen wäre, sich auf die Daten der WSA-Studie von 1999 anstatt auf die der WSA-Studie von 2004 zu stützen, dass er zusätzlich die Bestellung eines Sachverständigen gefordert hätte oder die Verwendung der Daten der FM-Studie von 2005 vorgezogen hätte, lässt sich somit entgegen dem Vorbringen von AW eindeutig entnehmen, dass ein solcher privater Wirtschaftsteilnehmer unter allen verfügbaren nicht perfekten Beurteilungsoptionen die gewählt hätte, mit der sich die nachteiligen Folgen dieses Gesetzes am besten bestimmen ließen, um sicherzustellen, dass die gewährte Entschädigung seinen vertraglichen Verpflichtungen entspricht, ohne sie zu übersteigen.

181

Daraus folgt, dass in dieser Argumentation das richtige Kriterium angewandt und eine klare und kohärente Antwort auf das gesamte in den Rn. 134, 136 und 147 bis 150 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Vorbringen von AW gegeben wird.

182

Soweit AW geltend macht, diese Argumentation sei unzureichend, da andere Optionen als die von der Kommission gewählte und vom Gericht bestätigte hätten berücksichtigt werden müssen, genügt der Hinweis, dass AW damit in Wirklichkeit vom Gerichtshof eine neue Tatsachenwürdigung begehrt, was nicht in seine Zuständigkeit fällt.

183

Nach alledem ist der vierte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

184

Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, der die Höhe des internen Zinsfußes der Realmaut betrifft, werden ein Begründungsmangel, ein Verstoß des Gerichts gegen seine Kontrollpflichten und ein Verstoß gegen die Beweisregeln gerügt.

– Vorbringen der Parteien

185

AW macht geltend, die in den Rn. 120 bis 127 des angefochtenen Urteils enthaltene Begründung reiche nicht aus, um die Zurückweisung ihres in Rn. 115 des angefochtenen Urteils zusammengefassten Vorbringens zu stützen. Zunächst habe sich das Gericht darauf beschränkt, seine Schlussfolgerung darzulegen, ohne eine komplexe wirtschaftliche Beurteilung vorgenommen zu haben, und damit die ihm obliegenden Pflichten verletzt, zu prüfen, ob der streitige Beschluss auf genaue, zuverlässige, kohärente und vollständige Beweise gestützt gewesen sei, und die Beweisregeln einzuhalten.

186

Rn. 120 des angefochtenen Urteils beziehe sich nämlich ausschließlich auf die jeweiligen Vorzüge der WSA-Studien von 1999 und 2004 und gehe nicht auf das in Rn. 115 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Argument ein. Dass die WSA-Studie von 1999 weniger relevant gewesen sei als die WSA-Studie von 2004, bedeute nicht, dass Letztere zuverlässig gewesen sei. Die Ausführungen in Rn. 121 des angefochtenen Urteils wiesen keinen Zusammenhang mit der relevanten Frage auf, ob der interne Zinsfuß von 7,42 % angemessen ermittelt worden sei. In Rn. 122 des angefochtenen Urteils werde dieses Argument angesprochen, ohne in irgendeiner Weise zu erläutern, weshalb eine Aktualisierung bestimmter Verkehrs- und Einnahmedaten im Rahmen einer Studie über einen anderen Autobahnabschnitt irrelevant sei. In Rn. 123 des angefochtenen Urteils setze sich das Gericht erneut mit dem Vergleich der jeweiligen Vorzüge der WSA-Studien von 1999 und 2004 auseinander und behaupte, dass die Bestellung eines Sachverständigen nicht erforderlich gewesen sei, was in keiner Weise begründet sei und zu einer unzulässigen Umkehrung der Beweislast führe. Auch die Begründung in Rn. 124 des angefochtenen Urteils habe nichts mit dieser Frage zu tun. Rn. 125 des angefochtenen Urteils betreffe ausschließlich das zweite Argument, das sich auf die FM-Studie von 2005 beziehe, und Rn. 126 beziehe sich nur auf das dritte Argument betreffend das PwC‑Realmautmodell.

187

Außerdem habe das Gericht seine Pflicht verletzt, zu prüfen, ob der streitige Beschluss auf genauen, zuverlässigen, kohärenten und vollständigen Beweisen beruhe, und habe die Beweisregeln nicht beachtet, indem es zu Unrecht entschieden habe, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, zusätzliche Informationen über die Verwendbarkeit der FM-Studie von 2005 einzuholen. Obwohl die Kommission verpflichtet sei, die Beweise unparteiisch und eingehend zu würdigen, ergebe sich aus dem 138. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, dass sich die Kommission ausschließlich auf die von der Republik Polen erhaltenen Informationen gestützt habe, als sie diese Studie als nicht verwendbar zurückgewiesen habe. Angesichts des konfliktträchtigen Verhältnisses zwischen diesem Mitgliedstaat und AW und der Tatsache, dass dieser Mitgliedstaat die FM-Studie von 2005 nicht erwähnt habe, hätte die Kommission aber wachsamer sein und die Republik Polen oder Dritte um zusätzliche Informationen ersuchen müssen.

188

Die Kommission meint, AW beanstande den Beweiswert der Beweismittel, indem sie geltend mache, dass diese unzuverlässig seien, ihre Vollständigkeit in Frage stelle und behaupte, dass demnach ein zusätzlicher Bericht hätte in Auftrag gegeben werden müssen. Mit diesem Vorbringen versuche AW im Wesentlichen, eine Überprüfung der Würdigung des Gerichts zu erreichen, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs falle. Außerdem treten die Kommission und die Republik Polen dem Vorbringen von AW in der Sache entgegen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

189

Mit ihrem Vorbringen im Rahmen des zweiten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes, der die Rn. 120 bis 127 des angefochtenen Urteils betrifft, macht AW geltend, die Begründung des angefochtenen Urteils sei unzureichend, das Gericht habe eine unzureichende gerichtliche Kontrolle ausgeübt, es habe die Beweisregeln missachtet, es sei nicht auf das in Rn. 115 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Vorbringen von AW eingegangen und habe die Beweislast umgekehrt.

190

Was zunächst das angebliche Versäumnis des Gerichts betrifft, auf das in Rn. 115 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Vorbringen von AW einzugehen, ist darauf hinzuweisen, dass AW mit diesem Vorbringen geltend machte, dass die Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf die WSA-Studie von 2004 offensichtlich fehlerhaft seien, da der Beweiswert der Verkehrsstudien begrenzt sei und sich die Vertragsparteien mangels einer zuverlässigen Verkehrsstudie auf eine Methode geeinigt hätten, nach der die ursprünglichen Ertragserwartungen von AW als Berechnungsgrundlage verwendet worden seien, aber durch die Anwendung der Obergrenze für die Schattenmautsätze auf ein Niveau reduziert worden seien, das die Republik Polen für akzeptabel gehalten habe.

191

Mit diesem Vorbringen machte AW daher geltend, die WSA-Studie von 2004 habe gegenüber der WSA-Studie von 1999, der AW, gestützt auf die zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Methode, im Wesentlichen einen hinreichenden Beweiswert beimaß, einen unzureichenden Beweiswert.

192

Entgegen dem Vorbringen von AW hat das Gericht dieses Vorbringen jedoch in den Rn. 122 bis 124 des angefochtenen Urteils ausdrücklich zurückgewiesen.

193

Zum einen hat es in diesen Randnummern nämlich erstens ausgeführt, dass WSA mehrere aufeinanderfolgende Studien vorgelegt habe, die von demselben Berater unter Verwendung derselben Methode mit dem Ziel erarbeitet worden seien, Verkehrs- und Einnahmeprognosen für die Autobahn A 2 zu erstellen, zweitens, dass die WSA-Studie von 2004, die für AW selbst erstellt worden sei, darauf abziele, die zuvor erstellten Verkehrs- und Einnahmeprognosen zu aktualisieren, drittens, dass diese Studie es daher erlaubt habe, die in der WSA-Studie von 1999 vorgelegten Verkehrs- und Einnahmeprognosen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung des Verkehrsaufkommens und der Einnahmen in dem betreffenden Abschnitt der Autobahn A 2 sowie der wirtschaftlichen Entwicklung Polens zu aktualisieren, viertens, dass die WSA-Studie von 2004 demzufolge relevantere Verkehrs- und Einnahmeprognosen enthalte als die WSA-Studie von 1999 und die Marktgegebenheiten zum Zeitpunkt der durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgenommenen Änderungen genauer widerspiegele, und fünftens, dass in Anlage 6 das Finanzmodell erwähnt werde, auf das sich die Vertragsparteien für die Berechnung des internen Zinsfußes unmittelbar vor den durch dieses Gesetz vorgenommenen Änderungen geeinigt hätten, und zwar unter Bezugnahme auf die „Akte der Aktionäre von [WSA], das ist die Aktualisierung zum 31. Dezember 2004“.

194

Zum anderen hat das Gericht daraus in Rn. 124 des angefochtenen Urteils abgeleitet, dass „die jüngsten von WSA erstellten Prognosen in diesem Zusammenhang relevantere Daten dar[stellten] als die in der WSA-Studie von 1999 enthaltenen Daten“.

195

Sodann gehört die Frage, ob unter diesen Umständen aus den Aktenstücken hervorgeht, dass zusätzlich die Bestellung eines Sachverständigen erforderlich war, zur Würdigung des Beweiswerts dieser Aktenstücke in tatsächlicher Hinsicht und kehrt entgegen dem Vorbringen von AW keineswegs die Beweislast um.

196

Schließlich ist festzustellen, dass die Rn. 120 bis 127 des angefochtenen Urteils eine eingehende Analyse des Akteninhalts im Hinblick auf das Vorbringen von AW vor dem Gericht enthalten und eine genaue Argumentation zur Relevanz und zum Beweiswert jedes einzelnen in diesen Randnummern genannten Beweismaterials enthalten. Insbesondere hat das Gericht in diesen Randnummern den Beweiswert der WSA-Studien von 1999 und 2004, der tatsächlichen Verkehrsdaten, die AW der Generaldirektion für Landesstraßen und Autobahnen zur Verfügung gestellt hatte, der in Rn. 125 des angefochtenen Urteils erwähnten, 2005 von dem Bankenberater im Verkehrsbereich erstellten Studie zum Schattenmautszenario sowie der FM-Studie von 2005 geprüft. Außerdem hat es die Geeignetheit des PwC‑Realmautmodells untersucht, das die Kommission für die Berechnung der Höhe der fraglichen Beihilfe verwendet hat.

197

Somit ist das Vorbringen von AW in Bezug auf eine unzureichende Begründung der Rn. 120 bis 127 des angefochtenen Urteils, eine unzureichende gerichtliche Kontrolle und eine Missachtung der Beweisregeln als unbegründet zurückzuweisen.

198

Folglich ist der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

199

Folglich sind der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

Zum vierten Rechtsmittelgrund

200

Mit dem vierten Rechtsmittelgrund, der die Berechnung der Höhe der fraglichen Beihilfe betrifft, macht AW geltend, das Gericht habe die offensichtliche Bedeutung der Beweise verfälscht und das angefochtene Urteil mit einem Begründungsmangel behaftet.

Vorbringen der Parteien

201

AW trägt vor, das Gericht habe in Rn. 192 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Schattenmaut vor der Überprüfung von 2007 auf einem zu hohen internen Zinsfuß von 10,77 % beruht habe. Zunächst gehe aber aus Anlage 6 und insbesondere aus Nr. 3 ihres Annex 1 hervor, dass die Schattenmaut auf einen konkreten in polnischen Zloty (PLN) ausgedrückten Betrag festgesetzt worden sei, ohne dass auf einen internen Zinsfuß verwiesen worden sei, und sodann aus Anlage 6 und insbesondere aus Nr. 4 ihres Annex 1, dass der entsprechende Satz nach einer Formel indexiert worden sei, ohne dass auf einen internen Zinsfuß Bezug genommen worden sei, und schließlich aus Anlage 6 und insbesondere ihrer Klausel 4 Buchst. d, dass der interne Zinsfuß erst nach einer Überprüfung der Schattenmaut zur Anwendung gekommen sei, d. h. nach dem 1. November 2007. Die Behauptung, dass die Schattenmautsätze vor Oktober 2007 unter Verwendung eines internen Zinsfußes bestimmt worden seien, verfälsche daher die Beweise in den Akten.

202

Auch Rn. 193 des angefochtenen Urteils sei mit einer Verfälschung von Beweisen behaftet, da das Gericht dort festgestellt habe, dass das Prüfmodell nicht die Berechnung der Überkompensierung bezweckt habe, da die Kommission die Höhe des internen Zinsfußes des Realmautmodells in Frage gestellt habe, obwohl dieser interne Zinsfuß vor der Überprüfung von 2007 bei der Berechnung der Schattenmaut keine Rolle gespielt habe. Außerdem könne aus der Feststellung, dass das Prüfmodell nicht die Berechnung der Überkompensierung bezweckt habe, nicht abgeleitet werden, dass vor der Überprüfung eine Überkompensierung vorgelegen habe.

203

Die Kommission und die Republik Polen treten dem Vorbringen von AW entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

204

In den Rn. 192 und 193 des angefochtenen Urteils hat das Gericht Folgendes festgestellt: Erstens habe der von der Kommission berechnete Betrag der Überkompensierung der Differenz zwischen den tatsächlich geleisteten Zahlungen zugunsten von AW und den Beträgen entsprochen, die sie auf der Grundlage des nach dem PwC‑Realmautmodell berechneten internen Zinsfußes hätte erhalten müssen. Zweitens habe die Überkompensierung in der Zeit von September 2005 bis Oktober 2007 demnach der Differenz zwischen den Zahlungen, die AW tatsächlich erhalten habe, und dem auf der Grundlage des internen Zinsfußes, mit dem sie unmittelbar vor den durch das Gesetz vom 28. Juli 2005 vorgenommenen Änderungen habe rechnen können, berechneten Ausgleich entsprochen. Drittens sei somit der interne Zinsfuß von 10,77 % des Realmautmodells, den AW herangezogen habe, um die Schattenmautsätze in der Zeit vor Oktober 2007 festzusetzen, im Vergleich zu dem internen Zinsfuß, mit dem sie habe rechnen können, bereits überhöht gewesen. Viertens bestätige der in Anlage 6 vorgesehene Überprüfungsmechanismus nur den mit diesem internen Zinsfuß verbundenen Fehler. Fünftens könne dieser Mechanismus unter diesen Umständen nicht den Umstand in Frage stellen, dass AW ursprünglich nicht in den Genuss von derart bedeutenden Zahlungen in der Zeit von September 2005 bis Oktober 2007 hätte kommen dürfen. Sechstens beruhe der in Anlage 6 vorgesehene Überprüfungsmechanismus auf einem Vergleich des internen Zinsfußes des Prüfmodells mit dem internen Zinsfuß des Realmautmodells und habe eine Anpassung der Schattenmautsätze unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verkehrsdaten nach der Einführung des Schattenmautsystems erlaubt.

205

Das Gericht hat daraus in Rn. 193 des angefochtenen Urteils abgeleitet, dass „ein solcher Mechanismus nicht denselben Zweck hat wie die Erwägungen der Kommission zur Berechnung der Überkompensierung, da die Kommission in diesen Erwägungen die Höhe des internen Zinsfußes des Realmautmodells in Frage gestellt hat“.

206

Aus diesen Erwägungen und dieser Schlussfolgerung ergibt sich eindeutig, dass diese Erwägungen, anders als AW nahelegt, nicht den in Anlage 6 vorgesehenen Mechanismus beschreiben sollen, sondern die von der Kommission zur Bestimmung der Höhe der staatlichen Beihilfe durchgeführte Berechnung betreffen. Mit den betreffenden Randnummern des angefochtenen Urteils wollte das Gericht nämlich auf das in Rn. 191 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Vorbringen von AW eingehen, mit dem das Nichtvorliegen einer Überkompensierung für den Zeitraum von September 2005 bis Oktober 2007 dargetan werden sollte.

207

Daraus folgt, dass der vierte Rechtsmittelgrund auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruht und daher als unbegründet zurückzuweisen ist.

208

Nach alledem ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kosten

209

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

210

Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

211

Da AW mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission ihre Verurteilung zur Tragung der Kosten beantragt hat, sind ihr neben ihren eigenen Kosten die der Kommission entstandenen Kosten aufzuerlegen.

212

Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Folglich trägt die Republik Polen, die am Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat, ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Autostrada Wielkopolska S.A. trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

 

3.

Die Republik Polen trägt ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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