Valige katsefunktsioonid, mida soovite proovida

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Dokument 62019CC0950

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona vom 10. Dezember 2020.
    Verfahren auf Betreiben des A.
    Vorabentscheidungsersuchen des Helsingin hallinto-oikeus.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Gesellschaftsrecht – Richtlinie 2006/43/EG – Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen – Art. 22a Abs. 1 Buchst. a – Einstellung eines Abschlussprüfers bei einem geprüften Unternehmen – Karenzzeit – Verbot der Übernahme einer zentralen Führungsposition in dem geprüften Unternehmen – Verstoß – Schwere und Dauer des Verstoßes – Ausdruck ‚Übernahme einer Position‘ – Bedeutung – Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem geprüften Unternehmen – Unabhängigkeit von Abschlussprüfern – Externer Aspekt.
    Rechtssache C-950/19.

    Kohtulahendite kogumik – Üldkohus – jaotis „Teave avaldamata otsuste kohta“

    Euroopa kohtulahendite tunnus (ECLI): ECLI:EU:C:2020:1019

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

    vom 10. Dezember 2020 ( 1 )

    Rechtssache C‑950/19

    A,

    Beteiligter:

    Patentti- ja rekisterihallituksen tilintarkastuslautakunta

    (Vorabentscheidungsersuchen des Helsingin hallinto-oikeus [Verwaltungsgericht Helsinki, Finnland])

    „Vorabentscheidungsverfahren – Abschlussprüfer – Richtlinie 2006/43/EG – Art. 22a – Karenzzeit für die Einstellung früherer Abschlussprüfer durch das geprüfte Unternehmen – Verstoß gegen das Verbot der Übernahme einer zentralen Führungsposition in dem geprüften Unternehmen – Unabhängigkeit der Abschlussprüfer“

    1.

    Die Richtlinie 2006/43/EG ( 2 ) sieht vor, dass Abschlussprüfer von dem geprüften Unternehmen unabhängig sein und an dessen Entscheidungsprozessen nicht mitwirken sollen.

    2.

    Eine der Rechtsvorschriften zur Sicherstellung dieser Unabhängigkeit wurde im Jahr 2014 mit der Richtlinie 2014/56/EU ( 3 ) angenommen, durch die eine neue Vorschrift, Art. 22a, in die Richtlinie 2006/43 aufgenommen wurde, wonach Personen, die als „verantwortlicher Prüfungspartner … eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführ[en]“ ( 4 ) während eines bestimmten Zeitraums keine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen übernehmen dürfen ( 5 ).

    3.

    Seit dem Jahr 2014 erstreckt sich dieses Verbot, das früher logischerweise für den Zeitraum galt, in dem der Hauptprüfer für die Abschlussprüfung des geprüften Unternehmens vorrangig verantwortlich war, auch auf den Zeitraum (von ein oder zwei Jahren, je nachdem, ob es sich um ein Unternehmen von öffentlichem Interesse handelt oder nicht), der auf die Beendigung seiner Funktion als verantwortlicher Prüfungspartner, der eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführt, folgt ( 6 ).

    4.

    In der vorliegenden Rechtssache wurde ein „verantwortlicher Prüfungspartner“ einer Prüfungsgesellschaft noch vor der Beendigung seiner Funktion als verantwortlicher Prüfungspartner, der eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführt, eingestellt, um eine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen zu bekleiden.

    5.

    Hiergegen verhängte das zuständige Organ (der Abschlussprüfungsausschuss) ( 7 ) eine Sanktion, und der Prüfer focht beim vorlegenden Gericht die ihm auferlegte Geldbuße an. Dieses Gericht legt dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 22a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/43 vor.

    6.

    Die Antwort des Gerichtshofs wird es ermöglichen, darüber zu befinden, ob die Übernahme der Führungsposition in dem geprüften Unternehmen bereits dann erfolgt, wenn der Abschlussprüfer mit diesem einen Arbeitsvertrag schließt, oder erst, wenn er tatsächlich beginnt, die Führungsaufgaben wahrzunehmen.

    I. Rechtlicher Rahmen

    A.   Vorschriften des Unionsrechts: Richtlinie 2006/43

    7.

    Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) sieht vor:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    2.

    ‚Abschlussprüfer‘ ist eine natürliche Person, die von den zuständigen Stellen eines Mitgliedstaates nach dieser Richtlinie für die Durchführung von Abschlussprüfungen zugelassen wurde.

    3.

    ‚Prüfungsgesellschaft‘ ist eine juristische Person oder eine sonstige Einrichtung gleich welcher Rechtsform, die von den zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie für die Durchführung von Abschlussprüfungen zugelassen wurde.

    16.

    ‚Verantwortlicher Prüfungspartner‘ ist/sind

    a)

    der/die Abschlussprüfer, der/die von einer Prüfungsgesellschaft für ein bestimmtes Prüfungsmandat als für die Durchführung der Abschlussprüfung im Auftrag der Prüfungsgesellschaft vorrangig verantwortlich bestimmt ist/sind; oder

    b)

    im Fall einer Konzernabschlussprüfung mindestens der/die Abschlussprüfer, der/die von einer Prüfungsgesellschaft als für die Durchführung der Abschlussprüfung auf Konzernebene vorrangig verantwortlich bestimmt ist/sind, und der/die Abschlussprüfer, der/die als auf der Ebene bedeutender Tochtergesellschaften vorrangig verantwortlich bestimmt ist/sind, oder

    c)

    der/die Abschlussprüfer, der/die den Bestätigungsvermerk unterzeichnet/unterzeichnen.“

    8.

    Art. 22 („Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“) sieht vor:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft sowie jede natürliche Person, die in der Lage ist, das Ergebnis der Abschlussprüfung direkt oder indirekt zu beeinflussen, bei der Durchführung einer Abschlussprüfung von dem geprüften Unternehmen unabhängig und nicht in dessen Entscheidungsprozesse eingebunden ist.

    Diese Unabhängigkeit ist zumindest sowohl für den Zeitraum erforderlich, auf den sich die zu prüfenden Abschlüsse beziehen, als auch für die Dauer der Abschlussprüfung.

    Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft alle angemessenen Maßnahmen ergreift, um zu gewährleisten, dass seine bzw. ihre Unabhängigkeit bei der Durchführung einer Abschlussprüfung nicht durch tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte oder Geschäfts- oder sonstige direkte oder indirekte Beziehungen des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft, der bzw. die die Abschlussprüfung durchführt, sowie gegebenenfalls seines bzw. ihres Netzwerks, der Geschäftsleitung, der Prüfer, der Mitarbeiter, beliebiger anderer natürlicher Personen, deren Leistungen der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft in Anspruch nehmen oder die er bzw. sie kontrollieren kann, oder jeder anderen Person, die über ein Kontrollverhältnis direkt oder indirekt mit dem Abschlussprüfer bzw. der Prüfungsgesellschaft verbunden ist, beeinträchtigt wird.

    Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft darf die Abschlussprüfung nicht ausführen, wenn eine Gefahr der Selbstüberprüfung, des Eigeninteresses, der Interessenvertretung, der Vertrautheit oder der Einschüchterung aufgrund einer Beziehung finanzieller, persönlicher oder geschäftlicher Art, eines Beschäftigungsverhältnisses oder anderer Beziehungen zwischen

    dem Abschlussprüfer, der Prüfungsgesellschaft, deren Netzwerk sowie jeder natürlichen Person, die in der Lage ist, das Ergebnis der Abschlussprüfung zu beeinflussen, und

    dem geprüften Unternehmen

    besteht, wodurch eine unabhängige, vernünftige und sachkundige dritte Partei unter Beachtung der angewandten Schutzmaßnahmen zu dem Schluss käme, dass die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft gefährdet ist.

    (2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften, ihre verantwortlichen Prüfungspartner und Mitarbeiter sowie alle anderen natürlichen Personen, deren Leistungen der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann, und die unmittelbar an den Prüfungsarbeiten beteiligt sind, sowie Personen, die im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2004/72/EG der Kommission … in enger Beziehung zu ihnen stehen, kein wesentliches und direktes wirtschaftliches Eigentum an Finanzinstrumenten halten oder haben oder von der Beteiligung an Geschäften mit Finanzinstrumenten absehen, die von einem geprüften Unternehmen, das in den Kreis ihrer Prüfungstätigkeiten fällt, ausgegeben, garantiert oder in anderer Weise abgesichert werden, es sei denn, es handelt sich um in indirektem Eigentum befindliche Beteiligungen durch diversifizierte Organismen für gemeinsame Anlagen, einschließlich gemanagter Fonds, wie Pensionsfonds und Lebensversicherungen.

    (3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften in ihren Arbeitspapieren alle bedeutsamen Risiken für ihre Unabhängigkeit und die Schutzmaßnahmen, die zur Minderung dieser Risiken ergriffen wurden, dokumentieren.

    (4)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in [den] Abs[ä]tz[en 1 und] 2 genannten Personen oder Gesellschaften nicht an der Prüfung eines bestimmten Unternehmens teilnehmen bzw. das Ergebnis einer Abschlussprüfung nicht in anderer Weise beeinflussen, wenn sie

    a)

    Finanzinstrumente des geprüften Unternehmens besitzen, bei denen es sich nicht um indirekt gehaltene Beteiligungen durch diversifizierte Organismen für gemeinsame Anlagen handelt,

    b)

    Finanzinstrumente eines mit dem geprüften Unternehmen verbundenen Unternehmens besitzen, bei denen es sich nicht um indirekt gehaltene Beteiligungen durch diversifizierte Organismen für gemeinsame Anlagen handelt, und der Besitz dieser Instrumente einen Interessenkonflikt verursachen kann oder nach allgemeiner Auffassung einen solchen verursacht,

    c)

    während des in Absatz 1 genannten Zeitraums eine Beschäftigungs‑, Geschäfts- oder sonstige Beziehung zu diesem geprüften Unternehmen unterhalten haben, das einen Interessenkonflikt verursachen kann oder nach allgemeiner Auffassung einen solchen verursacht.

    (5)   Die in Absatz 2 genannten Personen oder Gesellschaften nehmen von dem geprüften Unternehmen oder von einem mit dem geprüften Unternehmen verbundenen Unternehmen keine Geld- oder Sachgeschenke oder Gefälligkeiten an und bemühen sich nicht um solche, es sein denn, ein objektiver, verständiger und informierter Dritter würde deren Wert als geringfügig oder unbedeutend betrachten.

    (6)   Wenn ein geprüftes Unternehmen während des durch die Abschlüsse abgedeckten Zeitraums von einem anderen Unternehmen erworben wird, sich mit diesem zusammenschließt oder ein solches Unternehmen erwirbt, ermittelt und beurteilt der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft alle gegenwärtigen oder kürzlich erfolgten Beteiligungen oder Beziehungen zu diesem Unternehmen, einschließlich aller diesem Unternehmen erbrachten Nichtprüfungsleistungen, die unter Berücksichtigung verfügbarer Schutzmaßnahmen die Unabhängigkeit und die Fähigkeit des Prüfers, die Abschlussprüfung nach dem Datum des Wirksamwerdens der Fusion oder Übernahme fortzusetzen, in Frage stellen könnten.

    So schnell wie möglich und in jedem Fall innerhalb von drei Monaten ergreift der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um bestehende Interessen oder Verhältnisse zu beenden, die ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten, und trifft, wenn dies möglich ist, Schutzmaßnahmen, um jede Bedrohung ihrer früheren und vorhandenen Interessen und Beziehungen zu beseitigen.“

    9.

    Art. 22a („Einstellung von früheren Abschlussprüfern oder Mitarbeitern von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften bei geprüften Unternehmen“) lautet:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein Abschlussprüfer oder ein verantwortlicher Prüfungspartner, der eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführt, vor Ablauf von mindestens einem Jahr bzw. bei Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse vor Ablauf von mindestens zwei Jahren, nachdem er die Tätigkeit als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner im Zusammenhang mit dem Prüfungsauftrag eingestellt hat,

    a)

    keine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen übernimmt,

    b)

    gegebenenfalls bei dem geprüften Unternehmen nicht Mitglied des Abschlussprüfungsausschusses wird bzw. – sollte es keinen solchen Ausschuss geben – nicht Mitglied des Gremiums wird, das die Funktionen des Abschlussprüfungsausschusses ausübt,

    c)

    nicht geschäftsführendes Mitglied des Verwaltungsorgans oder Mitglied des Aufsichtsorgans des geprüften Unternehmens wird.

    (2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mitarbeiter und Partner – mit Ausnahme der verantwortlichen Prüfungspartner – eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft, der bzw. die eine Abschlussprüfung durchführt, sowie alle anderen natürlichen Personen, deren Leistungen dieser Abschlussprüfer bzw. diese Prüfungsgesellschaft in Anspruch nehmen oder kontrollieren kann, für den Fall, dass sie selbst zugelassene Abschlussprüfer sind, mindestens ein Jahr nach ihrer unmittelbaren Beteiligung an dem Prüfungsauftrag keine der in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Aufgaben übernehmen.“

    10.

    Art. 22b („Vorbereitung auf die Abschlussprüfung und Beurteilung der Gefährdungen für die Unabhängigkeit“) legt fest:

    „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ein Abschlussprüfer bzw. eine Prüfungsgesellschaft, bevor er bzw. sie einen Auftrag für eine Abschlussprüfung annimmt oder fortsetzt, Folgendes beurteilt und dokumentiert:

    ob er bzw. sie die Anforderungen des Artikels 22 dieser Richtlinie erfüllt;

    …“

    B.   Finnisches Recht: Tilintarkastuslaki 1141/2015 vom 18. September 2015 ( 8 )

    11.

    Nach Kapitel 4 § 11 Abs. 1 des Abschlussprüfungsgesetzes darf ein Abschlussprüfer oder ein verantwortlicher Prüfungspartner, der für eine Prüfungsgesellschaft eine Abschlussprüfung durchführt, folgende Stellungen nicht vor Ablauf von mindestens einem Jahr seit der Abschlussprüfung übernehmen:

    1.

    eine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen;

    2.

    die Mitgliedschaft im Abschlussprüfungsausschuss des geprüften Unternehmens oder in einem Gremium, das die Funktionen des Abschlussprüfungsausschusses ausübt;

    3.

    die Mitgliedschaft im Verwaltungsorgan ohne Zugehörigkeit zur Geschäftsführung oder die Mitgliedschaft im Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens.

    12.

    Nach Kapitel 4 § 11 Abs. 2 beträgt die Frist zwei Jahre, wenn Gegenstand der Prüfung ein Unternehmen von öffentlichem Interesse ist.

    13.

    Gemäß Kapitel 10 § 5 Abs. 1 des Abschlussprüfungsgesetzes kann der Abschlussprüfungsausschuss eine Geldbuße verhängen, wenn ein Abschlussprüfer gegen die in § 11 genannten Fristen über den Wechsel eines Abschlussprüfers in die Dienste eines geprüften Unternehmens verstößt. Nach § 5 Abs. 2 beträgt die Geldbuße für den Verstoß bis zu 50000 Euro.

    14.

    Gemäß Kapitel 10 § 7 Abs. 1 des Abschlussprüfungsgesetzes sind bei Beschlussfassung über die Geldbuße alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Dies sind:

    1.

    die Schwere und die Dauer des Verstoßes;

    2.

    der Verantwortungsgrad des Abschlussprüfers;

    3.

    die Bereitschaft des Abschlussprüfers, mit der zuständigen Behörde zu kooperieren;

    4.

    frühere gegen den Abschlussprüfer verhängte Geldbußen;

    5.

    der Umfang des Schadens oder der Nachteile, die durch das Handeln oder Unterlassen verursacht wurden.

    15.

    Nach Kapitel 10 § 7 Abs. 2 sind bei Beschlussfassung über die Geldbuße neben den in Absatz 1 genannten Umständen zu berücksichtigen:

    1.

    die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abschlussprüfers;

    2.

    der Umfang der Vorteile, die der Abschlussprüfer erlangt hat.

    II. Sachverhalt und Vorlagefrage

    16.

    KHT A (im Folgenden: Hauptprüfer) war seit 2014 als verantwortlicher Prüfungspartner bei der Prüfungsgesellschaft Y Oy (im Folgenden: Prüfungsgesellschaft) tätig.

    17.

    Am 5. Februar 2018 unterzeichnete der Hauptprüfer im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen der Prüfungsgesellschaft an die X Oyj (im Folgenden: geprüfte Gesellschaft) den Bestätigungsvermerk für deren Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2017.

    18.

    Am 12. Juli 2018 unterzeichnete der Hauptprüfer einen Arbeitsvertrag mit der geprüften Gesellschaft, um bei dieser die Funktion des Leiters der Finanzabteilung zu übernehmen und Mitglied der Führungsgruppe zu werden.

    19.

    Eine der Vereinbarungen dieses Vertrags sah vor, dass der Hauptprüfer vor Februar 2019 diese Führungspositionen de facto noch nicht übernehmen solle. Die Unterzeichnung des Vertrags wurde in einer Börsenmitteilung veröffentlicht.

    20.

    Am 31. August 2018 beendete der Hauptprüfer seine Tätigkeit bei der Prüfungsgesellschaft, was in einer am selben Tag übersandten Erklärung dem Abschlussprüfungsausschuss mitgeteilt wurde.

    21.

    Die geprüfte Gesellschaft bestätigte schriftlich, dass der Hauptprüfer vor der Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks für das Geschäftsjahr 2018 bei ihr weder eine zentrale Führungsposition noch eine verantwortliche Position im Finanz- oder Rechnungswesen einnehmen werde.

    22.

    Mit Bescheid vom 13. November 2018 verhängte der Abschlussprüfungsausschuss gegen den Hauptprüfer eine Geldbuße von 50000 Euro wegen Nichtbeachtung der in Kapitel 4 § 11 des Abschlussprüfungsgesetzes festgelegten Sperrfrist.

    23.

    Im Februar 2019, nach der Unterzeichnung des Jahresabschlusses des geprüften Unternehmens für das Geschäftsjahr 2018, begann der Hauptprüfer, wie vertraglich vereinbart, mit der Wahrnehmung seiner Führungsaufgaben bei dieser Gesellschaft.

    24.

    Die Sanktionsentscheidung focht der Hauptprüfer beim Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki, Finnland) an.

    25.

    Dem Vorlagebeschluss ist zu entnehmen, dass mit der Anfechtung der Verstoß gegen das Verbot nicht bestritten wird, sondern die Schwere des Verstoßes und die Höhe der verhängten Sanktion. Nach Auffassung des Hauptprüfers müsse diese Sanktion zumindest um die Hälfte ihres Betrags herabgesetzt werden.

    26.

    Der Kläger berief sich, um seinen Antrag zu stützen, auf Folgendes ( 9 ):

    seine Kooperation mit den Verwaltungsbehörden und sein transparentes Verhalten hinsichtlich der für die Sanktion maßgeblichen Umstände.

    Er habe die Stellung erst übernommen, als er angefangen habe, seine Aufgaben beim geprüften Unternehmen wahrzunehmen (im Februar 2019), nicht bereits zu dem Zeitpunkt, als der Vertrag unterschrieben worden sei. Er habe daher erst ab Februar 2019 die Sperrfrist missachtet.

    Seit der Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks für das Geschäftsjahr 2017 (im Februar 2018) habe der Kläger die Prüfung der Jahresabschlüsse der geprüften Gesellschaft nicht mehr beeinflussen können. Folglich sei davon auszugehen, dass die Sperrfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe.

    Der Austausch des Abschlussprüfers für das Jahr 2018, so wie er sich aus der Handelsregistereintragung ergebe, in Verbindung mit der Tatsache, dass der Hauptprüfer die Position eines Finanzdirektors in der geprüften Gesellschaft erst nach der Unterzeichnung des Jahresabschlusses dieser Gesellschaft für das Jahr 2018 ausgeübt habe, zeige deutlich, dass seine Ernennung zum Leiter der Finanzabteilung dieser Gesellschaft keine Gefahr für die Unabhängigkeit der Abschlussprüfung dargestellt habe.

    27.

    Der Abschlussprüfungsausschuss hält der Klage Folgendes entgegen ( 10 ):

    Die Sperrfrist habe nicht ab dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, zu dem der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2017 unterzeichnet worden sei, sondern erst am 12. Juli 2018, d. h. mit der Unterzeichnung des Vertrags.

    Der Hauptprüfer habe die fragliche Stellung bereits übernommen, als er den Vertrag mit dem geprüften Unternehmen unterzeichnet habe. Das in Rede stehende Verbot habe speziell das Ziel, die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers sicherzustellen, die auch äußerlich erkennbar sein müsse.

    Die Unterzeichnung des Vertrags sei ein sichtbarer Faktor, der unmittelbaren Einfluss auf Verhalten und Aussichten dessen, der ihn unterschreibe, sowie seines Arbeitgebers und der Aktionäre habe.

    Bei der Verhängung der Sanktion seien sämtliche im Abschlussprüfungsgesetz vorgesehenen Umstände berücksichtigt worden.

    28.

    Vor diesem Hintergrund legt das Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki) dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

    1.

    Ist Art. 22a Abs. 1 (eingefügt durch die Richtlinie 2014/56) der Richtlinie 2006/43 dahin auszulegen, dass ein verantwortlicher Prüfungspartner eine Stellung der in diesem Absatz bezeichneten Art mit Abschluss des Arbeitsvertrags übernimmt?

    2.

    Sofern die erste Frage verneint wird: Ist Art. 22a Abs. 1 (eingefügt durch die Richtlinie 2014/56) der Richtlinie 2006/43 dahin auszulegen, dass ein verantwortlicher Prüfungspartner eine Stellung der in diesem Absatz bezeichneten Art mit Aufnahme der Arbeit in der betreffenden Stellung übernimmt?

    III. Verfahren vor dem Gerichtshof

    29.

    Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 17. Dezember 2019 beim Gerichtshof eingegangen.

    30.

    Nur die Kommission hat schriftliche Erklärungen eingereicht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht für erforderlich gehalten.

    IV. Würdigung

    A.   Vorbemerkung

    31.

    Das vorlegende Gericht hat Zweifel hinsichtlich der Auslegung der in Art. 22a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/43 verwendeten Formulierung zur Normierung eines der den Abschlussprüfern auferlegten Verbote.

    32.

    Wie bereits dargestellt, verbietet diese Bestimmung, dass der verantwortliche Prüfungspartner, der eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführt, in der Folge während eines bestimmten Zeitraums im geprüften Unternehmen „eine zentrale Führungsposition übernimmt“ ( 11 ).

    33.

    Die Vorlagefrage (in zwei Teilen formuliert, die aber in Wirklichkeit ein und denselben Zweifel widerspiegeln) ist sehr klar und zielt darauf ab, welches Datum für die Übernahme der Tätigkeit bei der Gesellschaft relevant ist: der Zeitpunkt, zu dem der Vertrag des Hauptprüfers mit der geprüften Gesellschaft abgeschlossen wurde (Juli 2018), oder das Datum, an dem der Hauptprüfer begonnen hat, seine Aufgaben in dieser Gesellschaft auszuüben (Februar 2019).

    34.

    Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung wirkt sich die Wahl des einen oder des anderen Zeitpunkts nicht darauf aus, ob eine sanktionsbewehrte Zuwiderhandlung vorliegt. Der Hauptprüfer beantragt nicht, dass die verhängte Geldbuße aufgehoben, sondern nur, dass sie herabgesetzt werde, womit er implizit zugibt, dass auf jeden Fall eine Zuwiderhandlung stattgefunden hat.

    35.

    Folglich ist die Feststellung des relevanten Datums offenbar ausschließlich als Faktor zur Bemessung der Höhe der Geldbuße gemäß Kapitel 10 Art. 7 Abs. 1 des Abschlussprüfungsgesetzes von Bedeutung.

    B.   Allgemeiner Kontext der Richtlinie 2006/43

    36.

    Die harmonisierte Regelung der Abschlussprüfung geht auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zurück, in dem vereinbart wurde, dass der Rat und die Kommission ihre Aufgaben wahrnehmen würden, um, soweit erforderlich, die Schutzbestimmungen zu koordinieren, die in den Mitgliedstaaten für Gesellschaften im Interesse der Aktionäre sowie im Interesse Dritter vorgeschrieben sind ( 12 ).

    37.

    Auf dieser Rechtsgrundlage wurden die Vierte ( 13 ), die Siebente ( 14 ) und die Achte ( 15 ) Richtlinie erlassen, in denen jeweils der harmonisierte Mindestinhalt festgelegt wird, dem die Jahresabschlüsse, die konsolidierten Abschlüsse und die Bedingungen für die Zulassung der im Binnenmarkt als Abschlussprüfer tätigen Berufsträger genügen müssen.

    38.

    Mit der Achten Richtlinie wurden die ersten Regeln zur Unabhängigkeit der Abschlussprüfer eingeführt: Personen, die die gesetzliche Kontrolle von Buchführungsdokumenten durchführen sollten, mussten „unabhängig und ehrenhaft“ sein ( 16 ).

    39.

    In den darauffolgenden Jahren hat die Kommission über verschiedene nicht bindende Mitteilungen, Initiativen und andere Instrumente ( 17 ) die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer vorangetrieben und so das geeignete Umfeld für den Erlass der Richtlinie 2006/43 geschaffen ( 18 ).

    40.

    Bereits in ihrer ursprünglichen Fassung bot die Richtlinie 2006/43 eine detaillierte Regelung zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der ihr Kapitel IV („Berufsgrundsätze, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Verschwiegenheit und Berufsgeheimnis“) zum Teil gewidmet war ( 19 ).

    41.

    Schon in dieser ursprünglichen Fassung regelte die Richtlinie 2006/43 die Sperrfrist, um die es in diesem Rechtsstreit geht, wenngleich damals in Kapitel X („Besondere Bestimmungen für die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse“) ( 20 ).

    42.

    Die derzeitige Fassung der Richtlinie 2006/43 ging aus der Reform durch die Richtlinie 2014/56 hervor, mit der Art. 22 geändert und ein neuer Art. 22a einfügt wurde, um dessen Auslegung das vorlegende Gericht ersucht ( 21 ). Sie enthält neben Vorschriften, die den guten Leumund der Abschlussprüfer gewährleisten sollen, noch andere Vorschriften, die speziell darauf gerichtet sind, ihre Unabhängigkeit zu schützen.

    C.   Art. 22a der Richtlinie 2006/43

    43.

    Art. 22a der Richtlinie 2006/43 konkretisiert die Vorgabe des achten Erwägungsgrundes der Richtlinie 2014/56, wonach es „Abschlussprüfern für einen angemessenen Zeitraum nach Ablauf des Prüfungsauftrags untersagt sein [sollte], eine Funktion in der Geschäftsführung oder im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens zu übernehmen“.

    44.

    Der Verbotskatalog in Art. 22a Abs. 1 umfasst auch das Verbot, dass der Prüfer „bei dem geprüften Unternehmen eine zentrale Führungsposition übernimmt“ (Buchst. a). Mit der Vorlagefrage sollen Zweifel über den Zeitpunkt ausgeräumt werden, zu dem die Übernahme der Führungsposition stattfindet.

    1. Wörtliche Auslegung

    45.

    Unter dem Gesichtspunkt der wörtlichen Auslegung führt die Auslegung der Vorschrift, deren verschiedene sprachliche Fassungen sich in den verwendeten Begriffen erheblich unterscheiden, nicht zu schlüssigen Ergebnissen.

    46.

    Die in einigen dieser Fassungen verwendeten Formulierungen würden eine Auslegung nahelegen, die den Akzent auf die tatsächliche Ausübung der Führungsposition legt und nicht auf den Zeitpunkt, zu dem der Abschlussprüfer mit der Unterzeichnung des Vertrags mit dem geprüften Unternehmen zustimmt, für dieses zu arbeiten ( 22 ).

    47.

    Andere Fassungen sprächen dagegen für die gegenteilige Auffassung, denn sie scheinen keine tatsächliche Ausübung der Führungsposition in Diensten des geprüften Unternehmens zu verlangen, so dass die bloße vertragliche Annahme dieser Position ausreichend wäre ( 23 ).

    48.

    Diese Diskrepanz zwischen den Sprachfassungen gestattet es daher nicht, den Wortlaut lediglich einer von ihnen heranzuziehen, um daraus die eigentliche Bedeutung der Bestimmung herzuleiten ( 24 ).

    49.

    Folglich ist für die Auslegungsaufgabe des Gerichtshofs auf die übrigen Auslegungskriterien zurückzugreifen, d. h. auf den Zweck der Norm und auf den systematischen Zusammenhang, in den sie eingebettet ist ( 25 ).

    2. Teleologische Auslegung

    50.

    Sowohl die Kommission ( 26 ) als auch der Abschlussprüfungsausschuss ( 27 ) betonen die Bedeutung des äußeren Erscheinungsbilds der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer und schlagen – im Wesentlichen – eine teleologische Auslegung von Art. 22a der Richtlinie 2006/43 vor.

    51.

    Sie heben hervor, die Sperrfrist solle diese Unabhängigkeit gewährleisten, die in ihrer inneren Dimension (in den Beziehungen zwischen dem Prüfer und der geprüften Gesellschaft) ebenso wichtig sei wie in der äußeren: Die Öffentlichkeit vertraue auf die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, die nicht im selben Maße vorhanden wäre, wenn dieser während des Prüfungsauftrags oder nach seinem Ausscheiden als Hauptprüfer unmittelbar (oder zeitnah) eine Führungsposition im geprüften Unternehmen übernehmen könnte.

    52.

    Meiner Auffassung nach soll mit dem hier in Rede stehenden Verbot vermieden werden, dass der Abschlussprüfer (oder die Abschlussprüfungsgesellschaft, deren verantwortlicher Prüfungspartner er ist) der Versuchung erliegt, aus Gefälligkeit einen wohlwollenden Vermerk für die geprüfte Gesellschaft auszustellen, für den diese sich in dann naher Zukunft erkenntlich zeigt, indem sie ihn mit einer Führungsposition belohnt.

    53.

    So verstanden, soll die fragliche Regel der Gefahr vorbeugen, dass der Abschlussprüfer aktuelle oder in naher Zukunft liegende Eigeninteressen, die Einfluss auf seine berufliche Tätigkeit haben könnten, an den Unternehmen hat, die seiner buchhalterischen Prüfung unterliegen.

    54.

    Der Interessenkonflikt zwischen der Pflicht als Abschlussprüfer und seinen (zukünftigen) Aussichten, in den Dienst der geprüften Gesellschaft zu treten, kann entstehen, wenn sich die vertragliche Beziehung zwischen beiden während der Arbeiten an der Abschlussprüfung entwickelt oder angebahnt wird. Es ist zu erwarten, dass, wenn dies der Fall ist, die Arbeit des für die Prüfung vorrangig Verantwortlichen von seinen Loyalitätspflichten gegenüber seinem künftigen Arbeitgeber beeinflusst wird.

    55.

    Mit der Regel soll somit so weit wie möglich der Anreiz beseitigt werden, den der Prüfer haben könnte, eine Vertragsbeziehung mit dem geprüften Unternehmen in Betracht zu ziehen oder einzugehen, solange er weiterhin die Eigenschaft eines verantwortlichen Prüfungspartners hat, der die Abschlussprüfung im Auftrag seiner Prüfungsgesellschaft durchführt ( 28 ).

    56.

    Das Verbot, wonach der Hauptprüfer, während er als solcher tätig ist, und für einen gewissen Zeitraum danach keine Führungspositionen in einem geprüften Unternehmen einnehmen darf, schützt außerdem, wie die Kommission und der Abschlussprüfungsausschuss erklärt haben, das Vertrauen Dritter darauf, dass die Aufgabe der Abschlussprüfung verlässlich durchgeführt wird. Insoweit trägt sie, wie im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/43 ausgeführt wird, zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte bei ( 29 ).

    57.

    Das öffentliche Vertrauen in den Umstand, dass der Jahresabschluss das verlässliche Bild eines Unternehmens widerspiegelt, ist ein wesentlicher Punkt für all diejenigen, die mit dieser Gesellschaft möglicherweise eine Beziehung eingehen, seien dies Investoren, Gläubiger, Angestellte oder Dritte.

    58.

    Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Prüfungen der Abschlüsse ist, unter einem anderen Blickwinkel betrachtet, ein Mechanismus zum Schutz des Wertes der Beteiligungen von Gesellschaftern oder Aktionären sowie ein wirksames Instrument für ein angemessenes Unternehmensmanagement. Fehlt sie, so leistet dies Wertverlusten der Beteiligungen Vorschub, und zwar sowohl aufgrund eines fehlenden Vertrauens des Marktes, was die Situation der Gesellschaft betrifft, als auch, weil die Mitglieder der Verwaltungsorgane sie ohne belastbare Informationen nicht verwalten können.

    59.

    Abs. 1 Nr. 1 der Empfehlung der Kommission hebt Folgendes hervor: „Dass eine Pflichtprüfung diesen Prinzipien entsprechend durchgeführt wird, kann der Abschlussprüfer der Öffentlichkeit gegenüber hauptsächlich dadurch glaubhaft machen, dass er unabhängig handelt und sein Handeln nach außen hin als unabhängiges Handeln angesehen wird.“ ( 30 )

    60.

    Dies gilt selbst dann, wenn man annimmt, dass der verantwortliche Prüfungspartner der Prüfungsgesellschaft in einem Einzelfall möglicherweise keine tatsächliche Möglichkeit hat, das Ergebnis der Analyse der Abschlüsse der geprüften Gesellschaft zu beeinflussen.

    61.

    Die Wahrung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit seiner beruflichen Tätigkeit erfordert nämlich unter allen Umständen, dass der verantwortliche Prüfungspartner vor und während der Sperrfrist keine Führungsposition in der geprüften Gesellschaft übernehmen darf.

    3. Systematische Auslegung

    62.

    Die Ehrenhaftigkeit ( 31 ) der Abschlussprüfer und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Vollständigkeit (und die Qualität) ihrer Arbeit ( 32 ) sind Anliegen, die die auf diesem Gebiet nacheinander erlassenen Vorschriften der Union zu schützen versucht haben.

    63.

    Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2006/43 soll der Gefahr von Interessenkonflikten zwischen dem Abschlussprüfer (oder der Abschlussprüfungsgesellschaft) und der geprüften Gesellschaft vorbeugen. Diese Risiken können aufgrund „einer Beziehung finanzieller, persönlicher oder geschäftlicher Art, eines Beschäftigungsverhältnisses oder anderer Beziehungen“ zwischen beiden entstehen, „wodurch eine unabhängige, vernünftige und sachkundige dritte Partei unter Beachtung der angewandten Schutzmaßnahmen zu dem Schluss käme, dass die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft gefährdet ist“.

    64.

    Im selben Artikel wird in Abs. 4 ausgeschlossen, dass ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft ihre berufliche Aufgabe im Dienst einer geprüften Gesellschaft erfüllen, mit der sie „während des in Absatz 1 genannten Zeitraums eine Beschäftigungs‑, Geschäfts- oder sonstige Beziehung … unterhalten haben, [die] einen Interessenkonflikt verursachen kann oder nach allgemeiner Auffassung einen solchen verursacht“.

    65.

    Diese Vorkehrungen heben hervor, dass bei der Auslegung der Richtlinie 2006/43, vom systematischen Standpunkt aus betrachtet, folgende wesentliche Komponente der Ehrenhaftigkeit oder des guten Leumunds der Abschlussprüfer gewahrt werden muss, ohne die das Vertrauen der Öffentlichkeit in Wegfall geriete: das Nichtbestehen von tatsächlichen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Interessenkonflikten, die tatsächlich oder möglicherweise die berufliche Funktion dieser Personen beeinträchtigen.

    66.

    Für den Unionsgesetzgeber ist die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers im Außenverhältnis ebenso bedeutsam wie im Innenverhältnis, weshalb aus der Sicht der Öffentlichkeit jeder Anschein, dass ein zu enges Näheverhältnis zwischen Prüfendem und Geprüftem bestehen könnte, ausgeräumt werden sollte ( 33 ).

    67.

    Diese Vorsichtsmaßnahmen sind folgerichtig, wenn man sich den Sinn der und die Rechtfertigung für die Abschlussprüfungen sowie die Funktion an sich vergegenwärtigt, die der Veröffentlichung der Abschlüsse von Gesellschaften in einer Marktwirtschaft zukommt.

    68.

    Auf die Wahrnehmung durch Dritte in diesem Kontext bezieht sich auch Art. 22 Abs. 1 a. E. der Richtlinie 2006/43: Die Beziehungen zwischen dem Abschlussprüfer (oder der Prüfungsgesellschaft) und dem geprüften Unternehmen dürfen nicht dazu führen, dass „eine unabhängige, vernünftige und sachkundige dritte Partei unter Beachtung der angewandten Schutzmaßnahmen zu dem Schluss käme, dass die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft gefährdet ist“.

    69.

    Alles in allem ist damit eine Beziehung, die zu einem Interessenkonflikt führen kann, ebenso unerwünscht wie eine Beziehung, die bei vernünftiger Betrachtung als mögliche Ursache eines Interessenkonflikts wahrgenommen wird.

    4. Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall

    70.

    Die Prämisse, von der auszugehen ist, besteht in der vorliegenden Rechtssache darin, dass der Hauptprüfer eine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen weder übernehmen konnte, während er seine mit dem Prüfungsauftrag verbundenen Aufgaben wahrnahm, noch während eines darauf folgenden Zeitraums von zwei Jahren, nachdem er diese Aufgaben beendet hatte.

    71.

    Wie bereits ausgeführt, wurde gegen dieses Verbot verstoßen, was auch vom Betroffenen selbst zumindest implizit eingeräumt wird, der nur die Herabsetzung (nicht aber die Aufhebung) der ihm auferlegten Geldbuße beantragt.

    72.

    Dass der verantwortliche Prüfungspartner einer Prüfungsgesellschaft einen Arbeitsvertrag (zur Ausübung zentraler Führungsfunktionen) mit der geprüften Gesellschaft während der Ausübung seiner dortigen Aufgaben unterzeichnet, deutet auf einen möglichen Interessenkonflikt hin, was ausreicht, um seine Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.

    73.

    Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass die Invollzugsetzung der Vertragsbeziehung, die vereinbart wurde, als der Betroffene noch verantwortlicher Prüfungspartner war (diese Eigenschaft verlor er erst am 31. August 2018), um mehrere Monate bis nach der Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks für das Geschäftsjahr 2018 hinausgezögert wurde.

    74.

    Worauf es ankommt (und der Schluss, zu dem „eine unabhängige, vernünftige und sachkundige dritte Partei“ kommen könnte), ist, dass, auch wenn der Vertrag erst am 12. Juli 2018, d. h. nach Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks, unterzeichnet wurde, zu diesem Zeitpunkt noch die berufliche Beziehung zwischen dem den Prüfungsauftrag durchführenden Hauptprüfer (bzw. seiner Prüfungsgesellschaft) und der geprüften Gesellschaft Bestand hatte.

    75.

    Außerdem entspricht es der Logik, zu schlussfolgern, dass der Verhandlungsprozess über die Arbeitsbedingungen bei dem geprüften Unternehmen nicht nur aus der Position desjenigen geführt wurde, der verantwortlicher Prüfungspartner des Prüfungsunternehmens war, sondern außerdem zu einer Zeit, als er für die Prüfung der von ihm geprüften Gesellschaft verantwortlich war. Auch diesen Schluss könnte eine „unabhängige, vernünftige und sachkundige dritte Partei“ ziehen.

    76.

    Entscheidender Faktor bei dieser Beurteilung ist somit nicht der Zeitpunkt, zu dem der Hauptprüfer de facto seine Führungsposition in der geprüften Gesellschaft zu bekleiden beginnt, sondern der Zeitpunkt, zu dem er mit dieser Gesellschaft vereinbart, solche Funktionen zu übernehmen.

    77.

    Aus diesem Vertrag ergeben sich bereits gegenseitige Verpflichtungen, die nicht damit vereinbar sind, dass der Hauptprüfer weiterhin in verantwortlicher Stellung in derjenigen Prüfungsgesellschaft tätig ist, die den Auftrag erhalten hat, die Bücher der geprüften Gesellschaft zu prüfen.

    78.

    Zudem wirft diese Vereinbarung ihre Schatten auch in die Vergangenheit, so dass sie logischerweise von außen als Ausdruck eines tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikts aufgefasst werden wird, der im Widerspruch zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Hauptprüfers selbst wie auch der der Prüfungsgesellschaft steht und der sich möglicherweise auf die Verlässlichkeit der Abschlussprüfung bei der geprüften Gesellschaft ausgewirkt haben könnte.

    V. Ergebnis

    79.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) wie folgt zu antworten:

    Art. 22a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates in der durch die Richtlinie 2014/56/EU geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der verantwortliche Prüfungspartner einer Prüfungsgesellschaft bereits dann eine zentrale Führungsposition in der geprüften Gesellschaft übernimmt, wenn er mit dieser den entsprechenden Arbeitsvertrag unterzeichnet, auch wenn seine tatsächliche Arbeitsaufnahme bei der geprüften Gesellschaft einige Monate nach der Unterzeichnung dieses Vertrags erfolgt.


    ( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

    ( 2 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (ABl. 2006, L 157, S. 87).

    ( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses (ABl. 2014, L 158, S. 196).

    ( 4 ) Art. 22a erfasst zwei Kategorien von Personen: a) Abschlussprüfer und verantwortliche Prüfungspartner einer Prüfungsgesellschaft sowie b) die übrigen Gesellschafter der Prüfungsgesellschaften sowie die Angestellten derselben. Der hier mit der Sanktion belegte Abschlussprüfer gehörte zur ersten dieser Kategorien.

    ( 5 ) Die Regelung war bereits im ursprünglichen Wortlaut der Richtlinie 2006/43 enthalten (Art. 42 Abs. 3), jedoch nur für Unternehmen von öffentlichem Interesse. Die Anwendung auf die übrigen Einrichtungen, deren Abschlüsse der Prüfungspflicht unterliegen, erfolgt seit dem Jahr 2014.

    ( 6 ) Nach dem Vorlagebeschluss war in dieser Rechtssache der Zeitraum von zwei Jahren einschlägig, was darauf hindeutet, dass das geprüfte Unternehmen ein Unternehmen von öffentlichem Interesse war.

    ( 7 ) Bei diesem Ausschuss handelt es sich um ein amtliches Organ des Patentti- ja rekisterihallituksen tilintarkastuslautakunta (Amt für geistiges Eigentum, Finnland).

    ( 8 ) Abschlussprüfungsgesetz 1141/2015 vom 18. September 2015, im Folgenden: Abschlussprüfungsgesetz.

    ( 9 ) Rn. 4, 5 und 6 des Vorlagebeschlusses.

    ( 10 ) Rn. 7, 8 und 9 des Vorlagebeschlusses.

    ( 11 ) Die Parteien des Rechtsstreits haben über den Zeitpunkt der „Beendigung der Funktion als gesetzlicher Abschlussprüfer oder hauptverantwortlicher Prüfer“ als Beginn der Verbotsfrist gestritten, aber das vorlegende Gericht hat zu diesem Aspekt, der im Vorabentscheidungsersuchen nicht angesprochen wird, keine Frage gestellt.

    ( 12 ) Art. 54 Abs. 3 Buchst. g.

    ( 13 ) Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl. 1978, L 222, S. 11).

    ( 14 ) Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. 1983, L 193, S. 1).

    ( 15 ) Achte Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen (ABl. 1984, L 126, S. 20).

    ( 16 ) Diese Erwähnung im dritten Erwägungsgrund findet in Art. 3 (in Bezug auf die Ehrenhaftigkeit) sowie in den Art. 24 und 27 (in Bezug auf die Unabhängigkeit) der Achten Richtlinie ihren Niederschlag.

    ( 17 ) Vgl. etwa das Grünbuch der Kommission vom 24. Juli 1996 – Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers in der Europäischen Union (ABl. 1996, C 321, S. 1), die Mitteilung der Kommission betreffend die Abschlussprüfung in der Europäischen Union: künftiges Vorgehen (ABl. 1998, C 143, S. 12), die Empfehlung der Kommission vom 16. Mai 2002 – Unabhängigkeit des Abschlussprüfers in der EU – Grundprinzipien (ABl. 2002, L 191, S. 22, im Folgenden: Empfehlung der Kommission) oder die Mitteilung vom 21. Mai 2003 Stärkung der Abschlussprüfung in der EU (ABl. 2003, C 236, S. 2).

    ( 18 ) Wie von der Kommission im Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates begründet (KOM[2004] 177).

    ( 19 ) Die neue Gesetzgebung hat der Politik zur Abschlussprüfung aufgrund der „jüngste[n] Flut von Skandalen in den USA und der EU, die … deutlich gemacht [hat], wie wichtig die Abschlussprüfung für die Glaubwürdigkeit und die Verlässlichkeit des Jahresabschlusses von Unternehmen ist“, eine neue Richtung gegeben. Diese Skandale haben in den Vereinigten Staaten von Amerika zur Annahme des „Sarbanes-Oxley Act of 2002“ geführt, der die Regelungen zur Erbringung und Überwachung von Audit-Dienstleistungen inhaltlich verdichtet. Zu den dortigen Maßnahmen gehört die Einführung einer Sperrfrist („cooling-off-period“), die der hier in Rede stehenden ähnlich ist.

    ( 20 ) Gemäß Art. 42 Abs. 3 darf „[d]er Abschlussprüfer oder der verantwortliche Prüfungspartner, der eine Abschlussprüfung im Auftrag einer Prüfungsgesellschaft durchführt, … mindestens zwei Jahre, nachdem er als Abschlussprüfer oder verantwortlicher Prüfungspartner von dem Prüfungsmandat zurückgetreten ist, keine wichtige Führungsposition in dem geprüften Unternehmen übernehmen“.

    ( 21 ) Die geänderte Fassung von Art. 22 fordert die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers „sowohl für den Zeitraum …, auf den sich die zu prüfenden Abschlüsse beziehen, als auch für die Dauer der Abschlussprüfung“ und bietet eine detailliertere Regelung der Pflichten der Abschlussprüfer gegenüber möglichen Bedrohungen ihrer Unabhängigkeit.

    ( 22 ) So die französische Fassung („occuper un poste“).

    ( 23 ) Insbesondere die italienische Fassung („accettare una funzione dirigenziale di rilievo nell’ente sottoposto a revisione“) macht durch die Formulierung deutlich, dass die Annahme der Position genügt und dass es nicht notwendigerweise auf deren tatsächliche Ausübung ankommt. Der Begriff „asuma“ in der spanischen bzw. portugiesischen Fassung („assume posições de gestão funtais na entidade audiada“) könnte ebenfalls im Sinne einer bloßen Annahme der Position verstanden werden. Auch das in der finnischen Fassung verwendete Verb „vastaanottaa“ ließe zu, die bloße Annahme in einem näher an der deutschen („übernehmen“) und der englischen Fassung („take up a key management position“) angesiedelten Sinn genügen zu lassen.

    ( 24 ) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann eine rein wörtliche Auslegung einer oder mehrerer Sprachfassungen eines in mehreren Sprachen abgefassten Textes des Unionsrechts nicht ohne Weiteres Vorrang vor den übrigen haben, da die einheitliche Anwendung der Bestimmungen des Unionsrechts verlangt, sie im Licht aller Sprachfassungen auszulegen. Vgl. hierzu neben vielen anderen das Urteil vom 26. September 2013, Kommission/Spanien (C‑189/11, EU:C:2013:587, Rn. 56).

    ( 25 ) „Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden“ (Urteil vom 3. September 2020, Niki Luftfahrt, C‑530/19, EU:C:2020:635, Rn. 23).

    ( 26 ) Nr. 13 der schriftlichen Erklärungen der Kommission.

    ( 27 ) Nr. 9 des Vorlagebeschlusses.

    ( 28 ) Hinsichtlich der übrigen beteiligten Abschlussprüfer nimmt die Regel Bezug auf den Zeitpunkt, zu dem sie unmittelbar an der Ausarbeitung des Bestätigungsvermerks mitwirken.

    ( 29 )

    ( 30 ) In den Erwägungsgründen 1 und 2 dieser Empfehlung heißt es: „Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers ist für das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Bestätigungsvermerk von grundlegender Bedeutung. Sie erhöht die Glaubwürdigkeit der veröffentlichten Finanzinformationen und stellt für Anleger, Gläubiger, Arbeitnehmer und andere Interessengruppen einen zusätzlichen Wert dar. Dies gilt insbesondere für Unternehmen von öffentlichem Interesse (wie börsennotierte Unternehmen, Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften, OGAW und Wertpapierfirmen). … Für den Berufsstand der Abschlussprüfer ist die Unabhängigkeit das wirksamste Mittel, um der Öffentlichkeit und den Regulierungsbehörden gegenüber darzulegen, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften ihre Tätigkeit nach anerkannten Berufsgrundsätzen, insbesondere denen der Integrität und Objektivität, ausüben.“

    ( 31 ) Gemäß Art. 4 der Richtlinie 2006/43 „[d]ürfen die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats … die Zulassung nur natürlichen oder juristischen Personen mit gutem Leumund erteilen“. Ähnlich auch Art. 3 der Achten Richtlinie, der Bezug nimmt auf „Personen, die ehrenhaft sind“.

    ( 32 ) Im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/43 heißt es: „Die Funktion eines Abschlussprüfers für das öffentliche Interesse erwächst aus der Tatsache, dass ein breiter Kreis von Personen und Einrichtungen sich auf die Qualität seiner Arbeit verlässt. Eine gute Prüfungsqualität trägt zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte bei, indem die Integrität und Effizienz der Abschlüsse erhöht wird.“

    ( 33 ) Die nordamerikanische Herangehensweise ist ähnlich. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten führt aus: „[T]he SEC requires the filing of audited financial statements to obviate the fear of loss from reliance on inaccurate information, thereby encouraging public investment in the Nation’s industries. It is therefore not enough that financial statements be accurate; the public must also perceive them as being accurate. Public faith in the reliability of a corporation’s financial statements depends on the public perception of the outside auditor as an independent professional. … If investors were to view the auditor as an advocate for the corporate client, the value of the audit function itself might well be lost“ (Hervorhebung im Original, United States v. Arthur Young and Co., 465 US 805, 819 Nr. 15 [1984]).

    Üles