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Document 62017CC0705

Schlussanträge des Generalanwalts G. Pitruzzella vom 6. März 2019.
Patent-och registreringsverket gegen Mats Hansson.
Vorabentscheidungsersuchen des Svea hovrätt, Patent- och marknadsöverdomstolen.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Marken – Richtlinie 2008/95/EG – Art. 4 Abs. 1 Buchst. b – Verwechslungsgefahr – Gesamteindruck – Ältere Marke, die mit einer Verzichtserklärung (Disclaimer) eingetragen worden ist – Auswirkungen eines solchen Verzichts auf den Schutzumfang der älteren Marke.
Rechtssache C-705/17.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:175

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GIOVANNI PITRUZZELLA

vom 6. März 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑705/17

Patent- och registreringsverket

gegen

Mats Hansson

(Vorabentscheidungsersuchen des Svea hovrätt [Berufungsgericht Stockholm, Schweden])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Marken – Richtlinie 2008/95 – Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe aufgrund des Entgegenstehens älterer Rechte – Ältere Marke, die eine von einer Verzichtserklärung (Disclaimer) erfasste geografische Herkunftsangabe enthält – Auswirkung dieser Erklärung auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr“

1. 

In den Rechtsordnungen, die dies vorsehen, kann der Eintragung einer Marke eine Verzichtserklärung hinzugefügt werden, ein sogenannter „Disclaimer“, wenn die Anmeldung ein komplexes oder zusammengesetztes Zeichen zum Gegenstand hat, das einen oder mehrere beschreibende Begriffe oder Gattungsbegriffe für eine oder mehrere von der Anmeldung erfasste Waren oder Dienstleistungen enthält. Mit diesem Disclaimer, der – je nach dem maßgeblichen Recht – vom Anmelder von sich aus angeboten oder von der zuständigen Behörde als Eintragungsvoraussetzung auferlegt werden kann, soll klargestellt werden, dass (der oder) die beschreibenden und nicht unterscheidungskräftigen Begriffe des Zeichens, dessen Eintragung beantragt wird, nicht Gegenstand des ausschließlichen Rechts sind und somit weiterhin frei verfügbar sind ( 2 ). Der Markeninhaber ist daher nicht berechtigt, die Verwendung dieser Begriffe durch andere Unternehmen zu verhindern.

2. 

Die oben beschriebene Verwendung von Disclaimern ist nach schwedischem Recht zulässig. Mit dem Vorabentscheidungsersuchen, das Gegenstand der vorliegenden Schlussanträge ist, möchte das Svea hovrätt, Patent- och marknadsöverdomstolen (Berufungsgericht, Patent- und Marktgericht, Stockholm, Schweden), vom Gerichtshof wissen, ob und inwiefern im Fall eines Konflikts zwischen einem Zeichen, dessen Eintragung als Marke beantragt wird, und einer älteren Marke der Umstand, dass ein Bestandteil der älteren Marke von einem Disclaimer erfasst wird, sich auf die gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 ( 3 ) vorzunehmende Beurteilung der Verwechslungsgefahr auswirkt.

3. 

Diese Frage stellt sich im Rahmen eines Rechtsstreits über die Zurückweisung einer Anmeldung einer nationalen Wortmarke von Mats Hansson durch das Patent- och registreringsverk (schwedisches Amt für geistiges Eigentum, im Folgenden: PRV).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

4.

Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 lautet:

„(1)   Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

b)

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“ ( 4 )

5.

Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 hat folgenden Wortlaut:

„(1)   Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

b)

ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“ ( 5 )

Nationales Recht

6.

§ 10 Abs. 1 Nr. 2 des Kapitels 1 Varumärkeslagen (2010:1877) (Gesetz Nr. 1877 von 2010 über Marken, im Folgenden: Gesetz von 2010) ( 6 ), der Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 in schwedisches Recht umsetzt, definiert den Inhalt des ausschließlichen Rechts, das dem Inhaber einer eingetragenen Marke gegen die Benutzung von Zeichen, bei denen die Gefahr einer Verwechslung oder einer gedanklichen Verbindung mit dieser Marke besteht, durch dazu nicht berechtigte Dritte eingeräumt wird.

7.

Nach § 5 des Kapitels 2 des Gesetzes von 2010, der Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 in schwedisches Recht umsetzt, setzt die Eintragung einer Marke voraus, dass die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die ihre Eintragung beantragt wird, Unterscheidungskraft besitzt.

8.

Gemäß § 12 Abs. 1 des Kapitels 2 des Gesetzes von 2010 kann, wenn eine Marke einen Bestandteil enthält, der für sich genommen nicht eingetragen werden kann, und ein offensichtliches Risiko besteht, dass die Eintragung zu einer Unsicherheit über den Umfang des ihrem Inhaber eingeräumten ausschließlichen Rechts führt, dieser Bestandteil ausdrücklich vom Schutz durch die Eintragung ausgenommen werden. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift kann dieser Bestandteil oder die Marke insgesamt, wenn dieser Bestandteil später die Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt, nach einer neuen Anmeldung ohne den Ausschluss im Sinne von Abs. 1 eingetragen werden.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9.

Am 16. Dezember 2015 meldete Herr Mats Hansson, Rechtsmittelgegner des Ausgangsverfahrens, beim PRV, Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens, das Wort ROSLAGSÖL als nationale Wortmarke für Waren der Klasse 32 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung (im Folgenden: Abkommen von Nizza) und insbesondere für nichtalkoholische Getränke und Biere an (im Folgenden: angemeldete Marke).

10.

Mit Entscheidung vom 14. Juli 2016 wies das PRV die Anmeldung wegen der zwischen der angemeldeten Marke und der nachfolgend dargestellten älteren Bildmarke ROSLAGS PUNSCH (im Folgenden: ältere Marke) bestehenden Verwechslungsgefahr zurück:

Image

Diese ältere Marke ist für alkoholische Getränke der Klasse 33 im Sinne des Abkommen von Nizza eingetragen, und ihr Inhaber ist seit 2007 die Gesellschaft Norrtelje Brenneri Aktiebolag ( 7 ). Sie ist mit folgendem Vermerk eingetragen worden: „Die Eintragung verleiht kein ausschließliches Recht an dem Wort ‚Roslagspunsch‘“.

11.

Das Wort „Roslagen“ bezeichnet eine Region an der Ostküste Schwedens.

12.

Das PRV ging vom Vorliegen einer Verwechslungsgefahr aus und stützte sich dabei zum einen auf den Umstand, dass die einander gegenüberstehenden Marken mit dem beschreibenden Begriff „Roslags“ begönnen, der in beiden Zeichen einen dominierenden Charakter habe, und zum anderen darauf, dass diese Marken für die Benutzung für identische oder ähnliche Waren bestimmt seien, die gemeinsame Vertriebskanäle und Kunden haben könnten.

13.

Herr Hansson focht die Entscheidung des PRV vom 14. Juli 2016 beim Patent- och marknadsdomstol (Patent- und Marktgericht, Schweden) an und machte dabei zum einen geltend, dass es an einer Ähnlichkeit zwischen der angemeldeten Wortmarke und der älteren Bildmarke fehle, und zum anderen, dass das Wort „Roslagen“ allgemein von Unternehmen, die in der in Rede stehenden Region ansässig seien, in Unterscheidungszeichen verwendet werde. Im Verfahren vor dem Patent- och marknadsdomstol (Patent- und Marktgericht) haben die Parteien zur Wirkung des der Eintragung der älteren Marke beigefügten Disclaimers Stellung genommen. Das PRV machte geltend, dass im Regelfall die Bestandteile einer Marke, die durch den Disclaimer vom Markenschutz ausgenommen seien, als nicht unterscheidungskräftig anzusehen seien und daher bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht zu berücksichtigen seien. Das PRV merkte allerdings an, dass sich seine Praxis bei der Eintragung von geografischen Bezeichnungen im Laufe der Zeit geändert habe und dass nach den derzeit angewandten Regeln das in der älteren Marke enthaltene Wort „Roslags“ trotz des Disclaimers berücksichtigt werden müsse, um das Vorliegen eines auf einer Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke beruhenden Eintragungshindernisses zu beurteilen ( 8 ).

14.

Der Patent- och marknadsdomstol (Patent- und Marktgericht) gab der Klage von Herrn Hansson statt. Er stellte im Wesentlichen fest, dass die Worte „Roslags“ und „Punsch“ bei der Bewertung der zwischen den einander gegenüberstehenden Marken bestehenden Verwechslungsgefahr wegen ihrer Auswirkung auf den Gesamteindruck der älteren Marke trotz des Disclaimers berücksichtigt werden müssten. Jedoch wies dieses Gericht zum einen darauf hin, dass aufgrund der Bildbestandteile der älteren Marke sowie des Umstands, dass sich der Wortbestandteil dieser Marke aus zwei getrennten Begriffen zusammensetze, beide Marken visuell unterschieden werden könnten, und zum anderen darauf, dass der Unterschied zwischen dem Wortbestandteil „punsch“ in der älteren Marke und den Buchstaben, aus denen sich der Begriff „öl“ am Ende des Wortes, aus dem die angemeldete Marke bestehe, zusammensetze, dazu führe, dass die Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken in klanglicher Hinsicht gering sei. Unter Berücksichtigung des ebenfalls geringen Ähnlichkeitsgrads zwischen den in Rede stehenden Waren kam der Patent- och marknadsdomstol (Patent- und Marktgericht) daher zu dem Ergebnis, dass keine Verwechslungsgefahr vorliege.

15.

Das PRV legte gegen das erstinstanzliche Urteil ein Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht ein.

16.

Dieses Gericht führt aus, dass, während die Vorschriften des materiellen Rechts über den Markenschutz durch die Richtlinie 2008/95 vollständig harmonisiert würden, die Verfahrensregeln grundsätzlich weiterhin in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verblieben. Es fragt sich, ob eine nationale Vorschrift, die bei der Eintragung einer Marke die Beifügung eines Disclaimers zulasse, als eine Verfahrensregel eingestuft werden könne, wenn sie zur Folge habe, dass die Kriterien geändert würden, auf deren Grundlage die Bewertung des Gesamteindrucks der Marke im Hinblick auf die Prüfung der Verwechslungsgefahr gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 vorzunehmen sei.

17.

Das vorlegende Gericht fragt sich zudem, ob diese Bestimmung dem entgegensteht, dass die von einem Disclaimer erfassten Bestandteile einer Marke von der Prüfung der Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sind, oder dem, dass ihnen im Rahmen dieser Prüfung eine geringere Bedeutung als im Fall des Fehlens eines Disclaimers beigemessen wird.

18.

Insoweit stellt das vorlegende Gericht fest, dass in einem Urteil von 1991 ( 9 ) der Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden, vormals Regeringsrätten), seinerzeit letztinstanzliches Gericht in Markensachen, festgestellt habe, dass die von einem Disclaimer erfassten Bestandteile einer eingetragenen Marke bei der Bestimmung des Gesamteindrucks dieser Marke im Hinblick auf die Beurteilung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr mit einem jüngeren Zeichen berücksichtigt werden müssten. Jedoch seien in jüngeren Urteilen nicht letztinstanzlicher Gerichte die von einem Disclaimer erfassten Bestandteile als nicht unterscheidungskräftig beurteilt worden, so dass ihnen im Rahmen der Bestimmung des Gesamteindrucks der Marke lediglich eine untergeordnete Bedeutung beigemessen worden sei ( 10 ).

19.

In diesem Kontext hat das Svea hovrätt (Berufungsgericht Stockholm) mit Entscheidung vom 20. November 2017 das bei ihm anhängige Verfahren ausgesetzt und die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen, dass die Gesamtbeurteilung aller relevanten Faktoren, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr durchzuführen ist, dadurch beeinflusst werden kann, dass ein Bestandteil der Marke bei der Eintragung ausdrücklich vom Schutz ausgenommen wurde, d. h., dass ein sogenannter Disclaimer in die Eintragung aufgenommen wurde?

Wenn die erste Frage bejaht wird: Kann der Disclaimer in einem solchen Fall die Gesamtbeurteilung dahin beeinflussen, dass die zuständige Behörde den fraglichen Bestandteil zwar berücksichtigt, ihm aber eine begrenztere Bedeutung beimisst, so dass er selbst dann nicht als unterscheidungskräftig angesehen wird, wenn der Bestandteil in der älteren Marke tatsächlich unterscheidungskräftig und dominierend wäre?

Wenn die erste Frage bejaht und die zweite Frage verneint wird: Kann sich der Disclaimer dennoch in irgendeiner anderen Weise auf die Gesamtbeurteilung auswirken?

Verfahren vor dem Gerichtshof

20.

Das PRV, Herr Hansson und die Kommission haben vor dem Gerichtshof gemäß Art. 23 der Satzung schriftliche Erklärungen abgegeben. Diese Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 13. Dezember 2018 mündlich verhandelt.

Rechtliche Würdigung

21.

Mit den drei – zusammen zu prüfenden – Fragen, die Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens sind, möchte das Svea hovrätt (Berufungsgericht Stockholm) im Wesentlichen wissen, ob und gegebenenfalls inwiefern der Umstand, dass ein Bestandteil einer älteren Marke von einem Disclaimer erfasst wird, sich auf die Prüfung der Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 auswirkt.

22.

Obwohl in der Richtlinie 2008/95 nicht ausdrücklich auf das Institut des Disclaimers, das nur in wenigen Mitgliedstaaten vorgesehen ist ( 11 ), Bezug genommen wird, kann es nicht per se als mit dieser Richtlinie unvereinbar angesehen werden ( 12 ). Denn wie sich aus ihrem vierten Erwägungsgrund ergibt, wird mit der Richtlinie nicht das Ziel einer vollständigen Angleichung der Markenrechte der Mitgliedstaaten verfolgt, sondern es sollen mit ihr nur diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften harmonisiert werden, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken ( 13 ), wie z. B. die über die Bedingungen für den Erwerb und die Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke ( 14 ), wobei es den Mitgliedstaaten u. a. „freisteh[t]“, die Verfahrensbestimmungen zu erlassen ( 15 ), zu denen auch die Vorschriften zur Regelung der Eintragung der Marken zu rechnen sind ( 16 ).

23.

Auch die Regelung der Unionsmarke, die parallel zu den harmonisierten nationalen Systemen existiert ( 17 ), hat während mehr als 20 Jahren die Eintragung von Zeichen, die nicht unterscheidungskräftige Bestandteile enthalten, unter der Voraussetzung zugelassen, dass der Anmelder auf Ersuchen der zuständigen Behörde, nämlich zunächst des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) und danach des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), eine Erklärung abgibt, mit der er sich verpflichtet, für diese Bestandteile kein Ausschließlichkeitsrecht zu beanspruchen ( 18 ).

24.

Die Vereinbarkeit des Rückgriffs auf Disclaimer mit der Richtlinie 2008/95 hängt jedoch davon ab, dass die Vorschriften dieser Richtlinie beachtet werden.

25.

So wäre z. B. die Verwendung von Disclaimern unzulässig, die die Eintragung von Marken ermöglichten, die sich ausschließlich aus beschreibenden oder nicht unterscheidungskräftigen Bestandteilen zusammensetzen ( 19 ), was in Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und b der Richtlinie 2008/95 stünde. Allgemeiner ausgedrückt: Da die Funktion des Disclaimers darin besteht, die Eintragung einer Marke zu ermöglichen, die zwar als Ganzes gesehen eintragungsfähig ist, aber Bestandteile enthält, die, für sich genommen, nicht eintragungsfähig sind, würde eine Verwendung des Disclaimers, die eine Aushebelung absoluter Eintragungshindernisse in Bezug auf die Marke ermöglichte, sowohl zu dieser Funktion als auch zu den Vorschriften der Richtlinie 2008/95 im Widerspruch stehen. Ebenso wenig kann ein Disclaimer zugelassen werden, der sich auf unterscheidungskräftige Bestandteile der angemeldeten Marke bezieht. Ein solcher Disclaimer verstieße nicht nur gegen die Vorschriften der Richtlinie 2008/95, die die Voraussetzungen für den Erwerb einer Marke regeln, sondern er begrenzte auch ungebührend die Tragweite des der Marke gewährten Schutzes, der nach der Intention der Richtlinie einheitlich sein soll ( 20 ).

26.

Im Ergebnis ist das Institut des Disclaimers nicht als solches mit der Richtlinie 2008/95 unvereinbar, soweit sich seine Funktion darauf beschränkt, gemäß dem Erfordernis einer größeren Transparenz und Rechtssicherheit die Grenzen des der eingetragenen Marke gewährten Schutzes (in Bezug auf bestimmte in der Marke enthaltene Bestandteile), so wie sie schon aus der Anwendung der in der Richtlinie 2008/95 vorgesehenen Bestimmungen über die absoluten Eintragungshindernisse hervorgehen, klarzustellen. Insoweit weise ich darauf hin, dass Art. 6 („Beschränkung der Wirkungen der Marke“) dieser Richtlinie in Abs. 1 Buchst. b klarstellt, dass die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht gewährt, einem Dritten zu verbieten, „Angaben ( 21 ) über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder über andere Merkmale der Ware oder Dienstleistung“ im geschäftlichen Verkehr zu benutzen ( 22 ), womit allgemein bekräftigt wird, dass solche Angaben – die für sich genommen nicht als Marken eintragen werden können ( 23 ) – auch dann frei verfügbar sind, wenn sie Bestandteile von zusammengesetzten oder komplexen Zeichen sind, die eingetragen wurden ( 24 ).

27.

Wenn nun die Eintragung einer Marke unter Beifügung eines Disclaimers – im Rahmen der oben dargestellten Grenzen – als mit der Richtlinie 2008/95 und damit auch mit der Richtlinie 2015/2436 vereinbar anzusehen ist, ist – worum das vorlegende Gericht den Gerichtshof ersucht – zu prüfen, welches die Folgen einer solchen Verzichtserklärung sind, wenn sich die Marke und ein jüngeres Zeichen gegenüberstehen.

28.

Der der Marke gewährte Schutz beinhaltet gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 für den Inhaber der Marke das Recht, es Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr „ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“. Entsprechend bestimmt Art. 4 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, soweit eine solche Verwechslungsgefahr mit einer älteren Marke besteht.

29.

Die Verwechslungsgefahr stellt somit die „spezifische Voraussetzung für den Schutz“ dar, der der eingetragenen Marke mit der Richtlinie 2008/95 gewährt wird, insbesondere gegen die Benutzung nicht identischer Zeichen durch Dritte ( 25 ). Der Gerichtshof hat diese Voraussetzung als die Gefahr definiert, dass die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ( 26 ).

30.

Entsprechend dem elften Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95 ( 27 ) sind bei der Beurteilung, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, verschiedene Umstände zu berücksichtigen, insbesondere der Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist also unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen ( 28 ).

31.

Um insbesondere zu beurteilen, wie weit die Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen geht, ist der Grad ihrer Ähnlichkeit in Bild, Klang und Bedeutung zu bestimmen und gegebenenfalls – unter Berücksichtigung der Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen und der Bedingungen, unter denen sie vertrieben werden – zu bewerten, welche Bedeutung diesen einzelnen Faktoren beizumessen ist ( 29 ). Die Ähnlichkeit zwischen den in Rede stehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist umfassend zu beurteilen, wobei es entscheidend auf die Wahrnehmung dieser Zeichen durch den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen ankommt ( 30 ). Insoweit ist in der Rechtsprechung klargestellt worden, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet ( 31 ). Bei der umfassenden Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist demnach auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile zu berücksichtigen sind ( 32 ). Ferner hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Zeichen nicht darauf beschränkt bleiben darf, dass nur ein Bestandteil eines komplexen Zeichens berücksichtigt und mit einem anderen Zeichen verglichen wird, sondern dass die fraglichen Zeichen bei dem Vergleich jeweils als Ganzes zu prüfen sind ( 33 ). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof erläutert, dass grundsätzlich selbst ein Bestandteil, der nur eine schwache Unterscheidungskraft besitzt, den Gesamteindruck einer zusammengesetzten Marke prägen kann, da er sich insbesondere durch seine Position im Zeichen oder durch seine Größe „der Wahrnehmung des Verbrauchers aufdrängen und in sein Gedächtnis einprägen kann“ ( 34 ). Schließlich hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Bewertung der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen nicht abstrakt, sondern konkret vorzunehmen ist, wobei die Art und Weise zu berücksichtigen ist, in der der Verbraucher mit der Marke konfrontiert wird, und insbesondere zu beachten ist, dass „sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ ( 35 ).

32.

Aus den oben dargelegten Grundsätzen ergeben sich im Hinblick auf die Antwort, die auf die im Rahmen dieses Vorabentscheidungsersuchens aufgeworfenen Fragen zu geben ist, zwei grundlegende Hinweise.

33.

Zum Ersten ist, wie oben dargelegt, die Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen auf der Grundlage der Wahrnehmung durch das Publikum zu beurteilen. Diese Regel, deren Anwendungskriterien in der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts nach und nach entwickelt wurden, beruht auf der Funktion, die das Unionsrecht der Marke zuweist. In der Richtlinie 2008/95 (und jetzt in der Richtlinie 2015/2436) – wie auch in der Verordnung über die Unionsmarke ( 36 ) – wird die Marke in erster Linie aufgrund ihrer Unterscheidungsfunktion geschützt ( 37 ), d. h. als ein Zeichen, mit dem sich die betriebliche Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen identifizieren lässt. Mit der Verwechslungsgefahr als Voraussetzung für den der Marke gewährten Schutz soll sichergestellt werden, dass diese Funktion gegenüber den Personen, an die sich die Marke richtet, d. h. den Verbrauchern der mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, ungestört zum Tragen kommen kann.

34.

Wenn die Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr auf die Weise vorgenommen würde, dass einer der Bestandteile des älteren Zeichens von vornherein von dieser Beurteilung ausgenommen würde, hätte dies zur Folge, dass das Bild des Zeichens geändert würde, mit dem die maßgeblichen Verkehrskreise konfrontiert werden, so dass es erschwert würde, zu einer Beurteilung zu gelangen, die genau die Wahrnehmung des maßgeblichen Verbrauchers im konkreten Fall wiedergibt, was aber in der oben angeführten Rechtsprechung verlangt wird ( 38 ).

35.

Zum Zweiten ist gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts bei der Wahrnehmung als wichtigste Regel zu beachten, dass die Marke als Ganzes wahrgenommen wird. Zwar werden ihre verschiedenen Bestandteile getrennt analysiert, um ihre Bedeutung im Rahmen der Marke und ihre gegenseitigen Wechselwirkungen zu ermitteln, das Ziel dieser Analyse besteht aber darin, im Wege einer Synthese den von dem Zeichen insgesamt vermittelten Gesamteindruck festzustellen, so wie er von dem maßgeblichen Publikum im Gedächtnis behalten werden kann. Daraus ergeben sich zwei Folgen.

36.

Zum einen folgt daraus, dass, wenn die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, von der das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr abhängt ( 39 ), auf der Grundlage des dem Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen durch die Zeichen vermittelten Gesamteindrucks bewertet wird, der Inhaber einer komplexen Marke unabhängig vom Vorhandensein eines Disclaimers jedenfalls kein nur auf einen Teil der Marke bezogenes Ausschließlichkeitsrecht geltend machen kann. Denn der Schutz gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 ist allein gegen die Benutzung von Zeichen gerichtet, die mit der als Ganzes betrachteten Marke – und nicht mit ihren einzelnen Bestandteilen – verwechselt werden können. Damit wird die Funktion des Disclaimers noch mehr zu der eines bloßen Instruments zur Klarstellung der Grenzen des der Marke zukommenden Schutzes.

37.

Zum anderen spricht das Erfordernis, den von der Marke vermittelten Gesamteindruck zu rekonstruieren, dafür, den Vergleich zwischen den einander gegenüberstehenden Marken so vorzunehmen, dass dabei das Vorliegen eines Disclaimers keine Rolle spielt. Denn wenn man den von dem Disclaimer erfassten Bestandteil nicht berücksichtigte, so würde dies zum einen die konkret und entsprechend der Wahrnehmung durch das Publikum vorzunehmende Bestimmung dieses Gesamteindrucks verfälschen und zum anderen müssten dann die verschiedenen Bestandteile der Marke „voneinander getrennt“ werden, ein Vorgehen, das nicht nur unnatürlich ist, sondern sich auch als praktisch schwer durchführbar erweisen kann ( 40 ).

38.

Im Ergebnis vertrete ich, insbesondere in Anbetracht des Umstands, dass die Beurteilung der Ähnlichkeit von zwei einander gegenüberstehenden Zeichen so vorzunehmen ist, dass sie sich an der Publikumswahrnehmung orientiert und strikt den Grundsatz der Konkretheit beachtet, die Auffassung, dass das Vorhandensein eines Disclaimers hinsichtlich eines der Bestandteile der Marke, für die Schutz beansprucht wird, keinen Einfluss auf die für diese Beurteilung geltenden Maßstäbe haben darf, und zwar weder dadurch, dass ein solcher Bestandteil von der Bewertung ausgeschlossen wird, noch dadurch, dass ihm innerhalb der Marke eine andere Bedeutung oder Unterscheidungskraft als die tatsächlich vorhandene beigemessen wird. Die Bestimmung des von der Marke insgesamt vermittelten Gesamteindrucks im Wege einer Synthese muss sich auch in diesem Fall allein an der Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise orientieren.

39.

Wie oben bereits ausgeführt, ist die Ähnlichkeit zwischen einander gegenüberstehenden Zeichen nur einer der Faktoren, von denen ihre Verwechselbarkeit abhängt.

40.

Ob eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Herkunft gegeben ist, ist im Rahmen einer abschließenden Bewertung, die alle maßgeblichen Faktoren des Einzelfalls berücksichtigt und gewichtet, festzustellen ( 41 ).

41.

Auch im Rahmen dieser zusammenfassenden Beurteilung kommt der Wahrnehmung durch das Publikum eine zentrale Rolle zu ( 42 ). Wie der Gerichtshof wiederholt festgestellt hat, impliziert „[d]ie umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr … eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren“ ( 43 ). Wenn diese verschiedenen Faktoren und insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen miteinander in ein Verhältnis gesetzt und gegeneinander abgewogen werden, ist dabei auf die Sicht des maßgeblichen Publikums abzustellen. Damit, dass der Gerichtshof das Vorliegen einer Wechselwirkung zwischen den verschiedenen in Rede stehenden Faktoren anerkannt hat, soll die Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr so weit wie möglich mit der tatsächlichen Wahrnehmung durch dieses Publikum in Einklang gebracht werden.

42.

Zu den Faktoren, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind, hat der Gerichtshof auch den Grad der originären oder erworbenen Unterscheidungskraft der Marke, für die Schutz beansprucht wird, gerechnet ( 44 ).

43.

Diese mehr oder weniger große Unterscheidungskraft der Marke ist ebenfalls anhand der Wahrnehmung durch das maßgebliche Publikum und im Licht aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ( 45 ). Außerdem sind dabei alle Bestandteile der Marke zu berücksichtigen. Wenn von dieser Beurteilung ein Bestandteil einer komplexen Marke ausgenommen oder ihm eine andere Bedeutung als die ihm konkret zukommende beigemessen wird, so kann das die Gesamtbeurteilung der Unterscheidungskraft der Marke beeinflussen. Diese Unterscheidungskraft hängt von der Eignung des Zeichens ab, eine Botschaft zu vermitteln, die das Publikum zu den bezeichneten Waren oder Dienstleistungen in Beziehung setzen kann. Auch wenn diese Botschaft hauptsächlich mit den unterscheidungskräftigsten und dominierenden Bestandteilen der Marke vermittelt wird, so ist doch unter Bezugnahme auf das Zeichen in seiner Gesamtheit und damit im Licht aller seiner Bestandteile zu prüfen, inwieweit es zur Kennzeichnung der Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen geeignet ist.

44.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Unterscheidungskraft der Marke, deren Schutz beansprucht wird, zu einem Zeitpunkt bewertet wird, der nach der Anmeldung liegt ( 46 ).

45.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Bestandteil einer komplexen Marke, der zur Zeit der Anmeldung nur beschreibenden Charakter hatte, aber keine Unterscheidungskraft besaß, im Lauf der Zeit Unterscheidungskraft erworben hat, z. B. durch die Benutzung der Marke, insbesondere in Fällen, in denen dem in Rede stehenden Bestandteil in der Marke ein nicht unerhebliches Gewicht zukommt oder in denen er sogar den Gesamteindruck, der von der Marke beim maßgeblichen Publikum hervorgerufen wird, dominiert.

46.

Die Umstände des Ausgangsverfahrens beleuchten diese Feststellungen in klarer Weise. In der mündlichen Verhandlung hat sich gezeigt ( 47 ), dass das PRV in der Zeit zwischen der Anmeldung der älteren Marke und der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen dieser Marke und der angemeldeten Marke seine Praxis hinsichtlich der Eintragung von geografischen Herkunftsangaben geändert hat, indem es diese Praxis an die – den Regeln betreffend die Wahrnehmung besser entsprechenden – Kriterien ( 48 ), die vom Gerichtshof im Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230), aufgestellt wurden, angepasst hat, mit der Folge, dass auf der Grundlage der neuen Praxis nicht mehr davon auszugehen ist, dass der von dem Disclaimer erfasste Bestandteil der älteren Marke keine Unterscheidungskraft besitzt.

47.

Würde von der im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorzunehmenden Bewertung des Grads der Unterscheidungskraft der Marke einer ihrer Bestandteile nur deshalb ausgeschlossen, weil diesem Bestandteil als solchem auf der Grundlage der Prüfung zum Zeitpunkt der Eintragung keine Unterscheidungskraft zuerkannt wurde und deshalb die Aufnahme eines Disclaimers erforderlich war, dann könnte weder eine mögliche Entwicklung in Bezug auf die Wahrnehmung der Marke zwischen dem Zeitpunkt der Eintragung und jenem der Beurteilung der Verwechslungsgefahr noch irgendein anderer der Eintragung nachgelagerter Faktor, der eine solche Bewertung beeinflussen könnte, berücksichtigt werden.

48.

Dies würde nicht nur einer aktuellen, effektiven und konkreten Bestimmung der Unterscheidungskraft der Marke, wie sie bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr erforderlich ist, entgegenstehen, sondern könnte – angesichts der Wechselbeziehung zwischen den verschiedenen in die Bewertung einfließenden Faktoren ( 49 ) – auch zu einer fehlerhaften Beurteilung dieser Gefahr führen.

49.

Deshalb bin ich – im Einklang mit dem Ergebnis, zu dem ich im Zusammenhang mit der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen gekommen bin – der Auffassung, dass das Vorhandensein eines Disclaimers in Bezug auf einen der Bestandteile der Marke, für die Schutz beansprucht wird, weder die Bestimmung des Grads der Unterscheidungskraft dieser Marke noch die Gewichtung der verschiedenen in die abschließende Beurteilung der Verwechslungsgefahr einfließenden Faktoren und die Bewertung der Wechselbeziehung zwischen ihnen beeinflussen darf.

50.

Allgemeiner ausgedrückt darf das Vorhandensein eines Disclaimers, wie er im Ausgangsverfahren in Rede steht, nach meiner Auffassung nicht zu einer Änderung der auf Unionsebene harmonisierten Regeln für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr führen. Insbesondere rechtfertigt es der bloße Umstand, dass ein Bestandteil einer komplexen Marke, für die Schutz beansprucht wird, von einem Disclaimer erfasst wird, nicht, dass dieser Bestandteil automatisch von dieser Beurteilung ausgeschlossen wird oder dass die Rolle, die ihm bei der Bestimmung des Gesamteindrucks der Marke oder ihrer Unterscheidungskraft zukommt, in einer Weise gewürdigt wird, die nicht mit der Wahrnehmung durch das Publikum übereinstimmt. Meiner Auffassung nach rechtfertigt kein Freihaltebedürfnis eine Änderung dieser Regeln, die dazu führen könnte, dass die Eintragung von Zeichen zugelassen würde, die eine Verwechslungsgefahr hervorrufen könnten. Das Interesse der Wirtschaftsbeteiligten an einer freien Benutzung von Angaben oder Zeichen, die von ihnen vermarktete Waren oder Dienstleistungen beschreiben, ist hinreichend geschützt, und zwar erstens durch die Bestimmungen der Richtlinie 2008/95 über die absoluten Eintragungshindernisse und über die Beschränkung der Wirkungen der Marke, wie sie von mir oben dargestellt worden sind ( 50 ), zweitens durch den Umstand, dass die mit Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 gewährten Rechte es dem Inhaber einer komplexen Marke nicht erlauben, nur für einen der Bestandteile der Marke Schutz zu beanspruchen, und schließlich durch die Regeln über die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, nach denen diese Beurteilung insbesondere unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile der einander gegenüberstehenden Zeichen und der Unterscheidungskraft der Marke, für die Schutz beansprucht wird, vorzunehmen ist.

Ergebnis

51.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Fragen des Svea hovrätt (Berufungsgericht Stockholm, Schweden) zu antworten:

Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 ist dahin auszulegen, dass das Vorhandensein einer Verzichtserklärung (Disclaimer), wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, die einen der Bestandteile zum Gegenstand hat, aus denen sich die ältere Marke zusammensetzt, sich auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen dieser Marke und einem jüngeren Zeichen, für das die Eintragung als Marke beantragt wird, nicht auswirkt.


( 1 ) Originalsprache: Italienisch.

( 2 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. September 2016, Beiersdorf/EUIPO (Q10) (T‑4/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:447, Rn. 18), und vom 19. November 2009, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM (100 und 300) (T‑425/07 und T‑426/07, EU:T:2009:454, Rn. 19).

( 3 ) Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) (ABl. 2008, L 299, S. 25). Mit Wirkung vom 15. Januar 2019 wurde die Richtlinie 2008/95 aufgehoben und durch die nach dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in Kraft getretene Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) ersetzt.

( 4 ) Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2015/2436 hat einen so gut wie identischen Wortlaut.

( 5 ) Vgl. Art. 10 Abs. 2 Buchst. b.

( 6 ) Eine (nicht amtliche) englische Übersetzung des Textes des Gesetzes von 2010 ist auf der Website der Weltorganisation für geistiges Eigentum unter https://wipolex.wipo.int/en/text/290530 abrufbar.

( 7 ) Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass nach schwedischem Recht die Prüfung der Verwechslungsgefahr mit älteren Marken von Amts wegen im Zeitpunkt der Prüfung der Anmeldung erfolgt.

( 8 ) In der mündlichen Verhandlung hat das PRV hinsichtlich der im Vorlagebeschluss erwähnten Änderung der Praxis auf eine Frage des Gerichtshofs erklärt, es habe, während in der Vergangenheit ein Disclaimer generell Voraussetzung für die Eintragung von Zeichen gewesen sei, die auf eine geografische Bezeichnung bezogene Bestandteile enthalten hätten, in Anwendung des in Rn. 31 des Urteils vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230), angeführten Kriteriums seit 2012 begonnen, zwischen den Fällen, in denen die geografische Bezeichnung eine Verbindung zu der betreffenden Warengruppe aufweise, und den Fällen, in denen eine solche Verbindung nicht feststellbar sei, zu unterscheiden. In den erstgenannten Fällen werde die Eintragung derzeit abgelehnt, während sie in den zweitgenannten Fällen vorgenommen werden könne, ohne dass ein Disclaimer erforderlich sei.

( 9 ) RÅ 1991, ref. 10, MTV Music Television.

( 10 ) Das vorlegende Gericht führt als Beispiel das Urteil des Patentbesvärsrätt (Patentgericht) vom 3. Oktober 2011 in der Rechtssache Nr. 10‑136, BIOGEN, an.

( 11 ) Neben Schweden auch in Irland und Lettland, während im Vereinigten Königreich die von dem für die Eintragung zuständigen Amt vorgegebenen Disclaimer nunmehr abgeschafft sind, vgl. Max Planck Institute for Intellectual Property and Competition Law, Study on the overall functioning of the European Trade Mark System, 2013, abrufbar auf der Website https://publications.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/5f878564-9b8d-4624-ba68-72531215967e, S. 74, Nr. 2.40.

( 12 ) In diesem Sinne vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Koninklijke KPN Nederland (C‑363/99, EU:C:2002:65, Nr. 45). In dem Urteil in jener Rechtssache hat der Gerichtshof eine Beschränkung der Wirkungen der Eintragung ausgeschlossen, ohne dass er sich jedoch ausdrücklich zur Zulässigkeit der Verzichtserklärungen geäußert hat (vgl. Urteil vom 12. Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland, C‑363/99, EU:C:2004:86, Rn. 114 und 115).

( 13 ) Die Richtlinie 2015/2436 geht über die mit der Richtlinie 2008/95 vorgenommene beschränkte Angleichung hinaus und erstreckt sie auch auf andere Aspekte des materiellen und des prozessualen Rechts (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 8 und 9).

( 14 ) Vgl. den achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95. Vgl. in demselben Sinne den zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436.

( 15 ) Wie bereits festgestellt, nimmt die Richtlinie 2015/2436 eine stärkere Harmonisierung vor, indem damit, wie es im neunten Erwägungsgrund heißt, „die wichtigsten Verfahrensvorschriften im Bereich der Markeneintragung“ angeglichen werden, auch wenn sie sich darauf beschränkt, allgemeine Grundsätze aufzustellen, und es den Mitgliedstaaten überlässt, diese durch konkretere Regelungen auszugestalten.

( 16 ) Nach dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95 „steht [es den Mitgliedstaaten] beispielsweise zu, die Form der Verfahren für die Eintragung und die Ungültigerklärung festzulegen, zu bestimmen, ob ältere Rechte im Eintragungsverfahren oder im Verfahren zur Ungültigerklärung oder in beiden Verfahren geltend gemacht werden müssen, und – wenn ältere Rechte im Eintragungsverfahren geltend gemacht werden dürfen – ein Widerspruchsverfahren oder eine Prüfung von Amts wegen oder beides vorzusehen“ und zu regeln, welche Rechtswirkung dem Verfall oder der Ungültigerklärung einer Marke zukommt.

( 17 ) Vgl. den zweiten Erwägungsgrund der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) und den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436, nach dem „[d]ie Koexistenz und Ausgewogenheit der Markenrechtssysteme auf nationaler und Unionsebene … fester Bestandteil der Strategie [ist], die die Union im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verfolgt“.

( 18 ) Vgl. Art. 38 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) und Art. 37 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1). Letztgenannte Bestimmung galt bis zu ihrer Aufhebung mit Wirkung vom 23. März 2016 durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21, vgl. Art. 1 Nr. 35 Buchst. b und – bezüglich des Anwendungszeitpunkts – Art. 4 Abs. 1 und 2).

( 19 ) Vgl. in diesem Sinne zu Art. 37 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 Urteil vom 7. September 2016, Beiersdorf/EUIPO (Q10) (T‑4/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:447, Rn. 18), in dem das Gericht die Zulassung eines vom Anmelder angebotenen Disclaimers ausgeschlossen hat, der sich auf den Wortbestandteil einer zusammengesetzten Marke bezog, in der die Bildbestandteile aus der Farbe Gelb und der besonderen Stilisierung des Wortbestandteils „Q10“ bestanden. Die Feststellung, dass der von dem Disclaimer erfasste Wortbestandteil beherrschend sei und die Bildbestandteile nur verzierenden Charakter hätten, ließ das Gericht zu dem Schluss kommen, dass, wenn der Disclaimer zugelassen würde, in dem angemeldeten Zeichen kein unterscheidungskräftiger Bestandteil verbliebe, an dem ein ausschließliches Recht im Sinne von Art. 9 der Verordnung Nr. 207/2009 bestehen könnte.

( 20 ) Vgl. den zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95, wonach es „[z]ur Erleichterung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs“ von wesentlicher Bedeutung ist, „zu erreichen, dass die eingetragenen Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen“. Vgl. insoweit den zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436, wonach es „unbedingt gewährleistet sein [muss], dass eingetragene Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen“.

( 21 ) Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2015/2436 enthält neben dem schon in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 enthaltenen Verweis auf beschreibende „Angaben“ auch eine ergänzte Bezugnahme auf beschreibende „Zeichen“.

( 22 ) Gemäß Art. 6 Abs. 1 a. E. der Richtlinie 2008/95 muss diese Benutzung „den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel“ entsprechen. Zur Auslegung dieser Voraussetzung vgl. Urteil vom 7. Januar 2004, Gerolsteiner Brunnen (C‑100/02, EU:C:2004:11, zur Auslegung der entsprechenden Bestimmung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [ABl. 1989, L 40, S. 1], der Vorläuferin der Richtlinie 2008/95, Rn. 25), wonach der bloße Umstand, dass eine „klangliche Verwechslungsgefahr“ zwischen der in Rede stehenden geografischen Herkunftsangabe – auch soweit sie als Marke benutzt wird – und einer älteren Wortmarke besteht, für sich genommen nicht für die Annahme genügt, dass eine Benutzung dieser Angabe nicht diesen Gepflogenheiten entspricht.

( 23 ) Vgl. die entsprechende Formulierung in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/95 (und derzeit in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2015/2436), auch wenn beide Vorschriften, wie der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 28), und vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM (C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 59 bis 62), hervorgehoben hat, voneinander unabhängig sind.

( 24 ) Vgl. im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104 Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 28). Der Gerichtshof hat insoweit klargestellt, dass „Artikel 6 der Richtlinie 89/104 dadurch, dass er die dem Inhaber einer Marke nach Artikel 5 dieser Richtlinie zustehenden Rechte beschränkt, darauf abzielt, die grundsätzlichen Interessen des Markenschutzes einerseits und des freien Warenverkehrs sowie der Dienstleistungsfreiheit im Gemeinsamen Markt andererseits in der Weise in Einklang zu bringen, dass das Markenrecht seine Rolle als wesentlicher Teil eines Systems unverfälschten Wettbewerbs spielen kann, das der EG-Vertrag errichten und aufrechterhalten will“, vgl. Urteile vom 23. Februar 1999, BMW (C‑63/97, EU:C:1999:82, Rn. 62), und vom 7. Januar 2004, Gerolsteiner Brunnen (C‑100/02, EU:C:2004:11, Rn. 16).

( 25 ) Vgl. den elften Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95 und den 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436.

( 26 ) Vgl. insbesondere Urteile vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 17), vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594, Rn. 24 und 26), und vom 10. April 2008, adidas und adidas Benelux (C‑102/07, EU:C:2008:217, Rn. 28).

( 27 ) Vgl. in demselben Sinne 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436.

( 28 ) Vgl. Urteil vom 11. November 1997, SABEL (C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 22), vom 22. Juni 2000, Marca Mode (C‑425/98, EU:C:2000:339, Rn. 40), vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594, Rn. 27), vom 10. April 2008, adidas und adidas Benelux (C‑102/07, EU:C:2008:217, Rn. 29), und vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker (C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 33).

( 29 ) Vgl. Urteile vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker (C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 36), und vom 24. März 2011, Ferrero/HABM (C‑552/09 P, EU:C:2011:177, Rn. 85).

( 30 ) Vgl. Urteil vom 11. November 1997, SABEL (C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 23).

( 31 ) Vgl. u. a. Urteile vom 11. November 1997, SABEL (C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 23), vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker (C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35), und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM (C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 34).

( 32 ) Vgl. u. a. Urteile vom 11. November 1997, SABEL (C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 23), vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 25), vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker (C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35), und vom 3. September 2009, Aceites del Sur-Coosur/Koipe und HABM (C‑498/07 P, EU:C:2009:503, Rn. 60).

( 33 ) Vgl. insbesondere Urteile HABM/Shaker (C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41) und Aceites del Sur-Coosur/Koipe (C‑498/07 P, EU:C:2009:503, Rn. 61). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass für den von einer komplexen Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise vermittelten Gesamteindruck zwar unter bestimmten Umständen ein oder mehrere ihrer Bestandteile prägend sein können, dass die Ähnlichkeitsprüfung aber nur dann allein auf der Grundlage des dominierenden Bestandteils vorgenommen werden kann, wenn alle anderen Bestandteile der Marke zu vernachlässigen sind, vgl. Urteile HABM/Shaker (C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41 und 42), und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM (C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 42 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 34 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 2004, AVEX/HABM – Ahlers (a) (T‑115/02, EU:T:2004:234, Rn. 20), und vom 13. Juni 2006, Inex/HABM – Wiseman (Darstellung einer Kuhhaut) (T‑153/03, EU:T:2006:157, Rn. 32).

( 35 ) Vgl. u. a. Urteil vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 26).

( 36 ) Verordnung 2017/1001.

( 37 ) Vgl. u. a. Urteil vom 29. September 1998, Canon (C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 28).

( 38 ) Zwar muss sich eine solche Beurteilung auf die unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile der einander gegenüberstehenden Zeichen und nicht auf deren beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Bestandteile stützen, doch ist bei der Rekonstruktion der Gesamtwahrnehmung, die das jeweilige Zeichen beim Publikum hervorruft, auch das Verhältnis zwischen den verschiedenen Bestandteilen, aus denen es sich zusammensetzt, zu berücksichtigen.

( 39 ) Ich weise darauf hin, dass nach der Rechtsprechung bei fehlender Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen das Vorhandensein einer Verwechslungsgefahr automatisch auszuschließen ist, ohne dass die anderen Faktoren, von denen die Feststellung einer solchen Gefahr abhängt, geprüft werden müssten, vgl. u. a. Urteil vom 24. März 2011, Ferrero/HABM (C‑552/09 P, EU:C:2011:177, Rn. 65).

( 40 ) Zu denken ist hier gerade an die Umstände des Ausgangverfahrens, wo allein der Wortbestandteil von dem Disclaimer erfasst wird und nicht die besondere Stilisierung dieses Bestandteils.

( 41 ) Vgl. u. a. Urteil vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 18).

( 42 ) Vgl. u. a. Urteil vom 11. November 1997, SABEL (C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 23).

( 43 ) Vgl. Urteile vom 29. September 1998, Canon (C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17), und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 19).

( 44 ) Vgl. u. a. Urteile vom 11. November 1997, SABEL (C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 22 und 24), und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 20 ff.).

( 45 ) Im Urteil vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer (C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 23), hat der Gerichtshof festgestellt, dass bei der Bestimmung der Unterscheidungskraft einer Marke „insbesondere die Eigenschaften zu berücksichtigen [sind], die [sie] von Haus aus besitzt, einschließlich des Umstands, ob sie beschreibende Elemente in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, aufweist, des von der Marke gehaltenen Marktanteils, der Intensität, der geografischen Verbreitung und der Dauer der Benutzung dieser Marke, des Werbeaufwands des Unternehmens für die Marke, des Teils der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie der Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder von anderen Berufsverbänden“. Dieselben Kriterien werden im Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 51), bezüglich des Erwerbs von Unterscheidungskraft durch eine geografische Bezeichnung aufgrund ihrer Benutzung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 89/104 aufgeführt (zur erforderlichen Konkretheit der Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke siehe auch Rn. 52 jenes Urteils).

( 46 ) Im Urteil vom 27. April 2006, Levi Strauss (C‑145/05, EU:C:2006:264, Rn. 20), zu Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „das Gericht zur Bestimmung des Schutzumfangs einer Marke, die ordnungsgemäß aufgrund ihrer Unterscheidungskraft erworben wurde, die Auffassung der betroffenen Verkehrskreise zu dem Zeitpunkt berücksichtigen muss, zu dem die Benutzung des Zeichens begann, dessen Benutzung die betreffende Marke verletzt“. Wenn, wie im Ausgangsverfahren, die Prüfung im Hinblick auf die Eintragung des jüngeren Zeichens vorgenommen wird, so ist bei dieser Prüfung der Zeitpunkt der Anmeldung dieses Zeichens als maßgeblicher Zeitpunkt zugrunde zu legen.

( 47 ) Vgl. oben, Fn. 8.

( 48 ) Auf der Grundlage der vom Gerichtshof in jenem Urteil festgelegten Grundsätze hängt die mehr oder weniger ausgeprägte Unterscheidungskraft der Zeichen, die geografische Herkunftsangaben enthalten, von der Verbindung ab, die nach der Vorstellung des Publikums zwischen dem Ruf oder den Eigenschaften der mit der Marke bezeichneten Waren oder Dienstleistungen und dem mit ihr benannten Gebiet besteht, so dass diese Unterscheidungskraft strikt nach Maßgabe der Wahrnehmung durch den Verbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen ist.

( 49 ) Als Faktor, der bei der Beurteilung der Verwechselbarkeit zu berücksichtigen ist, muss die Unterscheidungskraft der Marke zu allen anderen maßgeblichen Gesichtspunkten in Bezug gesetzt werden, um eine möglichst konkrete Beurteilung zu erreichen. So hat der Gerichtshof schon mehrfach festgestellt, dass die Unterscheidungskraft der Marke, für die Schutz beansprucht wird, eines von mehreren Elementen darstellt, die bei der Gesamtbewertung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind (vgl. insbesondere Beschlüsse vom 29. November 2012, Hrbek/HABM, C‑42/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:765, Rn. 61, und vom 2. Oktober 2014, Przedsiębiorstwo Handlowe Medox Lepiarz/HABM, C‑91/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2261, Rn. 22; Urteil vom 8. November 2016, BSH/EUIPO, C‑43/15 P, EU:C:2016:837, Rn. 61), und dass die Verwechslungsgefahr zwar umso größer ist, je größer die Unterscheidungskraft der älteren Marke ist, aber nicht ausgeschlossen ist, wenn die Unterscheidungskraft der älteren Marke gering ist (vgl. u. a. Beschluss vom 19. November 2015, Fetim/HABM, C‑190/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:778, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil BSH/EUIPO, C‑43/15 P, Rn. 62), namentlich aufgrund einer Ähnlichkeit der Zeichen und der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen (vgl. u. a. Beschlüsse vom 2. Oktober 2014, Przedsiębiorstwo Handlowe Medox Lepiarz/HABM, C‑91/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2261, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. Mai 2015, Adler Modemärkte/HABM, C‑343/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:310, Rn. 59; Urteil BSH/EUIPO, C‑43/15 P, Rn. 63).

( 50 ) Vgl. Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge.

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