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Document 62015CJ0649

Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 9. November 2017.
TV2/Danmark A/S gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Öffentlich‑rechtlicher Rundfunk – Maßnahmen der dänischen Behörden zugunsten der dänischen Rundfunkanstalt TV2/Danmark – Begriff ‚staatliche Beihilfen oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen‘ – Urteil Altmark.
Rechtssache C-649/15 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2017:835

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

9. November 2017 ( *1 )

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Öffentlich‑rechtlicher Rundfunk – Maßnahmen der dänischen Behörden zugunsten der dänischen Rundfunkanstalt TV2/Danmark – Begriff ‚staatliche Beihilfen oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen‘ – Urteil Altmark“

In der Rechtssache C‑649/15 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. Dezember 2015,

TV2/Danmark A/S mit Sitz in Odense (Dänemark), Prozessbevollmächtigter: O. Koktvedgaard, advokat,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche, B. Stromsky und L. Grønfeldt als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Königreich Dänemark, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten im Beistand von R. Holdgaard, advokat,

Viasat Broadcasting UK Ltd mit Sitz in West Drayton (Vereinigtes Königreich), vertreten durch S. Kalsmose-Hjelmborg und M. Honoré, advokater,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter C. G. Fernlund, A. Arabadjiev, S. Rodin und E. Regan,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. Mai 2017

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die TV2/Danmark A/S die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. September 2015, TV2/Danmark/Kommission (T‑674/11, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2015:684), mit dem dieses den Beschluss 2011/839/EU der Kommission vom 20. April 2011 zu den Maßnahmen Dänemarks (Beihilfe C 2/03) zugunsten von TV2/Danmark (ABl. 2011, L 340, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit die Kommission die über den Fonds TV2 auf TV2/Danmark übertragenen Werbeeinnahmen der Jahre 1995 und 1996 als staatliche Beihilfen angesehen hat, für nichtig erklärt und die Klage von TV2/Danmark im Übrigen abgewiesen hat.

Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt

2

TV2/Danmark ist eine dänische Rundfunkanstalt, die 1986 gegründet wurde. Zunächst in der Rechtsform eines autonomen staatlichen Unternehmens errichtet, wurde sie mit buchhalterischer und steuerlicher Wirkung zum 1. Januar 2003 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. TV2/Danmark ist der zweite öffentlich-rechtliche Fernsehsender in Dänemark, während Danmarks Radio der erste ist.

3

TV2/Danmark hat den Auftrag, nationale und regionale Fernsehprogramme zu produzieren und auszustrahlen. Die Ausstrahlung kann über Rundfunkanlagen, darunter Satelliten- und Kabelsysteme, erfolgen. Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen von TV2/Danmark werden vom Minister für Kultur festgelegt.

4

Neben den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind auf dem gesamten dänischen Fernsehmarkt auch kommerzielle Rundfunkunternehmen tätig. Dabei handelt es sich insbesondere um die Viasat Broadcasting UK Ltd (im Folgenden: Viasat) und die Gruppe, die aus den Gesellschaften SBS TV A/S und SBS Danish Television Ltd (im Folgenden: SBS) besteht.

5

TV2/Danmark wurde ursprünglich mit Hilfe eines zinspflichtigen staatlichen Darlehens gegründet, und ihre Tätigkeit sollte – ebenso wie die Tätigkeit von Danmarks Radio – durch das Aufkommen aus den von allen dänischen Fernsehzuschauern entrichteten Rundfunkgebühren finanziert werden. Der dänische Gesetzgeber beschloss jedoch, TV2/Danmark im Gegensatz zu Danmarks Radio auch die Möglichkeit einzuräumen, Einnahmen u. a. aus der Werbung zu erzielen.

6

Infolge einer Beschwerde, die am 5. April 2000 von SBS Broadcasting SA/TV Danmark eingelegt wurde, überprüfte die Kommission in ihrer Entscheidung 2006/217/EG vom 19. Mai 2004 über die Beihilfen Dänemarks für TV2/Danmark (ABl. 2006, L 85, S. 1, Berichtigung im ABl. 2006, L 368, S. 112, im Folgenden: Entscheidung TV2 I) das System zur Finanzierung von TV2/Danmark. Die Entscheidung erfasste den Zeitraum von 1995 bis 2002 und betraf die folgenden Maßnahmen: die Einnahmen aus Rundfunk- und Fernsehgebühren, die Mittelübertragungen aus den Fonds zur Finanzierung von TV2/Danmark (Fonds TV2 und Radiofonden), die gewährten Ad-hoc-Mittel, die Befreiung von der Körperschaftsteuer, die zins- und tilgungsfreien Darlehen, die TV2 im Rahmen ihrer Gründung gewährt worden waren, die staatliche Bürgschaft für die Betriebsdarlehen sowie die günstigen Bedingungen für die Zahlung der Gebühren für die landesweite Sendefrequenz (im Folgenden: die fraglichen Maßnahmen). Die Untersuchung der Kommission betraf außerdem die TV2/Danmark erteilte Rundfunk- und Fernsehlizenz für vernetzte örtliche Frequenzen und die Verpflichtung sämtlicher Betreiber von Gemeinschaftsantennen, das öffentlich-rechtliche Programm von TV2/Danmark über ihre Anlagen auszustrahlen.

7

Nach der Prüfung der fraglichen Maßnahmen kam die Kommission zu dem Schluss, dass sie staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, da das System zur Finanzierung von TV2/Danmark, das die aus den gemeinwirtschaftlichen Leistungen erwachsenden Kosten habe ausgleichen sollen, die zweite und die vierte Voraussetzung nicht erfülle, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415, im Folgenden in Bezug auf die genannten Voraussetzungen: Altmark-Voraussetzungen), aufgestellt habe.

8

Darüber hinaus stellte die Kommission fest, dass die genannten Beihilfen, die das Königreich Dänemark TV2/Danmark zwischen 1995 und 2002 gewährt habe, gemäß Art. 106 Abs. 2 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, ausgenommen ein Betrag in Höhe von 628,2 Mio. DKK (etwa 84,45 Mio. Euro), den sie als „Überkompensierung“ einstufte. Daher gab die Kommission dem Königreich Dänemark auf, diesen Betrag zuzüglich Zinsen von TV2/Danmark zurückzufordern.

9

Die Entscheidung TV2 I wurde mit vier Nichtigkeitsklagen angefochten, die zum einen von TV2/Danmark (Rechtssache T‑309/04) und dem Königreich Dänemark (Rechtssache T‑317/04) und zum anderen von den Wettbewerbern von TV2/Danmark, Viasat (Rechtssache T‑329/04) und SBS (Rechtssache T‑336/04), erhoben wurden.

10

Mit Urteil vom 22. Oktober 2008, TV2/Danmark u. a./Kommission (T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, EU:T:2008:457), erklärte das Gericht diese Entscheidung für nichtig. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gekommen war, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag von TV2/Danmark der Definition einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Bereich des Rundfunks entspreche. Es stellte jedoch auch fest, dass die Entscheidung TV2 I mehrere Rechtsverstöße enthielt.

11

So stellte das Gericht erstens bei der Prüfung, ob die in der Entscheidung TV2 I vorgesehenen Maßnahmen staatliche Mittel binden, fest, dass die Kommission im Rahmen der Frage einer Einstufung als staatliche Mittel ihre Beurteilung in Bezug auf die faktische Behandlung der Werbeeinnahmen der Jahre 1995 und 1996 als staatliche Mittel nicht begründet hatte. Zweitens stellte das Gericht fest, dass die Kommission sich bei ihrer Prüfung, ob die zweite und die vierte Altmark-Voraussetzung erfüllt waren, nicht auf eine ernsthafte Analyse der konkreten rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände, anhand deren der TV2/Danmark zukommende Gebührenbetrag festgelegt worden war, gestützt hatte. Folglich wies die Entscheidung TV2 I insoweit einen Begründungsmangel auf. Drittens führte das Gericht aus, das die Feststellungen der Kommission zur Vereinbarkeit der Beihilfe mit Blick auf Art. 106 Abs. 2 AEUV und insbesondere das Vorliegen einer Überkompensierung ebenfalls mangelhaft begründet waren. Nach Ansicht des Gerichts ergab sich dieser Begründungsmangel aus dem Fehlen einer gewissenhaften Würdigung der konkreten rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände, nach denen sich die Festlegung des TV2/Danmark zukommenden Gebührenbeitrags im Untersuchungszeitraum richtete.

12

Nach der Nichtigerklärung der Entscheidung TV2 I prüfte die Kommission die fraglichen Maßnahmen erneut. Bei dieser Gelegenheit konsultierte sie das Königreich Dänemark und TV2/Danmark. Darüber hinaus gingen bei ihr Stellungnahmen von Dritten ein.

13

Nach Abschluss dieser Prüfung erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

14

Der Beschluss betrifft die Maßnahmen, die zwischen 1995 und 2002 im Hinblick auf TV2/Danmark getroffen wurden. Die Kommission hat bei ihrer Prüfung jedoch auch die Maßnahmen zur Kapitalerhöhung berücksichtigt, die 2004 nach der Entscheidung TV2 I getroffen worden waren.

15

Im streitigen Beschluss blieb die Kommission bei ihrer Auffassung, dass es sich bei den fraglichen Maßnahmen um „staatliche Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handele. Zunächst stellte sie fest, dass die in den Jahren 1995 und 1996 erzielten Werbeeinnahmen staatliche Mittel seien, und kam anschließend bei der Prüfung des selektiven Vorteils zu dem Ergebnis, dass die fraglichen Maßnahmen die zweite und die vierte Altmark-Voraussetzung nicht erfüllten. Während sie jedoch in der Entscheidung TV2 I festgestellt hatte, dass der Betrag von 628,2 Mio. DKK (etwa 84,45 Mio. Euro) eine Überkompensierung darstelle, die mit Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbar sei, vertrat sie im streitigen Beschluss die Auffassung, dass dieser Betrag eine Eigenmittelreserve darstelle, die für TV2/Danmark angemessen sei. Im verfügenden Teil dieses Beschlusses erklärte sie:

„Artikel 1

Die von Dänemark in den Jahren 1995-2002 getroffenen Maßnahmen zugunsten von TV2/DANMARK in Form der in diesem Beschluss erläuterten Übertragung von Rundfunkgebühren und anderer Maßnahmen sind nach Artikel 106 Absatz 2 [AEUV] mit dem Binnenmarkt vereinbar.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

16

Mit Klageschrift, die am 30. Dezember 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob TV2/Danmark Klage auf teilweise Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

17

In erster Linie beantragte TV2/Danmark, den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin festgestellt hatte, dass die fraglichen Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten.

18

Hilfsweise beantragte TV2/Danmark, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin festgestellt hatte, dass

die fraglichen Maßnahmen sämtlich neue Beihilfen darstellten;

die in den Jahren 1997 bis 2002 auf TV2/Danmark übertragenen und anschließend an die Regionalsender von TV2/Danmark weitergeleiteten Rundfunkgebühren staatliche Beihilfen für TV2/Danmark darstellten;

die Werbeeinnahmen, die in den Jahren 1995 und 1996 sowie bei der Auflösung des Fonds TV2 im Jahr 1997 von diesem Fonds auf TV2/Danmark übertragen wurden, staatliche Beihilfen für TV2/Danmark darstellten.

19

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht den streitigen Beschluss für nichtig erklärt, soweit die Kommission die über den Fonds TV2 auf TV2/Danmark übertragenen Werbeeinnahmen der Jahre 1995 und 1996 als staatliche Beihilfe angesehen hat; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Anträge der Parteien

20

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt TV2/Danmark,

das angefochtene Urteil, soweit darin der Hauptantrag ihrer Klage zurückgewiesen wird, aufzuheben, den Rechtsstreit zu entscheiden und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit in diesem festgestellt wird, dass die geprüften Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, oder, hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

das angefochtene Urteil, soweit damit der zweite Teil ihres Hilfsantrags zurückgewiesen wird, aufzuheben, den Rechtsstreit zu entscheiden und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit in diesem festgestellt wird, dass die Mittel aus den Rundfunkgebühren, die in den Jahren 1997 bis 2002 auf TV2/Danmark übertragen und danach an die Regionalsender weitergeleitet wurden, staatliche Beihilfen zugunsten von TV2/Danmark darstellten, oder, hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

das angefochtene Urteil, soweit ihr darin die eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Kommission auferlegt werden, aufzuheben, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, die TV2/Danmark in den Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof entstanden sind, und für den Fall, dass die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, dieses auch mit der Kostenentscheidung zu befassen.

21

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen;

TV2/Danmark die Kosten aufzuerlegen.

22

Das Königreich Dänemark beantragt, dem Rechtsmittel in allen Gründen stattzugeben.

23

Viasat beantragt,

das Rechtsmittel in allen Gründen zurückzuweisen;

hilfsweise, für den Fall, dass der Gerichtshof das angefochtene Urteil ganz oder teilweise aufhebt, über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden und den streitigen Beschluss hinsichtlich der von TV2/Danmark angegriffenen Punkte zu bestätigen;

TV2/Danmark die Kosten aufzuerlegen, die Viasat in den Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof entstanden sind.

Zum Rechtsmittel

24

TV2/Danmark stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

25

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht TV2/Danmark geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es ihren Hauptantrag aufgrund einer unzutreffenden Auslegung und Anwendung der vierten Altmark-Voraussetzung zurückgewiesen habe.

26

Angesichts der besonderen Natur des öffentlich-rechtlichen Auftrags von TV2/Danmark und der rückwirkenden Anwendung der Altmark-Voraussetzungen habe das Gericht die vierte Altmark-Voraussetzung nicht streng wörtlich auslegen und anwenden dürfen, sondern hätte sich auf die Prüfung beschränken müssen, ob das Ziel der Voraussetzung im vorliegenden Fall erreicht worden sei.

27

Denn eine Anwendung in dieser Art sei unmöglich, da ihr Tätigkeitsbereich keine wettbewerbliche und kommerzielle Dimension habe und es folglich kein „Referenzunternehmen“ für den nach der genannten Voraussetzung erforderlichen Vergleich gebe.

28

Daher hätte das Gericht die vierte Altmark-Voraussetzung im Hinblick auf deren Ziel anwenden und feststellen müssen, dass angesichts der Kontrolle der Konten von TV2/Danmark durch die Rigsrevision (Rechnungshof, Dänemark) das Ziel erreicht und die Voraussetzung somit erfüllt gewesen sei.

29

TV2/Danmark fügt hinzu, dass diese Beurteilung dadurch untermauert werde, dass die Altmark-Voraussetzungen in der vorliegenden Rechtssache rückwirkend angewandt worden seien und dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt sei.

30

Das Königreich Dänemark schließt sich dem Vorbringen von TV2/Danmark an.

31

Die Kommission und Viasat halten den ersten Rechtsmittelgrund von TV2/Danmark für unzulässig, auf jeden Fall aber für unbegründet.

32

In ihrer Erwiderung tritt TV2/Danmark den Einwänden der Kommission und von Viasat gegen die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels entgegen und macht hierzu im Wesentlichen geltend, dass die Gründe ihres Rechtsmittels und die dazu vorgetragenen Argumente sehr wohl Rechtsfragen aufwürfen.

33

In seiner Gegenerwiderung macht das Königreich Dänemark geltend, dass das Rechtsmittel von TV2/Danmark zulässig sei. Insbesondere handele es sich bei der Frage, wie die vierte Altmark-Voraussetzung auszulegen und anzuwenden sei, um eine Rechtsfrage, und die Beurteilung dieser Frage durch das Gericht sei eine Beurteilung in rechtlicher Hinsicht, die der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels überprüfen könne.

Würdigung durch den Gerichtshof

34

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich aus Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie aus Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, und die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der fragliche Rechtsmittelgrund unzulässig (vgl. insbesondere Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe oder Argumente einschließlich derjenigen wiederholt oder wiedergibt, die auf ein vom Gericht ausdrücklich zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, aber überhaupt keine Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil oder der angefochtene Beschluss behaftet sein soll, genügt nicht den sich aus diesen Vorschriften ergebenden Begründungserfordernissen. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. insbesondere Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel im Übrigen auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Beweiswürdigung zuständig. Die Würdigung dieser Tatsachen und Beweismittel ist somit, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. insbesondere Urteil vom 15. Juni 2017, Spanien/Kommission, C‑279/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:461, Rn. 36).

37

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund beschränkt sich TV2/Danmark indessen darauf, die von ihr bereits vor dem Gericht geltend gemachten Argumente zu wiederholen oder wiederzugeben, um eine erneute Prüfung ihrer Nichtigkeitsklage durch den Gerichtshof zu erreichen.

38

Zudem werden mit diesem Rechtsmittelgrund nicht in präziser Weise rechtliche Argumente formuliert, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers, mit dem das angefochtene Urteil insoweit behaftet sein soll, dienen, sondern es wird die Tatsachenwürdigung beanstandet, die das Gericht hinsichtlich u. a. der wettbewerblichen und kommerziellen Dimension des Rundfunksektors, der Frage, ob es ein durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen gibt, das für einen Vergleich der Kosten von TV2/Danmark herangezogen werden könnte, und der Natur der vom dänischen Rechnungshof durchgeführten Kontrolle der Konten von TV2/Danmark vorgenommen hat. In diesem Zusammenhang macht TV2/Danmark jedoch keine offenkundige Verfälschung der Tatsachen oder der Beweismittel geltend.

39

Darüber hinaus weist TV2/Danmark nicht nach, dass eine andere Würdigung der Tatsachen oder eine teleologische Auslegung der vierten Altmark-Voraussetzung zu einer anderen Beurteilung als der geführt hätte, zu der das Gericht gelangt ist.

40

Da das Gericht zudem in den Rn. 132 bis 148 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass, selbst wenn die vierte Altmark-Voraussetzung im Wesentlichen oder flexibler anzuwenden gewesen wäre, das Vorbringen von TV2/Danmark jedenfalls nicht ausreichend gewesen wäre, um nachzuweisen, dass die Kommission einen Rechtsfehler bei der Anwendung dieser vierten Voraussetzung begangen habe, geht der erste Rechtsmittelgrund ins Leere.

41

Das Gleiche gilt für das Vorbringen betreffend eine rückwirkende Anwendung der Altmark-Voraussetzungen, da diese Voraussetzungen es ermöglichen, vom Anwendungsbereich des Art. 107 Abs. 1 AEUV Maßnahmen auszunehmen, die in Ermangelung des Urteils vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), von vornherein unter den Begriff der „Beihilfe“ im Sinne dieser Vorschrift fallen würden. Diese Voraussetzungen nicht anzuwenden, wäre somit dem Begehren von TV2/Danmark nicht förderlich.

42

Folglich ist dieser Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

43

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht TV2/Danmark geltend, dass das Gericht ultra petita entschieden, die Grenzen seiner Rechtmäßigkeitskontrolle überschritten und gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstoßen habe, indem es ihren hilfsweise gestellten zweiten Antrag in der Sache geprüft und zurückgewiesen habe, obwohl sich TV2/Danmark mit der Kommission über die Einstufung der von TV2/Danmark an ihre Regionalsender abgeführten, aus den Gebühreneinnahmen stammenden Mittel nicht uneins gewesen sei.

44

Des Weiteren habe sich das Gericht bei seiner Beurteilung auf eine offenkundig unzutreffende Auslegung des dänischen Rechts gestützt.

45

Insbesondere trägt TV2/Danmark vor, dass sie nach der nationalen Regelung nicht verpflichtet sei, ihren Regionalsendern für die Lieferung der von ihr ausgestrahlten Regionalprogramme eine Vergütung zu zahlen. Aus dieser Regelung gehe auch nicht hervor, dass die Abführung der aus den Gebühreneinnahmen stammenden Mittel an die Regionalsender einer Vergütungspflicht entsprochen habe, die TV2/Danmark selbst gegenüber den Regionalsendern als Gegenleistung für die Lieferung der Regionalprogramme übernommen habe.

46

Das Königreich Dänemark schließt sich den Argumenten von TV2/Danmark an.

47

Die Kommission und Viasat halten den zweiten Rechtsmittelgrund für unzulässig, in jedem Fall aber für unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

48

Da der zweite Rechtsmittelgrund im Wesentlichen in einer Beanstandung der Auslegung des dänischen Rechts durch das Gericht besteht, ist eingangs darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Frage handelt, die grundsätzlich nicht der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt.

49

Somit ist der Gerichtshof, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittels Beurteilungen des nationalen Rechts durch das Gericht prüft, nur befugt, nachzuprüfen, ob dieses Recht verfälscht wurde (vgl. Urteile vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 79, und vom 10. November 2016, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, C‑449/14 P, EU:C:2016:848, Rn. 44).

50

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich eine Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben muss, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (vgl. Urteile vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 80, und vom 10. November 2016, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, C‑449/14 P, EU:C:2016:848, Rn. 45).

51

Im vorliegenden Fall ergibt sich keine derartige Verfälschung, da TV2/Danmark weder in präziser Weise darlegt, welche Tatsachen und welche Beweise möglicherweise vom Gericht verfälscht worden sind, noch nachweist, dass dem Gericht Fehler unterlaufen sind, die zu einer Verfälschung der Tatsachen oder Beweise hätten führen können.

52

Insbesondere hat TV2/Danmark nicht nachgewiesen, dass das Gericht eine Würdigung vorgenommen hat, die offenkundig dem Inhalt der Vorschriften dieses Rechts zuwiderläuft, oder dass es diesen Vorschriften eine Bedeutung beigemessen hat, die ihnen offensichtlich nicht zukommt.

53

Es ist festzustellen, dass sich TV2/Danmark vielmehr unter dem Vorwand der Rüge, dass das Gericht einen Rechtsfehler bei der Ausübung der ihm obliegenden gerichtlichen Kontrolle des streitigen Beschlusses begangen und dass es diese Vorschriften verfälscht habe, in Wirklichkeit darauf beschränkt, die vom Gericht vorgenommene Würdigung der Beweismittel, die diese – in den Rn. 169 bis 173 des angefochtenen Urteils bereits eingehend geprüften – Vorschriften darstellen, anzugreifen, und zwar, um eine erneute gründlichere Prüfung des dänischen Rechts und eine erneute Würdigung der Tatsachen und Beweise im Rechtsmittelverfahren zu erreichen.

54

Der Umstand, dass sich TV2/Danmark und die Kommission vor dem Gericht nicht uneins über die Auslegung des streitigen Beschlusses in Bezug auf die Einstufung der von TV2/Danmark an ihre Regionalsender abgeführten, aus den Gebühreneinnahmen stammenden Mittel waren, ist für die Ordnungsgemäßheit der Ausübung dieser Kontrolle durch das Gericht ohne Bedeutung.

55

Denn aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass es Sache der Unionsgerichte ist, die Beschlüsse der Kommission im Hinblick auf die in diesen enthaltene Begründung auszulegen, gegebenenfalls unabhängig vom Vorbringen dieses Organs im Laufe des Verfahrens (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 72 bis 79, vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 126 bis 129, und vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 130 bis 132).

56

Im Übrigen ist den Rn. 154, 157 und 173 des angefochtenen Urteils zu entnehmen, dass TV2/Danmark hierzu angehört wurde und darauf verzichtet hat, ihre Klage in diesem Punkt zurückzunehmen.

57

Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

58

Nach alledem ist das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum Antrag der Kommission auf Auswechslung der Begründung

59

Mit ihrem Antrag macht die Kommission geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt habe, dass die zweite Altmark-Voraussetzung in der vorliegenden Rechtssache erfüllt sei, und sie ersucht den Gerichtshof, die Begründung insoweit auszuwechseln. Dieser Antrag sei für den Fall relevant, dass dem ersten Rechtsmittelgrund von TV2/Danmark zur Anwendung der vierten Altmark-Voraussetzung stattgegeben werde.

60

TV2/Danmark hält diesen Antrag für unzulässig.

61

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt die Zulässigkeit eines Antrags auf Auswechslung der Begründung ein Rechtsschutzinteresse voraus: Der Antrag muss der Partei, die ihn gestellt hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen können. Dies kann der Fall sein, wenn der Antrag auf Auswechslung der Begründung ein Verteidigungsmittel gegen ein vom Kläger geltend gemachtes Angriffsmittel darstellt (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 42, und vom 22. Juni 2016, DK Recycling und Roheisen/Kommission, C‑540/14 P, EU:C:2016:469, Rn. 42).

62

Da die Altmark-Voraussetzungen kumulativ sind und der erste Rechtsmittelgrund von TV2/Danmark zurückgewiesen wurde, verfügt die Kommission jedoch nicht über das für ihren Antrag erforderliche Interesse.

63

Im Übrigen kann dieser Antrag, den die Kommission in ihrem Schriftsatz zur Beantwortung des vorliegenden Rechtsmittels formuliert hat und der sich weder darauf richtet, dem Rechtsmittel ganz oder teilweise stattzugeben, noch es ganz oder teilweise zurückzuweisen, den Gegenstand dieses Rechtsmittels nicht erweitern (vgl. entsprechend Urteil vom 10. November 2016, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, C‑449/14 P, EU:C:2016:848, Rn. 100 und 101).

64

Daraus folgt, dass der Antrag der Kommission nicht zulässig ist.

Kosten

65

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

66

Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

67

Da die Kommission und Viasat die Verurteilung von TV2/Danmark beantragt haben und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr neben ihren eigenen Kosten die gesamten Kosten aufzuerlegen, die der Kommission und Viasat sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens entstanden sind.

68

Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

69

Das Königreich Dänemark trägt als Streithelfer im ersten Rechtszug seine eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die TV2/Danmark A/S trägt außer ihren eigenen Kosten die die gesamten Kosten, die der Europäischen Kommission und der Viasat Broadcasting UK Ltd sowohl im ersten Rechtszug und als auch im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens entstanden sind.

 

3.

Das Königreich Dänemark trägt seine eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Dänisch.

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