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Document 62015CJ0638

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 6. April 2017.
    Eko-Tabak s.r.o. gegen Generální ředitelství cel.
    Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší správní soud.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2011/64/EU – Art. 2 Abs. 1 Buchst. c – Art. 5 Abs. 1 Buchst. a – Begriffe ‚Rauchtabak‘, ‚geschnittener oder anders zerkleinerter Tabak‘ und ‚industrielle Bearbeitung‘.
    Rechtssache C-638/15.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2017:277

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    6. April 2017 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2011/64/EU — Art. 2 Abs. 1 Buchst. c — Art. 5 Abs. 1 Buchst. a — Begriffe ‚Rauchtabak‘, ‚geschnittener oder anders zerkleinerter Tabak‘ und ‚industrielle Bearbeitung‘“

    In der Rechtssache C‑638/15

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 29. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 2015, in dem Verfahren

    Eko-Tabak s. r. o.

    gegen

    Generální ředitelství cel

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),

    Generalanwalt: N. Wahl,

    Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2016,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Müller, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

    der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas als Bevollmächtigte,

    der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Tomat und Z. Malůšková als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Dezember 2016

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 und 5 der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (ABl. 2011, L 176, S. 24).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eko-Tabak s. r. o. und der Generální ředitelství cel (Generaldirektion Zölle, Tschechische Republik) über den Verfall von Waren, die als der Verbrauchsteuer unterliegende Tabakwaren eingestuft wurden.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    In den Erwägungsgründen 2, 3, 8 und 9 der Richtlinie 2011/64 heißt es:

    „(2)

    Die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren sollten das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleisten, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Tabakwaren schwere gesundheitliche Schäden verursachen können und dass die Union dem Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums beigetreten ist. Rechnung getragen werden sollte der jeweiligen Situation bei den einzelnen Tabakwaren.

    (3)

    Eines der Ziele des Vertrags über die Europäische Union ist es, eine Wirtschaftsunion, die einem innerstaatlichen Markt ähnlich ist und in der gesunder Wettbewerb herrscht, aufrechtzuerhalten. Im Bereich der Tabakwaren setzt dies voraus, dass die in den Mitgliedstaaten auf die Erzeugnisse dieses Sektors erhobenen Verbrauchsteuern die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälschen und den freien Verkehr dieser Erzeugnisse in der Union nicht behindern.

    (8)

    Im Interesse einer einheitlichen und gerechten Besteuerung ist eine Definition von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und anderem Rauchtabak jeweils dahin gehend festzulegen, dass Tabakstränge, die aufgrund ihrer Länge als zwei Zigaretten oder mehr gelten können, verbrauchsteuerrechtlich als zwei Zigaretten oder mehr behandelt werden, dass eine bestimmte Art von Zigarren, die in vielerlei Hinsicht einer Zigarette ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Zigarette behandelt wird, dass Rauchtabak, der in vielerlei Hinsicht Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Feinschnitttabak behandelt wird, und dass Tabakabfälle eindeutig definiert sind. …

    (9)

    Die Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern muss insbesondere dazu führen, dass der Wettbewerb zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren durch die Folgen der Besteuerung nicht verfälscht wird und dass es zur Öffnung der nationalen Märkte der Mitgliedstaaten kommt.“

    4

    Art. 1 der Richtlinie sieht vor:

    „Die vorliegende Richtlinie bestimmt allgemeine Grundsätze für die Harmonisierung der Struktur und der Sätze der Verbrauchsteuern, denen die Tabakwaren in den Mitgliedstaaten unterliegen.“

    5

    Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff ‚Tabakwaren‘:

    a)

    Zigaretten;

    b)

    Zigarren und Zigarillos;

    c)

    Rauchtabak:

    i)

    Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten,

    ii)

    anderen Rauchtabak.“

    6

    In Art. 5 der Richtlinie heißt es:

    „(1)   Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff ‚Rauchtabak‘:

    a)

    geschnittenen oder anders zerkleinerten, gesponnenen oder in Platten gepressten Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet;

    b)

    zum Einzelverkauf aufgemachte und zum Rauchen geeignete Tabakabfälle, die nicht unter Artikel 3 und Artikel 4 Absatz 1 fallen. Für die Zwecke dieses Artikels gelten als Tabakabfälle Überreste von Tabakblättern und bei der Verarbeitung von Tabak oder bei der Herstellung von Tabakwaren anfallende Nebenerzeugnisse.

    (2)   Rauchtabak gilt als Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten, wenn bei diesem mehr als 25 Gewichtsprozent der Tabakteile eine Schnittbreite von weniger als 1,5 Millimeter aufweisen.

    …“

    Tschechisches Recht

    7

    § 101 („Gegenstand der Tabaksteuer“) des Zákon č. 353/2003 Sb., o spotřebních daních (Gesetz Nr. 353/2003 über die Verbrauchsteuer) sieht in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Verbrauchsteuergesetz) vor:

    „(1)   Steuergegenstand sind Tabakwaren.

    (2)   Tabakwaren für die Zwecke dieses Gesetzes sind Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und Rauchtabak.

    (3)   Für die Zwecke dieses Gesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    c)

    Rauchtabak:

    1.

    geschnittener oder anders zerkleinerter, gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet,

    2.

    Tabakabfälle, wenn sie zum Rauchen geeignet und für den Einzelverkauf aufgemacht sind sowie nicht unter Buchstabe a oder b fallen, oder

    3.

    Rauchtabak, bei dem mehr als 25 Gewichtsprozent der Tabakteile eine Schnittbreite von weniger als 1,5 Millimeter aufweisen; dabei handelt es sich um Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten.

    (6)   Als Rauchtabak gilt für die Zwecke dieses Gesetzes auch das Erzeugnis, das statt aus Tabak ganz oder teilweise aus anderen Stoffen besteht und die sonstigen Voraussetzungen nach Abs. 3 Buchst. c erfüllt, mit Ausnahme der in Abs. 8 aufgeführten Erzeugnisse, oder ein Erzeugnis, das nicht in Abs. 3 Buchst. c aufgeführt und für andere Zwecke als zum Rauchen bestimmt ist, aber zugleich zum Rauchen geeignet und für den Einzelverkauf aufgemacht ist.

    …“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    8

    Mit Entscheidung des Celní úřad pro Jihočeský kraj (Zollbehörde der Südböhmischen Region, Tschechische Republik) vom 14. November 2013, geändert am 29. Mai 2014, wurde der Verfall bestimmter Waren von Eko-Tabak angeordnet, weil es sich dabei um Rauchtabak im Sinne von § 101 Abs. 6 des Verbrauchsteuergesetzes handele, der verbrauchsteuerpflichtig sei. Aus den Informationen des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass diese Waren getrocknete, flächige, unregelmäßige, teilweise entrippte Tabakblätter sind, die einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen haben und anschließend kontrolliert feuchtgehalten wurden, Glycerin enthalten, um sie feucht und elastisch zu halten und dadurch Bruch während der Verarbeitung zu vermeiden, und sich, ohne zum Rauchen bestimmt zu sein, nach einfacher Verarbeitung, z. B. durch Zerkleinerung oder händisches Schneiden, dafür eignen. Sie waren insgesamt für den Verkauf an Endverbraucher bestimmt.

    9

    Gegen diese Entscheidung erhob Eko-Tabak Klage beim Krajský soud v Českých Budějovicích (Regionalgericht České Budějovice, Tschechische Republik) und machte geltend, mit dem Katalog der unter § 101 Abs. 6 letzter Satzteil des Verbrauchsteuergesetzes fallenden Waren werde die Liste der Tabakwaren in der Richtlinie 2011/64 in unzulässiger Weise erweitert.

    10

    Mit Entscheidung vom 30. Januar 2015 wies dieses Gericht die Klage von Eko-Tabak ab. Es führte aus, die Begriffsbestimmung in § 101 Abs. 6 letzter Satzteil des Verbrauchsteuergesetzes überschreite die Grenzen der Richtlinie 2011/64 nicht; deren Sinn und Zweck sei es, Waren, die zwar nicht zum Rauchen bestimmt, aber trotzdem dafür geeignet seien, der Verbrauchsteuer zu unterwerfen und eine Umgehung der Steuervorschriften oder des Rechts der Europäischen Union zu verhindern.

    11

    Gegen diese Entscheidung legte Eko-Tabak ein Rechtsmittel beim Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) ein. Sie machte u. a. geltend, die Richtlinie 2011/64 enthalte keine Kategorie von Tabakwaren, die der in § 101 Abs. 6 letzter Satzteil des Verbrauchsteuergesetzes vorgesehenen entspreche. Die Eignung der betreffenden Ware zum Rauchen müsse ab dem Moment gegeben sein, in dem die Ware zum Verkauf in einem Geschäft gelagert werde. Es reiche auch nicht aus, dass sich ein Tabakprodukt zum Rauchen eigne, um als Tabakware im Sinne der Richtlinie eingestuft werden zu können. Dass sich ein Tabakprodukt zum Rauchen eigne, sei nämlich nur eine der Bedingungen, die es erfüllen müsse, um als „Rauchtabak“ im Sinne der Richtlinie gelten zu können.

    12

    Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass mit § 101 des Verbrauchsteuergesetzes die Art. 2 und 5 der Richtlinie 2011/64 in die tschechische Rechtsordnung umgesetzt werden sollen; der Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht) zweifelt jedoch daran, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren Tabakwaren darstellen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Falls dies verneint wird, möchte er wissen, ob die Art. 2 und 5 der Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindern, solche Waren der Verbrauchsteuer zu unterwerfen.

    13

    Das vorlegende Gericht führt hierzu aus, der Gerichtshof habe sich bislang nicht zur Auslegung des Begriffs „Rauchtabak“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii und von Art. 5 der Richtlinie 2011/64 geäußert.

    14

    Tabakwaren im Sinne der Richtlinie 2011/64 zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass sie zum Rauchen geeignet seien. Mit diesem Merkmal ließen sich auch die unterschiedlichen Gruppen oder Arten von Tabakwaren definieren.

    15

    Unter diesen Umständen hat der Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Können getrocknete, flächige, unregelmäßige, teilweise entrippte Tabakblätter und/oder Teile davon, die einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen haben und anschließend mit Glycerin feuchtgehalten wurden und die durch einfache Bearbeitung (Zerkleinerung oder händisches Schneiden) geraucht werden können, als Tabakwaren im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii bzw. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64 angesehen werden?

    2.

    Bei Verneinung der ersten Frage: Steht Art. 5 in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 2011/64 einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach auch nicht in den Art. 2 und 5 der Richtlinie 2011/64 genannter Tabak, der für einen anderen Zweck als zum Rauchen bestimmt ist, aber dennoch geraucht werden kann (zum Rauchen geeignet und bereit ist) und für den Einzelverkauf aufgemacht ist, der Verbrauchsteuer auf Tabakwaren unterliegt?

    Zu den Vorlagefragen

    16

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64 dahin auszulegen sind, dass getrocknete, flächige, unregelmäßige, teilweise entrippte Tabakblätter, die einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen haben und anschließend kontrolliert feuchtgehalten wurden, Glycerin enthalten und sich nach einfacher Verarbeitung durch Zerkleinerung oder händisches Schneiden zum Rauchen eignen, unter den Begriff „Rauchtabak“ im Sinne dieser Bestimmungen fallen.

    17

    Hierzu ist festzustellen, dass die Richtlinie 2011/64 nach ihrem Art. 1 zum Gegenstand hat, allgemeine Grundsätze für die Harmonisierung der Struktur und der Sätze der Verbrauchsteuern zu bestimmen, denen die Tabakwaren in den Mitgliedstaaten unterliegen. Die Richtlinie gehört somit zu den Steuervorschriften der Union für Tabakwaren, die nach dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleisten sollen.

    18

    Ferner soll die Richtlinie 2011/64 nach ihrem dritten Erwägungsgrund gewährleisten, dass die in den Mitgliedstaaten auf die Erzeugnisse des Tabakwarensektors erhobenen Verbrauchsteuern die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälschen und den freien Verkehr dieser Erzeugnisse in der Union nicht behindern. Insbesondere sollten laut dem achten Erwägungsgrund Waren, die in vielerlei Hinsicht den unter die Richtlinie fallenden Waren ähneln, wie diese behandelt werden, und nach dem neunten Erwägungsgrund muss die Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern dazu führen, dass der Wettbewerb zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren durch die Folgen der Besteuerung nicht verfälscht wird und dass es zur Öffnung der nationalen Märkte der Mitgliedstaaten kommt.

    19

    In Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64 werden die Tabakwaren, die Gegenstand der mit der Richtlinie bezweckten Harmonisierung sind, in drei Kategorien eingeteilt: erstens Zigaretten, zweitens Zigarren und Zigarillos und drittens Rauchtabak.

    20

    Die Kategorie des Rauchtabaks besteht nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i und ii der Richtlinie aus zwei Unterkategorien, und zwar „Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten“ sowie „anderer Rauchtabak“.

    21

    In Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/64 werden sodann die Begriffe „Rauchtabak“ und „Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten“ definiert. Danach umfasst der erstgenannte Begriff sowohl „geschnittenen oder anders zerkleinerten, gesponnenen oder in Platten gepressten Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet“, als auch „zum Einzelverkauf aufgemachte und zum Rauchen geeignete Tabakabfälle, die nicht unter [die Definition von Zigaretten, Zigarren oder Zigarillos] fallen“.

    22

    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tabakwaren weder unter den Begriff „Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i und Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2011/64 noch unter den Begriff „Tabakabfälle“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie fallen.

    23

    Um zu klären, ob diese Waren zu der von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2011/64 erfassten Unterkategorie „anderer Rauchtabak“ gehören, ist daher zu prüfen, ob sie „Rauchtabak“ im Sinne der Definition in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie darstellen.

    24

    Angesichts der in den Rn. 17 und 18 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Ziele der Richtlinie darf der Begriff „Rauchtabak“ nicht eng ausgelegt werden.

    25

    Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie müssen zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein; zum einen muss der Tabak geschnitten oder anders zerkleinert, gesponnen oder in Platten gepresst sein, und zum anderen muss er sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignen.

    26

    Was die erste Voraussetzung angeht, ergibt sich aus der Vorlageentscheidung nicht, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Tabak gesponnen oder in Platten gepresst ist.

    27

    Somit ist zu prüfen, ob er als im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64 geschnitten oder anders zerkleinert angesehen werden kann.

    28

    In Ermangelung einer Definition der Begriffe „geschnitten“ und „zerkleinert“ in der Richtlinie ist zur Ermittlung ihrer Bedeutung auf den allgemeinen, ihnen gemeinhin zuerkannten Sinn abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, Sommer Antriebs- und Funktechnik, C‑369/14, EU:C:2015:491, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der gewöhnliche Sinn dieser Begriffe ist besonders weit; der erstgenannte bezeichnet insbesondere das Ergebnis der Abtrennung eines Teils oder eines Stücks mit einem Schneidwerkzeug und der letztgenannte das Ergebnis einer Zerkleinerung oder Aufteilung.

    29

    Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren nach den Angaben des vorlegenden Gerichts aus teilweise entrippten Tabakblättern bestehen, sind sie als geschnittener oder anders zerkleinerter Tabak im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64 anzusehen.

    30

    Der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a verwendete Begriff „industrielle Bearbeitung“ bezeichnet gemeinhin die üblicherweise in großem Maßstab anhand eines standardisierten Verfahrens stattfindende Umwandlung von Rohstoffen in materielle Güter.

    31

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellen leicht durchführbare Vorgänge, die die Eignung einer unfertigen Tabakware zum Rauchen herbeiführen sollen – z. B. indem ein Tabakstrang einfach in eine Zigarettenpapierhülse geschoben wird – im Wesentlichen keine „industrielle Bearbeitung“ dar (vgl. entsprechend Urteile vom 24. September 1998, Brinkmann, C‑319/96, EU:C:1998:429, Rn. 18 und 20, sowie vom 10. November 2005, Kommission/Deutschland, C‑197/04, EU:C:2005:672, Rn. 31 und 32).

    32

    Unter diesen Umständen sind Tabakwaren, die rauchfertig sind oder durch nicht industrielle Mittel leicht rauchfertig gemacht werden können, als im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64 ohne weitere „industrielle Bearbeitung“ zum Rauchen geeignet anzusehen.

    33

    Im vorliegenden Fall haben die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren, wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen und wurden anschließend kontrolliert feuchtgehalten, enthalten Glycerin und sind nach einfacher Verarbeitung durch Zerkleinerung oder händisches Schneiden zum Rauchen geeignet. Vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht erfüllen diese Waren also auch die zweite in Rn. 25 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung und fallen somit unter den Begriff „Rauchtabak“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64.

    34

    Unter diesen Umständen müssen solche Waren, da sie keinen Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Richtlinie darstellen, als „anderer Rauchtabak“ im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii angesehen werden.

    35

    Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64 dahin auszulegen sind, dass getrocknete, flächige, unregelmäßige, teilweise entrippte Tabakblätter, die einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen haben und anschließend kontrolliert feuchtgehalten wurden, Glycerin enthalten und sich nach einfacher Verarbeitung durch Zerkleinerung oder händisches Schneiden zum Rauchen eignen, unter den Begriff „Rauchtabak“ im Sinne dieser Bestimmungen fallen.

    36

    Angesichts der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

    Kosten

    37

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

     

    Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren sind dahin auszulegen, dass getrocknete, flächige, unregelmäßige, teilweise entrippte Tabakblätter, die einen ersten Trocknungsprozess durchlaufen haben und anschließend kontrolliert feuchtgehalten wurden, Glycerin enthalten und sich nach einfacher Verarbeitung durch Zerkleinerung oder händisches Schneiden zum Rauchen eignen, unter den Begriff „Rauchtabak“ im Sinne dieser Bestimmungen fallen.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Tschechisch.

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