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Document 62015CC0101

    Schlussanträge der Generalanwältin J. Kokott vom 14. April 2016.
    Pilkington Group Ltd u. a. gegen Europäische Kommission.
    Rechtsmittel – Kartelle – Art. 101 AEUV – Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 – Europäischer Markt für Automobilglas – Absprachen über die Marktaufteilung und Austausch geschäftlich sensibler Informationen – Geldbußen – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Ziff. 13 – Umsatz – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 – Gesetzliche Obergrenze für die Geldbuße – Wechselkurs zur Berechnung der Obergrenze der Geldbuße – Höhe der Geldbuße – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung – Ein-Produkt-Unternehmen – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung.
    Rechtssache C-101/15 P.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2016:258

    SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

    JULIANE KOKOTT

    vom 14. April 2016 ( 1 )

    Rechtssache C‑101/15 P

    Pilkington Group Ltd u. a.

    gegen

    Europäische Kommission

    „Rechtsmittel — Wettbewerb — Kartelle (Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens) — Geldbußen — Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen — Zu berücksichtigende Umsätze — Wechselkurs zur Berechnung der 10%-Obergrenze für Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 — Europäischer Markt für Automobilglas“

    I – Einleitung

    1.

    Das vorliegende Rechtsmittelverfahren gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, zu zwei Problemkreisen Stellung zu beziehen, deren Bedeutung für die künftige Verwaltungspraxis der Europäischen Kommission als Wettbewerbsbehörde nicht zu unterschätzen ist.

    2.

    Zum einen gilt es zu präzisieren, welche Umsätze von Kartellbeteiligten als Grundlage für die Berechnung der gegen sie zu verhängenden Geldbußen Berücksichtigung finden dürfen. Zum anderen ist zu klären, welcher Wechselkurs für die Währungsumrechnung heranzuziehen ist, wenn ein Unternehmen seine Umsatzzahlen nicht in Euro veröffentlicht. Davon kann abhängen, ob eine von der Kommission festgesetzte Geldbuße die gesetzliche Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes des betreffenden Unternehmens übersteigt und welcher Aufwand diesem Unternehmen für die Begleichung der Geldbuße gegebenenfalls entsteht.

    3.

    Daneben geht es um einige Detailfragen im Zusammenhang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit anlässlich der Verhängung kartellrechtlicher Geldbußen sowie mit der Befugnis des Gerichts der Europäischen Union zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung im Hinblick auf solche Sanktionen.

    4.

    Die genannten Rechtsprobleme stellen sich im Zusammenhang mit dem im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) operierenden Automobilglas-Kartell, das die Europäische Kommission vor einigen Jahren aufgedeckt und am 12. November 2008 zum Gegenstand einer Bußgeldentscheidung gemacht hat (im Folgenden auch: streitige Entscheidung) ( 2 ). Gegen diese Entscheidung suchen im vorliegenden Verfahren mehrere Gesellschaften des Pilkington-Konzerns (im Folgenden gemeinsam: Pilkington) vor den Unionsgerichten Rechtsschutz.

    5.

    In erster Instanz war den Angriffen von Pilkington gegen die streitige Entscheidung kein Erfolg beschieden; ihre Nichtigkeitsklage hat das Gericht mit Urteil vom 17. Dezember 2014 (im Folgenden auch: angefochtenes Urteil oder Urteil des Gerichts) abgewiesen ( 3 ). Nunmehr verfolgt Pilkington ihr Rechtsschutzbegehren im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof weiter.

    6.

    Ein weiteres Rechtsmittelverfahren betreffend das Automobilglas-Kartell ist derzeit beim Gerichtshof anhängig ( 4 ). Es greift jedoch nicht dasselbe Urteil des Gerichts an und wirft gänzlich andere Rechtsprobleme auf.

    II – Rechtlicher Rahmen

    7.

    Der primärrechtliche Rahmen dieses Falles wird durch Art. 81 EG (nunmehr Art. 101 AEUV) bestimmt ( 5 ). Soweit das Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums betroffen ist, enthält Art. 53 des EWR-Abkommens eine dem Art. 81 EG entsprechende Vorschrift. Aus dem Sekundärrecht der Union ist ferner Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ( 6 ) relevant.

    8.

    Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet auszugsweise wie folgt:

    „Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

    a)

    gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] verstoßen …

    Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

    …“

    9.

    Ergänzend ist auf die Leitlinien von 2006 hinzuweisen ( 7 ), in denen die Kommission ihre Verwaltungspraxis hinsichtlich der Festsetzung von Geldbußen niedergelegt hat. In den Ziff. 4 bis 6 sowie in Ziff. 13 jener Leitlinien finden sich u. a. diese Ausführungen:

    „4.

    Die Befugnis zur Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 81 oder 82 des EG-Vertrags verstoßen, zählt zu den Mitteln, mit denen die Kommission den ihr durch den EG-Vertrag anvertrauten Überwachungsaufgaben nachkommt. ... Dazu muss sie sicherstellen, dass ihre Maßnahmen die notwendige Abschreckungswirkung entfalten ... Deswegen kann – wenn die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] feststellt – es sich als notwendig erweisen, gegen diejenigen eine Geldbuße zu verhängen, die gegen das geltende Recht verstoßen haben. Diese sollte so hoch festgesetzt werden, dass nicht nur die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention), sondern auch andere Unternehmen von der Aufnahme oder Fortsetzung einer Zuwiderhandlung gegen die Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] abgehalten werden (Generalprävention).

    5.

    Zur Verwirklichung dieser Ziele sollten die Geldbußen auf der Grundlage des Wertes der verkauften Waren oder Dienstleistungen berechnet werden, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht. Auch die Dauer der Zuwiderhandlung sollte bei der Bestimmung des angemessenen Betrags der Geldbuße eine wichtige Rolle spielen, da sie zwangsläufig die potenziellen Auswirkungen dieser Zuwiderhandlung auf dem Markt beeinflusst. Die Anzahl der Jahre, während der das Unternehmen am Verstoß beteiligt war, muss sich deshalb in der Geldbuße widerspiegeln.

    6.

    Die Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer stellt eine Formel dar, die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt. Sie vermittelt Aufschluss über die Größenordnung der Geldbuße und sollte nicht als Grundlage für eine automatische arithmetische Berechnungsmethode verstanden werden.

    13.

    Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war ...“

    III – Hintergrund des Rechtsstreits

    A – Sachverhalt und Verwaltungsverfahren

    10.

    Pilkington ist einer der weltweit führenden Hersteller von Glas, insbesondere Automobilglas.

    11.

    Nach den Feststellungen des Gerichts hat sich Pilkington zusammen mit anderen in diesem Sektor tätigen Unternehmen eines Kartellvergehens schuldig gemacht, das in Absprachen über Aufträge für die Lieferung von Automobilglasteilen an alle großen Kraftfahrzeughersteller im EWR bestand. Es kam zu abgestimmten Preis- und Lieferstrategien der Kartellbeteiligten, die auf die Aufrechterhaltung einer insgesamt konstanten Stellung der jeweiligen Unternehmen auf dem betreffenden Markt ausgerichtet waren. Im Hinblick darauf überwachten die Kartellbeteiligten auch die Beschlüsse, die sie bei ihren Treffen und Kontakten gefasst hatten, und vereinbarten ausgleichende Korrekturen untereinander.

    12.

    Das Automobilglas-Kartell war vom 10. März 1998 bis zum 11. März 2003 im EWR aktiv, wobei die Dauer der Beteiligung der einzelnen Kartellunternehmen unterschiedlich war – im Fall von Pilkington vom 10. März 1998 bis zum 3. September 2002. Es handelte sich um eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung.

    13.

    Während des Verwaltungsverfahrens richtete die Kommission am 18. April 2007 an mehrere kartellbeteiligte Unternehmen, darunter Pilkington, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die von der Kommission durchgeführte mündliche Anhörung fand am 24. September 2007 statt. Nach Einschaltung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen erließ die Kommission am 12. November 2008 die streitige Entscheidung.

    14.

    In Art. 1 der streitigen Entscheidung wird festgestellt, dass verschiedene Unternehmen – darunter auch Pilkington (Art. 1 Buchst. c) – gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen haben, indem sie sich an einer Gesamtheit von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen auf dem Automobilglas-Sektor im EWR beteiligten.

    15.

    Die den einzelnen Unternehmen für ihre jeweilige Kartellbeteiligung auferlegten Geldbußen ergeben sich aus Art. 2 der streitigen Entscheidung. Im Fall von Pilkington sind dies 370 Mio. Euro, welche die Rechtsmittelführerinnen gesamtschuldnerisch zu tragen haben (Art. 2 Abs. 1 Buchst. c). Durch eine Änderungsentscheidung vom 28. Februar 2013, die der Berichtigung von Berechnungsfehlern diente, wurde jener Betrag auf 357 Mio. Euro ( 8 ) herabgesetzt. Gemäß Art. 2 Abs. 2 der streitigen Entscheidung war die Geldbuße innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung in Euro zu entrichten.

    B – Erstinstanzliches Gerichtsverfahren

    16.

    Gegen die streitige Entscheidung suchten mehrere ihrer Adressaten in erster Instanz vor dem Gericht im Wege von Nichtigkeitsklagen Rechtsschutz.

    17.

    Was den Pilkington-Konzern betrifft, so haben in erster Instanz Pilkington Group Ltd, Pilkington Automotive Ltd, Pilkington Automotive Deutschland GmbH, Pilkington Holding GmbH und Pilkington Italia SpA (im Folgenden auch: Klägerinnen bzw. Rechtsmittelführerinnen) vor dem Gericht mit Schriftsatz vom 18. Februar 2009 gemeinsam Klage gegen die Kommission erhoben.

    18.

    In seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 wies das Gericht diese Klage ab, verurteilte aber die Kommission zur Tragung von 10 % der Kosten von Pilkington ( 9 ). Im Übrigen erlegte das Gericht alle Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens den Klägerinnen auf.

    IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

    19.

    Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2015 haben die Rechtsmittelführerinnen gemeinsam das vorliegende Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts eingelegt.

    20.

    Die Rechtsmittelführerinnen beantragen,

    das Urteil in der Rechtssache T‑72/09 aufzuheben, soweit darin die gegen Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der streitigen Entscheidung erhobene Klage abgewiesen wird,

    die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der streitigen Entscheidung gegenüber den Rechtsmittelführerinnen verhängte Geldbuße herabzusetzen und

    der Kommission die Kosten der Rechtsmittelführerinnen in diesem Verfahren aufzuerlegen.

    21.

    Die Kommission beantragt für ihren Teil,

    das Rechtsmittel zurückzuweisen und

    den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

    22.

    Vor dem Gerichtshof wurde über das Rechtsmittel schriftlich und, am 2. März 2016, mündlich verhandelt.

    V – Würdigung der Rechtsmittelgründe

    23.

    Mit ihrem Rechtsmittel greift Pilkington nicht mehr alle Themen auf, die Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren. Vielmehr beschränkt sich die juristische Debatte im Rechtsmittelverfahren nur noch auf Fragen der Berechnung der Geldbuße. Diesbezüglich stützen sich die Rechtsmittelführerinnen auf drei Rechtsmittelgründe, von denen der erste die zu berücksichtigenden Umsätze (dazu sogleich unter A), der zweite den maßgeblichen Euro-Wechselkurs bei der Bestimmung der 10%-Obergrenze (dazu sodann unter B) und der dritte diverse allgemeine Rechtsgrundsätze sowie rechtsstaatliche Erwägungen zum Gegenstand hat (dazu weiter unten unter C).

    A – Zu den bei der Berechnung der Geldbuße zu berücksichtigenden Umsätzen (erster Rechtsmittelgrund)

    24.

    Der erste Rechtsmittelgrund wendet sich gegen die Rn. 201 bis 227 (und insbesondere gegen die Rn. 217 bis 227) des angefochtenen Urteils. Er hat die Art der Umsätze zum Gegenstand, welche als Grundlage für die Berechnung einer Geldbuße im Sinne von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 dienen dürfen. Die Rechtsmittelführerinnen rügen, das Gericht habe zu Unrecht die Vorgehensweise der Kommission bestätigt, wonach auch Lieferungen von Pilkington aufgrund von Verträgen aus der Zeit vor Beginn der Zuwiderhandlung Berücksichtigung finden konnten, selbst wenn über diese Verträge während der Dauer der Zuwiderhandlung nicht neu verhandelt wurde. Damit habe sich das Gericht auf eine rechtsfehlerhafte Auslegung von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 gestützt.

    25.

    Gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verwendet die Kommission als Basis für die Berechnung des Grundbetrags einer Geldbuße den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit der Zuwiderhandlung in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen.

    26.

    Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 zielt somit darauf ab, bei der Berechnung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht dieses Unternehmens darin wiedergibt (so die gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 10 ), die sich ihrerseits eng an den Wortlaut von Ziff. 6 der Leitlinien anlehnt). Umgekehrt sollen Umsätze ausgeklammert werden, die mit dem Anwendungsbereich des Kartells im EWR in keinem wirklichen Zusammenhang stehen ( 11 ).

    27.

    Im vorliegenden Fall dreht sich der Streit im Kern darum, ob ein irgendwie gearteter Kausalzusammenhang zwischen den Machenschaften des Kartells und den einzelnen in die Berechnung der Geldbuße einfließenden Umsatzbestandteilen bestehen muss. Die Rechtsmittelführerinnen sind der Ansicht, dass zumindest solche Verkäufe von Automobilglas unberücksichtigt bleiben müssen, auf die das Kartell denknotwendig ohne Einfluss war, weil diese Verkäufe auf Verträgen beruhten, die noch vor Beginn der Zuwiderhandlung – vorgeblich unter normalen Wettbewerbsbedingungen – geschlossen und während der Dauer der Zuwiderhandlung nicht neu verhandelt wurden. Sie meinen, durch die Einbeziehung solcher Verkäufe würde die Bedeutung des Kartells überzeichnet.

    28.

    Dabei handelt es sich keineswegs nur um einen theoretischen Streit oder um ein technisches Detail: Wären die besagten Verkäufe von Pilkington als Berechnungsgrundlage unberücksichtigt geblieben, so hätte nach Angaben der Rechtsmittelführerinnen die von der Kommission verhängte Geldbuße um rund 49 Mio. Euro niedriger ausfallen müssen.

    29.

    Selbst wenn die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen zur Auslegung von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 auf den ersten Blick verführerisch scheinen mag, hält sie doch einer näheren Prüfung nicht stand.

    30.

    Denn schon der Wortlaut von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 ist denkbar weit gefasst: Es geht um alle vom jeweiligen Kartellbeteiligten im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit der Zuwiderhandlung in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Ähnlich allgemein formuliert Ziff. 5 derselben Leitlinien, dass die Geldbußen auf der Grundlage des Wertes der verkauften Waren oder Dienstleistungen berechnet werden, mit denen die Zuwiderhandlung in Zusammenhang steht.

    31.

    Wie der Gerichtshof bereits klargestellt hat, wäre es deshalb ein zu enges Verständnis des in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verwendeten Umsatzbegriffs, wollte man darin nur Verkäufe einfließen lassen, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von dem zu ahndenden Kartell betroffen waren ( 12 ). Dementsprechend muss nach der Rechtsprechung bei der Festsetzung des Grundbetrags einer Geldbuße nicht positiv nachgewiesen werden, dass die einzelnen als Berechnungsgrundlage herangezogenen Umsatzbestandteile jeweils von der Zuwiderhandlung beeinflusst waren ( 13 ).

    32.

    Zwar darf der in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verwendete Umsatzbegriff nicht so weit ausgedehnt werden, dass in ihn sogar Verkäufe außerhalb des Anwendungsbereichs des jeweiligen Kartells einbezogen würden ( 14 ). Sofern es sich aber – wie hier – um Verkäufe handelt, die jedenfalls auf dem relevanten Markt getätigt wurden, werden diese ohne Weiteres Teil der Berechnungsgrundlage für den Grundbetrag der Geldbuße ( 15 ). Anders als Pilkington behauptet, befinden sich solche Verkäufe nämlich keineswegs außerhalb des Anwendungsbereichs des Kartells.

    33.

    Die besagten Verkäufe sind ein nützlicher Anhaltspunkt für den durch das Kartell und speziell durch Pilkington angerichteten Schaden für den Wettbewerb im EWR, da sie über die wirtschaftliche Bedeutung des Kartells auf dem relevanten Markt sowie über das relative Gewicht von Pilkington innerhalb des Kartells Aufschluss geben, ganz wie die Ziff. 6 und 13 der Leitlinien von 2006 sowie die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs es erfordern ( 16 ).

    34.

    Wollte man, wie es den Rechtsmittelführerinnen vorschwebt, bei der Bußgeldberechnung einen Teil der auf dem relevanten Markt getätigten Verkäufe ausklammern, so würde dies in vielen Fällen die wirtschaftliche Bedeutung des Kartells künstlich schmälern und folglich der Zielsetzung der Ziff. 6 und 13 der Leitlinien von 2006 diametral zuwiderlaufen ( 17 ) (vgl. ergänzend Ziff. 4 und 5 jener Leitlinien). Denn die gesamte Tragweite eines Kartellvergehens lässt sich nicht angemessen abbilden, wenn man nur einzelne der von den Kartellbeteiligten auf dem relevanten Markt erzielten Umsätze selektiv betrachtet.

    35.

    Insbesondere vernachlässigt die von den Rechtsmittelführerinnen favorisierte Berechnungsweise, dass es zu den Hauptanliegen vieler Kartelle – auch des hier streitigen Kartells – gehört, den Markt unter den Kartellbeteiligten aufzuteilen oder deren Marktanteile auf einem vereinbarten Niveau zu halten. Dieser Stabilisierungseffekt, den das Gericht sehr zu Recht hervorgehoben hat ( 18 ), kommt naturgemäß der gesamten Aktivität der Kartellbeteiligten auf dem jeweiligen Markt zugute. Dabei kann, wie die Kommission sehr überzeugend hervorhebt, schon die Manipulation einiger weniger Rechtsgeschäfte ausreichen, um auf dem gesamten Markt die von den Kartellbeteiligten angestrebte Wirkung zu erzielen. Wenn aber der rechtswidrige Zweck des Kartells und damit die „kriminelle Energie“ der Kartellbeteiligten den gesamten Markt erfasst, dann müssen auch alle auf diesem Markt erzielten Verkäufe bei der Berechnung der Geldbußen zugrunde gelegt werden.

    36.

    Dementsprechend ist es nicht ausschlaggebend, ob sich die betroffenen Unternehmen im Hinblick auf jedes einzelne getätigte Rechtsgeschäft nachweislich – oder auch nur möglicherweise – kollusiv verhalten haben. Ebenso wenig ist im Übrigen entscheidend, ob und in welchem Umfang der von diesen Unternehmen mit dem Kartell angestrebte wettbewerbswidrige Erfolg tatsächlich eingetreten ist ( 19 ). Ausreichend ist vielmehr, dass eine Verfälschung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt im Sinne von Art. 81 EG (Art. 101 AEUV) bezweckt war oder bewirkt wurde ( 20 ). In einem solchen Fall hat grundsätzlich die Gesamtheit der auf jenem Markt erzielten Umsätze der Kartellbeteiligten in die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße einzufließen.

    37.

    Im Übrigen wäre der Verwaltungsaufwand, der mit der Bewertung eines jeden von den Kartellbeteiligten auf dem relevanten Markt getätigten Verkaufs einhergehen müsste, völlig unverhältnismäßig. Denn in den meisten Fällen beruhen die bei der Bußgeldberechnung heranzuziehenden Umsatzgrößen auf einer Vielzahl von Rechtsgeschäften, bei denen es kaum praktikabel erscheint, jedes einzelne auf seine – tatsächliche oder potenzielle – Beeinflussung durch die kollusiven Praktiken der Kartellbeteiligten zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, als sich Kartelle durch eine Kultur der Geheimhaltung seitens der beteiligten Unternehmen auszeichnen, die auf der Ebene der Bußgeldberechnung nicht auch noch „belohnt“ werden sollte ( 21 ).

    38.

    Alles in allem ist also allein ausschlaggebend, dass die bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße berücksichtigten Verkäufe auf dem relevanten Markt getätigt wurden ( 22 ). Denn genau dieser Umsatz, der aus dem Verkauf der Produkte stammt, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, ist am besten geeignet, die wirtschaftliche Bedeutung der betreffenden Zuwiderhandlung wiederzugeben ( 23 ). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass es zur Verhängung einer angemessenen Sanktion kommt, die zu einer wirksamen Durchsetzung der Wettbewerbsregeln auf dem Europäischen Binnenmarkt beiträgt (vgl. dazu auch Ziff. 4 und 5 der Leitlinien von 2006).

    39.

    Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

    B – Zum maßgeblichen Wechselkurs bei der Berechnung der 10%-Obergrenze für die Geldbuße (zweiter Rechtsmittelgrund)

    40.

    Der zweite Rechtsmittelgrund richtet sich gegen die Rn. 410 bis 423 des angefochtenen Urteils und betrifft die auf Unionsebene geltende Obergrenze für Geldbußen (bisweilen auch „Kappungsgrenze“ genannt), wie sie sich aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt. Gemäß dieser Bestimmung darf die gegenüber einem Unternehmen verhängte Geldbuße 10 % seines im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

    41.

    Nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen verletzt das angefochtene Urteil jene Vorschrift, weil das Gericht den Wechselkurs für die Währungsumrechnung von Pfund Sterling ( 24 ) in Euro in rechtsfehlerhafter Weise ermittelt habe. Wäre das Gericht nicht – wie schon zuvor die Kommission – vom Durchschnittskurs der Europäischen Zentralbank (EZB) während des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs von Pilkington vor der streitigen Entscheidung ausgegangen, sondern von dem von Pilkington favorisierten tagesaktuellen Wechselkurs zum Zeitpunkt des Erlasses jener Entscheidung, so hätte sich eine niedrigere 10%-Obergrenze und damit auch eine niedrigere Geldbuße für Pilkington errechnet.

    1. Vorbemerkung

    42.

    Hintergrund der hier erhobenen Rügen ist, dass die Muttergesellschaft von Pilkington ihren Sitz im Vereinigten Königreich hat, weshalb die im vorliegenden Fall als Berechnungsgrundlage dienenden Umsätze des gesamten Pilkington-Konzerns in Pfund Sterling festgestellt wurden. Hingegen werden die von der Kommission auf Unionsebene zur Ahndung von Kartellvergehen verhängten Geldbußen in Euro ausgedrückt. Es bedarf also einer Währungsumrechnung, um festzustellen, ob die festgesetzte Geldbuße die gesetzliche Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes von Pilkington in ihrem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vor Erlass der streitigen Entscheidung überschreitet.

    43.

    Die Rechtsmittelführerinnen tragen unwidersprochen vor, dass sich der Gesamtumsatz von Pilkington im Geschäftsjahr vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2008 auf 2,614 Mrd. GBP belief. Ausgangsbasis für die Ermittlung der 10%-Obergrenze im Sinne von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 war also ein Wert von 261,4 Mio. GBP (10 % von 2,614 Mrd. GBP).

    44.

    Stützt man sich – wie die Kommission und das Gericht – auf den in jenem Zeitraum maßgeblichen Durchschnittskurs der EZB für die Währungsumrechnung (1 GBP = 1,415 EUR), so ergibt sich eine Obergrenze von 370,1 Mio. EUR. Legt man hingegen den spezifischen Wechselkurs der EZB für den 12. November 2008 zugrunde, den Tag also, an dem die Kommission die streitige Entscheidung erließ (1 GBP = 1,2149 EUR oder 1 EUR = 0,82310 GBP) ( 25 ), so würde sich eine deutlich niedrigere Obergrenze von 317,5 Mio. EUR errechnen.

    45.

    Im ersteren Fall liegt also die von der Kommission verhängte Geldbuße mit ihrem berichtigten Betrag von 357 Mio. EUR eindeutig unter der 10%-Obergrenze ( 26 ), im zweiteren Fall würde sie demgegenüber die 10%-Obergrenze um fast 40 Mio. EUR überschreiten. Genau diese Differenz von rund 40 Mio. EUR steht also auf dem Spiel, wenn die Parteien im Rahmen dieses zweiten Rechtsmittelgrundes über die Wahl des richtigen Wechselkurses für die Währungsumrechnung streiten. Es gilt zu klären, ob der Wertverlust des Pfund Sterling im Verhältnis zum Euro, wie er in der Zeit bis zum Erlass der streitigen Entscheidung zu verzeichnen war, Pilkington zugutekommt oder im Gegenteil ein von Pilkington zu tragendes Wechselkursrisiko darstellt.

    2. Zu den von Pilkington vorgebrachten Rügen

    46.

    Während die Rechtsmittelführerinnen ausdrücklich das Recht der Kommission anerkennen, die von ihr verhängten kartellrechtlichen Geldbußen gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 in Euro festzusetzen, halten sie die Ausführungen des Gerichts in Bezug auf den relevanten Wechselkurs zur Berechnung der 10%-Obergrenze für rechtsfehlerhaft.

    47.

    Ihre diesbezüglich gegen das angefochtene Urteil vorgebrachten Rügen lassen sich im Wesentlichen zwei Themenkreisen zuordnen: Zum einen habe das Gericht den Zweck der 10%-Obergrenze verkannt (vgl. dazu sogleich, Abschnitt a), zum anderen sei es den Erfordernissen der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit nicht gerecht geworden (vgl. dazu weiter unten, Abschnitt b).

    a) Der Zweck der 10%-Obergrenze

    48.

    Durch die 10%-Obergrenze, wie sie sich aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, wird in die Berechnung von kartellrechtlichen Geldbußen ein Element eingeführt, das im Verhältnis zu den grundlegenden Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung einen gesonderten und eigenständigen Zweck verfolgt ( 27 ). Es gilt, die Leistungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen zu berücksichtigen sowie die Verhängung von überhöhten und unverhältnismäßigen Geldbußen zu verhindern ( 28 ).

    49.

    Maßgeblich ist im Rahmen von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu dem Zeitpunkt, zu dem es für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht wird und zu dem ihm von der Kommission eine finanzielle Sanktion auferlegt wird ( 29 ).

    50.

    Bestmöglich wäre die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zweifelsohne dann berücksichtigt, wenn man sie mit Blick auf den genauen Tag beurteilen würde, an dem die Kommission ihre Bußgeldentscheidung erlässt. Dies würde die Kommission jedoch vor schier unüberwindbare praktische Schwierigkeiten stellen: Zum einen sind beim Erlass der Bußgeldentscheidung regelmäßig keine tagesaktuellen Umsatzzahlen des betroffenen Unternehmens bekannt, jedenfalls liegen sie nicht in zertifizierter und damit verlässlicher Form vor. Zum anderen erfordern auch die internen Entscheidungsabläufe der Kommission – insbesondere die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung des Beratenden Ausschusses ( 30 ), aber auch die Notwendigkeit einer behördeninternen Reflexion über Zweckmäßigkeit, Berechnungsmethode und Höhe der Sanktion im konkreten Fall ( 31 ) – dass nicht bis zum letzten Tag unentwegt neues Zahlenmaterial vorgelegt und verarbeitet werden kann.

    51.

    Diesem Umstand hat der Unionsgesetzgeber Rechnung getragen und in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ein Zehntel des Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens in seinem letzten der Bußgeldentscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr als Referenzwert für dessen Leistungsfähigkeit festgelegt ( 32 ). Es wird gleichsam gesetzlich fingiert, dass die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zum Zwecke der Bußgeldberechnung jener entspricht, die sich aus seinen zertifizierten Umsatzzahlen für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr vor Erlass der Bußgeldentscheidung ablesen lässt. In aller Regel kann nämlich erwartet werden, dass sich die dergestalt ermittelte Leistungsfähigkeit des Unternehmens in den Wochen oder Monaten bis zum Erlass einer Bußgeldentscheidung nicht wesentlich ändert und die Umsatzzahlen seines letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs somit ihre Aussagekraft behalten.

    52.

    Wenn aber ein bestimmter Bruchteil (10 %) des Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens in seinem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr den gesetzlichen Referenzwert für seine Leistungsfähigkeit darstellt, dann muss auch für die Währungsumrechnung der während des Referenzzeitraums geltende durchschnittliche Wechselkurs maßgeblich sein. Denn nur dieser Wechselkurs lässt eine Beurteilung der Umsatzzahlen in dem Kontext zu, aus dem sie stammen, spiegelt er doch bestmöglich die wirtschaftlichen Realitäten wider, die seinerzeit vorherrschten ( 33 ). Darauf hat das Gericht zu Recht hingewiesen ( 34 ).

    53.

    Es könnte zu einer schwerwiegenden Verzerrung der Aussagekraft solcher Umsatzzahlen führen, wollte man sie zu einem abweichenden Wechselkurs aus einem späteren Zeitraum umrechnen: Das Anlegen eines neuen Wechselkurses an alte Zahlen wäre letztlich nichts anderes als der Vergleich von Äpfeln und Birnen.

    54.

    Auch den von den Rechtsmittelführerinnen ins Feld geführten Urteilen des Gerichtshofs lässt sich nichts entnehmen, was darauf hindeuten könnte, dass ein späterer Wechselkurs – namentlich der beim Erlass der Bußgeldentscheidung geltende tagesaktuelle Wechselkurs – herangezogen werden müsste.

    55.

    Zwar hat der Gerichtshof in einigen Fällen tatsächlich anerkannt, dass die 10%-Obergrenze die betroffenen Unternehmen in gewissem Umfang auch vor Wechselkursschwankungen schützen mag ( 35 ). Dies ist aber kein eigenständiger Zweck der Obergrenze, sondern vielmehr ein Teilaspekt des Schutzes, den Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 den betroffenen Unternehmen vor überhöhten und unverhältnismäßigen Geldbußen ( 36 ) bietet.

    56.

    Außerdem drehte es sich in den bislang in der Rechtsprechung erörterten Fällen jeweils um Veränderungen im Verhältnis der Währungen, zu denen es noch vor dem Ende des Referenzzeitraums kam, an den die 10%-Obergrenze gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geknüpft ist ( 37 ). Der Gerichtshof richtete also gleichsam seinen Blick zurück auf frühere Zeiträume und nicht, wie es Pilkington hier fordert, nach vorne auf die Wochen und Monate nach Abschluss des letzten Geschäftsjahrs vor Erlass der streitigen Entscheidung.

    57.

    Für den „Blick zurück“ gibt es, anders als für den „Blick nach vorne“, gute Gründe: Erstens wird die Phase zwischen der Beendigung der Zuwiderhandlung und dem letzten der Bußgeldentscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr in aller Regel mehrere Jahre dauern und somit naturgemäß anfälliger sein für währungsbedingte Veränderungen der Leistungsfähigkeit von Unternehmen als die hier streitigen Wochen und Monate, die der Bußgeldentscheidung unmittelbar vorausgehen. Zweitens kann nur beim „Blick zurück“ auf belastbares Zahlenmaterial zurückgegriffen werden, das – zusammen mit den dazugehörigen Wechselkursen für die Währungsumrechnung – rechtzeitig genug vorliegt, um von der Kommission in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt zu werden.

    58.

    Der einzige Anhaltspunkt in der Rechtsprechung, der auf einen „Blick nach vorne“ und damit auf eine irgendwie geartete Relevanz von tagesaktuellen Wechselkursen hindeuten könnte, findet sich in dem vergleichsweise alten Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Sarrió/Kommission. In jenem Fall hatte sich das Gericht nämlich vergewissert, „dass der Betrag der Geldbuße, umgerechnet in Landeswährung zu dem zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung geltenden Wechselkurs, 10 % des Gesamtumsatzes der Klägerin im [letzten der Entscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr] nicht übersteigt“ ( 38 ).

    59.

    Soweit ersichtlich, hat diese Vorgehensweise aber keine Schule gemacht. Ich meine auch nicht, dass der Gerichtshof sie sich nun zu eigen machen sollte.

    60.

    Abgesehen von dem bereits erwähnten grundlegenden Einwand, dass bei Heranziehung eines tagesaktuellen Wechselkurses in unzulässiger Weise alte Umsatzzahlen mit einem neuen, nicht aus demselben Zeitraum stammenden Wechselkurs umgerechnet werden, scheint mir auch das Abstellen des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Sarrió/Kommission auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung völlig ungeeignet und unpraktikabel: Die Veröffentlichung der Entscheidung erfolgt in Kartellfällen regelmäßig erst weit nach ihrem Erlass, bisweilen sogar Jahre später. Die Kommission müsste also geradezu über hellseherische Fähigkeiten verfügen, wollte sie einen solchen künftigen Wechselkurs bereits bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen. Auch ist nicht ersichtlich, inwieweit ausgerechnet der am Tag der Veröffentlichung der Entscheidung maßgebliche Wechselkurs Aufschluss über die Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens zu dem sehr viel früheren Zeitpunkt geben soll, an dem ihm die Kommission die Geldbuße auferlegt und sie beitreibt.

    61.

    Die Lösung des von den Rechtsmittelführerinnen beklagten Problems ist für meine Begriffe auf einer gänzlich anderen Ebene zu suchen, und zwar im Haushaltsrecht der Union: Sollte sich erweisen, dass die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens – aufgrund von Wechselkursschwankungen oder auch aus anderen Gründen – zwischen dem Ende seines letzten Geschäftsjahrs und dem Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung der Kommission stark zurückgegangen ist, so sieht das Haushaltsrecht die geeigneten Mechanismen vor, einer drohenden Überforderung dieses Unternehmens im Rahmen der Beitreibung der von der Kommission verhängten Geldbuße gerecht zu werden ( 39 ). Diese Mechanismen ermöglichen die Entwicklung von auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittenen Lösungen, welche von der Gewährung großzügigerer Zahlungsfristen bis hin zum vollständigen oder teilweisen Forderungsverzicht reichen, wobei allerdings etwaige Wettbewerbsverzerrungen gebührend zu berücksichtigen sind (vgl. dazu insbesondere die Art. 89 und 91 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung der Union ( 40 )).

    62.

    Entgegen der von Pilkington in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung spricht es im Übrigen keineswegs gegen diese Lösung, dass die im Haushaltsrecht der Union vorgesehenen Mechanismen nur in extremen Ausnahmefällen greifen. Denn alle „normalen“ Risiken im Zusammenhang mit ihrer Leistungsfähigkeit, insbesondere das normale Wechselkursrisiko, haben die betroffenen Unternehmen selbst zu tragen ( 41 ). Darauf wird noch an anderer Stelle zurückzukommen sein ( 42 ).

    63.

    Vor diesem Hintergrund sind die auf den Zweck der 10%-Obergrenze gestützten Argumente der Rechtsmittelführerinnen nicht stichhaltig.

    b) Die Erfordernisse der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit

    64.

    Darüber hinaus führen die Rechtsmittelführerinnen im vorliegenden Fall noch die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit ins Treffen. Auch aus diesen Grundsätzen soll sich ihrer Ansicht nach ergeben, dass für die Währungsumrechnung nicht der Durchschnittskurs des letzten vor der streitigen Entscheidung abgeschlossenen Geschäftsjahrs von Pilkington maßgeblich ist, sondern der tagesaktuelle Kurs zum Zeitpunkt des Erlasses jener Entscheidung.

    i) Der Grundsatz der Gleichbehandlung

    65.

    Zum einen werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vor. Nach ihrer Auffassung müssen alle Unternehmen gleich behandelt werden, unabhängig von der Währung, in der sie ihre Bücher führen. Dies habe das Gericht verkannt.

    66.

    Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte verankert ist ( 43 ). Er kann nicht je nach Rechtsgebiet unterschiedlich ausgelegt und angewandt werden.

    67.

    Nach ständiger Rechtsprechung besagt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist ( 44 ).

    68.

    Nichts anderes als ein Ausfluss des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist es, wenn der Gerichtshof speziell für die Bemessung kartellrechtlicher Geldbußen anerkennt, dass die 10%-Obergrenze gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Grenze ist, die einheitlich für alle Unternehmen gilt ( 45 ).

    69.

    Mit Blick auf die hier interessierende Problematik ist zunächst anzumerken, dass die Leistungsfähigkeit eines jeden Unternehmens naturgemäß zwischen dem Abschluss seines letzten Geschäftsjahrs und dem Tag des Erlasses einer Bußgeldentscheidung noch bestimmten Schwankungen unterliegen kann. Solche Schwankungen mögen sich etwa aus unerwarteten Umsatzrückgängen ergeben, sie können aber auch auf Veränderungen in der Währungsumrechnung beruhen, insbesondere dann, wenn ein Unternehmen – gleichviel, wo es seinen Sitz hat – einen Großteil seiner Umsätze in Fremdwährungen erzielt.

    70.

    Alle Unternehmen befinden sich diesbezüglich in der gleichen Lage und werden vom Unionsgesetzgeber auch gleich behandelt: Denn nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 werden solche Schwankungen in der Leistungsfähigkeit mit Blick auf die Berechnung der 10%-Obergrenze nicht berücksichtigt, gleichviel, ob die betreffenden Unternehmen ihre Umsätze in Euro oder in einer anderen Währung feststellen. Insoweit kann also kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen.

    71.

    Zusätzlich kann freilich für Unternehmen, die ihre Umsatzzahlen nicht in Euro, sondern in Fremdwährung feststellen, der Aufwand für die Entrichtung einer Geldbuße aufgrund von Wechselkursveränderungen zwischen ihrem letzten Geschäftsjahr und dem Tag der Bußgeldentscheidung der Kommission stärkeren Schwankungen unterliegen, als dies bei Unternehmen der Fall ist, die ihre Bücher in Euro führen. In diesem Punkt mag sich also die Situation der Unternehmen, die außerhalb der Euro-Zone ihren Sitz haben, womöglich von der Lage derer unterscheiden, die innerhalb der Euro-Zone ansässig sind.

    72.

    Aus dem Umstand allein, dass Unternehmen mit Sitz außerhalb der Euro-Zone stärker unter währungsbedingten Schwankungen ihrer liquiden Mittel leiden mögen als solche mit Sitz innerhalb der Euro-Zone, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihnen eine erneute, tagesaktuelle Prüfung ihrer Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung der Kommission zusteht, unter Zugrundelegung des dann geltenden tagesaktuellen Wechselkurses.

    73.

    Denn solche währungsbedingten Schwankungen sind Ausdruck des Wechselkursrisikos, welches jedes Unternehmen selbst zu tragen hat ( 46 ). Ein Unternehmen, das sich außerhalb der Euro-Zone niederlässt, nimmt das Risiko einer ungünstigen Währungsentwicklung ebenso bewusst in Kauf, wie es etwaige Vorteile einer günstigen Währungsentwicklung genießt. Es geht nicht an, dass ein solches Unternehmen allein die etwaigen Nachteile seines Sitzes außerhalb der Euro-Zone unter Berufung auf den Grundsatz der Gleichbehandlung selektiv auf die Allgemeinheit abwälzt.

    74.

    Nur am Rande sei bemerkt, dass schon vor der Einführung des Euro nicht alle auf dem Binnenmarkt tätigen Unternehmen den gleichen Wechselkursrisiken ausgesetzt waren. Zwar trifft es zu, dass die Kommission seinerzeit für alle Unternehmen eine Währungsumrechnung vornehmen musste, bevor gegen sie Geldbußen verhängt wurden, wohingegen dies heute nur noch für die außerhalb der Euro-Zone niedergelassenen Unternehmen erforderlich ist. Gleichwohl hatten Unternehmen auch vor der Einführung des Euro bereits je nach dem Mitgliedstaat, in dem sie sich niederließen, mit unterschiedlich starken Währungsschwankungen und folglich mit unterschiedlich hohen Wechselkursrisiken zu tun.

    ii) Der Grundsatz der Rechtssicherheit

    75.

    Zum anderen behaupten die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe den Grundsatz der Rechtssicherheit verkannt. Ihrer Meinung nach muss jedes Unternehmen die finanziellen Belastungen, die ihm durch eine von der Kommission verhängte Geldbuße drohen, in seiner eigenen Währung vorhersehen können.

    76.

    Der Grundsatz der Rechtssicherheit stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der u. a. gebietet, dass eine Regelung, die nachteilige Folgen für Einzelne hat, klar und bestimmt und ihre Anwendung für die Einzelnen voraussehbar sein muss ( 47 ). Die Betroffenen sollen ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können ( 48 ).

    77.

    Im selben Sinne hat der Gerichtshof speziell mit Blick auf Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ausgeführt, dass die von der Kommission verhängten kartellrechtlichen Geldbußen nach dieser Vorschrift einer bezifferbaren und absoluten Obergrenze unterliegen, so dass der Höchstbetrag der möglichen Geldbuße für ein konkretes Unternehmen im Voraus bestimmbar ist ( 49 ).

    78.

    Dem Konzept der Vorhersehbarkeit wohnt denknotwendig ein Element der Prognose inne. Prognosen sind auf der Grundlage von bereits feststehenden Daten aus der jüngeren Vergangenheit verlässlicher anzustellen als auf der Grundlage noch unbekannter künftiger Daten.

    79.

    Ohne jeden Zweifel kann deshalb ein Unternehmen die in seinem Fall geltende 10%-Obergrenze für kartellrechtliche Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 besser vorhersehen, wenn diese Obergrenze unter Rückgriff auf den Durchschnittswechselkurs seines letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs berechnet wird und nicht gestützt auf einen künftigen, im Voraus noch gar nicht verfügbaren tagesaktuellen Wechselkurs zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung.

    80.

    Dementsprechend hat das Gericht völlig zu Recht hervorgehoben ( 50 ), dass die Anwendung des durchschnittlichen Wechselkurses der EZB für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr eines Unternehmens vor dem Erlass der Bußgeldentscheidung deutlich besser geeignet ist, für Rechtssicherheit zu sorgen, als das Abstellen auf den tagesaktuellen Wechselkurs zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, dem Tag des Erlasses der Bußgeldentscheidung.

    81.

    Denn der besagte Durchschnittskurs steht seit dem Ende des betreffenden Geschäftsjahrs fest und ändert sich nicht mehr, wohingegen der tagesaktuelle Kurs von in der Zukunft liegenden Zufälligkeiten abhängt, namentlich vom Zeitpunkt, den die Kommission für den Erlass ihrer Bußgeldentscheidung wählen wird, und von der wirtschaftlichen Lage zu jener Zeit. Unter Zugrundelegung des Durchschnittskurses kann somit jedes Unternehmen, gegen das die Kommission wegen eines Kartellvergehens vorgeht, bereits im Vorfeld der verfahrensabschließenden Entscheidung exakt berechnen, welchen Betrag in Euro eine gegebenenfalls zu entrichtende Geldbuße höchstens ausmachen wird.

    82.

    Die Rechtsmittelführer wenden ein, dass Unternehmen, die ihre Umsätze nicht in Euro feststellen, ihren Finanzierungsaufwand für etwa zu entrichtende kartellrechtliche Geldbußen weniger gut vorhersehen könnten als Unternehmen, deren Bücher in Euro geführt werden.

    83.

    Diese Unsicherheit resultiert jedoch aus dem Wechselkursrisiko, welches die außerhalb der Euro-Zone niedergelassenen Unternehmen, wie bereits erwähnt ( 51 ), stets zu tragen haben. Mehr noch: Ein vorausschauendes Unternehmen muss für drohende Verbindlichkeiten stets in der Währung Vorsorge treffen, in der diese Verbindlichkeiten künftig zu begleichen sein werden. Insoweit besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen einer kartellrechtlichen Geldbuße, die möglicherweise von der Kommission verhängt werden wird, und zivilrechtlichen Haftungsrisiken, die gegebenenfalls in Prozessen vor nationalen Gerichten auf das betroffene Unternehmen zukommen werden.

    84.

    Wird ein Unternehmen von der Kommission in einem Verfahren nach der Verordnung Nr. 1/2003 als mutmaßlicher Kartellbeteiligter verfolgt, so liegt es in seinem eigenen Interesse, bereits während jenes Verfahrens auf der Grundlage seiner eigenen Umsatzzahlen für das jeweils letzte abgeschlossene Geschäftsjahr Rückstellungen in Euro für eine gegebenenfalls zu entrichtende Geldbuße vorzunehmen oder zumindest durch Vereinbarungen mit Finanzinstituten sicherzustellen, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung über die notwendige Liquidität in Euro verfügen wird, bis hin zur 10%-Obergrenze gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003.

    85.

    Trifft das betroffene Unternehmen keine derartigen Vorkehrungen, so lässt es sich letztlich auf ein Spekulationsgeschäft über die Wechselkursentwicklung ein und nimmt bewusst die Gefahr in Kauf, dass es sich später die Devisen für die Begleichung einer etwaigen Geldbuße zu weniger günstigen Konditionen wird verschaffen können, als dies bei Abschluss seines letzten Geschäftsjahrs vor der Bußgeldentscheidung der Fall gewesen wäre.

    86.

    Wie der Gerichtshof in anderem Zusammenhang bereits festgestellt hat, handelt es sich bei Währungsschwankungen um einen Zufallsfaktor, der sich sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken kann ( 52 ). Die Existenz solcher Währungsschwankungen kann als solche nicht zur Unangemessenheit einer rechtmäßig festgesetzten Geldbuße führen ( 53 ).

    3. Zwischenergebnis

    87.

    Alles in allem verstößt es also weder gegen den Zweck von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 noch gegen die allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit, bei der Währungsumrechnung im Rahmen der Bestimmung der 10%-Obergrenze für kartellrechtliche Geldbußen den Durchschnittswechselkurs für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr des betroffenen Unternehmens vor dem Erlass der Bußgeldentscheidung zugrunde zu legen. Die dahin gehende Schlussfolgerung des Gerichts ( 54 ) ist frei von Rechtsfehlern. Dementsprechend ist der zweite Rechtsmittelgrund unbegründet.

    C – Zu diversen allgemeinen Rechtsgrundsätzen und rechtsstaatlichen Erwägungen (dritter Rechtsmittelgrund)

    88.

    Der dritte Rechtsmittelgrund ist diversen allgemeinen Rechtsgrundsätzen und rechtsstaatlichen Erwägungen gewidmet, deren Verletzung die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen. Mit ihm greifen sie einerseits die Rn. 396 bis 402 sowie andererseits die Rn. 434, 438 und 440 bis 444 des angefochtenen Urteils an. Dabei gilt der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes allein den rechtlichen Anforderungen, die sich aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit ergeben (vgl. dazu sogleich, Abschnitt 1), wohingegen der zweite Teil sich der Befugnis des Gerichts zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung widmet (siehe weiter unten, Abschnitt 2).

    89.

    Für die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen zu beiden Teilen dieses Rechtsmittelgrundes spielt die von Pilkington im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren vorgelegte Studie einer Unternehmensberatungsgesellschaft eine wesentliche Rolle. Aus dieser Studie meinen die Rechtsmittelführerinnen schließen zu können, dass sich die Finanzlage von Pilkington infolge der von der Kommission verhängten Geldbuße erheblich verschlechtert habe.

    90.

    Ich nehme vorweg, dass die Vorgehensweise des Gerichts im Hinblick auf diese Studie absolut angemessen war und rechtlich nicht zu beanstanden ist. Zu Recht hat das Gericht die besagte Studie nur zum Zwecke der unbeschränkten Ermessensnachprüfung berücksichtigt, in deren Rahmen es ihm offensteht, auch Tatsachen und Beweise zu berücksichtigen, die sich erst nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ergeben haben ( 55 ). Hingegen hat das Gericht jene Studie, ebenfalls völlig zu Recht, im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung unbeachtet gelassen, weil dabei nur Elemente berücksichtigt werden dürfen, die auch der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses jener Entscheidung bereits vorlagen ( 56 ).

    1. Die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit (erster Teil des dritten Rechtsmittelgrundes)

    91.

    Als Erstes rügen die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe die rechtlichen Anforderungen der allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verkannt. Sie bemängeln eine „eklatante Diskrepanz“ in der Belastung, welche die von der Kommission verhängten Sanktionen für die einzelnen Kartellbeteiligten bedeuteten. Pilkington selbst hält sich für sehr viel härter bestraft als ihre Mittäterinnen, weil die ihr auferlegte Geldbuße einen sehr viel höheren Anteil an ihrem Gesamtumsatz ausmache, als dies bei den anderen Kartellbeteiligten der Fall sei, die über eine größere Produktvielfalt verfügten.

    92.

    Zutreffend hat das Gericht in diesem Zusammenhang daran erinnert ( 57 ), dass in den Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen nicht notwendigerweise alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren relevanten Umsatz zum Ausdruck kommen müssen ( 58 ). Denn abgesehen von der in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 enthaltenen 10%igen Obergrenze ist die Berechnung kartellrechtlicher Geldbußen kein mechanischer Vorgang, bei dem die Sanktion zwingend in einer bestimmten Relation zum jeweiligen Gesamtumsatz aller betroffenen Unternehmen stehen müsste.

    93.

    Zwar trifft es zu, dass die Kommission bei der Verhängung kartellrechtlicher Geldbußen nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 in der Ausübung ihres Ermessens nicht völlig frei ist, sondern gerichtlicher Kontrolle daraufhin unterliegt, ob sie die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts und die auf Unionsebene garantierten Grundrechte beachtet hat ( 59 ), insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit ( 60 ).

    94.

    Weder die rechtlichen Anforderungen des einen Grundsatzes noch die des anderen hat das Gericht allerdings im vorliegenden Fall verkannt.

    a) Die rechtlichen Anforderungen des Grundsatzes der Gleichbehandlung

    95.

    Was zunächst den Grundsatz der Gleichbehandlung anbelangt, so besagt dieser, wie schon ausgeführt ( 61 ), dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist.

    96.

    Im Normalfall ist dem Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Ahndung von Kartellvergehen Genüge getan, wenn alle Kartellbeteiligten hinsichtlich der Berechnung der ihnen auferlegten Geldbußen nach den gleichen Kriterien behandelt werden ( 62 ), so dass qualitativ in Bezug auf ein und dasselbe Kartellvergehen nicht mit zweierlei Maß gemessen wird ( 63 ). Dabei stellt es für sich allein genommen keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn sich die letztlich gegen ein Unternehmen verhängte Geldbuße auf rund 10 % seines Gesamtumsatzes beläuft, also der gesetzlich festgesetzten Obergrenze (Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003) nahekommt oder sie sogar erreicht, während dieser Prozentsatz für andere Kartellbeteiligte niedriger ausfällt ( 64 ).

    97.

    Die Rechtsmittelführerinnen möchten im vorliegenden Fall für Pilkington gleichwohl eine Sonderbehandlung dahin gehend erwirken, dass die ihr auferlegte Geldbuße auf einen geringeren Prozentsatz ihres Gesamtumsatzes reduziert wird. Sinngemäß werfen sie dem Gericht vor, ihnen diese Sonderbehandlung vorenthalten zu haben.

    98.

    Ein Abweichen von der klassischen Berechnungsmethode für Geldbußen mag gegebenenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn die von der Kommission aufgrund der Leitlinien von 2006 angewandte Berechnungsmethode keine hinreichende Differenzierung der den einzelnen Kartellbeteiligten auferlegten Geldbußen mit Blick auf die Dauer und Schwere ihrer jeweiligen individuellen Kartellbeteiligung sowie auf etwaige mildernde oder erschwerende Umstände ermöglicht ( 65 ). Dafür bestehen aber im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte, und auch die Rechtsmittelführerinnen haben nichts dahin gehendes vorgetragen.

    99.

    Ob sich im Übrigen die Lage von Pilkington aufgrund besonderer Umstände in erheblicher Weise von der der anderen Kartellbeteiligten unterscheidet und deshalb eine Sonderbehandlung bei der Bußgeldberechnung erforderlich macht, ist letztlich eine Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung. Diese obliegt nach ständiger Rechtsprechung ( 66 ) allein dem Gericht und ist im Stadium des Rechtsmittelverfahrens vom Gerichtshof nicht erneut zu prüfen, mit Ausnahme einer etwaigen Verfälschung von Tatsachen oder Beweismitteln, die hier jedoch nicht gerügt wird.

    100.

    Nur der Vollständigkeit halber weise ich ergänzend darauf hin, dass mir die starke Spezialisierung von Pilkington auf Automobilglas und ihre im Vergleich zu den anderen Kartellbeteiligten geringere Produktdiversifizierung für sich allein betrachtet nicht als ausreichend erscheint, um bei der Berechnung der auf Pilkington entfallenden Geldbuße besondere Maßstäbe walten zu lassen. Vielmehr weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass ein Unternehmen wie Pilkington, welches einen besonders großen Anteil seines Gesamtumsatzes mit den kartellbefangenen Produkten erzielt, auch entsprechend stärker von der etwaigen Rendite profitiert, welche die Kartellbeteiligten aus ihrem kollusiven Verhalten ziehen können. Vor diesem Hintergrund stellt es sich keineswegs als ungerecht dar, wenn die von der Kommission verhängte Geldbuße einen höheren Prozentsatz des Gesamtumsatzes dieses Unternehmens ausmacht, als dies bei anderen Kartellbeteiligten der Fall ist.

    101.

    Diese Schlussfolgerung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kommission in der Vergangenheit vereinzelt eine Minderung von Geldbußen vorgenommen hat, um den Besonderheiten des Geschäftsmodells einzelner Kartellbeteiligter gerecht zu werden. Denn die frühere Entscheidungspraxis der Kommission bildet nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen ( 67 ).

    102.

    Was speziell den von den Rechtsmittelführerinnen zitierten Fall Almamet anbelangt, so zeichnete sich die Lage jenes Unternehmens durch Besonderheiten aus, die auf Pilkington – jedenfalls nach den den Unionsgerichten vorliegenden Informationen – nicht im selben Maße zutreffen ( 68 ).

    103.

    Damit ist die Rüge einer Verletzung der rechtlichen Anforderungen des Grundsatzes der Gleichbehandlung als unbegründet zurückzuweisen.

    b) Die rechtlichen Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

    104.

    Was sodann den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betrifft, der nach Art. 49 Abs. 3 der Charta den Status eines Grundrechts genießt ( 69 ), so ist auch dieser anerkanntermaßen bei der Verhängung von Geldbußen für Kartellvergehen zu beachten ( 70 ).

    105.

    Die Rechtsmittelführerinnen werfen dem Gericht hier letztlich vor, die rechtlichen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit mit Blick auf die Relation zwischen der von der Kommission verhängten Geldbuße und dem Gesamtumsatz von Pilkington vernachlässigt zu haben.

    106.

    Grundsätzlich stellt die bereits erwähnte ( 71 ) gesetzliche 10%-Obergrenze gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sicher, dass die den Kartellbeteiligten von der Kommission auferlegten Geldbußen sich in einer angemessenen Relation zu ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit halten und dass keine überhöhten und unverhältnismäßigen Geldbußen verhängt werden ( 72 ). Wird diese Obergrenze eingehalten, so besteht die Vermutung, dass die Geldbuße die Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens nicht in unverhältnismäßiger Weise beansprucht.

    107.

    Aus dem Umstand allein, dass sich eine Geldbuße als – möglicherweise sogar erhebliche – finanzielle Belastung für das betroffene Unternehmen auswirkt und zu einer vorübergehenden Schwächung seiner Finanzkraft führt, kann mitnichten gefolgert werden, die Geldbuße sei unverhältnismäßig hoch. Im Gegenteil soll die Sanktion, die in Form der Geldbuße gegen das Unternehmen verhängt wird, spürbar sein, damit sie ihre spezialpräventive und generalpräventive Wirkung entfalten kann (vgl. dazu auch Ziff. 4 der Leitlinien von 2006). Dieses Ziel würde verfehlt, wenn ein Unternehmen die ihm auferlegte Sanktion gleichsam „aus der Portokasse bezahlen“ könnte.

    108.

    Wollte man eine womöglich zu erwartende Schwächung der Finanzkraft des betroffenen Unternehmens infolge einer kartellrechtlichen Geldbuße zum Anlass nehmen, diese Sanktion zu mindern, so hätte dies im Übrigen die widersinnige Folge, dass besagtes Unternehmen für einen von ihm begangenen gravierenden Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln mit einem ungerechtfertigten finanziellen Vorteil belohnt würde ( 73 ). Sollte es bei einem Unternehmen unerwartet zu Zahlungsschwierigkeiten kommen, so sieht das Haushaltsrecht der Union, wie schon erwähnt ( 74 ), angemessene Lösungen vor.

    109.

    Vor diesem Hintergrund ist die Rüge einer Verletzung der rechtlichen Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ebenso unbegründet wie schon die auf den Grundsatz der Gleichbehandlung bezogene Rüge.

    2. Die Ausübung der Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung durch das Gericht (zweiter Teil des dritten Rechtsmittelgrundes)

    110.

    Als Letztes bemängeln die Rechtsmittelführerinnen im Rahmen dieses dritten Rechtsmittelgrundes, das Gericht habe von seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung gemäß Art. 261 AEUV in Verbindung mit Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht mit der notwendigen Intensität Gebrauch gemacht.

    111.

    Stein des Anstoßes sind hier vor allem die Ausführungen in den Rn. 442 und 443 des angefochtenen Urteils, wo das Gericht die Herabsetzung der von der Kommission verhängten Geldbuße wegen ihrer negativen finanziellen Auswirkungen auf das betroffene Unternehmen nur „unter außergewöhnlichen Umständen“ vornehmen will, „wenn ein übergeordnetes Interesse dies rechtfertigt“ ( 75 ). Nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen hat sich das Gericht mit dieser Aussage in rechtswidriger Weise auf eine zu „oberflächliche Anwendung“ seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung zurückgezogen ( 76 ).

    112.

    Die Ausübung der Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung durch das Gericht wird vom Gerichtshof nur auf offensichtliche Fehler überprüft ( 77 ). Solche Fehler sind erstens anzunehmen, wenn das Gericht die Ausmaße seiner Befugnisse nach Art. 261 AEUV verkannt hat ( 78 ), zweitens, wenn es sich nicht umfassend mit allen relevanten Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat ( 79 ), und drittens, wenn es unzutreffende rechtliche Kriterien angelegt hat ( 80 ), nicht zuletzt mit Blick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung ( 81 ) und der Verhältnismäßigkeit ( 82 ).

    113.

    Die hier von den Rechtsmittelführerinnen vorgebrachte Rüge einer zu oberflächlichen Herangehensweise in Bezug auf die „pleine juridiction“ fällt in die erste der genannten Kategorien: Letztlich wird dem Gericht vorgeworfen, es habe die Ausmaße seiner Befugnisse nach Art. 261 AEUV verkannt ( 83 ).

    114.

    In der Tat reichen diese Befugnisse sehr weit: Das Gericht ist gemäß Art. 261 AEUV über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer von der Kommission festgesetzten kartellrechtlichen Geldbuße hinaus befugt, die Beurteilung der Kommission im Hinblick auf die Festsetzung des Betrags dieser Geldbuße durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen ( 84 ). Es darf also die Geldbuße auch aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen heraus aufheben, herabsetzen oder erhöhen, ohne dass es zuvor die angefochtene Entscheidung für nichtig erklären müsste ( 85 ). Die Ausübung der Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung setzt folglich nicht notwendigerweise die Feststellung eines Rechtsfehlers voraus.

    115.

    Dieser Möglichkeit, die ihm im Rahmen von Art. 261 AEUV offensteht, war sich das Gericht im vorliegenden Fall durchaus bewusst ( 86 ). Keineswegs ist das Gericht davon ausgegangen, dass es nur unter außergewöhnlichen Umständen überhaupt eine Herabsetzung der von der Kommission verhängten Geldbuße vornehmen darf. Vielmehr hat es angenommen, dass eine solche Herabsetzung speziell wegen der behaupteten Schwächung der Finanzkraft des betroffenen Unternehmens nur unter außergewöhnlichen Umständen angemessen sei.

    116.

    Mit anderen Worten hat sich das Gericht im vorliegenden Fall sehr wohl mit dem Vorbringen von Pilkington bezüglich der Verschlechterung seiner Finanzkraft auseinandergesetzt, einschließlich der von Pilkington vorgelegten Studie einer Unternehmensberatungsgesellschaft. Es hat sich dabei aber nicht aus – falsch verstandenen – rechtlichen Erwägungen, sondern allein aus Erwägungen der Zweckmäßigkeit gegen eine Herabsetzung der Geldbuße entschieden. Besonders deutlich wird dies, wenn man den Hintergrund betrachtet, vor dem das Gericht seine Ausführungen zu den „außergewöhnlichen Umständen“ macht: Das Gericht ist von der Sorge geleitet, dass die Wirksamkeit der Wettbewerbspolitik der Union leiden könnte, wenn kartellrechtliche Geldbußen nicht eine gewisse Härte für die betroffenen Unternehmen bedeuten würden ( 87 ).

    117.

    Eine derartige Überlegung ist, wie schon oben angedeutet ( 88 ), aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Sie liegt im Übrigen voll auf der Linie der von der Kommission in ihren Leitlinien von 2006 definierten Wettbewerbspolitik der Union ( 89 ). Solche Leitlinien mögen zwar für die Judikative nicht bindend sein, die Unionsgerichte dürfen sich aber gleichwohl davon inspirieren lassen, wenn sie ihre Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung ausüben ( 90 ).

    118.

    Alles in allem hat also das Gericht seine Befugnis zur unbeschränkten Ermessensausübung korrekt wahrgenommen. Eine weiter gehende Beurteilung der Geldbuße im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit steht dem Gerichtshof als Rechtsmittelinstanz grundsätzlich nicht zu. Nur höchst ausnahmsweise ist dem Gerichtshof ein eigenes Eingreifen erlaubt, und zwar dann, wenn „die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird“ ( 91 ). Für ein derart krasses und evidentes Missverhältnis zwischen Zuwiderhandlung und Sanktion, das eine Korrektur seitens des Gerichtshofs als Rechtsmittelinstanz erforderlich machen würde, bestehen jedoch im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte.

    119.

    Folglich ist auch dieser letzte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ohne Aussicht auf Erfolg. Damit ist der gesamte dritte Rechtsmittelgrund unbegründet.

    D – Zusammenfassung

    120.

    Da keiner der von den Rechtsmittelführerinnen vorgebrachten Rechtsmittelgründe zum Erfolg führt, ist das Rechtsmittel in seiner Gesamtheit zurückzuweisen.

    VI – Kosten

    121.

    Gemäß Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn er das Rechtsmittel zurückweist.

    122.

    Aus Art. 138 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung folgt, dass die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist; unterliegen mehrere Parteien, so entscheidet der Gerichtshof über die Verteilung der Kosten. Da die Kommission entsprechende Anträge gestellt hat und die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen. Diese Kosten haben sie als Gesamtschuldnerinnen zu tragen, weil sie das Rechtsmittel gemeinsam eingelegt haben.

    VII – Ergebnis

    123.

    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

    1)

    Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

    2)

    Die Rechtsmittelführerinnen tragen als Gesamtschuldnerinnen die Kosten des Verfahrens.


    ( 1 ) Originalsprache: Deutsch.

    ( 2 ) Entscheidung der Kommission vom 12. November 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und Artikel 53 EWR-Abkommen, C(2008) 6815 endgültig (Sache COMP/39.125 – Automobilglas, zusammengefasst in ABl. 2009, C 173, S. 13); berichtigt durch Entscheidung C (2009) 863 endgültig vom 11. Februar 2009 und durch Entscheidung C(2013) 1119 endgültig vom 28. Februar 2013.

    ( 3 ) Urteil Pilkington Group u. a./Kommission (T‑72/09, EU:T:2014:1094).

    ( 4 ) Rechtssache AGC Glass Europe u. a./Kommission (C‑517/15 P, ABl. 2015, C 398, S. 20).

    ( 5 ) Maßgeblich ist allein die Rechtslage vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, da die streitige Entscheidung vor dem 1. Dezember 2009 ergangen ist.

    ( 6 ) Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), im Folgenden: Verordnung Nr. 1/2003.

    ( 7 ) Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2) im Folgenden: Leitlinien von 2006.

    ( 8 ) Im Folgenden auch als EUR abgekürzt.

    ( 9 ) Diese Kostenentscheidung begründet das Gericht mit dem Umstand, dass die Kommission erst während des laufenden erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens die Änderungsentscheidung vom 28. Februar 2013 erlassen hat (siehe oben, Rn. 15 und Fn. 2), mit der sie zwei Fehler in Bezug auf die Berechnung der Geldbuße berichtigte (Rn. 448 und 449 des angefochtenen Urteils).

    ( 10 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 76), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57 und 59), Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 148 und 149), LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 53 und 55), InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 50), AC-Treuhand/Kommission (C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 64) und Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 85).

    ( 11 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 77), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 58), LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 54) und InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 62).

    ( 12 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 76), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57), Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 148) sowie LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 53).

    ( 13 ) In diesem Sinne Urteil LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 57).

    ( 14 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 76), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57), Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 148), LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 53) und InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 55).

    ( 15 ) In diesem Sinne Urteil LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 57), in dem der Gerichtshof klarstellt, dass sich Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 „auf die auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen relevanten Markt getätigten Verkäufe bezieh[t]“.

    ( 16 ) Vgl. dazu nochmals oben, Rn. 26 dieser Schlussanträge mit Fn. 10.

    ( 17 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 77), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 58), LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 54) und InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 62).

    ( 18 ) Rn. 224 und 226 des angefochtenen Urteils.

    ( 19 ) Auch Kartellabsprachen, die letztlich von den beteiligten Unternehmen nicht durchgeführt werden oder die auf dem Markt nicht die gewünschte Wirkung erzielen, sind und bleiben Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln, die von den Wettbewerbsbehörden geahndet werden können und sollen.

    ( 20 ) Zur Maßgeblichkeit des Kriteriums einer Verfälschung des Wettbewerbs vgl. auch die Urteile LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 63) und InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 61).

    ( 21 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 77), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 58) und LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 54).

    ( 22 ) Vgl. dazu nochmals das Urteil LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 57) mit seiner Bezugnahme auf „die auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen relevanten Markt getätigten Verkäufe“.

    ( 23 ) Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 75 bis 78), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57 bis 59), Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 148 und 149), LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 53 bis 58 und 64) sowie InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 51).

    ( 24 ) Im Folgenden auch als GBP abgekürzt.

    ( 25 ) ABl. 2008, C 290, S. 6.

    ( 26 ) Auch der ursprünglich festgesetzte Betrag von 370 Mio. Euro bleibt noch – wenn auch knapp – unterhalb der 10%-Obergrenze, wenn man den Durchschnittswechselkurs zugrunde legt.

    ( 27 ) Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 282).

    ( 28 ) Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, EU:C:1983:158, Rn. 119 und 121), Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 280 und 281), Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (C‑76/06 P, EU:C:2007:326, Rn. 24) und YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 63).

    ( 29 ) Urteil YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 63).

    ( 30 ) Art. 14 der Verordnung Nr. 1/2003.

    ( 31 ) Bußgeldentscheidungen der Kommission nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 werden nach dem Kollegialitätsprinzip erlassen (vgl. Art. 1 der Geschäftsordnung der Kommission sowie Art. 17 Abs. 6 Buchst. b EUV und Art. 250 AEUV).

    ( 32 ) In diesem Sinne auch Urteil YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 64, erster Satz).

    ( 33 ) Die Frage, zu welchem Wechselkurs die Umsätze der einzelnen Gesellschaften eines Konzerns in die Berechnung des Gesamtumsatzes dieses Konzerns einfließen – zum Durchschnittskurs des betreffenden Geschäftsjahrs oder zu dem an einem bestimmten Stichtag geltenden Kurs – ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und wurde von keiner der beiden Parteien in irgendeiner Weise thematisiert. Deshalb werde auch ich in den vorliegenden Schlussanträgen nicht auf diese Frage eingehen.

    ( 34 ) Rn. 415 des angefochtenen Urteils.

    ( 35 ) Urteile Enso Española/Kommission (C‑282/98 P, EU:C:2000:628, Rn. 59), Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, EU:C:2000:631, Rn. 89) und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 606).

    ( 36 ) Vgl. dazu oben, Rn. 48 dieser Schlussanträge mit Fn. 28.

    ( 37 ) Besonders deutlich wird dies aus dem Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 605).

    ( 38 ) Urteil Sarrió/Kommission (T‑334/94, EU:T:1998:97, Rn. 403).

    ( 39 ) In diesem Sinne auch Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, EU:C:1983:158, Rn. 135).

    ( 40 ) Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1).

    ( 41 ) In diesem Sinne Urteile Enso Española/Kommission (C‑282/98 P, EU:C:2000:628, Rn. 59), Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, EU:C:2000:631, Rn. 89) und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 604).

    ( 42 ) Vgl. dazu unten, Rn. 73 dieser Schlussanträge.

    ( 43 ) Urteile Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 54) und Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 51); im selben Sinne bereits Urteil Ruckdeschel u. a. (117/76 und 16/77, EU:C:1977:160, Rn. 7).

    ( 44 ) Urteile Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 23), Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 55), Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 51) sowie P und S (C‑579/13, EU:C:2015:369, Rn. 41).

    ( 45 ) Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 281).

    ( 46 ) In diesem Sinne Urteile Enso Española/Kommission (C‑282/98 P, EU:C:2000:628, Rn. 59), Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, EU:C:2000:631, Rn. 89) und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 604).

    ( 47 ) Urteile Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 100) und Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 127); vgl. auch Urteile Van Es Douane Agenten (C‑143/93, EU:C:1996:45, Rn. 27) und Association nationale d’assistance aux frontières pour les étrangers (C‑606/10, EU:C:2012:348, Rn. 76).

    ( 48 ) Urteile ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. (C‑201/09 P und C‑216/09 P, EU:C:2011:190, Rn. 68), ThyssenKrupp Nirosta/Kommission (C‑352/09 P, EU:C:2011:191, Rn. 81) und Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 128).

    ( 49 ) Urteile Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 55), LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 51) und InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 48).

    ( 50 ) Rn. 420 des angefochtenen Urteils.

    ( 51 ) Vgl. oben, Rn. 73 dieser Schlussanträge.

    ( 52 ) Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 604).

    ( 53 ) Urteile Enso Española/Kommission (C‑282/98 P, EU:C:2000:628, Rn. 59), Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, EU:C:2000:631, Rn. 89) und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 604).

    ( 54 ) Rn. 421 in Verbindung mit Rn. 415 und 416 des angefochtenen Urteils.

    ( 55 ) Urteil Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 72).

    ( 56 ) Urteile Frankreich/Kommission (15/76 und 16/76, EU:C:1979:29, Rn. 7), Crispoltoni u. a. (C‑133/93, C‑300/93 und C‑362/93, EU:C:1994:364, Rn. 43), IECC/Kommission (C‑449/98 P, EU:C:2001:275, Rn. 87) und Schindler Holding u. a./Kommission (C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 31).

    ( 57 ) Rn. 397 des angefochtenen Urteils.

    ( 58 ) Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 312).

    ( 59 ) Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte; vgl. ergänzend den deklaratorischen Hinweis im 37. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003, wonach diese Verordnung in Übereinstimmung mit den in der Charta verankerten Rechten und Prinzipien auszulegen und anzuwenden ist.

    ( 60 ) In diesem Sinne Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 304 und 319), Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission (C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 58) und Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 62).

    ( 61 ) Vgl. dazu oben, Rn. 66 und 67 dieser Schlussanträge.

    ( 62 ) In diesem Sinne Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission (C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 58), wonach die Unternehmen, die an einer gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden dürfen.

    ( 63 ) Siehe dazu meine Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission (C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:11, Rn. 57).

    ( 64 ) Urteil Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289, Rn. 74).

    ( 65 ) In diesem Sinne Urteil Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289, Rn. 75); vgl. außerdem die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2015 zu dem von der Kommission am 6. Mai 2014 vorgelegten Jahresbericht über die EU-Wettbewerbspolitik 2013 (Parlaments-Entschließung P8_TA(2015)0051, Rn. 29).

    ( 66 ) Vgl., statt vieler, Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 177), Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 58) und Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 40 und 41).

    ( 67 ) Urteile JCB Service/Kommission (C‑167/04 P, EU:C:2006:594), Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 189) und LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 67).

    ( 68 ) Wie das Gericht im Urteil Novácke chemické závody/Kommission (T‑352/09, EU:T:2012:673, Rn. 139) hervorhebt, zeichnete sich die Situation des Unternehmens Almamet insbesondere dadurch aus, dass es „bei geringer Gewinnspanne mit hochwertigen Materialien handelt[e]“.

    ( 69 ) Vgl. dazu meine Schlussanträge in der Rechtssache Schindler Holding u. a./Kommission (C‑501/11 P, EU:C:2013:248, Rn. 222).

    ( 70 ) Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 319) und Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 365).

    ( 71 ) Vgl. dazu meine obigen Ausführungen zum zweiten Rechtsmittelgrund, insbesondere in Rn. 48 dieser Schlussanträge.

    ( 72 ) Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, EU:C:1983:158, Rn. 119 und 121), Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 280 und 281), Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (C‑76/06 P, EU:C:2007:326, Rn. 24) und YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 63).

    ( 73 ) In diesem Sinne Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 327), SGL Carbon/Kommission (C‑308/04 P, EU:C:2006:433, Rn. 105) und KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, EU:C:2011:816, Rn. 103); im selben Sinne bereits Urteil IAZ International Belgium u. a./Kommission (96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, EU:C:1983:310, Rn. 54 und 55).

    ( 74 ) Vgl. oben, Rn. 61 dieser Schlussanträge.

    ( 75 ) Rn. 442 des angefochtenen Urteils.

    ( 76 ) In der Verfahrenssprache: „a ‚light touch‘ review“.

    ( 77 ) Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 365).

    ( 78 ) Vgl. dazu meine Schlussanträge in den Rechtssachen Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission (C‑105/04 P, EU:C:2005:751, Rn. 137) und Schindler Holding u. a./Kommission (C‑501/11 P, EU:C:2013:248, Rn. 190); im selben Sinne Urteile Schindler Holding u. a./Kommission (C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 155 und 156) und Kone u. a./Kommission (C‑510/11 P, EU:C:2013:696, Rn. 40 und 42).

    ( 79 ) Urteile Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 128), Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 244 und 303) und Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission (C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, EU:C:2009:500, Rn. 125).

    ( 80 ) Urteile Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 128), Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 244 und 303) und Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission (C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, EU:C:2009:500, Rn. 125).

    ( 81 ) Urteile Weig/Kommission (C‑280/98 P, EU:C:2000:627, Rn. 63 und 68), Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, EU:C:2000:631, Rn. 97 und 99) und Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission (C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 58).

    ( 82 ) Urteile E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 126) und Schindler Holding u. a./Kommission (C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 165).

    ( 83 ) Mit den rechtlichen Anforderungen, die sich aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit ergeben, habe ich mich bereits zuvor im ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes auseinandergesetzt (vgl. oben, Rn. 91 bis 109 dieser Schlussanträge).

    ( 84 ) Urteile Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 692), KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, EU:C:2011:816, Rn. 130), AC-Treuhand/Kommission (C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 74) und Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 75).

    ( 85 ) Urteile Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 692) und Prym und Prym Consumer/Kommission (C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 86).

    ( 86 ) Vgl. insbesondere Rn. 431, 432 und 434 des angefochtenen Urteils.

    ( 87 ) Rn. 441 des angefochtenen Urteils.

    ( 88 ) Vgl. oben, Rn. 106 bis 108 dieser Schlussanträge.

    ( 89 ) Vgl. insbesondere Ziff. 35 der Leitlinien 2006: „Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Kommission auf Antrag die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens in einem gegebenen sozialen und ökonomischen Umfeld berücksichtigen. Die Kommission wird jedoch keine Ermäßigung wegen der bloßen Tatsache einer nachteiligen oder defizitären Finanzlage gewähren. Eine Ermäßigung ist nur möglich, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass die Verhängung einer Geldbuße gemäß diesen Leitlinien die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens unwiderruflich gefährden und [seine] Aktiva jeglichen Wertes berauben würde.“

    ( 90 ) Urteile Kommission/Verhuizingen Coppens (C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 80) und Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 90).

    ( 91 ) Urteile E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 125 und 126), Schindler Holding u. a./Kommission (C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 164 und 165) sowie Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 205).

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