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Document 62014TO0676
Order of the General Court (Eighth Chamber) of 3 September 2015.#Kingdom of Spain v European Commission.#Action for annulment — Article 8(3) of Regulation (EU) No 1173/2011 — Effective enforcement of budgetary surveillance in the euro area — Manipulation of statistics — Commission decision to initiate an investigation — Act not amenable to review — Preparatory act — Inadmissibility.#Case T-676/14.
Beschluss des Gerichts (Achte Kammer) vom 3. September 2015.
Königreich Spanien gegen Europäische Kommission.
Nichtigkeitsklage – Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 – Wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet – Manipulation von Statistiken – Beschluss der Kommission, eine Untersuchung einzuleiten – Nicht anfechtbare Handlung – Vorbereitende Maßnahme – Unzulässigkeit.
Rechtssache T-676/14.
Beschluss des Gerichts (Achte Kammer) vom 3. September 2015.
Königreich Spanien gegen Europäische Kommission.
Nichtigkeitsklage – Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 – Wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet – Manipulation von Statistiken – Beschluss der Kommission, eine Untersuchung einzuleiten – Nicht anfechtbare Handlung – Vorbereitende Maßnahme – Unzulässigkeit.
Rechtssache T-676/14.
Court reports – general
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2015:602
BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)
3. September 2015 ( *1 )
„Nichtigkeitsklage — Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 — Wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet — Manipulation von Statistiken — Beschluss der Kommission, eine Untersuchung einzuleiten — Nicht anfechtbare Handlung — Vorbereitende Maßnahme — Unzulässigkeit“
In der Rechtssache T‑676/14
Königreich Spanien, vertreten durch A. Rubio González, abogado del Estado,
Kläger,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch J.‑P. Keppenne, J. Baquero Cruz und M. Clausen als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung des Beschlusses C (2014) 4856 final der Kommission vom 11. Juli 2014 über die Einleitung einer Untersuchung in Bezug auf die Manipulation von Statistiken in Spanien gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet
erlässt
DAS GERICHT (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter (Berichterstatter),
Kanzler: E. Coulon,
folgenden
Beschluss
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 |
Im Kontext der Krise der Verschuldung staatlicher Stellen im Euro-Währungsgebiet, der so genannten „Staatsschuldenkrise“, richtete das Königreich Spanien im ersten Trimester 2012 einen Sondermechanismus zur Sicherung des Fortbestands der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Autonomen Gemeinschaften Spaniens und ihren Lieferanten ein. Der Mechanismus umfasste Schuldenerlässe und Zahlungsgarantien. |
2 |
Anlässlich der Einführung dieses speziellen Mechanismus stellte sich heraus, dass bestimmte, von den Autonomen Gemeinschaften Spaniens am Ende des Jahres 2011 getätigte Ausgaben nicht bei den der Europäischen Kommission im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit übermittelten Daten berücksichtigt worden waren. |
3 |
Das Königreich Spanien gibt an, dass die mit der Erstellung und der Verbreitung der Statistiken betrauten Stellen Spaniens, sobald sie von den neuen Daten Kenntnis erlangt hätten, also im Mai 2012, diese dem Statistischen Amt der Europäischen Union Eurostat offiziell mitgeteilt hätten. Diese Berichtigung sei im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit im Oktober 2012 berücksichtigt worden. |
4 |
Im Anschluss an die Mitteilung an Eurostat im Mai 2012 führte dieses zwischen dem 24. Mai 2012 und dem 26./27. September 2013 eine Reihe von Besuchen in Spanien durch. |
5 |
Am 5. Dezember 2013 übermittelte Eurostat dem Instituto Nacional de Estadística (Nationales Institut für Statistik) den Entwurf eines Berichts und forderte es zur Stellungnahme auf. |
6 |
Am 10. Dezember 2013 übermittelte das Instituto Nacional de Estadística Eurostat eine Reihe von Bemerkungen, insbesondere zur Bestimmung des zugrunde gelegten Referenzzeitraums. |
7 |
Am 11. Juli 2014 nahm die Kommission den Beschluss C (2014) 4856 final über die Einleitung einer Untersuchung in Bezug auf die Manipulation von Statistiken in Spanien gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet (im Folgenden: angefochtener Beschluss) an. |
Verfahren und Anträge der Parteien
8 |
Am 22. September 2014 hat das Königreich Spanien gegen den angefochtenen Beschluss Klage erhoben. Es beantragt,
|
9 |
Am 11. November 2014 hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben. Sie beantragt,
|
10 |
Das Königreich Spanien hat am 7. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts seine Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit eingereicht und hält seine Klage für in vollem Umfang zulässig. |
Rechtliche Würdigung
11 |
Gemäß Art. 130 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung entscheidet das Gericht vorab über die Unzulässigkeit, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine Partei es beantragt. Nach Art. 130 Abs. 6 der Verfahrensordnung wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall hält das Gericht die von den Parteien im Zuge des schriftlichen Verfahrens vorgelegten Schriftstücke und ihre Ausführungen für ausreichend. Da die Akte alles zur Entscheidung Erforderliche enthält, sieht das Gericht davon ab, das mündliche Verfahren zu eröffnen. |
12 |
Nach ständiger Rechtsprechung können natürliche oder juristische Personen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV nur solche Handlungen anfechten, die bindende rechtliche Wirkungen entfalten, so dass sie ihre Interessen beeinträchtigen, indem sie ihre rechtliche Situation spürbar verändern (Beschlüsse vom 30. April 2003, Schmitz-Gotha Fahrzeugwerke/Kommission, T‑167/01, Slg, EU:T:2003:121, Rn. 46, und vom 31. Januar 2006, Schneider Electric/Kommission, T‑48/03, Slg, EU:T:2006:34, Rn. 44). |
13 |
Im Fall von Handlungen, die in mehreren Phasen eines internen Verfahrens ergehen, liegt eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei den Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs bei Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen und deren Rechtswidrigkeit im Rahmen einer gegen diese gerichteten Klage geltend gemacht werden können (Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg, EU:C:1981:264, Rn. 10 bis 12; vom 27. Juni 1995, Guérin automobiles/Kommission, T‑186/94, Slg, EU:T:1995:114, Rn. 39, und Beschluss Schneider Electric/Kommission, oben in Rn. 12 angeführt, EU:T:2006:34, Rn. 45). |
14 |
Etwas anderes würde sich nur ergeben, wenn Handlungen oder Entscheidungen im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens selbst ein besonderes Verfahren endgültig abschlössen, das sich von demjenigen unterscheidet, das dem Organ die Entscheidung in der Sache ermöglichen soll (Urteil IBM/Kommission, oben in Rn. 13 angeführt, EU:C:1981:264, Rn. 11, und Beschluss vom 9. Juni 2004, Camós Grau/Kommission, T‑96/03, Slg, EU:T:2004:172, Rn. 30) |
15 |
Wie die Kommission zu Recht geltend macht, sind Maßnahmen, mit denen sie beschließt, eine Untersuchung einzuleiten, nur vorbereitende Handlungen und erzeugen daher keine bindenden rechtlichen Wirkungen, so dass sie die Interessen des Klägers beeinträchtigen, indem sie seine rechtliche Situation im Sinne von Art. 263 AEUV spürbar verändern. Das gilt insbesondere für die Abgabe einer mit Gründen versehenen Stellungnahme durch die Kommission und ihre Entscheidung, im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen (Urteil vom 29. September 1998, Kommission/Deutschland, C‑191/95, Slg, EU:C:1998:441, Rn. 44 bis 47), für den Beschluss, ein Verfahren nach Art. 102 AEUV zu eröffnen (Urteil IBM/Kommission, oben in Rn. 13 angeführt, EU:C:1981:264, Rn. 21), oder auch für die Entscheidung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), eine Untersuchung einzuleiten (Beschluss Camós Grau/Kommission, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2004:172, Rn. 33 und 36). |
16 |
Das vom Unionsgesetzgeber im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 306, S. 1) eingerichtete System lässt kein anderes Ergebnis zu, als das in Rn. 15 des vorliegenden Beschlusses dargelegte betreffend von der Kommission nach Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung eingeleitete Untersuchungen. Nach dieser Bestimmung kann die Kommission alle Untersuchungen durchführen, die zur Feststellung der Verfälschung der Darstellung der Daten über Defizite und Schulden, die für die Anwendung der Art. 121 AEUV oder 126 AEUV oder für die Anwendung des dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit von Bedeutung sind, erforderlich sind. Sie kann beschließen, eine Untersuchung einzuleiten, wenn sie feststellt, dass ernsthafte Hinweise auf das Vorhandensein von Umständen vorliegen, die vermuten lassen, dass eine solche Verfälschung der Darstellung vorliegt. |
17 |
Erst gegen die beschwerende Entscheidung, also nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 und 5 der Verordnung Nr. 1173/2011 den Beschluss des Rates der Europäischen Union, gegen einen Mitgliedstaat eine Geldbuße zu verhängen, kann von diesem im Rahmen von Art. 263 AEUV Klage erhoben werden, wobei Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung in Anwendung von Art. 261 AEUV dem Unionsrichter in diesem Bereich die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung verleiht, aufgrund deren er „die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen“ kann. Einem derartigen Beschluss des Rates vorangegangenen Maßnahmen etwa anhaftende rechtliche Mängel, beginnend mit denen, die die Einleitung einer Untersuchung durch die Kommission betreffen, könnten daher nur zur Stützung dieser Klage herangezogen werden (vgl. in diesen Sinne Urteile vom 7. April 1965, Weighardt/Kommission der EAG, 11/64, Slg, EU:C:1965:38, IBM/Kommission, oben in Rn. 13 angeführt, EU:C:1981:264, Rn. 12, und Beschluss Schneider Electric/Kommission, oben in Rn. 12 angeführt, EU:T:2006:34, Rn. 45). Deshalb könnte entgegen dem Vorbringen des Königreichs Spanien gegebenenfalls erst in diesem Stadium die Frage der Rechtsgrundlage geprüft werden, die der Kommission ermöglicht hat, die vor dem 13. Dezember 2011, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1173/2011, liegenden Vorgänge zu untersuchen. |
18 |
Das auf die Umstände verweisende Vorbringen des Königreichs Spanien dahin, dass Gegenstand der vorliegenden Rechtssache der erste Beschluss der Kommission sei, eine Untersuchung über die Manipulation von Statistiken durch einen Mitgliedstaat einzuleiten, die der breiten Öffentlichkeit angekündigt worden sei und ihm daher Schaden auf den internationalen Finanzmärkten zugefügt habe, ist zurückzuweisen, da derartige Überlegungen auf die Prüfung der Rechtsnatur des angefochtenen Beschlusses dahin, ob dieser nicht eine beschwerende Maßnahme im Sinne von Art. 263 AEUV darstellt, keinen Einfluss haben können. Da das Vorbringen des Königreichs Spanien mit der vor dem Gericht aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit in keinem Zusammenhang steht und nicht geeignet ist, die Natur der vorliegenden Klage zu ändern, ist es als ins Leere gehend zurückzuweisen. |
19 |
Der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit ist daher stattzugeben und demnach die Klage als unzulässig abzuweisen. |
Kosten
20 |
Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. |
21 |
Da das Königreich Spanien unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. |
Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Achte Kammer) beschlossen: |
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Luxemburg, den 3. September 2015 |
Der Kanzler E. Coulon Der Präsident D. Gratsias |
( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.