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Document 62014CO0327

Beschluss des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 12. Februar 2015.
Galina Meister gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel ‒ Unzulässigkeitsbeschluss des Gerichts der Europäischen Union ‒ Von einem Einzelnen erhobene Nichtigkeitsklage ‒ Unterlassung der Europäischen Kommission, einer Beschwerde nachzugehen.
Rechtssache C-327/14 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:99

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

12. Februar 2015(*)

„Rechtsmittel ‒ Unzulässigkeitsbeschluss des Gerichts der Europäischen Union ‒ Von einem Einzelnen erhobene Nichtigkeitsklage ‒ Unterlassung der Europäischen Kommission, einer Beschwerde nachzugehen“

In der Rechtssache C‑327/14 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 30. Juni 2014,

Galina Meister, wohnhaft in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt W. Becker,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Frau Meister hat ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts der Europäischen Union Meister/Kommission (T‑390/13, EU:T:2013:718, im Folgenden: angefochtener Beschluss) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Schreibens der Europäischen Kommission vom 28. Mai 2013 als offensichtlich unzulässig abgewiesen hat, mit dem die Kommission sie darüber unterrichtet hatte, dass das Verfahren CHAP(2013)951 zu einer Beschwerde, die sie bei der Kommission erhoben hatte, weil ihrer Ansicht nach bestimmte deutsche Behörden zu ihrem Nachteil gegen Unionsrecht verstoßen hatten, wegen fehlender Zuständigkeit eingestellt werde.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

2        Frau Meister erhob mit am 8. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift eine Klage auf Nichtigerklärung des in Rn. 1 des vorliegenden Beschlusses genannten Schreibens der Kommission.

3        Da das Gericht die Klage von Frau Meister als offensichtlich unzulässig ansah, hat es beschlossen, gemäß Art. 111 seiner Verfahrensordnung ohne Fortsetzung des Verfahrens durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

4        Das Gericht hat insoweit in Rn. 6 des angefochtenen Beschlusses auf die ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach eine Klage unzulässig sei, mit der Einzelne die Weigerung der Kommission angriffen, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten (vgl. u. a. Beschluss Grúas Abril Asistencia/Kommission, C‑521/10 P, EU:C:2011:418, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

5        In Rn. 7 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung eine ablehnende Entscheidung der Kommission wie die im vorliegenden Fall ergangene nach der Art des Antrags, den sie bescheide, zu beurteilen sei (vgl. u. a. Urteil Nordgetreide/Kommission, 42/71, EU:C:1972:16, Rn. 5).

6        Aufgrund dessen hat das Gericht in Rn. 8 des angefochtenen Beschlusses entschieden, dass die Klage von Frau Meister als offensichtlich unzulässig abzuweisen sei, ohne dass es ihrer Zustellung an die Kommission bedürfe.

 Zum Rechtsmittel

7        Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

8        Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof auf der Grundlage des Akteninhalts ausreichend unterrichtet und beschließt in Anwendung dieses Artikels, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne dass es einer Zustellung des Rechtsmittels an die Beklagte bedarf.

9        Im Hinblick auf die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach den Art. 256 AEUV und 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union das gegen Entscheidungen des Gerichts eingelegte Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist und auf die Unzuständigkeit des Gerichts, auf Verfahrensfehler, durch die die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden, oder auf eine Verletzung des Unionsrechts durch das Gericht gestützt werden muss (vgl. Urteil Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, EU:C:1994:211, Rn. 47). Nach Art. 169 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs müssen die Rechtsmittelanträge auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts in der Gestalt der Entscheidungsformel gerichtet sein.

10      Sodann ist zu beachten, dass, wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 168 seiner Verfahrensordnung ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile der Entscheidung des Gerichts, deren Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss und dass andernfalls das Rechtsmittel unzulässig ist (vgl. u. a. Urteile Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 34, und Polen/Kommission, C‑335/09 P, EU:C:2012:385, Rn. 25, sowie Beschluss Greinwald/Wessang, C‑608/12 P, EU:C:2014:394, Rn. 31).

11      Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe oder Argumente einschließlich derjenigen wiederholt, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, genügt somit nicht den Begründungserfordernissen, die sich aus diesen Vorschriften ergeben (vgl. u. a. Urteil Interporc/Kommission, C‑41/00 P, EU:C:2003:125, Rn. 16). Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. u. a. Urteile Bergaderm und Goupil/Kommission, EU:C:2000:361, Rn. 35, sowie Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 50).

12      Nach Art. 168 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs schließlich muss die Rechtsmittelschrift u. a. die geltend gemachten Rechtsgründe und ‑argumente, eine kurze Darstellung dieser Gründe sowie die Anträge des Rechtsmittelführers enthalten. Nach Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung müssen die zur Stützung eines Rechtsmittels geltend gemachten Rechtsgründe und ‑argumente die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen.

13      Im vorliegenden Fall ist aber von vornherein festzustellen, dass das von der Rechtsmittelführerin eingelegte Rechtsmittel weder eine Darstellung ihrer Anträge noch die von ihr geltend gemachten Rechtsgründe enthält.

14      Zum einen wird nämlich in der Rechtsmittelschrift kein Antrag gestellt, und zum anderen enthält der einzige ausgewiesene Abschnitt, der mit „Begründung“ überschrieben ist, Ausführungen, die keinen konkreten Rechtsgrund bezeichnen.

15      Zudem hat die Rechtsmittelschrift keinerlei kohärente Struktur und beschränkt sich auf allgemeine Behauptungen, wonach im vorliegenden Fall eine Reihe Grundsätze und Vorschriften des Unionsrechts verletzt worden sein sollen.

16      Ein so beschaffenes Rechtsmittel kann, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, nicht Gegenstand einer rechtlichen Beurteilung sein, die es dem Gerichtshof ermöglicht, die ihm auf dem betreffenden Gebiet obliegende Aufgabe wahrzunehmen und seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben (vgl. Urteile Hercules Chemicals/Kommission, C‑51/92 P, EU:C:1999:357, Rn. 113, und Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 105 und 106, sowie Beschluss Weber/Kommission, C‑107/07 P, EU:C:2007:741, Rn. 28).

17      Außerdem ist hervorzuheben, dass die Rechtsmittelführerin nicht ausdrücklich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt und dass ihre Rechtsmittelschrift nicht die von ihr beanstandeten Punkte der Begründung dieses Beschlusses bezeichnet.

18      So ist das Rechtsmittel zum Teil gegen die angebliche Entscheidung der Kommission gerichtet, die in dem Schreiben bestehen soll, mit dem Letztere Frau Meister mitgeteilt hatte, dass sie ihrer Beschwerde nicht nachgegangen sei, und mit dem Rechtsmittel wird die Nichtigerklärung dieser „Entscheidung“ weiterverfolgt.

19      Damit enthält die Rechtsmittelschrift keine Rechtsausführungen, mit denen dargetan werden soll, inwieweit das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, sondern sie wiederholt lediglich die von der Rechtsmittelführerin vor dem Gericht gegen dieses Schreiben gerichteten Behauptungen, ohne in irgendeiner Weise die Bestandteile des angefochtenen Beschlusses herauszustellen, die die Rechtsmittelführerin im Rahmen ihres Rechtsmittels beanstanden will. Auch erklärt Frau Meister in der Rechtsmittelschrift, sie nehme Bezug auf ihr vor dem Gericht geltend gemachtes Klagevorbringen.

20      Insoweit wird mit dem von Frau Meister eingelegten Rechtsmittel also nur eine erneute Prüfung der Klage beantragt, was gegen die sowohl in der Satzung als auch in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgestellten Anforderungen verstößt.

21      Zudem enthält dieser Teil der Rechtsmittelschrift Ausführungen, die so allgemein und unklar sind, dass die Beklagte ihre Verteidigung nicht in zweckdienlicher Weise vorbereiten und der Gerichtshof nicht in Kenntnis der Sache entscheiden könnte.

22      Das von Frau Meister eingelegte Rechtsmittel ist außerdem gegen die Gründe des Beschlusses Meister (C‑24/14 AJ, EU:C:2014:290) gerichtet, mit dem der Gerichtshof ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen hat, und in ihrer Rechtsmittelschrift nimmt sie auf ihren Prozesskostenhilfeantrag vollinhaltlich Bezug und erklärt, seinen Inhalt zum Gegenstand der Rechtsmittelschrift zu machen.

23      Der genannte Beschluss ist jedoch offensichtlich nicht rechtsmittelfähig.

24      Zudem genügt eine Rechtsmittelschrift, die, wie im vorliegenden Fall, lediglich auf andere Verfahrensschriftstücke verweist, nicht den Erfordernissen des Art. 168 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.

25      Nach alledem kann das Rechtsmittel nur als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen werden.

26      Ergänzend ist festzustellen, dass das Rechtsmittel, selbst wenn es rein formal zulässig wäre, aus den in den Rn. 12 bis 18 des Beschlusses Meister (EU:C:2014:290) angeführten Gründen jedenfalls als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich eine Klage, mit der Einzelne eine Weigerung der Kommission angreifen, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, unzulässig (vgl. u. a. Beschlüsse Altner/Kommission, C‑411/11 P, EU:C:2011:852, Rn. 8, und H-Holding/Kommission, C‑235/12 P, EU:C:2013:132, Rn. 11, sowie Urteil LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 60 und 61).

27      Das Rechtsmittel ist daher gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zurückzuweisen.

 Kosten

28      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechend anzuwenden ist, wird in dem das Verfahren beendenden Beschluss über die Kosten entschieden.

29      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der Beklagten zugestellt worden ist und somit bevor dieser Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass Frau Meister ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Frau Galina Meister trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.

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