Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62014CC0157

    Schlussanträge des Generalanwalts N. Jääskinen vom 9. Juli 2015.
    Neptune Distribution gegen Ministre de l'Économie et des Finances.
    Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d'État.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 – Richtlinie 2009/54/EG – Art. 11 Abs. 1 und Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Verbraucherschutz – Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben – Natürliche Mineralwässer – Gehalt an Natrium oder an Salz – Berechnung – Natriumchlorid (Tafelsalz) oder Natriumgesamtmenge – Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit – Unternehmerische Freiheit.
    Rechtssache C-157/14.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:460

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    NIILO JÄÄSKINEN

    vom 9. Juli 2015 ( 1 )

    Rechtssache C‑157/14

    Neptune Distribution

    gegen

    Ministre de l’Économie et des Finances

    (Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Staatsrat, Frankreich])

    „Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung und zur Beurteilung der Gültigkeit — Verbraucherschutz — Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 — Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel — Natürliche Mineralwässer — Berechnungsgrundlage für den dem Natrium, das in einem Lebensmittel vorhanden ist, ‚gleichwertigen Gehalt an Salz‘ — Berücksichtigung nur des Gehalts an Natriumchlorid (Tafelsalz) oder der Natriumgesamtmenge — Richtlinien 2000/13/EG und 2009/54/EG — Etikettierung von Lebensmitteln und Werbung für diese — Handel mit natürlichen Mineralwässern — Verbot der Angabe eines niedrigen Salzgehalts — Art. 6 EUV — Art. 11 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit — Unternehmerische Freiheit“

    I – Einleitung

    1.

    Der vorliegenden Rechtssache liegt eine in Frankreich erhobene Nichtigkeitsklage der Neptune Distribution zugrunde. Beantragt wurde zum einen die Nichtigerklärung der Verwaltungsentscheidung, mit der Neptune Distribution zur Entfernung verschiedener Angaben auf den Etiketten der von ihr vertriebenen natürlichen Mineralwässer und in der Werbung dafür aufgefordert wurde. Es handele sich um Angaben, die bei den Verbrauchern den Eindruck erwecken könnten, dass diese Wässer einen niedrigen Salz- oder Natriumgehalt hätten. Zum anderen wurde die Nichtigerklärung der Ministerialentscheidung beantragt, mit der der Widerspruch von Neptune Distribution gegen die Verwaltungsentscheidung zurückgewiesen wurde. Der Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich), der in diesem Rechtsstreit mit einem Rechtsmittel befasst ist, legt dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vor, das auf zwei verschiedenen Grundlagen beruht.

    2.

    Als Erstes ersucht das vorlegende Gericht um Auslegung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel ( 2 ). Ein solches Ersuchen ist neu ( 3 ).

    3.

    Dieser Anhang enthält u. a. Vorschriften, nach denen die nährwertbezogenen Angaben, dass ein Lebensmittel „natriumarm/kochsalzarm“ oder dass es „sehr natriumarm/kochsalzarm“ ist, nur zulässig sind, wenn das Produkt nicht mehr als eine bestimmte Menge Natrium oder „den gleichwertigen Gehalt an Salz“ enthält. Der Gerichtshof wird um Antwort auf die Frage ersucht, ob dieser letztgenannte Begriff dahin zu verstehen ist, dass zur Berechnung dieses gleichwertigen Gehalts nur der Gehalt an Natriumchlorid, das gemeinhin als Tafelsalz bezeichnet wird, oder vielmehr der Natriumgesamtgehalt ( 4 ) eines Lebensmittels berücksichtigt wird, ohne dass in diesem letzten Fall nach der Form des Mineralstoffs unterschieden wird.

    4.

    Vorab stellt sich insoweit jedoch die Frage, ob diese Vorschriften der Verordnung Nr. 1924/2006 tatsächlich anwendbar sind, wenn es sich, wie im Ausgangsrechtsstreit, bei den betroffenen „Lebensmitteln“ um natürliche Mineralwässer handelt. Meines Erachtens ist dies bei der ersten dieser nährwertbezogenen Angaben zu verneinen, da eine spezielle unionsrechtliche Regelung existiert, die für den Handel mit diesen Wässern vorrangig gilt.

    5.

    Als Zweites ersucht der Conseil d’État (Staatsrat) den Gerichtshof um Auskunft über die Gültigkeit von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür ( 5 ) und Art. 9 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern ( 6 ) sowie des Anhangs III dieser Richtlinie im Licht des vorstehend genannten Anhangs der Verordnung Nr. 1924/2006. Ich möchte vorausschicken, dass ich ernsthafte Zweifel habe, ob das Ersuchen so formuliert werden kann.

    6.

    Das vorlegende Gericht unterbreitet diese Problematik, weil Neptune Distribution geltend macht, dass diese Vorschriften des abgeleiteten Unionsrechts, indem sie ihr die Hervorhebung eines Merkmals der Zusammensetzung ihrer Erzeugnisse, das jedoch zutreffe, untersagten, sowohl gegen die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit als auch gegen die unternehmerische Freiheit verstießen, die durch Art. 11 Abs. 1 und Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV sowie Art. 10 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) gewährleistet seien. Diese Berufung auf die genannten Grundfreiheiten in einem so technischen und speziellen Bereich wie dem durch die genannten Vorschriften geregelten scheint mir indes der Grundlage zu entbehren.

    II – Rechtlicher Rahmen

    7.

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 ( 7 ), die insbesondere die Verordnung Nr. 1924/2006 ändert und die Richtlinie 2000/13 aufhebt, ab dem 13. Dezember 2014 gilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach ihren Art. 54 und 55 ist sie jedoch auf den Ausgangsrechtsstreit zeitlich nicht anwendbar.

    A – Verordnung Nr. 1924/2006

    8.

    Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) Abs. 1 und 5 der Verordnung Nr. 1924/2006 bestimmt zum einen, dass mit diesem Rechtsinstrument „die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben harmonisiert [werden], um das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und gleichzeitig ein hohes Verbraucherschutzniveau zu bieten“, und zum anderen, dass diese Verordnung „unbeschadet [bestimmter] Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts“ gilt, wozu die Richtlinie 80/777 zählt, die durch die Richtlinie 2009/54 ersetzt worden ist ( 8 ).

    9.

    Nach Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung bezeichnet

    „4.

    ‚nährwertbezogene Angabe‘ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt, und zwar aufgrund

    b)

    [u. a.] der Nährstoffe oder anderen Substanzen, die es

    i)

    enthält,

    ii)

    in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder

    iii)

    nicht enthält;

    5.

    ‚gesundheitsbezogene Angabe‘ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht“.

    10.

    Nach Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen „[n]ährwertbezogene Angaben … nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen“.

    11.

    Der Anhang („Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung“) der Verordnung Nr. 1924/2006 legt fest, bis zu welchen Schwellen folgende Angaben erlaubt sind:

    B – Richtlinie 2000/13

    12.

    Art. 2 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2000/13 über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür lautet:

    „(1)   Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen nicht

    a)

    geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht

    i)

    über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über … Beschaffenheit, Zusammensetzung, …;

    ii)

    durch Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

    iii)

    indem zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen;

    b)

    vorbehaltlich der Gemeinschaftsvorschriften über natürliche Mineralwässer und über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen.

    (3)   Die Verbote oder Einschränkungen nach den Absätzen 1 und 2 gelten auch

    a)

    für die Aufmachung von Lebensmitteln …;

    b)

    für die Werbung[ ( 9 )].“

    C – Richtlinie 2009/54

    13.

    Im achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/54 über den Handel mit natürlichen Mineralwässern heißt es, dass für ihre „Etikettierung … die allgemeinen Regeln der Richtlinie [2000/13 gelten]. In der vorliegenden Richtlinie brauchen deshalb lediglich Ergänzungen zu und Abweichungen von diesen allgemeinen Regeln festgelegt zu werden.“

    14.

    Art. 9 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

    „(1)   Auf Verpackungen und Etiketten sowie bei jeglicher Art von Werbung ist die Verwendung von Angaben … untersagt, die

    a)

    in Bezug auf ein natürliches Mineralwasser Merkmale vortäuschen, die es … nicht besitzt;

    (2)   Hinweise, wonach ein natürliches Mineralwasser Eigenschaften der Verhütung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit besitzt, sind unzulässig.

    Die in Anhang III aufgeführten Angaben sind jedoch zulässig, soweit die darin festgelegten entsprechenden Kriterien oder, in Ermangelung solcher Kriterien, die durch die einzelstaatlichen Vorschriften festgelegten Kriterien beachtet werden und sofern die Angaben auf physikalisch-chemischen Analysen oder erforderlichenfalls pharmakologischen, physiologischen und klinischen Untersuchungen nach wissenschaftlich anerkannten Verfahren nach Anhang I Abschnitt I Nummer 2 beruhen.

    Die Mitgliedstaaten können … weitere Angaben zulassen, sofern diese nicht den Grundsätzen des Unterabsatzes 1 zuwiderlaufen und mit den Grundsätzen des Unterabsatzes 2 vereinbar sind.“

    15.

    In Anhang III („In Artikel 9 Absatz 2 vorgesehene Angaben und Kriterien“) der Richtlinie 2009/54 wird die Angabe „Geeignet für natriumarme Ernährung“ mit dem Kriterium „Der Natriumgehalt beträgt weniger als 20 mg/l“ verknüpft.

    III – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

    16.

    Mit Entscheidung vom 5. Februar 2009 forderte die Regionaldirektion Wettbewerb, Verbraucher und Betrugsbekämpfung der Auvergne (Direction régionale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes d’Auvergne, Frankreich) Neptune Distribution, die die kohlesäurehaltigen Mineralwässer „Saint-Yorre“ und „Vichy Célestins“ verkauft und vertreibt, auf, folgende Angaben auf den Etiketten dieser Wässer und in der Werbung dafür zu entfernen:

    „Das Natrium von St-Yorre besteht im Wesentlichen aus Natriumbicarbonat. St-Yorre enthält nur 0,53 g Salz (oder Natriumchlorid) pro Liter, d. h. weniger als in einem Liter Milch enthalten ist!!!“ und

    „Salz und Natrium dürfen nicht verwechselt werden – das Natrium von Vichy Célestins besteht im Wesentlichen aus Natriumbicarbonat. Es darf vor allem nicht mit Tafelsalz (Natriumchlorid) verwechselt werden. Vichy Celestins enthält nur 0,39 g Salz pro Liter, d. h. zwei- bis dreimal weniger als in einem Liter Milch enthalten ist!“ sowie

    allgemein jede Angabe, die den Eindruck entstehen lässt, dass die in Frage stehenden Wässer arm oder sehr arm an Salz oder Natrium seien.

    17.

    Mit Entscheidung vom 25. August 2009 wies der französische Minister für Wirtschaft, Industrie und Beschäftigung (Ministre de l’économie, de l’industrie et de l’emploi) den Widerspruch von Neptune Distribution gegen diese Aufforderung zurück.

    18.

    Mit Urteil vom 27. Mai 2010 wies das Tribunal administratif de Clermont-Ferrand (Verwaltungsgericht Clermont-Ferrand) die auf eine Befugnisüberschreitung gestützte Klage von Neptune Distribution auf Nichtigerklärung der Aufforderung vom 5. Februar 2009 sowie der anschließenden Ministerialentscheidung ab. Die Cour administrative d’appel de Lyon (Verwaltungsberufungsgericht Lyon) bestätigte dieses Urteil durch Urteil vom 9. Juni 2011. Dagegen legte Neptune Distribution Rechtsmittel beim Conseil d’État (Staatsrat) ein.

    19.

    Angesichts der auf unionsrechtliche Bestimmungen abstellenden Klagegründe, die im Rahmen dieses Rechtsmittels geltend gemacht wurden, hat der Conseil d’État (Staatsrat) mit Entscheidung vom 26. März 2014, bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen am 4. April 2014, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.

    Besteht die Berechnungsgrundlage für den der Menge des in einem Lebensmittel vorhandenen Natriums „gleichwertigen Gehalt an Salz“ im Sinne des Anhangs der Verordnung Nr. 1924/2006 allein in der Menge an Natrium, das in Verbindung mit Chlor-Ionen Natriumchlorid oder Tafelsalz bildet, oder aber in der Gesamtmenge des in dem Lebensmittel enthaltenen Natriums in allen seinen Formen?

    2.

    Sollte die zweite Alternative zutreffen: Verstoßen Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13 und Art. 9 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2009/54 im Licht des im Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 festgelegten Gleichwertigkeitsverhältnisses von Natrium und Salz, indem einem Mineralwasservertreiber damit untersagt ist, auf seinen Etiketten und in seinen Werbebotschaften Angaben über den möglicherweise geringen Salzgehalt seines im Übrigen an Natriumbicarbonat reichen Erzeugnisses zu machen, weil diese Angaben den Käufer hinsichtlich des Gesamtnatriumgehalts des Wassers irreführen könnten, gegen Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 (Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit) und Art. 16 (Unternehmerische Freiheit) der Charta sowie Art. 10 EMRK?

    20.

    Neptune Distribution, die französische, die griechische und die italienische Regierung sowie das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2015 war nur die italienische Regierung nicht vertreten.

    IV – Prüfung

    A – Zur Auslegung des Anhangs der Verordnung Nr. 1924/2006 (erste Frage)

    21.

    Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich zunächst auf die Auslegung eines Begriffs, und zwar des im Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 enthaltenen Begriffs des der Menge des in einem Lebensmittel vorhandenen Natriums „gleichwertigen Gehalts an Salz“ im Rahmen der oben genannten nährwertbezogenen Angaben „natriumarm/kochsalzarm“ oder „sehr natriumarm/kochsalzarm“ ( 10 ). Dem Gerichtshof wird zum ersten Mal die Frage gestellt, ob dieser Begriff dahin auszulegen ist, dass dieser Rechtsakt als Berechnungsgrundlage für den „gleichwertigen Gehalt an Salz“ nur die Menge an Natrium, das – durch Verbindung mit Chlor-Ionen – Natriumchlorid (so genanntes „Tafelsalz“) bilden kann, zugrunde legt, oder dahin, dass er insoweit die in dem betreffenden Lebensmittel enthaltene Gesamtmenge an Natrium – ungeachtet dessen Form – zugrunde legt.

    22.

    Für die erste – von Neptun Distribution befürwortete – Möglichkeit führt das vorlegende Gericht an, dass, „da Natrium in der Natur gewöhnlich nur in Verbindung mit anderen chemischen Elementen vorkommt“, die Annahme möglich sei, dass gemäß dem besagten Anhang nur die Menge an Natriumchlorid bildenden Natrium zu berücksichtigen sei ( 11 ). Entscheide der Gerichtshof hingegen – im Einklang mit der französischen Verwaltung – im Sinne der zweiten Möglichkeit, könnte ein Wasser, das reich an Natriumbicarbonat sei, nicht als „natriumarm/kochsalzarm“ im Sinne des Anhangs der Verordnung Nr. 1924/2006 eingestuft werden, auch wenn es arm oder sogar sehr arm an Natriumchlorid sei ( 12 ).

    23.

    Abgesehen davon ist meines Erachtens eine Frage vorab zu entscheiden, und zwar die Frage nach der Anwendbarkeit der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1924/2006 und insbesondere der ihres Anhangs im vorliegenden Fall. Mit der französischen und der griechischen Regierung bin ich der Auffassung, dass die Richtlinie 2009/54 eine Sonderregelung für Angaben errichtet, die auf den Etiketten natürlicher Mineralwässer und in der Werbung für diese enthalten sein dürfen, woraus sich meines Erachtens ergibt, dass die Verwendung nährwert- oder gesundheitsbezogener Angaben gemäß der Verordnung Nr. 1924/2006 bei dieser besonderen Kategorie von Lebensmitteln generell ausgeschlossen ist ( 13 ). Neptune Distribution und die Kommission sind hingegen der Ansicht, dass die Verordnung Nr. 1924/2006 und die Richtlinie 2009/54 einander hinsichtlich der Angaben, die für die natürlichen Mineralwässer verwendet werden könnten, ergänzten; angesichts des Wortlauts und der Systematik der hier maßgebenden Unionsrechtsakte überzeugt mich diese Auffassung jedoch nicht so ganz.

    24.

    Art. 1 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 1924/2006, die die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben ( 14 ) über Lebensmittel im Allgemeinen regelt, schließt nämlich eine Anwendung dieser Verordnung zulasten der Richtlinie 80/777 über den Handel mit natürlichen Mineralwässern, die ab dem 16. Juli 2009 durch die Richtlinie 2009/54 ersetzt wurde, ausdrücklich aus ( 15 ).

    25.

    Hinzu kommt, dass der Anhang dieser Verordnung die nährwertbezogene Angabe, ein Lebensmittel sei „natriumarm/kochsalzarm“, deren Verwendung er unter bestimmten Bedingungen erlaubt, auf „andere Wässer als natürliche Mineralwässer, die in den Geltungsbereich der Richtlinie [2009/54] fallen“, beschränkt. Meines Erachtens wollte der Unionsgesetzgeber hier eindeutig eine Unterscheidung zu den natürlichen Mineralwässern treffen, da diese eine besondere Kategorie von Lebensmitteln bilden, für die die Richtlinie 2009/54 in dem von ihren Vorschriften erfassten Bereich vorrangig oder sogar ausschließlich gilt ( 16 ).

    26.

    Zwar enthält der Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 ein für natürliche Mineralwässer wie für andere Wässer geltendes Verbot, die nährwertbezogene Angabe, ein Lebensmittel sei „sehr natriumarm/kochsalzarm“, zu verwenden. Dabei handelt es sich aber meines Erachtens um eine Klarstellung, die einen Angabentyp betrifft, der von der Richtlinie 2009/54 überhaupt nicht geregelt wird. Diese Sonderbestimmung des Anhangs der genannten Verordnung soll daher für natürliche Mineralwässer gelten, die ansonsten in den Geltungsbereich der Richtlinie 2009/54 fallen. Sie enthält jedoch ein Verbot der Verwendung dieser Angabe für natürliche Mineralwässer und andere Wässer, das absolut ist, indem es, wie der letzte Satz dieser Bestimmung zeigt, unabhängig von dem Kriterium des „gleichwertigen Gehalts“ greift. Ihre Anwendung in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens hängt daher nicht von der Auslegung dieses Kriteriums ab.

    27.

    Was dagegen die zuvor angesprochene nährwertbezogene Angabe „natriumarm/kochsalzarm“ betrifft, hätte der Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006, der deren Verwendung erlaubt, in eine erhebliche Normenkollision mit Anhang III der Richtlinie 2009/54 treten können, in dem die Verwendung der Angabe „Geeignet für natriumarme Ernährung“ geregelt ist – eine Normenkollision, die zugunsten dieser Richtlinie entschieden worden ist.

    28.

    Meines Erachtens ergibt sich daraus, dass die einzigen Angaben, die für den Hinweis auf den schwachen Natriumgehalt eines natürlichen Mineralwassers zulässig sein können, diejenigen sind, die in der Richtlinie 2009/54 gemäß deren Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III vorgesehen sind. Der Begriff des „gleichwertigen Gehalts an Salz“, um dessen Auslegung in der ersten Vorlagefrage ersucht wird, erscheint jedoch nur in der Verordnung Nr. 1924/2006, nicht aber in dieser Richtlinie ( 17 ) oder der Richtlinie 2000/13 ( 18 ).

    29.

    Gleichwohl sei der Vollständigkeit halber klargestellt, dass ich, was die Auslegung des Begriffs des „gleichwertigen Gehalts an Salz“ im Sinne des Anhangs dieser Verordnung betrifft, die von der französischen, der griechischen und der italienischen Regierung sowie der Kommission vorgetragene Auffassung ( 19 ) teile, dass die in einem Lebensmittel enthaltene Gesamtmenge an Natrium die einzige maßgebende Grundlage für die Berechnung des dem Natrium, das in diesem Lebensmittel vorhanden ist, „gleichwertigen Gehalts an Salz“ ist.

    30.

    In der Verordnung Nr. 1924/2006 und ihrem Anhang wird nämlich nicht zwischen den verschiedenen in einem Lebensmittel vorhandenen Natriumquellen unterschieden. Insbesondere wird keine Unterscheidung nach einer möglichen Verbindung des Natriums mit Bicarbonat- oder mit Chlor-Ionen getroffen. Vielmehr stellt der Anhang bei den fraglichen nährwertbezogenen Angaben eine unmittelbare Wechselbeziehung zwischen dem zulässigen Höchstgehalt an „Natrium“ – unabhängig von der Form, die es annimmt – und dem diesem Bezugsgehalt „gleichwertigen Gehalt an Salz“ her ( 20 ).

    31.

    Dementsprechend wollte der Unionsgesetzgeber auch jede Verwechslung zwischen den Begriffen Natrium und Salz (oder Natriumchlorid) vermeiden, was speziell den durch die Richtlinie 2009/54 ( 21 ) geregelten Handel mit natürlichen Mineralwässern und die Information der Verbraucher über Lebensmittel, die nunmehr unter die Verordnung Nr. 1169/2011 ( 22 ) fällt, betrifft.

    32.

    Diese grammatikalische Argumentation wird durch teleologische Erwägungen bekräftigt. Wie nämlich die französische Regierung und die Kommission geltend machen, soll die Verordnung Nr. 1924/2006 sowohl die Verlässlichkeit nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben als auch ein hohes Maß an Verbraucherschutz in diesem Bereich sicherstellen ( 23 ). Diese Zwecke können jedoch meines Erachtens nur dann in vollem Umfang erreicht werden, wenn bei den nährwertbezogenen Angaben, die nach Art. 8 in Verbindung mit dem Anhang dieser Verordnung zulässig sind, der in einem Lebensmittel vorhandene Gesamtgehalt an Natrium und nicht nur ein Teil – in Form von Natriumchlorid – berücksichtigt wird.

    33.

    Der Rat weist schließlich zu Recht darauf hin, dass „die Berücksichtigung der Gesamtaufnahme an Natrium aus allen Quellen einer langen wissenschaftlichen Praxis der internationalen Organisationen im Lebensmittelbereich“ entspreche ( 24 ). Das Parlament fügt hinzu, dass „in den Dokumenten der WHO im Zusammenhang mit dem Ziel einer Verringerung der Natriumaufnahme Tafelsalz (Natriumchlorid) und andere Natriumquellen, einschließlich u. a. Natriumbicarbonat, ausdrücklich gleichgestellt werden“ ( 25 ).

    34.

    Folglich ist der Begriff des „gleichwertigen Gehalts an Salz“ im Sinne des Anhangs der Verordnung Nr. 1924/2006 meines Erachtens dahin auszulegen, dass er die in einem Lebensmittel enthaltene Gesamtmenge an Natrium in jeder Form und nicht nur das Natrium betrifft, das mit Chlor-Ionen eine Verbindung eingehen kann (Natriumchlorid, sogenanntes Tafelsalz).

    B – Zur Beurteilung der Gültigkeit der fraglichen Bestimmungen der Richtlinie 2000/13 und der Richtlinie 2009/54 (zweite Frage)

    1. Zum Inhalt und zum Umfang der zweiten Frage

    35.

    Die zweite Vorlagefrage wird hilfsweise gestellt. Sie wird nur für den Fall vorgelegt, dass der Gerichtshof auf die erste Frage für Recht erkennen sollte, dass bei der Berechnung des „gleichwertigen Gehalts an Salz“ bezogen auf die Natriumobergrenze, die für die Verwendung der in der Verordnung Nr. 1924/2006 vorgesehenen nährwertbezogenen Angaben „natriumarm/kochsalzarm“ und „sehr natriumarm/kochsalzarm“ zulässig ist, die in einem Lebensmittel enthaltene Gesamtmenge an Natrium – ungeachtet der Form des Mineralstoffs – zu berücksichtigen ist.

    36.

    Bei dieser Frage geht es im Wesentlichen um die Beurteilung der Gültigkeit verschiedener Bestimmungen des abgeleiteten Unionsrechts. Das vorlegende Gericht hegt Zweifel an deren Vereinbarkeit zum einen mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV, der die Charta für verbindlich erklärt, und zum anderen mit Art. 11 Abs. 1 und Art. 16 der Charta, die die Freiheit der Meinungsäußerung, die Informationsfreiheit und die unternehmerische Freiheit ( 26 ) betreffen, sowie mit Art. 10 EMRK, der ebenfalls die Freiheit der Meinungsäußerung betrifft ( 27 ).

    37.

    Sollten bei der Berechnung des „gleichwertigen Gehalts an Salz“ alle in einem Lebensmittel vorhandenen Formen von Natrium zu berücksichtigen sein, könnten nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13 und Art. 9 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2009/54 „im Licht des im Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 festgelegten Gleichwertigkeitsverhältnisses von Natrium und Salz“ ( 28 ) zu einer übermäßigen Einschränkung der oben genannten Freiheiten führen.

    38.

    Insoweit vertritt allein Neptune Distribution die Auffassung, dass die in diesem Zusammenhang in der zweiten Vorlagefrage genannten Bestimmungen des abgeleiteten Unionsrechts nicht im Einklang mit den durch die Art. 11, 16 und 52 der Charta und Art. 10 EMRK geschützten Grundfreiheiten stünden, da ihr diese Bestimmungen nach der Auslegung durch die Cour administrative d’appel de Lyon (Verwaltungsberufungsgericht Lyon) die Möglichkeit vorenthielten, Eigenschaften ihres Erzeugnisses mit Hilfe von Informationen über seine Zusammensetzung hervorzuheben, obwohl diese zuträfen ( 29 ). Die französische, die griechische und die italienische Regierung sowie das Parlament, der Rat und die Kommission sind hingegen der Auffassung, dass die genannten Bestimmungen der Richtlinien 2000/13 und 2009/54 nicht gegen Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 und Art. 16 der Charta verstießen und die Gültigkeit dieser Bestimmungen daher nicht beeinträchtigt werde.

    39.

    Ich frage mich vor allem, ob das so gefasste Ersuchen des vorlegenden Gerichts um Gültigkeitsprüfung stichhaltig ist. Für mich ist nämlich nicht nachvollziehbar, dass eine etwaige Ungültigkeit der betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 2000/13 und der Richtlinie 2009/54, die eine überarbeitete Fassung der Richtlinie 80/777 darstellt, daher rühren können soll, dass Bestimmungen eines anderen Rechtsakts, nämlich der Verordnung Nr. 1924/2006 in der Auslegung durch den Gerichtshof keine Unterscheidung träfen, und zwar hier nach der Form des Natriums, das für den Gehalt eines Lebensmittels an diesem Nährstoff zu berücksichtigen ist. Es scheint mir außergewöhnlich, dass die Frage nach der Gültigkeit eines Unionsrechtsakts – wie hier – in einem Rahmen erhoben wird, in dem sich eine mögliche Unvereinbarkeit mit der Charta aus der kombinierten Wirkung der Vorschriften verschiedener Gesetzgebungsakte ergäbe. Außerdem weise ich darauf hin, dass bei der Beurteilung der Gültigkeit eines Rechtsakts durch den Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens normalerweise von der Lage, dem Sachverhalt und dem Recht auszugehen ist, die zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Rechtsakts bestanden haben ( 30 ).

    40.

    Im Übrigen wird, wie die französische Regierung und der Rat geltend machen, in Anbetracht des Gegenstands des Ausgangsrechtsstreits ( 31 ) der Umfang der zweiten Vorlagefrage falsch festgelegt. Meiner Meinung nach wäre die Beurteilung der Gültigkeit, um die der Gerichtshof ersucht wird, auf Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 und Anhang III der Richtlinie 2009/54 zu beschränken, deren kombinierte Anwendung im vorliegenden Fall allein relevant sein kann ( 32 ). Da in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13, der nur „allgemeine …, horizontale …“ ( 33 ) Regeln aufstellt, keine besonderen Anforderungen an die Angaben in Bezug auf die Natriumzusammensetzung eines Lebensmittels gestellt werden, kann die Gültigkeit dieser Bestimmung von den Erwägungen des vorlegenden Gerichts nicht berührt sein.

    41.

    Meines Erachtens ist die zweite Vorlagefrage daher umzuformulieren. Jedenfalls kann in einem Zusammenhang wie dem hier in Rede stehenden ( 34 ) die Ungültigkeit abgeleiteter Unionsrechtsakte, die von Neptune Distribution unter Berufung auf eine vermeintliche Unvereinbarkeit mit Bestimmungen der Charta geltend gemacht wird, nicht anerkannt werden, und zwar insbesondere aus den folgenden Gründen.

    2. Zur Rechtfertigung und zur Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beschränkungen

    42.

    Es besteht kein Zweifel, dass die in Rede stehenden Bestimmungen der Richtlinie 2009/54 eine Beschränkung der in den Art. 11 und 16 der Charta verankerten Grundrechte darstellen, da sie die Möglichkeit der mit natürlichen Mineralwässern handelnden Gesellschaften einschränken, frei über den Inhalt der Angaben zu entscheiden, die sie in ihren Werbebotschaften zu diesen Erzeugnissen verwenden.

    43.

    Gleichwohl gilt nach ständiger Rechtsprechung die durch Art. 16 der Charta gewährleistete unternehmerische Freiheit nicht schrankenlos, und ihre Anwendung kann daher vom Unionsgesetzgeber rechtsgültig eingeschränkt werden ( 35 ). Gleiches gilt für die durch Art. 11 der Charta geschützte Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit ( 36 ). Aus Art. 52 Abs. 1 der Charta ergibt sich jedoch zum einen, dass „[j]ede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten … gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten [muss]“, und zum anderen, dass „[u]nter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit … Einschränkungen nur vorgenommen werden [dürfen], wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen“.

    44.

    Erstens bin ich der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die gesetzlichen Beschränkungen, die sich aus der Anwendung der hier betrachteten Bestimmungen ergeben, nicht den Wesensgehalt der Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit sowie der unternehmerischen Freiheit beeinträchtigen, die in den Art. 11 und 16 der Charta anerkannt werden. Auch wenn die besagten Bestimmungen den Gebrauch dieser Freiheiten insbesondere im Hinblick auf die Angaben zum Natriumgehalt auf den Etiketten natürlicher Mineralwässer und in der Werbung für diese regulieren und begrenzen sollen, sind sie doch nicht so geartet, dass sie diese Freiheiten „in ihrem Wesensgehalt“ antasten ( 37 ), denn die Personen, auf die diese Regelungen anwendbar sind, verlieren in dem durch das Unionsrecht in moderater Weise bestimmten Rahmen nicht die Möglichkeit der Meinungsäußerung und der Information der Verbraucher oder das Recht auf Ausübung ihrer unternehmerischen Tätigkeit.

    45.

    Zweitens sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Handlungen der Unionsorgane gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in einem angemessenen Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen ( 38 ).

    46.

    Zu den Zielen der Vorschriften der Richtlinie 2009/54 weise ich mit den Regierungen und den Organen, die beim Gerichtshof Erklärungen eingereicht haben, darauf hin, dass die Beschränkungen, die diese Vorschriften einführen, „in erster Linie die Gesundheit der Verbraucher schützen, die Irreführung der Verbraucher verhindern und einen fairen Handel sicherstellen [sollen]“ ( 39 ). Das „hohe Gesundheitsschutzniveau“ und das „hohe Verbraucherschutzniveau“ stellen aber berechtigte Ziele von allgemeinem Interesse dar, deren Verwirklichung die Union verfolgt, wie aus mehreren Bestimmungen des AEU-Vertrags und der Charta hervorgeht ( 40 ).

    47.

    Was den Schutz der Gesundheit der Verbraucher betrifft, ergibt sich die Verbindung zwischen diesem Ziel, das in Art. 35 der Charta verankert ist, und dem Erlass der Richtlinie 2009/54 eindeutig aus dem Wortlaut der Bestimmungen dieser Richtlinie, insbesondere ihres oben genannten fünften Erwägungsgrundes und ihres Art. 9 Abs. 2.

    48.

    Insoweit weisen die französische Regierung und die Kommission darauf hin, dass die Angabe eines schwachen Gehalts an Salz (Natriumchlorid) auf der Etikettierung natürlicher Mineralwässer und/oder in der Werbung hierfür von den Käufern als nährwertbezogener Vorteil verstanden werden könnte, obwohl eine solche Angabe ungeachtet der wissenschaftlichen Stellungnahmen, die aus medizinischen Gründen eine Senkung des Natriumverbrauchs empfählen, den Gesamtgehalt an Natrium außer Acht lasse ( 41 ). Neptune Distribution rügt dagegen, dass die in Rede stehenden Bestimmungen des abgeleiteten Rechts nicht zwischen Natriumchlorid, dessen übermäßiger Verbrauch offenkundig gesundheitsschädlich sei, und dem in bestimmten Mineralwässern vorhandenen Natriumbicarbonat unterschieden. Das vorlegende Gericht seinerseits ist u. a. angesichts verschiedener Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) der Auffassung, dass „ein ernsthafter Zweifel besteht, ob der Konsum von natriumbicarbonatreichen Wässern und der von natriumchloridreichen Wässern die gleichen Gesundheitsrisiken für Personen, die unter Bluthochdruck leiden, und – allgemeiner – für den europäischen Verbraucher in sich bergen“ ( 42 ).

    49.

    Nach meiner Ansicht kann zum einen nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht verbindlich festgestellt werden, ob – insbesondere für den Bluthochdruck – ein übermäßiger Verbrauch von Natrium in Form von Bicarbonat oder in Form von Chlorid schädlicher ist ( 43 ). Nach dem Vorsorgeprinzip ( 44 ), das der Unionsgesetzgeber zu berücksichtigen hat ( 45 ), halte ich es daher für angebracht, den Vertreibern natürlicher Mineralwässer die Verwendung einer Angabe zu untersagen, die auf einen schwachen Gehalt an Salz (Natriumchlorid) hinweist, aber die Gesamtzufuhr von Natrium verschweigt, die sich aus dem – möglicherweise umfangreichen – Vorhandensein von Natriumbicarbonat in diesen Wässern ergeben kann. Auch darf meines Erachtens diesen Händlern nicht gestattet werden, in den Hinweisen zu ihren Erzeugnissen, wie es Neptune Distribution wünscht, auf den Unterschied Bezug zu nehmen, der zwischen den verschiedenen Formen der Aufnahme von Natrium bestehe, denn eine solche Angabe ist geeignet, die Verbraucher über mögliche gesundheitliche Vorteile des Verbrauchs von Natrium in anderen Formen als Tafelsalz irrezuführen ( 46 ).

    50.

    Zum anderen ergibt sich aus dem Urteil Deutsches Weintor ( 47 ), dass das Verbot einer für sich genommen möglicherweise zutreffenden Angabe berechtigt sein kann, wenn sich diese Angabe als bruchstückhaft erweist. In jener Rechtssache erklärte der Gerichtshof, der mit einem Ersuchen um Beurteilung der Gültigkeit von Vorschriften der Verordnung Nr. 1924/2006 u. a. im Hinblick auf Art. 16 der Charta befasst war, diese Vorschriften, die es einem Erzeuger oder Vermarkter von Wein ausnahmslos verboten, eine gesundheitsbezogene Angabe der im damaligen Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art zu machen ( 48 ), für mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV vereinbar, da die Angabe, selbst wenn sie wahrheitsgetreu sein konnte, unvollständig war ( 49 ). Der Unionsgesetzgeber konnte es daher zu Recht für notwendig halten, die Verwendung möglicherweise zutreffender, aber mehrdeutiger Angaben zu verhindern, die den Verbrauchern die Möglichkeit einer informierten Regulierung ihres Konsums nehmen. Das betraf in jener Rechtssache die alkoholischen Getränke und betrifft in der vorliegenden Rechtssache das in natürlichen Mineralwässern vorhandene Natrium.

    51.

    Was die Information der Verbraucher über die wesentlichen Merkmale von Erzeugnissen wie natürlichen Mineralwässern betrifft, weise ich zunächst darauf hin, dass die Beachtung dieses Ziels von allgemeinem Interesse im vorliegenden Fall eng mit dem zuvor genannten Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit verbunden ist und daher einige der oben dargestellten Erwägungen auch in dieser Hinsicht von Belang sein können. Darüber hinaus ist klarzustellen, dass die durch Art. 11 der Charta gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit entsprechend dem, was für Art. 10 EMRK gilt ( 50 ), die Informationen im Geschäftsverkehr, u. a. zu Werbezwecken, umfasst.

    52.

    In der vorliegenden Rechtssache lässt sich feststellen, dass die Parteien, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, zwar übereinstimmend darauf hinweisen, dass die Verbraucher durch genaue und wahrheitsgemäße Informationen geschützt werden müssten, aber basierend auf dieser gleichen Grundlage völlig gegensätzliche Antworten vorschlagen ( 51 ). Angesichts der Stellungnahmen der vorstehend genannten internationalen Einrichtungen ( 52 ) ist es meines Erachtens tatsächlich erforderlich, dass die Vertreiber natürlicher Mineralwässer sowohl eindeutig als auch vollständig über die darin enthaltene Gesamtmenge an Natrium informieren, so dass ein normal verständiger Verbraucher eine fundierte Wahl aus allen ihm angebotenen ähnlichen Erzeugnissen treffen kann ( 53 ). Dies bedeutet, dass insoweit keinerlei Verwirrung geschürt werden darf, was auch für den Fall gilt, dass die gegebene Information richtig sein sollte ( 54 ).

    53.

    Was schließlich die Angemessenheit der vom Unionsgesetzgeber verwendeten Mittel zur Erreichung der beiden oben genannten Ziele betrifft, behauptet Neptune Distribution, dass die Beschränkungen der Informationsfreiheit und der unternehmerischen Freiheit, die sich aus den in der zweiten Vorlagefrage genannten Bestimmungen ergäben, zu diesen Zielen außer Verhältnis stünden.

    54.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs „verfügt [jedoch] der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen in einem Bereich wie dem hier betroffenen, der von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt und in dem er komplexe Prüfungen durchführen muss“, woraus sich ergibt, dass „diese Handlungen nur einer beschränkten gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegen“ und dass „eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig [ist], wenn sie zur Erreichung des Zieles, das die zuständigen Organe verfolgen, offensichtlich ungeeignet ist“ ( 55 ).

    55.

    Was insbesondere die Beurteilung hoch komplexer tatsächlicher Umstände wissenschaftlicher und technischer Art bei der Festlegung von Art und Umfang der vom Unionsgesetzgeber erlassenen Maßnahmen betrifft, steht in diesem Kontext fest, dass der Unionsrichter seine eigene Beurteilung solcher Umstände nicht an die Stelle derjenigen der Organe setzen kann, denen allein der EG-Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat ( 56 ). Aus der Rechtsprechung ergibt sich auch, dass „[d]er Entscheidungsspielraum, über den die zuständigen Stellen bei der Abwägung zwischen der Freiheit der Meinungsäußerung und den oben genannten Zielen verfügen, … je nach dem Ziel, das eine Beschränkung dieses Rechts rechtfertigt, und je nach der Art der Tätigkeit, um die es geht, unterschiedlich [ist]“, und ich meine, dass der dem Gerichtshof eingeräumte Spielraum weiter ist, wenn es speziell darum geht, dass von der Freiheit der Meinungsäußerung im Geschäftsverkehr, namentlich in Werbebotschaften, und damit gewinnorientiert Gebrauch gemacht wird ( 57 ).

    56.

    Was den vorliegenden Fall betrifft, bin ich der Ansicht, dass der Unionsgesetzgeber angesichts des weiten Spielraums bei der Beurteilung wissenschaftlicher und technischer Gegebenheiten, der ihm auf dem fraglichen Gebiet einzuräumen ist, und angesichts seiner Verpflichtung, das oben genannte Vorsorgeprinzip zu berücksichtigen ( 58 ), vernünftigerweise davon ausgehen konnte, dass die Ziele, die mit den in Rede stehenden Bestimmungen der Richtlinie 2009/54 berechtigterweise verfolgt werden, nicht durch Maßnahmen erreicht werden konnten, die die Freiheiten, auf die sich Neptune Distribution hier im Rahmen einer Mitteilung geschäftlicher Natur beruft, weniger stark einschränken.

    57.

    Darüber hinaus stelle ich mit der französischen Regierung, dem Parlament, dem Rat und der Kommission fest, dass die Einschränkung dieser Freiheiten in Wirklichkeit moderat ist, da es den Vertreibern natürlicher Mineralwässer weiterhin freisteht, die Verbraucher über die Zusammensetzung dieser Wässer und insbesondere deren geringen Natriumgehalt zu informieren, indem sie auf ihrer Etikettierung oder in ihrer Werbung Hinweise verwenden, die vom Unionsgesetzgeber ausdrücklich zugelassen sind – also die in Anhang III der Richtlinie 2009/54 enthaltenen Angaben – oder Hinweise, die gegebenenfalls von den Gesetzgebern der Mitgliedstaaten zugelassen sein mögen ( 59 ).

    58.

    Aufgrund all dieser Erwägungen bin ich der Auffassung, dass der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 und Anhang III der Richtlinie 2009/54 nicht die Grenzen überschritten hat, die zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Art. 11, 16 und 52 Abs. 1 der Charta einzuhalten waren.

    V – Ergebnis

    59.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) wie folgt zu antworten:

    1.

    Die Bestimmung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, die sich auf die Bedingungen für die Zulässigkeit der nährwertbezogenen Angabe „natriumarm/kochsalzarm“ bezieht, findet keine Anwendung auf natürliche Mineralwässer. Demgegenüber verbietet dieser Anhang ausdrücklich die Verwendung der Angabe „sehr natriumarm/kochsalzarm“ für natürliche Mineralwässer.

    2.

    Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 und Anhang III der Richtlinie 2009/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern sind gültig.


    ( 1 )   Originalsprache: Französisch.

    ( 2 )   ABl. L 404, S. 9, und Berichtigung ABl. 2007, L 12, S. 3.

    ( 3 )   Der Gerichtshof hat zwar bereits mehrere Bestimmungen der Verordnung Nr. 1924/2006 ausgelegt, war jedoch noch nicht mit diesem Anhang befasst.

    ( 4 )   Natrium, das in der Liste der „Nährstoffe“ in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1924/2006 enthalten ist.

    ( 5 )   ABl. L 109, S. 29.

    ( 6 )   ABl. L 164, S. 45. Durch diese Richtlinie, die seit dem 16. Juli 2009 anwendbar ist, wurde die Richtlinie 80/777/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (ABl. L 229, S. 1) neu gefasst und aufgehoben.

    ( 7 )   Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304, S. 18).

    ( 8 )   Vgl. Fn. 6 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 9 )   Art. R. 112‑7 des Code de la consommation (Verbrauchergesetzbuch) setzt Art. 2 der Richtlinie 2000/13 in französisches Recht um. In seiner vom 25. November 2005 bis 13. Dezember 2014 geltenden Fassung sah er in Abs. 1 vor, dass „[d]ie Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, … nicht geeignet sein [dürfen], den Käufer oder den Verbraucher insbesondere über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über … Beschaffenheit, Zusammensetzung … irrezuführen“, und in Abs. 4, dass „[d]ie oben genannten Verbote und Einschränkungen … auch für die Werbung für und die Aufmachung von Lebensmitteln [gelten]“.

    ( 10 )   Vgl. Nr. 11 der vorliegenden Schlussanträge. Diese beiden Angaben sind nur zulässig, wenn das Erzeugnis nicht mehr als eine bestimmte Menge Natrium („0,12 g“ und „0,04 g“ Natrium „pro 100 g bzw. 100 ml“) oder den dieser Natriummenge gleichwertigen Gehalt an Salz enthält.

    ( 11 )   Neptune Distribution macht geltend, dass eine andere Berechnungsmethode für den gleichwertigen Gehalt an Salz ungeeignet sei, da in den natürlichen Mineralwässern Natrium im Wesentlichen mit Bicarbonat verbunden sei und nur ein geringer Teil Natrium eine Verbindung mit Chlor zu Salz eingehe.

    ( 12 )   Diese letztgenannte Auslegung hätte in der Praxis die Folge, dass der Vertreiber eines an Natriumchlorid armen, aber an Natriumbicarbonat reichen natürlichen Mineralwassers den schwachen Salz(- oder Natriumchlorid)gehalt seines Erzeugnisses nicht erwähnen dürfte, da eine solche Aussage, selbst wenn sie richtig sein sollte, die Käufer hinsichtlich des Natriumgesamtgehalts dieses Wassers irreführen könnte.

    ( 13 )   Die französische Regierung weist darauf hin, dass im Ausgangsrechtsstreit sowohl das Gericht des ersten Rechtszugs als auch das Berufungsgericht der Auffassung gewesen seien, dem Verbot der streitigen Angaben sei zwar fälschlicherweise die Verordnung Nr. 1924/2006 zugrunde gelegt worden, es könne aber nach der Richtlinie 80/777, jetzt Richtlinie 2009/54, gerechtfertigt werden. Das vorlegende Gericht stelle diese Bewertung nicht in Frage, lege aber gleichwohl seine erste Frage vor, da nach seiner Ansicht die im vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen – nämlich Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13 sowie Art. 9 Abs. 1 und 2 und Anhang III der Richtlinie 2009/54 – im Licht des im Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 enthaltenen Begriffs des gleichwertigen Gehalts an Salz betrachtet werden müssten (vgl. Nr. 37 der vorliegenden Schlussanträge).

    ( 14 )   Wie sie in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 4 und 5 dieser Verordnung definiert sind. Zu den Unterschieden zwischen diesen beiden Kategorien von Angaben und zur Systematik der diesbezüglichen Bestimmungen vgl. insbesondere Urteil Ehrmann (C‑609/12, EU:C:2014:252, Rn. 25 ff.).

    ( 15 )   Nach Ansicht der griechischen Regierung kann keinesfalls geltend gemacht werden, dass sich der Begriff der nährwertbezogenen Angabe im Sinne der Verordnung Nr. 1924/2006 von dem durch die Richtlinie 2009/54 geregelten Begriff der Etikettierung unterscheide, da es letztlich um den Schutz derselben rechtlichen Interessen gehe, nämlich den Schutz der Gesundheit und der Verbraucher sowie den Schutz des freien Warenverkehrs und eines gesunden Wettbewerbs.

    ( 16 )   Eine besondere Behandlung wird natürlichen Mineralwässern auch in der Richtlinie 2000/13 (vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b) sowie in der diese ersetzenden Verordnung Nr. 1169/2011 (vgl. die Verweise in den Art. 7 und 29 und in Anhang V dieser Verordnung auf den Vorrang der Sonderbestimmungen des Unionsrechts für natürliche Mineralwässer) zuteil.

    ( 17 )   Bei einer Zusammenschau der genannten Vorschriften der Richtlinie 2009/54 kann die Angabe „Geeignet für natriumarme Ernährung“ für die natürlichen Mineralwässer verwendet werden, deren „Natriumgehalt … weniger als 20 mg/l [beträgt]“, wobei dieses Kriterium nicht auf einen möglichen gleichwertigen Salzgehalt verweist. Anzumerken ist, dass sich diese Angabe, deren Bedeutung für einen durchschnittlichen Verbraucher völlig eindeutig ist, nicht nur auf einen relativen Wert des Natriumgehalts bezieht, sondern durch Bezugnahme auf die genannte Ernährungsform auf einen absoluten Wert für diesen Gehalt.

    ( 18 )   Dies erklärt sich auch dadurch, dass die natürlichen Mineralwässer chemisch kein Salz (Natriumchlorid) als solches enthalten. Wie von der französischen Regierung und vom Rat hervorgehoben, können sie die Mineralstoffe Natrium, Bicarbonat und Chlor nur getrennt, nicht aber die Verbindungen wie Natriumbicarbonat oder Natriumchlorid, die diese eingehen können, enthalten, denn die Ionen jedes dieser Elemente finden sich gelöst in diesen Flüssigkeiten.

    ( 19 )   Das Parlament und der Rat haben sich nur zur Antwort auf die zweite Vorlagefrage geäußert. Ihre Erklärungen geben jedoch in bestimmten Teilen auch sachdienliche Hinweise für die erste Vorlagefrage.

    ( 20 )   Vgl. Fn. 10 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 21 )   Es sei daran erinnert, dass diese Richtlinie nur auf das in diesen Wässern vorhandene „Natrium“ Bezug nimmt (vgl. Anhang III).

    ( 22 )   Dem 37. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1169/2011 zufolge ist es „angezeigt, auf der Kennzeichnung die Bezeichnung ‚Salz‘ anstelle der entsprechenden Nährstoffbezeichnung ‚Natrium‘ zu verwenden“, damit „die auf der Kennzeichnung angegebenen Informationen für den Endverbraucher leicht verständlich sind“. Darüber hinaus wird in Anhang I Nr. 11 dieser Verordnung in Bezug auf die durch die Verordnung vorgeschriebene „Nährwertdeklaration“ näher ausgeführt, dass „‚Salz‘ … den nach folgender Formel berechneten Gehalt an Salzäquivalent [bedeutet]: Salz = Natrium × 2,5“. Im Kommissionsdokument „Fragen und Antworten zur Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011“ vom 31. Januar 2013 wird hinzugefügt, dass insoweit „der Gesamtgehalt des in einem Lebensmittel vorhandenen Natriums“ zu berücksichtigen ist (vgl. Nr. 3.25).

    ( 23 )   Vgl. u. a. die Erwägungsgründe 1, 2, 9 und 10 sowie Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung und Nr. 6 der Begründung des ihr zugrunde liegenden Vorschlags (KOM[2003] 424 endg.).

    ( 24 )   Der Rat erwähnt u. a. die Leitsätze des Codex Alimentarius – eines gemeinsamen Organs der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – „für Nährwertkennzeichnung“ (CAC/GL 2‑1985, in der 2013 überarbeiteten Fassung) und „für die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben“ (CAC/GL 23-1997, in der 2004 überarbeiteten Fassung). Auf die letztgenannten Leitsätze wird im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1924/2006 ausdrücklich Bezug genommen.

    ( 25 )   Das Europäische Parlament erwähnt u. a. ein WHO-Dokument („Reducing salt intake in populations : report of a WHO forum and technical meeting, 5-7 October 2006, Paris, France“, zugänglich über folgende Internetadresse: http://apps.who.int/iris/handle/10665/43712), in dem klargestellt wird, dass „[f]ür die Zwecke … des vorliegenden Berichts … der Begriff Salz gleichermaßen für die Aufnahme von Natrium und von Natriumchlorid verwendet [wird]. Der Begriff der Verringerung der Salzzufuhr durch Lebensmittel bezeichnet die Verringerung der Gesamtaufnahme an Natrium aus allen Lebensmittelquellen …“ (S. 3, Hervorhebung im Original).

    ( 26 )   Zum Inhalt dieser Freiheit siehe die „Erläuterungen zur Charta der Grundrechte“ (ABl. 2007, C 303, S. 17), die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta bei deren Auslegung zu berücksichtigen sind.

    ( 27 )   Soweit die Charta Rechte enthält, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, haben sie gemäß Art. 52 Abs. 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite wie ihnen in der genannten Konvention verliehen, ohne dass dieser Grundsatz jedoch einem weiter gehenden Schutz durch das Recht der Union entgegensteht. Klarstellen möchte ich, dass diese Bestimmung für Art. 11 der Charta, der inhaltlich mit Art. 10 EMRK übereinstimmt, relevant ist, nicht aber für Art. 16, der in der EMRK keine Entsprechung hat.

    ( 28 )   Zur Erläuterung dieses „Gleichwertigkeitsverhältnisses“ weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 zur Bestimmung der Obergrenzen für die Angaben „natriumarm/kochsalzarm“ oder „sehr natriumarm/kochsalzarm“ unterschiedslos auf den Natriumgehalt eines Lebensmittels oder seinen „gleichwertigen Gehalt an Salz“ abstelle.

    ( 29 )   Da ein natürliches Mineralwasser kein Natriumchlorid (Salz), sondern nur unabhängig voneinander vorhandene Chlor- oder Natrium-Ionen enthalten kann (vgl. Fn. 18 der vorliegenden Schlussanträge), erscheinen mir die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Angaben falsch.

    ( 30 )   Vgl. Urteil SAM Schiffahrt und Stapf (C‑248/95 und C‑249/95, EU:C:1997:377, Rn. 46).

    ( 31 )   Diese Regierung weist zu Recht darauf hin, dass die Bedenken des vorlegenden Gerichts nur die Gültigkeit des Verbots betreffen, einen niedrigen Salz- oder Natriumchloridgehalt eines an Natriumbicarbonat reichen natürlichen Mineralwassers anzugeben, nicht aber die Gültigkeit des allgemeinen Verbots einer Etikettierung, die geeignet ist, den Verbraucher irrezuführen oder einem Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zuzuweisen, die es nicht besitzt.

    ( 32 )   Meines Erachtens wird Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2009/54 vom vorlegenden Gericht zu Unrecht herangezogen, da nur Abs. 2 Unterabs. 2 auf Anhang III dieser Richtlinie verweist, der allein die von der zweiten Vorlagefrage tatsächlich betroffenen zulässigen Angaben und deren Anwendungskriterien enthält.

    ( 33 )   Vgl. Erwägungsgründe 4 und 5 der Richtlinie 2000/13. Gemäß dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/54 legt diese die notwendigen „Ergänzungen zu und Abweichungen von“ den „allgemeinen Regeln“ der Richtlinie 2000/13 fest.

    ( 34 )   Zum Vergleich: Im Urteil Digital Rights Ireland u. a. (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2014:238) standen bei den Eingriffen, aufgrund deren der Gerichtshof die in jener Rechtssache in Rede stehende Richtlinie wegen eines Verstoßes gegen die Verhältnismäßigkeit für ungültig erklärte, Dinge von ganz anderer Bedeutung auf dem Spiel.

    ( 35 )   Vgl. insbesondere die Schlussanträge des Generalanwalts Mazák in der Rechtssache Deutsches Weintor (C‑544/10, EU:C:2012:189, Rn. 66 ff.) und das Urteil Sky Österreich (C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 36 )   Vgl. Urteile Schmidberger (C‑112/00, EU:C:2003:333, Rn. 79) und Damgaard (C‑421/07, EU:C:2009:222, Rn. 26). In den oben genannten Erläuterungen zu Art. 11 der Charta heißt es, dass die rechtmäßigen Einschränkungen des darin verankerten Rechts auf freie Meinungsäußerung die in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannten Bedingungen erfüllen müssen.

    ( 37 )   Vgl. insbesondere Urteile Karlsson u. a. (C‑292/97, EU:C:2000:202, Rn. 45 ff.), Deutsches Weintor (C‑544/10, EU:C:2012:526, Rn. 54 und 57) und Digital Rights Ireland u. a. (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2014:238, Rn. 39 und 40).

    ( 38 )   Vgl. insbesondere Urteil Schaible (C‑101/12, EU:C:2013:661, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 39 )   Vgl. fünfter Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/54.

    ( 40 )   Aufbauend auf den Art. 9 AEUV und 12 AEUV (die allgemeine Bestimmungen enthalten) und Art. 114 Abs. 3 AEUV (betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten) bekräftigt Art. 168 Abs. 1 AEUV, dass „[b]ei der Festlegung und Durchführung aller Unionspolitiken und ‑maßnahmen … ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt [wird]“, was nach Art. 169 Abs. 1 AEUV auch für ein „hohes Verbraucherschutzniveau“ gilt, wobei der Inhalt dieser Bestimmungen gemäß den Art. 35 und 38 der Charta in den Rang von „Grundsätzen“ erhoben wurde (vgl. die oben genannten „Erläuterungen zur Charta“).

    ( 41 )   Die französische Regierung macht geltend, dass die Ergebnisse der internationalen Forschung, die von verschiedenen Gesundheitsbehörden, insbesondere der WHO, zusammengetragen worden seien, einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem übermäßigen Natriumverbrauch und den Risiken von Bluthochdruck sowie den damit verbundenen Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen herstellten.

    ( 42 )   Dem Vorlagebeschluss zufolge ergibt sich aus den Aktenunterlagen des innerstaatlichen Verfahrens und insbesondere aus einer Stellungnahme der EFSA vom 21. April 2005, dass ein Anstieg des Blutdrucks die vornehmliche unerwünschte Folge ist, die im Zusammenhang mit einer hohen Natriumzuführung festgestellt wird. Auch wenn Natrium als solches hauptverantwortlich sei, spielten beim Anstieg des Blutdrucks in Zusammenhang mit einem erheblichen Salzverbrauch auch die Chlor-Ionen eine Rolle. Mehreren Studien deuteten darauf hin, dass für Personen, die unter Bluthochdruck litten, eine natriumbicarbonatreiche Ernährung nicht die gleiche unerwünschte Wirkung habe wie eine natriumchloridreiche Ernährung. In einer im Juni 2011 veröffentlichten Stellungnahme habe die EFSA es abgelehnt, in die Liste der zulässigen Gesundheitsangaben nach Art. 13 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1924/2006 die Angabe aufzunehmen, Natriumbicarbonat habe keine unerwünschten Wirkungen auf den Blutdruck, da die zur Stützung dieser Angabe vorgelegte Studie methodologisch nicht hinreichend abgesichert sei, doch könne allein deshalb auch nicht der Schluss gezogen werden, dass Natriumbicarbonat in gleichem Maß und Verhältnis wie Natriumchlorid Bluthochdruck verursachen oder verstärken könne.

    ( 43 )   Der Inhalt des von Neptune Distribution vorgelegten Aufsatzes (Helwig, J.‑J., „À l’instar du chlorure de sodium, le bicarbonate de sodium doit‑il être considéré comme pouvant induire ou aggraver l’hypertension artérielle?“, Médecine et nutrition, 2008, Bd. 44, Nr. 1, S. 29 bis 37) erscheint mir insoweit nicht ausschlaggebend, da weder dargetan wurde, dass diese Veröffentlichung von einer anerkannten wissenschaftlichen Autorität stammt, noch, dass er einen aktuellen medizinischen Konsens wiedergibt. Darüber hinaus stellt der Autor selbst fest, dass dieser Aufsatz „nicht den Anspruch [erhebt], die [in seiner Überschrift gestellte] Frage zu klären, sondern, die in diesem Bereich in den letzten beiden Jahrzehnten erlangten Erfahrungsdaten so objektiv wie möglich zu erörtern“.

    ( 44 )   Aus diesem Grundsatz in seiner Auslegung durch den Gerichtshof ergibt sich, dass „bei Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit Schutzmaßnahmen getroffen werden können, ohne dass abgewartet werden müsste, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken vollständig dargelegt werden“, und dass es ausreicht, dass „die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die öffentliche Gesundheit … fortbesteht, falls das Risiko eintritt“ (Urteil Acino/Kommission, C‑269/13 P, EU:C:2014:255, Rn. 57 und 58 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), und zwar insbesondere angesichts der „zuverlässigsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und der neuesten Ergebnisse der internationalen Forschung“ (Urteil Afton Chemical, C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 60).

    ( 45 )   Vgl. u. a. Urteil Alliance for Natural Health u. a. (C‑154/04 und C‑155/04, EU:C:2005:449, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 46 )   Die französische Regierung weist zu Recht darauf hin, dass eine Angabe, die den schwachen Gehalt an Salz (Natriumchlorid) eines im Übrigen sehr natriumbicarbonatreichen natürlichen Mineralwassers hervorhebe, die erhebliche Natriumzufuhr durch ein solches Wasser verschleiern und daher einen übermäßigen Konsum dieses Wassers unterstützen könne, der zu einer Überschreitung der von der WHO empfohlenen Norm für die tägliche Natriumaufnahme führen könne.

    ( 47 )   C‑544/10, EU:C:2012:526.

    ( 48 )   Der Gerichtshof erkannte, dass der Begriff „gesundheitsbezogene Angaben“ im Sinne dieser Verordnung, die üblicherweise für alkoholische Getränke verboten sind, eine Bezeichnung wie „bekömmlich“, verbunden mit dem Hinweis auf einen reduzierten Säuregehalt und damit auf einen reduzierten Gehalt von Stoffen, die von einer Vielzahl von Verbrauchern als nachteilig angesehen werden, umfasst (ebd., Rn. 41).

    ( 49 )   Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die streitige Angabe, selbst wenn man unterstellt, dass sie sachlich richtig ist, gleichwohl unvollständig und daher mehrdeutig, nämlich irreführend, ist, soweit sie die Verdaulichkeit des betroffenen Weines herausstellt, aber den Umstand verschweigt, dass durch die gute Verdaulichkeit die mit dem Konsum alkoholischer Getränke zusammenhängenden Gefahren keineswegs beseitigt oder auch nur begrenzt wären (ebd., Rn. 50 f.). Ebenso hat der Gerichtshof im Urteil Teekanne (C‑195/14, EU:C:2015:361, Rn. 36 bis 41) darauf hingewiesen, dass die Etikettierung eines Lebensmittels insgesamt gesehen den Durchschnittsverbraucher irreführen kann, obwohl das Verzeichnis der Zutaten, die sie enthält, richtig ist.

    ( 50 )   Vgl. insbesondere Urteile Deutschland/Parlament und Rat (C‑380/03, EU:C:2006:772, Rn. 155) und Damgaard (C‑421/07, EU:C:2009:222, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie EGMR, Urteil Hachette Filipacchi Presse Automobile und Dupuy/Frankreich (Nr. 13353/05, § 30 und die dort angeführte Rechtsprechung, 5. März 2009).

    ( 51 )   So macht Neptune Distribution geltend, dass die Verbreitung einer – angeblich richtigen (vgl. meine Vorbehalte in Fn. 29 der vorliegenden Schlussanträge) – Information zur Zusammensetzung eines natürlichen Mineralwassers, das reich an Natriumbicarbonat, aber arm an Natriumchlorid sei, zum Schutz der Verbraucher beitrage, indem es sie bei der sinnvollen Auswahl der Bestandteile ihrer Ernährung unterstütze, während die französische Regierung vorträgt, dass die in den Richtlinien 2000/13 und 2009/54 vorgesehenen Beschränkungen in Bezug auf Hinweise wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden angemessen und erforderlich seien, damit die Verbraucher eine aufgeklärte Wahl treffen könnten, die ihren Ernährungsbedürfnissen am besten entspreche.

    ( 52 )   Namentlich der in den Fn. 25 und 42 der vorliegenden Schlussanträge genannten Stellungnahmen der WHO und der EFSA.

    ( 53 )   Auch wenn die Verordnung Nr. 1169/2011 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist (vgl. Nr. 7 der vorliegenden Schlussanträge), halte ich den Hinweis für sinnvoll, dass das Bestreben, die Verbraucher bestmöglich zu informieren, um ihnen eine „fundierte Wahl“ ihrer Lebensmittel zu ermöglichen, in dieser Verordnung mehrfach auftaucht, insbesondere was Ernährungsbestandteile wie Natrium betrifft (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 3, 4, 10, 34, 36 und 37 sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 4). Vgl. auch Weißbuch der Kommission „Ernährung, Übergewicht, Adipositas: eine Strategie für Europa“ (KOM [2007] 279 endgültig, S. 5 ff.).

    ( 54 )   Vgl. Nr. 50 der vorliegenden Schlussanträge und entsprechend EGMR, Urteil markt intern Verlag GmbH und Klaus Beermann/Deutschland (20. November 1989, § 35, Series A, Nr. 165).

    ( 55 )   Vgl. insbesondere Urteile Alliance for Natural Health u. a. (C‑154/04 und C‑155/04, EU:C:2005:449, Rn. 52), Deutschland/Parlament und Rat (C‑380/03, EU:C:2006:772, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Etimine (C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 125 und die dort angeführte Rechtsprechung); Hervorhebung von mir.

    ( 56 )   Vgl. Urteile Nickel Institute (C‑14/10, EU:C:2011:503, Rn. 60) sowie Etimine (C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 57 )   Vgl. insbesondere Urteile Deutschland/Parlament und Rat (C‑380/03, EU:C:2006:772, Rn. 155) und Damgaard (C‑421/07, EU:C:2009:222, Rn. 27) sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Novo Nordisk (C‑249/09, EU:C:2010:616, Rn. 46 ff.). Desgleichen übt der EGMR eine abgewogene Kontrolle aus und lässt einen Beurteilungsspielraum, dessen Umfang nach der Art des Gebrauchs der Freiheit der Meinungsäußerung und ihrem Zusammenhang variiert, wobei der belassene Spielraum im geschäftlichen Bereich eindeutig weiter ist (vgl. insbesondere EGMR, Urteile Ahmed u. a./Vereinigtes Königreich, 2. September 1998, § 61, Reports of Judgments and Decisions, 1998-VI, sowie Remuszko/Polen, Nr. 1562/10, § 64 und die dort angeführte Rechtsprechung, 16. Juli 2013).

    ( 58 )   Vgl. Nr. 49 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 59 )   Insoweit weisen der Rat und die Kommission darauf hin, dass der Verbraucher durch die in diesem Anhang III vorgesehenen Angaben informiert werden könne, und zwar sowohl über den allgemeinen Grad des Mineralgehalts eines natürlichen Mineralwassers (vgl. z. B. die Angabe „Mit hohem Gehalt an Mineralien“) als auch über die charakteristischen Merkmale des Wassers (vgl. z. B. die Angaben „Bicarbonathaltig“, „Chloridhaltig“ und „Natriumhaltig“) oder über die Eignung des Wassers für eine bestimmte Ernährung (mittels der Angabe „Geeignet für natriumarme Ernährung“, die meines Erachtens am besten geeignet ist, sofern der Natriumgehalt des betroffenen natürlichen Mineralwassers im Einklang mit dieser Bestimmung weniger als 20 mg/l beträgt). Es wird zu Recht hinzugefügt, dass der Umstand, dass keiner der Mitgliedstaaten von der in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 2009/54 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, andere als die in Anhang III angeführten Angaben zuzulassen, ein konkreter Hinweis darauf sei, dass die beanstandete Regelung an sich geeignet sei, die sachdienliche Information der Verbraucher durch die Vertreiber natürlicher Mineralwässer zu gewährleisten. Darüber hinaus stellt das Parlament zu Recht heraus, dass diese Möglichkeit eine gewisse Flexibilität biete, die bestätige, dass die vom Unionsgesetzgeber eingeführte rechtliche Regelung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche.

    Top