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Document 62013CJ0599

Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 18. Dezember 2014.
Somalische Vereniging Amsterdam en Omgeving (Somvao) gegen Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie.
Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State [Niederlande].
Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz der finanziellen Interessen der Union – Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 – Art. 4 – Gesamthaushaltsplan der Union – Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 – Art. 53b Abs. 2 – Entscheidung 2004/904/EG – Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2005–2010 – Art. 25 Abs. 2 – Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Einziehung einer Finanzhilfe bei Vorliegen einer Unregelmäßigkeit.
Rechtssache C‑599/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2462

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

18. Dezember 2014 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Schutz der finanziellen Interessen der Union — Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 — Art. 4 — Gesamthaushaltsplan der Union — Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 — Art. 53b Abs. 2 — Entscheidung 2004/904/EG — Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2005–2010 — Art. 25 Abs. 2 — Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Einziehung einer Finanzhilfe bei Vorliegen einer Unregelmäßigkeit“

In der Rechtssache C‑599/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Niederlande) mit Entscheidung vom 20. November 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 22. November 2013, in dem Verfahren

Somalische Vereniging Amsterdam en Omgeving (SOMVAO)

gegen

Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, M. Noort und J. Langer als Bevollmächtigte,

der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Maidani, B.‑R. Killmann und G. Wils als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312, S. 1), Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. L 390, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1605/2002) und Art. 25 Abs. 2 der Entscheidung 2004/904/EG des Rates vom 2. Dezember 2004 über die Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2005–2010 (ABl. L 381, S. 52).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Somalische Vereniging Amsterdam en Omgeving (Somalischer Verein Amsterdam und Umgebung, im Folgenden: SOMVAO), einem Verein mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), und dem Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie (Staatssekretär für Sicherheit und Justiz) wegen dessen Entscheidung, eine SOMVAO aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds gewährte Finanzhilfe teilweise zu kürzen und einzuziehen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung (EWG) Nr. 4253/88

3

Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits (ABl. L 374, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2082/93 des Rates vom 20. Juli 1993 (ABl. L 193, S. 20) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 4253/88) lautet:

„(1)   Um den erfolgreichen Abschluss der von öffentlichen oder privaten Trägern durchgeführten Maßnahmen zu gewährleisten, treffen die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Aktionen die erforderlichen Maßnahmen, um

regelmäßig nachzuprüfen, dass die von der Kommission finanzierten Aktionen ordnungsgemäß ausgeführt worden sind,

Unregelmäßigkeiten zu verhindern und zu ahnden,

infolge von Unregelmäßigkeiten oder Fahrlässigkeit verloren gegangene Beträge zurückzufordern. Falls der Mitgliedstaat und/oder der Träger nicht den Nachweis erbringt, dass die Unregelmäßigkeiten oder die Fahrlässigkeit ihnen nicht anzulasten sind, ist der Mitgliedstaat subsidiär für die Zurückzahlung der nicht rechtmäßig gezahlten Beträge verantwortlich. Im Fall der Globalzuschüsse kann die zwischengeschaltete Stelle mit dem Einverständnis des Mitgliedstaats und der Kommission eine Bankgarantie oder eine andere Sicherheit, die dieses Risiko abdeckt, in Anspruch nehmen.

…“

Verordnung Nr. 2988/95

4

In den Erwägungsgründen 3 bis 5 der Verordnung Nr. 2988/95 heißt es:

„Die Einzelheiten [der] dezentralen [Haushaltsführung] und der Kontrollsysteme werden in ausführlichen Vorschriften geregelt, die sich je nach Bereich der Gemeinschaftspolitik unterscheiden. Es ist jedoch wichtig, in allen Bereichen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu bekämpfen.

Um die Bekämpfung des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften wirksam zu gestalten, muss ein allen Bereichen der Gemeinschaftspolitik gemeinsamer rechtlicher Rahmen festgelegt werden.

Die Verhaltensweisen, die Unregelmäßigkeiten darstellen, sowie die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und die entsprechenden Sanktionen sind im Einklang mit dieser Verordnung in sektorbezogenen Regelungen vorgesehen.“

5

Art. 1 der Verordnung lautet:

„(1)   Zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften wird eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht getroffen.

(2)   Der Tatbestand der Unregelmäßigkeit ist bei jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Gemeinschaften erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe.“

6

Unter Titel II („Verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen“) bestimmt Art. 4 der Verordnung:

„(1)   Jede Unregelmäßigkeit bewirkt in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils

durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags;

(2)   Die Anwendung der Maßnahmen nach Absatz 1 beschränkt sich auf den Entzug des erlangten Vorteils, zuzüglich – falls dies vorgesehen ist – der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können.

(4)   Die in diesem Artikel vorgesehenen Maßnahmen stellen keine Sanktionen dar.“

Verordnung Nr. 1605/2002

7

Titel IV der Verordnung Nr. 1605/2002, der zu deren Teil 1 gehört, trägt die Überschrift „Haushaltsvollzug“. In seinem Kapitel 2 sind die Arten des Haushaltsvollzugs geregelt. Zu diesem Kapitel gehören die Art. 53 bis 57 der Verordnung. Art. 53 lautet:

„Die Kommission führt den Haushalt entsprechend den Artikeln 53a bis 53d nach einer der folgenden Methoden aus:

a)

nach dem Prinzip der zentralen Mittelverwaltung oder

b)

nach dem Prinzip der geteilten oder dezentralen Verwaltung oder

c)

nach dem Prinzip der gemeinsamen Verwaltung mit internationalen Organisationen.“

8

Art. 53b der Verordnung bestimmt:

„(1)   Bei der geteilten Mittelverwaltung überträgt die Kommission den Mitgliedstaaten Haushaltsvollzugsaufgaben. Die geteilte Mittelverwaltung kommt insbesondere bei den Maßnahmen der Titel I und II des Zweiten Teils zur Anwendung.

(2)   Unbeschadet zusätzlicher Bestimmungen in den maßgeblichen Sektorverordnungen und damit bei der geteilten Mittelverwaltung gewährleistet ist, dass die Mittel gemäß den geltenden Regeln und Grundsätzen verwendet werden, erlassen die Mitgliedstaaten alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um die finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu schützen. Zu diesem Zweck haben sie insbesondere

c)

rechtsgrundlos gezahlte oder nicht ordnungsgemäß verwendete Beträge oder wegen Unregelmäßigkeiten oder Fehlern entgangene Beträge einzuziehen;

Zu diesem Zweck führen die Mitgliedstaaten Kontrollen durch und richten ein effizientes und wirksames System der internen Kontrolle … ein. Erforderlichenfalls leiten sie angemessene rechtliche Schritte ein.

…“

9

Art. 53b der Verordnung Nr. 1605/2002 wurde durch Art. 212 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298, S. 1) zum 31. Dezember 2013 aufgehoben.

Entscheidung 2004/904

10

Art. 25 („Kontrollen und Finanzkorrekturen durch die Mitgliedstaaten“) der Entscheidung 2004/904 bestimmt:

„(1)   Unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften sind in erster Linie die Mitgliedstaaten für die Finanzkontrolle der Maßnahmen zuständig. Zu diesem Zweck treffen sie unter anderem folgende Vorkehrungen:

b)

Sie beugen Unregelmäßigkeiten vor, decken sie auf, beheben sie und unterrichten die Kommission vorschriftsgemäß hierüber sowie über den Stand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren.

(2)   Die Mitgliedstaaten nehmen die in Abhängigkeit von den festgestellten Unregelmäßigkeiten erforderlichen Finanzkorrekturen vor; dabei berücksichtigen sie, ob die Unregelmäßigkeiten Einzelfälle oder ein systematisches Vorgehen betreffen. Die Finanzkorrekturen bestehen in der Streichung oder Kürzung des Beitrags der Gemeinschaft zu den betreffenden Maßnahmen; wird der entsprechende Betrag nicht innerhalb der von dem Mitgliedstaat festgelegten Frist zurückgezahlt, so sind Verzugszinsen zu dem in Artikel 26 Absatz 4 festgesetzten Zinssatz zu entrichten.

…“

11

Art. 32 („Adressaten“) der Entscheidung lautet:

„Diese Entscheidung ist gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft an die Mitgliedstaaten gerichtet.“

Entscheidung 2006/399/EG

12

Mit ihrer Entscheidung 2006/399/EG vom 20. Januar 2006 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Entscheidung 2004/904/EG des Rates in Bezug auf die Förderfähigkeit von Ausgaben im Rahmen von Aktionen, die aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds kofinanziert und in den Mitgliedstaaten durchgeführt werden (ABl. L 162, S. 1), hat die Kommission festgelegt, unter welchen Voraussetzungen solche Ausgaben förderfähig sind.

13

Nach Regel Nr. 6 des Anhangs der Entscheidung müssen die Kosten tatsächlich angefallen sein, den vom Empfänger getätigten Zahlungen entsprechen, in der Buchführung oder den Steuerunterlagen des Empfängers erfasst sowie feststellbar und kontrollierbar sein. In der Regel sind die von den Empfängern getätigten Zahlungen durch quittierte Rechnungen zu belegen. Wo dies nicht möglich ist, sind die Zahlungen durch gleichwertige Buchungs- oder sonstige Unterlagen zu belegen.

Niederländisches Recht

14

Art. 4:49 Abs. 1 der Algemene wet bestuursrecht (Allgemeines Verwaltungsgesetz, im Folgenden: Awb) lautet:

„Die Verwaltungsbehörde kann die Festsetzung der Finanzhilfe unter folgenden Umständen aufheben oder zum Nachteil des Empfängers abändern:

a)

aufgrund von Tatsachen oder Umständen, die ihr zum Zeitpunkt der Festsetzung vernünftigerweise nicht bekannt sein konnten und aufgrund deren die Finanzhilfe niedriger festgesetzt worden wäre,

b)

wenn die Festsetzung der Finanzhilfe fehlerhaft war und der Empfänger dies wusste oder hätte wissen müssen oder

c)

wenn der Empfänger nach der Festsetzung der Finanzhilfe nicht die damit verbundenen Auflagen erfüllt hat.“

15

Art. 4:57 Awb lautet:

„Die Verwaltungsbehörde kann rechtsgrundlos geleistete Finanzhilfen zurückfordern.“

16

Der auf der Grundlage der Entscheidung 2006/399 erlassene Uitvoeringskader Europees Vluchtelingenfonds Nederland, Meerjarenprogramma 2005–2007 (Durchführungsrahmen Europäischer Flüchtlingsfonds Niederlande, Mehrjahresprogramm 2005–2007, im Folgenden: nationaler Durchführungsrahmen) sieht in seinem Abschnitt 2.1 vor, dass der Empfänger verpflichtet ist, Aufzeichnungen zu führen und das Projekt transparent und überprüfbar zu verwalten oder verwalten zu lassen.

17

In Abschnitt 2.2 („Mittelverwaltung“) des nationalen Durchführungsrahmens wird hinsichtlich der Regeln für förderfähige Kosten wegen der Einzelheiten auf die Entscheidung 2006/399 verwiesen.

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

18

SOMVAO ist eine Organisation, die sich um die somalische Gemeinschaft in Amsterdam und Umgebung kümmert. Am 18. August 2005 beantragte SOMVAO eine Finanzhilfe für das Flüchtlingshilfsprojekt „Tesfa Himilo II“ (im Folgenden: Projekt), das vom 1. Mai 2005 bis zum 30. Mai 2008 laufen sollte. Die Durchführung des Projekts geschah in Zusammenarbeit mit der Stiftung Dir, einer äthiopischen Organisation, die ihren Sitz ebenfalls in Amsterdam hat. Bei dem Projekt ging es um die Förderung von Integration und Teilhabe von Äthiopiern und Somaliern in der niederländischen Gesellschaft, wobei u. a. besondere Programme für die Teilhabe von jungen und älteren Menschen sowie Frauen am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben entwickelt und angeboten wurden.

19

Mit Bescheid vom 27. April 2006 gewährte der Staatssecretaris SOMVAO für den ersten Projektabschnitt eine Finanzhilfe aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds in Höhe von 199761 Euro (45 % der förderfähigen Kosten).

20

In dem Bescheid wurde wegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Finanzhilfe auf den nationalen Rahmen der Durchführung des Europäischen Flüchtlingsfonds in den Niederlanden verwiesen.

21

Aufgrund der eingereichten Endrechnungslegung wurde die Finanzhilfe mit Bescheid vom 27. Juli 2007 auf den genannten Betrag festgesetzt. Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge hat sich der Staatssecretaris dabei ausschließlich auf die mit dem Antrag auf eine Finanzhilfe für den ersten Projektabschnitt eingereichten Daten gestützt und die vollständige Projektverwaltung nicht geprüft.

22

Im Februar 2009 führte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Auftrag der Kommission eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verwendung der Finanzhilfe durch, bei der die von SOMVAO für das Projekt eingereichten Kostenrechnungen untersucht wurden. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme von SOMVAO stellte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft am 6. Oktober 2009 fest, dass eine einleuchtende und akzeptable Begründung für einen Großteil der von SOMVAO aufgeführten Kostenposten und Rechnungen, insbesondere der Personalkosten fehle, so dass die Finanzhilfe in Höhe von 188675,87 Euro rechtsgrundlos gewährt worden sei.

23

Aufgrund des endgültigen Prüfungsberichts änderte der Staatssecretaris mit Bescheid vom 12. November 2009 den Bescheid vom 27. Juli 2007 über die Festsetzung der Finanzhilfe, setzte diese auf 11085,13 Euro herab und forderte die zu viel gezahlte Finanzhilfe, d. h. 188675,87 Euro, zurück.

24

Nachdem der Staatssecretaris seinen Bescheid vom 12. November 2009 nach dem von SOMVAO am 31. Mai 2010 eingelegten Widerspruch aufrechterhalten hatte, erhob SOMVAO bei der Rechtbank Amsterdam Klage gegen den Bescheid. Die Rechtbank Amsterdam wies diese mit Urteil vom 22. September 2011 als unbegründet ab. Der Staatssecretaris könne aus dem innerstaatlichen Recht zwar keine Befugnis herleiten, um die Höhe der gewährten Finanzhilfe zum Nachteil von SOMVAO zu ändern, sei dazu aber aufgrund von Art. 25 Abs. 2 der Entscheidung 2004/904 verpflichtet.

25

SOMVAO legte bei der Afdeling Bestuursrechtspraak (Verwaltungsrechtsabteilung) des Raad van State Berufung gegen das Urteil ein.

26

Nach Auffassung des Raad van State stellt der vom Staatssecretaris festgestellte Verstoß gegen die Verpflichtung zu einer ordentlichen Projektverwaltung eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 dar. Wie die Rechtbank Amsterdam ist das vorlegende Gericht der Auffassung, dass die nicht transparente Projektverwaltung von SOMVAO keinen der in Art. 4:49 Abs. 1 Buchst. a bis c Awb genannten Fälle darstellt, bei denen die Verwaltungsbehörde die Festsetzung einer Finanzhilfe zum Nachteil des Empfängers aufheben oder abändern könne. Das Fehlen einer ordentlichen Projektverwaltung hätte dem Staatssecretaris nämlich bereits bei der Festsetzung der betreffenden Finanzhilfe bekannt sein können. Der Raad von State gelangt zu dem Ergebnis, dass es nach innerstaatlichem Recht keine Rechtsgrundlage für die Änderung und Rückforderung der gewährten Finanzhilfe gebe.

27

Das vorlegende Gericht fragt sich deshalb, ob es bei Unregelmäßigkeiten wie der im vorliegenden Fall festgestellten eine unionsrechtliche Rechtsgrundlage für die Kürzung einer bereits gewährten Finanzhilfe und die Einziehung der rechtsgrundlos erhaltenen Beträge gibt, insbesondere, ob Art. 4 der Verordnung Nr. 2988/95, Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 oder Art. 25 Abs. 2 der Entscheidung 2004/904 als Rechtsgrundlage für die Änderung einer aus dem Europäischen Flüchtlingshilfefonds gewährten Finanzhilfe und die Einziehung eines großen Teils einer solchen Finanzhilfe in Frage kommen.

28

Das vorlegende Gericht weist auf die Urteile Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening u. a. (C‑383/06 bis C‑385/06, EU:C:2008:165) und Chambre de commerce et d’industrie de l’Indre (C‑465/10, EU:C:2011:867) hin, die die Verordnung Nr. 4253/88 betreffen. Danach könne Rechtsgrundlage für die Kürzung und Rückforderung einer Finanzhilfe offenbar nur eine besondere Regelung sein, nicht hingegen eine Regelung, die nur allgemein auf den Schutz der finanziellen Interessen der Union abziele, was bedeuten würde, dass die Verordnungen Nrn. 2988/95 und 1605/2002 nicht als Rechtsgrundlage für die Änderung und Rückforderung der Finanzhilfe in Frage kämen.

29

Im Übrigen bezweifelt das vorlegende Gericht, dass Art. 25 Abs. 2 der Entscheidung 2004/904 eine Rechtsgrundlage für die Herabsetzung der gewährten Finanzhilfe darstellt. Diese Entscheidung, die ausschließlich an die Mitgliedstaaten gerichtet sei, könne einem Einzelnen von sich aus nämlich keine Verpflichtungen auferlegen.

30

Der Raad van State hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Bietet Art. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 oder Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 den nationalen Behörden eine Rechtsgrundlage, um eine bereits festgesetzte Finanzhilfe aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds zum Nachteil des Empfängers dieser Hilfe zu ändern und von ihm zurückzufordern?

2.

Bildet Art. 25 Abs. 2 der Entscheidung 2004/904 eine Rechtsgrundlage für die nationalen Behörden, um eine bereits festgesetzte Finanzhilfe aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds zum Nachteil des Empfängers dieser Hilfe zu ändern und von ihm zurückzufordern, ohne dass hierfür eine Ermächtigung nach nationalem Recht erforderlich ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

31

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 oder Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 dahin auszulegen sind, dass eine Entscheidung einer nationalen Behörde, mit der die Höhe einer aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds gewährten Finanzhilfe im Rahmen der geteilten Verwaltung durch die Kommission und die Mitgliedstaaten zum Nachteil des Empfängers geändert und die teilweise Einziehung der Finanzhilfe bei diesem angeordnet wird, bei Fehlen einer entsprechenden Rechtsgrundlage im innerstaatlichen Recht auf eine der beiden genannten Bestimmungen gestützt werden kann.

32

Mit der Verordnung Nr. 2988/95 wird nach ihrem Art. 1 Abs. 1 eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Unionsrecht eingeführt, um, wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung ergibt, in allen Bereichen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union zu bekämpfen (Urteile FranceAgriMer, C‑670/11, EU:C:2012:807, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Cruz & Companhia, C‑341/13, EU:C:2014:2230, Rn. 43).

33

Nach dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2988/95 muss ein allen Bereichen der Unionspolitik gemeinsamer rechtlicher Rahmen festgelegt werden, um die Bekämpfung des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union wirksam zu gestalten. Ferner sind nach dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2988/95 die Verhaltensweisen, die Unregelmäßigkeiten darstellen, sowie die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und die entsprechenden Sanktionen im Einklang mit dieser Verordnung in sektorbezogenen Regelungen vorgesehen. Im Bereich der Kontrollen und Sanktionen der auf dem Gebiet des Unionsrechts begangenen Unregelmäßigkeiten hat der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Verordnung Nr. 2988/95 eine Reihe von Grundsätzen aufgestellt und vorgeschrieben, dass diese Grundsätze in der Regel bei allen sektorbezogenen Verordnungen beachtet werden (Urteil FranceAgriMer, EU:C:2012:807, Rn. 42 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

34

Die Verordnung Nr. 2988/95 findet auf alle Sachverhalte Anwendung, bei denen es um eine „Unregelmäßigkeit“ im Sinne ihres Art. 1 geht, d. h. um einen Verstoß gegen eine Unionsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Union oder die von ihr verwalteten Haushalte bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Union erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe (Urteil FranceAgriMer, EU:C:2012:807, Rn. 44).

35

Art. 4 Abs. 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 2988/95 sieht vor, dass jede Unregelmäßigkeit in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils, insbesondere durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags, bewirken muss (Urteil FranceAgriMer, EU:C:2012:807, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass die Pflicht, einen durch eine illegale Praxis unrechtmäßig erlangten Vorteil zurückzugewähren, keine Sanktion ist, sondern lediglich die Folge der Feststellung, dass die Voraussetzungen für den Erhalt des unionsrechtlich vorgesehenen Vorteils nicht beachtet worden sind und der erlangte Vorteil somit rechtsgrundlos gewährt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile Pometon, C‑158/08, EU:C:2009:349, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Cruz & Companhia, EU:C:2014:2230, Rn. 45).

37

Die Verordnung Nr. 2988/95 stellt aber lediglich allgemeine Regeln für Kontrollen und Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union auf. Mithin hat die Rückforderung nicht richtig verwendeter Mittel auf der Grundlage anderer, gegebenenfalls sektorbezogener Bestimmungen zu erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil Chambre de commerce et d’industrie de l’Indre, EU:C:2011:867, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38

Demnach ist zu prüfen, ob eine Maßnahme wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, auf der Grundlage von Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 erlassen werden kann.

39

Art. 53b der Verordnung Nr. 1605/2002 wurde durch die Verordnung Nr. 1995/2006 in das Unionsrecht eingeführt. Er ist inzwischen aufgehoben, war zum im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt aber anwendbar.

40

Die Verordnung Nr. 1605/2002 wurde auf der Grundlage von Art. 279 EG (jetzt Art. 322 AEUV) erlassen, der zur Festlegung der Haushaltsordnung, in der insbesondere die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Union im Einzelnen geregelt werden, ermächtigte. Nach Art. 53 Buchst. a bis c der Verordnung führt die Kommission den Gesamthaushalt nach dem Prinzip der zentralen Mittelverwaltung, nach dem Prinzip der geteilten oder dezentralen Verwaltung oder nach dem Prinzip der gemeinsamen Verwaltung mit internationalen Organisationen aus.

41

Wie aus der Überschrift von Kapitel 2 des Titels IV der Verordnung Nr. 1605/2002 hervorgeht, regelt Art. 53b der Verordnung eine Art des Haushaltsvollzugs im Bereich der geteilten Verwaltung. Nach Art. 53b Abs. 1 der Verordnung überträgt die Kommission beim Haushaltsvollzug zusammen mit den Mitgliedstaaten im Wege der geteilten Mittelverwaltung (Art. 53 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung) die Haushaltsvollzugsaufgaben den Mitgliedstaaten.

42

Nach Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 erlassen die Mitgliedstaaten alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um die finanziellen Interessen der Union zu schützen, insbesondere indem sie rechtsgrundlos gezahlte oder nicht ordnungsgemäß verwendete Beträge oder wegen Unregelmäßigkeiten oder Fehlern entgangene Beträge einziehen.

43

Der Wortlaut dieser Bestimmung ist vergleichbar mit dem von Art. 23 Abs. 1 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 4253/88, bei der es sich im Gegensatz zur Verordnung Nr. 1605/2002 um eine sektorbezogene Verordnung handelt.

44

Zu Art. 23 Abs. 1 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 4253/88 hat der Gerichtshof bereits entscheiden, dass sie für die Mitgliedstaaten eine Verpflichtung begründet, infolge von Unregelmäßigkeiten oder Fahrlässigkeit verloren gegangene Beträge zurückzufordern, ohne dass es einer Ermächtigung durch nationales Recht bedarf. Die Ausübung eines Ermessens seitens des betroffenen Mitgliedstaats hinsichtlich der Frage, ob die Rückforderung zu Unrecht oder vorschriftswidrig gewährter Gemeinschaftsmittel zweckmäßig ist, wäre mit der genannten Verpflichtung zur Wiedereinziehung unvereinbar (vgl. Urteil Chambre de commerce et d’industrie de l’Indre, EU:C:2011:867, Rn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Auch Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 kann nach seinem eindeutigen und vorbehaltlosen Wortlaut nicht dahin ausgelegt werden, dass er den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Zweckmäßigkeit finanzieller Korrekturen im Hinblick auf die festgestellten Unregelmäßigkeiten einen Gestaltungsspielraum ließe.

46

Der Unionsgesetzgeber hat Art. 53b der Verordnung Nr. 1605/2002 erlassen, als Art. 4 der Verordnung Nr. 2988/95 und Art. 23 der Verordnung Nr. 4253/88 bereits in Kraft waren. Mithin wollte er in der allgemeinen Regelung eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten begründen, im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung Finanzkorrekturen vorzunehmen, insbesondere infolge von Unregelmäßigkeiten oder Fahrlässigkeit verloren gegangene Beträge zurückzufordern, und zwar nicht nur unabhängig von einer Ermächtigung durch nationales Recht, sondern auch unabhängig von Sektorverordnungen.

47

Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass Art. 53b Abs. 2 nach seinem ersten Satz „[u]nbeschadet zusätzlicher Bestimmungen in den maßgeblichen Sektorverordnungen“ Anwendung findet. Dem Ausdruck „unbeschadet“ lässt sich entnehmen, dass Art. 53b für sich bereits genügt. Ebenso lässt sich dem Adjektiv „zusätzlicher“, das sich auf die Sektorverordnungen bezieht, entnehmen, dass, wenn es solche Verordnungen gibt, sie Art. 53b der Verordnung Nr. 1605/2002 nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen.

48

Eine andere Auslegung von Art. 53b der Verordnung Nr. 1605/2002 nähme dieser ihre praktische Wirksamkeit und beeinträchtigte den Schutz der finanziellen Interessen der Union.

49

Folglich stellt der Einleitungssatz von Art. 53b Abs. 2 der Verordnung Nr. 1605/2002 eine Rechtsgrundlage für die Änderung einer Finanzhilfe zum Nachteil des Empfängers dar, sofern die Änderung dem Schutz der finanziellen Interessen der Union dient. Ebenso stellt Buchst. c dieser Bestimmung eine Rechtsgrundlage für den Erlass von Maßnahmen zur Einziehung rechtsgrundlos gezahlter oder nicht ordnungsgemäß verwendeter Beträge wegen Unregelmäßigkeiten oder Fehlern dar.

50

Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge in Einklang mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu erfolgen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening u. a., EU:C:2008:165, Rn. 53).

51

Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit muss eine Unionsregelung den Betroffenen ermöglichen, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (vgl. Urteil ROM-projecten, C‑158/06, EU:C:2007:370, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Was den Grundsatz des Vertrauensschutzes angeht, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass sich der Empfänger einer Finanzhilfe nicht auf einen solchen Schutz berufen kann, wenn er eine der Bedingungen, von denen die Finanzhilfe abhängig gemacht wurde, nicht durchgeführt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening u. a., EU:C:2008:165, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53

Wie aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen hervorgeht, war der Bewilligungsbescheid vom 27. April 2006 im Ausgangsverfahren von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass SOMVAO die Vorschriften der Entscheidung 2006/399 beachtet, insbesondere seiner Verpflichtung nachkommt, Aufzeichnungen zu führen und das Projekt transparent und überprüfbar zu verwalten.

54

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der genannten Unterlagen zu beurteilen, ob bei den Rückforderungen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, wie sie im Unionsrecht verstanden werden, beachtet worden sind, wobei sowohl das Verhalten des Empfängers der Gelder als auch das Verhalten der nationalen Verwaltung zu berücksichtigen sind.

55

Somit ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1605/2002 dahin auszulegen ist, dass eine Entscheidung einer nationalen Behörde, mit der die Höhe einer aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds gewährten Finanzhilfe im Rahmen der geteilten Verwaltung durch die Kommission und die Mitgliedstaaten zum Nachteil des Empfängers geändert und die teilweise Einziehung der Finanzhilfe bei diesem angeordnet wird, bei Fehlen einer entsprechenden Rechtsgrundlage im innerstaatlichen Recht auf die genannte Bestimmung gestützt werden kann. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob bei der Rückforderung die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, wie sie im Unionsrecht verstanden werden, beachtet worden sind, wobei sowohl das Verhalten des Empfängers der Finanzhilfe als auch das Verhalten der nationalen Verwaltung zu berücksichtigen sind.

Zur zweiten Frage

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In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die zweite nicht zu beantworten.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 53b Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Entscheidung einer nationalen Behörde, mit der die Höhe einer aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds gewährten Finanzhilfe im Rahmen der geteilten Verwaltung durch die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zum Nachteil des Empfängers geändert und die teilweise Einziehung der Finanzhilfe bei diesem angeordnet wird, bei Fehlen einer entsprechenden Rechtsgrundlage im innerstaatlichen Recht auf die genannte Bestimmung gestützt werden kann. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob bei der Rückforderung die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, wie sie im Unionsrecht verstanden werden, beachtet worden sind, wobei sowohl das Verhalten des Empfängers der Finanzhilfe als auch das Verhalten der nationalen Verwaltung zu berücksichtigen sind.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.

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