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Document 62013CJ0330

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 12. Juni 2014.
    Lukoyl Neftohim Burgas AD gegen Nachalnik na Mitnicheski punkt Pristanishte Burgas Tsentar pri Mitnitsa Burgas.
    Vorabentscheidungsersuchen des Administrativen sad Burgas.
    Vorabentscheidungsersuchen – Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Tarifierung der Waren – Ware, die als ‚Schweröl, Schmieröl oder anderes Öl - zur Bearbeitung in begünstigten Verfahren‘ beschrieben wird – Positionen 2707 und 2710 – Aromatische und nicht aromatische Bestandteile – Verhältnis zwischen der Kombinierten Nomenklatur und dem Harmonisierten System.
    Rechtssache C‑330/13.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:1757

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    12. Juni 2014 ( *1 )

    „Vorabentscheidungsersuchen — Gemeinsamer Zolltarif — Kombinierte Nomenklatur — Tarifierung der Waren — Ware, die als ‚Schweröl, Schmieröl oder anderes Öl — zur Bearbeitung in begünstigten Verfahren‘ beschrieben wird — Positionen 2707 und 2710 — Aromatische und nicht aromatische Bestandteile — Verhältnis zwischen der Kombinierten Nomenklatur und dem Harmonisierten System“

    In der Rechtssache C‑330/13

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Аdministrativen sad Burgas (Bulgarien) mit Entscheidung vom 28. Mai 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 2013, in dem Verfahren

    Lukoyl Neftohim Burgas AD

    gegen

    Nachalnik na Mitnicheski punkt Pristanishte Burgas Tsentar pri Mitnitsa Burgas

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet sowie der Richter S. Rodin und F. Biltgen (Berichterstatter),

    Generalanwalt: N. Wahl,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Lukoyl Neftohim Burgas AD, vertreten durch S. Andronov, Rechtsbeistand,

    der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova und J. Atanasov als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Mihaylova und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Positionen 2707 und 2710 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) im Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 (ABl. L 282, S. 1) geänderten Fassung.

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lukoyl Neftohim Burgas AD (im Folgenden: Lukoyl) und dem Nachalnik na Mitnicheski punkt Pristanishte Burgas Tsentar pri Mitnitsa Burgas (Leiter der Zollstelle „Hafen Burgas Zentrum“, im Folgenden: Nachalnik) über die Tarifierung einer Ware, die als „Schweröl, Schmieröl oder anderes Öl – zur Bearbeitung in begünstigten Verfahren“ beschrieben wird.

    Rechtlicher Rahmen

    Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren

    3

    Das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) sowie das dazugehörige Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 wurden im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) angenommen.

    4

    Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens (jetzt Weltzollorganisation – WZO), der durch das am 15. Dezember 1950 in Brüssel unterzeichnete Abkommen über seine Gründung errichtet worden war, genehmigt nach Maßgabe des Art. 8 des in der vorherigen Randnummer genannten HS‑Übereinkommens die vom HS‑Ausschuss ausgearbeiteten Erläuterungen und Einreihungsavise.

    5

    In den HS-Erläuterungen zu Kapitel 27 (Allgemeines) heißt es:

    „…

    Der Ausdruck ‚aromatische Bestandteile‘, wie er in der Anmerkung 2 zu diesem Kapitel und im Wortlaut der Position 2707 verwendet wird, bezieht sich auf vollständige Moleküle, die einen aromatischen Bestandteil enthalten – ohne Rücksicht auf die Anzahl und die Länge der Seitenketten –, und nicht nur auf die aromatischen Bestandteile dieser Moleküle.

    …“

    6

    Anmerkung 2 zu Kapitel 27 des HS lautet folgendermaßen:

    „Unter der Bezeichnung ‚Erdöl und Öl aus bituminösen Mineralien‘ in der Position 2710 sind neben Erdöl und Öl aus bituminösen Mineralien auch ähnliche Öle sowie vorwiegend aus Mischungen ungesättigter Kohlenwasserstoffe bestehende Öle ohne Rücksicht auf das Herstellungsverfahren zu verstehen, in denen die nicht aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den aromatischen Bestandteilen überwiegen.

    …“

    7

    In den HS-Erläuterungen zu Position 2707 heißt es:

    „Zu dieser Position gehören:

    2)

    Den vorstehend genannten Waren ähnliche Öle und andere Erzeugnisse, in denen die aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den nichtaromatischen überwiegen und die durch die Destillation von Steinkohlenschwelteer oder anderen Mineralteeren, durch Cyclisierung von Erdöl, beim Waschen von Leuchtgas oder in irgend einem anderen Verfahren gewonnen werden.

    …“

    8

    Die HS-Erläuterungen zu Position 2710 legen in Titel I Buchst. B näher fest:

    „…

    Hierzu gehören:

    B)

    Den vorstehend genannten Waren ähnliche Öle, in denen die nichtaromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den aromatischen überwiegen. Sie können aus der Schwelung von Steinkohlen, aus der Hydrierung oder irgend einem anderen Verfahren (Crackverfahren, Reformingverfahren usw.) stammen.

    Hierher gehören auch Alkylengemische, z. B. Tripropylen, Tetrapropylen, Diisobutylen, Triisobutylen usw. Dies sind Gemische aus ungesättigten acyclischen Kohlenwasserstoffen (z. B. Octylen, Nonylen, ihrer Homologen und Isomere) und gesättigten acyclischen Kohlenwasserstoffen.

    Sie werden durch Polymerisation (mit sehr niedrigem Polymerisationsgrad) von Propylen, Isobutylen oder anderen Olefinen oder durch Trennung (z. B. durch fraktionierte Destillation) bestimmter Crackprodukte gewonnen.

    Ebenfalls ausgenommen von dieser Position sind Öle, in denen die aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den nichtaromatischen überwiegen, gleichgültig, ob sie durch Cyclisierung von Erdöl oder auf irgend eine andere Weise gewonnen worden sind (Pos. 2707).“

    Die KN

    9

    Die Tarifierung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden, richtet sich nach der KN, die auf dem HS aufbaut. Die zu dem für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeitpunkt geltende Fassung der KN ergibt sich aus der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 1006/2011 geänderten Fassung.

    10

    Teil I der KN enthält eine Reihe einführender Vorschriften. In Teil I Titel I der KN, der die Allgemeinen Vorschriften enthält, sieht Buchst. A allgemeine Vorschriften für die Auslegung dieser Nomenklatur vor, nach denen die Waren in die KN einzureihen sind. Danach ist u. a. für die Einreihung der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend, während die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind.

    11

    Kapitel 27 in Teil II („Zolltarif“) der KN betrifft „Mineralische Brennstoffe, Mineralöle und Erzeugnisse ihrer Destillation; bituminöse Stoffe; Mineralwachse“.

    12

    Die unter dieses Kapitel fallende KN-Position 2707 umfasst:

    „2707

    Öle und andere Erzeugnisse der Destillation des Hochtemperatur-Steinkohlenteers; ähnliche Erzeugnisse, in denen die aromatischen Bestandteile in Bezug auf das Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen“.

    13

    Die KN-Position 2710 umfasst:

    „2710

    Erdöl und Öl aus bituminösen Mineralien, ausgenommen rohe Öle; Zubereitungen mit einem Gehalt an Erdöl oder Öl aus bituminösen Mineralien von 70 GHT oder mehr, in denen diese Öle der Grundbestandteil sind, anderweit weder genannt noch inbegriffen; Ölabfälle“.

    14

    Die Erläuterungen zur KN sehen in ihrer auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (ABl. 2011, C 137, S. 1) hinsichtlich der Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN („andere“) vor:

    „Hierher gehören z. B. Erzeugnisse aus Gemischen von Kohlenwasserstoffen.

    Von diesen Erzeugnissen sind z. B. zu nennen:

    1.

    Schweröle (ausgenommen rohe Öle) der Destillation von Hochtemperatur-Steinkohlenteer sowie diesen Ölen ähnliche Erzeugnisse, sofern:

    a)

    bei ihrer Destillation nach ASTM D 86‑67 (Reapproved 1972) weniger als 65 RHT bis 250 °C übergehen und

    b)

    die Dichte bei 15 °C größer als 1,000 g/cm3 und

    c)

    die Nadelpenetration (ASTM D 5) bei 25 °C 400 oder mehr beträgt und

    d)

    sie andere Merkmale als die Erzeugnisse der Position 2715 00 00 aufweisen.

    Erzeugnisse, die eine der Bedingungen der vorstehenden Buchstaben a bis d nicht erfüllen, sind entsprechend ihrer Beschaffenheitsmerkmale einzureihen, z. B. in die Unterpositionen 2707 10 10 bis 2707 30 90, 2707 50 10, 2707 50 90, die Position 2708, die Unterpositionen 2710 19 31 bis 2710 19 99, 2713 20 00 oder die Position 2715 00 00;

    …“

    15

    In den KN-Erläuterungen zu Position 2707 heißt es:

    „Wegen der Bestimmung der aromatischen Bestandteile siehe die Erläuterungen zu Anmerkung 2 zu Kapitel 27.“

    16

    Die Anmerkung 2 unter „Allgemeines“ der KN-Erläuterungen zu Kapitel 27 lautet folgendermaßen:

    „Für die Bestimmung des Gehalts an aromatischen Bestandteilen sind folgende Methoden anzuwenden:

    Erzeugnisse, deren Destillationsendpunkt nicht über 315 °C liegt: ASTM D 1319-70;

    Erzeugnisse, deren Destillationsendpunkt über 315 °C liegt: siehe Anhang A der Erläuterungen zu Kapitel 27.“

    17

    Anhang A der KN-Erläuterungen zu Kapitel 27 („Methode zur Bestimmung des Gehalts an aromatischen Bestandteilen in Erzeugnissen, deren Destillationsendpunkt über 315 °C liegt“) hat folgenden Wortlaut:

    „Verfahrensprinzip

    Die zuvor in normal-Pentan gelöste Probe wird auf eine besondere, mit Kieselgel gefüllte chromatografische Säule aufgegeben. Die nicht aromatischen Kohlenwasserstoffe werden mit normal-Pentan eluiert, nacheinander aufgefangen und nach Verdampfung des Lösemittels durch Wiegen quantitativ bestimmt.

    Verfahren

    Der Anteil an nicht aromatischen Kohlenwasserstoffen in GHT (A) ergibt sich aus der Formel

    Image

    wobei G1 das Gewicht der eingesetzten Probe darstellt.

    Die Differenz zu 100 ergibt den Anteil an aromatischen Bestandteilen, die bei der Chromatografie vom Kieselgel absorbiert werden.

    …“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    18

    Mit vereinfachter Zollanmeldung vom 2. Mai 2012 meldete Lukoyl eine Ware zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr und für den Endverbrauch an, die als „Schweröle, Schmieröle; andere Öle – zur Bearbeitung in begünstigten Verfahren“ beschrieben wurde. Die Ware wurde unter der Tarifposition 2710 19 71 der KN angemeldet.

    19

    Die Zollanmeldung weist einen Preis von 24269509 US-Dollar (USD) aus. Am 10. Mai 2012 zahlte Lukoyl 7250758,54 Leva (BGN) Mehrwertsteuer, wobei ihrer Ansicht nach weder Zölle noch Verbrauchsteuern zu entrichten waren.

    20

    Daraufhin führten die zuständigen Zollbehörden eine Prüfung der Begleitunterlagen und der Anmeldung für die in Rede stehende Ware durch. Sie stellten fest, dass eine Tarifierung dieser Ware anhand der vorliegenden Zertifikate und Unterlagen nicht möglich war, und entnahmen daher Proben, um den anwendbaren KN-Code zu bestimmen.

    21

    Die Proben wurden durch das Zolllabor in Ruse (Bulgarien) untersucht, das in seinem Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei der untersuchten Ware um Heizöl, genauer gesagt um ein direkt destilliertes Erdöl, handelt, das ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen enthält, in dem die aromatischen Bestandteile in Bezug auf das Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen. Dieses Öl besteht nicht aus Benzol, Toluol, Xylol, Naphtalin, anderen Mischungen aromatischer Kohlenwasserstoffe, Kreosotölen oder rohen Ölen und auch nicht aus schwefelhaltigen Kopfprodukten, basischen Erzeugnissen, Anthracen oder Phenolen. Die Untersuchung erfolgte nach dem in Anhang A der KN-Erläuterungen zu Kapitel 27 genannten Methode (im Folgenden: Anhang-A-Methode).

    22

    Mit Schreiben vom 28. September 2012 teilte der stellvertretende Leiter des Zollamts Sofia (Bulgarien) dem Nachalnik mit, dass die in Rede stehende Ware aufgrund des Ergebnisses des Zolllabors in Ruse und der Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der KN sowie des Wortlauts der KN-Position 2707 und der Erläuterungen zum HS zu dieser Position in die Unterposition 2707 99 99 der KN eingereiht werden müsse.

    23

    Daher erließ der Nachalnik am 26. Oktober 2012 eine Entscheidung, nach der Lukoyl die Tarifposition durch Einreihung der in Rede stehenden Ware in die KN-Position 2707 99 99, die einen Zoll von 1,7 % vorsieht, berichtigen und an den Staat Zoll in Höhe von 616314,48 BGN zuzüglich 123262,90 BGN Mehrwertsteuer zahlen musste.

    24

    Gegen diese Entscheidung legte Lukoyl Beschwerde beim Administrativen sad Burgas ein.

    25

    Dieses Gericht holte ein chemisches Gerichtsgutachten ein, dessen Schlussfolgerungen im Wesentlichen das Ergebnis des Gutachtens des Zolllabors in Ruse bestätigten. Der Gutachter vertrat jedoch die Ansicht, dass die vom Zolllabor in Ruse angewandte Anhang-A-Methode nicht geeignet sei, um das Verhältnis des Gewichts der aromatischen Bestandteile zum Gewicht der nicht aromatischen Bestandteile in Erzeugnissen wie denen des Ausgangsverfahrens zu bestimmen.

    26

    Unter diesen Umständen hat der Administrativen sad Burgas beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Steht die in Anhang A der Erläuterungen zu Kapitel 27 der KN genannte Methode zur Bestimmung des Gehalts an aromatischen Bestandteilen in Erzeugnissen nach Kapitel 27 der KN in Widerspruch zu der Definition von aromatischen Bestandteilen, die in den Allgemeinen Vorschriften zu Kapitel 27 des HS enthalten ist? Falls ein solcher Widerspruch besteht: Wie sind diese Bestandteile zu bestimmen, und ist die Methode ASTM B 2007 dafür geeignet und zulässig?

    2.

    Welche Bedeutung hat der in den Erläuterungen zu Kapitel 27 der KN und in den Erläuterungen zu Kapitel 27 des HS sowie in der Anmerkung 2 zu Kapitel 27 des HS verwendete Begriff „nicht aromatische Bestandteile“? Deckt sich diese Bedeutung mit der Bedeutung des Begriffs „nicht aromatische Kohlenwasserstoffe“, oder ist sie weiter? Sollte sie weiter als die Bedeutung des letztgenannten Begriffs sein: Umfasst sie alle Bestandteile, die in Bezug auf das Gewicht vom Begriff „aromatische Bestandteile“ nicht gedeckt sind, oder handelt es sich um Bestandteile eines Erzeugnisses wie des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens, die in Bezug auf das Gewicht unter keine der beiden Kategorien – „aromatische Bestandteile“ und „nicht aromatische Bestandteile“ – fallen?

    3.

    Ist ein und dieselbe Methode zur Bestimmung sowohl der aromatischen als auch der nicht aromatischen Bestandteile im Sinne von Kapitel 27 der KN und Kapitel 27 des HS zulässig, und falls ja, welches ist diese Methode? Falls dies nicht zulässig ist: Welche Methode ist jeweils zur Bestimmung der aromatischen Bestandteile und welche zur Bestimmung der nicht aromatischen Bestandteile anzuwenden?

    4.

    Welche der beiden Positionen 2707 und 2710 des Kapitels 27 der KN bezeichnet ein Erzeugnis mit Beschaffenheitsmerkmalen wie denen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens am genauesten?

    5.

    Für den Fall, dass beide Positionen ein Erzeugnis mit Beschaffenheitsmerkmalen wie denen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens gleichermaßen genau bezeichnen: Ist das Überwiegen der aromatischen Bestandteile im Gewicht das Merkmal, das ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht?

    6.

    Welche der beiden Positionen 2707 und 2710 bezieht sich auf Erzeugnisse mit Eigenschaften, die den Beschaffenheitsmerkmalen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens am ähnlichsten sind?

    7.

    Liegt ein Widerspruch zwischen einem Teil der Erläuterungen zur KN zu den Positionen 2707 99 91 und 2707 99 99 und der Anmerkung 2 zu Kapitel 27 des HS vor oder ist letztere Anmerkung nicht erschöpfend, sondern hat nur exemplarischen Charakter?

    Nach den Erläuterungen zur KN zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 sind „Schweröle (ausgenommen rohe Öle) der Destillation von Hochtemperatur-Steinkohlenteer“ – wenn sie die vier kumulativen Voraussetzungen, die in den Erläuterungen zur KN zu diesen Unterpositionen genannt sind, nicht erfüllen – entsprechend ihren Beschaffenheitsmerkmalen unter die Unterpositionen „2710 19 31 bis 2710 19 99“ einzureihen.

    Gemäß Anmerkung 2 zu Kapitel 27 des HS sind unter der Bezeichnung „Erdöle und Öle aus bituminösen Mineralien“ in der Position 2710 auch ähnliche Öle sowie vorwiegend aus Mischungen ungesättigter Kohlenwasserstoffe bestehende Öle ohne Rücksicht auf das Herstellungsverfahren zu verstehen, in denen die nicht aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den aromatischen Bestandteilen überwiegen.

    8.

    Besteht ein Widerspruch zwischen den Erläuterungen zur KN zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 und den Erläuterungen zu Position 2710 des HS, Teil I Buchst. B, auf die die Erläuterungen zu Kapitel 27 der KN verweisen?

    9.

    Welches ist der authentische Text, und welche authentische Bedeutung hat Satz 2 der Erläuterungen zur KN zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99, der in Bulgarisch „Между тези продукти могат да се упоменат“ [wörtlich übersetzt: „Von diesen Erzeugnissen können genannt werden“, in der deutschen Fassung: „Von diesen Erzeugnissen sind … zu nennen“] und in Englisch „These products are“ lautet?

    10.

    Wie ist ein Erzeugnis mit Beschaffenheitsmerkmalen wie denen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens für den Fall einzureihen, dass in diesem Erzeugnis die aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen, das Erzeugnis jedoch nicht alle vier kumulativen Voraussetzungen von Nr. 1 der Erläuterungen zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN erfüllt?

    Zu den Vorlagefragen

    27

    Vorab ist festzustellen, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der zolltariflichen Einreihung Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es die betreffenden Waren richtig in die KN einreihen kann, nicht aber, diese Einreihung selbst vorzunehmen, zumal er nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt. Somit ist das nationale Gericht hierzu jedenfalls offensichtlich besser in der Lage (Urteile Lohmann und Medi Bayreuth, C‑260/00 bis C‑263/00, EU:C:2002:637, Rn. 26, Lecson Elektromobile, C‑12/10, EU:C:2010:823, Rn. 15, sowie Digitalnet u. a., C‑320/11, C‑330/11, C‑382/11 und C‑383/11, EU:C:2012:745, Rn. 61).

    28

    Es ist daher Sache des nationalen Gerichts, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse anhand der Antworten einzureihen, die der Gerichtshof auf die ihm vorgelegten Fragen gibt.

    29

    Außerdem ist es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren (Urteile Krüger, C‑334/95, EU:C:1997:378, Rn. 22 und 23, sowie Byankov, C‑249/11, EU:C:2012:608, Rn. 57).

    30

    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass das nationale Gericht mit seinen zehn Fragen in Wirklichkeit wissen möchte, wie die Positionen 2707 und 2710 der KN zwecks Tarifierung eines Erzeugnisses mit den Merkmalen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens, das als „Schweröl, Schmieröl oder anderes Öl – zur Bearbeitung in begünstigten Verfahren“ beschrieben wird, auszulegen sind.

    31

    Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, sind diese Fragen in der Weise umzuformulieren und umzugruppieren, dass die zweite Frage nach der vierten bis sechsten Frage geprüft wird und danach die erste und die dritte Frage, gefolgt von der siebten bis zehnten Frage, behandelt werden.

    Zur vierten bis sechsten Frage

    32

    Mit seiner vierten bis sechsten Frage, die zusammen zu prüfen sind, fragt das vorlegende Gericht, nach welchem Kriterium ein Erzeugnis mit den Merkmalen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens in die Position 2707 oder in die Position 2710 der KN einzureihen ist.

    33

    In Hinblick auf die Beantwortung dieser Frage ist zum einen anzumerken, dass nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN für die Einreihung der Waren der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend ist, während die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind.

    34

    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit und der leichteren Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Einreihung von Waren grundsätzlich in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Tarifposition der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (siehe u. a. Urteile Peacock, C‑339/98, EU:C:2000:573, Rn. 9, Intermodal Transports, C‑495/03, EU:C:2005:552, Rn. 47, Kamino International Logistics, C‑376/07, EU:C:2009:105, Rn. 31, sowie British Sky Broadcasting Group und Pace, C‑288/09 und C‑289/09, EU:C:2011:248, Rn. 60).

    35

    Hinsichtlich der Erläuterungen zum HS ist hinzuzufügen, dass sie, auch wenn sie nicht verbindlich sind, wichtige Hilfsmittel darstellen, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und als solche wertvolle Quellen für die Auslegung des Tarifs sind (Urteile Kloosterboer Services, C‑173/08, EU:C:2009:382, Rn. 25, und Agroferm, C‑568/11, EU:C:2013:407, Rn. 28). Gleiches gilt für die Erläuterungen zur KN (vgl. Urteile Develop Dr. Eisbein, C‑35/93, EU:C:1994:252, Rn. 21, und British Sky Broadcasting Group und Pace, EU:C:2011:248, Rn. 92).

    36

    Aus dem Wortlaut der Position 2707 der KN ergibt sich, dass diese Position „Öle und andere Erzeugnisse …; ähnliche Erzeugnisse, in denen die aromatischen Bestandteile in Bezug auf das Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen“ umfasst.

    37

    Außerdem stellt die Anmerkung 2 zu Kapitel 27 der KN mit identischem Wortlaut wie die HS-Erläuterungen zu Position 2710 klar, dass unter der Bezeichnung „Erdöl und Öl aus bituminösen Mineralien“ in der Position 2710 auch „vorwiegend aus Mischungen ungesättigter Kohlenwasserstoffe bestehende Öle zu verstehen sind, in denen die nicht aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den aromatischen Bestandteilen überwiegen“. In diesen Anmerkungen wird außerdem darauf hingewiesen, dass „Öle, in denen die aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen“ nicht von der Position 2710 erfasst sind.

    38

    Daher ergibt sich, wie die bulgarische Regierung und die Europäische Kommission zu Recht anmerken, aus den Positionen 2707 und 2710 der KN, ausgelegt im Licht der Anmerkung 2 zu Kapitel 27 der KN und der HS-Erläuterungen zu Position 2710, dass das entscheidende Kriterium für die Einreihung eines Erzeugnisses in die Position 2707 der KN das Überwiegen der aromatischen Bestandteile im Gewicht ist. Umgekehrt ist das entscheidende Kriterium für Erzeugnisse, die unter die Position 2710 der KN fallen, das Überwiegen von nicht aromatischen Bestandteilen im Gewicht.

    39

    Daher ist auf die vierte bis sechste Frage zu antworten, dass als Kriterium für die Einreihung eines Erzeugnisses mit Merkmalen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens in die Position 2707 oder in die Position 2710 der KN der gewichtsmäßige Gehalt an aromatischen Bestandteilen im Verhältnis zu dem von nicht aromatischen Bestandteilen heranzuziehen ist.

    Zur zweiten Frage

    40

    Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der in Kapitel 27 der KN sowie in den diesbezüglichen Erläuterungen zur KN und zum HS verwendete Ausdruck „aromatische Bestandteile“ die gleiche Bedeutung hat wie der Ausdruck „aromatische Kohlenwasserstoffe“.

    41

    Auch wenn die KN den Ausdruck „aromatische Bestandteile“ nicht definiert, lässt sich die Antwort auf diese Frage eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschriften des Kapitels 27 der KN und der diesbezüglichen Erläuterungen zur KN und zum HS ableiten.

    42

    Nach dem Wortlaut der Position 2707 der KN umfasst diese Position die Erzeugnisse, „in denen die aromatischen Bestandteile in Bezug auf das Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen“. Aus dem Wortlaut der Unterpositionen 2707 10 bis 2707 99 der KN geht hervor, dass zu diesen Erzeugnissen u. a. Benzol, Toluol, Xylol, Naphtalin, andere Mischungen von aromatischen Kohlenwasserstoffen, Kreosotöle oder auch rohe Öle gehören.

    43

    Wie sich im Übrigen aus dem in den verschiedenen Sprachfassungen der Überschrift der Unterposition 2707 50 der KN verwendeten Ausdruck, insbesondere dem in der bulgarischen („Drugi smesi na aromatni vuglevodorodi“), dem in der spanischen („Las demás mezclas de hidrocarburos aromáticos“), dem in der deutschen („andere Mischungen aromatischer Kohlenwasserstoffe“), dem in der englischen („Other aromatic hydrocarbon mixtures“), dem in der französischen („autres mélanges d’hydrocarbures aromatiques“) und dem in der italienischen Fassung („altre miscele d’idrocarburi aromatici“), ergibt, trifft die KN, wie die bulgarische Regierung zutreffend bemerkt, eine Unterscheidung zwischen den Ausdrücken „aromatische Bestandteile“ und „aromatische Kohlenwasserstoffe“.

    44

    Dieselbe Unterscheidung findet sich in den Erläuterungen der KN zu den Unterpositionen 2707 99 11 und 2707 99 19 der KN, denen zufolge zu diesen Unterpositionen „ähnliche Erzeugnisse, in denen die aromatischen Bestandteile in Bezug auf das Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen“, gehören und die klarstellen, dass diese Erzeugnisse einen „geringeren Anteil mehrkerniger aromatischer Kohlenwasserstoffe“ enthalten können. Ebenso heißt es in den KN-Erläuterungen zu der KN-Position 2707 99 30, dass „[a]ls schwefelhaltige Kopfprodukte im Sinne dieser Unterposition … nur … Erzeugnisse [gelten], die schwefelhaltige Verbindungen … sowie Kohlenwasserstoffe mit überwiegendem Anteil an Nichtaromaten enthalten“.

    45

    Diese Unterscheidung taucht auch in den HS-Erläuterungen zur Position 2707 auf, wonach unter diese Position „Öle und andere Erzeugnisse [fallen, die] hauptsächlich aus Mischungen von aromatischen Kohlenwasserstoffen und anderen aromatischen Verbindungen [bestehen]“.

    46

    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass diese Bestimmungen ihrem Wortlaut nach klar zwischen den Ausdrücken „aromatische Bestandteile“ und „aromatische Kohlenwasserstoffe“ unterscheiden und somit der Ausdruck „aromatische Bestandteile“ dahin auszulegen ist, dass er weiter ist als der Ausdruck „aromatische Kohlenwasserstoffe“.

    47

    Diese Auslegung wird durch den Wortlaut der HS-Erläuterungen zu Kapitel 27 (Allgemeines) untermauert, wonach sich „der Ausdruck ‚aromatische Bestandteile‘, wie er in der Anmerkung 2 zu diesem Kapitel und im Wortlaut der Position 2707 verwendet wird, … auf vollständige Moleküle, die einen aromatischen Bestandteil enthalten – ohne Rücksicht auf die Anzahl und die Länge der Seitenketten – und nicht nur auf die aromatischen Bestandteile dieser Moleküle [bezieht]“.

    48

    Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass der Ausdruck „aromatische Bestandteile“ in Kapitel 27 der KN dahin auszulegen ist, dass er weiter ist als der Ausdruck „aromatische Kohlenwasserstoffe“.

    Zur ersten und zur dritten Frage

    49

    Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, wie der Gehalt an aromatischen Bestandteilen in einem bestimmten Erzeugnis im Hinblick auf seine Einreihung in die Position 2707 oder in die Position 2710 der KN zu bestimmen ist.

    50

    Anmerkung 2 sieht unter „Allgemeines“ der KN-Erläuterungen zu Kapitel 27 vor, dass die Anhang-A-Methode auf Erzeugnisse anzuwenden ist, deren Destillationsendpunkt über 315 °C liegt.

    51

    Die Erläuterungen der KN sind jedoch, worauf in Rn. 35 des vorliegenden Urteils hingewiesen wurde, nicht rechtsverbindlich (vgl. Urteile Develop Dr. Eisbein, EU:C:1994:252, Rn. 21, und British Sky Broadcasting Group und Pace, EU:C:2011:248, Rn. 92). Daher ist die Anhang-A-Methode, wie die Kommission anmerkt, nicht die einzige, um den Gehalt an aromatischen Bestandteilen in einem bestimmten Erzeugnis zu bestimmen.

    52

    Außerdem sind die Erläuterungen zur KN nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht zu berücksichtigen, wenn sich herausstellt, dass sie dem Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteile Sunshine Deutschland Handelsgesellschaft, C‑229/06, EU:C:2007:239, Rn. 31, JVC France, C‑312/07, EU:C:2008:324, Rn. 34, und Kamino International Logistics, EU:C:2009:105, Rn. 49 und 50).

    53

    Daher müssen die Zollbehörden eines Mitgliedstaats oder ein Wirtschaftsteilnehmer, wenn sie es mit einem Fall zu tun haben, in dem die Anwendung der KN-Erläuterungen zu einem mit der KN unvereinbaren Ergebnis führt, die Möglichkeit haben, bei der zuständigen Stelle dagegen vorzugehen.

    54

    Folglich können, wie die Kommission anmerkt, die Zollbehörden eines Mitgliedstaats oder ein Wirtschaftsteilnehmer, wenn nach ihrer Auffassung die Anhang-A-Methode nicht zu einem Ergebnis führt, das mit der KN vereinbar ist, bei der zuständigen Behörde dagegen vorgehen.

    55

    Dann wird es Sache des angerufenen Gerichts sein, zu entscheiden, welche Methode sich am ehesten eignet, um den Gehalt an aromatischen Bestandteilen in dem fraglichen Erzeugnis zu bestimmen.

    56

    Daher ist auf die erste und die dritte Frage zu antworten, dass es grundsätzlich Sache der nationalen Gerichte ist, festzustellen, welche Methode sich am ehesten eignet, um den Gehalt an aromatischen Bestandteilen in einem bestimmten Erzeugnis im Hinblick auf seine Einreihung in die Position 2707 oder in die Position 2710 der KN zu bestimmen.

    Zur siebten bis zehnten Frage

    57

    Mit seiner siebten bis zehnten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, wie Nr. 1 der KN-Erläuterungen zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN auszulegen ist.

    58

    Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass es in der englischen Sprachfassung von Abs. 2 der KN-Erläuterungen zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN entgegen den Ausführungen des vorlegenden Gerichts „these products include“ und nicht „these products are“ heißt.

    59

    Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl deren Wortlaut und deren Ziel als auch deren Kontext sowie der Kontext der Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. u. a. Urteile TNT Express Nederland, C‑533/08, EU:C:2010:243, Rn. 44, sowie Urteil Brain Products, C‑219/11, EU:C:2012:742, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    60

    Im Übrigen verbietet es die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung der Unionsverordnungen jedoch, im Fall von Zweifeln eine Bestimmung für sich allein zu betrachten, sondern zwingt vielmehr dazu, sie unter Berücksichtigung ihrer Fassungen in den anderen Amtssprachen auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Eschig, C‑199/08, EU:C:2009:538, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    61

    Im vorliegenden Fall ergibt der Vergleich zwischen den Sprachfassungen von Abs. 2 der KN-Erläuterungen zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN, dass diese Bestimmung sowohl in der bulgarischen („mezdu tezi produkti mogat da se upomenat“) und englischen Fassung („these products include“) als auch in der spanischen („Entre esos productos se pueden citar“), der deutschen („Von diesen Erzeugnissen sind z. B. zu nennen“), der französischen („Parmi ces produits, on peut citer“) und der italienischen Fassung („Fra questi prodotti si possono citare“) denselben Sinn hat und daher als nicht erschöpfend zu verstehen ist.

    62

    Für diese Auslegung spricht der Wortlaut des letzten Absatzes von Nr. 1 der KN-Erläuterungen zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN. Durch die Verwendung des Ausdrucks „z. B.“ am Ende dieses Absatzes wird nämlich ausdrücklich klargestellt, dass die darin enthaltene Liste der Positionen und Unterpositionen der KN, in die die Erzeugnisse eingereiht werden können, bei denen die aromatischen Bestandteile im Gewicht überwiegen und die somit zur Position 2707 der KN gehören, aber nicht die in Nr. 1 Buchst. a bis d dieser Erläuterungen aufgestellten Bedingungen erfüllen, nicht erschöpfend ist.

    63

    Außerdem sind die KN-Erläuterungen, die die Auslegung der KN im Hinblick auf die Einreihung erleichtern sollen, so auszulegen, dass die praktische Wirksamkeit der Unterpositionen der KN gewährleistet ist.

    64

    Würde Nr. 1 der KN-Erläuterungen zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN dahin ausgelegt, dass die in ihrem letzten Absatz enthaltene Liste erschöpfend wäre, würden diese Erläuterungen diesem Ziel zuwiderlaufen, was zur Folge hätte, dass ein Erzeugnis wie das des Ausgangsverfahrens, in dem die aromatischen Bestandteile in Bezug auf das Gewicht gegenüber den nicht aromatischen Bestandteilen überwiegen und das daher zur Position 2707 der KN gehört, in keine Unterposition dieser Position eingereiht werden könnte.

    65

    Im Übrigen wird, wie die Kommission zu Recht hervorgehoben hat, die Auslegung, wonach zur Unterposition 2707 99 99 der KN jene Erzeugnisse gehören, die die Bedingungen für die Einreihung in die Position 2707 der KN erfüllen, aber unter keine andere Unterposition dieser Position fallen, dadurch untermauert, dass die Unterposition 2707 99 99 der KN die Überschrift „andere“ trägt und die letzte Unterposition der Position 2707 ist.

    66

    Nach alledem ist auf die siebte bis zehnte Frage zu antworten, dass Nr. 1 der Erläuterungen der KN zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 der KN als nicht erschöpfend zu verstehen ist, so dass ein Erzeugnis, das unter die Position 2707 der KN fällt, aber nicht in eine spezifische Unterposition eingereiht werden kann, in die Unterposition 2707 99 99 der KN einzureihen ist.

    Kosten

    67

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Als Kriterium für die Einreihung eines Erzeugnisses mit Merkmalen des Erzeugnisses des Ausgangsverfahrens in die Position 2707 oder in die Position 2710 der Kombinierten Nomenklatur im Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 geänderten Fassung ist der gewichtsmäßige Gehalt an aromatischen Bestandteilen im Verhältnis zu dem von nicht aromatischen Bestandteilen heranzuziehen.

     

    2.

    Der Ausdruck „aromatische Bestandteile“ in Kapitel 27 der Kombinierten Nomenklatur im Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 1006/2011 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er weiter ist als der Ausdruck „aromatische Kohlenwasserstoffe“.

     

    3.

    Es ist grundsätzlich Sache der nationalen Gerichte, festzustellen, welche Methode sich am ehesten eignet, um den Gehalt an aromatischen Bestandteilen in einem bestimmten Erzeugnis im Hinblick auf seine Einreihung in die Position 2707 oder in die Position 2710 der Kombinierten Nomenklatur im Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 1006/2011 geänderten Fassung zu bestimmen.

     

    4.

    Nr. 1 der Erläuterungen der Kombinierten Nomenklatur im Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 1006/2011 geänderten Fassung zu den Unterpositionen 2707 99 91 und 2707 99 99 dieser Kombinierten Nomenklatur ist als nicht erschöpfend zu verstehen, so dass ein Erzeugnis, das unter die Position 2707 dieser Kombinierten Nomenklatur fällt, aber nicht in eine spezifische Unterposition eingereiht werden kann, in die Unterposition 2707 99 99 dieser Kombinierten Nomenklatur einzureihen ist.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Bulgarisch.

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