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Document 62013CJ0183

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 10. Juli 2014.
Fazenda Pública gegen Banco Mais SA.
Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal Administrativo.
Besteuerung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 77/388/EWG – Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c – Art. 19 – Vorsteuerabzug – Leasingumsätze – Gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen – Regel für die Bestimmung des abzuziehenden Vorsteuerbetrags – Ausnahmeregelung – Voraussetzungen.
Rechtssache C‑183/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2056

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

10. Juli 2014 ( *1 )

„Besteuerung — Mehrwertsteuer — Richtlinie 77/388/EWG — Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c — Art. 19 — Vorsteuerabzug — Leasingumsätze — Gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen — Regel für die Bestimmung des abzuziehenden Vorsteuerbetrags — Ausnahmeregelung — Voraussetzungen“

In der Rechtssache C‑183/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) mit Entscheidung vom 16. Januar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 12. April 2013, in dem Verfahren

Fazenda Pública

gegen

Banco Mais SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, der Richter M. Safjan und J. Malenovský (Berichterstatter) sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzlerin: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und R. Laires als Bevollmächtigte,

der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. Beeko und V. Kaye als Bevollmächtigte im Beistand von O. Thomas und R. Hill, Barristers,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Afonso und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Fazenda Pública (Staatskasse) und der Banco Mais SA (im Folgenden: Banco Mais), einer Leasinggesellschaft, wegen der Berechnungsregel, die für die Bestimmung des Rechts auf Abzug der Mehrwertsteuer anzuwenden ist, die beim Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen geschuldet oder entrichtet wird, die sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht (im Folgenden: gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 17 („Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug“) der Sechsten Richtlinie bestimmt in seinen Abs. 2 und 5:

„(2)   Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)

die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,

(5)   Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.

Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

Jedoch können die Mitgliedstaaten:

a)

dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;

b)

den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;

c)

dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Vorsteuerabzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;

d)

dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihm vorschreiben, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;

e)

vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist.“

4

Art. 19 („Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs“) Abs. 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

„Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:

im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;

im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a) genannt sind.

Der Pro-rata-Satz wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet.“

Portugiesisches Recht

5

Art. 23 des Código do Imposto sobre o Valor Acrescentado (Mehrwertsteuergesetz, im Folgenden: CIVA) in der für das Steuerjahr 2004 anwendbaren Fassung bestimmt:

„(1)   Wenn ein Steuerpflichtiger in Ausübung seiner Tätigkeit Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen ausführt, für die teilweise kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, ist die auf den Erwerb entrichtete Mehrwertsteuer nur zu dem Prozentsatz abziehbar, der dem Jahresbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze entspricht.

(2)   Ungeachtet der Bestimmungen des vorstehenden Absatzes kann der Steuerpflichtige den Abzug gemäß der tatsächlichen Zuordnung aller oder eines Teils der verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen vornehmen, sofern er vorab die Generaldirektion ‚Steuern‘ hiervon unterrichtet, wobei diese im Fall starker Verzerrungen bei der Besteuerung besondere Auflagen festsetzen oder dieses Verfahren beenden kann.

(3)   Die Steuerverwaltung kann den Steuerpflichtigen verpflichten, gemäß den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes zu verfahren,

a)

wenn der Steuerpflichtige unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt;

b)

wenn die Anwendung des Verfahrens nach Abs. 1 zu starken Verzerrungen bei der Besteuerung führt.

(4)   Der in Abs. 1 genannte Prozentsatz des Vorsteuerabzugs ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält im Zähler den Jahresbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Art. 19 und Art. 20 Abs. 1 berechtigenden Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen abzüglich der Mehrwertsteuer und im Nenner den Jahresbetrag aller Umsätze des Steuerpflichtigen abzüglich der Mehrwertsteuer, einschließlich der von der Steuerpflicht befreiten oder nicht steuerbaren Umsätze, insbesondere der nicht besteuerten Subventionen, sofern diese keine Ausstattungsbeihilfen darstellen.

(5)   Lieferungen von Gegenständen des Anlagevermögens, die im Rahmen der Tätigkeit des Unternehmens verwendet wurden, und Immobilien- oder Finanzgeschäfte, die gegenüber der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ergänzenden Charakter haben, werden bei der Berechnung nach dem vorstehenden Absatz nicht berücksichtigt.

…“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

6

Die Banco Mais ist eine Bank, die Leasingtätigkeiten für die Automobilbranche sowie andere Finanztätigkeiten ausübt.

7

Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich, dass die Banco Mais in Ausübung dieser Tätigkeiten sowohl Umsätze ausführt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen als auch solche, für die dies nicht der Fall ist. Dabei nutzt die Banco Mais sowohl ausschließlich der einen oder der anderen Umsatzkategorie zugeordnete Gegenstände und Dienstleistungen als auch gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen, für deren Erwerb sie Mehrwertsteuer abführen muss.

8

Für das Steuerjahr 2004 brachte die Banco Mais die Mehrwertsteuer, die sie beim Erwerb der Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt hatte, die ausschließlich zur Ausführung von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen genutzt wurden – darunter der Erwerb von Fahrzeugen für die Zwecke der von ihr ausgeübten Leasingtätigkeiten –, vollständig in Abzug.

9

Für die gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen berechnete die Banco Mais den Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs auf der Grundlage eines Bruchs, der im Zähler die Einnahmen aus den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Finanzgeschäften enthielt, zu denen der zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsatz aus den Leasingtätigkeiten addiert wurde, und im Nenner die Einnahmen aus sämtlichen Finanzgeschäften enthielt, zu denen der Umsatz aus sämtlichen Leasingtätigkeiten addiert wurde. In der Praxis gelangte die Banco Mais mit dieser Methode zu dem Ergebnis, dass 39 % der auf diese Gegenstände und Dienstleistungen geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer abzugsfähig seien.

10

Nach einer im Jahr 2007 für das Steuerjahr 2004 durchgeführten Steuerprüfung erließ die Fazenda Pública am 7. Februar 2008 einen Nacherhebungsbescheid über Mehrwertsteuer und Ausgleichszinsen gegen die Banco Mais, den sie damit begründete, dass das von dieser zur Bestimmung ihres Rechts auf Vorsteuerabzug verwendete Berechnungsverfahren zu einer starken Verzerrung bei der Bestimmung des Betrags der geschuldeten Steuer geführt habe.

11

In dieser Entscheidung stellte die Fazenda Pública nicht in Frage, dass die Banco Mais den Pro-rata-Satz ihres Vorsteuerabzugs für ihre Kreditgeschäfte mit Ausnahme der Leasinggeschäfte im Wesentlichen nach dem Teil der Einnahmen berechnen könne, der aus zum Vorsteuerabzug berechtigenden Geschäften stamme. In Bezug auf Leasinggeschäfte war sie jedoch der Ansicht, dass die Zugrundelegung des Teils des Umsatzes, der aus zum Vorsteuerabzug berechtigenden Geschäften stamme, ohne dass von diesem Umsatz der Teil der Leasingraten abgezogen worden sei, der die Kosten des Fahrzeugerwerbs ausgleiche, zu einer Verfälschung der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs geführt habe.

12

Am 6. Mai 2008 erhob die Banco Mais beim Tribunal Tributário de Lisboa Klage gegen die Entscheidung der Fazenda Pública vom 7. Februar 2008.

13

Dieses Gericht gab der Klage der Banco Mais mit der Begründung statt, dass die Steuerverwaltung Art. 23 Abs. 4 des CIVA contra legem ausgelegt habe, da diese Vorschrift, ohne für Leasingtätigkeiten eine Ausnahme vorzusehen, bestimme, dass der für gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen anzuwendende Pro-rata-Satz nach dem Teil des Umsatzes zu berechnen sei, der aus zum Vorsteuerabzug berechtigenden Geschäften stamme. Nach dieser Vorschrift hätte es der Banco Mais gestattet sein müssen, die gesamten von den Leasingnehmern gezahlten Raten zu berücksichtigen.

14

Die Fazenda Pública legte beim vorlegenden Gericht Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein, wobei sie im Wesentlichen geltend machte, dass der Rechtsstreit nicht die Auslegung von Art. 23 Abs. 4 des CIVA betreffe, der Erläuterungen zu der Abzugsregelung in Abs. 1 dieses Artikels enthalte, sondern die für die Verwaltung bestehende Möglichkeit, von einem Steuerpflichtigen zu verlangen, dass er den Umfang seines Vorsteuerabzugsrechts nach der Zuordnung der in Rede stehenden Gegenstände und Dienstleistungen bestimme, um eine starke Verzerrung bei der Besteuerung zu vermeiden. Die von der Banco Mais angewandte Methode, bei der die gesamten von den Kunden im Rahmen ihres Leasingvertrags gezahlten Raten in den Zähler und den Nenner des zur Bestimmung ihres Pro-rata-Satzes dienenden Bruchs aufgenommen worden seien, führe zu einer solchen Verzerrung, da u. a. der den Erwerb der Fahrzeuge ausgleichende Teil der Raten nicht den tatsächlichen Anteil der den gemischt genutzten Gegenständen und Dienstleistungen zuzuordnenden Ausgaben widerspiegle, der auf besteuerte Umsätze angerechnet werden könne.

15

Unter diesen Umständen hat das Supremo Tribunal Administrativo beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist die im Rahmen eines Leasingvertrags vom Kunden gezahlte Rate, die sich aus Tilgung, Zinsen und anderen Lasten zusammensetzt, vollständig in den Nenner des Pro-rata-Satzes einzubeziehen, oder sind vielmehr nur die Zinsen zu berücksichtigen, da sie das Entgelt bzw. den Gewinn darstellen, den eine Bank aus Leasingverträgen erzielt?

Zur Vorlagefrage

16

Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich, dass es im Ausgangsrechtsstreit darum geht, ob die Entscheidung der Fazenda Pública, das Vorsteuerabzugsrecht der Banco Mais hinsichtlich der gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen unter Anwendung der Abzugsregelung in Art. 23 Abs. 2 des CIVA neu zu berechnen, rechtmäßig war.

17

Nach dieser Vorschrift in Verbindung mit Art. 23 Abs. 3 des CIVA kann ein Steuerpflichtiger im Falle starker Verzerrungen bei der Besteuerung verpflichtet werden, den Vorsteuerabzug nach der tatsächlichen Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen vorzunehmen.

18

Diese Vorschrift übernimmt somit im Wesentlichen die Regelung zur Bestimmung des Abzugsrechts des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, der im Verhältnis zu Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 19 Abs. 1 dieser Richtlinie eine Ausnahmebestimmung darstellt.

19

Mit Art. 23 Abs. 2 des CIVA wurde also, wie die portugiesische Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie in das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats umgesetzt.

20

Die gestellte Frage ist demnach so zu verstehen, dass sie im Wesentlichen darauf abzielt, ob Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens verbietet, eine Bank, die u. a. Leasingtätigkeiten ausübt, zu verpflichten, im Zähler und im Nenner des Bruchs, der dazu dient, für die Gesamtheit ihrer gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen einen einheitlichen Pro-rata-Satz für den Vorsteuerabzug zu bestimmen, nur den Anteil der von den Kunden im Rahmen ihrer Leasingverträge gezahlten Raten aufzuführen, der auf die Zinsen entfällt.

21

Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift ihr Wortlaut und ihr Zusammenhang sowie die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil SGAE, C‑306/05, EU:C:2006:764, Rn. 34).

22

Im vorliegenden Fall bestimmt Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, dass ein Mitgliedstaat dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten kann, den Vorsteuerabzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen.

23

Angesichts des Wortlauts dieser Vorschrift steht es einem Mitgliedstaat frei, eine Abzugsregelung vorzusehen, die eine bestimmte Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen berücksichtigt.

24

In Ermangelung weiterer Hinweise in der Sechsten Richtlinie zu den Regeln, die bei dieser Gelegenheit angewendet werden können, obliegt es den Mitgliedstaaten, diese festzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile Royal Bank of Scotland, C‑488/07, EU:C:2008:750, Rn. 25, und Crédit Lyonnais, C‑388/11, EU:C:2013:541, Rn. 31).

25

Zum einen verweist nämlich, wie sich aus dem Wortlaut der Art. 17 Abs. 5 und 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie klar ergibt, die letztgenannte Bestimmung nur auf den in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Pro‑rata‑Satz des Vorsteuerabzugs und legt damit nur für den in diesem Unterabsatz bezeichneten Fall eine detaillierte Berechnungsregel fest (vgl. in diesem Sinne Urteil Royal Bank of Scotland, EU:C:2008:750, Rn. 22).

26

Zum anderen sieht Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie zwar vor, dass diese Berechnungsregel auf alle von einem Steuerpflichtigen erworbenen gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen anzuwenden ist, Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3, der auch die unter Buchst. c vorgesehene Bestimmung enthält, beginnt jedoch mit dem Wort „jedoch“, was das Bestehen von Ausnahmen von dieser Regel impliziert (Urteil Royal Bank of Scotland, EU:C:2008:750, Rn. 23).

27

Allerdings muss jeder Mitgliedstaat, wenn er von der durch Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie eingeräumten Befugnis, von der in dieser Richtlinie vorgesehenen Berechnungsregel abzuweichen, Gebrauch macht, Zweck und Systematik dieser Richtlinie sowie die Grundsätze, auf denen das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht, beachten (Urteile BLC Baumarkt, C‑511/10, EU:C:2012:689, Rn. 22, und Crédit Lyonnais, EU:C:2013:541, Rn. 52).

28

Der Gerichtshof hat insoweit darauf hingewiesen, dass der Unternehmer durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem muss daher völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis gewährleisten, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (Urteil Royal Bank of Scotland, EU:C:2008:750, Rn. 15).

29

Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie es den Mitgliedstaaten ermöglichen soll, die Besonderheiten bestimmter Tätigkeiten der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, um zu präziseren Ergebnissen bei der Bestimmung des Umfangs des Abzugsrechts zu gelangen (vgl. in diesem Sinne Urteile Royal Bank of Scotland, EU:C:2008:750, Rn. 24, und BLC Baumarkt, EU:C:2012:689, Rn. 23 und 24).

30

Aus dem Vorstehenden folgt, dass in Anbetracht erstens des Wortlauts von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, zweitens des Zusammenhangs, in den sich diese Vorschrift einfügt, drittens der Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der Verhältnismäßigkeit und viertens des Zwecks des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 dieser Richtlinie, jeder Mitgliedstaat, der von der durch Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, darauf zu achten hat, dass die Modalitäten der Berechnung des Abzugsrechts die präzisere Feststellung des Teils der Mehrwertsteuer erlauben, der auf zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze entfällt (vgl. in diesem Sinne Urteil BLC Baumarkt, EU:C:2012:689, Rn. 23).

31

Der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnende Grundsatz der Neutralität verlangt nämlich, dass die Modalitäten der Berechnung des Vorsteuerabzugs objektiv den tatsächlichen Anteil der beim Erwerb gemischt genutzter Gegenstände und Dienstleistungen angefallenen Ausgaben widerspiegeln, der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Securenta, C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 37).

32

Die Sechste Richtlinie verbietet es daher nicht, dass die Mitgliedstaaten hinsichtlich eines bestimmten Umsatzes eine andere Aufteilungsmethode oder einen anderen Aufteilungsschlüssel als die Umsatzmethode anwenden, vorausgesetzt, diese Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die Bestimmung anhand der Umsatzmethode (vgl. in diesem Sinne Urteil BLC Baumarkt, EU:C:2012:689, Rn. 24).

33

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn für die Durchführung von Leasinggeschäften für die Automobilbranche durch eine Bank, wie im Ausgangsverfahren, die Nutzung bestimmter gemischt genutzter Gegenstände oder Dienstleistungen, wie Gebäude, Strom oder bestimmte bereichsübergreifende Dienstleistungen, erforderlich sein kann, diese Nutzung vor allem durch die Finanzierung und die Verwaltung der zwischen dem Leasinggeber und seinen Kunden geschlossenen Verträge bedingt ist und nicht durch die Bereitstellung der Fahrzeuge. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, sich zu vergewissern, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.

34

Unter diesen Umständen führt die Berechnung des Abzugsrechts mit der Umsatzmethode, bei der die Beträge berücksichtigt werden, die dem Teil der von den Kunden gezahlten Leasingraten zuzuordnen sind, mit dem die Bereitstellung der Fahrzeuge ausgeglichen wird, nämlich zu einer weniger präzisen Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die von der Fazenda Pública angewandte Methode, bei der allein der den Zinsen entsprechende Anteil der Leasingraten zugrunde gelegt wird, der die Gegenleistung für die vom Leasinggeber im Zusammenhang mit der Finanzierung und der Verwaltung der Verträge getragenen Kosten darstellt, da die gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen bei der Durchführung von Leasingumsätzen für die Automobilbranche zum wesentlichen Teil für die Erfüllung dieser beiden Aufgaben genutzt werden.

35

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht verbietet, eine Bank, die u. a. Leasingtätigkeiten ausübt, zu verpflichten, im Zähler und im Nenner des Bruchs, der dazu dient, für die Gesamtheit ihrer gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen einen einheitlichen Pro-rata-Satz für den Vorsteuerabzug zu bestimmen, nur den Anteil der von den Kunden im Rahmen ihrer Leasingverträge gezahlten Raten aufzuführen, der auf die Zinsen entfällt, sofern die Nutzung dieser Gegenstände und Dienstleistungen vor allem durch die Finanzierung und die Verwaltung dieser Verträge verursacht wird, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Kosten

36

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht verbietet, eine Bank, die u. a. Leasingtätigkeiten ausübt, zu verpflichten, im Zähler und im Nenner des Bruchs, der dazu dient, für die Gesamtheit ihrer gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen einen einheitlichen Pro-rata-Satz für den Vorsteuerabzug zu bestimmen, nur den Anteil der von den Kunden im Rahmen ihrer Leasingverträge gezahlten Raten aufzuführen, der auf die Zinsen entfällt, sofern die Nutzung dieser Gegenstände und Dienstleistungen vor allem durch die Finanzierung und die Verwaltung dieser Verträge verursacht wird, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Portugiesisch.

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