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Document 62013CC0409

    Schlussanträge des Generalanwalts N. Jääskinen vom 18. Dezember 2014.
    Rat der Europäischen Union gegen Europäische Kommission.
    Nichtigkeitsklage – Makrofinanzhilfen an Drittländer – Beschluss der Kommission, einen Vorschlag für eine Rahmenverordnung zurückzunehmen – Art. 13 Abs. 2 EUV und 17 EUV – Art. 293 AEUV – Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung – Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts – Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit – Art. 296 AEUV – Begründungspflicht.
    Rechtssache C-409/13.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2470

    Schlußanträge des Generalanwalts

    Schlußanträge des Generalanwalts

    I – Einführung

    1. Im vorliegenden Rechtsstreit mit Verfassungscharakter streiten der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang und mit welchen Grenzen die Kommission befugt ist, einen Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen. Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass ich, obwohl die Parteien des vorliegenden Verfahrens den Ausdruck „Rücknahmerecht“ zur Beschreibung der streitigen Zuständigkeit der Kommission gewählt haben, in diesen Schlussanträgen von „Rücknahmebefugnis“(2) sprechen möchte, weil die Ausübung dieser Befugnis die Rechtsposition des Mitgesetzgebers nur insofern beeinträchtigt, als er an der Fortführung des Gesetzgebungsverfahrens gehindert wird.

    2. Die Klage des Rates richtet sich gegen den Beschluss der Kommission vom 8. Mai 2013 (im Folgenden: angefochtener Beschluss), den Vorschlag für eine Rahmenverordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für Makrofinanzhilfen an Drittländer (im Folgenden: Rahmenverordnungsvorschlag)(3) zurückzunehmen. Dieser Beschluss ist während der ersten Lesung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Sinne von Art. 294 AEUV ergangen, bevor der Rat zu dem Vorschlag förmlich Stellung nehmen konnte.

    3. Die vorliegende Klage beruht auf drei Klagegründen, mit denen eine Verletzung des in Art. 13 Abs. 2 EUV aufgestellten Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung sowie des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts, eine Verletzung des in Art. 13 Abs. 2 EUV enthaltenen Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit und eine Verletzung der in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht gerügt werden.

    4. Da es sich um die erste Rechtssache handelt, in der der Gerichtshof über die Gültigkeit der Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags durch die Kommission zu entscheiden hat, erfordert das vorliegende Verfahren eine grundsätzliche Stellungnahme zu der genannten Befugnis und den Modalitäten ihrer Ausübung sowie zum Umfang der richterlichen Kontrolle eines Rücknahmeakts. Insoweit weise ich zunächst darauf hin, dass die Rücknahmebefugnis der Kommission ein neuartiges Thema darstellt. Es wird nicht nur in Rechtsprechung und Lehre kaum behandelt, sondern wird zudem, falls es dort vorkommt, aufgrund einer Vermengung mit dem Initiativrecht der Kommission und dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts vernachlässigt.

    5. Aus diesen Gründen werden die vorliegende Schlussanträge der Herausarbeitung des Wesens der Rücknahmebefugnis als solcher gewidmet sein und zugleich im Sinne des Grundsatzes der Einfachheit, auch als „Ockhams Rasiermesser“(4) bekannt, eine Lösung vorschlagen, die auf einer Unterscheidung zwischen dem formalen Aspekt der Rücknahmebefugnis und der Analyse der Frage beruht, ob die von der Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens vorgenommene Rücknahme begründet war. Auf der Grundlage dieser Unterscheidung möchte ich die Grenzen der richterlichen Kontrolle der Rücknahmebefugnis bestimmen.

    II – Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

    6. Makrofinanzhilfen sind makroökonomische finanzielle Unterstützungen, die Drittstaaten mit kurzfristigen Zahlungsbilanzschwierigkeiten gewährt werden. Ursprünglich wurden sie fallweise durch Beschlüsse des Rates auf der Grundlage von Art. 352 AEUV(5) gewährt. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon stellt Art. 212 AEUV eine spezielle Rechtsgrundlage für Beschlüsse über die Gewährung einer Makrofinanzhilfe dar. Sie werden vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, vorbehaltlich des in Art. 213 AEUV vorgesehenen Eilverfahrens, in dessen Rahmen der Rat allein entscheiden kann.

    7. Wie aus der Akte hervorgeht, legte die Kommission am 4. Juli 2011 auf der Grundlage der Art. 209 AEUV und 212 AEUV den Rahmenverordnungsvorschlag vor. In Art. 7 dieses Vorschlags war das Verfahren zur Gewährung einer Makrofinanzhilfe geregelt. Nach Art. 7 Abs. 1 war eine Makrofinanzhilfe vom betreffenden Land schriftlich bei der Kommission zu beantragen. Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 des Rahmenverordnungsvorschlags bestimmte, dass die Kommission die beantragte Hilfe im sogenannten Prüfverfahren nach Art. 5 der Komitologie-Verordnung (EU) Nr. 182/2011(6) bereitstellt, wenn die in den Art. 1, 2, 4 und 6 genannten Bedingungen erfüllt sind.

    8. Nach mehreren Sitzungen der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten legte der Rat eine Allgemeine Ausrichtung zum Rahmenverordnungsvorschlag vor, die vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 15. Dezember 2011 angenommen wurde. In dieser Allgemeinen Ausrichtung schlug der Rat u. a. wegen Art. 7 Abs. 2 des Vorschlags vor, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren anzuwenden, statt der Kommission eine Durchführungsbefugnis zu übertragen.

    9. In der Plenarsitzung vom 24. Mai 2012 nahm das Europäische Parlament seinen Bericht, der 53 Änderungsvorschläge zum Rahmenverordnungsvorschlag enthielt, in erster Lesung durch Teilabstimmung an. Darin wurde u. a. vorgeschlagen, bei der Gewährung einer Makrofinanzhilfe auf delegierte Rechtsakte anstelle von Durchführungsrechtsakten zurückzugreifen(7) .

    10. Am 5. und am 28. Juni 2012 sowie am 19. September 2012 fanden drei informelle Triloge zwischen Parlament, Rat und Kommission statt. Dabei zeigte sich, dass weder das Parlament noch der Rat, obwohl sie unterschiedlicher Meinung hinsichtlich des Verfahrens zur Gewährung von Makrofinanzhilfen waren, den Vorschlag der Kommission befürworteten, auf Durchführungsrechtsakte zurückzugreifen.

    11. Am 10. Januar 2013 legte die Kommission im Hinblick auf den vierten Trilog ein „Non-Paper“ mit dem Titel „Landing zone on implementing acts, delegated acts and co-decision in the MFA Framework Regulation“ (im Folgenden: Non-Paper der Kommission) vor, in dem eine Kompromisslösung hinsichtlich des Verfahrens zur Gewährung von Makrofinanzhilfen vorgeschlagen wurde. Diese bestand in einer „Kombination aus (i) detaillierten Voraussetzungen für [Makrofinanzhilfen], (ii) informellen Konsultationsmechanismen im Vorfeld [des vorgeschlagenen Beschlussverfahrens], (iii) der Einbeziehung von bis zu vier delegierten Rechtsakten, (iv) der selektiven Nutzung des Komitologieverfahrens und (v) diversen Evaluierungs- und Berichtsmechanismen“.

    12. Im Anschluss an den vierten Trilog vom 30. Januar 2013 zogen das Parlament und der Rat eine andere Kompromisslösung in Betracht, die darin bestand, beim Erlass eines Beschlusses zur Gewährung einer Makrofinanzhilfe das ordentliche Gesetzgebungsverfahren anzuwenden, beim Abschluss einer Vereinbarung mit dem Empfängerland auf einen Durchführungsrechtsakt zurückzugreifen und der Kommission die Befugnis zum Erlass bestimmter mit der auf diese Weise gewährten Hilfe verbundener Rechtsakte zu übertragen(8) .

    13. Beim fünften Trilog am 27. Februar 2013 bekräftigten die Vertreter des Parlaments und des Rates ihre Absicht, am Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren bei der Gewährung einer Makrofinanzhilfe festzuhalten. Nach den Angaben in der Klageschrift soll der Vertreter der Kommission in diesem Stadium erklärt haben, dass sich die Kommission frage, ob ein solcher Ansatz nicht ihren Vorschlag verfälsche, und dass sie ihren Vorschlag aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in ihr Initiativrecht für Rechtsetzungsakte gegebenenfalls zurücknehmen könnte.

    14. Der Ansatz, das Verfahren der Durchführungsrechtsakte durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zu ersetzen, war Gegenstand einer grundsätzlichen Einigung zwischen Parlament und Rat, die beim sechsten Trilog am 25. April 2013 förmlich angenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit bekundete der Vertreter der Kommission offiziell, dass er mit diesem Ansatz nicht einverstanden sei. Mit Schreiben vom 6. Mai 2013 an Herrn Rehn, den Vizepräsidenten der Kommission, bedauerte der Vorsitzende des AStV die Ankündigung des Vertreters der Kommission beim sechsten Trilog. Er bat sie, ihre Position insbesondere angesichts der Perspektive einer bevorstehenden Einigung zwischen Parlament und Rat zu überdenken.

    15. Mit einem an die Präsidenten des Parlaments und des Rates gerichteten Schreiben vom 8. Mai 2013, bei dem es sich um den angefochtenen Beschluss handelt, teilte Herr Rehn mit, dass das Kollegium der Kommissionsmitglieder in seiner 2045. Sitzung entschieden habe, den Rahmenverordnungsvorschlag nach Art. 293 Abs. 2 AEUV zurückzunehmen. Im Protokoll dieser Sitzung heißt es hierzu: „Die Kommission billigt das in der Note SI(2013)231 angegebene Vorgehen.“(9) Aus dieser Note ergibt sich, dass die Dienststellen der Kommission die Heranziehung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens als Verfälschung des Rahmenverordnungsvorschlags ansahen, weil das Verfahren schwerfällig und unvorhersehbar werde und, vor allem, weil die als gesonderte Verordnungen ergehenden Entscheidungen über die Gewährung einer Hilfe den gleichen normativen Rang wie die Rahmenverordnung hätten. Außerdem wurden in der Note verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich einer Beschränkung des Initiativrechts der Kommission geäußert.

    16. Das Parlament und der Rat nahmen ihre Einigung in einer gemeinsamen, am 9. Juli 2013 verabschiedeten Erklärung förmlich an.

    III – Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

    17. Mit seiner Klageschrift, die am 18. Juli 2013 eingegangen ist, beantragt der Rat, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    18. In ihrer Klageerwiderung beantragt die Kommission, die Klage als unbegründet abzuweisen und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

    19. Die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Königreich der Niederlande, die Slowakische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sind als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

    20. In der mündlichen Verhandlung am 23. September 2014 wurden die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, der Rat und die Kommission angehört.

    IV – Zur Zulässigkeit

    21. Zunächst ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von Art. 263 AEUV ist. Meines Erachtens muss der Gerichtshof diese Frage von Amts wegen prüfen, um seine Zuständigkeit für die Entscheidung über die Klage zu begründen.

    22. Nach ständiger Rechtsprechung sind alle Handlungen der Organe, die dazu bestimmt sind, verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen, ungeachtet ihrer Rechtsnatur oder Form anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV(10) . Für die Feststellung, ob eine Handlung solche Wirkungen erzeugt, ist auf ihr Wesen sowie auf den Willen ihres Autors abzustellen(11) . Die Form, in der eine Handlung oder Entscheidung ergeht, ist dagegen grundsätzlich ohne Einfluss auf die Zulässigkeit einer gegen diese Handlung oder Entscheidung gerichteten Nichtigkeitsklage(12) .

    23. Im vorliegenden Fall geht es um eine atypische Handlung(13), nämlich ein Schreiben des Vizepräsidenten der Kommission an die Präsidenten des Parlaments und des Rates, mit dem die Kommission sie über die Entscheidung ihres Kollegiums informiert, den Rahmenverordnungsvorschlag nach Art. 293 Abs. 2 AEUV zurückzunehmen.

    24. Folglich hat die Kommission mit der angefochtenen Handlung das Gesetzgebungsverfahren beendet und hierdurch dem Rat und dem Parlament jede Handlungsmöglichkeit genommen. Die angefochtene Handlung hat nämlich, wie der Rat ausführt, seine Rechtsstellung berührt, da sie ihn daran gehindert hat, den Vorschlag anzunehmen, mit dem er zuvor befasst wurde.

    25. Im vorliegenden Fall hat der angefochtene Beschluss somit Rechtswirkungen in den Beziehungen zwischen den Organen erzeugt. Folglich zielt der angefochtene Beschluss auf die Entfaltung verbindlicher Rechtswirkungen ab. Daher ist die Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses zulässig.

    V – Zur Verletzung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung und des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts

    A – Vorbringen der Parteien

    26. Im Rahmen seines ersten Klagegrundes macht der Rat mit Unterstützung der dem Rechtsstreit beigetretenen Mitgliedstaaten unter Hervorhebung des Zusammenhangs zwischen dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung und dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts(14) geltend, dass die Verträge keine ausdrückliche Bezugnahme auf ein allgemeines Vorrecht der Kommission enthielten, das es ihr gestatten würde, ihre dem Gesetzgeber unterbreiteten Vorschläge zurückzunehmen.

    27. Der Rat bestreitet, dass es ein nahezu absolutes, da im Ermessen stehendes „Recht“ zur Rücknahme spiegelbildlich zu dem in Art. 17 Abs. 2 EUV verankerten Initiativrecht gebe. Das Rücknahmerecht der Kommission müsse vielmehr auf objektive Sachverhalte beschränkt sein, in denen der Rechtsetzungsvorschlag wegen Zeitablaufs, des Bekanntwerdens neuer Umstände oder technischer oder wissenschaftlicher Daten überflüssig oder gegenstandslos geworden sei, sein Scheitern wegen dauerhaften Mangels an spürbaren Fortschritten des Gesetzgebungsverfahrens absehbar sei oder eine gemeinsame Strategie mit dem Gesetzgeber im Geiste loyaler Zusammenarbeit und der Beachtung des institutionellen Gleichgewichts bestehe(15) . Somit sei die Rolle der Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf die des „honest broker“ beschränkt(16) .

    28. Der Kommission könne somit kein allgemeines Rücknahmerecht auf der Grundlage des Art. 293 Abs. 2 AEUV zuerkannt werden; andernfalls läge ein Verstoß sowohl gegen den Wortlaut als auch gegen den Zweck dieser Vorschrift vor, die auf eine Erleichterung des Rechtsetzungsprozesses abziele. Außerdem liefe die Bejahung eines allgemeinen Rücknahmerechts der Kommission darauf hinaus, das Recht des Rates nach Art. 293 Abs. 1 AEUV, den Vorschlag der Kommission innerhalb seines Gegenstands und seines Zwecks abzuändern, der Wirksamkeit zu berauben(17) .

    29. Außerdem liefe eine immer dann, wenn die Kommission mit den zwischen den Mitgesetzgebern vereinbarten Änderungen nicht einverstanden oder mit dem Endergebnis von Verhandlungen nicht zufrieden sei, bestehende Ermessensbefugnis zur Rücknahme darauf hinaus, ihr ein ungerechtfertigtes Druckmittel auf den Ablauf der Rechtsetzungsarbeiten sowie ein Vetorecht bei legislativen Maßnahmen in Abhängigkeit von politischen Opportunitätserwägungen zuzuerkennen, was die Kommission auf die gleiche Stufe wie die Mitgesetzgeber stellen und zu einem Missbrauch des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und einem Eingriff in die dem Parlament und dem Rat nach den Art. 14 Abs. 1 EUV und 16 Abs. 1 EUV vorbehaltene Rechtsetzungsbefugnis führen und es der Kommission erlauben würde, ihre Initiativkompetenz zu überschreiten. Die Anerkennung eines Rücknahmeermessens der Kommission liefe auch der Gewaltenteilung sowie dem Demokratieprinzip im Sinne von Art. 10 Abs. 1 und 2 EUV zuwider(18) .

    30. Die Bundesrepublik Deutschland fügt in ihrer Stellungnahme(19) hinzu, dass die Kommission angesichts der Aufwertung der Rolle des Parlaments im Gesetzgebungsverfahren sowie der Bedeutung, die die Organe der Europäischen Union den informellen Verhandlungen im Rahmen der Triloge beimäßen, ihren Rechtsetzungsvorschlag, sobald sich ein Kompromiss zwischen den Mitgesetzgebern abzeichne, der auf die Annahme des betreffenden Rechtsetzungsakts hindeute, nicht mehr zurücknehmen könne, ohne gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zu verstoßen.

    31. Die Kommission macht in ihrer Klagebeantwortung geltend, die Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags sei, genau wie die Vorlage oder die Änderung eines solchen Vorschlags, Ausdruck ihres in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EUV verankerten Initiativrechts im allgemeinen Interesse der Union. Ebenso wie allein sie darüber entscheiden könne, ob sie einen Rechtsetzungsvorschlag vorlege oder nicht und ob sie ihren ursprünglichen oder einen bereits geänderten Vorschlag ändere oder nicht, bleibe ihr allein die Entscheidung darüber vorbehalten, ihren Vorschlag, solange dieser noch nicht angenommen sei, beizubehalten oder zurückzunehmen(20) . Art. 7 des Subsidiaritätsprotokolls zeige, dass die Verfasser des AEU-Vertrags das Rücknahmerecht der Kommission als allgemeines Recht ausgestaltet hätten.

    32. Die Beachtung der Zuständigkeiten der anderen Unionsorgane und des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit sei durch die gängige Praxis der Kommission gewährleistet. Außer in den Fällen der regelmäßigen gebündelten Rücknahmen nehme die Kommission punktuelle Rücknahmen vor, wenn sie einen Mangel an politischer Unterstützung für ihre Initiative feststelle(21) .

    33. Im vorliegenden Fall bestreitet die Kommission zunächst, in die Zuständigkeit des Unionsgesetzgebers eingegriffen zu haben(22) . Durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses habe sie die ihr im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens obliegende Verantwortung wahrgenommen, zu der nach Art. 17 Abs. 1 EUV gehöre, dass sie geeignete Initiativen ergreife, um die allgemeinen Interessen der Union zu fördern, und zwar während des gesamten Verfahrens. Der angefochtene Beschluss verstoße nicht gegen Art. 293 Abs. 1 AEUV; dieser Artikel sei eine Verfahrensvorschrift und nicht Ausdruck eines allgemeines Grundsatzes, nach dem der Rat das Recht habe, einen Legislativakt unter allen Umständen unter Missachtung der in Art. 13 Abs. 2 AEUV vorgeschriebenen Verpflichtung zu erlassen. Auch Art. 293 Abs. 1 AEUV verbiete es ihr nicht, einen Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen.

    34. Die Vorschrift des Art. 293 Abs. 2 AEUV zeige, dass die Rolle der Kommission für das gesamte Gesetzgebungsverfahren gelte und nicht nur darin bestehe, die Kontakte zwischen den Mitgesetzgebern zu fördern, um ihre jeweiligen Positionen anzunähern, sondern auch darin, im Rahmen der Triloge eigene Verantwortung zu übernehmen, indem sie ihre Position verteidige und ihren ursprünglichen Vorschlag, wenn nötig, unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles zurückziehe.

    35. Schließlich bestreitet die Kommission, dass der angefochtene Beschluss das Demokratieprinzip berühre, und hebt hervor, dass sie, wie die anderen Unionsorgane, insbesondere nach Art. 17 Abs. 7 und 8 EUV demokratisch legitimiert und vor dem Parlament politisch legitimiert sei.

    B – Analyse (Existenz, Reichweite und Ausübung der Rücknahmebefugnis im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Sinne von Art. 294 AEUV)

    1. Einführung

    36. Die Parteien des vorliegenden Verfahrens scheinen sich zwar darüber einig zu sein, dass die Kommission nach dem Unionsrecht einen Rechtsetzungsvorschlag zurückziehen kann, streiten jedoch über die verfassungsrechtliche Grundlage und den Umfang einer solchen Befugnis. Deshalb möchte ich zuerst die rechtliche Grundlage und die Substanz der Rücknahmebefugnis der Kommission herausarbeiten, bevor ich mich in einem zweiten Schritt mit der genauen Rechtsnatur des Rücknahmebeschlusses unter dem Blickwinkel der Reichweite der bei einer solchen Handlung auszuübenden richterlichen Kontrolle befasse(23) .

    2. Verfassungsrechtliche Grundlage der Rücknahmebefugnis

    37. Der Rat macht eine Verletzung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung geltend und legt mit seinem ersten Klagegrund genau dar, welche Befürchtungen er mit der Zuerkennung einer Befugnis an die Kommission verbindet, kraft deren sie die Rechtsetzungsaktivität der Union blockieren, zu einem Mitgesetzgeber mit legislativem Vetorecht aufsteigen und dadurch dem Rat und dem Parlament ihre Vorrechte nehmen könnte. Gleichzeitig räumt der Rat ein, dass die Möglichkeit, einen Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen, der Kommission in der Praxis als logische Folge des Initiativrechts immer zuerkannt worden sei, woraus man jedoch nicht die Existenz eines „Rücknahmerechts“ ableiten könne.

    38. Ich halte aber einerseits diese Befürchtungen nicht für gerechtfertigt, weil die Anerkennung einer zeitlich begrenzten Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags nach Art. 294 AEUV als solche zur Wahrung des institutionellen Gleichgewichts im Sinne von Art. 13 Abs. 2 EUV beiträgt, da dieses impliziert, dass jedes Organ seine Befugnisse unter Beachtung der Befugnisse der anderen Organe ausübt(24) . Außerdem scheint mir der Ansatz, der Kommission zum einen eine vereinzelte und „auf objektive Sachverhalte beschränkte, von den Partikularinteressen der Kommission unabhängige“ Rücknahmemöglichkeit einzuräumen und zum anderen das Bestehen einer solchen Befugnis der Kommission abzulehnen, mit einem inneren Widerspruch behaftet zu sein.

    39. Andererseits teile ich allerdings auch nicht den offenbar von der Kommission vertretenen Standpunkt, dass eine Rücknahmeentscheidung den gleichen Regeln unterworfen sei wie die Vorlage des Rechtsetzungsvorschlags. Meiner Ansicht nach lässt sich nämlich aus den Bestimmungen der Verträge kein auf einer vollkommenen Symmetrie zwischen legislativem Initiativrecht und Rücknahmebefugnis beruhender Ansatz ableiten. Die Rücknahmebefugnis stellt vielmehr zwar eine wichtige Berechtigung dar, ist jedoch mit eigenen Merkmalen und speziellen Grenzen ausgestattet.

    40. Fest steht, dass die Verträge weder das Bestehen einer Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags der Kommission noch gar die Modalitäten ihrer Ausübung ausdrücklich vorsehen. Nach einer fest etablierten Tradition nimmt die Kommission jedoch individuelle oder gruppenweise Rücknahmen zur „Verwaltungsbereinigung“ vor(25) . In der Rechtsprechung des Gerichtshofs taucht die Möglichkeit der Rücknahme nur gelegentlich auf. Aus ihr folgt, dass es „der Kommission unbenommen bleibt, ihren Vorschlag zurückzuziehen oder zu ändern …, wenn sie aufgrund einer neuen Beurteilung der Interessen der Gemeinschaft den Erlass der fraglichen Maßnahmen für überflüssig hält“(26) . Die Möglichkeit einer Rücknahme wird auch im Subsidiaritätsprotokoll anerkannt, das eine Rücknahme eines Legislativvorhabens vorsieht, wenn die nationalen Parlamente Zweifel an der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips äußern.

    41. Insoweit möchte ich zuerst hervorheben, dass die Legitimität der Union auf der Feststellung beruht, dass die Gründungsverträge als Verfassungsurkunde zur Schaffung einer neuen Rechtsordnung eingestuft werden, deren Rechtssubjekte die Bürger der Union sind(27) . Diese Legitimität verlangt, dass die im Vertrag festgelegten Bestimmungen über die Willensbildung der Organe „nicht zur Disposition der Mitgliedstaaten oder der Organe selbst“ stehen(28) . Insbesondere sind die Schranken für eine Befugnis, die der Kommission durch eine spezielle Bestimmung des Vertrags übertragen wird, nicht aus einem allgemeinen Grundsatz, sondern aus einer Auslegung des Wortlauts der betreffenden Bestimmung selbst abzuleiten(29) .

    42. Nach den Art. 14 Abs. 1 EUV und 16 Abs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 289 Abs. 1 AEUV ist die Funktion der Rechtsetzung dem Parlament und dem Rat anvertraut. Sie üben diese Funktion gemeinsam aus. Dagegen darf ein Gesetzgebungsakt nach Art. 17 Abs. 2 EUV nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden, soweit in den Verträgen nichts anderes festgelegt ist. Nach Art. 17 Abs. 1 EUV fördert die Kommission die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck.

    43. Der Gedanke, die Kommission mit der Aufgabe zu betrauen, die allgemeinen Interessen aller Mitgliedstaaten zu ermitteln und geeignete Lösungen vorzuschlagen, um ihnen zu entsprechen, hat im System der Gemeinschaft dazu geführt, dass der Kommission ein Quasi-Monopol im Bereich der Rechtsetzungsinitiative übertragen worden ist(30) . Obwohl bisweilen von der politischen Erosion dieser Befugnis der Kommission die Rede ist, ist der Hinweis von besonderer Bedeutung, dass die verschiedenen Reformen des institutionellen Rahmens den Inhalt des Initiativrechts der Kommission nicht verändert haben(31) .

    44. In diesem Zusammenhang ist zwar anzuerkennen, dass die Entwicklung des Unionsrechts Auswirkungen auf das Konzept der „Gemeinschaftsmethode“(32) hat, doch bleibt diese Methode anwendbar und entspricht einem originären System der Gewaltenteilung(33), das zu Entscheidungsprozessen führt, aufgrund deren sich die Union von jeder anderen staatlichen Einheit oder internationalen zwischenstaatlichen Organisation unterscheidet. Die Gemeinschaftsmethode ist somit ein Merkmal sui generis des in den Verträgen verankerten supranationalen Rechtsetzungsmechanismus.

    45. Meines Erachtens wäre es daher falsch, das Amt, das die Kommission in diesem Rahmen ausübt, schlicht als ein Attribut der Exekutivfunktion im strengen Wortsinn zu behandeln(34) . Die Kommission soll nämlich nicht nur als künftiges Durchführungsorgan der von Parlament und Rat zu erlassenden Rechtsvorschriften mitwirken, sondern als Bewahrerin der allgemeinen Interessen der Union, und zwar als das Organ, die sie zur Geltung bringen kann(35) .

    46. Die der Kommission nach Art. 17 Abs. 1 EUV obliegende Verantwortung, die Interessen der Union zu fördern, stellt meines Erachtens die wesentliche Grundlage dafür dar, ihr eine Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags zuzuerkennen.

    47. Zwar wird die Kommission im EU-Vertrag nicht zum Mitgesetzgeber erhoben. Ihre Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren folgt jedoch aus ihrem Initiativrecht nach Art. 17 EUV und der Klausel in Art. 293 Abs. 1 AEUV, nach der der Rat einen Vorschlag der Kommission nur einstimmig abändern kann, sowie aus Art. 293 Abs. 2 AEUV, der die Kommission zur Änderung des Rechtsetzungsvorschlags ermächtigt, solange kein Beschluss des Rates ergangen ist. Demzufolge ergibt sich die Rücknahmebefugnis der Kommission aus ihrer Rolle im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens und stützt sich somit auf Art. 17 Abs. 1 und 2 EUV in Verbindung mit Art. 293 Abs. 1 und 2 AEUV.

    48. Außerdem kann nach der Rechtsprechung zum institutionellen Gleichgewicht kein anderes Organ die Kommission zwingen, eine Initiative zu ergreifen, wenn sie darin kein Interesse der Union sieht, da die Kommission nach den Verträgen ein verfassungsmäßiges Vorrecht genießt, das ihr die Befugnis verleiht, in vollkommener Unabhängigkeit über die Opportunität eines Rechtsetzungsvorschlags oder die Änderung eines solchen Vorschlags zu befinden(36) . Deshalb kann man die Ausübung der Rücknahmebefugnis auch als ultimative Ausprägung des Rechtsetzungsmonopols der Kommission verstehen, in der ihre Rolle als Hüterin der Verträge Ausdruck kommt.

    49. Aus diesem Grund kann meines Erachtens beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts die Anerkennung oder auch die Bestätigung einer Rücknahmebefugnis der Kommission den Grundsatz der Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Union nach Art. 13 Abs. 2 EUV nicht beeinträchtigen. Sie ist eher eine besondere Ausprägung dieser Befugnis, ungeachtet dessen, dass die Modalitäten der Ausübung dieser Befugnis ihrerseits unter Umständen das institutionelle Gleichgewicht beeinträchtigen können, was im Folgenden zu prüfen sein wird.

    50. Insoweit ist der Wert des Art. 293 AEUV(37) anzuerkennen, der das Instrument zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Befugnissen des Rates und denen der Kommission darstellt(38) . Diese Vorschrift, deren Wortlaut sich seit der Unterzeichnung des EWG-Vertrags nur geringfügig verändert hat, enthält zwei eng miteinander verbundene Bestimmungen, von denen die eine es ausschließt, dass der Rat einen Rechtsakt ohne das Einverständnis der Kommission erlässt, und die andere es der Kommission erlaubt, ihren eigenen Vorschlag einfach jederzeit zu ändern, so dass der Rat nicht gezwungen ist, einstimmig zu entscheiden(39) . Die sukzessiven Vertragsänderungen haben die Anwendung von Abs. 1 dieses Artikels jedoch eingeschränkt, insbesondere seit der allgemeineren Anwendung des Mitentscheidungsverfahrens und dann des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Sinne des Vertrags von Lissabon. Art. 293 Abs. 1 AEUV findet nämlich weder im Fall eines Vermittlungsausschusses noch bei einer dritten Lesung nach Art. 294 AEUV oder im Rahmen des Haushaltsverfahrens Anwendung, da für diese Fälle Sondervorschriften gelten.

    51. Schließlich ist das auf das Demokratieprinzip gestützte Argument zu prüfen, das die deutsche Regierung im Hinblick auf die Rolle des Parlaments als Mitgesetzgeber vorgetragen hat. Die deutsche Regierung schlägt vor, Art. 293 Abs. 2 AEUV dahin auszulegen, dass er insbesondere auf den Ablauf der Verhandlungen zwischen Rat und Parlament abzielt. Eine solche Auslegung scheint von dem Postulat auszugehen, dass die Kommission, sobald eine politische Einigung zwischen den Gesetzgebern erzielt wurde, keine Möglichkeit mehr hätte, ihre Vorrechte hinsichtlich des Rechtsetzungsvorschlags auszuüben, womit ihre vermittelnde Rolle im Dienst des Gesetzgebers („honest broker“) bestätigt würde.

    52. Zwar ist anzuerkennen, dass die Beteiligung des Parlaments am Gesetzgebungsverfahren Ausdruck eines grundlegenden demokratischen Prinzips ist, nach dem die Völker durch eine Versammlung ihrer Vertreter an der Ausübung der hoheitlichen Gewalt beteiligt sind(40), doch käme es meines Erachtens einer Beeinträchtigung des in den Verträgen festgelegten institutionellen Gleichgewichts gleich, würde man von vornherein einer Maximierung der Beteiligung des Parlaments am Entscheidungsprozess den Vorzug geben(41) . Außerdem ist es angebracht, eine solche Debatte in ihrem korrekten verfassungsrechtlichen Kontext zu führen, nämlich dem eines Rechtsstreits über die Rechtsgrundlage eines zu erlassenden Rechtsakts. Die vorliegende Rechtssache wirft aber die davon zu trennende Frage auf, auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage die Rücknahmebefugnis im legislativen Bereich beruht. Jedenfalls stützt die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht den Ansatz der deutschen Regierung(42) .

    53. Zudem hat das Parlament seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon als Mitgesetzgeber im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens die gleiche Stellung wie der Rat inne, was meines Erachtens beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts ein wichtiges Zeichen für die Aufwertung des Parlaments darstellt. Insbesondere lässt sich die Bedeutung der Beziehung zwischen Parlament und Rat und die entsprechende Verringerung der Rolle der Kommission mühelos aus dem Vergleich zwischen der ersten und den nachfolgenden Lesungen des Gesetzgebungsverfahrens nach Art. 294 AEUV ableiten(43) . So geht es in der zweiten Lesung nicht mehr um den Vorschlag der Kommission, sondern um die Abänderungen des Standpunkts des Rates, denen die Kommission entweder zustimmen oder zu denen sie eine ablehnende Stellungnahme abgeben kann(44) . Fortgesetzt wird das Verfahren dann durch eine dritte Lesung auf der Grundlage des von Parlament und Rat angenommenen Entwurfs(45) .

    54. Es trifft zu, dass die Bedeutung der Verhandlungen zwischen Parlament und Rat von der ersten Lesung an anerkannt ist. Für den Rat ergeben sich Vorteile aus der Verabschiedung der „Allgemeinen Ausrichtung“, die de facto als Verhandlungsgrundlage angesehen wird(46) . Dagegen enthält der Wortlaut der Art. 293 AEUV und 294 AEUV keine Stütze für die These, dass die formelle oder informelle politische Einigung zwischen Rat und Parlament einen absoluten Vorrang gegenüber der Ausübung des Initiativrechts der Kommission im Stadium der ersten Lesung habe. Die Ausübung dieser Zuständigkeit ist vielmehr Ausdruck des institutionellen Gleichgewichts. Insoweit räumt die deutsche Regierung selbst ein, dass die Kommission ihren Vorschlag in bestimmten Fällen kraft eines komplementären, ungeschriebenen Rechts zurücknehmen könne.

    55. In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen dürfte die Anerkennung einer Rücknahmebefugnis der Kommission in der Weise einzuschränken sein, dass eine solche Befugnis angesichts ihrer Auswirkungen nur unter Beachtung der in den Verträgen festgelegten Grenzen und der allgemeinen Rechtsgrundsätze ausgeübt werden kann. Ich teile somit voll und ganz den Standpunkt des Rates, wenn er hervorhebt, dass die Rücknahmebefugnis nicht missbräuchlich erfolgen darf(47) . Somit ist der Umfang der Rücknahmebefugnis zu bestimmen.

    3. Zum Wesen der Rücknahmebefugnis der Kommission

    56. Zunächst scheint mir unbestreitbar, dass die Anerkennung der Rücknahmebefugnis und vor allem deren Ausübung durch die Kommission die Rechtsstellung der anderen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe beeinträchtigt. Die Ausübung dieser Befugnis, die in der durch den EU-Vertrag der Kommission übertragenen Verantwortung für die Förderung der Interessen der Union verankert ist, hindert die Mitgesetzgeber daran, das Gesetzgebungsverfahren weiterzuverfolgen. Da sie deren Rechtsstellung in definitiver Weise beeinträchtigt, kann die Rücknahmebefugnis nicht unbegrenzt sein.

    57. Erstens stellt die Rücknahmebefugnis vor allem ein anerkanntes Vorrecht dar, das der Kommission für begrenzte Zeit zuerkannt wird. Im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens sind der Kommission in den verschiedenen Phasen des Verfahrens wichtige Funktionen als Hüterin der allgemeinen Interessen übertragen worden, was dazu führt, dass sie politisch zwischen den Organen vermittelt, ohne dabei ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Die Rolle der Kommission verändert sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens beträchtlich. Das Gleiche muss folglich für die Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags gelten, die nicht mit einem legislativen Vetorecht verwechselt werden darf, das ein Vorrecht der Exekutive darstellt, im Allgemeinen dem Staatsoberhaupt zuerkannt wird und das Inkrafttreten eines vom Rechtsetzungsorgan erlassenen Legislativakts vorübergehend oder endgültig verhindert.

    58. Aus diesem Grund muss Art. 293 Abs. 2 AEUV, wonach die Kommission befugt bleibt, den Entwurf zu ändern, so verstanden werden, dass er auch für die Ausübung der Rücknahmebefugnis eine zeitliche Beschränkung impliziert.

    59. Der Vergleich zwischen den verschiedenen in Art. 294 AEUV vorgesehenen Lesungen zeigt nämlich, dass die Kommission in der Phase der ersten Lesung ihr Initiativrecht unter Wahrung der allgemeinen Rechtsgrundsätze ausübt, während ihre verfassungsrechtlichen Vorrechte in der Phase der zweiten und der dritten Lesung immer weiter abnehmen.

    60. Nachdem der Rat seinen „Standpunkt in erster Lesung“ im Sinne von Art. 294 Abs. 5 AEUV festgelegt hat, ist der Rat im Sinne von Art. 293 Abs. 1 AEUV „tätig geworden“, so dass sich die Rolle der Kommission dann nach Art. 294 Abs. 7 Buchst. c AEUV in Verbindung mit Art. 294 Abs. 9 AEUV darauf beschränkt, eine Stellungnahme zu den vom Parlament in zweiter Lesung vorgeschlagenen Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung abzugeben. Die Aufteilung der Rechtsetzungsbefugnis zwischen Parlament und Rat, die auf dem früheren Verfahren der Zusammenarbeit beruht, erlaubt es der Kommission folglich nicht, so weit zu gehen, dass sie ihren Vorschlag ändert oder gar zurücknimmt, nachdem der Rat seinen Standpunkt förmlich festgelegt hat. Die Kommission bleibt gleichwohl in vollem Umfang in das Verfahren einbezogen, bis es abgeschlossen ist. Bevor sich der Rat zum Standpunkt des Parlaments äußern kann, muss ihm nämlich die Stellungnahme der Kommission zu diesen Abänderungen vorliegen(48) .

    61. Da die Rücknahmebefugnis eine der Ausprägungen der Verantwortlichkeiten, die der Kommission durch die Verträge übertragen werden, und insbesondere ihres Initiativrechts darstellt, ist Art. 294 Abs. 5 AEUV folglich dahin auszulegen, dass er die zeitliche Grenze festlegt, über die hinaus die Kommission nicht mehr das Recht hat, den Vorschlag für einen Rechtsetzungsakt zurückzuziehen(49) .

    62. Der spezielle Fall der Rücknahme aufgrund des Subsidiaritätsprotokolls spricht ebenfalls für eine solche Auslegung der zeitlichen Begrenzung der Rücknahmebefugnis. Wenn nämlich die Kommission trotz der von nationalen Parlamenten nach Art. 6 dieses Protokolls geäußerten Zweifel an der Vereinbarkeit des Entwurfs eines Gesetzgebungsakts mit dem Subsidiaritätsprinzip an ihrem Vorschlag festhält, muss der Gesetzgeber nach Art. 7 Abs. 3 Buchst. a des Protokolls vor Abschluss der ersten Lesung prüfen, ob das Subsidiaritätsprinzip gewahrt ist. Daraus folgt, dass etwaige Einwände der nationalen Parlamente sowie die Entscheidung der Kommission, den Vorschlag zurückzuziehen, an ihm festzuhalten oder ihn zu ändern, zu einem früheren Zeitpunkt und in jedem Fall vor dem Abschluss der ersten Lesung erfolgen müssen.

    63. Außerdem bestätigt eine solche Festlegung der zeitlichen Grenzen die Rechtmäßigkeit der von der Kommission bislang vorgenommenen gruppierten Rücknahmen. Da es im Rahmen der ersten Lesung keine zwingenden Fristen gibt, bleibt sie nämlich dafür verantwortlich, wie mit Legislativvorschlägen in dieser Phase zu verfahren ist. Da die erste Lesung keiner Frist unterworfen ist, können sich die Debatten so lange hinziehen, wie die Organe es für nützlich erachten, sogar über mehrere Jahre. In diesem Zusammenhang erscheint es daher schlüssig, der Kommission die Befugnis oder sogar die Pflicht zuzuerkennen, ihren Vorschlag zurückzunehmen, wenn sie nicht mehr davon überzeugt ist, dass der fragliche Rechtsakt noch den allgemeinen Interessen der Union dient. Dagegen sind in der zweiten und der dritten Lesung die zwingenden, sehr kurzen Fristen(50) strikt einzuhalten, und die Mitgesetzgeber werden „Herren“ des zu erlassenden Rechtsakts.

    64. Schließlich entspricht es dem grundlegenden Gebot der Rechtssicherheit, die Rücknahmebefugnis in einer Vertragsbestimmung zu regeln. Das in diesem Zusammenhang von der deutschen Regierung vorgebrachte Argument(51), dass eine förmliche Einigung von Parlament und Rat in Form eines Ergebnisses von Trilogen einer Rücknahme des Rechtsetzungsvorschlags durch die Kommission entgegenstehe, kann keinen Erfolg haben. Zwar ist anzuerkennen, dass das Gesetzgebungsverfahren eine zweifache Dimension – eine rechtliche, aber auch eine politische – hat, wobei Letztere in dem Sinne entscheidend ist, dass sie die Erzielung eines Konsenses ermöglicht(52) . Gleichwohl überwiegt die Notwendigkeit einer sich aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der repräsentativen Demokratie, nach dem die Verfahren im Rahmen des Erlasses eines Gesetzgebungsakts transparent sein müssen, ergebenden rechtlichen Disziplin dergestalt, dass der Konsens anschließend an einer Bestimmung des Vertrags festgemacht werden muss, um sich nicht der Gefahr einer Rechtswidrigkeit des Handelns des Gesetzgebers auszusetzen(53) .

    65. Zweitens unterliegt die Rücknahmebefugnis in dem vorab festgelegten zeitlichen Rahmen einer fundamentalen Begrenzung, die sich aus der Notwendigkeit der Beachtung des in Art. 13 Abs. 2 EUV angesprochenen Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit ergibt. Im Rahmen des interinstitutionellen Dialogs, auf dem das Gesetzgebungsverfahren beruht, gelten nämlich für die Organe die gleichen gegenseitigen Pflichten zu loyaler Zusammenarbeit, wie sie die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Unionsorganen prägen(54) .

    66. Schließlich stößt die Rücknahmebefugnis an die Grenze, die die Grundlage für eine Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV darstellen kann. Die Rücknahme eines Legislativvorschlags kann nämlich einen Verstoß der Kommission gegen eine Pflicht zum Tätigwerden darstellen(55) .

    4. Zur Rechtsnatur des Beschlusses zur Rücknahme des Rechtsetzungsvorschlags und zu den Grenzen der Kontrolle durch den Unionsrichter

    67. Die Kommission macht in ihrer Klagebeantwortung geltend, dass sie den angefochtenen Beschluss erlassen habe, weil der Rechtsetzungsakt, den die Mitgesetzgeber trotz ihrer Warnungen hätten erlassen wollen, eine Verfälschung ihres Vorschlags und eine schwerwiegen de Beeinträchtigung des institutionellen Gleichgewichts darstelle. Nach der zwischen Parlament und Rat erzielten grundsätzlichen Einigung solle in Art. 7 des Rahmenverordnungsvorschlags die Zuweisung der Durchführungsbefugnisse an die Kommission durch den Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ersetzt werden, was den mit dem Vorschlag verfolgten Zielen der Effizienz, Transparenz und Kohärenz abträglich wäre. Zudem würden die übrigen Bestimmungen des Rahmenverordnungsvorschlags, die ihre Durchführungsbefugnisse ausgestalten sollten, durch die Änderung, auf die sich das Parlament und der Rat geeinigt hätten, jeder rechtlichen Wirkung beraubt.

    68. Die Verfälschung des Rahmenverordnungsvorschlags beruhe weniger auf der Weigerung, ihr die Zuständigkeit für den Erlass der individuellen Entscheidungen über die Gewährung einer Makrofinanzhilfe zu übertragen, als auf dem Willen der Mitgesetzgeber, am Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren festzuhalten. Eine Lösung, die im Einklang mit dem ursprünglichen Vorschlag des Parlaments den Rückgriff auf delegierte Rechtsakte unter den Voraussetzungen von Art. 290 Abs. 2 AEUV vorgesehen hätte, hätte hingegen keine solche Verfälschung dargestellt. Die Mitgesetzgeber hätten es überdies vorgezogen, den Vorschlag der Kommission so zu verändern, dass sie nicht nur verpflichtet gewesen wäre, in jedem Einzelfall, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung einer Makrofinanzhilfe vorgelegen hätten, einen Rechtsetzungsvorschlag vorzulegen, sondern auch der Inhalt ihrer künftigen Vorschläge weitgehend vorgegeben gewesen wäre. Ihr Initiativrecht wäre dadurch vollkommen vorbestimmt und eingegrenzt worden.

    69. Der Rat macht geltend, selbst wenn man annähme, dass eine Verfälschung des Rechtsetzungsvorschlags oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des institutionellen Gleichgewichts berechtigte Rücknahmegründe seien, sei keiner dieser Umstände im vorliegenden Fall gegeben.

    70. Angesichts dieser Diskussion ist es wichtig, die Rechtsnatur des Rücknahmebeschlusses vorab genau zu bestimmen.

    71. Der Beschluss zur Rücknahme des an den Rat und das Parlament gerichteten Rechtsetzungsvorschlags ergeht im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, das eine besondere Form des interinstitutionellen Dialogs darstellt.

    72. Im vorliegenden Fall ergibt sich eindeutig aus den Akten, dass dieser Beschluss, der aus den Gründen erlassen wurde, die die Kommission zur Unterbrechung des Gesetzgebungsverfahrens bewogen, auf einer doppelten Ebene zu prüfen ist, die den Ausgangspunkt meiner Analyse darstellen wird. Somit ist zwischen der formalen, die Ausübung der Rücknahmebefugnis betreffenden Ebene (auf der zu prüfen ist, ob das zuvor bestimmte Wesen der Rücknahmebefugnis beachtet wurde) und der materiellen, die Begründetheit des Rücknahmebeschlusses in einem bestimmten Fall betreffenden Ebene (d. h. der Gründe, die die Kommission zur Rücknahme des konkreten Vorschlags veranlassten) zu unterscheiden.

    73. Ich bin der Ansicht, dass nur der erste Aspekt des Rücknahmebeschlusses der richterlichen Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegen kann. Der zweite Aspekt dagegen, der die Begründetheit betrifft, unterliegt der Rechtmäßigkeitskontrolle des endgültigen Rechtsakts, der nur erlassen werden könnte, wenn die Kommission ihre Rücknahmebefugnis nicht oder zu Unrecht ausgeübt hätte. Angesichts dieser Unterscheidung unterliegt der Rücknahmebeschluss meines Erachtens überdies nicht der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, weil die Gründe, die zum Erlass des Rechtsakts geführt haben, in die inhaltliche Überprüfung des endgültigen Rechtsakts einzubeziehen sind. Hierauf werde ich im Rahmen des dritten Klagegrundes zurückkommen.

    74. Würde der Gerichtshof dagegen die Begründetheit des Rücknahmebeschlusses der Kommission prüfen, liefe das nicht nur darauf hinaus, dass das durch den Vertrag vorgegebene System der Rechtsschutzmöglichkeiten umgangen würde, indem die Rechtmäßigkeit eines Gesetzgebungsakts ex ante (56) geprüft würde, sondern auch darauf, dass eine mittelbare Rechtmäßigkeitskontrolle eines Gesetzgebungsakts in statu nascendi vorgenommen würde, der noch nicht erlassen wurde und daher rechtlich nicht existiert.

    75. Der die Begründetheit des streitigen Beschlusses betreffende Aspekt umfasst im vorliegenden Fall eine politische Analyse der Opportunität der zu erlassenden Maßnahme, eine Prüfung der Besonderheiten der Anwendung des fraglichen Rechtsakts, insbesondere die Modalitäten der Makrofinanzhilfe, die Wahl der Rechtsgrundlage, die Frage der Aufteilung der Zuständigkeiten im Hinblick auf die Übertragung der Durchführungsbefugnisse auf die Kommission und, allgemeiner, die Problematik der möglichen Rechtswidrigkeit der zu erlassenden Verordnung. Diese verschiedenen Fragen können dem Gerichtshof nach Abschluss des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen einer gegen den endgültigen Rechtsakt erhobenen Nichtigkeitsklage vorgelegt werden.

    76. So macht die Kommission geltend, der angefochtene Beschluss sei nicht aufgrund von Opportunitäts- oder politischen Erwägungen gefasst worden, von denen sie sich angeblich habe leiten lassen und dabei zu Unrecht als Mitgesetzgeber aufgetreten sei, sondern aufgrund der Befürchtung, dass der von den Mitgesetzgebern erlassene Rechtsakt gegen die Interessen der Union verstoße. Meiner Ansicht nach kann sich der Gerichtshof vor dem Erlass der fraglichen Rechtsetzungsmaßnahme nicht zur Stichhaltigkeit einer solchen Argumentation äußern, da er sonst Gefahr liefe, die ihm durch die Verträge übertragenen Zuständigkeiten zu überschreiten.

    77. In diesem Kontext kommt der Prüfung des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung besondere Bedeutung zu.

    78. Zunächst muss die auf die Rüge einer Verfälschung des Rechtsetzungsvorschlags gestützte Argumentation meines Erachtens im Rahmen der Kontrolle des endgültigen Rechtsakts geprüft werden, weil die Verfälschung eines Kommissionsvorschlags durch den Mitgesetzgeber einer Entscheidung ohne vorherige Befassung mit einem Vorschlag und somit einer Verletzung des Initiativrechts der Kommission gleichkäme. In diesem Fall haftet die Rechtswidrigkeit dem endgültigen Rechtsakt an(57) .

    79. Außerdem beruht die Beeinträchtigung von Vorrechten der Organe klassischerweise auf der falschen Wahl der Rechtsgrundlage. Die Wahl der Rechtsgrundlage eines Unionsrechtsakts muss sich nämlich auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören(58) . Das Gebot der Rechtssicherheit verlangt, dass jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Unionsrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muss und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist(59) . Diese Rechtsprechung kommt jedoch nicht vor dem Erlass des Rechtsakts zur Anwendung, dessen Begründetheit im Rahmen eines Zwischenverfahrens über den Hauptrechtsakt angefochten wird.

    80. Auch wenn man annimmt, dass der Gerichtshof die Begründetheit des Rücknahmebeschlusses prüfen kann, stellt sich jedenfalls die Frage, welche Rechtswirkungen ein solches Urteil des Gerichtshofs insbesondere im Hinblick auf seine Rechtskraft hätte.

    81. Würde der Gerichtshof den auf materieller Ebene gegen die Gründe des Rücknahmebeschlusses gerichteten Rügen stattgeben und entscheiden, dass die Kommission das Vorgehen der Mitgesetzgeber zu Unrecht als Verfälschung ihres ursprünglichen Entwurfs angesehen habe, könnte das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt werden. Da die beim Gerichtshof erhobenen Klagen nach Art. 278 AEUV keine aufschiebende Wirkung haben, es sei denn, der Gerichtshof hält es für angebracht, den Vollzug auszusetzen, müsste das gesamte Verfahren von Neuem beginnen, d. h., die Kommission müsste einen neuen Rechtsetzungsvorschlag machen. Somit würde sich die Frage stellen, inwieweit das Urteil des Gerichtshofs für die Kommission bindende Wirkung hätte, indem es ihr Initiativrecht dahin gehend einschränkt, dass sie weder ihren ursprünglichen noch einen anderen, von dem vom Gerichtshof „validierten“ Standpunkt der Mitgesetzgeber abweichenden Vorschlag vorlegen könnte. Mit einer solchen der Kommission auferlegten Sanktion würde der Gerichtshof meines Erachtens von der vorgenannten Rechtsprechung abweichen, nach der die Vorrechte der Organe Bestandteil des durch die Verträge geschaffenen institutionellen Gleichgewichts sind(60) .

    82. Dies wäre auch dann der Fall, wenn der Gerichtshof den Rücknahmebeschluss bestätigen würde, z. B. weil nicht die von den Mitgesetzgebern vorgeschlagene Rechtsgrundlage heranzuziehen ist, sondern diejenige, auf die sich der Vorschlag der Kommission stützte. Ich halte es für angebracht, darauf hinzuweisen, dass nach den Bestimmungen des AEU-Vertrags über die rechtsetzende Tätigkeit der Organe das Parlament und der Rat gemeinsam insbesondere nach den Art. 294 Abs. 7 Buchst. a und 13 AEUV die Möglichkeit haben, die von der Kommission herangezogene Rechtsgrundlage während des Gesetzgebungsverfahrens abzuändern(61) .

    83. Deshalb scheint mir, dass der Gerichtshof sich damit als Schiedsrichter par excellence im Rahmen eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens betätigen würde.

    84. Aus allen dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof deshalb vor, sich im Rahmen der vorliegenden Klage nicht zu den von der Kommission vorgetragenen Gründen zur Stützung ihres Rücknahmebeschlusses zu äußern. Ich erinnere insoweit daran, dass die Kommission geltend macht, dass sie einen Vorschlag insbesondere im Fall einer gravierenden Verfälschung, einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des institutionellen Gleichgewichts oder einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Vorschlags zurücknehmen könne. Die Kommission spricht sich ebenfalls für eine Rücknahmemöglichkeit bei mangelnder Zuständigkeit der Union oder einem Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip aus. Hierbei handelt es sich meines Erachtens aber um Aspekte, die im Einzelfall der Rechtmäßigkeitskontrolle des endgültigen, am Ende des Gesetzgebungsverfahrens erlassenen Rechtsakts unterliegen.

    85. Daher schlage ich vor, die sowohl vom Rat als auch von der Kommission zur Begründetheit des angefochtenen Beschlusses vorgetragenen Argumente als ins Leere gehend anzusehen und die richterliche Kontrolle allein auf die das Wesen des Rücknahmerechts betreffenden formalen Gesichtspunkte zu beschränken, die in den Nrn. 56 bis 65 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt werden.

    86. Nach alledem schlage ich vor, den ersten Klagegrund des Rates zurückzuweisen. Da sich aus den Akten ergibt, dass die Kommission den Vorschlag zurückgenommen hat, bevor der Rat im Sinne von Art. 294 Abs. 5 AEUV tätig wurde, ist der zweite, den Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit betreffende Klagegrund des Rates zu prüfen.

    VI – Zum Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 13 Abs. 2 EUV

    A – Vorbringen der Parteien

    87. Mit seinem zweiten Klagegrund macht der Rat geltend, dass die Kommission im vorliegenden Fall gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen habe, der nach einer in Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV kodifizierten Rechtsprechung auch für die Unionsorgane gelte(62), insbesondere im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens(63) .

    88. Der Rat und die ihm als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten machen geltend, die Kommission habe, statt insbesondere im Stadium der Annahme der Allgemeinen Ausrichtung des Rates oder der Debatten über den Bericht des Parlaments Bedenken zu äußern, erklärt, dass dieser eine gute Grundlage für die weiteren Gespräche bilde. Im November 2011 habe ein Kommissionsbeamter einen Beamten des Rates darüber informiert, dass eine Reihe von Änderungen die Substanz ihres Rahmenverordnungsvorschlags verfälschten, ohne speziell die Änderung von Art. 7 des Vorschlags zu erwähnen. Auch im „Non-Paper“ der Kommission vom Januar 2013 sei von einer eventuellen Rücknahme ihrer Rechtsetzungsinitiative keine Rede. Obwohl die Kommission bei den Arbeitssitzungen des Rates und den Trilogen stets anwesend gewesen sei, habe sie ihre Absicht, den Vorschlag zurückzunehmen, erst in einem späten Stadium, nämlich beim Trilog am 25. April 2013, offiziell bekundet. Ihre interne Note SI(2013)231 zeige, dass sie ihren Vorschlag noch schnell an eben dem Tag zurückgenommen habe, an dem der von Parlament und Rat erzielte Kompromiss habe paraphiert werden sollen.

    89. Bei der Sitzung der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten am 7. Mai 2013 habe die Kommission – obwohl sie von der Ratspräsidentschaft ausdrücklich aufgefordert worden sei, die Delegationen über ihre etwaige Absicht zu informieren, den Rahmenverordnungsvorschlag zurückzunehmen – nicht erwähnt, dass diese Frage am Folgetag auf der Tagesordnung des Kommissionskollegiums gestanden habe.

    90. Die Missachtung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit durch die Kommission werde durch die Tatsache verstärkt, dass sie die in den Art. 3 Abs. 2 und 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Rates(64) vorgesehenen Verfahrenswege nicht ausgeschöpft habe, um zu überprüfen, ob die nach Art. 293 Abs. 1 AEUV für die Abänderung ihres Rahmenverordnungsvorschlags erforderliche Einstimmigkeit im vorliegenden Fall vorgelegen habe, und auch nicht um eine Probeabstimmung in den Vorbereitungsgremien des Rates gebeten habe(65) .

    91. Die Tschechische Republik und die Bundesrepublik Deutschland sind der Ansicht, dass die Kommission rechtsmissbräuchlich gehandelt habe(66) . Die Italienische Republik und das Vereinigte Königreich machen geltend, unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission den Rahmenverordnungsvorschlag zurückgenommen habe, habe sie von vornherein jede Diskussion und jede Verhandlung mit den Mitgesetzgebern über den Inhalt von Art. 7 des Vorschlags ausgeschlossen, während es bei den Mitgesetzgebern insoweit einen gemeinsamen Ansatz gegeben habe.

    92. Zur Rüge einer verspäteten Rücknahme hebt die Kommission hervor, dass sie bei den Arbeitsgruppentreffen der Finanzreferenten am 15. und 22. November 2011 klar darauf hingewiesen habe, dass die vom Rat beabsichtigten Änderungen ihren Rahmenverordnungsvorschlag verfälschten. Bei der Verabschiedung der Allgemeinen Ausrichtung des Rates am 15. Dezember 2011 habe sie es nicht für notwendig gehalten, einen förmlichen Vorbehalt zu erklären, weil diese „Allgemeine Ausrichtung“ nur den Standpunkt dargestellt habe, den die Ratspräsidentschaft im Rahmen der Triloge vertreten würde. Jedenfalls sei es in diesem Stadium nicht sicher gewesen, dass der Standpunkt beibehalten werde, zumal der Standpunkt des Parlaments noch nicht festgestanden habe und es sich bei dessen Verabschiedung im Mai 2012 für die Entscheidungsfindung aufgrund des Erlasses delegierter Rechtsakte ausgesprochen habe. In der Folge habe sie ihre Einwände gegen den Standpunkt des Rates in ihrem „Non-Paper“ vom Januar 2013 wiederholt und eine Reihe von Elementen für eine Lösung vorgeschlagen, um aus der Sackgasse herauszukommen.

    93. Zweitens hätten ihre Vertreter nach dem Trilog am 30. Januar 2013, in dessen Verlauf klar geworden sei, dass eine Gefahr der Verfälschung des Rahmenverordnungsvorschlags bestehe, und unmittelbar nachdem das Kommissionskollegium sie dazu ermächtigt habe, die Mitgesetzgeber davon in Kenntnis gesetzt, dass sie diesen Vorschlag zurücknehmen könnte(67) . Erst als sich Anfang Mai 2013 herausgestellt habe, dass sie die beiden Mitgesetzgeber nicht von der Notwendigkeit überzeugen könne, ihren gemeinsamen Standpunkt zu überdenken, sei sie durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses ihrer Verantwortung nachgekommen.

    94. Drittens trägt die Kommission vor, bei der Erstellung der internen Note SI(2013)231 sei das Datum des nächsten Trilogs noch nicht bekannt gewesen. Dass der angefochtene Beschluss an dem Tag erlassen worden sei, an dem die Mitgesetzgeber eine Einigung hätten finalisieren wollen, sei ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen. Hätte sie verfrüht auf die Möglichkeit einer Rücknahme des Rahmenverordnungsvorschlags hingewiesen, wäre dies der Ausgeglichenheit der interinstitutionellen Erörterungen und dem ordnungsgemäßen Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens abträglich gewesen.

    95. Zum unterbliebenen Rückgriff auf andere Verfahrensmöglichkeiten nach der Geschäftsordnung des Rates trägt die Kommission vor, sie sei aufgrund ihrer Beteiligung an den gesamten Arbeiten der Gruppe der Finanzreferenten des Rates zu der Feststellung gelangt, dass die Standpunkte der Mitgliedstaaten völlig eindeutig seien und ein förmliches Votum nichts an der Situation geändert hätte.

    B – Würdigung

    96. Um die Tragweite der Problematik des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit richtig zu erfassen, ist zunächst hervorzuheben, dass die Ausübung der Rücknahmebefugnis zu allererst durch das Verbot des Ermessensmissbrauchs eingeschränkt wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsakt nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass er ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen wurde, ein Verfahren zu umgehen, das der AEU-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen(68) .

    97. Deshalb kann ein möglicher Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nicht einem Ermessensmissbrauch gleichgesetzt werden.

    98. Insoweit weise ich zum einen darauf hin, dass der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit es erlaubt, die aus Grauzonen des Vertrags resultierenden Rechtsunsicherheiten, wie sie sich im vorliegenden Fall aus den Modalitäten der Ausübung der Rücknahmebefugnis ergeben, zu beseitigen. Zum anderen lässt sich der Inhalt dieses Grundsatzes, auch wenn er auf die informelle Zusammenarbeit zwischen den Unionsorganen anwendbar ist, nicht genau erfassen(69) .

    99. Der in Art. 13 Abs. 2 EUV kodifizierte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verlangt die gleiche Beachtung wie die Aufteilung der jeweiligen Zuständigkeiten und das institutionelle Gleichgewicht(70) . In diesem Rahmen können das Parlament, der Rat und die Kommission nach Art. 295 AEUV zur Regelung der Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit interinstitutionelle Vereinbarungen mit gegebenenfalls bindendem Charakter schließen.

    100. Mit seinem Klagegrund wirft der Rat der Kommission im Wesentlichen vor, dass sie ihre Absicht, den Vorschlag zurückzunehmen, erst in einem sehr späten Stadium der Triloge erklärt habe, als die den Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren betreffende Einigung zwischen Parlament und Rat unmittelbar bevorgestanden habe. Der Rat geht offenbar davon aus, dass die Tatsache, dass der Trilog für den Tag anberaumt war, an dem auch der angefochtene Beschluss erlassen wurde, einer Ausübung der Rücknahmebefugnis durch die Kommission entgegengestanden habe.

    101. Auch wenn, wie ich bereits im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes dargelegt habe, die Bedeutung eines Trilogs(71) als Ausdruck der interinstitutionellen Zusammenarbeit anzuerkennen ist, darf die politische Dimension des Gesetzgebungsverfahrens nicht Vorrang vor seiner rechtlichen Dimension haben.

    102. Die Triloge laufen nämlich in einem informellen Rahmen ab und können je nach der Art der zu erwartenden Debatte in allen Verfahrensstadien und auf verschiedenen Repräsentationsebenen stattfinden(72) . Wie beim Vermittlungsausschuss im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens (und zuvor des Mitentscheidungsverfahrens) besteht die Rolle des Trilogs darin, bei etwaigen zwischen den Organen auftretenden Meinungsverschiedenheiten zu vermitteln und eine Einigung zwischen ihnen zu suchen.

    103. Dagegen ist der Trilog im Unterschied zum Vermittlungsausschuss als solcher im AEU-Vertrag nicht vorgesehen und stellt keinen rechtlich zwingenden Schritt im Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens dar(73) . Dies ergibt sich auch aus der Gemeinsamen Erklärung von 2007, wonach in einem Schreiben die Bereitschaft des Rates erklärt wird, das Ergebnis eines Trilogs vorbehaltlich einer Überprüfung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen zu akzeptieren, falls es durch die Abstimmung im Plenum bestätigt wird(74) . Aus diesem Grund bin ich der Ansicht, dass die Rüge, der angefochtene Beschluss sei „verspätet“ mitgeteilt worden, keinen Erfolg haben kann.

    104. In diesem Kontext scheint mir der Hinweis von grundlegender Bedeutung zu sein, dass vor und nach der Rücknahme eine umfassende Kommunikation zwischen der Kommission und den Mitgesetzgebern stattfinden muss. Die Rücknahme darf nämlich nicht überraschend oder unter Verstoß gegen die Grundsätze des guten Glaubens verstoßen.

    105. Insoweit kann der Wortlaut der interinstitutionellen Vereinbarungen nützliche Hinweise geben. So ergibt sich u. a. aus der zwischen dem Parlament und der Kommission geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 20. November 2010, dass die Kommission gehalten ist, rechtzeitig ausführliche Erläuterungen zur Verfügung zu stellen, bevor sie Vorschläge zurückzieht, zu denen das Parlament bereits in erster Lesung einen Standpunkt eingenommen hat(75) . Außerdem sind die Organe nach dem Wortlaut der Gemeinsamen Erklärung von 2007 während des gesamten Verfahrens um loyale Zusammenarbeit bemüht, wobei der politische Charakter des Entscheidungsprozesses ohne Einschränkung beachtet wird.

    106. Im vorliegenden Fall scheint mir die Kommission ihrer Pflicht zur umfassenden und zeitlich mit anderen Organen abgestimmten Kommunikation nicht vollständig nachgekommen zu sein. Vor allem ist ein bloßer Austausch von E‑Mails zwischen den Beamten der Kommission und des Rates vom 25. November 2011, in denen die Verfälschung des Vorschlags der Kommission erwähnt wird, hierfür kein ausreichendes Mittel. Aus den Akten ergibt sich allerdings, dass die Kommission ab Februar 2013 die Möglichkeit der Rücknahme mehrfach und auf hoher Ebene ansprach.

    107. So hob der Vertreter der Kommission bei der Sitzung der Finanzreferenten am 26. Februar 2013 hervor, dass die vorgeschlagene Ausrichtung den Vorschlag der Kommission verfälsche, weswegen sie die Rücknahme ihres Vorschlags erwägen könnte(76) . Beim fünften Trilog war den Organen, insbesondere dem Parlament, das Risiko einer Rücknahme offensichtlich bewusst, da der Berichterstatter, Herr Kazak, die Kommission bat, den Vorschlag zu unterstützen und nicht zurückzuziehen(77) . In der Folge, beim Treffen der Finanzreferenten am 9. April 2013, wiederholte die Kommission eindeutig die Möglichkeit einer Rücknahme, wenn für die MFH-Beschlüsse das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gewählt würde(78) . Außerdem sprach sie in der Sitzung am 2. Mai 2013 nicht nur das Risiko einer Rücknahme an, sondern räumte auch ein, dass diese Möglichkeit von den Dienststellen der Kommission auf höchster Ebene geprüft werde(79) .

    108. Die in der Akte enthaltenen Tatsachen lassen somit nicht die Feststellung zu, dass die Kommission gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen hat.

    109. Schließlich möchte ich zu der Frage, ob die Kommission die in der Geschäftsordnung des Rates vorgesehenen Verfahrensmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, daran erinnern, dass die Geschäftsordnungen der Organe atypische Rechtsakte darstellen, die ihre jeweiligen organisatorischen Grundsätze regeln. Was die möglichen Auswirkungen auf andere Organe betrifft, können die Geschäftsordnungen nur die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen den Organen regeln. Mir scheint daher unbestreitbar zu sein, dass sie das Verhalten eines anderen Organs berühren können, insbesondere indem ihm ein bestimmtes Erfordernis auferlegt oder eine bestimmte Zuständigkeit zugewiesen wird. Dies ist bei Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Rates der Fall, woraus sich eine Befugnis der Kommission ergibt, die Aufnahme eines Tagesordnungspunkts zu verlangen, für den ein Abstimmungsverfahren erforderlich ist. Dagegen erwächst aus dieser Vorschrift keinerlei Verpflichtung der Kommission.

    110. Überdies ging es im Urteil Parlament/Rat, das der Rat zur Stützung seines Klagegrundes anführt(80), nicht um die Ahndung der fehlenden Ausschöpfung der verfügbaren Verfahrenswege durch das Parlament, sondern darum, dass seine Entscheidung sich auf Gründe stützte, die nichts mit dem fraglichen Rechtsakt zu tun hatten, und dass es vor allem die Dringlichkeit des Verfahrens und die Notwendigkeit außer Acht gelassen hatte, die Verordnung vor dem Datum zu erlassen, an dem der Rat zu Recht festgehalten hatte.

    111. Folglich ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts, der eine Autonomie der Organe voraussetzt, die These, dass die Kommission aufgrund der Bestimmungen der Geschäftsordnung des Rates gehalten sei, eine Abstimmung zu verlangen, bevor sie ihren Rechtsetzungsvorschlag zurücknehme, zurückzuweisen.

    112. Jedenfalls stelle ich fest, dass durch die Verträge eine klare Aufteilung der Funktionen und Befugnisse der politischen Organe der Union geschaffen wurde. Aus ihr ergibt sich, dass jedes dieser Organe seine eigenen politischen Leitlinien erlassen und die zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten nutzen kann, um Einfluss auf die anderen Organe auszuüben. Somit kann eine vorherige Mitteilung hinsichtlich der Möglichkeit einer Rücknahme, wie sie die Kommission beim fünften Trilog vom 26. Februar 2013 vornahm, keinesfalls einer missbräuchlichen Drohung in Form eines Ermessensmissbrauchs gleichgestellt werden.

    113. Ich schlage daher vor, den zweiten Klagegrund zurückzuweisen.

    VII – Zur Verletzung der Begründungspflicht

    A – Vorbringen der Parteien

    114. Der Rat räumt zwar ein, dass der angefochtene Beschluss ein Rechtsakt „außerhalb der Nomenklatur“ sei, macht aber mit seinem dritten Klagegrund geltend, dass ein Beschluss zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags der richterlichen Kontrolle unterliege. Demzufolge müsse ein solcher Rücknahmebeschluss dem in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungserfordernis in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung entsprechen(81), und zwar unabhängig davon, ob er einen Beschluss im Sinne von Art. 288 AEUV darstelle(82) .

    115. Der angefochtene Beschluss sei weder erläutert noch veröffentlicht worden und enthalte keine Angaben zu den Gründen der Rücknahme.

    116. Die Kommission trägt vor, der Rat verwechsle die in Art. 296 AEUV aufgestellte Begründungspflicht, die darin bestehe, die Rechtsakte der Union im Sinne von Art. 288 AEUV zu begründen, indem in den Wortlaut des betreffenden Rechtsakts selbst eine Begründung aufgenommen werde, mit dem allgemeinen, in Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommenden Grundsatz, nach dem jede Entscheidung eines Organs auf Gründen beruhen müsse, die den beteiligten Parteien, in welcher Form auch immer, mitgeteilt werden müssten.

    117. Sie macht geltend, ein Rücknahmebeschluss wie der angefochtene Beschluss sei eine interne Verfahrensentscheidung und kein Rechtsakt im Sinne von Art. 288 AEUV. Ein solcher Beschluss habe keinen Adressaten im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV oder Art. 288 AEUV. Er enthalte weder einen Titel noch Bezugsvermerke, Erwägungsgründe oder Artikel. Er müsse, um Wirkung zu erlangen, weder bekannt gegeben noch veröffentlicht werden im Sinne von Art. 297 Abs. 2 AEUV. Die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV sei auf ihn somit nicht anwendbar(83) .

    B – Analyse

    118. Obwohl die verfassungsrechtliche Bedeutung der Begründungspflicht, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird(84), anzuerkennen ist, veranlassen die Rechtsnatur und der Kontext des Erlasses des angefochtenen Beschlusses mich zu dem Schluss, dass der angefochtene Beschluss nicht in den Geltungsbereich der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV fällt.

    119. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Wortlaut des Schreibens des Vizepräsidenten der Kommission, dass der angefochtene Beschluss unzweideutig und endgültig den Standpunkt der Kommission darstellt(85), in dem die Absicht der Kommission zum Ausdruck kommt, das Gesetzgebungsverfahren zu unterbrechen. Es handelt sich somit um eine organinterne Verfahrensentscheidung.

    120. Insoweit weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof im Zusammenhang mit einem interinstitutionellen Dialog bereits eine mündliche Erklärung eines Kommissars, die den Vorschlag der Kommission widerspiegelt, als gültige Phase des Gesetzgebungsverfahrens anerkannt hat. Dem Gerichtshof zufolge ist die Tatsache, dass dieser geänderte Vorschlag der Kommission keine Schriftform hat, ohne Bedeutung. Er führt aus: „Artikel 149 Absatz 3 EWG-Vertrag [jetzt Art. 293 Abs. 2 AEUV] … verlangt nicht, dass [die] geänderten Vorschläge notwendigerweise Schriftform aufweisen. Solche geänderten Vorschläge sind Teil des gemeinschaftlichen Gesetzgebungsverfahrens, das sich durch eine gewisse Flexibilität auszeichnet, die erforderlich ist, um zwischen den Organen eine Meinungsübereinstimmung zu erreichen. Sie unterscheiden sich grundlegend von den Rechtsakten, die die Kommission erlässt und die die Einzelnen unmittelbar betreffen. Unter diesen Umständen kann für die Annahme dieser Vorschläge nicht die strikte Einhaltung der Förmlichkeiten verlangt werden, die für den Erlass der Rechtsakte, die die Einzelnen unmittelbar betreffen, vorgeschrieben sind …“(86)

    121. Diese Analyse gilt erst recht für die Annahme, dass ein Schreiben eines Kommissars, in dem der Standpunkt des Kollegiums ausgedrückt wird, nicht unter die Begründungspflicht fällt, weil es zum Gesetzgebungsverfahren in dem vom Gerichtshof definierten Sinne gehört.

    122. Außerdem ist die Begründungspflicht im Sinne von Art. 296 AEUV, die auf dem Grundsatz beruht, dass der fragliche Rechtsakt die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihm die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann(87), offensichtlich ohne Bedeutung, wenn der Gerichtshof die Beschränkung der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines in der Hauptsache in Rede stehenden Rechtsakts sui generis allein auf die formale, das Wesen des Rücknahmerechts betreffende Ebene akzeptiert.

    123. Soweit die Kommission die oben definierten Grenzen des Wesens der Rücknahmebefugnis einhält, ist der Sache nach keine Begründung geboten, wenn die Mitgesetzgeber bei den interinstitutionellen Trilogen gebührend über die Gründe der Rücknahme informiert wurden und diese Gründe eng mit der Rolle verbunden sind, die die Kommission nach Art. 17 Abs. 1 EUV ausübt.

    124. Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

    125. Schließlich weise ich zur Kostentragung darauf hin, dass der Rat den Gerichtshof mit der vorliegenden Klage legitimerweise um Klarstellungen des Umfangs der verfassungsrechtlichen Rücknahmebefugnis der Kommission ersucht hat, was auf den ersten Blick die Teilung der Kosten zwischen den beiden Organen rechtfertigen könnte. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei jedoch auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Rates zur Tragung der Kosten beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

    VIII – Ergebnis

    126. Aus den dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor,

    – die Klage des Rates der Europäischen Union abzuweisen und ihn zur Tragung der Kosten zu verurteilen;

    – zu beschließen, dass nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen.

    (1) .

    (2)  – Würde man eine solche Befugnis bejahen, käme dies meines Erachtens der Anerkennung einer Rechtsetzungskompetenz der Kommission in Bezug auf die Entscheidung gleich, ihren Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen oder aufrechtzuerhalten, ohne dass es der ausdrücklichen oder impliziten Zustimmung der anderen Organe bedürfte.

    (3)  – KOM(2011) 396 endgültig.

    (4) – Der Wilhelm von Ockham, einem Philosophen des 14. Jahrhunderts, zugeschriebene Grundsatz der Einfachheit findet im Bereich der Wissenschaften Anwendung; er besagt, dass die einfachsten hinreichenden Hypothesen die wahrscheinlichsten sind. Er scheint mir auf die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles übertragbar zu sein.

    (5)  – Vormals die Art. 308 EG und 235 EG-Vertrag.

    (6) – Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55, S. 13).

    (7) – 2011/0176 (COD) vom 24. Mai 2012. Vom Parlament durch Teilabstimmung in erster/einziger Lesung angenommener Text (ABl. 2012, C 264 E).

    (8) – Diese Lösung wurde in einem Dokument vom 19. Februar 2013 näher beschrieben, das an die Mitglieder der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten verteilt wurde, der auch Vertreter der Kommission angehörten.

    (9) – Diese Note, die von der Kommission zu den Akten gegeben wurde, ist eine von der Generaldirektion (GD) „Wirtschaft und Finanzen“ unter Federführung des Kabinetts von Herrn Rehn vorbereitete Studie, die den Ablauf der Verhandlungen über den Rahmenverordnungsvorschlag und die seine Rücknahme rechtfertigenden Gründe wiedergibt.

    (10)  – Vgl. Urteile Kommission/Rat, „AETR“ (22/70, EU:C:1971:32, Rn. 42), Parlament/Rat und Kommission (C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 13) sowie Kommission/Rat (C‑27/04, EU:C:2004:436, Rn. 44).

    (11)  – Vgl. Urteil Niederlande/Kommission (C‑147/96, EU:C:2000:335, Rn. 27).

    (12) – Beschluss Makhteshim-Agan Holding u. a./Kommission (C‑69/09 P, EU:C:2010:37, Rn. 37 und 38).

    (13)  – Vgl. zur Zulässigkeit einer von den Vertretern der Mitgliedstaaten in ihrer Eigenschaft als Vertreter ihrer Regierungen und nicht als Mitglieder des Rates getroffenen Entscheidung auch Urteil Kommission/Rat (C‑114/12, EU:C:2014:2151, Rn. 38 bis 40).

    (14)  – Vgl. in dieser Hinsicht Urteile Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7, S. 44), Meroni/Hohe Behörde (10/56, EU:C:1958:8, S. 82), Roquette Frères/Rat (138/79, EU:C:1980:249, Rn. 33 und 34), Wybot (149/85, EU:C:1986:310, Rn. 23), Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217, Rn. 22) und Parlament/Rat (C‑133/06, EU:C:2008:257, Rn. 57).

    (15)  – Der Rat nimmt dabei Bezug auf Art. 7 Abs. 2 und 3 des Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, das dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag als Anhang beigefügt ist (im Folgenden: Subsidiaritätsprotokoll).

    (16)  – Vgl. in diesem Sinne Rn. 13, 17, 22, 24 und 27 der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu den praktischen Modalitäten des Mitentscheidungsverfahrens (Artikel 251 des EG-Vertrags) (ABl. 2007, C 145, S. 5, im Folgenden: Gemeinsame Erklärung von 2007).

    (17)  – Urteile ACF Chemiefarma/Kommission (41/69, EU:C:1970:71); Kommission/Rat (355/87, EU:C:1989:220, Rn. 44) sowie Eurotunnel u. a. (C‑408/95, EU:C:1997:532, Rn. 39).

    (18)  – Der Rat bezieht sich auf die Rechtsprechung, nach der dieses Prinzip sowohl im Parlament zum Ausdruck kommt als auch in der Zugehörigkeit der Ratsmitglieder zu Regierungen, die ihren nationalen Parlamenten politisch verantwortlich sind. Vgl. in diesem Sinne Urteile Roquette Frères/Rat (EU:C:1980:249, Rn. 33), Maizena/Rat (139/79, EU:C:1980:250, Rn. 34) und Kommission/Rat (C‑300/89, EU:C:1991:244, Rn. 20).

    (19) – Dieses Argument wird von der Bundesrepublik Deutschland zwar im Rahmen des zweiten, die Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit betreffenden Klagegrundes vorgetragen, doch ist die Antwort auf diese Kritik auch für die Anerkennung der Rücknahmebefugnis als solcher von grundlegender Bedeutung.

    (20)  – Vgl. in diesem Sinne Urteil Fediol/Kommission (188/85, EU:C:1988:400, Rn. 37).

    (21)  – Die Kommission fügt hinzu, dass sie zwischen 1977 und 1994 in den seltenen Fällen, in denen es nicht möglich gewesen sei, eine unionsrechtskonforme Lösung zu finden, ihren Rechtsetzungsvorschlag zurückgenommen habe, weil der Gesetzgeber den Erlass eines Rechtsakts beabsichtigt habe, der ihren Vorschlag verfälscht oder eine schwerwiegende Verletzung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts dargestellt hätte oder offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre.

    (22)  – Vgl. in diesem Sinne Urteil Eurotunnel u. a. (EU:C:1997:532, Rn. 39).

    (23)  – Jedenfalls betrifft die vorliegende Analyse nur die Ausübung der Vorrechte der Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und beschränkt sich auf die Beziehungen zu den anderen Organen in diesem Rahmen.

    (24)  – Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1991:373, Rn. 20).

    (25)  – Die Kommission nimmt diese Rücknahmen entweder zu Beginn des Mandats des Kollegiums oder jährlich im Rahmen einer umfassenden Überarbeitung unter Berücksichtigung zwingender Ziele, des Standes des Gesetzgebungsverfahrens sowie einer Überprüfung der Einhaltung der gegenwärtigen Anforderungen an eine bessere Rechtsetzung vor. Vgl. z. B. die Mitteilung der Kommission über das Ergebnis der Prüfung der dem Gesetzgeber vorliegenden Legislativvorschläge (COM[2005] 462 endg., Rn. 1). Zur Problematik der Selbstbeschränkung der Rechtsetzungszuständigkeit durch die Kommission aus politischen Gründen, nämlich um die Verfälschung eines Vorschlags zu vermeiden, die 1994 zum ersten Mal aufgetreten ist, vgl. Ponzano, P., „Le droit d’initiative de la Commission européenne: théorie et pratique“, Revue des Affaires Européennes , 2009-2010/1, S. 27 ff. (zugänglich unter der Internet-Adresse: http://ddata.over-blog.com/xxxyyy/2/48/17/48/Fichiers-pdf/Europe/Droit-d-initiative-de-la-Commission.pdf, S. 11), mit Verweis auf Rasmussen, A., „Challenging the Commission’s right of initiative“, West European Politics , Vol. 30, Nr. 2, 244 bis 264, März 2007. Vgl. schließlich die Antwort der Kommission vom 23. Januar 1987 auf die schriftliche Anfrage Nr. 2422/86 (Herman) zur Tragweite des Rücknahmerechts (ABl. 1987, C 220, S. 6).

    (26)  – Urteil Fediol/Kommission (EU:C:1988:400).

    (27)  – Vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/91 (EU:C:1991:490, Rn. 21) und Urteil van Gend & Loos (26/62, EU:C:1963:1, S. 2).

    (28)  – Urteil Vereinigtes Königreich/Rat (68/86, EU:C:1988:85, Rn. 38) sowie Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Parlament/Rat (C‑133/06, EU:C:2007:551, Nr. 29).

    (29)  – Urteil Frankreich u. a./Kommission (188/80 bis 190/80, EU:C:1982:257, Rn. 6).

    (30)  – Vgl. den Beitrag der Kommissionsmitglieder Barnier und Vittorino „Das Initiativrecht der Kommission“, Europäischer Konvent, Brüssel, 3. September 2002, CONV 230/02. Es steht fest, dass dieses Recht, insbesondere im Licht der Art. 7 EUV, 11 Abs. 4 EUV, 129 Abs. 3 und 4 AEUV, 252 Abs. 1 AEUV und 308 Abs. 3 AEUV, nicht mehr ausschließlich ist.

    (31)  – Vgl. insbesondere die Studien von Soldatos, P., „L’urgence de protéger le pouvoir d’initiative législative de la Commission européenne“, L’Union européenne et l’idéal de la meilleure législation , Éditions Pédone, 2013, S. 175 bis 190.

    (32)  – Unter Bezugnahme auf die europäische Konstruktion vertrat Jean Monnet folgende Ansicht: „Ihr Schlussstein ist der ständige Dialog, den [die Gemeinschaft] zwischen den nationalen Institutionen und den Organen der Gemeinschaft durchführt, deren Ziele miteinander verbunden sind und die nur noch solidarisch vorankommen können … Dieser mit der Entscheidung untrennbar verbundene Dialog ist das eigentliche Wesen des Lebens der Gemeinschaft und macht sie unter den modernen politischen Systemen einzigartig“ (Monnet, J., Mémoires , Paris, 1976, S. 626). In der Lehre, unter vielen, Dehousse, R., „La méthode communautaire a-t-elle encore un avenir?“, Mélanges en hommage à Jean-Victor Louis , vol. I (2003), S. 95; Manin, Ph., „La méthode communautaire: changement et permanence“, Mélanges en hommage à Guy Isaac , t. 1 (2004), S. 213 bis 237. Zur Gemeinschaftsmethode als „Herzstück“ der europäischen Integration im Rahmen der Gemeinschaften gegenüber den mehr „intergouvernementalen“ Modi vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Mazak in der Rechtssache Kommission/Rat (C‑440/05, EU:C:2007:393).

    (33)  – Im Weißbuch „Europäisches Regieren“, KOM(2001) 428, heißt es dazu, dass die Methode auf folgenden Grundsätzen beruht: 1. Die Europäische Kommission unterbreitet als einziges Organ Vorschläge für Rechtsetzung und Politik. Ihre Unabhängigkeit stärkt ihre Fähigkeit, die Politik der Union durchzuführen, Hüterin der Verträge zu sein und die Union in internationalen Verhandlungen zu vertreten. 2. Legislative und haushaltspolitische Beschlüsse werden vom Rat (der die Mitgliedstaaten vertritt) und vom Parlament (das die Bürger vertritt) gefasst. Die Zuständigkeit für die Durchführung der Rechtsnormen wird der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten übertragen. 3. Der Gerichtshof wacht darüber, dass die Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird.

    (34)  – Eine solche Gleichstellung würde von einer Parallelität mit den klassischen parlamentarischen Systemen ausgehen, in denen das Initiativrecht dem Souverän zusteht. Geschichtlich wurde dieses Vorrecht des Souveräns durch die den nationalen Parlamenten zuerkannte Zuständigkeit, Änderungen vorzuschlagen, beeinträchtigt; diese erhielten später ein eigenes Initiativrecht.

    (35)  – Roland, S., Le triangle décisionnel communautaire à l’aune de la théorie de la séparation des pouvoirs , Bruylant, 2008 (Zitat von M. Troper), S. 315.

    (36)  – Vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217, Rn. 19).

    (37)  – Die Lehre hebt hervor, dass Art. 293 AEUV als solcher das Initiativrecht der Kommission widerspiegelt. Vgl. in diesem Sinne Grabitz/Hilf/Nettesheim, Krajewski/Rösslein, Das Recht der Europäischen Union , 53. Ergänzungslieferung 2014, AEUV Art. 293 Kommissionsvorschlag; Änderungsrecht, Rn. 1.

    (38)  – Art. 293 AEUV lautet bekanntlich: „(1) Wird der Rat aufgrund der Verträge auf Vorschlag der Kommission tätig, so kann er diesen Vorschlag nur einstimmig abändern; dies gilt nicht in den Fällen nach Artikel 294 Absätze 10 und 13, nach Artikel 310, Artikel 312, Artikel 314 und nach Artikel 315 Absatz 2. (2) Solange ein Beschluss des Rates nicht ergangen ist, kann die Kommission ihren Vorschlag jederzeit im Verlauf der Verfahren zur Annahme eines Rechtsakts der Union ändern.“

    (39)  – Petite, M., „Avis de temps calme sur l’article 189 A, paragraphe 1“, Revue du Marché Unique Européen , 1998/3, S. 197.

    (40)  – Vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Rat, „Titandioxid“ (C‑300/89, EU:C:1991:244, Rn. 20), Parlament/Rat (C‑65/93, EU:C:1995:91, Rn. 21) und Parlament/Rat (C‑155/07, EU:C:2008:605, Rn. 78).

    (41)  – Ich teile somit die von Generalanwalt Poiares Maduro in der Rechtssache Kommission/Parlament und Rat vertretene Auffassung (C‑411/06, EU:C:2009:189, Fn. 5). Er hat zwar die Bedeutung der direkten demokratischen Vertretung als Maßstab der europäischen Demokratie anerkannt, aber zugleich hervorgehoben, dass zur europäischen Demokratie auch ein empfindliches Gleichgewicht zwischen der Demokratie auf nationaler und auf europäischer Ebene gehört, ohne dass Letztere notwendigerweise Vorrang vor Ersterer hat. Deshalb hat das Europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahren nicht dieselben Befugnisse wie ein nationales Parlament, und auch wenn eine Stärkung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments befürwortet werden könnte, wären es die Völker Europas, die mittels einer Änderung der Verträge hierüber zu entscheiden hätten.

    (42)  – Würde einem Organ die Möglichkeit zur Schaffung abgeleiteter Rechtsgrundlagen gegeben, sei es im Sinne einer Verschärfung oder einer Erleichterung der Modalitäten des Erlasses eines Rechtsakts, liefe dies nämlich nach Ansicht des Gerichtshofs darauf hinaus, ihm zu gestatten, den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts zu beeinträchtigen. Vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat (EU:C:2008:257, Rn. 56 und 57).

    (43)  – Art. 294 Abs. 1 bis 6 AEUV lautet: „(1) Wird in den Verträgen hinsichtlich der Annahme eines Rechtsakts auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren Bezug genommen, so gilt das nachstehende Verfahren. (2) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag. Erste Lesung (3) Das Europäische Parlament legt seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Rat. (4) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments, so ist der betreffende Rechtsakt in der Fassung des Standpunkts des Europäischen Parlaments erlassen. (5) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nicht, so legt er seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Europäischen Parlament. (6) Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt hat. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament in vollem Umfang über ihren Standpunkt.“

    (44)  – Art. 294 Abs. 7 Buchst. c AEUV sieht vor: „Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung … mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung vorgeschlagen, so wird die abgeänderte Fassung dem Rat und der Kommission zugeleitet; die Kommission gibt eine Stellungnahme zu diesen Abänderungen ab.“

    (45)  – Nach Art. 294 Abs. 11 AEUV nimmt die Kommission „an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um auf eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates hinzuwirken“.

    (46)  – Vgl. Jacqué, J.‑P., „Le Conseil après Lisbonne“, Revue des Affaires Européennes , 2012/2, S. 213 ff.

    (47)  – Rn. 62 der Klageschrift.

    (48)  – Vgl. zu den Details den Leitfaden für das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, Broschüre des Rates von 2010, verfügbar unter der Internet-Adresse http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/QC3109179DEC.pdf.

    (49)  – Es versteht sich von selbst, dass die Kommission ihre Rücknahmebefugnis nicht mehr ausüben kann, wenn der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nach Art. 294 Abs. 4 AEUV billigt.

    (50)  – Im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens besteht die erste Phase aus einer ersten Lesung, die keiner Frist unterworfen ist, der eine zweite Lesung folgt, für die eine zweifache Frist von drei Monaten zuzüglich einem Monat für die zweite Lesung im Parlament und von drei Monaten zuzüglich einem Monat für die zweite Lesung im Rat gilt. Für den Vermittlungsausschuss gilt eine Frist von sechs Wochen (vorbehaltlich einer Verlängerung nach Art. 294 Abs. 14 AEUV). Diese Frist von sechs Wochen gilt auch für die dritte Lesung im Parlament und im Rat.

    (51)  – Im Rahmen des zweiten Klagegrundes bestreitet die deutsche Regierung die Zulässigkeit einer Rücknahme in den von der Kommission angeführten Fällen und schlägt hilfsweise vor, Art. 293 Abs. 2 AEUV dahin auszulegen, dass vor dem Hintergrund des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit der letztmögliche Zeitpunkt für die Ausübung des Änderungsrechts und erst recht der ungeschriebenen Rücknahmemöglichkeit durch die Kommission der Zeitpunkt der Einigung zwischen Parlament und Rat sei.

    (52)  – Auf den Status der interinstitutionellen Vereinbarungen werde ich im Rahmen des zweiten Klagegrundes zurückkommen.

    (53)  – Vgl. insoweit zum Erfordernis der Transparenz Art. 16 Abs. 8 EUV, wonach der Rat öffentlich tagt, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät und abstimmt. Diese Transparenz trägt zur Stärkung der Demokratie bei, indem sie den Bürgern ermöglicht, alle Informationen zu überprüfen, auf deren Grundlage ein Gesetzgebungsakt ergangen ist. Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 46).

    (54)  – Vgl., mutatis mutandis , Urteil Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 23).

    (55)  – Vgl. hierzu Beschluss Parlament/Kommission (C‑445/93, EU:C:1996:283). Dieser Aspekt ist auch eng damit verbunden, dass die Rücknahmebefugnis durch Art. 241 AEUV insofern eingeschränkt wird, als die Kommission in der Lage sein muss, die einem Rücknahmebeschluss zugrunde liegenden Gründe darzulegen, wenn der Rat sie nach dieser Vorschrift auffordert, ihm entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Die fraglichen Gründe müssen insbesondere zum Beleg dafür dienen, dass ein möglicher Rechtsetzungsvorschlag nicht den Interessen der Union im Sinne von Art. 17 Abs. 1 EUV entspräche. Dies spiegelt auch die Frage des Initiativrechts de iure und de facto wider. Vgl. den Beitrag „Das Initiativrecht der Kommission“ (CONV 230/02, S. 4).

    (56) – Der einzige Fall einer Ex-ante -Prüfung ist das Verfahren nach Art. 218 Abs. 11 AEUV. Vgl. kürzlich Urteil Rat/in't Veld (C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 58).

    (57)  – Vgl. Petite, M., a. a. O.

    (58)  – Vgl. Urteile Titandioxid (EU:C:1991:244, Rn. 10) und Huber (C‑336/00, EU:C:2002:509, Rn. 30).

    (59)  – Vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑370/07, EU:C:2009:590, Rn. 37 bis 39).

    (60)  – Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217, Rn. 20).

    (61)  – Urteil Kommission/Rat (C‑63/12, EU:C:2013:752, Rn. 62).

    (62)  – Vgl. in diesem Sinne Urteile Griechenland/Rat (204/86, EU:C:1988:450, Rn. 16) und Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 23 und 27).

    (63)  – Vgl. in diesem Sinne die Gemeinsame Erklärung von 2007.

    (64) – Beschluss 2009/937/EU des Rates vom 1. Dezember 2009 zur Festlegung seiner Geschäftsordnung (ABl. L 325, S. 35, im Folgenden: Geschäftsordnung des Rates).

    (65)  – Vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 27 und 28).

    (66)  – Vgl. insbesondere Urteil Emsland-Stärke (C‑110/99, EU:C:2000:695, Rn. 39, 52 und 53).

    (67)  – Die Kommission nimmt Bezug auf die Sitzung der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten vom 26. Februar 2013 und den Trilog vom 27. Februar 2013 (wie sich aus den Akten ergibt, forderte die Kommission per E‑Mail vom 12. April 2013 die Korrektur der auf diesen Trilog zurückgehenden „Übersichtstabelle“) sowie die Arbeitsgruppentreffen der Finanzreferenten vom 9. April und 2. Mai 2013 und den Trilog vom 25. April 2013.

    (68) – Vgl. u. a. Urteile Spanien/Rat (C‑310/04, EU:C:2006:521, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie Spanien/Rat (C‑442/04, EU:C:2008:276, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    (69)  – Vgl. zu einer eingehenden Analyse Blumann, C., „Caractéristiques générales de la coopération interinstitutionnelle“, L’union européenne carrefour de coopérations , LGDJ , 2000, S. 29 bis 61.

    (70)  – Urteile Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 23) und Griechenland/Rat (EU:C:1988:450, Rn. 16).

    (71)  – Es handelt sich nämlich um eine wichtige Instanz, deren Einführung auf die 1980er Jahre zurückgeht, in denen die Triloge durch die Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission über verschiedene Maßnahmen zur Gewährleistung einer besseren Abwicklung des Haushaltsverfahrens (ABl. 1982, C 194, S. 1) eingeführt wurden.

    (72)  – Rn. 8 der Gemeinsamen Erklärung von 2007.

    (73)  – Gleichwohl ist in der Gemeinsamen Erklärung von 2007, die vor dem Vertrag von Lissabon erging, vorgesehen (in Rn. 14), dass der Vorsitzende des AStV eine in der Phase der ersten Lesung im Parlament durch informelle Verhandlungen im Rahmen von Trilogen erzielte Einigung in Form von Abänderungen am Vorschlag der Kommission übermittelt.

    (74)  – Vgl. Rn. 14 der Gemeinsamen Erklärung von 2007.

    (75)  – Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission (ABl. 2010, L 304, S. 47). Diese Vereinbarung ist Bestandteil der Geschäftsordnung des Parlaments (als Anlage XIII).

    (76)  – Vgl. das von der Kommission vorgelegte Dokument „Report: Financial Counsellors WG of 26 February 2013, ECFIN/D2/NL/SN324590“, S. 3.

    (77)  – Ebd., S. 6: „He asked COM to encourage and not to withdraw its proposal.“

    (78) – Von der Kommission vorgelegtes Dokument „Report: Financial Counsellors WG of 9 April 2013 on MFA, ECFIN/D2/NL dl Ares(2013)“, S. 1 und 5.

    (79)  – Von der Kommission vorgelegtes Dokument „ECFIN/D2/NL/dl Ares (2013) Report: Financial Counsellors WG of 2 May 2013 on the MFA“, S. 2.

    (80)  – Urteil Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 27 und 28).

    (81)  – Vgl. insbesondere Urteile Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 50) und Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771, Rn. 41 und 42).

    (82)  – Vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Rat (EU:C:2009:590, Rn. 42) und Kommission/Rat (EU:C:2013:752, Rn. 28).

    (83)  – Überdies stelle die Tatsache, dass die Gründe einer Verfahrensentscheidung nicht in dem Vermerk enthalten seien, mit dem ein solcher Beschluss nach den Art. 8 Abs. 4 und 16 der Geschäftsordnung der Kommission (ABl. 2010, L 55, S. 61) in ein Protokoll oder ein Verzeichnis der erlassenen Rechtsakte aufzunehmen sei, keine Verletzung der Begründungspflicht dar.

    (84)  – Vgl. insbesondere Urteile Kommission/Rat (EU:C:2009:590, Rn. 37 bis 39 und 42) sowie Schweiz/Kommission (C‑547/10 P, EU:C:2013:139, Rn. 67).

    (85)  – Zu der Rechtsprechung, wonach ein Schreiben des für Wettbewerb zuständigen Kommissars oder der Schriftverkehr der Generaldirektion mit einem Mitgliedstaat kein anfechtbarer Rechtsakt ist, weil es sich nur um einen Vorschlag handelt, um die einschränkenden Wirkungen einer Absprache zwischen Unternehmen abzuschwächen, vgl. Urteil Nefarma/Commission (T‑113/89, EU:T:1990:82).

    (86)  – Vgl. Urteil Deutschland /Rat (C‑280/93, EU:C:1994:367, Rn. 36).

    (87) – Urteil Deutsche Telekom/Kommission (C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 130 und 131).

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    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    NIILO JÄÄSKINEN

    vom 18. Dezember 2014 ( 1 )

    Rechtssache C‑409/13

    Rat der Europäischen Union

    gegen

    Europäische Kommission

    „Nichtigkeitsklage — Institutionelles Recht — Art. 293 AEUV — Art. 294 AEUV — Grundsatz der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Organen der Union — Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts — Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit — Ordentliches Gesetzgebungsverfahren — Initiativrecht der Kommission — Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags — Umfang der richterlichen Kontrolle der Rücknahme — Gründe für diese Rücknahme“

    I – Einführung

    1.

    Im vorliegenden Rechtsstreit mit Verfassungscharakter streiten der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang und mit welchen Grenzen die Kommission befugt ist, einen Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen. Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass ich, obwohl die Parteien des vorliegenden Verfahrens den Ausdruck „Rücknahmerecht“ zur Beschreibung der streitigen Zuständigkeit der Kommission gewählt haben, in diesen Schlussanträgen von „Rücknahmebefugnis“ ( 2 ) sprechen möchte, weil die Ausübung dieser Befugnis die Rechtsposition des Mitgesetzgebers nur insofern beeinträchtigt, als er an der Fortführung des Gesetzgebungsverfahrens gehindert wird.

    2.

    Die Klage des Rates richtet sich gegen den Beschluss der Kommission vom 8. Mai 2013 (im Folgenden: angefochtener Beschluss), den Vorschlag für eine Rahmenverordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für Makrofinanzhilfen an Drittländer (im Folgenden: Rahmenverordnungsvorschlag) ( 3 ) zurückzunehmen. Dieser Beschluss ist während der ersten Lesung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Sinne von Art. 294 AEUV ergangen, bevor der Rat zu dem Vorschlag förmlich Stellung nehmen konnte.

    3.

    Die vorliegende Klage beruht auf drei Klagegründen, mit denen eine Verletzung des in Art. 13 Abs. 2 EUV aufgestellten Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung sowie des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts, eine Verletzung des in Art. 13 Abs. 2 EUV enthaltenen Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit und eine Verletzung der in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht gerügt werden.

    4.

    Da es sich um die erste Rechtssache handelt, in der der Gerichtshof über die Gültigkeit der Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags durch die Kommission zu entscheiden hat, erfordert das vorliegende Verfahren eine grundsätzliche Stellungnahme zu der genannten Befugnis und den Modalitäten ihrer Ausübung sowie zum Umfang der richterlichen Kontrolle eines Rücknahmeakts. Insoweit weise ich zunächst darauf hin, dass die Rücknahmebefugnis der Kommission ein neuartiges Thema darstellt. Es wird nicht nur in Rechtsprechung und Lehre kaum behandelt, sondern wird zudem, falls es dort vorkommt, aufgrund einer Vermengung mit dem Initiativrecht der Kommission und dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts vernachlässigt.

    5.

    Aus diesen Gründen werden die vorliegende Schlussanträge der Herausarbeitung des Wesens der Rücknahmebefugnis als solcher gewidmet sein und zugleich im Sinne des Grundsatzes der Einfachheit, auch als „Ockhams Rasiermesser“ ( 4 ) bekannt, eine Lösung vorschlagen, die auf einer Unterscheidung zwischen dem formalen Aspekt der Rücknahmebefugnis und der Analyse der Frage beruht, ob die von der Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens vorgenommene Rücknahme begründet war. Auf der Grundlage dieser Unterscheidung möchte ich die Grenzen der richterlichen Kontrolle der Rücknahmebefugnis bestimmen.

    II – Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

    6.

    Makrofinanzhilfen sind makroökonomische finanzielle Unterstützungen, die Drittstaaten mit kurzfristigen Zahlungsbilanzschwierigkeiten gewährt werden. Ursprünglich wurden sie fallweise durch Beschlüsse des Rates auf der Grundlage von Art. 352 AEUV ( 5 ) gewährt. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon stellt Art. 212 AEUV eine spezielle Rechtsgrundlage für Beschlüsse über die Gewährung einer Makrofinanzhilfe dar. Sie werden vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, vorbehaltlich des in Art. 213 AEUV vorgesehenen Eilverfahrens, in dessen Rahmen der Rat allein entscheiden kann.

    7.

    Wie aus der Akte hervorgeht, legte die Kommission am 4. Juli 2011 auf der Grundlage der Art. 209 AEUV und 212 AEUV den Rahmenverordnungsvorschlag vor. In Art. 7 dieses Vorschlags war das Verfahren zur Gewährung einer Makrofinanzhilfe geregelt. Nach Art. 7 Abs. 1 war eine Makrofinanzhilfe vom betreffenden Land schriftlich bei der Kommission zu beantragen. Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 des Rahmenverordnungsvorschlags bestimmte, dass die Kommission die beantragte Hilfe im sogenannten Prüfverfahren nach Art. 5 der Komitologie-Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ( 6 ) bereitstellt, wenn die in den Art. 1, 2, 4 und 6 genannten Bedingungen erfüllt sind.

    8.

    Nach mehreren Sitzungen der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten legte der Rat eine Allgemeine Ausrichtung zum Rahmenverordnungsvorschlag vor, die vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 15. Dezember 2011 angenommen wurde. In dieser Allgemeinen Ausrichtung schlug der Rat u. a. wegen Art. 7 Abs. 2 des Vorschlags vor, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren anzuwenden, statt der Kommission eine Durchführungsbefugnis zu übertragen.

    9.

    In der Plenarsitzung vom 24. Mai 2012 nahm das Europäische Parlament seinen Bericht, der 53 Änderungsvorschläge zum Rahmenverordnungsvorschlag enthielt, in erster Lesung durch Teilabstimmung an. Darin wurde u. a. vorgeschlagen, bei der Gewährung einer Makrofinanzhilfe auf delegierte Rechtsakte anstelle von Durchführungsrechtsakten zurückzugreifen ( 7 ).

    10.

    Am 5. und am 28. Juni 2012 sowie am 19. September 2012 fanden drei informelle Triloge zwischen Parlament, Rat und Kommission statt. Dabei zeigte sich, dass weder das Parlament noch der Rat, obwohl sie unterschiedlicher Meinung hinsichtlich des Verfahrens zur Gewährung von Makrofinanzhilfen waren, den Vorschlag der Kommission befürworteten, auf Durchführungsrechtsakte zurückzugreifen.

    11.

    Am 10. Januar 2013 legte die Kommission im Hinblick auf den vierten Trilog ein „Non-Paper“ mit dem Titel „Landing zone on implementing acts, delegated acts and co-decision in the MFA Framework Regulation“ (im Folgenden: Non-Paper der Kommission) vor, in dem eine Kompromisslösung hinsichtlich des Verfahrens zur Gewährung von Makrofinanzhilfen vorgeschlagen wurde. Diese bestand in einer „Kombination aus (i) detaillierten Voraussetzungen für [Makrofinanzhilfen], (ii) informellen Konsultationsmechanismen im Vorfeld [des vorgeschlagenen Beschlussverfahrens], (iii) der Einbeziehung von bis zu vier delegierten Rechtsakten, (iv) der selektiven Nutzung des Komitologieverfahrens und (v) diversen Evaluierungs- und Berichtsmechanismen“.

    12.

    Im Anschluss an den vierten Trilog vom 30. Januar 2013 zogen das Parlament und der Rat eine andere Kompromisslösung in Betracht, die darin bestand, beim Erlass eines Beschlusses zur Gewährung einer Makrofinanzhilfe das ordentliche Gesetzgebungsverfahren anzuwenden, beim Abschluss einer Vereinbarung mit dem Empfängerland auf einen Durchführungsrechtsakt zurückzugreifen und der Kommission die Befugnis zum Erlass bestimmter mit der auf diese Weise gewährten Hilfe verbundener Rechtsakte zu übertragen ( 8 ).

    13.

    Beim fünften Trilog am 27. Februar 2013 bekräftigten die Vertreter des Parlaments und des Rates ihre Absicht, am Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren bei der Gewährung einer Makrofinanzhilfe festzuhalten. Nach den Angaben in der Klageschrift soll der Vertreter der Kommission in diesem Stadium erklärt haben, dass sich die Kommission frage, ob ein solcher Ansatz nicht ihren Vorschlag verfälsche, und dass sie ihren Vorschlag aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in ihr Initiativrecht für Rechtsetzungsakte gegebenenfalls zurücknehmen könnte.

    14.

    Der Ansatz, das Verfahren der Durchführungsrechtsakte durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zu ersetzen, war Gegenstand einer grundsätzlichen Einigung zwischen Parlament und Rat, die beim sechsten Trilog am 25. April 2013 förmlich angenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit bekundete der Vertreter der Kommission offiziell, dass er mit diesem Ansatz nicht einverstanden sei. Mit Schreiben vom 6. Mai 2013 an Herrn Rehn, den Vizepräsidenten der Kommission, bedauerte der Vorsitzende des AStV die Ankündigung des Vertreters der Kommission beim sechsten Trilog. Er bat sie, ihre Position insbesondere angesichts der Perspektive einer bevorstehenden Einigung zwischen Parlament und Rat zu überdenken.

    15.

    Mit einem an die Präsidenten des Parlaments und des Rates gerichteten Schreiben vom 8. Mai 2013, bei dem es sich um den angefochtenen Beschluss handelt, teilte Herr Rehn mit, dass das Kollegium der Kommissionsmitglieder in seiner 2045. Sitzung entschieden habe, den Rahmenverordnungsvorschlag nach Art. 293 Abs. 2 AEUV zurückzunehmen. Im Protokoll dieser Sitzung heißt es hierzu: „Die Kommission billigt das in der Note SI(2013)231 angegebene Vorgehen.“ ( 9 ) Aus dieser Note ergibt sich, dass die Dienststellen der Kommission die Heranziehung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens als Verfälschung des Rahmenverordnungsvorschlags ansahen, weil das Verfahren schwerfällig und unvorhersehbar werde und, vor allem, weil die als gesonderte Verordnungen ergehenden Entscheidungen über die Gewährung einer Hilfe den gleichen normativen Rang wie die Rahmenverordnung hätten. Außerdem wurden in der Note verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich einer Beschränkung des Initiativrechts der Kommission geäußert.

    16.

    Das Parlament und der Rat nahmen ihre Einigung in einer gemeinsamen, am 9. Juli 2013 verabschiedeten Erklärung förmlich an.

    III – Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

    17.

    Mit seiner Klageschrift, die am 18. Juli 2013 eingegangen ist, beantragt der Rat, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    18.

    In ihrer Klageerwiderung beantragt die Kommission, die Klage als unbegründet abzuweisen und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

    19.

    Die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Königreich der Niederlande, die Slowakische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sind als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

    20.

    In der mündlichen Verhandlung am 23. September 2014 wurden die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, der Rat und die Kommission angehört.

    IV – Zur Zulässigkeit

    21.

    Zunächst ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von Art. 263 AEUV ist. Meines Erachtens muss der Gerichtshof diese Frage von Amts wegen prüfen, um seine Zuständigkeit für die Entscheidung über die Klage zu begründen.

    22.

    Nach ständiger Rechtsprechung sind alle Handlungen der Organe, die dazu bestimmt sind, verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen, ungeachtet ihrer Rechtsnatur oder Form anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV ( 10 ). Für die Feststellung, ob eine Handlung solche Wirkungen erzeugt, ist auf ihr Wesen sowie auf den Willen ihres Autors abzustellen ( 11 ). Die Form, in der eine Handlung oder Entscheidung ergeht, ist dagegen grundsätzlich ohne Einfluss auf die Zulässigkeit einer gegen diese Handlung oder Entscheidung gerichteten Nichtigkeitsklage ( 12 ).

    23.

    Im vorliegenden Fall geht es um eine atypische Handlung ( 13 ), nämlich ein Schreiben des Vizepräsidenten der Kommission an die Präsidenten des Parlaments und des Rates, mit dem die Kommission sie über die Entscheidung ihres Kollegiums informiert, den Rahmenverordnungsvorschlag nach Art. 293 Abs. 2 AEUV zurückzunehmen.

    24.

    Folglich hat die Kommission mit der angefochtenen Handlung das Gesetzgebungsverfahren beendet und hierdurch dem Rat und dem Parlament jede Handlungsmöglichkeit genommen. Die angefochtene Handlung hat nämlich, wie der Rat ausführt, seine Rechtsstellung berührt, da sie ihn daran gehindert hat, den Vorschlag anzunehmen, mit dem er zuvor befasst wurde.

    25.

    Im vorliegenden Fall hat der angefochtene Beschluss somit Rechtswirkungen in den Beziehungen zwischen den Organen erzeugt. Folglich zielt der angefochtene Beschluss auf die Entfaltung verbindlicher Rechtswirkungen ab. Daher ist die Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses zulässig.

    V – Zur Verletzung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung und des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts

    A – Vorbringen der Parteien

    26.

    Im Rahmen seines ersten Klagegrundes macht der Rat mit Unterstützung der dem Rechtsstreit beigetretenen Mitgliedstaaten unter Hervorhebung des Zusammenhangs zwischen dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung und dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts ( 14 ) geltend, dass die Verträge keine ausdrückliche Bezugnahme auf ein allgemeines Vorrecht der Kommission enthielten, das es ihr gestatten würde, ihre dem Gesetzgeber unterbreiteten Vorschläge zurückzunehmen.

    27.

    Der Rat bestreitet, dass es ein nahezu absolutes, da im Ermessen stehendes „Recht“ zur Rücknahme spiegelbildlich zu dem in Art. 17 Abs. 2 EUV verankerten Initiativrecht gebe. Das Rücknahmerecht der Kommission müsse vielmehr auf objektive Sachverhalte beschränkt sein, in denen der Rechtsetzungsvorschlag wegen Zeitablaufs, des Bekanntwerdens neuer Umstände oder technischer oder wissenschaftlicher Daten überflüssig oder gegenstandslos geworden sei, sein Scheitern wegen dauerhaften Mangels an spürbaren Fortschritten des Gesetzgebungsverfahrens absehbar sei oder eine gemeinsame Strategie mit dem Gesetzgeber im Geiste loyaler Zusammenarbeit und der Beachtung des institutionellen Gleichgewichts bestehe ( 15 ). Somit sei die Rolle der Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf die des „honest broker“ beschränkt ( 16 ).

    28.

    Der Kommission könne somit kein allgemeines Rücknahmerecht auf der Grundlage des Art. 293 Abs. 2 AEUV zuerkannt werden; andernfalls läge ein Verstoß sowohl gegen den Wortlaut als auch gegen den Zweck dieser Vorschrift vor, die auf eine Erleichterung des Rechtsetzungsprozesses abziele. Außerdem liefe die Bejahung eines allgemeinen Rücknahmerechts der Kommission darauf hinaus, das Recht des Rates nach Art. 293 Abs. 1 AEUV, den Vorschlag der Kommission innerhalb seines Gegenstands und seines Zwecks abzuändern, der Wirksamkeit zu berauben ( 17 ).

    29.

    Außerdem liefe eine immer dann, wenn die Kommission mit den zwischen den Mitgesetzgebern vereinbarten Änderungen nicht einverstanden oder mit dem Endergebnis von Verhandlungen nicht zufrieden sei, bestehende Ermessensbefugnis zur Rücknahme darauf hinaus, ihr ein ungerechtfertigtes Druckmittel auf den Ablauf der Rechtsetzungsarbeiten sowie ein Vetorecht bei legislativen Maßnahmen in Abhängigkeit von politischen Opportunitätserwägungen zuzuerkennen, was die Kommission auf die gleiche Stufe wie die Mitgesetzgeber stellen und zu einem Missbrauch des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und einem Eingriff in die dem Parlament und dem Rat nach den Art. 14 Abs. 1 EUV und 16 Abs. 1 EUV vorbehaltene Rechtsetzungsbefugnis führen und es der Kommission erlauben würde, ihre Initiativkompetenz zu überschreiten. Die Anerkennung eines Rücknahmeermessens der Kommission liefe auch der Gewaltenteilung sowie dem Demokratieprinzip im Sinne von Art. 10 Abs. 1 und 2 EUV zuwider ( 18 ).

    30.

    Die Bundesrepublik Deutschland fügt in ihrer Stellungnahme ( 19 ) hinzu, dass die Kommission angesichts der Aufwertung der Rolle des Parlaments im Gesetzgebungsverfahren sowie der Bedeutung, die die Organe der Europäischen Union den informellen Verhandlungen im Rahmen der Triloge beimäßen, ihren Rechtsetzungsvorschlag, sobald sich ein Kompromiss zwischen den Mitgesetzgebern abzeichne, der auf die Annahme des betreffenden Rechtsetzungsakts hindeute, nicht mehr zurücknehmen könne, ohne gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zu verstoßen.

    31.

    Die Kommission macht in ihrer Klagebeantwortung geltend, die Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags sei, genau wie die Vorlage oder die Änderung eines solchen Vorschlags, Ausdruck ihres in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EUV verankerten Initiativrechts im allgemeinen Interesse der Union. Ebenso wie allein sie darüber entscheiden könne, ob sie einen Rechtsetzungsvorschlag vorlege oder nicht und ob sie ihren ursprünglichen oder einen bereits geänderten Vorschlag ändere oder nicht, bleibe ihr allein die Entscheidung darüber vorbehalten, ihren Vorschlag, solange dieser noch nicht angenommen sei, beizubehalten oder zurückzunehmen ( 20 ). Art. 7 des Subsidiaritätsprotokolls zeige, dass die Verfasser des AEU-Vertrags das Rücknahmerecht der Kommission als allgemeines Recht ausgestaltet hätten.

    32.

    Die Beachtung der Zuständigkeiten der anderen Unionsorgane und des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit sei durch die gängige Praxis der Kommission gewährleistet. Außer in den Fällen der regelmäßigen gebündelten Rücknahmen nehme die Kommission punktuelle Rücknahmen vor, wenn sie einen Mangel an politischer Unterstützung für ihre Initiative feststelle ( 21 ).

    33.

    Im vorliegenden Fall bestreitet die Kommission zunächst, in die Zuständigkeit des Unionsgesetzgebers eingegriffen zu haben ( 22 ). Durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses habe sie die ihr im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens obliegende Verantwortung wahrgenommen, zu der nach Art. 17 Abs. 1 EUV gehöre, dass sie geeignete Initiativen ergreife, um die allgemeinen Interessen der Union zu fördern, und zwar während des gesamten Verfahrens. Der angefochtene Beschluss verstoße nicht gegen Art. 293 Abs. 1 AEUV; dieser Artikel sei eine Verfahrensvorschrift und nicht Ausdruck eines allgemeines Grundsatzes, nach dem der Rat das Recht habe, einen Legislativakt unter allen Umständen unter Missachtung der in Art. 13 Abs. 2 AEUV vorgeschriebenen Verpflichtung zu erlassen. Auch Art. 293 Abs. 1 AEUV verbiete es ihr nicht, einen Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen.

    34.

    Die Vorschrift des Art. 293 Abs. 2 AEUV zeige, dass die Rolle der Kommission für das gesamte Gesetzgebungsverfahren gelte und nicht nur darin bestehe, die Kontakte zwischen den Mitgesetzgebern zu fördern, um ihre jeweiligen Positionen anzunähern, sondern auch darin, im Rahmen der Triloge eigene Verantwortung zu übernehmen, indem sie ihre Position verteidige und ihren ursprünglichen Vorschlag, wenn nötig, unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles zurückziehe.

    35.

    Schließlich bestreitet die Kommission, dass der angefochtene Beschluss das Demokratieprinzip berühre, und hebt hervor, dass sie, wie die anderen Unionsorgane, insbesondere nach Art. 17 Abs. 7 und 8 EUV demokratisch legitimiert und vor dem Parlament politisch legitimiert sei.

    B – Analyse (Existenz, Reichweite und Ausübung der Rücknahmebefugnis im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Sinne von Art. 294 AEUV)

    1. Einführung

    36.

    Die Parteien des vorliegenden Verfahrens scheinen sich zwar darüber einig zu sein, dass die Kommission nach dem Unionsrecht einen Rechtsetzungsvorschlag zurückziehen kann, streiten jedoch über die verfassungsrechtliche Grundlage und den Umfang einer solchen Befugnis. Deshalb möchte ich zuerst die rechtliche Grundlage und die Substanz der Rücknahmebefugnis der Kommission herausarbeiten, bevor ich mich in einem zweiten Schritt mit der genauen Rechtsnatur des Rücknahmebeschlusses unter dem Blickwinkel der Reichweite der bei einer solchen Handlung auszuübenden richterlichen Kontrolle befasse ( 23 ).

    2. Verfassungsrechtliche Grundlage der Rücknahmebefugnis

    37.

    Der Rat macht eine Verletzung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung geltend und legt mit seinem ersten Klagegrund genau dar, welche Befürchtungen er mit der Zuerkennung einer Befugnis an die Kommission verbindet, kraft deren sie die Rechtsetzungsaktivität der Union blockieren, zu einem Mitgesetzgeber mit legislativem Vetorecht aufsteigen und dadurch dem Rat und dem Parlament ihre Vorrechte nehmen könnte. Gleichzeitig räumt der Rat ein, dass die Möglichkeit, einen Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen, der Kommission in der Praxis als logische Folge des Initiativrechts immer zuerkannt worden sei, woraus man jedoch nicht die Existenz eines „Rücknahmerechts“ ableiten könne.

    38.

    Ich halte aber einerseits diese Befürchtungen nicht für gerechtfertigt, weil die Anerkennung einer zeitlich begrenzten Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags nach Art. 294 AEUV als solche zur Wahrung des institutionellen Gleichgewichts im Sinne von Art. 13 Abs. 2 EUV beiträgt, da dieses impliziert, dass jedes Organ seine Befugnisse unter Beachtung der Befugnisse der anderen Organe ausübt ( 24 ). Außerdem scheint mir der Ansatz, der Kommission zum einen eine vereinzelte und „auf objektive Sachverhalte beschränkte, von den Partikularinteressen der Kommission unabhängige“ Rücknahmemöglichkeit einzuräumen und zum anderen das Bestehen einer solchen Befugnis der Kommission abzulehnen, mit einem inneren Widerspruch behaftet zu sein.

    39.

    Andererseits teile ich allerdings auch nicht den offenbar von der Kommission vertretenen Standpunkt, dass eine Rücknahmeentscheidung den gleichen Regeln unterworfen sei wie die Vorlage des Rechtsetzungsvorschlags. Meiner Ansicht nach lässt sich nämlich aus den Bestimmungen der Verträge kein auf einer vollkommenen Symmetrie zwischen legislativem Initiativrecht und Rücknahmebefugnis beruhender Ansatz ableiten. Die Rücknahmebefugnis stellt vielmehr zwar eine wichtige Berechtigung dar, ist jedoch mit eigenen Merkmalen und speziellen Grenzen ausgestattet.

    40.

    Fest steht, dass die Verträge weder das Bestehen einer Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags der Kommission noch gar die Modalitäten ihrer Ausübung ausdrücklich vorsehen. Nach einer fest etablierten Tradition nimmt die Kommission jedoch individuelle oder gruppenweise Rücknahmen zur „Verwaltungsbereinigung“ vor ( 25 ). In der Rechtsprechung des Gerichtshofs taucht die Möglichkeit der Rücknahme nur gelegentlich auf. Aus ihr folgt, dass es „der Kommission unbenommen bleibt, ihren Vorschlag zurückzuziehen oder zu ändern …, wenn sie aufgrund einer neuen Beurteilung der Interessen der Gemeinschaft den Erlass der fraglichen Maßnahmen für überflüssig hält“ ( 26 ). Die Möglichkeit einer Rücknahme wird auch im Subsidiaritätsprotokoll anerkannt, das eine Rücknahme eines Legislativvorhabens vorsieht, wenn die nationalen Parlamente Zweifel an der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips äußern.

    41.

    Insoweit möchte ich zuerst hervorheben, dass die Legitimität der Union auf der Feststellung beruht, dass die Gründungsverträge als Verfassungsurkunde zur Schaffung einer neuen Rechtsordnung eingestuft werden, deren Rechtssubjekte die Bürger der Union sind ( 27 ). Diese Legitimität verlangt, dass die im Vertrag festgelegten Bestimmungen über die Willensbildung der Organe „nicht zur Disposition der Mitgliedstaaten oder der Organe selbst“ stehen ( 28 ). Insbesondere sind die Schranken für eine Befugnis, die der Kommission durch eine spezielle Bestimmung des Vertrags übertragen wird, nicht aus einem allgemeinen Grundsatz, sondern aus einer Auslegung des Wortlauts der betreffenden Bestimmung selbst abzuleiten ( 29 ).

    42.

    Nach den Art. 14 Abs. 1 EUV und 16 Abs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 289 Abs. 1 AEUV ist die Funktion der Rechtsetzung dem Parlament und dem Rat anvertraut. Sie üben diese Funktion gemeinsam aus. Dagegen darf ein Gesetzgebungsakt nach Art. 17 Abs. 2 EUV nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden, soweit in den Verträgen nichts anderes festgelegt ist. Nach Art. 17 Abs. 1 EUV fördert die Kommission die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck.

    43.

    Der Gedanke, die Kommission mit der Aufgabe zu betrauen, die allgemeinen Interessen aller Mitgliedstaaten zu ermitteln und geeignete Lösungen vorzuschlagen, um ihnen zu entsprechen, hat im System der Gemeinschaft dazu geführt, dass der Kommission ein Quasi-Monopol im Bereich der Rechtsetzungsinitiative übertragen worden ist ( 30 ). Obwohl bisweilen von der politischen Erosion dieser Befugnis der Kommission die Rede ist, ist der Hinweis von besonderer Bedeutung, dass die verschiedenen Reformen des institutionellen Rahmens den Inhalt des Initiativrechts der Kommission nicht verändert haben ( 31 ).

    44.

    In diesem Zusammenhang ist zwar anzuerkennen, dass die Entwicklung des Unionsrechts Auswirkungen auf das Konzept der „Gemeinschaftsmethode“ ( 32 ) hat, doch bleibt diese Methode anwendbar und entspricht einem originären System der Gewaltenteilung ( 33 ), das zu Entscheidungsprozessen führt, aufgrund deren sich die Union von jeder anderen staatlichen Einheit oder internationalen zwischenstaatlichen Organisation unterscheidet. Die Gemeinschaftsmethode ist somit ein Merkmal sui generis des in den Verträgen verankerten supranationalen Rechtsetzungsmechanismus.

    45.

    Meines Erachtens wäre es daher falsch, das Amt, das die Kommission in diesem Rahmen ausübt, schlicht als ein Attribut der Exekutivfunktion im strengen Wortsinn zu behandeln ( 34 ). Die Kommission soll nämlich nicht nur als künftiges Durchführungsorgan der von Parlament und Rat zu erlassenden Rechtsvorschriften mitwirken, sondern als Bewahrerin der allgemeinen Interessen der Union, und zwar als das Organ, die sie zur Geltung bringen kann ( 35 ).

    46.

    Die der Kommission nach Art. 17 Abs. 1 EUV obliegende Verantwortung, die Interessen der Union zu fördern, stellt meines Erachtens die wesentliche Grundlage dafür dar, ihr eine Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags zuzuerkennen.

    47.

    Zwar wird die Kommission im EU-Vertrag nicht zum Mitgesetzgeber erhoben. Ihre Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren folgt jedoch aus ihrem Initiativrecht nach Art. 17 EUV und der Klausel in Art. 293 Abs. 1 AEUV, nach der der Rat einen Vorschlag der Kommission nur einstimmig abändern kann, sowie aus Art. 293 Abs. 2 AEUV, der die Kommission zur Änderung des Rechtsetzungsvorschlags ermächtigt, solange kein Beschluss des Rates ergangen ist. Demzufolge ergibt sich die Rücknahmebefugnis der Kommission aus ihrer Rolle im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens und stützt sich somit auf Art. 17 Abs. 1 und 2 EUV in Verbindung mit Art. 293 Abs. 1 und 2 AEUV.

    48.

    Außerdem kann nach der Rechtsprechung zum institutionellen Gleichgewicht kein anderes Organ die Kommission zwingen, eine Initiative zu ergreifen, wenn sie darin kein Interesse der Union sieht, da die Kommission nach den Verträgen ein verfassungsmäßiges Vorrecht genießt, das ihr die Befugnis verleiht, in vollkommener Unabhängigkeit über die Opportunität eines Rechtsetzungsvorschlags oder die Änderung eines solchen Vorschlags zu befinden ( 36 ). Deshalb kann man die Ausübung der Rücknahmebefugnis auch als ultimative Ausprägung des Rechtsetzungsmonopols der Kommission verstehen, in der ihre Rolle als Hüterin der Verträge Ausdruck kommt.

    49.

    Aus diesem Grund kann meines Erachtens beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts die Anerkennung oder auch die Bestätigung einer Rücknahmebefugnis der Kommission den Grundsatz der Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Union nach Art. 13 Abs. 2 EUV nicht beeinträchtigen. Sie ist eher eine besondere Ausprägung dieser Befugnis, ungeachtet dessen, dass die Modalitäten der Ausübung dieser Befugnis ihrerseits unter Umständen das institutionelle Gleichgewicht beeinträchtigen können, was im Folgenden zu prüfen sein wird.

    50.

    Insoweit ist der Wert des Art. 293 AEUV ( 37 ) anzuerkennen, der das Instrument zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Befugnissen des Rates und denen der Kommission darstellt ( 38 ). Diese Vorschrift, deren Wortlaut sich seit der Unterzeichnung des EWG-Vertrags nur geringfügig verändert hat, enthält zwei eng miteinander verbundene Bestimmungen, von denen die eine es ausschließt, dass der Rat einen Rechtsakt ohne das Einverständnis der Kommission erlässt, und die andere es der Kommission erlaubt, ihren eigenen Vorschlag einfach jederzeit zu ändern, so dass der Rat nicht gezwungen ist, einstimmig zu entscheiden ( 39 ). Die sukzessiven Vertragsänderungen haben die Anwendung von Abs. 1 dieses Artikels jedoch eingeschränkt, insbesondere seit der allgemeineren Anwendung des Mitentscheidungsverfahrens und dann des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Sinne des Vertrags von Lissabon. Art. 293 Abs. 1 AEUV findet nämlich weder im Fall eines Vermittlungsausschusses noch bei einer dritten Lesung nach Art. 294 AEUV oder im Rahmen des Haushaltsverfahrens Anwendung, da für diese Fälle Sondervorschriften gelten.

    51.

    Schließlich ist das auf das Demokratieprinzip gestützte Argument zu prüfen, das die deutsche Regierung im Hinblick auf die Rolle des Parlaments als Mitgesetzgeber vorgetragen hat. Die deutsche Regierung schlägt vor, Art. 293 Abs. 2 AEUV dahin auszulegen, dass er insbesondere auf den Ablauf der Verhandlungen zwischen Rat und Parlament abzielt. Eine solche Auslegung scheint von dem Postulat auszugehen, dass die Kommission, sobald eine politische Einigung zwischen den Gesetzgebern erzielt wurde, keine Möglichkeit mehr hätte, ihre Vorrechte hinsichtlich des Rechtsetzungsvorschlags auszuüben, womit ihre vermittelnde Rolle im Dienst des Gesetzgebers („honest broker“) bestätigt würde.

    52.

    Zwar ist anzuerkennen, dass die Beteiligung des Parlaments am Gesetzgebungsverfahren Ausdruck eines grundlegenden demokratischen Prinzips ist, nach dem die Völker durch eine Versammlung ihrer Vertreter an der Ausübung der hoheitlichen Gewalt beteiligt sind ( 40 ), doch käme es meines Erachtens einer Beeinträchtigung des in den Verträgen festgelegten institutionellen Gleichgewichts gleich, würde man von vornherein einer Maximierung der Beteiligung des Parlaments am Entscheidungsprozess den Vorzug geben ( 41 ). Außerdem ist es angebracht, eine solche Debatte in ihrem korrekten verfassungsrechtlichen Kontext zu führen, nämlich dem eines Rechtsstreits über die Rechtsgrundlage eines zu erlassenden Rechtsakts. Die vorliegende Rechtssache wirft aber die davon zu trennende Frage auf, auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage die Rücknahmebefugnis im legislativen Bereich beruht. Jedenfalls stützt die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht den Ansatz der deutschen Regierung ( 42 ).

    53.

    Zudem hat das Parlament seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon als Mitgesetzgeber im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens die gleiche Stellung wie der Rat inne, was meines Erachtens beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts ein wichtiges Zeichen für die Aufwertung des Parlaments darstellt. Insbesondere lässt sich die Bedeutung der Beziehung zwischen Parlament und Rat und die entsprechende Verringerung der Rolle der Kommission mühelos aus dem Vergleich zwischen der ersten und den nachfolgenden Lesungen des Gesetzgebungsverfahrens nach Art. 294 AEUV ableiten ( 43 ). So geht es in der zweiten Lesung nicht mehr um den Vorschlag der Kommission, sondern um die Abänderungen des Standpunkts des Rates, denen die Kommission entweder zustimmen oder zu denen sie eine ablehnende Stellungnahme abgeben kann ( 44 ). Fortgesetzt wird das Verfahren dann durch eine dritte Lesung auf der Grundlage des von Parlament und Rat angenommenen Entwurfs ( 45 ).

    54.

    Es trifft zu, dass die Bedeutung der Verhandlungen zwischen Parlament und Rat von der ersten Lesung an anerkannt ist. Für den Rat ergeben sich Vorteile aus der Verabschiedung der „Allgemeinen Ausrichtung“, die de facto als Verhandlungsgrundlage angesehen wird ( 46 ). Dagegen enthält der Wortlaut der Art. 293 AEUV und 294 AEUV keine Stütze für die These, dass die formelle oder informelle politische Einigung zwischen Rat und Parlament einen absoluten Vorrang gegenüber der Ausübung des Initiativrechts der Kommission im Stadium der ersten Lesung habe. Die Ausübung dieser Zuständigkeit ist vielmehr Ausdruck des institutionellen Gleichgewichts. Insoweit räumt die deutsche Regierung selbst ein, dass die Kommission ihren Vorschlag in bestimmten Fällen kraft eines komplementären, ungeschriebenen Rechts zurücknehmen könne.

    55.

    In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen dürfte die Anerkennung einer Rücknahmebefugnis der Kommission in der Weise einzuschränken sein, dass eine solche Befugnis angesichts ihrer Auswirkungen nur unter Beachtung der in den Verträgen festgelegten Grenzen und der allgemeinen Rechtsgrundsätze ausgeübt werden kann. Ich teile somit voll und ganz den Standpunkt des Rates, wenn er hervorhebt, dass die Rücknahmebefugnis nicht missbräuchlich erfolgen darf ( 47 ). Somit ist der Umfang der Rücknahmebefugnis zu bestimmen.

    3. Zum Wesen der Rücknahmebefugnis der Kommission

    56.

    Zunächst scheint mir unbestreitbar, dass die Anerkennung der Rücknahmebefugnis und vor allem deren Ausübung durch die Kommission die Rechtsstellung der anderen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe beeinträchtigt. Die Ausübung dieser Befugnis, die in der durch den EU-Vertrag der Kommission übertragenen Verantwortung für die Förderung der Interessen der Union verankert ist, hindert die Mitgesetzgeber daran, das Gesetzgebungsverfahren weiterzuverfolgen. Da sie deren Rechtsstellung in definitiver Weise beeinträchtigt, kann die Rücknahmebefugnis nicht unbegrenzt sein.

    57.

    Erstens stellt die Rücknahmebefugnis vor allem ein anerkanntes Vorrecht dar, das der Kommission für begrenzte Zeit zuerkannt wird. Im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens sind der Kommission in den verschiedenen Phasen des Verfahrens wichtige Funktionen als Hüterin der allgemeinen Interessen übertragen worden, was dazu führt, dass sie politisch zwischen den Organen vermittelt, ohne dabei ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Die Rolle der Kommission verändert sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens beträchtlich. Das Gleiche muss folglich für die Befugnis zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags gelten, die nicht mit einem legislativen Vetorecht verwechselt werden darf, das ein Vorrecht der Exekutive darstellt, im Allgemeinen dem Staatsoberhaupt zuerkannt wird und das Inkrafttreten eines vom Rechtsetzungsorgan erlassenen Legislativakts vorübergehend oder endgültig verhindert.

    58.

    Aus diesem Grund muss Art. 293 Abs. 2 AEUV, wonach die Kommission befugt bleibt, den Entwurf zu ändern, so verstanden werden, dass er auch für die Ausübung der Rücknahmebefugnis eine zeitliche Beschränkung impliziert.

    59.

    Der Vergleich zwischen den verschiedenen in Art. 294 AEUV vorgesehenen Lesungen zeigt nämlich, dass die Kommission in der Phase der ersten Lesung ihr Initiativrecht unter Wahrung der allgemeinen Rechtsgrundsätze ausübt, während ihre verfassungsrechtlichen Vorrechte in der Phase der zweiten und der dritten Lesung immer weiter abnehmen.

    60.

    Nachdem der Rat seinen „Standpunkt in erster Lesung“ im Sinne von Art. 294 Abs. 5 AEUV festgelegt hat, ist der Rat im Sinne von Art. 293 Abs. 1 AEUV „tätig geworden“, so dass sich die Rolle der Kommission dann nach Art. 294 Abs. 7 Buchst. c AEUV in Verbindung mit Art. 294 Abs. 9 AEUV darauf beschränkt, eine Stellungnahme zu den vom Parlament in zweiter Lesung vorgeschlagenen Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung abzugeben. Die Aufteilung der Rechtsetzungsbefugnis zwischen Parlament und Rat, die auf dem früheren Verfahren der Zusammenarbeit beruht, erlaubt es der Kommission folglich nicht, so weit zu gehen, dass sie ihren Vorschlag ändert oder gar zurücknimmt, nachdem der Rat seinen Standpunkt förmlich festgelegt hat. Die Kommission bleibt gleichwohl in vollem Umfang in das Verfahren einbezogen, bis es abgeschlossen ist. Bevor sich der Rat zum Standpunkt des Parlaments äußern kann, muss ihm nämlich die Stellungnahme der Kommission zu diesen Abänderungen vorliegen ( 48 ).

    61.

    Da die Rücknahmebefugnis eine der Ausprägungen der Verantwortlichkeiten, die der Kommission durch die Verträge übertragen werden, und insbesondere ihres Initiativrechts darstellt, ist Art. 294 Abs. 5 AEUV folglich dahin auszulegen, dass er die zeitliche Grenze festlegt, über die hinaus die Kommission nicht mehr das Recht hat, den Vorschlag für einen Rechtsetzungsakt zurückzuziehen ( 49 ).

    62.

    Der spezielle Fall der Rücknahme aufgrund des Subsidiaritätsprotokolls spricht ebenfalls für eine solche Auslegung der zeitlichen Begrenzung der Rücknahmebefugnis. Wenn nämlich die Kommission trotz der von nationalen Parlamenten nach Art. 6 dieses Protokolls geäußerten Zweifel an der Vereinbarkeit des Entwurfs eines Gesetzgebungsakts mit dem Subsidiaritätsprinzip an ihrem Vorschlag festhält, muss der Gesetzgeber nach Art. 7 Abs. 3 Buchst. a des Protokolls vor Abschluss der ersten Lesung prüfen, ob das Subsidiaritätsprinzip gewahrt ist. Daraus folgt, dass etwaige Einwände der nationalen Parlamente sowie die Entscheidung der Kommission, den Vorschlag zurückzuziehen, an ihm festzuhalten oder ihn zu ändern, zu einem früheren Zeitpunkt und in jedem Fall vor dem Abschluss der ersten Lesung erfolgen müssen.

    63.

    Außerdem bestätigt eine solche Festlegung der zeitlichen Grenzen die Rechtmäßigkeit der von der Kommission bislang vorgenommenen gruppierten Rücknahmen. Da es im Rahmen der ersten Lesung keine zwingenden Fristen gibt, bleibt sie nämlich dafür verantwortlich, wie mit Legislativvorschlägen in dieser Phase zu verfahren ist. Da die erste Lesung keiner Frist unterworfen ist, können sich die Debatten so lange hinziehen, wie die Organe es für nützlich erachten, sogar über mehrere Jahre. In diesem Zusammenhang erscheint es daher schlüssig, der Kommission die Befugnis oder sogar die Pflicht zuzuerkennen, ihren Vorschlag zurückzunehmen, wenn sie nicht mehr davon überzeugt ist, dass der fragliche Rechtsakt noch den allgemeinen Interessen der Union dient. Dagegen sind in der zweiten und der dritten Lesung die zwingenden, sehr kurzen Fristen ( 50 ) strikt einzuhalten, und die Mitgesetzgeber werden „Herren“ des zu erlassenden Rechtsakts.

    64.

    Schließlich entspricht es dem grundlegenden Gebot der Rechtssicherheit, die Rücknahmebefugnis in einer Vertragsbestimmung zu regeln. Das in diesem Zusammenhang von der deutschen Regierung vorgebrachte Argument ( 51 ), dass eine förmliche Einigung von Parlament und Rat in Form eines Ergebnisses von Trilogen einer Rücknahme des Rechtsetzungsvorschlags durch die Kommission entgegenstehe, kann keinen Erfolg haben. Zwar ist anzuerkennen, dass das Gesetzgebungsverfahren eine zweifache Dimension – eine rechtliche, aber auch eine politische – hat, wobei Letztere in dem Sinne entscheidend ist, dass sie die Erzielung eines Konsenses ermöglicht ( 52 ). Gleichwohl überwiegt die Notwendigkeit einer sich aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der repräsentativen Demokratie, nach dem die Verfahren im Rahmen des Erlasses eines Gesetzgebungsakts transparent sein müssen, ergebenden rechtlichen Disziplin dergestalt, dass der Konsens anschließend an einer Bestimmung des Vertrags festgemacht werden muss, um sich nicht der Gefahr einer Rechtswidrigkeit des Handelns des Gesetzgebers auszusetzen ( 53 ).

    65.

    Zweitens unterliegt die Rücknahmebefugnis in dem vorab festgelegten zeitlichen Rahmen einer fundamentalen Begrenzung, die sich aus der Notwendigkeit der Beachtung des in Art. 13 Abs. 2 EUV angesprochenen Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit ergibt. Im Rahmen des interinstitutionellen Dialogs, auf dem das Gesetzgebungsverfahren beruht, gelten nämlich für die Organe die gleichen gegenseitigen Pflichten zu loyaler Zusammenarbeit, wie sie die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Unionsorganen prägen ( 54 ).

    66.

    Schließlich stößt die Rücknahmebefugnis an die Grenze, die die Grundlage für eine Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV darstellen kann. Die Rücknahme eines Legislativvorschlags kann nämlich einen Verstoß der Kommission gegen eine Pflicht zum Tätigwerden darstellen ( 55 ).

    4. Zur Rechtsnatur des Beschlusses zur Rücknahme des Rechtsetzungsvorschlags und zu den Grenzen der Kontrolle durch den Unionsrichter

    67.

    Die Kommission macht in ihrer Klagebeantwortung geltend, dass sie den angefochtenen Beschluss erlassen habe, weil der Rechtsetzungsakt, den die Mitgesetzgeber trotz ihrer Warnungen hätten erlassen wollen, eine Verfälschung ihres Vorschlags und eine schwerwiegende Beeinträchtigung des institutionellen Gleichgewichts darstelle. Nach der zwischen Parlament und Rat erzielten grundsätzlichen Einigung solle in Art. 7 des Rahmenverordnungsvorschlags die Zuweisung der Durchführungsbefugnisse an die Kommission durch den Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ersetzt werden, was den mit dem Vorschlag verfolgten Zielen der Effizienz, Transparenz und Kohärenz abträglich wäre. Zudem würden die übrigen Bestimmungen des Rahmenverordnungsvorschlags, die ihre Durchführungsbefugnisse ausgestalten sollten, durch die Änderung, auf die sich das Parlament und der Rat geeinigt hätten, jeder rechtlichen Wirkung beraubt.

    68.

    Die Verfälschung des Rahmenverordnungsvorschlags beruhe weniger auf der Weigerung, ihr die Zuständigkeit für den Erlass der individuellen Entscheidungen über die Gewährung einer Makrofinanzhilfe zu übertragen, als auf dem Willen der Mitgesetzgeber, am Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren festzuhalten. Eine Lösung, die im Einklang mit dem ursprünglichen Vorschlag des Parlaments den Rückgriff auf delegierte Rechtsakte unter den Voraussetzungen von Art. 290 Abs. 2 AEUV vorgesehen hätte, hätte hingegen keine solche Verfälschung dargestellt. Die Mitgesetzgeber hätten es überdies vorgezogen, den Vorschlag der Kommission so zu verändern, dass sie nicht nur verpflichtet gewesen wäre, in jedem Einzelfall, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung einer Makrofinanzhilfe vorgelegen hätten, einen Rechtsetzungsvorschlag vorzulegen, sondern auch der Inhalt ihrer künftigen Vorschläge weitgehend vorgegeben gewesen wäre. Ihr Initiativrecht wäre dadurch vollkommen vorbestimmt und eingegrenzt worden.

    69.

    Der Rat macht geltend, selbst wenn man annähme, dass eine Verfälschung des Rechtsetzungsvorschlags oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des institutionellen Gleichgewichts berechtigte Rücknahmegründe seien, sei keiner dieser Umstände im vorliegenden Fall gegeben.

    70.

    Angesichts dieser Diskussion ist es wichtig, die Rechtsnatur des Rücknahmebeschlusses vorab genau zu bestimmen.

    71.

    Der Beschluss zur Rücknahme des an den Rat und das Parlament gerichteten Rechtsetzungsvorschlags ergeht im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, das eine besondere Form des interinstitutionellen Dialogs darstellt.

    72.

    Im vorliegenden Fall ergibt sich eindeutig aus den Akten, dass dieser Beschluss, der aus den Gründen erlassen wurde, die die Kommission zur Unterbrechung des Gesetzgebungsverfahrens bewogen, auf einer doppelten Ebene zu prüfen ist, die den Ausgangspunkt meiner Analyse darstellen wird. Somit ist zwischen der formalen, die Ausübung der Rücknahmebefugnis betreffenden Ebene (auf der zu prüfen ist, ob das zuvor bestimmte Wesen der Rücknahmebefugnis beachtet wurde) und der materiellen, die Begründetheit des Rücknahmebeschlusses in einem bestimmten Fall betreffenden Ebene (d. h. der Gründe, die die Kommission zur Rücknahme des konkreten Vorschlags veranlassten) zu unterscheiden.

    73.

    Ich bin der Ansicht, dass nur der erste Aspekt des Rücknahmebeschlusses der richterlichen Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegen kann. Der zweite Aspekt dagegen, der die Begründetheit betrifft, unterliegt der Rechtmäßigkeitskontrolle des endgültigen Rechtsakts, der nur erlassen werden könnte, wenn die Kommission ihre Rücknahmebefugnis nicht oder zu Unrecht ausgeübt hätte. Angesichts dieser Unterscheidung unterliegt der Rücknahmebeschluss meines Erachtens überdies nicht der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, weil die Gründe, die zum Erlass des Rechtsakts geführt haben, in die inhaltliche Überprüfung des endgültigen Rechtsakts einzubeziehen sind. Hierauf werde ich im Rahmen des dritten Klagegrundes zurückkommen.

    74.

    Würde der Gerichtshof dagegen die Begründetheit des Rücknahmebeschlusses der Kommission prüfen, liefe das nicht nur darauf hinaus, dass das durch den Vertrag vorgegebene System der Rechtsschutzmöglichkeiten umgangen würde, indem die Rechtmäßigkeit eines Gesetzgebungsakts ex ante ( 56 ) geprüft würde, sondern auch darauf, dass eine mittelbare Rechtmäßigkeitskontrolle eines Gesetzgebungsakts in statu nascendi vorgenommen würde, der noch nicht erlassen wurde und daher rechtlich nicht existiert.

    75.

    Der die Begründetheit des streitigen Beschlusses betreffende Aspekt umfasst im vorliegenden Fall eine politische Analyse der Opportunität der zu erlassenden Maßnahme, eine Prüfung der Besonderheiten der Anwendung des fraglichen Rechtsakts, insbesondere die Modalitäten der Makrofinanzhilfe, die Wahl der Rechtsgrundlage, die Frage der Aufteilung der Zuständigkeiten im Hinblick auf die Übertragung der Durchführungsbefugnisse auf die Kommission und, allgemeiner, die Problematik der möglichen Rechtswidrigkeit der zu erlassenden Verordnung. Diese verschiedenen Fragen können dem Gerichtshof nach Abschluss des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen einer gegen den endgültigen Rechtsakt erhobenen Nichtigkeitsklage vorgelegt werden.

    76.

    So macht die Kommission geltend, der angefochtene Beschluss sei nicht aufgrund von Opportunitäts- oder politischen Erwägungen gefasst worden, von denen sie sich angeblich habe leiten lassen und dabei zu Unrecht als Mitgesetzgeber aufgetreten sei, sondern aufgrund der Befürchtung, dass der von den Mitgesetzgebern erlassene Rechtsakt gegen die Interessen der Union verstoße. Meiner Ansicht nach kann sich der Gerichtshof vor dem Erlass der fraglichen Rechtsetzungsmaßnahme nicht zur Stichhaltigkeit einer solchen Argumentation äußern, da er sonst Gefahr liefe, die ihm durch die Verträge übertragenen Zuständigkeiten zu überschreiten.

    77.

    In diesem Kontext kommt der Prüfung des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung besondere Bedeutung zu.

    78.

    Zunächst muss die auf die Rüge einer Verfälschung des Rechtsetzungsvorschlags gestützte Argumentation meines Erachtens im Rahmen der Kontrolle des endgültigen Rechtsakts geprüft werden, weil die Verfälschung eines Kommissionsvorschlags durch den Mitgesetzgeber einer Entscheidung ohne vorherige Befassung mit einem Vorschlag und somit einer Verletzung des Initiativrechts der Kommission gleichkäme. In diesem Fall haftet die Rechtswidrigkeit dem endgültigen Rechtsakt an ( 57 ).

    79.

    Außerdem beruht die Beeinträchtigung von Vorrechten der Organe klassischerweise auf der falschen Wahl der Rechtsgrundlage. Die Wahl der Rechtsgrundlage eines Unionsrechtsakts muss sich nämlich auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören ( 58 ). Das Gebot der Rechtssicherheit verlangt, dass jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Unionsrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muss und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist ( 59 ). Diese Rechtsprechung kommt jedoch nicht vor dem Erlass des Rechtsakts zur Anwendung, dessen Begründetheit im Rahmen eines Zwischenverfahrens über den Hauptrechtsakt angefochten wird.

    80.

    Auch wenn man annimmt, dass der Gerichtshof die Begründetheit des Rücknahmebeschlusses prüfen kann, stellt sich jedenfalls die Frage, welche Rechtswirkungen ein solches Urteil des Gerichtshofs insbesondere im Hinblick auf seine Rechtskraft hätte.

    81.

    Würde der Gerichtshof den auf materieller Ebene gegen die Gründe des Rücknahmebeschlusses gerichteten Rügen stattgeben und entscheiden, dass die Kommission das Vorgehen der Mitgesetzgeber zu Unrecht als Verfälschung ihres ursprünglichen Entwurfs angesehen habe, könnte das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt werden. Da die beim Gerichtshof erhobenen Klagen nach Art. 278 AEUV keine aufschiebende Wirkung haben, es sei denn, der Gerichtshof hält es für angebracht, den Vollzug auszusetzen, müsste das gesamte Verfahren von Neuem beginnen, d. h., die Kommission müsste einen neuen Rechtsetzungsvorschlag machen. Somit würde sich die Frage stellen, inwieweit das Urteil des Gerichtshofs für die Kommission bindende Wirkung hätte, indem es ihr Initiativrecht dahin gehend einschränkt, dass sie weder ihren ursprünglichen noch einen anderen, von dem vom Gerichtshof „validierten“ Standpunkt der Mitgesetzgeber abweichenden Vorschlag vorlegen könnte. Mit einer solchen der Kommission auferlegten Sanktion würde der Gerichtshof meines Erachtens von der vorgenannten Rechtsprechung abweichen, nach der die Vorrechte der Organe Bestandteil des durch die Verträge geschaffenen institutionellen Gleichgewichts sind ( 60 ).

    82.

    Dies wäre auch dann der Fall, wenn der Gerichtshof den Rücknahmebeschluss bestätigen würde, z. B. weil nicht die von den Mitgesetzgebern vorgeschlagene Rechtsgrundlage heranzuziehen ist, sondern diejenige, auf die sich der Vorschlag der Kommission stützte. Ich halte es für angebracht, darauf hinzuweisen, dass nach den Bestimmungen des AEU-Vertrags über die rechtsetzende Tätigkeit der Organe das Parlament und der Rat gemeinsam insbesondere nach den Art. 294 Abs. 7 Buchst. a und 13 AEUV die Möglichkeit haben, die von der Kommission herangezogene Rechtsgrundlage während des Gesetzgebungsverfahrens abzuändern ( 61 ).

    83.

    Deshalb scheint mir, dass der Gerichtshof sich damit als Schiedsrichter par excellence im Rahmen eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens betätigen würde.

    84.

    Aus allen dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof deshalb vor, sich im Rahmen der vorliegenden Klage nicht zu den von der Kommission vorgetragenen Gründen zur Stützung ihres Rücknahmebeschlusses zu äußern. Ich erinnere insoweit daran, dass die Kommission geltend macht, dass sie einen Vorschlag insbesondere im Fall einer gravierenden Verfälschung, einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des institutionellen Gleichgewichts oder einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Vorschlags zurücknehmen könne. Die Kommission spricht sich ebenfalls für eine Rücknahmemöglichkeit bei mangelnder Zuständigkeit der Union oder einem Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip aus. Hierbei handelt es sich meines Erachtens aber um Aspekte, die im Einzelfall der Rechtmäßigkeitskontrolle des endgültigen, am Ende des Gesetzgebungsverfahrens erlassenen Rechtsakts unterliegen.

    85.

    Daher schlage ich vor, die sowohl vom Rat als auch von der Kommission zur Begründetheit des angefochtenen Beschlusses vorgetragenen Argumente als ins Leere gehend anzusehen und die richterliche Kontrolle allein auf die das Wesen des Rücknahmerechts betreffenden formalen Gesichtspunkte zu beschränken, die in den Nrn. 56 bis 65 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt werden.

    86.

    Nach alledem schlage ich vor, den ersten Klagegrund des Rates zurückzuweisen. Da sich aus den Akten ergibt, dass die Kommission den Vorschlag zurückgenommen hat, bevor der Rat im Sinne von Art. 294 Abs. 5 AEUV tätig wurde, ist der zweite, den Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit betreffende Klagegrund des Rates zu prüfen.

    VI – Zum Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 13 Abs. 2 EUV

    A – Vorbringen der Parteien

    87.

    Mit seinem zweiten Klagegrund macht der Rat geltend, dass die Kommission im vorliegenden Fall gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen habe, der nach einer in Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV kodifizierten Rechtsprechung auch für die Unionsorgane gelte ( 62 ), insbesondere im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens ( 63 ).

    88.

    Der Rat und die ihm als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten machen geltend, die Kommission habe, statt insbesondere im Stadium der Annahme der Allgemeinen Ausrichtung des Rates oder der Debatten über den Bericht des Parlaments Bedenken zu äußern, erklärt, dass dieser eine gute Grundlage für die weiteren Gespräche bilde. Im November 2011 habe ein Kommissionsbeamter einen Beamten des Rates darüber informiert, dass eine Reihe von Änderungen die Substanz ihres Rahmenverordnungsvorschlags verfälschten, ohne speziell die Änderung von Art. 7 des Vorschlags zu erwähnen. Auch im „Non-Paper“ der Kommission vom Januar 2013 sei von einer eventuellen Rücknahme ihrer Rechtsetzungsinitiative keine Rede. Obwohl die Kommission bei den Arbeitssitzungen des Rates und den Trilogen stets anwesend gewesen sei, habe sie ihre Absicht, den Vorschlag zurückzunehmen, erst in einem späten Stadium, nämlich beim Trilog am 25. April 2013, offiziell bekundet. Ihre interne Note SI(2013)231 zeige, dass sie ihren Vorschlag noch schnell an eben dem Tag zurückgenommen habe, an dem der von Parlament und Rat erzielte Kompromiss habe paraphiert werden sollen.

    89.

    Bei der Sitzung der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten am 7. Mai 2013 habe die Kommission – obwohl sie von der Ratspräsidentschaft ausdrücklich aufgefordert worden sei, die Delegationen über ihre etwaige Absicht zu informieren, den Rahmenverordnungsvorschlag zurückzunehmen – nicht erwähnt, dass diese Frage am Folgetag auf der Tagesordnung des Kommissionskollegiums gestanden habe.

    90.

    Die Missachtung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit durch die Kommission werde durch die Tatsache verstärkt, dass sie die in den Art. 3 Abs. 2 und 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Rates ( 64 ) vorgesehenen Verfahrenswege nicht ausgeschöpft habe, um zu überprüfen, ob die nach Art. 293 Abs. 1 AEUV für die Abänderung ihres Rahmenverordnungsvorschlags erforderliche Einstimmigkeit im vorliegenden Fall vorgelegen habe, und auch nicht um eine Probeabstimmung in den Vorbereitungsgremien des Rates gebeten habe ( 65 ).

    91.

    Die Tschechische Republik und die Bundesrepublik Deutschland sind der Ansicht, dass die Kommission rechtsmissbräuchlich gehandelt habe ( 66 ). Die Italienische Republik und das Vereinigte Königreich machen geltend, unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission den Rahmenverordnungsvorschlag zurückgenommen habe, habe sie von vornherein jede Diskussion und jede Verhandlung mit den Mitgesetzgebern über den Inhalt von Art. 7 des Vorschlags ausgeschlossen, während es bei den Mitgesetzgebern insoweit einen gemeinsamen Ansatz gegeben habe.

    92.

    Zur Rüge einer verspäteten Rücknahme hebt die Kommission hervor, dass sie bei den Arbeitsgruppentreffen der Finanzreferenten am 15. und 22. November 2011 klar darauf hingewiesen habe, dass die vom Rat beabsichtigten Änderungen ihren Rahmenverordnungsvorschlag verfälschten. Bei der Verabschiedung der Allgemeinen Ausrichtung des Rates am 15. Dezember 2011 habe sie es nicht für notwendig gehalten, einen förmlichen Vorbehalt zu erklären, weil diese „Allgemeine Ausrichtung“ nur den Standpunkt dargestellt habe, den die Ratspräsidentschaft im Rahmen der Triloge vertreten würde. Jedenfalls sei es in diesem Stadium nicht sicher gewesen, dass der Standpunkt beibehalten werde, zumal der Standpunkt des Parlaments noch nicht festgestanden habe und es sich bei dessen Verabschiedung im Mai 2012 für die Entscheidungsfindung aufgrund des Erlasses delegierter Rechtsakte ausgesprochen habe. In der Folge habe sie ihre Einwände gegen den Standpunkt des Rates in ihrem „Non-Paper“ vom Januar 2013 wiederholt und eine Reihe von Elementen für eine Lösung vorgeschlagen, um aus der Sackgasse herauszukommen.

    93.

    Zweitens hätten ihre Vertreter nach dem Trilog am 30. Januar 2013, in dessen Verlauf klar geworden sei, dass eine Gefahr der Verfälschung des Rahmenverordnungsvorschlags bestehe, und unmittelbar nachdem das Kommissionskollegium sie dazu ermächtigt habe, die Mitgesetzgeber davon in Kenntnis gesetzt, dass sie diesen Vorschlag zurücknehmen könnte ( 67 ). Erst als sich Anfang Mai 2013 herausgestellt habe, dass sie die beiden Mitgesetzgeber nicht von der Notwendigkeit überzeugen könne, ihren gemeinsamen Standpunkt zu überdenken, sei sie durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses ihrer Verantwortung nachgekommen.

    94.

    Drittens trägt die Kommission vor, bei der Erstellung der internen Note SI(2013)231 sei das Datum des nächsten Trilogs noch nicht bekannt gewesen. Dass der angefochtene Beschluss an dem Tag erlassen worden sei, an dem die Mitgesetzgeber eine Einigung hätten finalisieren wollen, sei ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen. Hätte sie verfrüht auf die Möglichkeit einer Rücknahme des Rahmenverordnungsvorschlags hingewiesen, wäre dies der Ausgeglichenheit der interinstitutionellen Erörterungen und dem ordnungsgemäßen Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens abträglich gewesen.

    95.

    Zum unterbliebenen Rückgriff auf andere Verfahrensmöglichkeiten nach der Geschäftsordnung des Rates trägt die Kommission vor, sie sei aufgrund ihrer Beteiligung an den gesamten Arbeiten der Gruppe der Finanzreferenten des Rates zu der Feststellung gelangt, dass die Standpunkte der Mitgliedstaaten völlig eindeutig seien und ein förmliches Votum nichts an der Situation geändert hätte.

    B – Würdigung

    96.

    Um die Tragweite der Problematik des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit richtig zu erfassen, ist zunächst hervorzuheben, dass die Ausübung der Rücknahmebefugnis zu allererst durch das Verbot des Ermessensmissbrauchs eingeschränkt wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsakt nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass er ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen wurde, ein Verfahren zu umgehen, das der AEU-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen ( 68 ).

    97.

    Deshalb kann ein möglicher Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nicht einem Ermessensmissbrauch gleichgesetzt werden.

    98.

    Insoweit weise ich zum einen darauf hin, dass der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit es erlaubt, die aus Grauzonen des Vertrags resultierenden Rechtsunsicherheiten, wie sie sich im vorliegenden Fall aus den Modalitäten der Ausübung der Rücknahmebefugnis ergeben, zu beseitigen. Zum anderen lässt sich der Inhalt dieses Grundsatzes, auch wenn er auf die informelle Zusammenarbeit zwischen den Unionsorganen anwendbar ist, nicht genau erfassen ( 69 ).

    99.

    Der in Art. 13 Abs. 2 EUV kodifizierte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verlangt die gleiche Beachtung wie die Aufteilung der jeweiligen Zuständigkeiten und das institutionelle Gleichgewicht ( 70 ). In diesem Rahmen können das Parlament, der Rat und die Kommission nach Art. 295 AEUV zur Regelung der Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit interinstitutionelle Vereinbarungen mit gegebenenfalls bindendem Charakter schließen.

    100.

    Mit seinem Klagegrund wirft der Rat der Kommission im Wesentlichen vor, dass sie ihre Absicht, den Vorschlag zurückzunehmen, erst in einem sehr späten Stadium der Triloge erklärt habe, als die den Rückgriff auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren betreffende Einigung zwischen Parlament und Rat unmittelbar bevorgestanden habe. Der Rat geht offenbar davon aus, dass die Tatsache, dass der Trilog für den Tag anberaumt war, an dem auch der angefochtene Beschluss erlassen wurde, einer Ausübung der Rücknahmebefugnis durch die Kommission entgegengestanden habe.

    101.

    Auch wenn, wie ich bereits im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes dargelegt habe, die Bedeutung eines Trilogs ( 71 ) als Ausdruck der interinstitutionellen Zusammenarbeit anzuerkennen ist, darf die politische Dimension des Gesetzgebungsverfahrens nicht Vorrang vor seiner rechtlichen Dimension haben.

    102.

    Die Triloge laufen nämlich in einem informellen Rahmen ab und können je nach der Art der zu erwartenden Debatte in allen Verfahrensstadien und auf verschiedenen Repräsentationsebenen stattfinden ( 72 ). Wie beim Vermittlungsausschuss im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens (und zuvor des Mitentscheidungsverfahrens) besteht die Rolle des Trilogs darin, bei etwaigen zwischen den Organen auftretenden Meinungsverschiedenheiten zu vermitteln und eine Einigung zwischen ihnen zu suchen.

    103.

    Dagegen ist der Trilog im Unterschied zum Vermittlungsausschuss als solcher im AEU-Vertrag nicht vorgesehen und stellt keinen rechtlich zwingenden Schritt im Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens dar ( 73 ). Dies ergibt sich auch aus der Gemeinsamen Erklärung von 2007, wonach in einem Schreiben die Bereitschaft des Rates erklärt wird, das Ergebnis eines Trilogs vorbehaltlich einer Überprüfung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen zu akzeptieren, falls es durch die Abstimmung im Plenum bestätigt wird ( 74 ). Aus diesem Grund bin ich der Ansicht, dass die Rüge, der angefochtene Beschluss sei „verspätet“ mitgeteilt worden, keinen Erfolg haben kann.

    104.

    In diesem Kontext scheint mir der Hinweis von grundlegender Bedeutung zu sein, dass vor und nach der Rücknahme eine umfassende Kommunikation zwischen der Kommission und den Mitgesetzgebern stattfinden muss. Die Rücknahme darf nämlich nicht überraschend oder unter Verstoß gegen die Grundsätze des guten Glaubens verstoßen.

    105.

    Insoweit kann der Wortlaut der interinstitutionellen Vereinbarungen nützliche Hinweise geben. So ergibt sich u. a. aus der zwischen dem Parlament und der Kommission geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 20. November 2010, dass die Kommission gehalten ist, rechtzeitig ausführliche Erläuterungen zur Verfügung zu stellen, bevor sie Vorschläge zurückzieht, zu denen das Parlament bereits in erster Lesung einen Standpunkt eingenommen hat ( 75 ). Außerdem sind die Organe nach dem Wortlaut der Gemeinsamen Erklärung von 2007 während des gesamten Verfahrens um loyale Zusammenarbeit bemüht, wobei der politische Charakter des Entscheidungsprozesses ohne Einschränkung beachtet wird.

    106.

    Im vorliegenden Fall scheint mir die Kommission ihrer Pflicht zur umfassenden und zeitlich mit anderen Organen abgestimmten Kommunikation nicht vollständig nachgekommen zu sein. Vor allem ist ein bloßer Austausch von E‑Mails zwischen den Beamten der Kommission und des Rates vom 25. November 2011, in denen die Verfälschung des Vorschlags der Kommission erwähnt wird, hierfür kein ausreichendes Mittel. Aus den Akten ergibt sich allerdings, dass die Kommission ab Februar 2013 die Möglichkeit der Rücknahme mehrfach und auf hoher Ebene ansprach.

    107.

    So hob der Vertreter der Kommission bei der Sitzung der Finanzreferenten am 26. Februar 2013 hervor, dass die vorgeschlagene Ausrichtung den Vorschlag der Kommission verfälsche, weswegen sie die Rücknahme ihres Vorschlags erwägen könnte ( 76 ). Beim fünften Trilog war den Organen, insbesondere dem Parlament, das Risiko einer Rücknahme offensichtlich bewusst, da der Berichterstatter, Herr Kazak, die Kommission bat, den Vorschlag zu unterstützen und nicht zurückzuziehen ( 77 ). In der Folge, beim Treffen der Finanzreferenten am 9. April 2013, wiederholte die Kommission eindeutig die Möglichkeit einer Rücknahme, wenn für die MFH-Beschlüsse das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gewählt würde ( 78 ). Außerdem sprach sie in der Sitzung am 2. Mai 2013 nicht nur das Risiko einer Rücknahme an, sondern räumte auch ein, dass diese Möglichkeit von den Dienststellen der Kommission auf höchster Ebene geprüft werde ( 79 ).

    108.

    Die in der Akte enthaltenen Tatsachen lassen somit nicht die Feststellung zu, dass die Kommission gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen hat.

    109.

    Schließlich möchte ich zu der Frage, ob die Kommission die in der Geschäftsordnung des Rates vorgesehenen Verfahrensmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, daran erinnern, dass die Geschäftsordnungen der Organe atypische Rechtsakte darstellen, die ihre jeweiligen organisatorischen Grundsätze regeln. Was die möglichen Auswirkungen auf andere Organe betrifft, können die Geschäftsordnungen nur die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen den Organen regeln. Mir scheint daher unbestreitbar zu sein, dass sie das Verhalten eines anderen Organs berühren können, insbesondere indem ihm ein bestimmtes Erfordernis auferlegt oder eine bestimmte Zuständigkeit zugewiesen wird. Dies ist bei Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Rates der Fall, woraus sich eine Befugnis der Kommission ergibt, die Aufnahme eines Tagesordnungspunkts zu verlangen, für den ein Abstimmungsverfahren erforderlich ist. Dagegen erwächst aus dieser Vorschrift keinerlei Verpflichtung der Kommission.

    110.

    Überdies ging es im Urteil Parlament/Rat, das der Rat zur Stützung seines Klagegrundes anführt ( 80 ), nicht um die Ahndung der fehlenden Ausschöpfung der verfügbaren Verfahrenswege durch das Parlament, sondern darum, dass seine Entscheidung sich auf Gründe stützte, die nichts mit dem fraglichen Rechtsakt zu tun hatten, und dass es vor allem die Dringlichkeit des Verfahrens und die Notwendigkeit außer Acht gelassen hatte, die Verordnung vor dem Datum zu erlassen, an dem der Rat zu Recht festgehalten hatte.

    111.

    Folglich ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts, der eine Autonomie der Organe voraussetzt, die These, dass die Kommission aufgrund der Bestimmungen der Geschäftsordnung des Rates gehalten sei, eine Abstimmung zu verlangen, bevor sie ihren Rechtsetzungsvorschlag zurücknehme, zurückzuweisen.

    112.

    Jedenfalls stelle ich fest, dass durch die Verträge eine klare Aufteilung der Funktionen und Befugnisse der politischen Organe der Union geschaffen wurde. Aus ihr ergibt sich, dass jedes dieser Organe seine eigenen politischen Leitlinien erlassen und die zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten nutzen kann, um Einfluss auf die anderen Organe auszuüben. Somit kann eine vorherige Mitteilung hinsichtlich der Möglichkeit einer Rücknahme, wie sie die Kommission beim fünften Trilog vom 26. Februar 2013 vornahm, keinesfalls einer missbräuchlichen Drohung in Form eines Ermessensmissbrauchs gleichgestellt werden.

    113.

    Ich schlage daher vor, den zweiten Klagegrund zurückzuweisen.

    VII – Zur Verletzung der Begründungspflicht

    A – Vorbringen der Parteien

    114.

    Der Rat räumt zwar ein, dass der angefochtene Beschluss ein Rechtsakt „außerhalb der Nomenklatur“ sei, macht aber mit seinem dritten Klagegrund geltend, dass ein Beschluss zur Rücknahme eines Rechtsetzungsvorschlags der richterlichen Kontrolle unterliege. Demzufolge müsse ein solcher Rücknahmebeschluss dem in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungserfordernis in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung entsprechen ( 81 ), und zwar unabhängig davon, ob er einen Beschluss im Sinne von Art. 288 AEUV darstelle ( 82 ).

    115.

    Der angefochtene Beschluss sei weder erläutert noch veröffentlicht worden und enthalte keine Angaben zu den Gründen der Rücknahme.

    116.

    Die Kommission trägt vor, der Rat verwechsle die in Art. 296 AEUV aufgestellte Begründungspflicht, die darin bestehe, die Rechtsakte der Union im Sinne von Art. 288 AEUV zu begründen, indem in den Wortlaut des betreffenden Rechtsakts selbst eine Begründung aufgenommen werde, mit dem allgemeinen, in Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommenden Grundsatz, nach dem jede Entscheidung eines Organs auf Gründen beruhen müsse, die den beteiligten Parteien, in welcher Form auch immer, mitgeteilt werden müssten.

    117.

    Sie macht geltend, ein Rücknahmebeschluss wie der angefochtene Beschluss sei eine interne Verfahrensentscheidung und kein Rechtsakt im Sinne von Art. 288 AEUV. Ein solcher Beschluss habe keinen Adressaten im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV oder Art. 288 AEUV. Er enthalte weder einen Titel noch Bezugsvermerke, Erwägungsgründe oder Artikel. Er müsse, um Wirkung zu erlangen, weder bekannt gegeben noch veröffentlicht werden im Sinne von Art. 297 Abs. 2 AEUV. Die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV sei auf ihn somit nicht anwendbar ( 83 ).

    B – Analyse

    118.

    Obwohl die verfassungsrechtliche Bedeutung der Begründungspflicht, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird ( 84 ), anzuerkennen ist, veranlassen die Rechtsnatur und der Kontext des Erlasses des angefochtenen Beschlusses mich zu dem Schluss, dass der angefochtene Beschluss nicht in den Geltungsbereich der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV fällt.

    119.

    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Wortlaut des Schreibens des Vizepräsidenten der Kommission, dass der angefochtene Beschluss unzweideutig und endgültig den Standpunkt der Kommission darstellt ( 85 ), in dem die Absicht der Kommission zum Ausdruck kommt, das Gesetzgebungsverfahren zu unterbrechen. Es handelt sich somit um eine organinterne Verfahrensentscheidung.

    120.

    Insoweit weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof im Zusammenhang mit einem interinstitutionellen Dialog bereits eine mündliche Erklärung eines Kommissars, die den Vorschlag der Kommission widerspiegelt, als gültige Phase des Gesetzgebungsverfahrens anerkannt hat. Dem Gerichtshof zufolge ist die Tatsache, dass dieser geänderte Vorschlag der Kommission keine Schriftform hat, ohne Bedeutung. Er führt aus: „Artikel 149 Absatz 3 EWG-Vertrag [jetzt Art. 293 Abs. 2 AEUV] … verlangt nicht, dass [die] geänderten Vorschläge notwendigerweise Schriftform aufweisen. Solche geänderten Vorschläge sind Teil des gemeinschaftlichen Gesetzgebungsverfahrens, das sich durch eine gewisse Flexibilität auszeichnet, die erforderlich ist, um zwischen den Organen eine Meinungsübereinstimmung zu erreichen. Sie unterscheiden sich grundlegend von den Rechtsakten, die die Kommission erlässt und die die Einzelnen unmittelbar betreffen. Unter diesen Umständen kann für die Annahme dieser Vorschläge nicht die strikte Einhaltung der Förmlichkeiten verlangt werden, die für den Erlass der Rechtsakte, die die Einzelnen unmittelbar betreffen, vorgeschrieben sind …“ ( 86 )

    121.

    Diese Analyse gilt erst recht für die Annahme, dass ein Schreiben eines Kommissars, in dem der Standpunkt des Kollegiums ausgedrückt wird, nicht unter die Begründungspflicht fällt, weil es zum Gesetzgebungsverfahren in dem vom Gerichtshof definierten Sinne gehört.

    122.

    Außerdem ist die Begründungspflicht im Sinne von Art. 296 AEUV, die auf dem Grundsatz beruht, dass der fragliche Rechtsakt die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihm die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann ( 87 ), offensichtlich ohne Bedeutung, wenn der Gerichtshof die Beschränkung der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines in der Hauptsache in Rede stehenden Rechtsakts sui generis allein auf die formale, das Wesen des Rücknahmerechts betreffende Ebene akzeptiert.

    123.

    Soweit die Kommission die oben definierten Grenzen des Wesens der Rücknahmebefugnis einhält, ist der Sache nach keine Begründung geboten, wenn die Mitgesetzgeber bei den interinstitutionellen Trilogen gebührend über die Gründe der Rücknahme informiert wurden und diese Gründe eng mit der Rolle verbunden sind, die die Kommission nach Art. 17 Abs. 1 EUV ausübt.

    124.

    Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

    125.

    Schließlich weise ich zur Kostentragung darauf hin, dass der Rat den Gerichtshof mit der vorliegenden Klage legitimerweise um Klarstellungen des Umfangs der verfassungsrechtlichen Rücknahmebefugnis der Kommission ersucht hat, was auf den ersten Blick die Teilung der Kosten zwischen den beiden Organen rechtfertigen könnte. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei jedoch auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Rates zur Tragung der Kosten beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

    VIII – Ergebnis

    126.

    Aus den dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor,

    die Klage des Rates der Europäischen Union abzuweisen und ihn zur Tragung der Kosten zu verurteilen;

    zu beschließen, dass nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) Würde man eine solche Befugnis bejahen, käme dies meines Erachtens der Anerkennung einer Rechtsetzungskompetenz der Kommission in Bezug auf die Entscheidung gleich, ihren Rechtsetzungsvorschlag zurückzunehmen oder aufrechtzuerhalten, ohne dass es der ausdrücklichen oder impliziten Zustimmung der anderen Organe bedürfte.

    ( 3 ) KOM(2011) 396 endgültig.

    ( 4 ) Der Wilhelm von Ockham, einem Philosophen des 14. Jahrhunderts, zugeschriebene Grundsatz der Einfachheit findet im Bereich der Wissenschaften Anwendung; er besagt, dass die einfachsten hinreichenden Hypothesen die wahrscheinlichsten sind. Er scheint mir auf die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles übertragbar zu sein.

    ( 5 ) Vormals die Art. 308 EG und 235 EG-Vertrag.

    ( 6 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55, S. 13).

    ( 7 ) 2011/0176 (COD) vom 24. Mai 2012. Vom Parlament durch Teilabstimmung in erster/einziger Lesung angenommener Text (ABl. 2012, C 264 E).

    ( 8 ) Diese Lösung wurde in einem Dokument vom 19. Februar 2013 näher beschrieben, das an die Mitglieder der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten verteilt wurde, der auch Vertreter der Kommission angehörten.

    ( 9 ) Diese Note, die von der Kommission zu den Akten gegeben wurde, ist eine von der Generaldirektion (GD) „Wirtschaft und Finanzen“ unter Federführung des Kabinetts von Herrn Rehn vorbereitete Studie, die den Ablauf der Verhandlungen über den Rahmenverordnungsvorschlag und die seine Rücknahme rechtfertigenden Gründe wiedergibt.

    ( 10 ) Vgl. Urteile Kommission/Rat, „AETR“ (22/70, EU:C:1971:32, Rn. 42), Parlament/Rat und Kommission (C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 13) sowie Kommission/Rat (C‑27/04, EU:C:2004:436, Rn. 44).

    ( 11 ) Vgl. Urteil Niederlande/Kommission (C‑147/96, EU:C:2000:335, Rn. 27).

    ( 12 ) Beschluss Makhteshim-Agan Holding u. a./Kommission (C‑69/09 P, EU:C:2010:37, Rn. 37 und 38).

    ( 13 ) Vgl. zur Zulässigkeit einer von den Vertretern der Mitgliedstaaten in ihrer Eigenschaft als Vertreter ihrer Regierungen und nicht als Mitglieder des Rates getroffenen Entscheidung auch Urteil Kommission/Rat (C‑114/12, EU:C:2014:2151, Rn. 38 bis 40).

    ( 14 ) Vgl. in dieser Hinsicht Urteile Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7, S. 44), Meroni/Hohe Behörde (10/56, EU:C:1958:8, S. 82), Roquette Frères/Rat (138/79, EU:C:1980:249, Rn. 33 und 34), Wybot (149/85, EU:C:1986:310, Rn. 23), Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217, Rn. 22) und Parlament/Rat (C‑133/06, EU:C:2008:257, Rn. 57).

    ( 15 ) Der Rat nimmt dabei Bezug auf Art. 7 Abs. 2 und 3 des Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, das dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag als Anhang beigefügt ist (im Folgenden: Subsidiaritätsprotokoll).

    ( 16 ) Vgl. in diesem Sinne Rn. 13, 17, 22, 24 und 27 der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu den praktischen Modalitäten des Mitentscheidungsverfahrens (Artikel 251 des EG-Vertrags) (ABl. 2007, C 145, S. 5, im Folgenden: Gemeinsame Erklärung von 2007).

    ( 17 ) Urteile ACF Chemiefarma/Kommission (41/69, EU:C:1970:71); Kommission/Rat (355/87, EU:C:1989:220, Rn. 44) sowie Eurotunnel u. a. (C‑408/95, EU:C:1997:532, Rn. 39).

    ( 18 ) Der Rat bezieht sich auf die Rechtsprechung, nach der dieses Prinzip sowohl im Parlament zum Ausdruck kommt als auch in der Zugehörigkeit der Ratsmitglieder zu Regierungen, die ihren nationalen Parlamenten politisch verantwortlich sind. Vgl. in diesem Sinne Urteile Roquette Frères/Rat (EU:C:1980:249, Rn. 33), Maizena/Rat (139/79, EU:C:1980:250, Rn. 34) und Kommission/Rat (C‑300/89, EU:C:1991:244, Rn. 20).

    ( 19 ) Dieses Argument wird von der Bundesrepublik Deutschland zwar im Rahmen des zweiten, die Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit betreffenden Klagegrundes vorgetragen, doch ist die Antwort auf diese Kritik auch für die Anerkennung der Rücknahmebefugnis als solcher von grundlegender Bedeutung.

    ( 20 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Fediol/Kommission (188/85, EU:C:1988:400, Rn. 37).

    ( 21 ) Die Kommission fügt hinzu, dass sie zwischen 1977 und 1994 in den seltenen Fällen, in denen es nicht möglich gewesen sei, eine unionsrechtskonforme Lösung zu finden, ihren Rechtsetzungsvorschlag zurückgenommen habe, weil der Gesetzgeber den Erlass eines Rechtsakts beabsichtigt habe, der ihren Vorschlag verfälscht oder eine schwerwiegende Verletzung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts dargestellt hätte oder offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre.

    ( 22 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Eurotunnel u. a. (EU:C:1997:532, Rn. 39).

    ( 23 ) Jedenfalls betrifft die vorliegende Analyse nur die Ausübung der Vorrechte der Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und beschränkt sich auf die Beziehungen zu den anderen Organen in diesem Rahmen.

    ( 24 ) Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1991:373, Rn. 20).

    ( 25 ) Die Kommission nimmt diese Rücknahmen entweder zu Beginn des Mandats des Kollegiums oder jährlich im Rahmen einer umfassenden Überarbeitung unter Berücksichtigung zwingender Ziele, des Standes des Gesetzgebungsverfahrens sowie einer Überprüfung der Einhaltung der gegenwärtigen Anforderungen an eine bessere Rechtsetzung vor. Vgl. z. B. die Mitteilung der Kommission über das Ergebnis der Prüfung der dem Gesetzgeber vorliegenden Legislativvorschläge (COM[2005] 462 endg., Rn. 1). Zur Problematik der Selbstbeschränkung der Rechtsetzungszuständigkeit durch die Kommission aus politischen Gründen, nämlich um die Verfälschung eines Vorschlags zu vermeiden, die 1994 zum ersten Mal aufgetreten ist, vgl. Ponzano, P., „Le droit d’initiative de la Commission européenne: théorie et pratique“, Revue des Affaires Européennes, 2009-2010/1, S. 27 ff. (zugänglich unter der Internet-Adresse: http://ddata.over-blog.com/xxxyyy/2/48/17/48/Fichiers-pdf/Europe/Droit-d-initiative-de-la-Commission.pdf, S. 11), mit Verweis auf Rasmussen, A., „Challenging the Commission’s right of initiative“, West European Politics, Vol. 30, Nr. 2, 244 bis 264, März 2007. Vgl. schließlich die Antwort der Kommission vom 23. Januar 1987 auf die schriftliche Anfrage Nr. 2422/86 (Herman) zur Tragweite des Rücknahmerechts (ABl. 1987, C 220, S. 6).

    ( 26 ) Urteil Fediol/Kommission (EU:C:1988:400).

    ( 27 ) Vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/91 (EU:C:1991:490, Rn. 21) und Urteil van Gend & Loos (26/62, EU:C:1963:1, S. 2).

    ( 28 ) Urteil Vereinigtes Königreich/Rat (68/86, EU:C:1988:85, Rn. 38) sowie Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Parlament/Rat (C‑133/06, EU:C:2007:551, Nr. 29).

    ( 29 ) Urteil Frankreich u. a./Kommission (188/80 bis 190/80, EU:C:1982:257, Rn. 6).

    ( 30 ) Vgl. den Beitrag der Kommissionsmitglieder Barnier und Vittorino „Das Initiativrecht der Kommission“, Europäischer Konvent, Brüssel, 3. September 2002, CONV 230/02. Es steht fest, dass dieses Recht, insbesondere im Licht der Art. 7 EUV, 11 Abs. 4 EUV, 129 Abs. 3 und 4 AEUV, 252 Abs. 1 AEUV und 308 Abs. 3 AEUV, nicht mehr ausschließlich ist.

    ( 31 ) Vgl. insbesondere die Studien von Soldatos, P., „L’urgence de protéger le pouvoir d’initiative législative de la Commission européenne“, L’Union européenne et l’idéal de la meilleure législation, Éditions Pédone, 2013, S. 175 bis 190.

    ( 32 ) Unter Bezugnahme auf die europäische Konstruktion vertrat Jean Monnet folgende Ansicht: „Ihr Schlussstein ist der ständige Dialog, den [die Gemeinschaft] zwischen den nationalen Institutionen und den Organen der Gemeinschaft durchführt, deren Ziele miteinander verbunden sind und die nur noch solidarisch vorankommen können … Dieser mit der Entscheidung untrennbar verbundene Dialog ist das eigentliche Wesen des Lebens der Gemeinschaft und macht sie unter den modernen politischen Systemen einzigartig“ (Monnet, J., Mémoires, Paris, 1976, S. 626). In der Lehre, unter vielen, Dehousse, R., „La méthode communautaire a-t-elle encore un avenir?“, Mélanges en hommage à Jean-Victor Louis, vol. I (2003), S. 95; Manin, Ph., „La méthode communautaire: changement et permanence“, Mélanges en hommage à Guy Isaac, t. 1 (2004), S. 213 bis 237. Zur Gemeinschaftsmethode als „Herzstück“ der europäischen Integration im Rahmen der Gemeinschaften gegenüber den mehr „intergouvernementalen“ Modi vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Mazak in der Rechtssache Kommission/Rat (C‑440/05, EU:C:2007:393).

    ( 33 ) Im Weißbuch „Europäisches Regieren“, KOM(2001) 428, heißt es dazu, dass die Methode auf folgenden Grundsätzen beruht: 1. Die Europäische Kommission unterbreitet als einziges Organ Vorschläge für Rechtsetzung und Politik. Ihre Unabhängigkeit stärkt ihre Fähigkeit, die Politik der Union durchzuführen, Hüterin der Verträge zu sein und die Union in internationalen Verhandlungen zu vertreten. 2. Legislative und haushaltspolitische Beschlüsse werden vom Rat (der die Mitgliedstaaten vertritt) und vom Parlament (das die Bürger vertritt) gefasst. Die Zuständigkeit für die Durchführung der Rechtsnormen wird der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten übertragen. 3. Der Gerichtshof wacht darüber, dass die Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird.

    ( 34 ) Eine solche Gleichstellung würde von einer Parallelität mit den klassischen parlamentarischen Systemen ausgehen, in denen das Initiativrecht dem Souverän zusteht. Geschichtlich wurde dieses Vorrecht des Souveräns durch die den nationalen Parlamenten zuerkannte Zuständigkeit, Änderungen vorzuschlagen, beeinträchtigt; diese erhielten später ein eigenes Initiativrecht.

    ( 35 ) Roland, S., Le triangle décisionnel communautaire à l’aune de la théorie de la séparation des pouvoirs, Bruylant, 2008 (Zitat von M. Troper), S. 315.

    ( 36 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217, Rn. 19).

    ( 37 ) Die Lehre hebt hervor, dass Art. 293 AEUV als solcher das Initiativrecht der Kommission widerspiegelt. Vgl. in diesem Sinne Grabitz/Hilf/Nettesheim, Krajewski/Rösslein, Das Recht der Europäischen Union, 53. Ergänzungslieferung 2014, AEUV Art. 293 Kommissionsvorschlag; Änderungsrecht, Rn. 1.

    ( 38 ) Art. 293 AEUV lautet bekanntlich: „(1) Wird der Rat aufgrund der Verträge auf Vorschlag der Kommission tätig, so kann er diesen Vorschlag nur einstimmig abändern; dies gilt nicht in den Fällen nach Artikel 294 Absätze 10 und 13, nach Artikel 310, Artikel 312, Artikel 314 und nach Artikel 315 Absatz 2. (2) Solange ein Beschluss des Rates nicht ergangen ist, kann die Kommission ihren Vorschlag jederzeit im Verlauf der Verfahren zur Annahme eines Rechtsakts der Union ändern.“

    ( 39 ) Petite, M., „Avis de temps calme sur l’article 189 A, paragraphe 1“, Revue du Marché Unique Européen, 1998/3, S. 197.

    ( 40 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Rat, „Titandioxid“ (C‑300/89, EU:C:1991:244, Rn. 20), Parlament/Rat (C‑65/93, EU:C:1995:91, Rn. 21) und Parlament/Rat (C‑155/07, EU:C:2008:605, Rn. 78).

    ( 41 ) Ich teile somit die von Generalanwalt Poiares Maduro in der Rechtssache Kommission/Parlament und Rat vertretene Auffassung (C‑411/06, EU:C:2009:189, Fn. 5). Er hat zwar die Bedeutung der direkten demokratischen Vertretung als Maßstab der europäischen Demokratie anerkannt, aber zugleich hervorgehoben, dass zur europäischen Demokratie auch ein empfindliches Gleichgewicht zwischen der Demokratie auf nationaler und auf europäischer Ebene gehört, ohne dass Letztere notwendigerweise Vorrang vor Ersterer hat. Deshalb hat das Europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahren nicht dieselben Befugnisse wie ein nationales Parlament, und auch wenn eine Stärkung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments befürwortet werden könnte, wären es die Völker Europas, die mittels einer Änderung der Verträge hierüber zu entscheiden hätten.

    ( 42 ) Würde einem Organ die Möglichkeit zur Schaffung abgeleiteter Rechtsgrundlagen gegeben, sei es im Sinne einer Verschärfung oder einer Erleichterung der Modalitäten des Erlasses eines Rechtsakts, liefe dies nämlich nach Ansicht des Gerichtshofs darauf hinaus, ihm zu gestatten, den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts zu beeinträchtigen. Vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat (EU:C:2008:257, Rn. 56 und 57).

    ( 43 ) Art. 294 Abs. 1 bis 6 AEUV lautet: „(1) Wird in den Verträgen hinsichtlich der Annahme eines Rechtsakts auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren Bezug genommen, so gilt das nachstehende Verfahren. (2) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag. Erste Lesung (3) Das Europäische Parlament legt seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Rat. (4) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments, so ist der betreffende Rechtsakt in der Fassung des Standpunkts des Europäischen Parlaments erlassen. (5) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nicht, so legt er seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Europäischen Parlament. (6) Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt hat. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament in vollem Umfang über ihren Standpunkt.“

    ( 44 ) Art. 294 Abs. 7 Buchst. c AEUV sieht vor: „Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung … mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung vorgeschlagen, so wird die abgeänderte Fassung dem Rat und der Kommission zugeleitet; die Kommission gibt eine Stellungnahme zu diesen Abänderungen ab.“

    ( 45 ) Nach Art. 294 Abs. 11 AEUV nimmt die Kommission „an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um auf eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates hinzuwirken“.

    ( 46 ) Vgl. Jacqué, J.‑P., „Le Conseil après Lisbonne“, Revue des Affaires Européennes, 2012/2, S. 213 ff.

    ( 47 ) Rn. 62 der Klageschrift.

    ( 48 ) Vgl. zu den Details den Leitfaden für das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, Broschüre des Rates von 2010, verfügbar unter der Internet-Adresse http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/QC3109179DEC.pdf.

    ( 49 ) Es versteht sich von selbst, dass die Kommission ihre Rücknahmebefugnis nicht mehr ausüben kann, wenn der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nach Art. 294 Abs. 4 AEUV billigt.

    ( 50 ) Im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens besteht die erste Phase aus einer ersten Lesung, die keiner Frist unterworfen ist, der eine zweite Lesung folgt, für die eine zweifache Frist von drei Monaten zuzüglich einem Monat für die zweite Lesung im Parlament und von drei Monaten zuzüglich einem Monat für die zweite Lesung im Rat gilt. Für den Vermittlungsausschuss gilt eine Frist von sechs Wochen (vorbehaltlich einer Verlängerung nach Art. 294 Abs. 14 AEUV). Diese Frist von sechs Wochen gilt auch für die dritte Lesung im Parlament und im Rat.

    ( 51 ) Im Rahmen des zweiten Klagegrundes bestreitet die deutsche Regierung die Zulässigkeit einer Rücknahme in den von der Kommission angeführten Fällen und schlägt hilfsweise vor, Art. 293 Abs. 2 AEUV dahin auszulegen, dass vor dem Hintergrund des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit der letztmögliche Zeitpunkt für die Ausübung des Änderungsrechts und erst recht der ungeschriebenen Rücknahmemöglichkeit durch die Kommission der Zeitpunkt der Einigung zwischen Parlament und Rat sei.

    ( 52 ) Auf den Status der interinstitutionellen Vereinbarungen werde ich im Rahmen des zweiten Klagegrundes zurückkommen.

    ( 53 ) Vgl. insoweit zum Erfordernis der Transparenz Art. 16 Abs. 8 EUV, wonach der Rat öffentlich tagt, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät und abstimmt. Diese Transparenz trägt zur Stärkung der Demokratie bei, indem sie den Bürgern ermöglicht, alle Informationen zu überprüfen, auf deren Grundlage ein Gesetzgebungsakt ergangen ist. Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 46).

    ( 54 ) Vgl., mutatis mutandis, Urteil Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 23).

    ( 55 ) Vgl. hierzu Beschluss Parlament/Kommission (C‑445/93, EU:C:1996:283). Dieser Aspekt ist auch eng damit verbunden, dass die Rücknahmebefugnis durch Art. 241 AEUV insofern eingeschränkt wird, als die Kommission in der Lage sein muss, die einem Rücknahmebeschluss zugrunde liegenden Gründe darzulegen, wenn der Rat sie nach dieser Vorschrift auffordert, ihm entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Die fraglichen Gründe müssen insbesondere zum Beleg dafür dienen, dass ein möglicher Rechtsetzungsvorschlag nicht den Interessen der Union im Sinne von Art. 17 Abs. 1 EUV entspräche. Dies spiegelt auch die Frage des Initiativrechts de iure und de facto wider. Vgl. den Beitrag „Das Initiativrecht der Kommission“ (CONV 230/02, S. 4).

    ( 56 ) Der einzige Fall einer Ex-ante-Prüfung ist das Verfahren nach Art. 218 Abs. 11 AEUV. Vgl. kürzlich Urteil Rat/in't Veld (C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 58).

    ( 57 ) Vgl. Petite, M., a. a. O.

    ( 58 ) Vgl. Urteile Titandioxid (EU:C:1991:244, Rn. 10) und Huber (C‑336/00, EU:C:2002:509, Rn. 30).

    ( 59 ) Vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑370/07, EU:C:2009:590, Rn. 37 bis 39).

    ( 60 ) Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217, Rn. 20).

    ( 61 ) Urteil Kommission/Rat (C‑63/12, EU:C:2013:752, Rn. 62).

    ( 62 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile Griechenland/Rat (204/86, EU:C:1988:450, Rn. 16) und Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 23 und 27).

    ( 63 ) Vgl. in diesem Sinne die Gemeinsame Erklärung von 2007.

    ( 64 ) Beschluss 2009/937/EU des Rates vom 1. Dezember 2009 zur Festlegung seiner Geschäftsordnung (ABl. L 325, S. 35, im Folgenden: Geschäftsordnung des Rates).

    ( 65 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 27 und 28).

    ( 66 ) Vgl. insbesondere Urteil Emsland-Stärke (C‑110/99, EU:C:2000:695, Rn. 39, 52 und 53).

    ( 67 ) Die Kommission nimmt Bezug auf die Sitzung der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten vom 26. Februar 2013 und den Trilog vom 27. Februar 2013 (wie sich aus den Akten ergibt, forderte die Kommission per E‑Mail vom 12. April 2013 die Korrektur der auf diesen Trilog zurückgehenden „Übersichtstabelle“) sowie die Arbeitsgruppentreffen der Finanzreferenten vom 9. April und 2. Mai 2013 und den Trilog vom 25. April 2013.

    ( 68 ) Vgl. u. a. Urteile Spanien/Rat (C‑310/04, EU:C:2006:521, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie Spanien/Rat (C‑442/04, EU:C:2008:276, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 69 ) Vgl. zu einer eingehenden Analyse Blumann, C., „Caractéristiques générales de la coopération interinstitutionnelle“, L’union européenne carrefour de coopérations, LGDJ, 2000, S. 29 bis 61.

    ( 70 ) Urteile Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 23) und Griechenland/Rat (EU:C:1988:450, Rn. 16).

    ( 71 ) Es handelt sich nämlich um eine wichtige Instanz, deren Einführung auf die 1980er Jahre zurückgeht, in denen die Triloge durch die Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission über verschiedene Maßnahmen zur Gewährleistung einer besseren Abwicklung des Haushaltsverfahrens (ABl. 1982, C 194, S. 1) eingeführt wurden.

    ( 72 ) Rn. 8 der Gemeinsamen Erklärung von 2007.

    ( 73 ) Gleichwohl ist in der Gemeinsamen Erklärung von 2007, die vor dem Vertrag von Lissabon erging, vorgesehen (in Rn. 14), dass der Vorsitzende des AStV eine in der Phase der ersten Lesung im Parlament durch informelle Verhandlungen im Rahmen von Trilogen erzielte Einigung in Form von Abänderungen am Vorschlag der Kommission übermittelt.

    ( 74 ) Vgl. Rn. 14 der Gemeinsamen Erklärung von 2007.

    ( 75 ) Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission (ABl. 2010, L 304, S. 47). Diese Vereinbarung ist Bestandteil der Geschäftsordnung des Parlaments (als Anlage XIII).

    ( 76 ) Vgl. das von der Kommission vorgelegte Dokument „Report: Financial Counsellors WG of 26 February 2013, ECFIN/D2/NL/SN324590“, S. 3.

    ( 77 ) Ebd., S. 6: „He asked COM to encourage and not to withdraw its proposal.“

    ( 78 ) Von der Kommission vorgelegtes Dokument „Report: Financial Counsellors WG of 9 April 2013 on MFA, ECFIN/D2/NL dl Ares(2013)“, S. 1 und 5.

    ( 79 ) Von der Kommission vorgelegtes Dokument „ECFIN/D2/NL/dl Ares (2013) Report: Financial Counsellors WG of 2 May 2013 on the MFA“, S. 2.

    ( 80 ) Urteil Parlament/Rat (EU:C:1995:91, Rn. 27 und 28).

    ( 81 ) Vgl. insbesondere Urteile Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 50) und Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771, Rn. 41 und 42).

    ( 82 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Rat (EU:C:2009:590, Rn. 42) und Kommission/Rat (EU:C:2013:752, Rn. 28).

    ( 83 ) Überdies stelle die Tatsache, dass die Gründe einer Verfahrensentscheidung nicht in dem Vermerk enthalten seien, mit dem ein solcher Beschluss nach den Art. 8 Abs. 4 und 16 der Geschäftsordnung der Kommission (ABl. 2010, L 55, S. 61) in ein Protokoll oder ein Verzeichnis der erlassenen Rechtsakte aufzunehmen sei, keine Verletzung der Begründungspflicht dar.

    ( 84 ) Vgl. insbesondere Urteile Kommission/Rat (EU:C:2009:590, Rn. 37 bis 39 und 42) sowie Schweiz/Kommission (C‑547/10 P, EU:C:2013:139, Rn. 67).

    ( 85 ) Zu der Rechtsprechung, wonach ein Schreiben des für Wettbewerb zuständigen Kommissars oder der Schriftverkehr der Generaldirektion mit einem Mitgliedstaat kein anfechtbarer Rechtsakt ist, weil es sich nur um einen Vorschlag handelt, um die einschränkenden Wirkungen einer Absprache zwischen Unternehmen abzuschwächen, vgl. Urteil Nefarma/Commission (T‑113/89, EU:T:1990:82).

    ( 86 ) Vgl. Urteil Deutschland /Rat (C‑280/93, EU:C:1994:367, Rn. 36).

    ( 87 ) Urteil Deutsche Telekom/Kommission (C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 130 und 131).

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