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Document 62010CJ0042

    Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 14. April 2011.
    Vlaamse Dierenartsenvereniging VZW und Marc Janssens gegen Belgische Staat.
    Vorabentscheidungsersuchen der Raad van State.
    Tierärztlicher und tierzüchterischer Sektor – Verordnung (EG) Nr. 998/2003 – Gesundheitspolitische Bedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Entscheidung 2003/803/EG – Musterausweis für die innergemeinschaftliche Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen.
    Verbundene Rechtssachen C-42/10, C-45/10 und C-57/10.

    Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-02975

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:253

    Verbundene Rechtssachen C‑42/10, C‑45/10 und C‑57/10

    Vlaamse Dierenartsenvereniging VZW

    und

    Marc Janssens

    gegen

    Belgischen Staat

    (Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State [Belgien])

    „Tierärztlicher und tierzüchterischer Sektor – Verordnung (EG) Nr. 998/2003 – Gesundheitspolitische Bedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Entscheidung 2003/803/EG – Musterausweis für die innergemeinschaftliche Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen“

    Leitsätze des Urteils

    1.        Rechtsangleichung – Angleichungsmaßnahmen – Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Musterausweis für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten – Nationale Regelung, die eine Nummerierung für die Heimtierausweise vorschreibt, die sich aus einer individuellen Kennnummer zusammensetzt, die den zweistelligen ISO-Code des betreffenden Mitgliedstaats, gefolgt von einer zweistelligen Zulassungsnummer des zugelassenen Ausstellers und einer Folge von neun Zahlen, umfasst – Nummerierung, die den individuellen Charakter dieser Kennnummer gewährleistet – Zulässigkeit

    (Verordnung Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Buchst. b Art. 4 Abs. 2,Art. 5 und Art. 17 Abs. 2; Entscheidung 2003/803 der Kommission)

    2.        Rechtsangleichung – Angleichungsmaßnahmen – Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Musterausweis für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten – Nationale Regelung, wonach der Ausweis für Heimtiere nicht nur als Reisedokument, sondern auch als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene verwendet wird ‑ Zulässigkeit

    (Verordnung Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2 Art. 5 und Art. 17 Abs. 2; Entscheidung 2003/803 der Kommission)

    3.        Rechtsangleichung – Angleichungsmaßnahmen – Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Musterausweis für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten – Nationale Regelung, die im Ausweis für Heimtiere ein einziges Feld für die Angabe der Identität und der Anschrift des Besitzers des Tieres vorsieht ‑ Spätere Änderungen dieses Feldes durch die Anbringung selbstklebender Etiketten – Unzulässigkeit

    (Verordnung Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Buchst. b Art., 4 Abs. 2 Art. 5 und Art. 17 Abs. 2; Entscheidung 2003/803 der Kommission)

    4.        Rechtsangleichung – Angleichungsmaßnahmen – Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Musterausweis für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten – Nationale Bestimmungen über den Ausweis für Heimtiere in Bezug auf dessen Verwendung als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung der Hunde und der Verwendung selbstklebender Etiketten für Änderungen in Bezug auf die Identifizierung des Besitzers und des Tieres – Nationale Bestimmungen über die Festlegung einer individuellen Kennnummer für Katzen und Frettchen – Einstufung als technische Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34– Ausschluss

    (Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Richtlinie 98/48/EG geänderten Fassung, Art. 1 und 8)

    1.        Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803 zur Festlegung eines Musterausweises für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die eine Nummerierung für die Heimtierausweise vorschreibt, die sich aus einer individuellen Kennnummer zusammensetzt, die den zweistelligen ISO‑Code des betreffenden Mitgliedstaats, gefolgt von einer zweistelligen Zulassungsnummer des zugelassenen Ausstellers und einer Folge von neun Zahlen, umfasst und den individuellen Charakter dieser Kennnummer gewährleistet.

    (vgl. Randnr. 52, Tenor 1)

    2.        Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803 zur Festlegung eines Musterausweises für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, wonach der Ausweis für Heimtiere nicht nur als Reisedokument gemäß der Unionsregelung, sondern auch als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene verwendet wird.

    Weder Buchstabe noch Geist der genannten Verordnung und der genannten Entscheidung erlauben nämlich die Annahme, dass der Heimtierausweis die einzige und ausschließliche Funktion hätte, den mit der Unionsregelung angestrebten Zielen zu genügen, und dass daher die Verwendung dieses Ausweises auf nationaler Ebene für andere Zwecke verboten wäre. Aus den Erwägungsgründen 3 und 4 der Entscheidung 2003/803 und dem Musterausweis im Anhang dieser Entscheidung geht vielmehr hervor, dass dieser Seiten enthält, die die Eintragung von Angaben ohne Bezug zur Unionsregelung erlauben. Daher kann die Verwendung dieses Ausweises für andere als die in der Unionsregelung vorgesehenen Zwecke nicht grundsätzlich verboten werden, solange mit diesem Gebrauch weder die wirksame Anwendung der Verordnung Nr. 998/2003 und der Entscheidung 2003/803 noch die mit diesen angestrebten Ziele gefährdet werden.

    (vgl. Randnrn. 55-57, 65, Tenor 2)

    3.        Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803/EG der Kommission vom 26. November 2003 zur Festlegung eines Musterausweises für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die im Ausweis für Heimtiere ein einziges Feld für die Angabe der Identität und der Anschrift des Besitzers des Tieres vorsieht, deren spätere Änderungen durch die Anbringung selbstklebender Etiketten erfolgen.

    Eine solche Regelung würde nämlich das Erfordernis des für den Musterausweis vorgeschriebenen einheitlichen Formats, das insbesondere verlangt, dass die erste Seite des Ausweises für Heimtiere Felder und ein Format aufweist, die die Eintragung der Identität und der Anschrift von drei aufeinanderfolgenden Besitzern des Tieres ermöglichen, verkennen.

    Im Übrigen steht das Überkleben mit Klebeetiketten der Identifizierung der aufeinanderfolgenden Besitzer des Tieres entgegen, obwohl diese Identifizierung im Bereich der Gesundheitspolitik von entscheidender Bedeutung ist und die Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Entscheidung 2003/803 gerade in diesem Bereich erlassen worden sind. Ebenso bewirkt sie eine Behinderung der Verbringung der Heimtiere außerhalb des Herkunftsmitgliedstaats, indem sie in solchen Fällen die Ausstellung eines neuen Ausweises im Bestimmungsmitgliedstaat erzwingt.

    (vgl. Randnrn. 62-65, Tenor 2)

    4.        Nationale Bestimmungen über den Ausweis für Heimtiere in Bezug auf dessen Verwendung als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung der Hunde und der Verwendung selbstklebender Etiketten für Änderungen in Bezug auf die Identifizierung des Besitzers und des Tieres einerseits und die Bestimmungen über die Festlegung einer individuellen Kennnummer für Katzen und Frettchen andererseits stellen keine technischen Vorschriften im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 98/34 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der durch die Richtlinie 98/48 geänderten Fassung dar, die gemäß Art. 8 dieser Richtlinie vorab der Kommission zu übermitteln sind.

    Die Ausweise für Heimtiere als solche können nämlich nicht Gegenstand von Handelsgeschäften sein, da sie mit einer individuellen Kennnummer versehen sind und der Kennzeichnung eines spezifischen Tieres dienen. Somit ist ausgeschlossen, dass diese Ausweise als „Ware“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs eingestuft werden können und dass die Richtlinie 98/34 auf sie anwendbar wäre.

    (vgl. Randnrn. 69-71, Tenor 3)








    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

    14. April 2011(*)

    „Tierärztlicher und tierzüchterischer Sektor – Verordnung (EG) Nr. 998/2003 – Gesundheitspolitische Bedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – Entscheidung 2003/803/EG – Musterausweis für die innergemeinschaftliche Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen“

    In den verbundenen Rechtssachen C‑42/10, C‑45/10 und C‑57/10

    betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Belgien) mit Entscheidungen vom 14. Januar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 25. und 28. Januar 2010, in den Verfahren

    Vlaamse Dierenartsenvereniging VZW (C‑42/10, C‑45/10 und C‑57/10),

    Marc Janssens (C‑42/10 und C‑45/10)

    gegen

    Belgische Staat,

    Beteiligter:

    Luk Vangheluwe (C-42/10),

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter), G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz,

    Generalanwalt: Y. Bot,

    Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2011,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    –        der Vlaamse Dierenartsenvereniging VZW, vertreten durch R. Gielen, advocaat,

    –        der belgischen Regierung, vertreten durch J.‑C. Halleux als Bevollmächtigten im Beistand von J.‑F. De Bock, avocat,

    –        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Marcoulli und B. Burggraaf als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1        Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG (ABl. L 146, S. 1), der Entscheidung 2003/803/EG der Kommission vom 26. November 2003 zur Festlegung eines Musterausweises für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 312, S. 1) und von Art. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 98/34).

    2        Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von drei Klagen gegen den Belgischen Staat, die die Vlaamse Dierenartsenvereniging VZW (im Folgenden: Vlaamse Dierenartsenvereniging) und Herr Janssen (Rechtssachen C‑42/10 und C‑45/10) und die Vlaamse Dierenartsenvereniging allein (Rechtssache C‑57/10) erhoben haben; diese Klagen sind auf Aufhebung des Königlichen Erlasses vom 21. September 2004 zur Änderung des Königlichen Erlasses vom 10. Februar 1967 zur Einführung einer tierseuchenrechtlichen Regelung in Bezug auf die Tollwut (Belgisch Staatsblad vom 24. September 2004, S. 69208, im Folgenden: Erlass vom 21. September 2004) (Rechtssache C‑42/10), des Königlichen Erlasses vom 28. Mai 2004 über die Kennzeichnung und Registrierung von Hunden (Belgisch Staatsblad vom 7. Juni 2004, S. 43185, im Folgenden: Erlass vom 28. Mai 2004) (Rechtssache C‑45/10) und des Königlichen Erlasses vom 5. Mai 2004 über das Muster und die Modalitäten für die Ausstellung des Ausweises für die Verbringung von Katzen und Frettchen (Belgisch Staatsblad vom 24. Mai 2004, S. 40130, im Folgenden: Erlass vom 5. Mai 2004) (Rechtssache C‑57/10) gerichtet.

    3        Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 2. März 2010 sind die Rechtssachen C‑42/10, C‑45/10 und C‑57/10 wegen ihres Zusammenhangs gemäß Art. 43 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

     Rechtlicher Rahmen

     Unionsrecht

     Die Verordnung Nr. 998/2003

    4        Art. 3 der Verordnung Nr. 998/2003 bestimmt:

    „Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

    b)      ‚Ausweis‘ ein Dokument, das eine eindeutige Kennzeichnung des Heimtiers erlaubt, in dem die Angaben enthalten sind, anhand deren sich sein Status im Hinblick auf die vorliegende Verordnung nachprüfen lässt, und das gemäß Artikel 17 Absatz 2 erstellt wird;

    …“

    5        Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung lautet:

    „Das System zur Kennzeichnung der Tiere umfasst unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung die Angabe der Daten, die die Feststellung des Namens und der Adresse des Eigentümers des Tieres gestatten.“

    6        Art. 5 dieser Verordnung sieht vor:

    „(1)      Heimtiere der in Anhang I Teile A und B genannten Arten müssen unbeschadet der Anforderungen des Artikels 6 bei ihren Verbringungen

    a)      gemäß Artikel 4 gekennzeichnet werden und

    b)      es muss ein Ausweis für sie mitgeführt werden, der von einem von der zuständigen Behörde dazu ermächtigten Tierarzt ausgestellt ist und aus dem hervorgeht, dass im Einklang mit den Empfehlungen des Herstellungslabors eine gültige Tollwutimpfung des betreffenden Tieres – gegebenenfalls eine gültige Auffrischungsimpfung gegen Tollwut – mit einem inaktivierten Impfstoff mit einem Wirkungsgrad von mindestens einer internationalen Antigeneinheit (WHO-Norm) vorgenommen wurde.

    (2)      Die Mitgliedstaaten können die Verbringung eines Tieres der in Anhang I Teile A und B genannten Arten, das jünger als drei Monate und nicht geimpft ist, gestatten, sofern für dieses Tier ein Ausweis mitgeführt wird und es seit seiner Geburt an dem Ort gehalten wurde, an dem es geboren ist, ohne mit wild lebenden Tieren, die einer Infektion ausgesetzt gewesen sein können, in Kontakt gekommen zu sein, oder wenn es seine Mutter begleitet, von der es noch abhängig ist.“

    7        Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 bestimmt:

    „Die Muster der Ausweise, die für Tiere der in Anhang I Teile A und B genannten Arten bei einer Verbringung mitzuführen sind, werden nach dem Verfahren des Artikels 24 Absatz 2 festgelegt.“

    8        Anhang I Teil A und B der Verordnung gilt für Hunde, Katzen und Frettchen.

     Die Entscheidung 2003/803

    9        In der Entscheidung 2003/803 wird nach deren Art. 1 das Muster des bei der Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten mitzuführenden Ausweises festgelegt.

    10      Nach einem Verweis in Art. 2 dieser Entscheidung bestimmt Anhang I, dass der Einband und die ersten drei Seiten dieses Musterausweises folgende Form haben:

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    11      Nach Art. 3 der Entscheidung 2003/803 muss der Musterausweis die zusätzlichen Bedingungen gemäß Anhang II erfüllen.

    12      Hierzu bestimmt Anhang II A Nr. 1:

    „Die Ausweise sind nach einem einheitlichen Format zu erstellen.“

    13      In Anhang II B Nr. 2 Buchst. c heißt es:

    „[D]ie Ausweisnummer sowie der ISO‑Code des Ausstellungsmitgliedstaats, gefolgt von einer individuellen Kennnummer, sind auf die Vorderseite des Einbands aufzudrucken.“

    14      In Anhang II C Nr. 4 ist bestimmt, dass Größe und Format der Felder des Musterausweises gemäß Anhang I indikativ und unverbindlich sind.

     Die Richtlinie 98/34

    15      Art. 1 der Richtlinie 98/34 bestimmt:

    „Für diese Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    (1)      ‚Erzeugnisse‘, die gewerblich hergestellt werden, und landwirtschaftliche Erzeugnisse, einschließlich Fischprodukte;

    (2)      ‚Dienst‘: eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

    (3)      ‚technische Spezifikation‘: Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Abmessungen, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung des Erzeugnisses sowie über Konformitätsbewertungsverfahren.

    (4)      ‚sonstige Vorschrift‘: eine Vorschrift für ein Erzeugnis, die keine technische Spezifikation ist und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen wird und den Lebenszyklus des Erzeugnisses nach dem Inverkehrbringen betrifft, wie Vorschriften für Gebrauch, Wiederverwertung, Wiederverwendung oder Beseitigung, sofern diese Vorschriften die Zusammensetzung oder die Art des Erzeugnisses oder seine Vermarktung wesentlich beeinflussen können;

    (11)      ‚Technische Vorschrift‘: Technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto für das Inverkehrbringen, die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, sowie – vorbehaltlich der in Artikel 10 genannten Bestimmungen – die Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.

    …“

    16      Art. 8 der Richtlinie 98/34 sieht vor:

    „(1)      Vorbehaltlich des Artikels 10 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt; in diesem Fall reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor.

    Gegebenenfalls – sofern dies noch nicht bei einer früheren Mitteilung geschehen ist – übermitteln die Mitgliedstaaten gleichzeitig den Wortlaut der hauptsächlich und unmittelbar betroffenen grundlegenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, wenn deren Wortlaut für die Beurteilung der Tragweite des Entwurfs einer technischen Vorschrift notwendig ist.

    Die Mitgliedstaaten machen eine weitere Mitteilung in der vorgenannten Art und Weise, wenn sie an dem Entwurf einer technischen Vorschrift wesentliche Änderungen vornehmen, die den Anwendungsbereich ändern, den ursprünglichen Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzufügen oder verschärfen.

    Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über den Entwurf einer technischen Vorschrift und alle ihr zugegangenen Dokumente. Sie kann den Entwurf auch dem nach Artikel 5 eingesetzten Ausschuss und gegebenenfalls dem jeweils zuständigen Ausschuss zur Stellungnahme vorlegen.

    (3)      Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich den endgültigen Wortlaut einer technischen Vorschrift mit.

    …“

     Nationale Regelung

    17      Art. 3 § 2 des Erlasses vom 5. Mai 2004 bestimmt:

    „Jeder Ausweis trägt eine einheitliche Kennnummer. Diese Nummer umfasst dreizehn Stellen, nämlich den ISO‑Code von Belgien ‚BE‘, gefolgt von der aus zwei Zahlen bestehenden Zulassungsnummer des Ausstellers und einer laufenden Nummer, die aus neun Zahlen besteht.“

    18      Art. 2 § 2 Abs. 2 des Erlasses vom 28. Mai 2004 sieht vor:

    „Der Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung der nach dem Inkrafttreten dieses Erlasses gekennzeichneten und registrierten Hunde wird durch den Ausweis erbracht, dessen Muster in Anhang II dieses Erlasses festgelegt ist, in Verbindung mit der endgültigen Kennzeichnungs‑ und Registrierbescheinigung im Sinne von Art. 19. Das Muster der endgültigen Kennzeichnungs‑ und Registrierbescheinigung ist in Anhang III dieses Erlasses festgelegt.“

    19      Durch Verweis in Art. 2 Anhang II dieses Erlasses wird die Aufmachung des Ausweismusters für Heimtiere festgelegt, das 32 Seiten umfasst. Die zweite und dritte Seite haben folgende Form:

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    20      Art. 20 des Erlasses vom 28. Mai 2004 lautet:

    „Die endgültige Kennzeichnungs‑ und Registerbescheinigung besteht aus zwei selbstklebenden Etiketten, die auf die Seiten 2 und 3 des Ausweises aufgeklebt werden.“

    21      Art. 21 des Erlasses bestimmt:

    „Nach Eingang der gelben Kopie der vorläufigen Kennzeichnungsbescheinigung trägt der Verwalter des Zentralregisters die Angaben des Hundes und der für ihn verantwortlichen Person im Zentralregister ein und übersendet der verantwortlichen Person eine endgültige Kennzeichnungs‑ und Registrierbescheinigung sowie ein Blatt mit der Überschrift ‚Wechsel der verantwortlichen Person/Änderung der Angaben/Tod‘, dessen Muster in Anhang IV dieses Erlasses festgelegt ist. Unverzüglich nach Eingang klebt die verantwortliche Person die endgültige Kennzeichnungs‑ und Registrierbescheinigung in den Ausweis ein.“

    22      Art. 22 des Erlasses bestimmt:

    „Im Fall der Veräußerung eines Hundes füllt der Veräußerer das Blatt ‚Wechsel der verantwortlichen Person/Änderung der Angaben/Tod‘ aus und übermittelt es binnen acht Tagen dem Verwalter des Zentralregisters. Der Ausweis wird unmittelbar der neuen verantwortlichen Person ausgehändigt. Der Verwalter des Zentralregisters übersendet den Änderungsnachweis der neuen verantwortlichen Person zusammen mit einem Blatt ‚Wechsel der verantwortlichen Person/Änderung der Angaben/Tod‘. Unverzüglich nach Eingang klebt diese die neue endgültige Kennzeichnungs‑ und Registrierbescheinigung in den Ausweis ein.“

    23      Art. 23 des Erlasses lautet:

    „In den Fällen der Art. 6 oder 7 übersendet der Kennzeichner so bald wie möglich und auf alle Fälle binnen acht Tagen das Blatt ‚Wechsel der verantwortlichen Person/Änderung der Angaben/Tod‘ mit der Angabe der neuen Kennzeichnungsmarke dem Verwalter des Zentralregisters. Als Nachweis der Registrierung unter dieser neuen Kennzeichnungsmarke übersendet dieser der verantwortlichen Person eine neue endgültige Kennzeichnungs‑ und Registerbescheinigung sowie ein Blatt ‚Wechsel der verantwortlichen Person/Änderung der Angaben/Tod‘.“

    24      Durch Art. 1 des Erlasses vom 21. September 2004 wird Art. 14 des Königlichen Erlasses vom 10. Februar 1967 zur Einführung einer tierseuchenrechtlichen Regelung in Bezug auf die Tollwut (Belgisch Staatsblad vom 25. Februar 1967, S. 1966, im Folgenden: Erlass vom 10. Februar 1967) geändert; dieser lautet nunmehr wie folgt:

    „§ 1. Für jede Impfung stellt der zugelassene Tierarzt, der die Impfung vornimmt, eine Bescheinigung nach dem Muster im Anhang dieses Erlasses aus.

    § 2.      Für einen Hund, eine Katze oder ein Frettchen, die eine Tätowierung oder einen lesbaren Mikrochip tragen oder die zum Zeitpunkt der Impfung gekennzeichnet sind, händigt der zugelassene Tierarzt einen Ausweis aus, der je nach Lage des Falles von einer gemäß den Bestimmungen des [Erlasses vom 5. Mai 2004] zugelassenen juristischen Person oder dem Verwalter des zentralen Kennzeichnungsregisters für Hunde, der gemäß Art. 27 des [Erlasses vom 28. Mai 2004] ernannt ist, ausgestellt wird. Nach Kennzeichnung oder Prüfung der Kennzeichnung gibt der zugelassene Tierarzt die von ihm vorgenommene Impfung in dem erwähnten Ausweis an.

    Falls für den Hund, die Katze oder das Frettchen bereits ein Ausweis im Sinne von Abs. 1 vorliegt, ergänzt der zugelassene Tierarzt, der die Impfung vornimmt, diesen Ausweis durch die erforderlichen Angaben für die vorgenommene Impfung, und zwar nach Prüfung der Kennzeichnungsangaben.

    § 3.      Eigentümer und Halter von Tieren, die geimpft werden müssen, sind verpflichtet, nach Lage des Falles die Impfbescheinigung oder den oben erwähnten Ausweis auf Verlangen der in Art. 27 genannten Behörden vorzulegen.“

     Die Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen

     Rechtssache C‑42/10

    25      Die am 5. November 2004 von der Vlaamse Dierenartsenvereniging und Herrn Janssens im Ausgangsverfahren in der Rechtssache C‑42/10 erhobene Klage ist auf Aufhebung des Erlasses vom 21. September 2004 gerichtet, soweit damit in Art. 14 des Erlasses vom 10. Februar 1967, der durch diesen Erlass geändert wurde, die Angabe der Impfung gegen Tollwut in einem Ausweis für Heimtiere, der den im Erlass vom 5. Mai 2004 oder im Erlass vom 28. Mai 2004 festgelegten Voraussetzungen entspricht, vorgeschrieben wird.

    26      Hierzu machen die Kläger des Ausgangsverfahrens geltend, der Erlass vom 21. September 2004 verstoße gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Freizügigkeit, den Grundsatz des freien Wettbewerbs durch Verschaffung eines Monopols für die Belgische Vereniging voor Identificatie en Registratie van Honden (im Folgenden: BVIRH) sowie die Verordnung Nr. 998/2003 und die Entscheidung 2003/803.

    27      Zum letztgenannten Punkt machen die Kläger geltend, der Erlass vom 21. September 2004 verhindere die Eintragung von Impfungen in einem ausländischen Ausweis für ein Heimtier oder im von der Vlaamse Dierenartsenvereniging ausgestellten Ausweis für Heimtiere. Der Verweis auf die Erlasse vom 5. und 28. Mai 2004 sei unberechtigt, da diese Erlasse zusätzliche Anforderungen zu den im Ausweis für Heimtiere, wie er durch die Verordnung Nr. 998/2003 festgelegt werde, vorgesehenen enthalte. Diese Erlasse verbänden mit diesem Ausweis insbesondere eine Pflicht zur Registrierung und zur Rückverfolgbarkeit. Der Ausweis im Sinne dieser Verordnung habe jedoch eine rein gesundheitspolitische Aufgabe. Außerdem habe ein solcher Zusatz niemals in der Absicht des Unionsgesetzgebers gelegen, denn die Kennzeichnung des Tieres sei nur notwendig, um damit eine Gesundheitsbescheinigung zu verbinden. Außerdem sei die Anbringung von Etiketten von Dritten auf einem Gesundheitsdokument, wie im Erlass vom 28. Mai 2004 vorgesehen, nicht zulässig. Der Erlass vom 5. Mai 2004 führe ein auf Unionsebene nicht geltendes Erfordernis dadurch ein, dass vorgesehen sei, dass die in Belgien ausgestellten Ausweise eine individuelle 13‑stellige Kennnummer enthielten.

    28      Der Beklagte des Ausgangsverfahrens erwidert, dass der in der Verordnung Nr. 998/2003 vorgesehene Ausweis vor allem ein Kennzeichnungsdokument sei und dass es völlig folgerichtig sei, dass er Maßnahmen ergriffen habe, um eine kohärente und einheitliche Politik zu gewährleisten, die ein einziges Dokument vorschreibe, das in Belgien als Dokument für die Kennzeichnung und Registrierung und bei innergemeinschaftlichen Verbringungen als Gesundheits‑ und Kennzeichnungsdokument diene. Was die angebliche Monopolstellung des BVIRH angehe, sei diese Vereinigung nicht die einzige, die vom Staat anerkannt worden sei.

    29      Daher hat der Raad van State entschieden, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen vorzulegen:

    1.      Stehen Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803 einer nationalen Regelung entgegen, die hinsichtlich des Ausweises für Katzen und Frettchen auf das Muster und die durch die Entscheidung 2003/803 angeordneten zusätzlichen Bedingungen verweist, darüber hinaus jedoch festlegt, dass jeder Ausweis mit einer individuellen 13-stelligen Nummer versehen sein muss, die aus „BE“, dem ISO-Code für Belgien sowie der zweistelligen Kennnummer des Ausstellers und einer neunstelligen Folgenummer besteht?

    2.      Stehen Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803 einer nationalen Regelung entgegen, die die Verwendung des Europäischen Heimtierausweises auch als Kennzeichnungs‑ und Registrierungsbescheinigung für Hunde anordnet und dabei vorsieht, dass Dritte mit selbstklebenden Kennzeichnungsetiketten Änderungen an den Kennzeichnungsdaten des Eigentümers und des Tieres in den Teilen I bis III des von einem behördlich zugelassenen Tierarzt ausgestellten Ausweises vornehmen, indem sie ältere Kennzeichnungsdaten überkleben?

     Rechtssache C-45/10

    30      Die am 30. Juli 2004 von der Vlaamse Dierenartsenvereniging und Herrn Janssens im Ausgangsverfahren in der Rechtssache C‑45/10 erhobene Klage ist auf die Aufhebung des Erlasses vom 28. Mai 2004 gerichtet.

    31      Hierzu führen die Kläger des Ausgangsverfahrens zunächst aus, dass dieser Erlass eine Monopolstellung des BVIRH in Bezug auf die Ausstellung der für Hunde bestimmten Ausweise schaffe, was zur Folge habe, dass die Tierärzte daran gehindert würden, ihre Ausweise für Heimtiere in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien drucken zu lassen. Dieser Erlass sei auch Quelle für Betrugshandlungen und schaffe eine Diskriminierung dadurch, dass die in den Ausweisen, um die es im Ausgangsverfahren gehe, enthaltene Kennzeichnung der Hunde mit einer Pflicht zur Registrierung und Rückverfolgbarkeit verbunden würde, während diese Verpflichtung für Katzen und Frettchen nicht bestehe, obwohl die Unionsregelung diese Tierarten gleichbehandele. Ferner verpflichte die unmittelbare Wirkung dieser Regelung die Vlaamse Dierenartsenvereniging, alles zu unternehmen, damit ihre Mitglieder diese Regelung beachten könnten, und führe auch dazu, dass der Erlass vom 28. Mai 2004 unanwendbar werde. Ferner laufe die Verwendung selbstklebender Etikette dem Ziel der Entscheidung 2003/803 zuwider, das darin bestehe, den zuständigen Behörden eine leichte Kontrolle zu ermöglichen. Schließlich könne sich der betreffende Mitgliedstaat nicht auf den Grundsatz der Subsidiarität berufen.

    32      Ferner machen die Kläger des Ausgangsverfahrens geltend, dass die Bestimmungen des Erlasses vom 28. Mai 2004, nach denen der in der Entscheidung 2003/803 vorgesehene Musterausweis für Heimtiere als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden benutzt werde und die die Aufbringung selbstklebender Etikette auf dem Ausweis für die Zwecke der Kennzeichnung des Eigentümers und des Tieres vorsähen und von diesem Musterausweis in Bezug auf den für die Angaben zu einem neuen Eigentümer vorgesehenen Platz abwichen, technische Vorschriften im Sinne der Richtlinie 89/34 seien, die nach deren Art. 8 der Kommission vor ihrem Erlass hätten übermittelt werden müssen. In diesem Sinne seien Hunde in Verbindung mit ihrem Ausweis als Waren zu betrachten.

    33      Das vorlegende Gericht habe in einem Urteil vom 9. Januar 2006 (Nr. 153 336), mit dem ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Erlasses zurückgewiesen worden sei, ausgeführt, dass der bloße Umstand, dass eine bestimmte Frage durch unmittelbar zwingende Bestimmungen auf Unionsebene geregelt werde, die für den betreffenden Bereich zuständige nationale Behörde nicht daran hindere, ergänzend und im gemeinsamen nationalen Interesse eigene Bestimmungen zu erlassen, wenn es um Aspekte gehe, die vom Unionsrecht nicht geregelt würden, oder wenn diese Regelung einer ergänzenden nationalen Regelung nicht entgegenstehe. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens habe daher eine nationale Regelung erlassen dürfen, soweit diese nicht verhindere, dass die Unionsregelung ihre volle Wirkung entfalte. Da weder die Verordnung Nr. 998/2003 noch die Entscheidung 2003/803 Bestimmungen über die Herstellung und die Ausgabe der für Hunde bestimmten Ausweise an die Tierärzte enthalte, überschreite der Erlass vom 28. Mai 2004 nicht den durch diese Entscheidung eingeführten Rahmen. Ebenso habe dieses Gericht in Bezug auf die Anbringung selbstklebender Etikette in diesen Ausweisen ausgeführt, dass weder die Verordnung Nr. 998/2003 noch die Entscheidung 2003/803 es untersagten, dass in diesen individualisierte Angaben mittels selbstklebender Etikette angebracht würden, soweit diese Praxis nicht von dem in der Entscheidung 2003/803 vorgesehenen Musterausweis abweiche.

    34      Da die Kläger des Ausgangsverfahrens ihr Vorbringen in Bezug auf die Unvereinbarkeit des Erlasses vom 28. Mai 2004 mit der Regelung der Union aufrechterhalten, hat der Raad van State das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.      Stehen Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und Anhänge zur Entscheidung 2003/803 einer nationalen Regelung entgegen, die die Verwendung des Europäischen Heimtierausweises auch als Kennzeichnungs‑ und Registrierungsbescheinigung für Hunde anordnet und dabei vorsieht, dass Dritte mit Kennzeichnungsaufklebern Änderungen an den Einträgen betreffend die Identifizierung des Eigentümers und des Tieres in den Teilen I bis III eines solchen von einem behördlich zugelassenen Tierarzt ausgestellten Ausweises vornehmen, indem sie ältere Kennzeichnungsdaten überkleben?

    2.      Stellen nationale Bestimmungen, die die Verwendung des Musters des Europäischen Heimtierausweises im Sinne der Entscheidung 2003/803 auch als Kennzeichnungs‑ und Registrierungsbescheinigung für Hunde anordnen und dabei vorsehen, dass Dritte mit Kennzeichnungsaufklebern Änderungen an den Einträgen betreffend die Identifizierung des Eigentümers und des Tieres in den Teilen I bis III eines solchen Ausweises vornehmen, technische Vorschriften im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/34 dar, über die nach Art. 8 dieser Richtlinie vor ihrer Festlegung die Kommission zu unterrichten ist?

     Rechtssache C-57/10

    35      Die am 7. Juni 2004 von der Vlaamse Dierenartsenvereniging im Ausgangsverfahren in der Rechtssache C‑57/10 erhobene Klage ist auf Aufhebung des Erlasses vom 5. Mai 2004 gerichtet.

    36      Hierzu macht die Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend, dass dieser Erlass gegen die Art. 3 Buchst. g EG, 30 EG, 81 EG und 82 EG, die Grundsätze des freien Warenverkehrs, des freien Dienstleistungsverkehrs, der Freizügigkeit und des freien Kapitalverkehrs, die Verordnung Nr. 998/2003, die Entscheidung 2003/803 und die Richtlinie 98/34 verstoße.

    37      Durch die Art und Weise der Festlegung der individuellen Kennnummer des Ausweises für Heimtiere in detaillierterer Weise als in der Unionsregelung vorgesehen verkenne der Erlass vom 5. Mai 2004 zum einen die unmittelbare Wirkung, die Art. 249 EG den Verordnungen und Entscheidungen der Union beimesse, und stelle zum anderen eine technische Vorschrift dar, die unter Verstoß gegen die Richtlinie 98/34 nicht der Kommission übermittelt worden sei.

    38      Der Beklagte des Ausgangsverfahrens macht geltend, dass die nationalen Behörden bei der Festlegung dieser individuellen Kennnummer nach der Verordnung Nr. 998/2003 über einen Ermessensspielraum verfügten, der sie dazu ermächtige, ergänzende Entscheidungen zu erlassen, die dazu bestimmt seien, ein ordnungsgemäßes Kennzeichnungsverfahren auszuarbeiten. Ferner werde der Erlass vom 5. Mai 2004 nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie 98/34 erfasst.

    39      Das vorlegende Gericht habe in einem Urteil vom 9. Januar 2006 (Nr. 153 336), mit dem ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Erlasses zurückgewiesen worden sei, ausgeführt, dass der bloße Umstand, dass eine bestimmte Frage durch unmittelbar zwingende Bestimmungen auf Unionsebene geregelt werde, die für den betreffenden Bereich zuständige nationale Behörde nicht daran hindere, ergänzend und im gemeinsamen nationalen Interesse eigene Bestimmungen zu erlassen, wenn es um Aspekte gehe, die vom Unionsrecht nicht geregelt würden, oder wenn diese Regelung einer ergänzenden nationalen Regelung nicht entgegenstehe. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens habe daher eine nationale Regelung erlassen dürfen, soweit diese nicht verhindere, dass die Unionsregelung ihre volle Wirkung entfalte. Da weder die Verordnung Nr. 998/2003 noch die Entscheidung 2003/803 Bestimmungen über die Herstellung und die Ausgabe der für Hunde bestimmten Ausweise an die Tierärzte enthalte, überschreite der Erlass von 28. Mai 2004 nicht den durch diese Entscheidung eingeführten Rahmen.

    40      Da die Klägerin ihr Vorbringen in Bezug auf die Unvereinbarkeit des Erlasses vom 5. Mai 2004 mit der Unionsregelung aufrechterhält, hat der Raad van State das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.      Stehen Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und Anhänge zur Entscheidung 2003/803 einer nationalen Regelung entgegen, die hinsichtlich des Ausweises für Katzen und Frettchen auf das Muster und die durch die genannte Entscheidung der Kommission vom 26. November 2003 angeordneten zusätzlichen Bedingungen verweist, darüber hinaus jedoch festlegt, dass jeder Ausweis mit einer individuellen 13‑stelligen Nummer zu versehen ist, die aus „BE“, dem ISO‑Code für Belgien sowie der zweistelligen Kennnummer des Ausstellers und einer neunstelligen Folgenummer besteht?

    2.      Stellt eine nationale Bestimmung, die hinsichtlich des Ausweises für Katzen und Frettchen auf das Muster und die durch die vorgenannte Entscheidung 2003/803 angeordneten zusätzlichen Bedingungen verweist, darüber hinaus jedoch festlegt, dass jeder Ausweis mit einer individuellen 13‑stelligen Nummer zu versehen ist, die aus „BE“, dem ISO‑Code für Belgien sowie der zweistelligen Kennnummer des Ausstellers und einer neunstelligen Folgenummer besteht, eine technische Vorschrift im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 98/34 dar, über die nach Art. 8 dieser Richtlinie vor ihrer Festlegung die Kommission zu unterrichten ist?

     Zu den Vorlagefragen

     Vorbemerkungen

    41      In ihren Erklärungen stellt die Vlaamse Dierenartsenvereniging, Klägerin der drei Ausgangsverfahren, zwei ergänzende Fragen, zu denen der Gerichtshof ihrer Ansicht nach wegen ihrer Bedeutung ebenfalls Stellung nehmen müsse.

    42      Insoweit ist zu beachten, dass es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten nach Art. 267 AEUV allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2009, Hochtief und Linde-Kca-Dresden, C‑138/08, Slg. 2009, I‑9889, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    43      Damit haben auch nur die staatlichen Gerichte zu bestimmen, welche Fragen dem Gerichtshof vorzulegen sind; die Parteien können die Fragen inhaltlich nicht ändern (Urteil Hochtief und Linde-Kca-Dresden, Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    44      Außerdem wäre eine Änderung des Gehalts der Vorabentscheidungsfragen oder eine Beantwortung der von den Klägerinnen der Ausgangsverfahren in ihrer Stellungnahme genannten Zusatzfragen unvereinbar mit der dem Gerichtshof durch Art. 267 AEUV übertragenen Rolle und mit seiner Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten und die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit haben, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs Erklärungen abzugeben, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Verfahrensbeteiligten nach dieser Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Hochtief und Linde-Kca-Dresden, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    45      Somit kann der Gerichtshof die von der Vlaamse Dierenartsenvereniging angeführten ergänzenden Fragen nicht prüfen.

     Zu den ersten Fragen in den Rechtssachen C‑42/10 und C‑57/10

    46      Mit seinen ersten Fragen in den Rechtssachen C‑42/10 und C‑57/10 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und die Anhänge der Entscheidung 2003/803 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die eine Nummerierung für die Heimtierausweise vorschreibt, die sich aus einer individuellen Kennnummer zusammensetzt, die den zweistelligen ISO‑Code des Königreichs Belgien „BE“, gefolgt von einer zweistelligen Zulassungsnummer des zugelassenen Ausstellers und einer Folge von neun Zahlen, umfasst.

    47      Verordnungen haben aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Unionsrechts im Allgemeinen unmittelbare Wirkung in den nationalen Rechtsordnungen, ohne dass nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich wären oder der Unionsgesetzgeber ergänzende Regelungen erlassen müsste (Urteil vom 28. Oktober 2010, SGS Belgium u. a., C‑367/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    48      Allerdings kann es vorkommen, dass manche Bestimmungen einer Verordnung zu ihrer Durchführung des Erlasses von Durchführungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten bedürfen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2001, Monte Arcosu, C‑403/98, Slg. 2001, I‑103, Randnr. 26).

    49      Dies ist offenkundig bei Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 998/2003 in Verbindung mit Anhang II B Nr. 2 Buchst. c der Entscheidung 2003/803 der Fall.

    50      Mit Ausnahme der Verpflichtung, den ISO‑Code des Ausstellungsmitgliedstaats am Beginn der Zeichenkette, aus der sich die individuelle Kennnummer zusammensetzt, die in dem Heimtierausweis anzubringen ist, schreiben die erwähnten Bestimmungen der Verordnung Nr. 998/2003 und der Entscheidung 2003/803 keine besondere Art und Weise der Festlegung dieser Nummer vor. Sie schaffen damit für die Mitgliedstaaten die Pflicht, die Art und Weise der Festlegung dieser Nummern zu bestimmen.

    51      Es ist festzustellen, dass die in den Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung den Anforderungen an die Nummerierung der Ausweise in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 998/2003 in Verbindung mit Anhang II B Nr. 2 Buchst. c der Entscheidung 2003/803 genügt. Diese nationale Regelung sieht nämlich zum einen vor, dass jeder Ausweis mit einer individuellen Kennnummer zu versehen ist, und zum anderen, dass die ersten beiden Zeichen dieser Nummer aus dem ISO‑Code des Königreichs Belgien, „BE“, bestehen. Die fragliche nationale Regelung gewährleistet dadurch, dass sie die erwähnten Bestimmungen des Unionsrechts umsetzt und im Übrigen die Art und Weise der Bestimmung der anderen Zeichen angibt, aus denen sich die Ausweisnummer zusammensetzt, die volle Wirkung dieser Bestimmungen.

    52      Nach allem ist auf die ersten Fragen in den Rechtssachen C‑42/10 und C‑57/10 zu antworten, dass die Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die eine Nummerierung für die Heimtierausweise vorschreibt, die sich aus einer individuellen Kennnummer zusammensetzt, die den zweistelligen ISO‑Code des Königreichs Belgien, „BE“, gefolgt von einer zweistelligen Zulassungsnummer des zugelassenen Ausstellers und einer Folge von neun Zahlen, umfasst und den individuellen Charakter dieser Kennnummer gewährleistet.

     Zur zweiten Frage in der Rechtssache C‑42/10 und zur ersten Frage in der Rechtssache C‑45/10

    53      Mit seiner zweiten Frage in der Rechtssache C‑42/10 und seiner ersten Frage in der Rechtssache C‑45/10 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Buchst. b, Art 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und die Anhänge der Entscheidung 2003/803 Regelungen wie den in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach zum einen der Heimtierausweis nicht nur als Reisedokument in Anwendung der Unionsregelung, sondern auch als Nachweis der Kennzeichnung und der Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene verwendet wird und zum anderen die Darstellung der Angaben über die Identifizierung des Eigentümers und des Tieres auf diesem von der in der Entscheidung 2003/803 vorgesehenen abweicht und die Änderung dieser Angaben durch Aufbringung der neuen Angaben über den alten mittels selbstklebender Etikette vorgesehen ist.

    54      Was erstens die Verwendung des Heimtierausweises als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene betrifft, geht es um die Verwendung dieses Ausweises für Zwecke, die neben denjenigen bestehen, von denen die Unionsregelung geleitet ist, nämlich der Harmonisierung der gesundheitspolitischen Bedingungen, die für die nichtgewerbliche innergemeinschaftliche Verbringung von Heimtieren gelten und sich von diesen unterscheiden.

    55      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass weder Buchstabe noch Geist der Verordnung Nr. 998/2003 und der Entscheidung 2003/803 die Annahme erlauben, dass der Heimtierausweis die einzige und ausschließliche Funktion hätte, den mit der Unionsregelung angestrebten Zielen zu genügen, und dass daher die Verwendung dieses Ausweises auf nationaler Ebene für andere Zwecke verboten wäre. Aus den Erwägungsgründen 3 und 4 der Entscheidung 2003/803 und dem Musterausweis im Anhang dieser Entscheidung geht vielmehr hervor, dass dieser Seiten enthält, die die Eintragung von Angaben ohne Bezug zur Unionsregelung erlauben. So sind die Angabe der Attestierung von nach der Verordnung Nr. 998/2003 nicht vorgesehenen Impfungen wie auch Abschnitte für „klinische Untersuchungen“ und „Beglaubigungen“ vorgesehen, damit die Heimtierausweise auch für Verbringungen von Tieren außerhalb der Union verwendet werden können.

    56      Daher kann die Verwendung dieses Ausweises für andere als die in der Unionsregelung vorgesehenen Zwecke nicht grundsätzlich verboten werden.

    57      Diese Verwendung darf jedoch weder die wirksame Anwendung der Verordnung Nr. 998/2003 und der Entscheidung 2003/803 noch die mit diesen angestrebten Ziele gefährden. Von den Parteien der Ausgangsverfahren oder den Verfahrensbeteiligten im Sinne von Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs, die Erklärungen eingereicht haben, ist weder dargetan noch auch nur vorgetragen worden, dass die Verwendung dieses Ausweises für Zwecke der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene eine solche Wirkung hätte.

    58      Was zweitens Angaben in Bezug auf die Identifizierung des Eigentümers und des Tieres angeht, deren Änderung durch Anbringung neuer Angaben über den alten mittels selbstklebender Etikette erfolgt, ist festzustellen, dass eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche bewirkt, dass ein Heimtierausweis ausgestellt wird, der im Aussehen von dem in der Entscheidung 2003/803 vorgesehenen Musterausweis abweicht.

    59      Während nämlich Anhang I der Entscheidung 2003/803 vorsieht, dass die erste Seite des Musterausweises drei Felder enthält, in die die Namen und Vornamen dreier aufeinanderfolgender Besitzer des Tieres eingetragen werden können, sieht die in den Ausgangsverfahren fragliche Regelung vor, dass die erste Seite des Heimtierausweises nur ein einziges Feld enthält, in dem nacheinander nach Maßgabe der Änderungen von Anschrift oder Identität des Besitzers des Tieres selbstklebende Etiketten anzubringen sind.

    60      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 288 Abs. 4 AEUV Beschlüsse der Kommission, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind, in allen ihren Teilen verbindlich sind.

    61      Ferner ergibt sich aus dem Gegenstand der Entscheidung 2003/803, dem Musterausweis in deren Anhang I und aus Anhang II A Nr. 1 dieser Entscheidung, wo es heißt, dass „die Ausweise … nach einem einheitlichen Format zu erstellen“ sind, dass mit dieser Entscheidung ein einheitliches Dokument, unabhängig davon, welcher Mitgliedstaat es ausstellt, eingeführt werden soll, dessen Form und Inhalt den Mitgliedstaaten vorbehaltlich geringfügiger Anpassungen, die abschließend in Anhang II C Nr. 4 dieser Entscheidung aufgeführt sind, vorgeschrieben sind.

    62      Durch die Wahl eines Formats der ersten Seite des Ausweises für Heimtiere, auf der nur ein einziges Feld für die Angabe der Identität und der Anschrift des ersten Besitzers des Tieres erscheint und deren spätere Änderungen durch Anbringung selbstklebender Etiketten erfolgen, verkennt eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche das Erfordernis des für den Musterausweis vorgeschriebenen einheitlichen Formats, das insbesondere verlangt, dass die erste Seite des Ausweises für Heimtiere Felder und ein Format aufweist, die die Eintragung der Identität und der Anschrift von drei aufeinanderfolgenden Besitzern des Tieres ermöglichen.

    63      Im Übrigen steht, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, das Überkleben mit Klebeetiketten der Identifizierung der aufeinanderfolgenden Besitzer des Tieres entgegen, obwohl diese Identifizierung im Bereich der Gesundheitspolitik von entscheidender Bedeutung ist und die Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Entscheidung 2003/803 gerade in diesem Bereich erlassen worden sind.

    64      Ebenso bewirkt die Verwendung selbstklebender Etiketten, wie sie in der in den Ausgangsverfahren fraglichen Regelung vorgesehen sind, die dazu führt, dass das durch den Musterausweis vorgeschriebene Format geändert wird, eine Behinderung der Verbringung der Heimtiere außerhalb des Herkunftsmitgliedstaats, indem sie in solchen Fällen zur Ausstellung eines neuen Ausweises im Bestimmungsmitgliedstaat zwingt.

    65      Nach allem ist auf die zweite Frage in der Rechtssache C‑42/10 und die erste Frage in der Rechtssache C-45/10 zu antworten, dass Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und die Anhänge der Entscheidung 2003/803 dahin auszulegen sind, dass sie

    –        einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach der Ausweis für Heimtiere nicht nur als Reisedokument gemäß der Unionsregelung, sondern auch als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene verwendet wird, und

    –        einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die im Ausweis für Heimtiere ein einziges Feld für die Angabe der Identität und der Anschrift des Besitzers des Tieres vorsieht, deren spätere Änderungen durch die Anbringung selbstklebender Etiketten erfolgen.

     Zur jeweils zweiten Frage in den Rechtssachen C‑45/10 und C‑57/10

    66      Mit der jeweils zweiten Frage in den Rechtssachen C‑45/10 und C‑57/10 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob nationale Bestimmungen, wie sie in der belgischen Regelung über den Ausweis für Heimtiere in Bezug auf dessen Verwendung als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung der Hunde und der Verwendung selbstklebender Etiketten für Änderungen in Bezug auf die Identifizierung des Besitzers und des Tieres einerseits und die Bestimmungen über die Festlegung einer individuellen Kennnummer für Katzen und Frettchen andererseits enthalten sind, als technische Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34 zu betrachten sind.

    67      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass, wie aus der Rechtsgrundlage der Richtlinie 98/34, nämlich Art. 100a EG-Vertrag (nach Änderung später Art. 95 EG), sowie den Erwägungsgründen 2 und 4 der Richtlinie hervorgeht, die Unionsregelung über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts dadurch beiträgt, dass insbesondere der freie Warenverkehr gewährleistet wird.

    68      Ferner hat der Gerichtshof klargestellt, dass vom Anwendungsbereich des freien Warenverkehrs nur Erzeugnisse erfasst werden, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 10. Dezember 1968, Kommission/Italien, 7/68, Slg. 1968, 617, 626, und vom 26. Oktober 2006, Kommission/Griechenland, C‑65/05, Slg. 2006, I‑10341, Randnrn. 23 bis 25).

    69      Es steht jedoch fest, dass die Ausweise für Heimtiere als solche nicht Gegenstand von Handelsgeschäften sein können, da sie mit einer individuellen Kennnummer versehen sind und der Kennzeichnung eines spezifischen Tieres dienen.

    70      Somit ist ausgeschlossen, dass diese Ausweise als „Ware“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs eingestuft werden können und dass die Richtlinie 98/34 auf sie anwendbar wäre. Daher können Spezifikationen, wie sie in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden belgischen Regelung vorgesehen sind, nicht als technische Spezifikationen eingestuft werden, die gemäß Art. 8 dieser Richtlinie vorab der Kommission zu übermitteln sind und andernfalls vom nationalen Gericht unangewandt zu lassen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2007, Schwibbert, C‑20/05, Slg. 2007, I‑9447, Randnrn. 33 und 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    71      Nach allem ist auf die jeweils zweite Frage in den Rechtssachen C‑45/10 und C‑57/10 zu antworten, dass nationale Bestimmungen, wie sie in der belgischen Regelung über den Ausweis für Heimtiere in Bezug auf dessen Verwendung als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung der Hunde und der Verwendung selbstklebender Etiketten für Änderungen in Bezug auf die Identifizierung des Besitzers und des Tieres einerseits und die Bestimmungen über die Festlegung einer individuellen Kennnummer für Katzen und Frettchen andererseits enthalten sind, keine technischen Vorschriften im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 98/34 darstellen, die gemäß Art. 8 dieser Richtlinie vorab der Kommission zu übermitteln sind.

     Kosten

    72      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

    1.      Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG sowie die Artikel und Anhänge der Entscheidung 2003/803/EG der Kommission vom 26. November 2003 zur Festlegung eines Musterausweises für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Mitgliedstaaten sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die eine Nummerierung für die Heimtierausweise vorschreibt, die sich aus einer individuellen Kennnummer zusammensetzt, die den zweistelligen ISO‑Code des Königreichs Belgien, „BE“, gefolgt von einer zweistelligen Zulassungsnummer des zugelassenen Ausstellers und einer Folge von neun Zahlen, umfasst und den individuellen Charakter dieser Kennnummer gewährleistet.

    2.      Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 998/2003 sowie die Artikel und die Anhänge der Entscheidung 2003/803 sind dahin auszulegen, dass sie

    –        einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach der Ausweis für Heimtiere nicht nur als Reisedokument gemäß der Unionsregelung, sondern auch als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung von Hunden auf nationaler Ebene verwendet wird, und

    –        einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die im Ausweis für Heimtiere ein einziges Feld für die Angabe der Identität und der Anschrift des Besitzers des Tieres vorsieht und deren spätere Änderungen durch die Anbringung selbstklebender Etiketten erfolgen.

    3.      Nationale Bestimmungen, wie sie in der belgischen Regelung über den Ausweis für Heimtiere in Bezug auf dessen Verwendung als Nachweis der Kennzeichnung und Registrierung der Hunde und der Verwendung selbstklebender Etiketten für Änderungen in Bezug auf die Identifizierung des Besitzers und des Tieres einerseits und die Bestimmungen über die Festlegung einer individuellen Kennnummer für Katzen und Frettchen andererseits enthalten sind, stellen keine technischen Vorschriften im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 geänderten Fassung dar, die gemäß Art. 8 dieser Richtlinie vorab der Kommission zu übermitteln sind.

    Unterschriften


    * Verfahrenssprache: Niederländisch.

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