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Document 62008CC0440

    Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 27. Oktober 2009.
    F. Gielen gegen Staatssecretaris van Financiën.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Hoge Raad der Nederlanden - Niederlande.
    Direkte Besteuerung - Art. 43 EG - Gebietsfremder Steuerpflichtiger - Unternehmer - Recht auf Selbständigenabzug - Stundenkriterium - Diskriminierung gebietsfremder gegenüber gebietsansässigen Steuerpflichten - Gleichstellungsoption.
    Rechtssache C-440/08.

    Sammlung der Rechtsprechung 2010 I-02323

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:661

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER

    vom 27. Oktober 2009 1(1)

    Rechtssache C‑440/08

    F. Gielen

    gegen

    Staatssecretaris van Financiën

    (Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden [Niederlande])

    „Niederlassungsfreiheit – Art. 43 EG – Direkte Besteuerung – Steuerregelung für Gebietsfremde – Steuerabzug – Diskriminierung – Einkommensteuer, die die Möglichkeit vorsieht, zwischen der Besteuerungsregelung für gebietsansässige und gebietsfremde Steuerpflichtige zu wählen“





    1.        Der Hoge Raad (Oberster Gerichtshof der Niederlande) legt dem Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage vor, mit der er danach fragt, ob mit Art. 43 EG ein Abzug von der niederländischen Einkommensteuer vereinbar ist, durch den ausländische Steuerpflichtige diskriminiert werden, auch wenn sie die Möglichkeit haben, vorab zwischen der Regelung für Gebietsansässige und ihrer eigenen Regelung zu wählen.

    2.        Die vorliegende Rechtssache bietet dem Gerichtshof die Gelegenheit, zu klären, ob im Licht seiner Rechtsprechung zu den direkten Steuern eine Besteuerungsoption eine Ungleichbehandlung neutralisiert. Jedoch kann sich hinter der Gleichstellung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden, wie ich weiter unten darlegen werde, eine Täuschung verbergen, denn es gibt Fälle, in denen davon ausgegangen werden kann, dass – das Propagandaschwein in Farm der Tiere paraphrasierend – alle europäischen Steuerpflichtigen gleich sind, aber manche gleicher als andere sind(2).

    3.        Die Vorlagefrage bietet ein gutes Beispiel für diese orwellsche Deformation.

    I –    Rechtlicher Rahmen

    A –    Gemeinschaftsrecht

    4.        Art. 43 EG verankert die Niederlassungsfreiheit von Unternehmen und Selbständigen in der gesamten Gemeinschaft:

    „Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

    Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.“

    B –    Die niederländischen Bestimmungen

    5.        In den Niederlanden ist die Einkommensteuer in der Wet Inkomstenbelasting 2001 (Einkommensteuergesetz) geregelt. Nach Art. 2.2 dieses Gesetzes sind natürliche Personen, die nicht in diesem Land ansässig sind, einkommensteuerpflichtig, sofern sie im Inland Einkünfte erzielen.

    6.        Art. 7.2 umschreibt die Besteuerungsgrundlage folgendermaßen:

    „1.       Das steuerpflichtige Einkommen aus Arbeit und Wohnen besteht aus dem Betrag der fälligen Einkünfte aus Arbeit und Wohnen nach Abzug der Verluste gemäß Kapitel 3.

    2.       Die steuerpflichtigen Einkünfte aus Arbeit und Wohnen sind der Gesamtbetrag der Einkünfte aus:

             a) dem Gewinn aus einem niederländischen Unternehmen, das mit Hilfe einer Betriebsstätte in den Niederlanden oder eines ständigen Vertreters in den Niederlanden geführt wird (niederländisches Unternehmen).

    …“

    7.        Der Unternehmerabzug ist in Art. 3.74 des Gesetzes definiert, doch Art. 3.76 präzisiert, dass der Selbständigenabzug für Unternehmer gilt, die eine Mindeststundenzahl erbringen. Der Abzugsbetrag ist vom Gewinn abhängig und wird anhand einer im Gesetz festgelegten degressiven Staffelung berechnet.

    8.        Nach Art. 3.6 des Gesetzes gilt als „Mindeststundenzahl“:

    „… die während eines Kalenderjahrs erfolgte Aufwendung von mindestens 1 225 Stunden für Arbeiten für eines oder mehrere Unternehmen, aus dem der Steuerpflichtige als Unternehmer einen Gewinn erzielt“.

    9.        Obgleich es sich nicht ausdrücklich aus der nationalen Regelung ergibt, werden dem vorlegenden Gericht zufolge zu diesem Zeitraum nur die Stunden hinzugerechnet, die ein ausländischer Steuerpflichtiger für Arbeiten in einer Betriebsstätte in den Niederlanden aufwendet. Aus der Akte ergibt sich, dass gemäß Art. 9 des Besluit voorkoming dubbele belasting 2001 (Dekret aus dem Jahr 2001 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) die in diesem Land Ansässigen in die zeitliche Gesamtberechnung sowohl die in den Niederlanden wie die im Ausland gearbeiteten Stunden aufnehmen können.

    10.      Art. 2.5 des Gesetzes sieht eine Optionsregelung für die Besteuerung gebietsfremder Unternehmer unter folgenden Voraussetzungen vor:

    „Ein inländischer Steuerpflichtiger, der sich nicht während des gesamten Kalenderjahrs in den Niederlanden aufhält, und ein ausländischer Steuerpflichtiger, der als Einwohner eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines durch Ministerialerlass bestimmten Drittstaats, mit dem die Niederlande ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Förderung des Informationsaustauschs abgeschlossen haben, in die Besteuerung durch diesen europäischen oder Drittstaat einbezogen wird, kann sich für die Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes für inländische Steuerpflichtige entscheiden. Durch Ministerialerlass werden die Nachweise festgelegt, die für die Inanspruchnahme dieser Regelung erforderlich sind. …“

    II – Sachverhalt

    11.      F. Gielen ist selbständig und wohnt in Deutschland, seinem Herkunftsstaat, wo er zusammen mit zwei Gesellschaftern ein Unternehmen auf dem Gebiet des Gartenbaus unter Glas betreibt. Das Unternehmen von Herrn Gielen hat eine Betriebsstätte für Zierpflanzen in den Niederlanden.

    12.      Im Jahr 2001 erklärte Herr Gielen in den Niederlanden Einkünfte aus seiner niederländischen Betriebsstätte in Höhe von 11 577 Euro; da er weniger als 1 225 Stunden im niederländischen Geschäft erbracht hat, erfüllte er nicht die Voraussetzungen des Art. 3.6 des Gesetzes und durfte daher nicht den Abzug von 6 084 Euro von der Besteuerungsgrundlage, der ihm angesichts seiner Einkünfte in diesem Staat zustünde, vornehmen.

    13.      Gegen die Entscheidung der Steuerverwaltung, durch die sein Recht auf den Abzug verneint wurde, legte Herr Gielen Einspruch ein, der zurückgewiesen wurde, so dass er Klage bei der Rechtbank te Breda erhob, die ebenfalls abgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung legte Herr Gielen Berufung beim Gerechtshof (Berufungsgericht) Hertogenbosch (Bois-le-Duc) ein, der seinen Anträgen zwar zum Teil stattgab, da er der Auffassung war, dass Herr Gielen einen Anspruch auf den Abzug habe, obwohl er nicht die Mindestzahl von 1 225 Stunden in den Niederlanden gearbeitet habe, aber diesen Betrag nach dem Verhältnis berechnete, in dem seine niederländischen Einkünfte zu seinen gesamten Einkünften standen. Unter diesen Voraussetzungen setzte der Gerechtshof die Besteuerungsgrundlage auf 11 188 Euro herab.

    14.      Herr Gielen focht das Berufungsurteil beim Hoge Raad an und hielt an seinem Anspruch auf vollständigen Abzug von 6 084 Euro fest, den er in Abhängigkeit von seinen Einkünften in den Niederladen geltend machen könne. Die beklagte Verwaltung schloss sich der Kassationsbeschwerde an, um ihren entgegengesetzten Standpunkt zu verteidigen.

    15.      Am 4. Oktober 2007 verlas der Advocaad-Generaal beim Hoge Raad, J.A.C.A. Overgaauw, seine Schlussanträge, in denen er sich dem Vorbringen von Herrn Gielen anschloss und ausführte, dass ein Gebietsfremder, dem es nicht gestattet werde, die in einem anderen Mitgliedstaat aufgewendeten Arbeitsstunden für einen Steuerabzug anzurechnen, eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung erleiden würde. Er fügte hinzu, dass es die niederländische Besteuerungsregelung zulasse, dass sich gebietsfremde Unternehmer wie Herr Gielen für die Regelung für Gebietsansässige entschieden, nach der ihnen alle sowohl in den Niederlanden als auch in anderen Staaten der Union aufgewendeten Stunden angerechnet würden. Diese Option heile die zuvor angesprochene Diskriminierung und führe dazu, dass die Regelung mit dem EG-Vertrag vereinbar sei.

    III – Die Vorlagefrage und das Verfahren vor dem Gerichtshof

    16.      Aufgrund des Vorbringens der Parteien sowie der Schlussanträge des Advocaad-Generaal Overgaauw hat die Dritte Kammer des Hoge Raad das Verfahren ausgesetzt und mit Beschluss vom 12. September 2008 den Gerichtshof um Beantwortung folgender Vorlagefrage ersucht:

    Ist Art. 43 EG dahin auszulegen, dass dieser Artikel nicht der Anwendung einer Vorschrift des Steuerrechts eines Mitgliedstaats auf den Gewinn, den ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats (ausländischer Steuerpflichtiger) aus einem im ersten Mitgliedstaat geführten Teil seines Unternehmens erzielt, entgegensteht, wenn diese Vorschrift in einer bestimmten Auslegung zwar – für sich genommen – einen Art. 43 EG zuwiderlaufenden Unterschied zwischen inländischen und ausländischen Steuerpflichtigen macht, der betroffene Steuerpflichtige jedoch die Möglichkeit hatte, die Behandlung als inländischer Steuerpflichtiger zu wählen, von der er aus individuellen Erwägungen keinen Gebrauch gemacht hat?

    17.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 6. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

    18.      Herr Gielen, die Regierungen der Niederlande, Deutschlands, Estlands, Schwedens und Portugals sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

    19.      In der mündlichen Verhandlung am 17. September 2009 sind der Vertreter von Herrn Gielen sowie die Bevollmächtigten der niederländischen, der schwedischen, der deutschen, der portugiesischen und der estnischen Regierung sowie der Europäischen Kommission erschienen und haben mündliche Ausführungen gemacht.

    IV – Zulässigkeit

    20.      Die portugiesische Regierung und Herr Gielen sind der Meinung, die vom Hoge Raad vorgelegte Frage sei hypothetischer Natur und hänge allein von der Auslegung nationalen Rechts ab, die ausschließlich Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten sei.

    21.      Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm gemäß Art. 234 EG vorgelegten Fragen zu beurteilen(3). Der Gerichtshof hat jedoch auch entschieden, dass es ihm in Ausnahmefällen obliegt, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem nationalen Gericht angerufen wird(4). Dies ist der Fall, wenn das Problem rein hypothetischer Natur ist(5), denn der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorlageverfahren durchzuführen ist, impliziert, dass das nationale Gericht seinerseits auf die dem Gerichtshof übertragene Aufgabe Rücksicht nimmt, die darin besteht, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben(6).

    22.      Vor dem Hoge Raad sind, wie ich bereits ausgeführt habe, die Wirkungen einer in der niederländischen Rechtsordnung vorgesehenen Option streitig. Herr Gielen wählte eine der beiden ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (Behandlung als Gebietsfremder), und rügte den Nachteil, den er gegenüber in den Niederlanden ansässigen Steuerpflichtigen erleide. Die Alternative, die dem Kläger zur Verfügung stand, kann zwar nur anhand einer „hypothetischen“ Anwendung der niederländischen Bestimmungen beurteilt werden, jedoch kann eine Gleichheitsprüfung nur unter Anwendung einer Referenznorm erfolgen(7). Bei der Feststellung einer in einer Rechtsnorm vorgesehenen Diskriminierung erfolgt der Vergleich dadurch, dass diese Norm anderen Vorschriften gegenübergestellt wird. Um den Gedankengang zu vervollständigen, wird die Referenznorm dabei immer „hypothetisch“ angewendet, ohne dass dadurch der Rechtsstreit einen „hypothetischen“ Charakter erhielte.

    23.      Darüber hinaus glaube ich nicht, dass zur Vornahme des Vergleichs zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden eine falsche Referenznorm angewendet wurde. Dieser Aspekt gehört zur Beurteilung der Gleichheit, die im Rahmen der Sachprüfung vorzunehmen ist, und betrifft als solcher nicht die Erheblichkeit der Vorlagefrage, sondern die detaillierte Prüfung dieses Aspekts.

    24.      Ich empfehle daher dem Gerichtshof, die Vorlagefrage für zulässig zu erklären.

    V –    Untersuchung der Vorlagefrage

    25.      Diese Untersuchung ist in zwei Abschnitten durchzuführen.

    26.      Herr Gielen bringt erstens vor, dass die Unmöglichkeit, die in Deutschland erbrachten Arbeitsstunden anzurechnen, um im Rahmen der niederländischen Einkommensteuer einen Abzug von der Besteuerungsgrundlage vornehmen zu können, eine Beschränkung darstelle, die in den Niederlanden nur für Gebietsfremde gelte, die sich auf ihren eigenen Status beriefen. Die Staaten, die in diesem Vorabentscheidungsverfahren schriftliche Erklärungen eingereicht haben, sowie die Kommission und Herr Gielen haben zu diesem Punkt entgegengesetzte Standpunkte vertreten.

    27.      Zweitens konzentriert der Hoge Raad seine Zweifel auf eine Rechtfertigung, auf die sich die niederländische Regierung beruft. Selbständige, die nicht in den Niederlanden wohnten, aber dort Einkünfte erzielten, seien in der Lage, den Status eine Gebietsansässigen anzunehmen. So könne Herr Gielen zwischen dem zweiten Status und der Anrechnung der in Deutschland erbrachten Arbeitsstunden wählen. Er habe davon aus freiem Willen keinen Gebrauch gemacht, so dass er durch die streitige Regelung nicht diskriminiert worden sei, denn er sei unterschiedlich behandelt worden, weil er sich dafür entschieden habe.

    28.      Das ersuchende Gericht hat keine Zweifel hinsichtlich des diskriminierenden und Art. 43 EG zuwiderlaufenden Charakters des streitigen Abzugs für Gebietsfremde in den Niederlanden. Wenn der Gerichtshof dieser Prämisse folgte, würde er sich ausschließlich mit den Wirkungen der bereits angesprochenen Option im Steuergesetz befassen. Jedoch teilen nicht alle Beteiligten dieses Vorabentscheidungsverfahrens die Auffassung des Hoge Raad. Wie die deutsche Regierung zu Recht ausführt, hätte es, wenn die Beschränkung der Anrechnung der im Ausland geleisteten Arbeitsstunden mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar wäre, keinen Sinn, zu der in der streitigen Steuergesetzgebung vorgesehenen Optionsregelung Stellung zu nehmen.

    29.      Zusammenfassend ist zu prüfen, ob das in den Niederlanden für gebietsfremde Selbständige geltende System der Steuerabzüge mit Art. 43 EG vereinbar ist. Wird dies verneint, müsste vertieft auf die fakultative Regelung des Einkommensteuergesetzes eingegangen werden, die es den Gebietsfremden ermöglicht, sich für das für Gebietsansässige maßgebliche Steuerstatut zu entscheiden.

    A –    Der Abzug für Selbständige und der diskriminierende Charakter der Stundenanrechnung bei Gebietsfremden

    30.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes verbieten die Vorschriften über die Gleichbehandlung nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen(8). Das heißt, eine Diskriminierung kann in ihrer unmittelbaren bzw. mittelbaren Dimension nur darin bestehen, dass unterschiedliche Vorschriften auf gleich gelagerte Situationen angewandt werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird(9).

    31.      Seit dem Urteil Schumacker(10) betont der Gerichtshof, dass sich Gebietsansässige und Gebietsfremde im Hinblick auf die direkten Steuern in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation befinden(11). Das Einkommen, das ein Gebietsfremder im Hoheitsgebiet eines Staats erzielt, stellt meist nur einen Teil seiner Gesamteinkünfte dar, deren Schwerpunkt an seinem Wohnort liegt. Außerdem kann die persönliche Steuerkraft des Gebietsfremden, die sich aus der Berücksichtigung seiner Gesamteinkünfte sowie seiner persönlichen Lage und seines Familienstands ergibt, am leichtesten an dem Ort beurteilt werden, an dem der Mittelpunkt seiner persönlichen Interessen und seiner Vermögensinteressen liegt(12). Dieser Ort ist in der Regel der ständige Aufenthaltsort der betroffenen Person.

    32.      Diese Feststellung führte den Gerichtshof zu der Schlussfolgerung, dass es in der Regel nicht diskriminierend ist, wenn ein Mitgliedstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen versagt, die er Gebietsansässigen gewährt, da sich diese beiden Gruppen von Steuerpflichtigen nicht in einer vergleichbaren Lage befinden(13).

    33.      Die dargestellten Grundsätzen stellen den Mitgliedstaaten weder einen Blankoscheck aus, noch ermächtigen sie sie, Regelungen einzuführen, durch die Gebietsfremde offen diskriminiert werden. Mit dem Urteil Schumacker sollten vielmehr nationale Maßnahmen verhindert werden, durch die Gebietsfremde, die sich in einer vergleichbaren Situation wie Gebietsansässige befinden, unterschiedlich behandelt werden(14). Das Urteil Schumacker erscheint in dieser Hinsicht bezeichnend, denn es betraf einen belgischen Staatsangehörigen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Belgien hatte und den Großteil seiner Einkünfte in Deutschland erzielte. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass Herr Schumacker diskriminiert wurde, da er sich in einer vergleichbaren Situation wie ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer befand, und seine persönliche Lage und sein Familienstand nicht berücksichtigt werden konnten. Die gleiche Überlegung liegt auch den Urteilen Wielockx, Gschwind und Meindl(15) zugrunde.

    34.      Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass eine Ungleichbehandlung rechtmäßig ist, wenn sich die persönliche Lage und der Familienstand Gebietsansässiger und Gebietsfremder stark unterscheiden. Die Ungleichbehandlung wird jedoch rechtswidrig, wenn sie Abzüge betrifft, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, mit der die steuerbaren Einkünfte erzielt worden sind(16). Im Umkehrschluss respektiert der Gerichtshof die nationalen Steuerregelungen, die über die Steuerpolitik für jegliche wirtschaftliche Tätigkeit, die an die persönliche Lage des Steuerzahlers anknüpft, einen Anreiz schaffen, sie prämieren oder bestrafen(17). Diese Unterscheidung akzeptiert freimütig, dass die Mitgliedstaaten über einen geringeren Spielraum verfügen, wenn eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit geschützt wird, unabhängig von der bereits angesprochenen persönlichen Lage derer, die sie erbringen. Die Rechtsprechung gewährleistet jedoch, dass die Steuerhoheit eines jeden Lands gewahrt bleibt, wenn sich das Hindernis auf die besagte persönliche Lage des Steuerpflichtigen beschränkt; dies hat die jeweilige Behörde anhand innerstaatlicher Kriterien festzustellen. Auch wenn sie nicht frei von Schwierigkeiten ist(18), hat diese Analyse ihre Logik, denn die Kompetenzen auf dem Gebiet der Besteuerung bleiben in den Händen eines jeden Landes, und der Gerichtshof will sich nicht in einen solch heiklen Aspekt einmischen, der unmittelbare Auswirkungen auf die Staatskassen der Mitgliedstaaten hat(19).

    35.      Es ist denkbar, dass sowohl Gebietsansässige als auch Gebietsfremde den in Art. 3.74 des niederländischen Einkommensteuergesetzes vorgesehenen Abzug geltend machen. Erstere müssen eine jährliche Mindestanzahl von 1 225 Stunden in den Niederlanden erbringen, während Letztere nicht nur die dort, sondern auch die in anderen Staaten erbrachten Stunden mitzählen müssen. Es besteht eine offensichtliche Ungleichbehandlung, die die niederländische Regierung einräumt. Doch lehnen es einige Staaten ab, die Situation der Gebietsfremden mit der der Gebietsansässigen gleichzusetzen, und wiederholen, dass die Diskriminierung mit Art. 43 EG vereinbar sei.

    36.      Dem kann ich nicht folgen.

    37.      Mit dem streitigen Abzug wird ein Ziel verfolgt, das die Niederlande in diesem Verfahren dargelegt haben: Besteuerung der Einkünfte derjenigen Selbständigen, die ihre Tätigkeiten hauptberuflich ausüben(20). Das niederländische Abgabenrecht hat eine Steuerregelung für Selbständige ausgearbeitet, die diejenigen begünstigt, die sich in signifikanter Weise unternehmerisch betätigen; um dieses Ergebnis zu gewährleisten, wird verlangt, dass eine bestimmte Stundenzahl überschritten wird.

    38.      Ein Gebietsfremder, der in den Niederlanden einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, muss ein zeitliches Mindestmaß erfüllen, um den in Art. 3.74 des Einkommensteuergesetzes vorgesehenen Abzug in Anspruch nehmen zu können. Er muss diese Stundenzahl nachweisen, um glaubhaft zu machen, dass seine Haupttätigkeit unternehmerischer Art ist(21). Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen zutreffend ausgeführt hat, sollen mit dem Stundenkriterium der niederländischen Regelung nicht die persönliche Lage und der Familienstand des Steuerpflichtigen konditioniert oder bewertet werden, sondern es soll sichergestellt werden, dass diejenigen, die eine spezifische Tätigkeit ausüben (in dieser Rechtssache eine selbständige Tätigkeit), nicht lügen(22). Mit dem Erfordernis, dass die vorgeschriebene Arbeitszeit in den Niederlanden geleistet wird, trägt die nationale Bestimmung nicht dazu bei, die Art der Tätigkeit offenzulegen.

    39.      Art. 3.74 des Einkommensteuergesetzes betrifft die Natur der besteuerten Leistung und nicht die persönliche Lage und den Familienstand des Steuerpflichtigen, so dass die Situation eines gebietsfremden Selbständigen zumindest im Hinblick auf den in der genannten Vorschrift vorgesehen Abzug von der Bemessungsgrundlage mit der eines gebietsansässigen Selbständigen vergleichbar ist.

    40.      Daher bin ich der Ansicht, dass die Niederlande gebietsfremde Selbständige benachteiligen, indem sie es ihnen (im Unterschied zu gebietsansässigen Selbständigen) verwehren, die in einem anderen Staat geleistete Arbeitszeit mitzuzählen, um den hauptberuflichen Charakter ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nachweisen zu können.

    41.      In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die Diskriminierung dadurch gerechtfertigt ist, dass der ausländische Steuerpflichtige sich freiwillig für den Steuerstatus eines Gebietsansässigen entscheiden konnte.

    42.      Hierin liegt der gordische Knoten dieser Vorabentscheidungsfrage.

    B –    Die fakultative Besteuerungsregelung für Gebietsfremde und ihre Funktion eines eine Diskriminierung neutralisierenden Mechanismus

    43.      Wie bereits ausgeführt, ist der Hoge Raad der Ansicht, dass die Abzüge des Einkommensteuergesetzes für Selbständige zu einer Diskriminierung führen. Diese Auffassung wird von der niederländischen und der schwedischen Regierung sowie Herrn Gielen geteilt. Es gibt jedoch Differenzen im Hinblick auf den Hauptzweifel in diesem Verfahren, der sich auf die Möglichkeit bezieht, die die niederländischen Bestimmungen gebietsfremden Unternehmern einräumen, sich für eine Besteuerung als Gebietsansässige zu entscheiden, um nicht die gerügte Diskriminierung zu erfahren.

    44.      In diesem Punkt vertreten alle Staaten, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben, übereinstimmend die sogenannte „Neutralisierungsthese“, nach der die Möglichkeit der Wahl der Besteuerung es dem Steuerpflichtigen ermögliche, die Vor- und Nachteile des jeweiligen Status gegeneinander abzuwägen. Ziehe er eine diskriminierende Regelung vor, die er vermieden hätte, wenn er sich für die andere Alternative entschieden hätte, könne die daraus resultierende Ungleichbehandlung nicht gerügt werden. In diesem Sinne hat sich im Ausgangsverfahren auch der Advocaat-Generaal des Hoge Raad ausgesprochen.

    45.      Herr Gielen und die Kommission vertreten eine abweichende Meinung hinsichtlich der Beantwortung der Vorlagefrage und konzentrieren sich u. a. auf die Verwaltungslasten, die die Entscheidung eines gebietsfremden Selbständigen für den Status eines Gebietsansässigen mit sich bringen.

    1.      Die Wahlmöglichkeit als Mittel zur Heilung eines Rechtsverstoßes

    46.      Diese Rechtssache wirft ein schwieriges Problem im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz auf. Abstrakter formuliert fragt der Hoge Raad den Gerichtshof, ob eine rechtswidrige Diskriminierung rechtmäßig werden kann, wenn das Opfer sich frei für sie entschieden hat. Dem Dilemma kommt auf dem Gebiet des Steuerrechts eine besondere Bedeutung zu, in dem dem Steuerpflichtigen häufig mehrere Regelungen angeboten werden, die in einigen Fällen nicht immer vorteilhafte Elemente aufweisen(23).

    47.      Wer durch Rechtsvorschriften diskriminiert wird, befindet sich nicht in der gleichen Lage mit jemand, der konkret oder tatsächlich diskriminiert wird. Wenn der Gesetzgeber oder die Verwaltung einen allgemeinen und stabilen rechtlichen Rahmen aufstellen, prüfen sie ein breites Spektrum von Möglichkeiten und verfügen über ein weites Ermessen. Wer jedoch eine individuelle Entscheidung trifft oder eine tatsächliche Tätigkeit ausübt, stützt sich üblicherweise auf einen genauer bestimmten und konkreteren rechtlichen Rahmen. Folglich werden dem Gesetzgeber weiter gehende Befugnisse eingeräumt, und in diesem Spektrum der ihm zugestandenen Wahlmöglichkeiten kann es nur unter besonders schwerwiegenden Umständen zu einer Diskriminierung kommen(24). Die bloße Regelung bringt immer eine Ungleichbehandlung mit sich, denn die Norm wird normalerweise auf bestimmte Subjekte angewendet, aber nicht auf alle(25). Diese Unterscheidung verstößt ebenso wenig von sich aus gegen den Gleichheitsgrundsatz wie dieser durch eine Regelung verletzt wird, die verschiedene Wahlmöglichkeiten und damit unterschiedliche Rechtsstellungen enthält.

    48.      Die Staaten, die sich an diesem Vorabentscheidungsverfahren beteiligt haben, vertreten die Auffassung, dass derjenige, der sich frei dafür entscheide, dass eine Regelung auf ihn angewendet werde, dies später nicht rügen könne. Wenn also das Recht jemandem die Befugnis einräume, zwischen verschiedenen Regelungen zu wählen, zu denen die diskriminierende gehöre, werde der Gleichheitsgrundsatz durch diese Befugnis gewahrt. Mit anderen Worten, wenn eine Person innerhalb eines Status, den sie unbehindert gewählt habe, diskriminiert werde, neutralisiere die getroffene Entscheidung die Ungleichbehandlung. Der Gesetzgeber braucht danach nur jemandem einen Entscheidungsspielraum einzuräumen, um später zu seinen Ungunsten straflos offen diskriminierende Bestimmungen erlassen zu können.

    49.      Ich stimme mit den Beteiligten, die den neutralisierenden Effekt der Wahlmöglichkeit befürworten, nicht überein und meine, dass die Zweifel des Hoge Raad auf einer abstrakteren Ebene angesiedelt sind und es unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Rechtssache ermöglichen, die Frage zu beantworten.

    50.      Der Gedankengang der Staaten basiert demnach auf der irrigen Voraussetzung, dass es eine Wahl zwischen einer rechtmäßigen und einer rechtswidrigen Option gebe.

    51.      Einem bekannten Rechtssprichwort zufolge gibt es keine Gleichbehandlung im Unrecht(26). Wenn z. B. eine Verwaltung einen Fehler begeht und von einer Gesellschaft eine niedrigere Steuer verlangt, als ihr zusteht, können deren Wettbewerber sich nicht auf eine Ungleichbehandlung berufen und infolgedessen einen vergleichbaren Steuerbescheid verlangen. Wenn sich ein Steuerpflichtiger unter diesen Voraussetzungen für eine rechtmäßige oder für eine rechtswidrige Option entscheidet, wird die Diskriminierung ebenso wenig durch die bloße Entscheidung zur Gleichbehandlung.

    52.      Um diesem Vorbringen zu begegnen, greift die portugiesische Regierung auf den lateinischen Rechtssatz des venire contra factum proprium zurück, der den Grundsatz der Verantwortlichkeit für eigenes Handeln widerspiegelt. Es ist jedoch zu nuancieren, dass dieser Rechtssatz immer im Kontext der Rechmäßigkeit Anwendung gefunden hat. Lässt man eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht zu, kann man auch eigenem Handeln, das rechtswidrig ist, keine Rechtsverbindlichkeit zugestehen, denn andernfalls würde eine rechtswidrige Handlung für rechtmäßig erklärt, was die Rechtsordnung nicht hinnehmen kann.

    53.      Darüber hinaus steht die Option allen Selbständigen offen, ohne dass die Niederlande andere zusätzliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieses Mechanismus vorgesehen hätten. Unter diesen Voraussetzungen macht es diese „grobe“ Wahlmöglichkeit, die vorbehaltlos ist und jedem Unternehmer offen steht, ohne den Besonderheiten der unterschiedlichen Kategorien von Selbständigen Aufmerksamkeit zu widmen, noch schwieriger, ihr eine neutralisierende Funktion zuzuerkennen(27).

    54.      Die Vorlagefrage wäre an dieser Stelle beantwortet. Für den Fall, dass der Gerichtshof der Ansicht ist, dass durch diese Möglichkeit eine Diskriminierung anerkannt wird, indem ihr Rechtmäßigkeit verliehen wird, untersuche ich, ob Gebietsfremde, die von der Option Gebrauch machen, mit den tatsächlich in den Niederlanden Gebietsansässigen vergleichbar sind.

    2.      Die Folgen der Entscheidung für die Besteuerung als Gebietsansässiger für den Steuerpflichtigen

    55.      Hätte sich Herr Gielen für die Besteuerung als Gebietsansässiger entschieden, wäre seine Steuerschuld der Regierung der Niederlande zufolge die gleiche gewesen, wie die einer Person, die ihren tatsächlichen steuerlichen Wohnsitz in den Niederlanden hat. Der Vertreter von Herrn Gielen teilt diese Ansicht nicht und stellt sowohl in der Steuerverwaltung wie in der Besteuerung offenkundige Ungleichheiten fest, die die Optionsregelung auf eine falsche Alternative reduzierten.

    56.      Im Folgenden soll das letztgenannte Vorbringen untersucht werden.

    a)      Die Kosten für die Vertretung vor der Verwaltung

    57.      Die Kommission und Herr Gielen sprechen die Kosten für die Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung nach der Regelung für Gebietsansässige an.

    58.      Diese Bezugnahme kann auf die Mehrzahl der Steuersysteme der Mitgliedstaaten übertragen werden, denn es gibt einen im internationalen Steuerrecht weitgehend konsolidierten Grundsatz, nach dem es Sache eines jeden Staates ist, die in seinem Hoheitsgebiet erzielten Einkünfte zu besteuern (Territorialitätsprinzip), eine Maxime, die erfüllt wird, indem sowohl dem Aufenthaltsstaat (Besteuerung im Aufenthaltsstaat) wie dem Staat des Orts, an dem die steuerpflichtige Tätigkeit ausgeübt wird (Besteuerung im Quellenstaat) steuerliche Befugnisse zugestanden werden(28). Ersterer stellt den Ort dar, an dem die persönliche Steuerkraft am leichtesten beurteilt werden kann und an dem der Steuerpflichtige seine Gesamteinkünfte zu erklären hat, unbeschadet einer späteren Anwendung von Korrekturmechanismen, die der Vermeidung einer Doppelbesteuerung dienen (Grundsatz der Quellenbesteuerung). Im zweitgenannten Staat werden wegen der zum persönlichen Kontext des Steuerpflichtigen bestehenden Entfernung ausschließlich die dort erzielten Einkünfte erklärt und besteuert.

    59.      Es ist offensichtlich, dass der Steuerpflichtige im ersten Fall größere Beweisanstrengungen bei der Steuerverwaltung unternehmen muss.

    60.      Herr Gielen hätte unter dieser Prämisse über die vom niederländischen Gesetzgeber eingeführte Fiktion den steuerlichen Status eines in den Niederlanden Gebietsansässigen annehmen können, ohne dadurch von seiner Erklärungspflicht in Deutschland nach dem Status eines (deutschen) Gebietsansässigen befreit zu werden. Da Herr Gielen seinen Wohnsitz in Deutschland hat, muss er dort seine Gesamteinkünfte erklären. Dies wäre auch in den Niederlanden der Fall, wenn er sich für den Status eines Gebietsansässigen im Sinne des niederländischen Einkommensteuergesetzes entscheiden würde. Nach Abgabe der Erklärungen in beiden Staaten würde die jeweilige Anpassung gemäß dem Territorialitätsprinzip vorgenommen.

    61.      Der steuerliche Status eines gebietsansässigen Selbständigen verursacht dem gebietsfremden Steuerpflichtigen zusätzliche Kosten, die ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger nicht notwendig zu tragen hat. Während derjenige, der seinen Wohnsitz in den Niederlanden hat, nur seine Gesamteinkünfte erklärt und im Ausland für die dort erzielten Einkünfte Steuern zahlt, müsste ein Steuerpflichtiger wie Herr Gielen seine Gesamteinkünfte in zwei Mitgliedstaaten erklären und dafür seine Buchführungsregeln an zwei nationale Rechtsordnungen anpassen sowie die Kosten für die Vertretung vor zwei Steuerverwaltungen tragen, die darüber hinaus zwei unterschiedliche Sprachen verwenden(29). Es ist offensichtlich, dass ein Steuerschuldner wie Herr Gielen, der nicht in den Niederlanden lebt, sich nicht in derselben Lage befindet wie jemand, der in diesem Staat steuerpflichtig und dort wohnhaft ist.

    62.      Der Gerichtshof hat bei der Prüfung der Verwaltungslasten, die ein Mitgliedstaat gebietsfremden Steuerzahlern aufbürdet, Strenge gezeigt. Die Gefahr solcher Maßnahmen für das Funktionieren des Binnenmarkts hat die Rechtsprechung zu der stillschweigenden Annahme geführt, dass die Verpflichtung eines Gebietsfremden, die Buchführungsvorschriften des Staates, in dem er Einkünfte erzielt, zu beachten, ein Hindernis darstellen kann, das gegen Art. 43 EG verstößt(30).

    63.      In der vorliegenden Rechtssache wird nicht darüber diskutiert, ob die Verwaltungslasten, die die Option des Art. 2.5 des Einkommensteuergesetzes nach sich zieht, die Freizügigkeit beeinträchtigen. Diese Feststellung zeigt lediglich, dass ein gebietsfremder Selbständiger, obwohl er sich wie ein Gebietsansässiger besteuern lassen kann, nicht dieselben Vorteile in Anspruch nehmen kann. Dies haben Herr Gielen und die Kommission vorgebracht, obgleich weder die Niederlande noch die anderen Mitgliedstaaten in ihren schriftlichen Erklärungen und mündlichen Ausführungen darauf ausreichend eingegangen sind.

    b)      Der Betrag der Steuerschuld

    64.      In der mündlichen Verhandlung in diesem Vorabentscheidungsverfahren hat die Regierung der Niederlande wiederholt, dass die Einkünfte, die die für die Vornahme des entsprechenden Abzugs nach Art. 2.5 des Gesetzes maßgebliche Bemessungsgrundlage der Besteuerungsregelung für Gebietsansässige bilden, die Gesamteinkünfte des Steuerpflichtigen sind, was bedeutet, dass Herr Gielen, wenn er sich für die Besteuerungsregelung für Gebietsansässige entschieden hätte, nicht die 11 577 Euro, die er in den Niederlanden, sondern die 88 849 Euro, die er in seinen beiden Niederlassungen, der niederländischen und der deutschen, verdient hat, erklärt hätte. Dadurch würde sich der maßgebliche Abzug auf die höchsten Einkünfte beziehen und 2 984 Euro betragen. Die Berechnung endet hier nicht, denn Herr Gielen könnte von seiner Bemessungsgrundlage nur den Anteil abziehen, der dem Verhältnis zu seinen in den Niederlanden erzielten Einkünften entspricht.

    65.      Dem Vertreter des Klägers zufolge sind für die Berechnung des Steuerabzugs die Einkünfte in den Niederlanden durch die Gesamteinkünfte zu teilen, und das Ergebnis ist mit dem anzuwendenden Abzug zu multiplizieren. Die Operation sieht in Zahlen folgendermaßen aus:

    (11 577 / 88 849) x 2 984 = 389 Euro.

    66.      Hingegen berechnet, ebenfalls Herrn Gielen zufolge, ein in den Niederlanden Gebietsansässiger, dessen Gesamteinkünfte besteuert werden, den Abzugsbetrag nicht anteilig, sondern zieht den vollständigen ihm zugewiesenen Betrag von der Bemessungsgrundlage ab. Diese Diskriminierung wird damit gerechtfertigt, dass für Herrn Gielen, auch wenn er nach dem Status eines Gebietsansässigen besteuert würde, nur die in den Niederlanden erzielten Einkünfte steuerpflichtig seien, so dass die anteilige Berechnung vorgenommen werde, damit der gebietsfremde Steuerpflichtige nicht besser gestellt werde als die wirklich Gebietsansässigen.

    67.      Die Regierung der Niederlande hat in der mündlichen Verhandlung eine alternative Berechnungsmethode vorgetragen, nach der die finanziellen Auswirkungen für einen tatsächlich Gebietsansässigen und einen Gebietsfremden, der sich für das Statut eines Gebietsansässigen entscheidet, identisch sind. Doch obwohl der Vertreter von Herr Gielen nachdrücklich betont hat, dass diese Methode nicht korrekt und das wirtschaftliche Endergebnis bei beiden Steuerpflichtigen unterschiedlich sei, verfügt der Gerichtshof nicht über ausreichende Anhaltspunkte, um über diesen Streit zu entscheiden, denn er darf sich nicht auf eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der niederländischen Steuergesetzgebung einlassen, weil dies weit über seinen Zuständigkeitsbereich hinausginge.

    68.      Ich bin daher der Ansicht, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, festzustellen, ob der Betrag der Steuerschuld in beiden Fällen derselbe ist.

    69.      Trotz des dargelegten Zweifels fällt es schwer, sich vorzustellen, dass vergleichbare Situationen vorliegen.

    70.      Wie die Vertreterin der niederländischen Regierung in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, sind die anwendbaren Vorschriften für die jeweiligen Steuerpflichtigen auch bei übereinstimmender Steuerschuld unterschiedlich. Wie zudem die Kommission vorgetragen hat und wie ich in den Nrn. 57 bis 62 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt habe, bringt die Anfertigung von zwei Erklärungen über die Gesamteinkünfte, eine in den Niederlanden und eine weitere in Deutschland, eine erhebliche Belastung mit sich, insbesondere wenn die in den Niederlanden erzielten Einkünfte niedrig sind. Demnach ist die anfängliche Diskriminierung, die in den Nrn. 30 bis 42 der vorliegenden Schlussanträge untersucht worden ist, nicht geheilt worden, denn der gebietsfremde Steuerpflichtige wird dem gebietsansässigen nicht gleichgestellt, selbst wenn er sich für dessen Besteuerungsregelung entscheidet.

    c)      Vorläufige Schlussfolgerung

    71.      Der ausländische Steuerzahler, der es vorzieht, nach den Bestimmungen für Gebietsansässige besteuert zu werden, erlangt keine Position, die der eines Inländers entspricht. Diese fehlende Gleichartigkeit verhindert die Feststellung, dass die in Art. 2.5 des Einkommensteuergesetzes vorgesehene Befugnis rechtswidrige Diskriminierungen neutralisiert, die mit einer der Alternativen im Zusammenhang stehen. Diese Feststellung wird bei einer allgemeineren Betrachtungsweise, insbesondere auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs, bestätigt.

    3.      Das Recht, sich für eine Beteuerung zu entscheiden, und das Urteil Schumacker

    72.      Die Regierung der Niederlande wiederholt, dass die niederländische Einkommensteuer, indem sie die Möglichkeit vorsehe, zwischen dem Status eines Gebietsansässigen und dem eines Gebietsfremden zu wählen, das Urteil Schumacker beachte und sogar über seine Vorgaben hinausgehe(31).

    73.      Ich stimme diesem Vorbringen nicht zu, das auf eine unzutreffende Auslegung dieses Urteils gestützt ist.

    74.      In diesem Urteil ist festgestellt worden, dass die Einkünfte eines Gebietsfremden, der in seinem Wohnsitzstaat keine nennenswerten Einkünfte hat und sein Einkommen im wesentlichen aus einer Tätigkeit bezieht, die er in einem anderen Staat ausübt, im Beschäftigungsstaat nicht höher besteuert werden darf als ein Gebietsansässiger, der dieselbe Beschäftigung ausübt. Das Urteil kann daher vergleichend herangezogen werden, denn eine Person, die praktisch ausschließlich in einem anderen Land als dem ihres Wohnsitzes arbeitet, muss im Staat des Arbeitgebers genauso behandelt werden wie ein Gebietsansässiger. Wird eine Gleichstellung dieser Art erreicht, hat das Besteuerungssystem des Aufnahmestaats die persönliche Lage sowie den Familienstand des gebietsfremden Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen, insbesondere, wenn diese Umstände in seinem Wohnsitzstaat berücksichtigt werden(32).

    75.       Eine Berufung auf das Urteil Schumacker, um die Neutralisierung einer Diskriminierung wie derjenigen, die Herr Gielen erfahren hat, zu rechtfertigen, kommt nicht in Betracht. Diese Rechtsprechung betrifft einen spezifischen Bereich, um den es im vorliegenden Fall nicht geht, und beruht auf Parametern – denen eines Arbeitnehmers, dessen persönliche Lage und Familienstand nicht berücksichtigt werden –, die sie von dem hier in Rede stehenden Fall unterscheiden. Folglich kann entgegen der Auffassung der Niederlande nicht festgestellt werden, dass Art. 2.5 des Einkommensteuergesetzes einen stärkeren Schutz gewährt als das Urteil Schumacker.

    76.      Die von den Niederlanden befürwortete maximalistische Auslegung des Urteils Schumacker würde zu widernatürlichen Folgen führen. Der vorliegende Rechtsstreit bestätigt dies. Unzulässig ist auch die Annahme, ein Land könne durch die Einführung von Besteuerungsstatusoptionen so viele Diskriminierungen vorsehen, wie es es für erforderlich hält, in der Gewissheit, dass die bloße Wahl die Ungleichbehandlung neutralisiert. Wenn der Gerichtshof der These der niederländischen Regierung folgt, müssten Vorkehrungen getroffen werden, um die Expansion der festgestellten Diskriminierungen zulasten von Gebietsfremden einzudämmen und sie auf einen gewissenhaft abgegrenzten Bereich zu reduzieren. Da es schwierig ist, solche Schutzmaßnahmen zu schaffen, neige ich dazu, mich dagegen auszusprechen, dass die in Rede stehende Wahlmöglichkeit den Rechtsverstoß heilt.

    4.      Abschließende Überlegung

    77.      Ich möchte diese Schlussanträge nicht abschließen, ohne darauf einzugehen, dass in diesem Fall nicht die durch Art. 2.5 des Einkommensteuergesetzes geschaffene Optionsregelung angefochten wird. Trotz der vorstehenden Ausführungen ist zu betonen, dass die dargelegten Überlegungen zur Beurteilung der neutralisierenden Wirkung der Optionsregelung vor dem Hintergrund einer festgestellten Diskriminierung von Gebietsfremden zu sehen sind.

    78.      Es sollte höchst vorsichtig vorgegangen werden, denn das von den Niederlanden eingeführte System weist offensichtliche Vorteile auf(33). Erlaubt man einem Steuerpflichtigen, sich mit seinen Gesamteinkünften sowohl im Wohnsitzstaat als auch im Quellenstaat besteuern zu lassen, kann das nach berufenem Munde optimale Folgen insbesondere im Rahmen der transnationalen Einkommensbesteuerung haben(34). Im Licht der verschiedenen fiskalpolitischen Modelle in den Mitgliedstaaten enthält das niederländische System positive Elemente, die ich nicht in Frage stelle. Ebenso wenig soll die Rechtmäßigkeit dieses Modells in Frage gestellt werden, vielmehr beschränkt sich die Diskussion auf die neutralisierende Dimension dieses Systems. Ausschließlich in diesem Zusammenhang erweist sich Art. 2.5 des Einkommensteuergesetzes als unzureichend, um die rechtswidrige Diskriminierung, die Gebietsfremde wie Herr Gielen erfahren, zu rechtfertigen.

    VI – Ergebnis

    79.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Hoge Raad wie folgt zu beantworten:

    Art. 43 EG ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer nationalen Vorschrift, die zu einer Ungleichbehandlung gebietsfremder Selbständiger führt, auch dann entgegensteht, wenn der ausländische Steuerpflichtige die Möglichkeit hatte, die Behandlung als gebietsansässiger Selbständiger zu wählen, von der er keinen Gebrauch gemacht hat.


    1 – Originalsprache: Spanisch.


    2 – Orwell, G., Farm der Tiere, erzählt, dass das berühmte letzte Gebot, in dem die sieben ursprünglichen Gebote in einem einzigen zusammengefasst und deformiert werden, dem Schwein Schwatzwutz (Squealer) in den Mund gelegt wird, „mit sehr runden Wangen, lebhaften Augen, geschickten Bewegungen und einer schrillen Stimme. Er war ein brillanter Redner, und wenn er über ein schwieriges Thema sprach, hatte er eine Art, von einer Seite zur anderen zu hüpfen und dabei mit dem Schwanz zu wedeln, die ihn sehr überzeugend machte. Schwatzwutz wurde die Fähigkeit zugeschrieben, schwarz in weiß zu verwandeln.“


    3 – Urteile vom 16. Juli 1992, Meilicke (C‑83/91, Slg. 1992, I‑4871, Randnr. 23), vom 18. März 2004, Siemens und ARGE Telekom (C‑314/01, Slg. 2004, I‑2549, Randnr. 34), vom 22. November 2005, Mangold (C‑144/04, Slg. 2005, I‑9981, Randnr. 34), vom 18. Juli 2007, Lucchini (C‑119/05, Slg. 2007, I‑6199, Randnr. 43), und vom 6. November 2008, Trespa International (C‑248/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 32).


    4 – Urteil vom 16. Dezember 1981, Foglia (244/80, Slg. 1981, 3045, Randnr. 21).


    5 – Urteile vom 13. März 2001, Preußen Elektra (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 39), vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital (C‑390/99, Slg. 2002, I‑607, Randnr. 19), vom 5. Februar 2004, Schneider (C‑380/01, Slg. 2004, I‑1389, Randnr. 22), und vom 12. Juni 2008, Gourmet Classic (C‑458/06, Slg. 2008, I‑4207, Randnr. 25).


    6 – Urteile Foglia, Randnrn. 18 und 20, vom 3. Februar 1983, Robards (149/82, Slg. 1983, 171, Randnr. 19), Meilike, Randnr. 64, und vom 18. Dezember 2007, ZF Zefeser (C‑62/06, Slg. 2007, I‑11995, Randnr. 15).


    7 – Tridimas, T., The General Principles of EU Law, 2. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2006, S. 81 bis 83.


    8 – Urteile vom 12. Februar 1974, Sotgiu (152/73, Slg. 1974, 153, Randnr. 11), vom 21. November 1991, Le Manoir (C‑27/91, Slg. 1991, I‑5531, Randnr. 10), vom 11. August 1995, Wielockx (C‑80/94, Slg. 1995, I‑2493, Randnr. 16), und vom 27. November 1997, Meints (C‑57/96, Slg. 1997, I‑6689, Randnr. 44).


    9 – Urteile vom 11. August 1995, Wielockx, Randnr. 17, vom 7. Mai 1998, Lease Plan (C‑390/96, Slg. 1998, I‑2553, Randnr. 34), vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission (C‑156/98, Slg. 2000, I‑6857, Randnr. 84), und vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, Slg. 2007, I‑2107, Randnr. 46).


    10 – Urteil vom 14. Februar 1995 (C‑279/93, Slg. 1995, I‑225).


    11 – Urteile Schumacker, Randnr. 31, vom 12. Mai 1998, Gilly (C‑336/96, Slg. 1998, I‑2793, Randnr. 49), und vom 9. November 2006, Turpeinen (C‑520/04, Slg. 2006, I‑10685, Randnr. 26).


    12 – Urteile Schumacker, Randnrn. 31 und 32, vom 14. September 1999, Gschwind (C‑391/97, Slg. 1999, I‑5451, Randnr. 22), vom 16. Mai 2000, Zurstrassen (C‑87/99, Slg. 2000, I‑3337, Randnr. 21), vom 12. Juni 2003, Gerritse (C‑234/01, Slg. 2003, I‑5933, Randnr. 43), vom 1. Juli 2004, Wallentin (C‑169/03, Slg. 2004, I‑6443, Randnr. 15), vom 6. Juli 2006, Conijn (C‑346/04, Slg. 2006, I‑6137, Randnr. 20), und vom 25. Januar 2007, Meindl (C‑329/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 23).


    13 – Urteil Schumacker, Randnr. 33.


    14 – In meinen Schlussanträge in der Rechtssache Gschwind wiederhole ich diesen Gedanken und ergänze in Nr. 42, dass der Gerichtshof mit dem Urteil Schumacker „nicht mit dem im internationalen Steuerrecht allgemein anerkannten und in die einzelnen Rechtsordnungen auf dem Weg über das Muster-Doppelbesteuerungsabkommen der OECD übernommenen Grundsatz brechen [wollte], dass es dem Wohnsitzstaat obliegt, den Steuerpflichtigen mit seinem Welteinkommen zu besteuern und hierbei die mit seiner persönlichen Lage und seinem Familienstand zusammenhängenden Umstände zu berücksichtigen“.


    15 – Oben zitierte Urteile.


    16 – Urteile vom 8. Mai 1990, Biehl (C‑175/88, Slg. 1990, I‑1779, Randnr. 16), Schumacker, Randnr. 36; Gerritse, Randnrn. 27 und 28, vom 3. Oktober 2006, FKP Scorpio Konzertproduktionen (C‑290/04, Slg. 2006, I‑9461, Randnr. 42), vom 15. Februar 2007, Centro Ecuestre da Leziria Grande Lda (C‑345/04, Slg. 2007, I‑1425, Randnr. 23), und vom 11. September 2008, Eckelkamp u. a. (C‑11/07, Slg. 2008, I‑6845, Randnr. 50).


    17 – Die in der vorhergehenden Fußnote zitierte Rechtsprechung sowie Almendral, V., „La tributación del no residente comunitario: entre la armonización fiscal y el derecho tributario internacional“, EUI Working Papers LAW 2008/25, S. 17 bis 21 und 23 bis 26.


    18 – Almendral, V., a. a. O., S. 21, unterstreicht, dass die Rechtsprechung offen bleibe, da der an die Einnahmen anknüpfende Abzug nicht objektiv vom persönlichen Abzug unterschieden werde (weil es der Gerichtshof nicht will oder nicht kann).


    19 – Der Gerichtshof hat den Staaten, immer unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts, Kompetenzen auf dem Gebiet der direkten Besteuerung zugestanden. Urteile vom 15. Mai 1997, Futura Participations und Singer (C‑250/95, Slg. 1997, I‑2471, Randnr. 19), vom 26. Oktober 1999, Eurowings Luftverkehr (C‑294/97, Slg. 1999, I‑7447, Randnr. 3)2, vom 28. Oktober 1999, Vestergaard (C‑55/98, Slg. 1999, I‑7641, Randnr. 15), vom 14. Dezember 2000, AMID (C‑141/99, Slg. 2000, I‑11619, Randnr. 19), und vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, Slg. 2005, I‑10837, Randnr. 29).


    20 – Dies hat in der mündlichen Verhandlung die Bevollmächtigte der niederländischen Regierung bestätigt.


    21 – Herr Gielen nimmt Bezug auf die Schlussanträge des Advocaat-Generaal des Hoge Raad im Ausgangsverfahren, in deren Nr. 6.2.3. festgestellt wird, dass „das Stundenkriterium nicht von dem Vorteil, der Selbständigen gewährt wird, getrennt werden kann … Die Vorgeschichte des Gesetzes zeigt im Wesentlichen, dass das Stundenkriterium das Ziel hat, zu verhindern, dass ‚falsche’ Unternehmer die den Selbständigen gewährten Vorteile in Anspruch nehmen, oder, mit anderen Worten, dass nur die ‚echten‘ Unternehmer den Anspruch auf die im Gesetz vorgesehenen Abzüge wahrnehmen.“


    22 – Randnr. 10 der schriftlichen Erklärungen der Kommission.


    23– Wouters, J., „The Principle of Non-discrimination in European Community Law“, European Community Tax Review, Nr. 2, 1999, S. 102, Peters, C., und Snellaars, M., „Non-discrimination and Tax Law: Structure and Comparison of the Various Non-discrimination Clauses“, European Community Tax Review, Nr. 1, 2001, S. 13, und Zalasinski, A., „The Limits of the EC Concept of 'Direct Tax Restriction on Free Movement Rights', the Principles of Equality and Ability to Pay, and the Interstate Fiscal Equity“, Intertax, Bd. 37, Nr. 5, S. 283.


    24– Dies hat der Gerichtshof schon früh in seiner Rechtsprechung festgestellt. Vgl. u. a. Urteile vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat (C‑280/93, Slg. 1994, I‑4973, Randnrn. 89 und 90), vom 12. November 1996, Vereinigtes Königreich/Rat (C‑84/94, Slg. 1996, I‑5755, Randnr. 58), vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech (C‑284/95, Slg. 1998, I‑4301, Randnr. 37), und Bettati (C‑341/95, Slg. 1998, I‑4355, Randnr. 35), vom 19. November 1998, Vereinigtes Königreich/Rat (C‑150/94, Slg. 1998, I‑7235, Randnr. 53), vom 17. Juli 1997, SAM Schiffahrt und Stapf (C‑248/95 und C‑249/95, Slg. 1997, I‑4475), vom 15. Dezember 2005, Griechenland/Kommission (C‑86/03, Slg. I‑10979, Randnr. 88), und vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique und Lorraine u. a. (C‑127/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 57).


    25– Wie Generalanwalt Poiares Maduro in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Arcelor schreibt: „Es gehört nun zur eigentlichen Natur des Gesetzgebungsexperiments, dass es in ein Spannungsverhältnis zum Gleichheitsgrundsatz tritt.“ (Nr. 46). Siehe auch Rubio Llorente, F., „Juez y ley desde el punto de vista del principio de igualdad“, in La forma del poder, Ed. CEPC, Madrid, 1997, S. 642.


    26 – García Prats, A., Imposición directa, no discriminación y derecho comunitario, Ed. Tecnos, Madrid, 1998, S. 222 bis 224.


    27 – Vgl. in diesem Sinne die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 18. März 2009 in der Rechtssache HSBC Holdings (C‑569/07, Slg. 2009, I‑0000, Nrn. 71 und 72).


    28 – Pistone, P., The Impact of Community Law on Tax Treaties: Issues and Solutions, Kluwer, Den Haag-London-New York, 2002, S. 197 bis 200.


    29 – Zur Sprachenregelung hat die Vertreterin der niederländischen Regierung in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Steuerverwaltung ihres Lands neben niederländischsprachigen auch in „gängigen Sprachen“ verfasste Dokumente und Mitteilungen entgegennehme, allerdings nur informell und ohne irgendeine gesetzliche Garantie. Insoweit hat die Vertreterin keine Informationen über die tatsächliche Situation einer Person beigebracht, die sich in einer anderen Sprache als dem Niederländischen an die niederländischen Behörden wenden muss. Der Vertreter von Herrn Gielen hat jedoch dem Gerichtshof dargelegt, dass in den Niederlanden die Kontaktaufnahme mit den Steuerbehörden in der Amtssprache erfolgen muss, was mir glaubhafter erscheint.


    30 – Urteil vom 15. Mai 1997, Futura Participations und Singer (C‑250/95, Slg. 1997, I‑2471, Randnr. 25).


    31 – Dieser Standpunkt der niederländischen Behörden wird auch in den schriftlichen Erklärungen von Herrn Gielen aufgenommen, in denen daran erinnert wird, dass die parlamentarischen Vorarbeiten für das Einkommensteuergesetz eine analoge Rechtfertigung haben: dem Urteil Schumacker nachzukommen und eine Besteuerungsregelung für Gebietsfremde zu begründen, die vorteilhafter ist als die, die in jener Entscheidung untersucht wurde [MvT Kamerstukken (Parlamentsdokumente) II 1998/99, Nrn. 3, S. 79 und 80 (das Zitat ist den schriftlichen Erklärungen von Herrn Gielen, S. 11, entnommen)].


    32 – Lenaerts, K., und Bernardeau, L., „L’encadrement communautaire de la fiscalité directe“, Cahiers de droit européen, Nrn. 1 und 2, 2007, S. 77 bis 80.


    33 – Die hier untersuchte niederländische Regelung sieht eine unbedingte Option für gebietsfremde Selbständige vor. Mehrere Mitgliedstaaten haben zwar Optionsregeln wie die niederländische eingeführt, allerdings beschränkt auf Personen, die einen hohen Prozentsatz ihrer Einkünfte in einem Land der Gemeinschaft erzielen, in dem sie nicht ansässig sind. Zu dieser Maßnahme hatte die Kommission in ihrer Empfehlung 94/79/EG vom 21. Dezember 1993 betreffend die Besteuerung bestimmter Einkünfte, die von Nichtansässigen in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Wohnsitzes erzielt werden (ABl. 1994, L 39, S. 22) ermuntert, in der sie ausführte, dass sich ein gebietsfremder Steuerzahler für die Regelung für die Gebietsansässige entscheiden können sollte, wenn er mehr als 75 % seiner Einkünfte im Quellenstaat erzielt.


    34 – Terra, B.J.M., und Wattel, P.J., European Tax Law, 4. Aufl., Kluwer, Deventer, 2005, S. 80 bis 82.

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