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Document 62007TJ0334

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 19. November 2009.
    Denka International BV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Pflanzenschutzmittel - Wirkstoff Dichlorvos - Nichtaufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG - Bewertungsverfahren - Gutachten eines wissenschaftlichen Gremiums der EFSA - Einrede der Rechtswidrigkeit - Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1490/2002 - Vorlage neuer Studien und Daten im Lauf des Bewertungsverfahrens - Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 451/2000 - Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 - Vertrauensschutz - Verhältnismäßigkeit - Gleichbehandlung - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Verteidigungsrechte - Subsidiaritätsgrundsatz - Art. 95 Abs. 3 EG, Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414.
    Rechtssache T-334/07.

    Sammlung der Rechtsprechung 2009 II-04205

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2009:453

    URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

    19. November 2009 ( *1 )

    „Pflanzenschutzmittel — Wirkstoff Dichlorvos — Nichtaufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG — Bewertungsverfahren — Gutachten eines wissenschaftlichen Gremiums der EFSA — Einrede der Rechtswidrigkeit — Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1490/2002 — Vorlage neuer Studien und Daten im Lauf des Bewertungsverfahrens — Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 451/2000 — Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 — Berechtigtes Vertrauen — Verhältnismäßigkeit — Gleichbehandlung — Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung — Verteidigungsrechte — Subsidiaritätsgrundsatz — Art. 95 Abs. 3 EG, Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414“

    In der Rechtssache T-334/07

    Denka International BV mit Sitz in Barneveld (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem,

    Klägerin,

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Doherty und L. Parpala als Bevollmächtigte,

    Beklagte,

    wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2007/387/EG der Kommission vom 6. Juni 2007 über die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff (ABl. L 145, S. 16)

    erlässt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

    unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters S. Soldevila Fragoso,

    Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2009

    folgendes

    Urteil

    Rechtlicher Rahmen

    Richtlinie 91/414/EWG

    1

    Mit der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) wird die Gemeinschaftsregelung für die Zulassung und die Aufhebung der Zulassung des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln aufgestellt.

    2

    Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 sieht vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … dafür Sorge [tragen], dass ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen wird, wenn … seine Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt … sind“.

    3

    Die Voraussetzungen für die Aufnahme der Wirkstoffe in Anhang I sind in Art. 5 der Richtlinie 91/414 festgelegt:

    „(1)   Ein Wirkstoff wird nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse für einen anfänglichen Zeitraum von höchstens zehn Jahren in Anhang I aufgenommen, wenn angenommen werden kann, dass die diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel folgende Voraussetzungen erfüllen:

    a)

    ihre bei Anwendung gemäß guter Pflanzenschutzpraxis entstandenen Rückstände haben keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf das Grundwasser bzw. keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt und können, soweit toxikologisch oder ökologisch signifikant, mit allgemein gebräuchlichen Methoden gemessen werden,

    b)

    ihre Anwendung gemäß guter Pflanzenschutzpraxis hat keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b) Ziffern iv) und v).

    …“

    4

    Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 bestimmt:

    „Die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I wird nach dem Verfahren des Artikels 19 beschlossen.

    Nach diesem Verfahren wird auch über folgendes entschieden:

    die etwaigen Voraussetzungen für diese Aufnahme,

    …“

    5

    Für Wirkstoffe, die nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgeführt sind, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine vorübergehende Ausnahmeregelung in Anspruch genommen werden. Gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 konnte ein Mitgliedstaat während eines Zeitraums von zwölf Jahren vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie 91/414 an zulassen, dass in seinem Gebiet Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht werden, die nicht in Anhang I aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie 91/414, d. h. am 25. Juli 1993, bereits im Handel waren. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sollte mit einem Arbeitsprogramm für die schrittweise Prüfung dieser Wirkstoffe beginnen. Später konnte dann entschieden werden, ob der Wirkstoff in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen werden konnte oder nicht. Die Mitgliedstaaten mussten sicherstellen, dass die betreffenden Zulassungen je nachdem erteilt, widerrufen oder geändert würden.

    6

    Dieser Zeitraum von zwölf Jahren wurde durch Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1335/2005 der Kommission vom 12. August 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2076/2002 sowie der Entscheidungen 2002/928/EG, 2004/129/EG, 2004/140/EG, 2004/247/EG und 2005/303/EG hinsichtlich des in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 genannten Zeitraums und der weiteren Verwendung bestimmter, in deren Anhang I nicht aufgeführter Wirkstoffe (ABl. L 211, S. 6) für Wirkstoffe, die auf der in der Verordnung (EG) Nr. 451/2000 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen für die zweite und dritte Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 (ABl. L 55, S. 25) vorgesehenen zweiten Stufe bewertet werden, bis zum verlängert.

    Verordnung Nr. 451/2000

    7

    Die Verordnung Nr. 451/2000, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1490/2002 der Kommission vom 14. August 2002 mit weiteren Durchführungsbestimmungen für die dritte Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 und zur Änderung der Verordnung Nr. 451/2000 (ABl. L 224, S. 23), regelt für mehrere Wirkstoffe das Bewertungsverfahren mit Blick auf ihre etwaige Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414. Zu diesen Wirkstoffen gehört Dichlorvos.

    8

    Das Verfahren nach der Verordnung Nr. 451/2000 beginnt mit einem Antrag nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung, den der Hersteller, der die Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 wünschte, spätestens bis 31. August 2000 an den in Anhang I der Verordnung bezeichneten Bericht erstattenden Mitgliedstaat (im Folgenden: BEMS), für Dichlorvos die Italienische Republik, zu richten hatte.

    9

    Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 hat jeder Antragsteller dem BEMS eine Zusammenfassung sowie die vollständigen Unterlagen gemäß Art. 6 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung zu übermitteln.

    10

    Die Frist für die Einreichung dieser Unterlagen sowie maßgeblicher Informationen, die zur Bewertung der Wirkstoffe beitragen können, wurde nach Art. 5 Abs. 4 Buchst. c und d der Verordnung Nr. 451/2000 in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 703/2001 der Kommission vom 6. April 2001 zur Festlegung der Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, die auf der zweiten Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 zu prüfen sind, und zur Revision der Liste der Berichterstattermitgliedstaaten für diese Wirkstoffe (ABl. L 98, S. 6) auf den festgelegt.

    11

    Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 hat der BEMS der Kommission binnen sechs Monaten nach Erhalt aller Unterlagen für einen Wirkstoff Bericht über deren Vollständigkeit zu erstatten. Bei einem Wirkstoff, für den die Unterlagen als vollständig anerkannt werden, führt der BEMS deren Bewertung durch.

    12

    Die eigentliche Bewertungsphase ist in Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 in der durch Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002 geänderten Fassung geregelt.

    13

    Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 sieht vor:

    „Der [BEMS] bewertet nur Wirkstoffe und erstattet Bericht über sie, wenn bei wenigstens einem Satz Unterlagen festgestellt wurde, dass sie … vollständig sind. … Er schickt den Entwurf seiner Bewertung der Unterlagen möglichst bald, spätestens aber zwölf Monate, nachdem die Unterlagen für vollständig erklärt wurden, an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit …

    Gleichzeitig übermittelt der [BEMS] eine Empfehlung an die Kommission,

    den Wirkstoff in den Anhang I der Richtlinie [91/414] aufzunehmen, wobei die Bedingungen dieser Aufnahme anzugeben sind, oder

    ihn nicht in Anhang I der Richtlinie [91/414] aufzunehmen, wobei die Gründe für die Nichtaufnahme anzugeben sind.

    …“

    14

    Gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 451/2000 in der geänderten Fassung ist in diesem Stadium der Bewertung „die Einreichung neuer Studien“ grundsätzlich nicht zulässig. Jedoch kann der BEMS „die Antragsteller auffordern, weitere Daten zu liefern, die zur Klärung der Unterlagen notwendig sind“, und setzt in diesem Fall „einen Termin, bis zu dem die entsprechenden Angaben zu erbringen sind“.

    15

    Gemäß Art. 8 Abs. 5 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 „lässt [die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit] den Entwurf eines Bewertungsberichts des Berichterstatters unter den Mitgliedstaaten zirkulieren und veranstaltet gegebenenfalls eine Anhörung von Sachverständigen, einschließlich derjenigen des [BEMS]“. Bei diesem Verfahrensstand bestimmt Art. 8 Abs. 5 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 451/2000 in der geänderten Fassung:

    „Unbeschadet von Artikel 7 der Richtlinie [91/414] wird die Übermittlung neuer Studien nicht akzeptiert. Der [BEMS] kann die Antragsteller im Einvernehmen mit der [Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit] auffordern, weitere Daten zu liefern, die nach Auffassung des [BEMS] oder der [Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit] zur Klärung der Unterlagen notwendig sind.“

    16

    Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 sieht vor:

    „Die [Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit] bewertet den Entwurf des Bewertungsberichts des Berichterstatters und übermittelt der Kommission spätestens ein Jahr nach Erhalt des Entwurfs einer Bewertung vom [BEMS] ihre Stellungnahme zur Frage, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie [91/414] erfüllen wird. Gegebenenfalls bezieht die [Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit] Stellung zu den möglichen Optionen, die angeblich den Sicherheitsanforderungen genügen. …“

    17

    Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 bestimmt:

    „Spätestens sechs Monate nach Erhalt der Stellungnahme der [Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit] gemäß Absatz 7 erarbeitet die Kommission die Schlussfassung des Entwurfs eines Prüfberichts. [Sie] unterbreitet … dem Ausschuss entweder:

    a)

    den Entwurf einer Richtlinie zur Aufnahme des Wirkstoffs in den Anhang I der Richtlinie [91/414], wobei erforderlichenfalls die Bedingungen, einschließlich der Frist, für diese Aufnahme anzugeben sind, oder

    b)

    den an die Mitgliedstaaten gerichteten Entwurf einer Entscheidung, um die Zulassung der Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff enthalten, gemäß Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 4 der Richtlinie [91/414] zurückzuziehen, was bedeutet, dass dieser Wirkstoff nicht in den Anhang I der Richtlinie [91/414] aufgenommen wird. Dabei sind die Gründe für die Nichtaufnahme anzugeben.

    …“

    Verordnung (EG) Nr. 178/2002

    18

    Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31, S. 1) sieht vor:

    „Der Wissenschaftliche Ausschuss und die ständigen Wissenschaftlichen Gremien sind in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich verantwortlich für die Erstellung der wissenschaftlichen Gutachten der [Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit] und haben die Möglichkeit, bei Bedarf öffentliche Anhörungen zu veranstalten.“

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    19

    Die Klägerin, die Denka International BV, ist eine Gesellschaft, die Dichlorvos und Pflanzenschutzmittel auf Dichlorvosbasis vertreibt.

    20

    Dichlorvos ist ein Wirkstoff, der als Organophosphatinsektizid bei der Behandlung in Treibhäusern und der Nacherntebehandlung in Lagerräumen verwendet wird.

    21

    Am 20. April 2000 übermittelte die Klägerin der Kommission einen Antrag auf Aufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414.

    22

    Am 17. April 2002 legte die Klägerin dem BEMS ihre Unterlagen vor. Nachdem der BEMS um nähere Angaben dazu gebeten hatte, erklärte er die Unterlagen am für vollständig und nahm die Bewertung gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 vor.

    23

    Am 20. Oktober 2003 legte der BEMS der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Entwurf seines Bewertungsberichts (im Folgenden: EBB) vor. Hauptsächlich wegen zahlreicher fehlender Daten empfahl der EBB die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414.

    24

    Am 21. Juni 2004 übermittelte die EFSA den Mitgliedstaaten und der Klägerin den EBB. Daraufhin reichte die Klägerin am einen Sachverständigenbericht über die chronische Toxizität sowie ihre Stellungnahme zum EBB ein. Mit der Übermittlung des EBB beginnt die in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehene Kollegialprüfung, der sogenannte Peer-Review.

    25

    In diesem Zusammenhang fand am 9. Februar 2005 ein Bewertungsgespräch zwischen den Mitgliedstaaten, der EFSA und der Klägerin statt.

    26

    Im Mai 2005 veröffentlichte der BEMS einen Nachtrag zum EBB, in dem, wie in dem Gespräch am 9. Februar 2005 vereinbart, der Sachverständigenbericht über die chronische Toxizität sowie die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten und der Klägerin mitberücksichtigt wurden. In diesem Nachtrag wurde darauf hingewiesen, dass ungeachtet der von der Klägerin vorgelegten Daten, Fragen vor allem zur Langzeittoxizität und der Mutagenität von Dichlorvos weiterhin offen seien. Seine Empfehlung zur Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414 hielt der BEMS in diesem Nachtrag aufrecht.

    27

    Vom 27. Juni bis 1. Juli 2005 fand eine Sitzung der Koordinierungsgruppe für die von der EFSA vorgenommene Kollegialprüfung von Pestiziden (im Folgenden: EPCO) statt, in der die Toxizität von Dichlorvos geprüft wurde. In dieser Sitzung sah sich die EPCO nicht in der Lage, zu einer endgültigen Meinung vor allem über die Mutagenität und die Karzinogenität von Dichlorvos zu gelangen. Daher wurde beschlossen, einem der wissenschaftlichen Gremien der EFSA, dem Gremium für Pflanzengesundheit, Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände (im Folgenden: PPR-Gremium), zwei Fragen vorzulegen. Zum einen wollte die EPCO von dem PPR-Gremium wissen, ob die Wirkungsweise und ein Schwellenwert für die Entstehung von Tumoren durch Dichlorvos festgestellt werden könnten, und zum anderen, ob die bei Ratten und Mäusen beobachteten Tumoren für die Bewertung der Wirkungen von Dichlorvos auf die menschliche Gesundheit relevant seien.

    28

    Das PPR-Gremium legte am 1. April 2006 ein Gutachten vor, das am auf der Sitzung der Vertreter der Mitgliedstaaten und der EFSA zur endgültigen Bewertung von Dichlorvos geprüft wurde.

    29

    Am 12. Mai 2006 schloss die EFSA ihren „Bericht zum Peer-Review der Risikobewertung von Pestiziden mit dem Wirkstoff Dichlorvos“ (im Folgenden: Bericht der EFSA) ab und übermittelte ihn gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 der Kommission.

    30

    Am 22. Juni 2006 nahm die Klägerin zum Bericht der EFSA Stellung.

    31

    Der Bericht der EFSA und das Gutachten des PPR-Gremiums wurden von den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit geprüft. Eine erste Sitzung dieses Ausschusses fand am 14. Juli 2006 statt. Im Rahmen einer zweiten Sitzung am 28. und erstellte die Kommission ihren Bewertungsbericht über Dichlorvos, in dem sie vorschlug, diesen Wirkstoff nicht in Anhang I der Richtlinie aufzunehmen.

    32

    Am 6. Juni 2007 erließ die Kommission die Entscheidung 2007/387/EG über die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414 und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff (ABl. L 145, S. 16, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

    33

    Die angefochtene Entscheidung sieht in ihrem Art. 1 vor, dass Dichlorvos nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen wird. Nach Art. 2 werden daher die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln, die Dichlorvos enthalten, bis 6. Dezember 2007 widerrufen und ab dem keine Zulassungen für solche Produkte gewährt oder erneuert. Gemäß ihrem Art. 4 ist die angefochtene Entscheidung an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    34

    Die Gründe für die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414 werden im fünften Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben:

    „Bei der Prüfung dieses Wirkstoffes wurden einige bedenkliche Aspekte ermittelt. Insbesondere konnte auf der Grundlage der verfügbaren toxikologischen Daten und unter Berücksichtigung der Unsicherheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften des Wirkstoffes sowie angesichts der insgesamt dürftigen Qualität der Unterlagen nicht nachgewiesen werden, dass die geschätzte Exposition des Anwenders, der Arbeiter und der Umstehenden hinnehmbar ist.“

    Verfahren und Anträge der Parteien

    35

    Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 31. August 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

    36

    Die Klägerin beantragt,

    die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

    die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

    der Kommission die gesamten Verfahrenskosten sowie Entschädigungs- und Verzugszinsen in Höhe von 8% aufzuerlegen.

    37

    Die Kommission beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

    Rechtliche Würdigung

    38

    Die Klägerin stützt ihre Klage auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit und auf neun Nichtigkeitsgründe. Mit der Einrede wird die Rechtswidrigkeit des Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002 geltend gemacht. Mit dem ersten Nichtigkeitsgrund wird ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000, Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2000 und Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 gerügt, mit dem zweiten das Fehlen einer objektiven wissenschaftlichen Grundlage für die angefochtene Entscheidung, mit dem dritten ein Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414, mit dem vierten eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Verteidigungsrechte, mit dem fünften ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, mit dem sechsten ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Pflicht zur höchsten Fachkompetenz und Unabhängigkeit wissenschaftlicher Gutachten, mit dem siebten ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, mit dem achten ein Verstoß gegen Art. 95 EG, Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 und mit dem neunten ein Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität und Art. 5 EG.

    Zur Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002

    Vorbringen der Parteien

    39

    Die Klägerin erhebt die Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002, der sie in ihren Rechten und berechtigten Erwartungen erheblich verletzt habe, indem er ein Tätigwerden der EFSA bei den Bewertungsverfahren von Wirkstoffen vorsehe, die, wie Dichlorvos, auf der zweiten Stufe des Arbeitsprogramms bewertet würden. Diese bedeute eine zusätzliche obligatorische Stufe bei der Bewertung von Wirkstoffen, die nach der früheren Regelung freiwillig gewesen sei. Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002 müsse für rechtswidrig und auf die Klägerin nicht anwendbar erklärt werden, da diese Bestimmung auf das Bewertungsverfahren für Dichlorvos rückwirkend angewandt worden sei.

    40

    Nach dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des Rückwirkungsverbots gälten für das Bewertungsverfahren für Dichlorvos in Anwendung der Richtlinie 91/414 die Vorschriften, die bei Verfahrenseröffnung in Kraft gewesen seien. Die rückwirkende Geltung rechtlicher Maßnahmen könne nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn ein guter Grund dafür vorliege und die berechtigten Erwartungen der Wirtschaftsteilnehmer nicht beeinträchtigt würden.

    41

    Weder die Richtlinie 91/414 noch die Verordnung Nr. 451/2000, noch Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002 enthielten eine Erklärung, die es erlauben würde, ein rückwirkendes Eingreifen der EFSA in laufende Bewertungsverfahren zu rechtfertigen. Darüber hinaus sei das berechtigte Vertrauen der Klägerin verletzt worden, da sie das Tätigwerden einer bestimmten Einrichtung wie der EFSA im Bewertungsverfahren ebenso wenig habe vorhersehen können wie die verspätete Kollegialprüfung des EBB.

    42

    Die Kommission macht geltend, die von der Klägerin erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit sei als unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch das Gericht

    43

    Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Bestimmungen des Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 durch Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002 geändert worden sind. Während die Wirkstoffe vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1490/2002 von dem BEMS und der Kommission bewertet wurden, die gemäß Art. 8 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 451/2000 „eine Anhörung von Sachverständigen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten veranlassen [konnte]“, wurde die EFSA durch die Verordnung Nr. 1490/2002 an der Bewertung der Wirkstoffe beteiligt. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 in der geänderten Fassung schickt der BEMS den EBB für Wirkstoffe, bezüglich deren die Vollständigkeit der Unterlagen festgestellt wurde, an die EFSA, die den EBB gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung bewertet und der Kommission ihre Stellungnahme zur Vereinbarkeit des Wirkstoffs mit den Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 91/414 übermittelt.

    44

    Zum ersten Klagegrund, der rückwirkenden Anwendung des Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002, ist sodann festzustellen, dass in der Verordnung Nr. 1490/2002 keinerlei rückwirkende Anwendung ihrer Vorschriften, insbesondere nicht ihres Art. 20, vorgesehen ist. Gemäß Art. 21 der Verordnung ist diese am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, d. h. am 28. August 2002, in Kraft getreten, und ihre Bestimmungen waren ab diesem Zeitpunkt unmittelbar anwendbar.

    45

    Insofern ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die materiell-rechtlichen Gemeinschaftsvorschriften dahin auszulegen sind, dass sie grundsätzlich nicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte gelten, wohingegen die Verfahrensvorschriften unmittelbar anwendbar sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2007, SP u. a./Kommission, T-27/03, T-46/03, T-58/03, T-79/03, T-80/03, T-97/03 und T-98/03, Slg. 2007, II-4331, Randnr. 116 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    46

    Die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1490/2002, die eine Beteiligung der EFSA am Verfahren der Bewertung von Wirkstoffen vorsehen, stellen Verfahrensregeln dar, die nach der in Randnr. 45 angeführten Rechtsprechung unmittelbar anwendbar sind.

    47

    Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass die sofortige Anwendung der neuen Vorschriften des Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 auf laufende Bewertungsverfahren für Wirkstoffe rechtswidrig sei. Wegen der unmittelbaren Anwendbarkeit der Verfahrensregeln ist insofern auch keine besondere Begründung in der Verordnung Nr. 1490/2002 erforderlich.

    48

    Was zweitens die Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes anbelangt, darf dessen Anwendungsbereich nach ständiger Rechtsprechung nicht so weit ausgedehnt werden, dass die Anwendung einer neuen Regelung auf die künftigen Auswirkungen von unter der Geltung der früheren Regelung entstandenen Sachverhalten schlechthin ausgeschlossen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 1988, Spanien/Rat, 203/86, Slg. 1988, 4563, Randnr. 19, vom , Butterfly Music, C-60/98, Slg. 1999, I-3939, Randnr. 25, und vom , Pokrzeptowicz-Meyer, C-162/00, Slg. 2002, I-1049, Randnr. 55).

    49

    Außerdem hat erstens die Verordnung Nr. 1490/2002 das Bewertungsverfahren für Wirkstoffe in der Praxis nicht um eine weitere Stufe erweitert. Denn wie oben in Randnr. 43 ausgeführt, sah Art. 8 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 451/2000 vor seiner Änderung durch die Verordnung Nr. 1490/2002 vor, dass die Kommission „eine Anhörung von Sachverständigen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten veranlassen [kann]“. Davon ausgehend musste die Klägerin, als sie ihre Unterlagen beim BEMS einreichte, daher damit rechnen, dass eine Kollegialprüfung stattfinden werde.

    50

    Da die Verordnung Nr. 178/2002 am 1. Februar 2002 veröffentlicht worden ist, musste die Klägerin zweitens, vor allem angesichts der Erwägungsgründe 34 und 36 sowie des Art. 22 dieser Verordnung, damit rechnen, dass die EFSA im Verfahren der Bewertung von in Pflanzenschutzmitteln enthaltenen Wirkstoffen mit einer wissenschaftlichen Stellungnahme beauftragt würde. Die Klägerin konnte daher kein berechtigtes Vertrauen dahin gehend haben, dass die EFSA nicht an der Bewertung beteiligt werde.

    51

    Die Einrede der Rechtswidrigkeit ist daher zurückzuweisen.

    Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000, Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 und Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000

    Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    52

    Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die EFSA hätte der Kommission ihren Bericht gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 im Oktober 2004 übermitteln müssen. Sie habe der Kommission den Bericht jedoch erst im Mai 2006 übermittelt. Daher habe die EFSA ihre Bewertung in einem Zeitraum durchgeführt, in dem sie hierzu rechtlich nicht befugt gewesen sei und für den sie nicht über eine ordnungsgemäße Ermächtigung durch die Kommission oder ein anderes Gemeinschaftsorgan verfügt habe. Die EFSA habe folglich ihre Kompetenzen überschritten.

    53

    Da der Bericht der EFSA gemäß Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 die Grundlage der angefochtenen Entscheidung gebildet habe, beeinträchtige der Verfahrensfehler, mit dem dieser Bericht behaftet sei, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Hätte die EFSA nämlich die Frist gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 eingehalten, wäre die angefochtene Entscheidung anders ausgefallen, da die Kommission den EBB der EFSA oder einer anderen unabhängigen wissenschaftlichen Einrichtung zum späteren Peer-Review erneut hätte vorlegen müssen. Der BEMS hätte der Klägerin daher seine Bedenken mitteilen können, und dadurch wäre dieser eine längere Frist eingeräumt worden, um den EBB zu prüfen und neue Studien durchzuführen oder weitere bestätigende Daten vorzulegen.

    54

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen sei.

    — Würdigung durch das Gericht

    55

    Es ist daran zu erinnern, dass die EFSA den EBB gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 bewertet und der Kommission spätestens ein Jahr nach Erhalt des EBB ihre Stellungnahme zu der Frage übermittelt, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 91/414 erfüllen wird. Im vorliegenden Fall hat die EFSA diese Frist nicht eingehalten. Sie hat den EBB am 20. Oktober 2003 erhalten, der Kommission ihre Stellungnahme aber erst am übermittelt.

    56

    Selbst unter der Annahme, dass die Frist des Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 zwingend ist, würde die Überschreitung dieser Frist die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nur beeinträchtigen, wenn erwiesen wäre, dass die Entscheidung ohne diese Unregelmäßigkeit inhaltlich anders hätte ausfallen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 1986, Bernardi/Parlament, 150/84, Slg. 1986, 1375, Randnr. 28, und Urteil des Gerichts vom , Degussa/Kommission, T-279/02, Slg. 2006, II-897, Randnr. 416).

    57

    Die Klägerin behauptet, dies sei der Fall, da die Kommission den EBB der EFSA oder einer anderen unabhängigen wissenschaftlichen Einrichtung zu einem neuen Peer-Review hätte vorlegen müssen, wenn die EFSA die Frist nach Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 eingehalten hätte. Der BEMS hätte der Klägerin daher seine Bedenken mitteilen können, wodurch dieser eine längere Frist eingeräumt worden wäre, um den EBB zu prüfen und neue Studien durchzuführen oder weitere bestätigende Daten vorzulegen.

    58

    Sowohl der EBB als auch sein Anhang und der Bericht der EFSA belegen indessen, dass die Unterlagen in der von der Klägerin vorgelegten Form nicht alle notwendigen Informationen für eine befriedigende Beurteilung der schädlichen Wirkungen von Dichlorvos enthielten. Wenn die EFSA nach einem mehrere Monate dauernden Meinungs- und Informationsaustausch am 12. Mai 2006 schließlich nicht zu dem Ergebnis gelangt ist, Dichlorvos sei unschädlich, hätte sie angesichts der Unvollständigkeit der übermittelten Unterlagen umso weniger zu einem anderen Ergebnis gelangen können, wenn sie ihren Bericht innerhalb der Frist von einem Jahr nach der Übermittlung des EBB abgegeben hätte. Der BEMS hätte, im Gegenteil, nicht, wie im Mai 2005 geschehen, einen Anhang zum EBB einreichen können.

    59

    Zudem sieht die Verordnung Nr. 451/2000 entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht vor, dass die Kommission den EBB der EFSA oder einer anderen unabhängigen wissenschaftlichen Einrichtung zu einem neuen Peer-Review vorlegen kann. Zum einen folgt aus Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung, dass die Kommission keine Befugnis besitzt, den EBB vorzulegen. Dies ist allein Sache des BEMS, der den EBB der EFSA spätestens zwölf Monate, nachdem die Unterlagen für vollständig erklärt wurden, vorlegen muss. Zum anderen ist die Vorlage eines neuen EBB gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 451/2000 nur ausnahmsweise möglich, wenn das Dokument die von der Kommission empfohlenen Anforderungen an das Format offensichtlich nicht erfüllt. In diesem Fall kann die Kommission mit der EFSA und dem BEMS eine Frist für die Vorlage eines geänderten EBB vereinbaren, die gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 451/2000 vier Monate nicht überschreiten darf. Das Vorbringen der Klägerin, wonach die Kommission den EBB der EFSA oder einer anderen wissenschaftlichen Einrichtung wieder hätte vorlegen müssen, wenn der Bericht der EFSA fristgerecht abgegeben worden wäre, und ihr eine längere Frist gewährt worden wäre, um neue Studien durchzuführen, geht somit fehl.

    60

    Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    61

    Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes führt die Klägerin aus, die EPCO habe dem PPR-Gremium gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 bei der Prüfung von Dichlorvos nach der Richtlinie 91/414 Fragen zur Karzinogenität und zur Gentoxizität von Dichlorvos vorgelegt. Gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 stelle das vom PPR-Gremium verfasste Gutachten ein wissenschaftliches Gutachten der EFSA insgesamt dar. Dieses Gutachten hätte daher im Bericht der EFSA unverändert berücksichtigt werden müssen. Da der Bericht dem Gutachten des PPR-Gremiums widerspreche, liege ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 vor. Darüber hinaus entbehre die angefochtene Entscheidung, da der Bericht der EFSA ihre wissenschaftliche Grundlage bilde, jedes wissenschaftlichen und prozeduralen Fundaments und sei daher für nichtig zu erklären.

    62

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen sei.

    — Würdigung durch das Gericht

    63

    Das Vorbringen der Klägerin wirft im Wesentlichen zwei Fragen auf. Die erste betrifft die rechtliche Bedeutung des Gutachtens des PPR-Gremiums. Genauer gesagt ist zu bestimmen, ob dieses Gutachten für die EFSA bindend ist. Die zweite Frage, die sich nur stellt, wenn die erste bejaht wird, betrifft den Widerspruch, der zwischen dem Gutachten des PPR-Gremiums und dem Bericht der EFSA bestehen soll. Die beiden Fragen sind nacheinander zu prüfen.

    64

    Was erstens die rechtliche Bedeutung des Gutachtens des PPR-Gremiums anbelangt, ist zunächst die Rolle des PPR-Gremiums im Rahmen des Verfahrens zur Bewertung der Unterlagen zu klären, die die Hersteller, die die Aufnahme eines Wirkstoffs gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 in Anhang I der Richtlinie 91/414 wünschen, vorlegen.

    65

    Hierzu ist hervorzuheben, dass das PPR-Gremium in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt wird. So erstellt gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 der BEMS einen EBB, den er an die EFSA schickt. Nach Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung lässt die EFSA den EBB unter den Mitgliedstaaten zirkulieren und veranstaltet gegebenenfalls eine Anhörung von Sachverständigen. Nach Art. 8 Abs. 7 der Verordnung bewertet schließlich die EFSA den EBB und übermittelt der Kommission eine Stellungnahme zu der Frage, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 91/414 erfüllen wird.

    66

    Gleichwohl kann im Rahmen des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 451/2000 dem PPR-Gremium eine Rolle zukommen. Nach dieser Vorschrift hat die EFSA zur Bewertung des EBB eine Kollegialprüfung durchzuführen, und zwar durch die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls nationale Sachverständige. Zum Zweck der Rationalisierung dieser Prüfung hat die EFSA besondere Verfahren entwickelt. Diese Verfahren werden in dem Dokument „Procedure of the peer review of active substances used in plant protection products evaluated in the second stage of the review programme“ (Verfahren des Peer-Review von Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln, die auf der zweiten Stufe des Arbeitsprogramms bewertet werden) wiedergegeben. Die EFSA stellt darin vier Verfahrenstypen auf, zwischen denen sie je nach der Schwierigkeit des Sachverhalts wählen kann. Diese Verfahren werden innerhalb der EFSA von einer Abteilung, die den Peer-Review von Pestiziden koordiniert, der sogenannten PRAPeR (EFSA’s Pesticide Risk Assessment Peer Review), durchgeführt, die die zuvor von der EPCO wahrgenommenen Aufgaben übernommen hat. Im Rahmen des von der EFSA eigens für die Bewertung von Wirkstoffen, deren Unbedenklichkeit problematisch ist, entwickelten Verfahrens — einem der vier erwähnten Verfahrenstypen — legte die EFSA eine Rolle für das PPR-Gremium fest, das gemäß Art. 28 Abs. 4 der Verordnung Nr. 178/2002 gegründet worden ist. Denn im Hinblick auf diese Wirkstoffe sah sie die Einberufung von Sitzungen nationaler Sachverständiger sowie die Möglichkeit vor, das PPR-Gremium zu schwierigen Fragen anzuhören.

    67

    Es ist sodann zu bestimmen, ob das Gutachten des PPR-Gremiums für die EFSA bei der Erstellung ihres Berichts bindende Wirkung hat. Die Klägerin führt unter Bezugnahme auf Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 aus, dies sei der Fall.

    68

    Nach dieser Bestimmung „[sind] die ständigen Wissenschaftlichen Gremien … in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich verantwortlich für die Erstellung der wissenschaftlichen Gutachten der [EFSA]“. Es ist mit der Klägerin festzustellen, dass die EFSA nach dem Wortlaut dieser Bestimmung dem wissenschaftlichen Gutachten eines solchen Gremiums folgen muss, wenn sie ein solches einholt. Diese Auslegung wird durch die von der EFSA selbst festgelegten Regeln bestätigt: Bei Anhörung des PPR-Gremiums ist vorgesehen, dass der Bericht der oben in Randnr. 66 erwähnten Sitzungen nationaler Sachverständiger das Gutachten des Gremiums berücksichtigt. Eine Ausnahme von dieser Regel kommt nur in Betracht, wenn die EFSA über wissenschaftliche Daten verfügt, die ein Abweichen von diesem Gutachten rechtfertigen.

    69

    Gleichwohl ist klarzustellen, dass das Gutachten des PPR-Gremiums im Rahmen des Verfahrens zur Bewertung der Unterlagen, die die Hersteller, die die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 wünschen, vorgelegt haben, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mit der Stellungnahme der EFSA zu der Frage, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 91/414 erfüllen wird, verwechselt werden darf, die gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 erstellt wird. Wie bereits dargelegt, kann die PRAPeR das PPR-Gremium im Rahmen des genannten Verfahrens zu bestimmten besonders schwierigen Fragen in Fällen anhören, deren Bewertung sie koordiniert. Jedoch darf dies keinesfalls dazu führen, dass sich das PPR-Gremium für die Vorbereitung der in Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Stellungnahme an die Stelle der EFSA setzt.

    70

    Das Gutachten des PPR-Gremiums im Rahmen des in Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Verfahrens ist daher für die EFSA bindend, soweit es um Fragen geht, zu denen das Gremium angehört worden ist, vorbehaltlich jedoch der allgemeinen Risikobewertung des betreffenden Wirkstoffs.

    71

    Zweitens ist zu prüfen, ob das Gutachten des PPR-Gremiums nicht in dem Bericht der EFSA falsch oder widersprüchlich wiedergegeben ist. Insofern ist daran zu erinnern, dass das wissenschaftliche Gutachten des PPR-Gremiums auf Antrag der EPCO erstellt worden ist. Dem PPR-Gremium wurden zwei Fragen vorgelegt. Zum einen wollte die EPCO von dem Gremium wissen, ob die Wirkungsweise und ein Schwellenwert für die Entstehung von Tumoren durch Dichlorvos festgestellt werden könnten, und zum anderen, ob die bei Tieren beobachteten Tumoren für die Bewertung der Wirkungen von Dichlorvos auf die menschliche Gesundheit relevant seien.

    72

    Was die erste Frage anbelangt, unterschied das PPR-Gremium in seiner Antwort zwischen der Mutagenität und der Karzinogenität. Was die mögliche Wirkungsweise betrifft, bei der Dichlorvos genotoxisch sein könnte, wurde in dem Gutachten des PPR-Gremiums einerseits die In-vitro-Mutagenität von Dichlorvos und andererseits das Vorliegen bestimmter Beweise festgestellt, dass Dichlorvos am Kontaktpunkt in vivo mutagen sei; demgegenüber sei wenig darüber bekannt, wie diese Wirkung ausgelöst werde. Was die Karzinogenität von Dichlorvos anbelangt, hob das PPR-Gremium hervor, eine karzinogene Wirkung sei nur im Hinblick auf Tumoren festgestellt worden, die im Vormagen der Maus entdeckt worden seien. Nach Ansicht des PPR-Gremiums scheinen solche Tumoren auf hohe lokale Dichlorvoskonzentrationen über einen längeren Zeitraum zurückzuführen zu sein (verursacht durch das Stopfen der Tiere). Insofern sei es möglich, aber keineswegs sicher, dass diese Tumoren durch eine Veränderung der DNA der Zellen am Kontaktpunkt verursacht würden, was grundsätzlich bedeute, dass Tumoren an anderen Stellen auftreten könnten. Gleichwohl seien die zur Entwicklung von Tumoren notwendigen Dosen so hoch gewesen, dass das Auftreten solcher Tumoren an anderen Stellen wenig wahrscheinlich sei. Nach Auffassung des PPR-Gremiums gibt es daher einen Schwellenwert, unterhalb dessen keine karzinogene Reaktion eintreten kann.

    73

    Was die zweite Frage anbelangt, stellte das PPR-Gremium fest, dass eine erhebliche wissenschaftliche Unsicherheit in Bezug auf die Wirkungsweise und die Relevanz der durch Dichlorvos bei Mäusen herbeigeführten Tumoren des Vormagens bestehe, da es für den Vormagen der Maus keine Entsprechung beim Menschen gebe. Das PPR-Gremium wiederholte, dass das Auftreten dieser Tumoren anscheinend auf hohe und andauernde lokale Dichlorvoskonzentrationen zurückzuführen sei, obwohl eine DNA-Interaktion als kritische Phase bei der Entstehung dieser Tumoren nicht ausgeschlossen werden könne. Nach Auffassung des PPR-Gremiums scheinen die verfügbaren Beweise darauf hinzudeuten, dass diese Tumoren nicht bei dem Expositionsniveau entstehen, das mit der vorgeschlagenen Verwendung des Wirkstoffs erreicht wird, da eine schwere systemische Toxizität eintreten müsse, ehe sich Tumoren entwickelten.

    74

    Der Bericht der EFSA enthält eine genaue Zusammenfassung dieser Antworten. Zu Beginn dieser Zusammenfassung räumt die EFSA ein, dass nach dem Gutachten des PPR-Gremiums ein Schwellenwert, unterhalb dessen die Verwendung des Wirkstoffs Dichlorvos gefahrlos sei, theoretisch festgelegt werden könne. Da die Unterlagen jedoch keine belastbare Langzeitstudie über die Karzinogenität enthielten, könne man gleichwohl weder die „Konzentration, bei der keine schädlichen Wirkungen mehr beobachtet werden“ (NOAEL), festsetzen, noch ein Gesamtbild der toxikologischen Eigenschaften des Wirkstoffs erhalten. Daher bestätigt der Bericht der EFSA, dass im vorliegenden Fall kein solcher Schwellenwert bestimmt werden könne.

    75

    Nach alledem ist festzustellen, dass der Bericht der EFSA das Gutachten des PPR-Gremiums weder verzerrt noch verkennt. Die Tatsache, dass die EFSA in ihrem Bericht die Auffassung vertrat, dass die Bewertung der Risiken, die Dichlorvos für die menschliche Gesundheit darstelle, angesichts der Unsicherheiten im Hinblick auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften dieses Wirkstoffs nicht schlüssig sei, während das PPR-Gremium unterstrich, dass die zur Verfügung stehenden Beweise darauf hinzudeuten schienen, dass das Risiko der Mutagenität und der Karzinogenität gering sei, hängt unmittelbar mit der oben in Randnr. 69 getroffenen Feststellung zusammen, dass das PPR-Gremium zu bestimmten, besonders schwierigen Fragen der zu bewertenden Fälle angehört werden kann, was aber keinesfalls dazu führen darf, dass es sich für die Vorbereitung der in Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Stellungnahme an die Stelle der EFSA setzt. Während nämlich das PPR-Gremium die theoretisch gegebenen Risiken bewertet, ist es Sache der EFSA, bei ihrer Bewertung die praktischen Notwendigkeiten des Umgangs mit diesen Risiken zu berücksichtigen. Obwohl das PPR-Gremium die Risiken der Mutagenität und der Karzinogenität für theoretisch gering hielt, hieß es im vorliegenden Fall im Bericht der EFSA, die Risikobewertung sei wegen der Lücken in den von der Klägerin beigebrachten Unterlagen, die die Festlegung eines Schwellenwerts unmöglich machten, nicht schlüssig.

    76

    Somit ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    77

    Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Kommission sei nach der Rechtsprechung verpflichtet, den Mitgliedstaaten vor der Abstimmung im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit alle nützlichen Informationen für oder gegen die Aufnahme eines Wirkstoffs vorzulegen. Eine Missachtung dieser Pflicht stelle einen Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 dar.

    78

    Die Klägerin trägt hierzu vor, die Kommission habe dem sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zufolge alle ihre Stellungnahmen eingehend geprüft. Darunter befinde sich ihre Stellungnahme vom 22. Juni 2006 zu dem Bericht der EFSA. Da diese Stellungnahme den Mitgliedstaaten nicht übermittelt worden sei, habe die Kommission gegen ihre Verpflichtung aus Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 verstoßen, was die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung rechtfertige.

    79

    Auch wenn diese Stellungnahme, wie die Kommission behaupte, den Mitgliedstaaten am 11. September 2006 übermittelt worden sei, habe die Kommission, wie die Klägerin in der Erwiderung u. a. ausführt, die Nichtaufnahme von Dichlorvos erstmals in der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit vom vorgeschlagen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten hätten daher bei der ersten Prüfung des Kommissionsvorschlags keinen Zugang zu diesen Unterlagen gehabt. Außerdem hätten sie erst 17 Tage vor der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit vom , in der die angefochtene Entscheidung angenommen worden sei, Zugang zu den Unterlagen erhalten.

    80

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen sei.

    — Würdigung durch das Gericht

    81

    Zunächst ist hervorzuheben, dass die Kommission nach Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 spätestens sechs Monate nach Erhalt des Berichts der EFSA den Entwurf eines Prüfberichts sowie den Entwurf einer Richtlinie zur Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I oder den Entwurf einer Entscheidung, die darauf gerichtet ist, dass die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit dem betreffenden Wirkstoff widerrufen werden und dieser Wirkstoff daher nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen wird, vorlegen muss.

    82

    Im vorliegenden Fall geht unabhängig von der Frage, ob eine Verpflichtung der Kommission besteht, die Stellungnahme der Klägerin zu dem Bericht der EFSA unter den Mitgliedstaaten zirkulieren zu lassen, aus den Unterlagen hervor, dass die Stellungnahme der Klägerin vom 22. Juni 2006 den Mitgliedstaaten am mit Blick auf die Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit am und übermittelt worden ist. Selbst wenn eine erste Sitzung dieses Ausschusses, die nicht zu einer Entscheidung über die Aufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414 geführt hat, wie die Klägerin vorträgt, am stattgefunden hat, erfolgte die Abstimmung über die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414 in diesem Ausschuss erst in der Sitzung vom und . Daher wurde die Stellungnahme der Klägerin den Mitgliedstaaten früh genug mitgeteilt, um bei der Abstimmung berücksichtigt werden zu können.

    83

    Somit ist der dritte Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum zweiten Klagegrund: Fehlen einer wissenschaftlichen Rechtfertigung der angefochtenen Entscheidung

    Vorbringen der Parteien

    84

    Die Klägerin macht zunächst geltend, die Kommission verfüge nicht über ausreichende wissenschaftliche Informationen, um nach Maßgabe objektiver Erwägungen zu einem Verbot von Dichlorvos zu gelangen.

    85

    So trägt die Klägerin vor, die angefochtene Entscheidung beruhe im Wesentlichen auf der wissenschaftlichen Schlussfolgerung, dass die Mutagenität und die Karzinogenität von Dichlorvos nicht ausgeschlossen werden könnten. Diese Erkenntnis werde durch das Gutachten des PPR-Gremiums widerlegt, nach der von Dichlorvos kein karzinogenes oder genotoxisches Risiko ausgehe. Daher stehe der Wortlaut dieses Gutachtens, nach dem „[d]as PPR-Gremium … nach Prüfung sämtlicher ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zu dem Schluss gelangt [ist], dass es mit Ausnahme der Tumoren im Vormagen von Mäusen keinen überzeugenden Beweis für eine substanzbedingte Zunahme des Tumorvorkommens gibt“, im Widerspruch zu den Ergebnissen des Berichts der EFSA und der angefochtenen Entscheidung.

    86

    Das Gutachten des PPR-Gremiums sei rechtlich als ein solches der EFSA insgesamt zu verstehen.

    87

    Im Übrigen habe die Kommission wie die EFSA nur die Wahl, sich entweder dem Gutachten des PPR-Gremiums anzuschließen oder davon abzuweichen, wobei sie sich im letzteren Fall auf ein neues Gutachten des PPR-Gremiums oder einer wissenschaftlichen Einrichtung desselben Formats oder Niveaus stützen müssten. Insofern sei der Bericht der EFSA besonders zweifelhaft, da er nur fünf Tage nach der Übermittlung des Gutachtens des PPR-Gremiums erstellt worden sei, der selbst ein Jahr eingehender Prüfung erfordert habe. Außerdem habe sich die Kommission nicht auf die in dem Gutachten des PPR-Gremiums dargestellten glaubhaften wissenschaftlichen Erkenntnisse gestützt, dass Dichlorvos keine Mutagenität und Karzinogenität aufweise, und es gebe keine andere verlässliche Untersuchung für das Gegenteil. Schließlich werde das Gutachten des PPR-Gremiums in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt, und die Kommission trage nichts vor, was die Nichtbeachtung in der angefochtenen Entscheidung rechtfertige.

    88

    Zweitens sei der Bericht der EFSA, auch wenn er als gültige Grundlage der angefochtenen Entscheidung anzusehen sei, selbst fehlerhaft, da er nicht von der EFSA als unabhängige Einrichtung, die wissenschaftliche Stellungnahmen abgebe, erstellt worden sei, sondern als Koordinatorin der Expertensitzungen. Dies folge aus dem vierten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und dem Bericht der EFSA selbst.

    89

    Drittens seien die Wirkungen von Dichlorvos für die Bevölkerung im Allgemeinen und für die Umwelt bei der vorgeschlagenen Verwendung, d. h. einer Verwendung im Innenbereich bei Blumenzwiebeln, nicht relevant. Sowohl aus Gründen der Logik als auch aus wissenschaftlicher Sicht sei kein Risiko für die Bevölkerung oder für die Umgebung ersichtlich, wenn Dichlorvos nur im Innenbereich bei Blumenzwiebeln angewandt würde. Daher gebe es keine wissenschaftliche Rechtfertigung für die anhaltende Beschränkung in der angefochtenen Entscheidung, die auf hypothetischen Bedenken beruhe.

    90

    Soweit es viertens um die Behauptung der Kommission gehe, es sei wegen der lückenhaften Unterlagen unmöglich, eine ordnungsgemäße Risikobewertung vorzunehmen, macht die Klägerin in der Erwiderung geltend, der BEMS habe die Akten selbst für vollständig erklärt. Eine solche Entscheidung setze notwendigerweise voraus, dass die Unterlagen aus Sicht des BEMS alle nach der Richtlinie 91/414 für die Bewertung des Wirkstoffs erforderlichen Angaben enthielten. Der Umstand, dass die zuständigen Stellen die Unterlagen als vollständig angesehen und die Bewertung vorgenommen hätten, habe bei der Klägerin ein berechtigtes Vertrauen in die Tatsache hervorgerufen, dass alle erforderlichen Unterlagen vorlägen.

    91

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch das Gericht

    92

    Es ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie 91/414, wie aus ihren Erwägungsgründen 5, 6 und 9 hervorgeht, der Beseitigung der Hindernisse für den innergemeinschaftlichen Handel mit Pflanzenschutzmitteln unter Aufrechterhaltung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt sowie für die Gesundheit von Mensch und Tier dienen soll (Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 2006, Stichting Zuid-Hollandse Milieufederatie, C-138/05, Slg. 2006, I-8339, Randnr. 43, und Urteil des Gerichts vom , Bayer CropScience u. a./Kommission, T-75/06, Slg. 2008, II-2081, Randnr. 81).

    93

    Damit die Kommission das ihr gesetzte Ziel wirksam verfolgen kann und im Hinblick darauf, dass sie komplexe technische Beurteilungen vorzunehmen hat, ist ihr in diesem Rahmen ein weites Ermessen zuzuerkennen (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission, C-326/05 P, Slg. 2007, I-6557, im Folgenden: Urteil IQV, Randnr. 75, und Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 82).

    94

    Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Gemeinschaftsrichter nämlich im Rahmen dieser Kontrolle feststellen, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt von der Kommission zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Januar 1979, Racke, 98/78, Slg. 1979, 69, Randnr. 5, und vom , Nölle, C-16/90, Slg. 1991, I-5163, Randnr. 12, Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 83).

    95

    Außerdem muss der Antragsteller gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 451/2000 nachweisen, dass auf der Grundlage der für eine oder mehrere Zubereitungen und für einen begrenzten Bereich repräsentativer Anwendungen vorgelegten Angaben die Anforderungen der Richtlinie 91/414 hinsichtlich der Kriterien gemäß Art. 5 erfüllt werden können. Somit obliegt es dem Antragsteller, die Unschädlichkeit des Wirkstoffs nachzuweisen (vgl. entsprechend Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 85).

    96

    Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob, wie die Klägerin vorträgt, eine objektive wissenschaftliche Grundlage für die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Ergebnisse fehlt.

    97

    Was erstens das Vorbringen der Klägerin anbelangt, die angefochtene Entscheidung beruhe im Wesentlichen auf der wissenschaftlichen Schlussfolgerung, dass die Mutagenität und Karzinogenität von Dichlorvos nicht ausgeschlossen werden könne — eine Auffassung, die dem Gutachten des PPR-Gremiums widerspreche —, ist zunächst hervorzuheben, dass, obwohl die bedenklichen Aspekte nach dem fünften Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Unsicherheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos betreffen, auch darauf hingewiesen wird, angesichts der insgesamt dürftigen Qualität der Unterlagen werde nicht nachgewiesen, dass die geschätzte Exposition des Anwenders, der Arbeiter und der Umstehenden hinnehmbar sei.

    98

    Während die Kommission in der angefochtenen Entscheidung keine weiteren Angaben zu den Lücken in den Unterlagen macht, enthält der Bericht der EFSA, der unstreitig die wissenschaftliche Grundlage der angefochtenen Entscheidung darstellt, solche Angaben. So stellt der Bericht der EFSA über die Unsicherheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos hinaus folgende Probleme fest:

    Es werde kein bestimmter Bezugswert festgelegt;

    in Ermangelung einer Vereinbarung über bestimmte Bezugswerte sei die Bewertung der Risiken für die Anwender, die Arbeiter und die Umstehenden nicht schlüssig;

    es könne keine technische Spezifikation für Dichlorvos aufgestellt werden;

    es gebe kein Analyseverfahren für den Nachweis von Dichlorvosrückständen in Boden, Wasser, Luft, Blut und tierischen Geweben.

    99

    Die Klägerin lässt daher zu Unrecht die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Probleme, abgesehen von den Unsicherheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos, außer Acht.

    100

    Zweitens ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht dem Gutachten des PPR-Gremiums widerspricht. Wie schon oben in den Randnrn. 71 bis 75 dargelegt, wiederholt der Bericht der EFSA als wissenschaftliche Grundlage der angefochtenen Entscheidung wortgetreu die Feststellungen dieses Gutachtens. Obwohl die Risikobewertung nach dem Bericht der EFSA nicht schlüssig ist, während das PPR-Gremium das Risiko der Mutagenität und der Karzinogenität für gering hält, erklärt die EFSA, wie oben in Randnr. 74 ausgeführt, in ihrem Bericht, warum Risiken, die theoretisch hinnehmbar seien, im vorliegenden Fall nicht hingenommen werden könnten. Außerdem bezieht sich der Bericht der EFSA, wie oben in Randnr. 98 gezeigt, auf andere Probleme als die Unsicherheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos, zu denen das PPR-Gremium nicht angehört worden ist.

    101

    Nach alledem ist das Argument der Klägerin, die angefochtene Entscheidung beruhe im Wesentlichen auf der durch das Gutachten des PPR-Gremiums widerlegten wissenschaftlichen Schlussfolgerung, dass die Mutagenität und die Karzinogenität von Dichlorvos nicht ausgeschlossen werden könnten, zurückzuweisen.

    102

    Was zweitens das Argument anbelangt, der Bericht der EFSA sei von der EFSA nicht in ihrer Eigenschaft als unabhängige Einrichtung, sondern in ihrer Eigenschaft als Koordinatorin der Expertensitzungen erstellt worden, zeigt diese Behauptung eine Fehleinschätzung der Klägerin im Hinblick auf das in Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 geregelte Bewertungsverfahren für die Unterlagen, die die Hersteller einreichen, die die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 wünschen.

    103

    Wie bereits oben in Randnr. 65 festgestellt, erstellt der BEMS nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 einen EBB, den er der EFSA übermittelt. Nach Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung lässt die EFSA den EBB unter den Mitgliedstaaten zirkulieren und veranstaltet gegebenenfalls eine Anhörung von Sachverständigen. Nach Art. 8 Abs. 7 der Verordnung bewertet die EFSA schließlich den EBB und übermittelt der Kommission eine Stellungnahme zur Frage, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 91/414 erfüllen wird.

    104

    Dieses Bewertungsverfahren muss im Licht der Erwägungsgründe der Verordnung Nr. 1490/2002 ausgelegt werden, da diese Verordnung Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 geändert hat. Insbesondere ergibt sich aus dem zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1490/2002, dass die EBB „einer Gegenprüfung durch die [EFSA] unterzogen [werden], bevor sie an den Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit weitergeleitet werden“. Gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 451/2000 erfolgt diese Gegenprüfung durch eine Kollegialprüfung. Auf der Grundlage dieser Kollegialprüfung legt die EFSA gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 den EBB sowie ihren eigenen Bericht der Kommission vor.

    105

    Folglich macht die Kommission im vierten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht geltend, dass der EBB einem Peer-Review durch die Mitgliedstaaten und die EFSA unterzogen und ihr in Form des Berichts der EFSA vorgelegt worden sei. Dieser Bericht kann daher nicht deshalb als fehlerhaft angesehen werden, weil er nicht von der EFSA als einer unabhängigen Einrichtung erstellt worden sei.

    106

    Was drittens das Argument der Klägerin anbelangt, die Wirkungen von Dichlorvos auf die Bevölkerung im Allgemeinen und auf die Umwelt seien nicht relevant, da Dichlorvos nur im Innenbereich bei Blumenzwiebeln verwendet werden solle, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, selbst wenn kein Risiko für die Bevölkerung im Allgemeinen und für die Umwelt bestand, gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 451/2000 beweisen musste, dass das Risiko für die Hersteller, die mit dem Wirkstoff umgehen, den Anforderungen der Richtlinie 91/414, insbesondere den in Art. 5 der Richtlinie enthaltenen Kriterien, entsprach. Bereits oben in den Randnrn. 97 bis 99 ist dargelegt worden, dass die Lücken in den Unterlagen keine schlüssige Risikobewertung zuließen.

    107

    Viertens ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission könne ihr nicht mehr vorwerfen, Informationen ausgelassen zu haben, da der BEMS die Unterlagen für vollständig erklärt habe, gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz unzulässig, da es zum ersten Mal in der Erwiderung vorgebracht wurde.

    108

    Jedenfalls ist dieses Vorbringen unbegründet. Insofern ist hervorzuheben, dass die Antragsteller gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 „der vom [BEMS] benannten Behörde … für jeden Wirkstoff gemeinsam oder einzeln die vollständigen Unterlagen gemäß Absatz 3 [übermitteln]“. Gemäß Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 451/2000 enthalten die vollständigen Unterlagen „die einzelnen Untersuchungs- und Studienberichte“.

    109

    Demgegenüber gewährleistet die Tatsache, dass der BEMS Unterlagen für vollständig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 451/2000 erklärt hat, nicht unbedingt, dass die Unterlagen alle Informationen enthalten, die es dem BEMS, der EFSA und der Kommission erlauben, zu den „schädlichen Auswirkungen“ des betroffenen Wirkstoffs im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 Stellung zu nehmen. Unterlagen, die die in Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Studien und Berichte enthalten, werden vom BEMS als vollständig angesehen. Dies schließt gleichwohl nicht aus, dass der BEMS und/oder die EFSA weitere Daten anfordern können, um ihre wissenschaftliche Bewertung des Wirkstoffs vornehmen zu können.

    110

    Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

    Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414

    Vorbringen der Parteien

    111

    Die Klägerin macht geltend, nach der Rechtsprechung sei zwischen Gefahr und Risiko zu unterscheiden. Die Bewertungskriterien nach Art. 5 der Richtlinie 91/414 beruhten auf einer Risikobewertung. Die angefochtene Entscheidung verstoße gegen diese Bestimmung, indem sie nicht auf einer Risikobewertung, sondern nur auf der Behauptung beruhe, Dichlorvos besitze an sich gefährliche Eigenschaften.

    112

    Daher beziehe sich die Kommission im fünften Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zur Rechtfertigung der Nichtaufnahme dieses Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 auf die Ungewissheiten in Bezug auf seine genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften. Die Gentoxizität und die Karzinogenität von Dichlorvos bezögen sich auf die gefährlichen Eigenschaften von Dichlorvos. Die Feststellung dieser Eigenschaften allein lasse nicht den Schluss zu, dass Dichlorvos die Umwelt und die menschliche Gesundheit einem nicht hinnehmbaren Risiko aussetze. Insofern beschränke sich die angefochtene Entscheidung auf die Feststellung, dass die verfügbaren Daten nicht ausreichten, ohne zu einer eindeutigen Stellungnahme zu der Frage zu gelangen, ob sie ein für die menschliche Gesundheit und die Umwelt hinnehmbares Risiko mit sich brächten oder nicht.

    113

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch das Gericht

    114

    Nach dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 91/414 müssen die Zulassungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel ein hohes Schutzniveau gewährleisten, damit insbesondere die Zulassung für Pflanzenschutzmittel verhindert wird, die nicht ausreichend auf ihre Gesundheits-, Grundwasser- und Umweltgefährdung untersucht worden sind.

    115

    Dazu ist festzustellen, dass die in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 für die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I genannten Kriterien weit gefasst sind und auf einer Risikoanalyse schädlicher Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf das Grundwasser oder unannehmbarer Auswirkungen auf die Umwelt beruhen (Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 184).

    116

    Außerdem ist diese Bestimmung im Zusammenhang mit dem Vorsorgegrundsatz auszulegen. Danach können die Gemeinschaftsorgane, wenn wissenschaftliche Ungewissheiten bezüglich der Existenz oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit bestehen, Schutzmaßnahmen treffen, ohne abwarten zu müssen, bis das tatsächliche Vorliegen und die Schwere dieser Risiken in vollem Umfang nachgewiesen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C-180/96, Slg. 1998, I-2265, Randnr. 99, und Urteil des Gerichts vom , Pfizer Animal Health/Rat, T-13/99, Slg. 2002, II-3305, Randnr. 139). So kann in einem Fall der Anwendung des Vorsorgegrundsatzes, der definitionsgemäß bei wissenschaftlicher Ungewissheit gegeben ist, von einer Risikobewertung nicht verlangt werden, dass sie den Gemeinschaftsorganen zwingende wissenschaftliche Beweise für das tatsächliche Vorliegen des Risikos und die Schwere der potenziellen nachteiligen Wirkungen im Fall der Verwirklichung dieses Risikos liefert (Urteil Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 142).

    117

    Im Licht dieser Erwägungen und der oben in den Randnrn. 92 bis 95 angeführten Rechtsprechung ist daran zu erinnern, dass die angefochtene Entscheidung gemäß ihrem fünften Erwägungsgrund nicht nur auf die verfügbaren toxikologischen Daten und die Ungewissheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos gestützt wird, sondern auch auf die insgesamt dürftige Qualität der Unterlagen. Insofern wurde schon oben in Randnr. 98 festgestellt, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen lückenhaft waren, so dass sie keinen verlässlichen Schluss in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos sowie allgemein auf die Unbedenklichkeit von Dichlorvos zuließen. So heißt es in dem Bericht der EFSA, dass bestimmte Ungewissheiten nur beseitigt werden könnten, wenn die fehlenden Daten und Studien beigebracht würden.

    118

    Im Licht des Vorsorgegrundsatzes ist daher festzustellen, dass die Kommission angesichts der verfügbaren toxikologischen Daten, der Ungewissheiten in Bezug auf die genotoxischen und karzinogenen Eigenschaften von Dichlorvos und der Lücken in den Unterlagen, die eine schlüssige Risikobewertung unmöglich machen, bei Erlass der angefochtenen Entscheidung keinen offensichtlichen Ermessensfehler begangen und auch nicht gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414 verstoßen hat.

    119

    Der dritte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

    Zum ersten Teil des vierten Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    120

    Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission ihre Verteidigungsrechte und ihren Anspruch auf faires rechtliches Gehör dadurch verletzt habe, dass sie den Verpflichtungen zuwidergehandelt habe, ihr erstens die Möglichkeit und die erforderliche Frist zu gewähren, um zu den im Lauf der Bewertung von Dichlorvos erhobenen Vorwürfen, es seien Langzeitstudien unterblieben, die einen Ausschluss des genotoxischen und karzinogenen Risikos zuließen, Stellung zu nehmen, und zweitens ihre Stellungnahme eingehend zu prüfen.

    121

    Soweit es zunächst um die Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gehe, ihr die Möglichkeit und die erforderliche Frist zur Stellungnahme und Vorlage von Studien einzuräumen, müsse geprüft werden, ob die Kommission oder die EFSA das Fehlen von Langzeitstudien hinreichend früh im Lauf des Bewertungsverfahrens gerügt hätten und ob sie über genügend Zeit verfügt habe, um die fehlenden Daten vorzulegen.

    122

    Was den Zeitpunkt anbelange, zu dem die Kommission und die EFSA das Fehlen von Langzeitstudien gerügt hätten, habe erstens weder der BEMS noch das PPR-Gremium die Frage der Langzeitstudien als einen wesentlichen Gesichtspunkt der wissenschaftlichen Bewertung hervorgehoben. Zweitens sei diese Frage erst sehr spät im Lauf der Bearbeitung des Falls durch die EFSA zu einer förmlichen Anforderung neuer Daten geworden, als die EFSA ihren Bericht fertiggestellt hatte. Drittens habe die Klägerin nicht mit dieser Anforderung rechnen können, da das PPR-Gremium sie für entbehrlich gehalten habe. Viertens trägt die Klägerin in der Erwiderung vor, das Vorbringen der Kommission, sie hätte nicht auf Lücken in den Unterlagen aufmerksam machen und ihr genügend Zeit einräumen müssen, diese zu schließen, während ein Antragsteller immer einen neuen Antrag stellen könne, sei als unverhältnismäßige und ungeeignete Antwort auf ein unvorhersehbares Fehlen von Daten anzusehen, das sich im Prüfverfahren ergebe.

    123

    Was die Frage der Frist anbelange, die ihr für die Vorbereitung dieser Langzeitstudien zur Verfügung gestanden habe, macht die Klägerin geltend, die Kommission habe ihr nicht die Möglichkeit gegeben, auf diesen Punkt einzugehen, da sie die entsprechenden Fristen als abgelaufen angesehen habe. Die Kommission hätte ihre eigenen Verwaltungsfristen verlängern oder unterbrechen müssen, um ihr eine angemessene Möglichkeit zu geben, ihre Auffassung zu verteidigen. Dies gelte vor allem, weil sie auf der Sitzung der EPCO vom 27. Juni bis 1. Juli 2005 und vom PPR-Gremium genaue Zusicherungen erhalten habe, es sei keine Langzeitstudie erforderlich. Die Lage der Klägerin sei also derjenigen der Klägerin in dem oben in Randnr. 93 angeführten Urteil IQV vergleichbar. Außerdem sei die Nachlässigkeit, die die Kommission im Hinblick auf den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör bewiesen habe, dadurch besonders deutlich geworden, dass die Klägerin während der gesamten Bewertung ihr Bestes gegeben habe, um jeder Anforderung der zuständigen Stellen zu entsprechen. Da die zuständigen Stellen schließlich nicht die vorgeschriebenen Fristen eingehalten hätten, hätten sie nicht versuchen dürfen, die der Klägerin obliegenden Fristen wortwörtlich durchzusetzen.

    124

    Zur Verletzung der Pflicht, die Stellungnahme der Klägerin eingehend zu prüfen, behaupte die Kommission im sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, alle Stellungnahmen der Klägerin seien eingehend geprüft worden. Dies treffe jedoch nicht zu.

    125

    Daher macht die Klägerin geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die Vorlage der neuen Langzeitstudien nicht zugelassen habe, nachdem sie die Argumente der Klägerin sowie das Gutachten des PPR-Gremiums, wonach solche Studien nicht erforderlich seien, zurückgewiesen habe.

    126

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen sei.

    — Würdigung durch das Gericht

    127

    Es ist daran zu erinnern, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte nach ständiger Rechtsprechung in allen Verfahren, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können, ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, der auch dann zu beachten ist, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, dass die Adressaten von Entscheidungen, die deren Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt in sachdienlicher Weise vorzutragen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juni 2006, Dokter u. a., C-28/05, Slg. 2006, I-5431, Randnr. 74, und Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 130).

    128

    Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung die Klägerin beschwert, da damit ihr Antrag abgelehnt wird, Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufzunehmen.

    129

    Sodann ist erstens zu dem Argument der Klägerin, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, da ihr weder die Möglichkeit noch die erforderliche Frist eingeräumt worden sei, als Antwort auf den in dem Bericht der EFSA erhobenen Vorwurf fehlender Langzeitstudien Studien vorzulegen, hervorzuheben, dass die anwendbaren Vorschriften keine Verpflichtung vorsehen, einem Antragsteller die Gelegenheit zur Vorlage von Studien im Lauf des Bewertungsverfahrens einzuräumen.

    130

    Hierzu bestimmt Art. 8 Abs. 2 und 5 der Verordnung Nr. 451/2000, dass „neue Studien“ zu dem Zeitpunkt, zu dem der BEMS bzw. die EFSA mit der Bewertung des Wirkstoffs begonnen haben, grundsätzlich nicht mehr zugelassen werden. Nach den genannten Vorschriften kann der BEMS den Antragsteller zwar, nachdem der EBB bereits der EFSA übermittelt wurde, gegebenenfalls im Einvernehmen mit der EFSA auffordern, innerhalb bestimmter Fristen ergänzende Angaben einzureichen, die der BEMS oder die EFSA zur Klärung der Unterlagen für erforderlich halten; für die Einreichung neuer Studien sehen diese Vorschriften eine derartige Ausnahme jedoch nicht vor. Umso weniger besteht die Möglichkeit, zusätzliche Daten oder Studien einzureichen, nachdem die EFSA ihren Bericht fertiggestellt hat.

    131

    Zweitens war die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht verpflichtet, die gesetzlichen Fristen zu verlängern oder zu unterbrechen, um ihr eine angemessene Möglichkeit zu geben, ihren Standpunkt zu verteidigen. Die Klägerin ist der Auffassung, eine solche Verpflichtung ergebe sich einerseits aus genauen Zusicherungen, die sie auf der Sitzung der EPCO vom 27. Juni bis 1. Juli 2005 und vom PPR-Gremium erhalten habe, eine Langzeitstudie sei nicht erforderlich, und andererseits aus dem oben in Randnr. 93 angeführten Urteil IQV.

    132

    Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin tatsächlich genaue Zusicherungen erhalten hat, dass eine Langzeitstudie nicht erforderlich sei, hätten solche Zusicherungen zum einen kein berechtigtes Vertrauen der Klägerin begründen können, da Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 451/2000 ausdrücklich vorsieht, dass neue Studien zu dem Zeitpunkt, in dem der BEMS bzw. die EFSA mit der Bewertung des Wirkstoffs begonnen haben, grundsätzlich nicht mehr zugelassen werden. Nach ständiger Rechtsprechung können nämlich nur solche Zusicherungen ein berechtigtes Vertrauen entstehen lassen, die den geltenden Vorschriften entsprechen (Urteile des Gerichts vom 30. Juni 2005, Branco/Kommission, T-347/03, Slg. 2005, II-2555, Randnr. 102, und vom , Cementbouw Handel & Industrie/Kommission, T-282/02, Slg. 2006, II-319, Randnr. 77).

    133

    Zum anderen bietet das oben in Randnr. 93 angeführte Urteil IQV im vorliegenden Fall keine Unterstützung. Aus diesem Urteil lässt sich nämlich der Schluss ziehen, dass eine Fristverlängerung obligatorisch ist, wenn es nicht unmöglich ist, von den Verfahrensfristen der streitigen Regelung abzuweichen, und die Antragsteller durch höhere Gewalt daran gehindert wurden, die Verfahrensfristen einzuhalten, wie z. B. in dem Fall, dass das Unvermögen, die genannten Fristen einzuhalten, zumindest zum Teil auf das widersprüchliche Verhalten der zuständigen Behörden zurückzuführen ist (Urteil IQV, oben in Randnr. 93 angeführt, Randnrn. 84 bis 88, und Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 89). Ohne dass geprüft zu werden braucht, ob eine Ausnahme von den in der betreffenden Verordnung festgelegten Verfahrensfristen hätte getroffen werden können, ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Klägerin nichts vorgebracht hat, um zu beweisen, dass sie durch höhere Gewalt an der Einhaltung dieser Fristen gehindert worden wäre. Im Gegenteil wurde, wie schon oben in Randnr. 58 dargelegt, bereits im EBB, der der Klägerin im Juni 2004 zugeleitet wurde, festgestellt, dass die Unterlagen in der von der Klägerin vorgelegten Form nicht alle notwendigen Informationen für eine zufriedenstellende Bewertung der schädlichen Wirkungen von Dichlorvos enthielten. Insbesondere hieß es in Nr. 4.6, dass eine Studie über die Langzeittoxizität von Dichlorvos vorzulegen sei.

    134

    Was zweitens die behauptete Verletzung der Pflicht angeht, der Klägerin eine ausreichende Frist zur Stellungnahme einzuräumen, sowie der Pflicht, die vorgelegte Stellungnahme eingehend zu prüfen, wurde die Klägerin, wie aus dem sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, aufgefordert, zu dem Bericht der EFSA Stellung zu nehmen; sie ist dieser Aufforderung durch Vorlage der Stellungnahme am 22. Juni 2006 nachgekommen. In demselben Erwägungsgrund wird festgestellt, dass die Stellungnahme der Klägerin „eingehend geprüft [wurde]“, dass aber „[d]ie … Bedenken … nicht ausgeräumt werden“. Daraus folgt nicht nur, dass die Klägerin aufgefordert worden ist, eine Stellungnahme abzugeben, sondern auch, dass diese eingehend geprüft worden ist.

    135

    Daher ist festzustellen, dass der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in dem der angefochtenen Entscheidung vorausgegangenen Verfahren beachtet worden ist. Der erste Teil des vierten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum zweiten Teil des vierten Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    136

    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie in aller Eile das Gutachten des PPR-Gremiums und ihre am 22. Juni 2006 vorgelegte Stellungnahme zurückgewiesen habe, ohne andere Möglichkeiten zur Beilegung des Meinungsstreits unter den Sachverständigen in Betracht zu ziehen, wie beispielsweise die Anforderung eines neuen Gutachtens oder die Einräumung einer längeren Frist, um die erforderlichen Daten zusammenzutragen, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

    137

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen sei.

    — Würdigung durch das Gericht

    138

    Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nach dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten berechtigten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende anzuwenden ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (Urteil des Gerichtshofs vom 18. November 1987, Maizena u. a., 137/85, Slg. 1987, 4587, Randnr. 15, Urteile Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnr. 411, und Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 223).

    139

    Dagegen stellt die gerichtliche Nachprüfbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Bereich der Landwirtschaft insofern einen Sonderfall dar, als der Gerichtshof und das Gericht dem Gemeinschaftsgesetzgeber einen Spielraum zuerkennen, der der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Art. 34 EG und 37 EG übertragen (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, National Farmers’ Union u. a., C-157/96, Slg. 1998, I-2211, Randnr. 61). Folglich ist eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (Urteil des Gerichtshofs vom , Jippes u. a., C-189/01, Slg. 2001, I-5689, Randnr. 82, Urteile des Gerichts Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnr. 412, und vom , Alpharma/Rat, T-70/99, Slg. 2002, II-3495, Randnrn. 177 bis 180).

    140

    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission hätte das Gutachten des PPR-Gremiums und ihre am 22. Juni 2006 vorgelegte Stellungnahme nicht zurückweisen dürfen, ohne andere Möglichkeiten der Beilegung des Meinungsstreits zwischen den Sachverständigen, wie beispielsweise die Anforderung eines zusätzlichen Gutachtens oder die Gewährung einer längeren Frist, um die erforderlichen Daten zusammenzutragen, in Erwägung zu ziehen.

    141

    Hierzu ist festzustellen, dass das Argument, die Kommission hätte eine andere Stellungnahme anfordern oder die gesetzlichen Fristen verlängern müssen, im anwendbaren Recht keine Grundlage findet. Zu dem Zeitpunkt nämlich, da die Kommission im Rahmen der Prüfung des Wirkstoffs tätig wird, hat die EFSA bereits gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 eine Stellungnahme zu der Frage erstellt, ob von dem Wirkstoff zu erwarten ist, dass er die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 91/414 erfüllen wird. In diesem Verfahrensstadium kann weder nach der Richtlinie 91/414 noch nach der Verordnung Nr. 451/2000 ein zusätzliches Gutachten angefordert werden. Zudem ist oben in den Randnrn. 129 bis 133 festgestellt worden, dass außer im Fall höherer Gewalt keine Verlängerung der gesetzlichen Fristen möglich ist und dass die Klägerin nichts vorgebracht hat, um zu beweisen, dass sie sich in einer Situation höherer Gewalt befunden habe.

    142

    Die Klägerin hat somit nicht nachgewiesen, dass der Kommission mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl standen, wobei sie in diesem Fall nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die am wenigsten belastende hätte anwenden müssen.

    143

    Jedenfalls entspricht die Behauptung, die Kommission habe in aller Eile das Gutachten des PPR-Gremiums sowie die Stellungnahme der Klägerin zu dem Bericht der EFSA zurückgewiesen, nicht den Tatsachen. Oben in den Randnrn. 74 und 134 wurde festgestellt, dass das Gutachten des PPR-Gremiums wortgetreu in dem Bericht der EFSA übernommen und die Stellungnahme der Klägerin zu dem Bericht eingehend geprüft worden ist. Das Vorbringen der Klägerin ist somit nicht begründet.

    144

    Der zweite Teil des vierten Klagegrundes ist daher ebenfalls zurückzuweisen, so dass dieser Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

    Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

    Vorbringen der Parteien

    145

    Die Klägerin macht geltend, der Grundsatz des Vertrauensschutzes sei in zweierlei Hinsicht verletzt worden. Zum einen habe sie Zusicherungen erhalten, dass die neuen Daten, die sie im Rahmen der Prüfung von Dichlorvos vorgelegt habe, geprüft werden und Gegenstand einer Kollegialprüfung sein würden. Diese Zusicherungen stammten von zwei Einrichtungen, die im Namen und unter Aufsicht der Kommission handelten, dem BEMS und der EFSA. Die Kommission habe die Klägerin in ihren rechtmäßigen Erwartungen verletzt, indem sie die Daten, die diese vorgelegt habe, keiner Kollegialprüfung unterzogen habe.

    146

    Zum anderen trägt die Klägerin vor, sie sei dazu verleitet worden, anzunehmen, eine Langzeitstudie zur karzinogenen Eigenschaft sei entbehrlich, weil das Arbeitsprogramm diese nicht zulasse, und die Frage sei dem PPR-Gremium zur endgültigen Entscheidung vorgelegt worden. Die Tatsache, dass das PPR-Gremium ein Gutachten erstellt habe, das jegliche Bedenken hinsichtlich der karzinogenen Eigenschaft und der Gentoxizität zerstreut habe, habe ihr rechtmäßiges Vertrauen darauf bekräftigt, dass die EFSA einen Bericht erstellen werde, der diesem Gutachten entspreche.

    147

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch das Gericht

    148

    Nach der Rechtsprechung kann sich auf Vertrauensschutz jeder berufen, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 2004, Di Lenardo und Dilexport, C-37/02 und C-38/02, Slg. 2004, I-6911, Randnr. 70, Urteil des Gerichts vom , Embassy Limousines & Services/Parlament, T-203/96, Slg. 1998, II-4239, Randnr. 74; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 153). Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom , Kögler/Gerichtshof, C-82/98 P, Slg. 2000, I-3855, Randnr. 33). Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (Urteile des Gerichtshofs vom , Deutschland/Kommission, C-506/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58, und vom , Belgien und Forum 187/Kommission, C-182/03 und C-217/03, Slg. 2006, I-5479, Randnr. 147).

    149

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die EFSA im Rahmen des in Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Verfahrens der Bewertung eines Wirkstoffs im Hinblick auf seine Aufnahme oder Nichtaufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 die schädlichen Auswirkungen des betreffenden Wirkstoffs bewertet und der Kommission ein wissenschaftliches Gutachten zu dieser Frage erstattet. Dieses Gutachten wird auf der Grundlage des EBB erarbeitet, der im Lauf der Kollegialprüfung von den Mitgliedstaaten und, falls erforderlich, von nationalen Sachverständigen bewertet worden ist. Grundsätzlich hat zwischen dem Antragsteller oder den Antragstellern des betreffenden Wirkstoffs und der EFSA ein Kontakt stattgefunden, bevor die Kollegialprüfung eingeleitet wird. Es ist sodann Sache der Kommission und gegebenenfalls des Rates, eine endgültige Entscheidung über den in Rede stehenden Wirkstoff zu treffen. Angesichts der Rolle, die der EFSA damit im Verfahren der Bewertung eines Wirkstoffs zugewiesen ist, muss entgegen dem Vorbringen der Kommission davon ausgegangen werden, dass sowohl genaue Zusicherungen in einem Bewertungsverfahren, die von der Kommission ausgesprochen werden, als auch solche, die von der EFSA stammen, geeignet sind, beim Antragsteller ein berechtigtes Vertrauen zu begründen.

    150

    Was zweitens die behaupteten Zusicherungen gegenüber der Klägerin anbelangt, dass die neuen Daten, die sie vorgelegt habe, im Rahmen der Bewertung von Dichlorvos untersucht und Gegenstand einer Kollegialprüfung würden, gibt die Klägerin nicht näher an, welche Daten sie vorgelegt haben will, die nicht geprüft worden seien. Gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anzuwenden ist, und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. In ihr ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Satzung des Gerichtshofs und der Verfahrensordnung nicht entspricht (Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 120). Angesichts der Tatsache, dass es der Behauptung der Klägerin zu vorgelegten, aber nicht geprüften Daten an Genauigkeit fehlt, ist diese Rüge daher als unzulässig zurückzuweisen.

    151

    Was drittens das Vorbringen der Klägerin anbelangt, sie sei zu der Annahme verleitet worden, eine Langzeitstudie zur karzinogenen Eigenschaft von Dichlorvos sei entbehrlich, weil zum einen das Arbeitsprogramm diese nicht zulasse, zum anderen die Frage dem PPR-Gremium zur endgültigen Entscheidung vorgelegt worden sei und im Übrigen das PPR-Gremium ein Gutachten erstellt habe, das jegliche Bedenken hinsichtlich der karzinogenen Eigenschaft und der Gentoxizität von Dichlorvos zerstreut habe, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht behauptet, konkrete Zusicherungen erhalten zu haben, dass die Durchführung einer solchen Studie nicht erforderlich sei. Sie trägt vielmehr lediglich vor, sie habe aus bestimmten Tatsachen geschlossen, dass sie keine Langzeitstudie durchführen müsse. Mangels konkreter dahin gehender Zusicherungen durch die EFSA oder die Kommission kann daher keine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes geltend gemacht werden.

    152

    Aus dem Vorangehenden folgt, dass der fünfte Klagegrund zurückzuweisen ist.

    Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Pflicht zu höchster Fachkompetenz und zur Unabhängigkeit wissenschaftlicher Gutachten

    Vorbringen der Parteien

    153

    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, wie er in Art. 211 EG niedergelegt sei, verletzt, indem sie die angefochtene Entscheidung erstens nicht auf unabhängige wissenschaftliche Gutachten, zweitens nicht auf überzeugende Beweise, drittens nicht auf eine rechtzeitig vorgenommene wissenschaftliche Prüfung, viertens nicht auf eine sorgfältige und genaue Prüfung gestützt und es unterlassen habe, der Klägerin mitzuteilen, dass ihre Unterlagen unvollständig seien.

    154

    Erstens erfüllen der Bericht der EFSA und die angefochtene Entscheidung nach Auffassung der Klägerin nicht das Erfordernis der Unabhängigkeit. Wie sich nämlich aus diesem Bericht, dem zufolge „man auf der Sitzung mit den Vertretern des Mitgliedstaats im April 2006 übereingekommen [ist], dass die Risikobewertung weiterhin nicht schlüssig ist“, und dem vierten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergebe, habe die EFSA ihren Bericht angenommen, indem sie ihren eigenen Sachverstand im Hinblick auf die karzinogene Eigenschaft und die Gentoxizität von Dichlorvos einer Bewertung und Prüfung durch Vertreter der Mitgliedstaaten am 5. April 2006 untergeordnet habe. Die Teilnahme von Vertretern der Mitgliedstaaten bei der Annahme der wissenschaftlichen Stellungnahme der EFSA gemäß Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000 stelle die Unabhängigkeit dieser Stellungnahme in Frage.

    155

    Zweitens habe unter den nationalen Sachverständigen Einigkeit darüber bestanden, dass die Daten zur Karzinogenität und Gentoxizität nicht schlüssig seien, dass eine neue Langzeitstudie in diesem Stadium nicht angezeigt sei und dass es Sache des PPR-Gremiums sei, zu diesem Punkt eine endgültige Entscheidung zu treffen. Die Sachverständigen seien zum einen tatsächlich der Auffassung gewesen, dass eine neue Langzeitstudie angesichts des Auslaufens der allgemeinen Verwaltungsfristen nicht angezeigt sei. Aus dem oben in Randnr. 93 angeführten Urteil IQV ergebe sich, dass die Notwendigkeit, strenge Fristen einzuhalten, keinen Vorrang vor dem Erfordernis haben könne, eine erschöpfende und dem jeweiligen Stand der Erkenntnisse entsprechende Risikobewertung vorzunehmen. Wenn zum anderen die Daten nicht schlüssig seien und nur das PPR-Gremium dazu Stellung nehmen könne, sei unklar, aus welchem Grund sich die Sachverständigen nicht dem Gutachten des PPR-Gremiums angeschlossen hätten. Daher habe die Kommission dadurch, dass sie das Gutachten des PPR-Gremiums unberücksichtigt gelassen habe, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und ihre Pflicht zu ordnungsgemäßer Verwaltung verletzt.

    156

    Drittens habe die Kommission gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den durch die Richtlinie 91/414 und ihre Anhänge für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln aufgestellten Zeitplan einzuhalten, da die EFSA der Kommission ihren Bericht nach Ablauf der in der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Frist vorgelegt habe.

    157

    Viertens habe die Kommission auch gegen ihre Verpflichtung zu ordnungsgemäßer Verwaltung sowie ihre Verpflichtung, jede Angelegenheit sorgfältig und unparteiisch zu prüfen, verstoßen, indem sie den Mitgliedstaaten und der EFSA die von der Klägerin am 22. Juni 2006 eingereichte Stellungnahme nicht vorgelegt habe, obwohl sie nach der Rechtsprechung die für die Bewertung von Dichlorvos einschlägigen Studien und Daten derselben Prüfung unterziehen müsse wie alle Studien, die im Lauf der Bewertung herangezogen würden.

    158

    Die Klägerin trägt fünftens in ihrer Erwiderung vor, die Kommission hätte ihr nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zwischen dem Einreichen der Unterlagen im April 2002 und der Veröffentlichung der angefochtenen Entscheidung im Juni 2007 mitteilen müssen, dass die Qualität der Unterlagen so schlecht sei, dass eine Risikobewertung nicht vorgenommen werden könne, wenn sie dieser Auffassung gewesen sei.

    159

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch das Gericht

    160

    Erstens ist zur Rüge der Klägerin, die angefochtene Entscheidung beruhe nicht auf unabhängigen wissenschaftlichen Gutachten, festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin zu diesem Klagegrund mit dem Vorbringen zu dem zweiten Klagegrund übereinstimmt. Es ist bereits entschieden worden, dass dieses Vorbringen unbegründet ist. Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

    161

    Zweitens ist zur Rüge der Klägerin, die angefochtene Entscheidung sei nicht auf relevantes Beweismaterial gestützt, hervorzuheben, dass die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, einerseits könne die Anwendung strenger Fristen keinen Vorrang vor der Notwendigkeit haben, eine erschöpfende und dem letzten Stand der Erkenntnisse entsprechende Risikobewertung vorzunehmen, und andererseits habe die Kommission einen schwerwiegenden Beurteilungsfehler begangen, indem sie das Gutachten des PPR-Gremiums unberücksichtigt gelassen habe. Diese Argumente entsprechen dem Vorbringen zum ersten Teil des vierten Klagegrundes und zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes. Es ist bereits entschieden worden, dass dieses Vorbringen unbegründet ist. Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

    162

    Drittens ist zur Rüge der Klägerin, die angefochtene Entscheidung sei nicht auf eine rechtzeitig vorgenommene wissenschaftliche Prüfung gestützt, festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin insofern dem Vorbringen zum ersten Teil des ersten Klagegrundes entspricht. Es ist bereits entschieden worden, dass dieses Vorbringen unbegründet ist. Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

    163

    Viertens ist zur Rüge der Klägerin, die angefochtene Entscheidung beruhe nicht auf einer sorgfältigen und genauen Bewertung aller Daten, hervorzuheben, dass die Klägerin ihre Rüge darauf stützt, dass die Kommission ihre am 22. Juni 2006 eingereichte Stellungnahme den Mitgliedstaaten und der EFSA nicht vorgelegt habe. Dieses Vorbringen entspricht im Wesentlichen dem Vorbringen zum dritten Teil des ersten Klagegrundes. Es ist bereits entschieden worden, dass dieses Vorbringen unbegründet ist. Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

    164

    Fünftens wurde im Hinblick auf die Rüge der Klägerin, die Kommission sei nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet gewesen, sie von der schlechten Qualität ihrer Unterlagen zwischen dem Einreichen im April 2002 und dem Datum der Veröffentlichung der angefochtenen Entscheidung zu unterrichten, schon oben in Randnr. 58 festgestellt, dass sich aus dem EBB, seinem Anhang sowie dem Bericht der EFSA, also Unterlagen, die der Klägerin zwischen 2004 und 2006 zugeleitet worden sind, ergab, dass die Unterlagen in der von der Klägerin vorgelegten Form nicht alle erforderlichen Daten enthielten, um der EFSA eine zufriedenstellende Beurteilung der schädlichen Wirkungen von Dichlorvos zu ermöglichen. Außerdem ergibt sich aus den Unterlagen, dass die Klägerin 2003, also sogar vor Fertigstellung des EBB, von den Lücken in ihren Unterlagen Kenntnis hatte. Daher kann die Klägerin sich nicht darauf berufen, sie sei von der schlechten Qualität ihrer Unterlagen nicht unterrichtet worden.

    165

    Aus dem Vorangehenden folgt, dass der sechste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

    Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

    Vorbringen der Parteien

    166

    Die Klägerin macht geltend, dass sich sämtliche Wirkstoffe, die im Rahmen des Übergangsarbeitsprogramms, das gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 und den Durchführungsverordnungen von der Kommission geleitet werde, einer Risikobewertung unterzogen würden, in der gleichen Situation befänden. Sie weist darauf hin, dass mehrere Wirkstoffe wie Maneb, Mancozeb und Oxamyl, obwohl sie anhand der vorgelegten Daten Toxizitätsrisiken aufwiesen, in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen worden seien, allerdings unter der Bedingung, dass für diese Wirkstoffe zusätzliche Tests gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 durchgeführt würden.

    167

    Die angefochtene Entscheidung verstoße daher gegen das „Diskriminierungsverbot“. Es gebe keinen Grund, der die Unterscheidung objektiv rechtfertigen würde, die hinsichtlich der Anwendung des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 auf Oxamyl, Mancozeb und Maneb einerseits und auf Dichlorvos andererseits vorgenommen werde.

    168

    Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen und beantragt, den vorliegenden Klagegrund zurückzuweisen.

    Würdigung durch das Gericht

    169

    Es ist daran zu erinnern, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vorliegt, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Randnr. 453, und Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 236).

    170

    Im vorliegenden Fall ist die Klägerin der Auffassung, dass Dichlorvos den durch die Richtlinie 2005/72/EG der Kommission vom 21. Oktober 2005 zur Änderung der Richtlinie 91/414 zur Aufnahme der Wirkstoffe Chlorpyrifos, Chlorpyrifos-methyl, Mancozeb, Maneb und Metiram (ABl. L 279, S. 63), der Richtlinie 2006/16/EG der Kommission vom zur Änderung der Richtlinie 91/414 zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Oxamyl (ABl. L 36, S. 37) sowie der Richtlinie 2007/25/EG der Kommission vom zur Änderung der Richtlinie 91/414 zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Dimethoat, Dimethomorph, Glufosinat, Metribuzin, Phosmet und Propamocarb (ABl. L 106, S. 34) geregelten Wirkstoffen vergleichbar sei. In diesen Richtlinien hat die Kommission der Aufnahme der betreffenden Wirkstoffe in Anhang I der Richtlinie 91/414 unter dem Vorbehalt zugestimmt, dass zusätzliche Studien durchgeführt werden.

    171

    Das Gericht weist darauf hin, dass aus dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/72, dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/16 und dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/25 die Feststellung der Kommission hervorgeht, dass nach dem Ergebnis der verschiedenen Untersuchungen davon ausgegangen werden könne, dass die Pflanzenschutzmittel, die die betreffenden Wirkstoffe enthielten, im Allgemeinen die Anforderungen gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 91/414 erfüllten. Diese Wirkstoffe wurden daher in den Anhang I dieser Richtlinie aufgenommen, jedoch unter der Bedingung, dass zusätzliche Tests durchgeführt würden, um die Risikobewertung in bestimmten Punkten zu bestätigen.

    172

    Dagegen hat die Kommission in Bezug auf Dichlorvos niemals festgestellt, dass Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, die Anforderungen gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 91/414 erfüllen. Sie hat im Gegenteil im sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „anhand der Bewertungen, die auf der Grundlage der eingereichten und auf den EFSA-Expertensitzungen geprüften Informationen vorgenommen wurden, nicht nachgewiesen werden konnte, dass davon auszugehen ist, dass Dichlorvos enthaltende Pflanzenschutzmittel unter den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 91/414/EWG generell erfüllen“.

    173

    Da die Bewertung von Dichlorvos zu anderen Ergebnissen geführt hat als die Bewertung der von den Richtlinien 2005/72, 2006/16 und 2007/25 erfassten Wirkstoffe, konnte die Kommission Dichlorvos unterschiedlich behandeln und damit ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entscheiden, diesen Wirkstoff nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufzunehmen.

    174

    Infolgedessen ist der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 95 EG sowie gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414

    Vorbringen der Parteien

    175

    Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte die angefochtene Entscheidung bei Berücksichtigung der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse, die am 6. Juni 2007, dem Zeitpunkt ihrer Annahme, zur Verfügung standen, nicht erlassen. Mit der Annahme habe sie gegen Art. 95 EG sowie Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 verstoßen.

    176

    Die Gemeinschaftsorgane müssten nach Art. 95 Abs. 3 EG bei Annahme von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und des Umweltschutzes alle ihnen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Daten berücksichtigen. Außerdem erlaube Art. 5 der Richtlinie 91/414 der Kommission keine Ausnahme von der Verpflichtung, die Entscheidungen in dem Bereich unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse zu treffen. Diese Auffassung werde von der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz gestützt. Schließlich enthalte Art. 4 der Richtlinie 91/414 einen Hinweis auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, einschlägige Entscheidungen über die Wirkstoffe unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse zu erlassen.

    177

    Zum einen habe die Kommission nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Daten geprüft. Die Klägerin habe der Kommission nämlich im August 2005 mehrere Studien vorgelegt, in denen sie erstens das Expositionsniveau der Hersteller von Dichlorvos, zweitens das Risiko, dem diese Personen ausgesetzt seien, drittens die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Dichlorvos und viertens das Analyseverfahren in Wasser geprüft habe. Außerdem habe sie im März 2006 auch die angeforderte Studie des Analyseverfahrens in Luft vorgelegt. Diese Studien seien entgegen einer entsprechenden Zusicherung niemals bewertet worden. Zum anderen habe die Kommission ihr nicht erlaubt, überzeugendere Daten beizubringen, da sie davon ausgegangen sei, dass die Frist dazu abgelaufen gewesen sei.

    178

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch das Gericht

    — Zur Rüge des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414

    179

    Gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 kann ein Wirkstoff in Anhang I der Richtlinie aufgenommen werden, wenn nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse angenommen werden kann, dass die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, die diesen Wirkstoff enthalten, bei Anwendung gemäß guter Pflanzenschutzpraxis keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier und keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv und v der Richtlinie hat.

    180

    Aus dieser Vorschrift, ausgelegt in Verbindung mit dem Vorsorgegrundsatz, ergibt sich, dass, wenn es um die menschliche Gesundheit geht, das Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte, die, ohne die wissenschaftliche Ungewissheit zu beseitigen, vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit eines Stoffes erlauben, der Aufnahme dieses Stoffes in Anhang I der Richtlinie 91/414 grundsätzlich entgegensteht. Denn der Vorsorgegrundsatz soll potenziellen Risiken vorbeugen (Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, Schweden/Kommission, T-229/04, Slg. 2007, II-2437, Randnr. 161).

    181

    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aus dem Verweis auf den „jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse“ in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 nicht gefolgert werden darf, dass Unternehmen, die die Zulassung eines Wirkstoffs beantragt haben und denen eine Entscheidung über die Nichtaufnahme des Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 droht, die Möglichkeit haben sollten, so lange neue Daten einzureichen, wie die Bedenken hinsichtlich der Unschädlichkeit des Wirkstoffs fortbestehen. Eine solche Auslegung würde dem Ziel des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414, ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier zu gewährleisten, zuwiderlaufen, da es dem Antragsteller, dem zum einen die Beweislast für die Unschädlichkeit des Wirkstoffs obliegt und der zum anderen den fraglichen Wirkstoff am besten kennt, ein Vetorecht im Hinblick auf eine etwaige Entscheidung über die Nichtaufnahme des fraglichen Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 einräumen würde (Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 93).

    182

    Eine solche Auslegung der genannten Vorschrift ist zudem schon deshalb ausgeschlossen, weil die im zehnten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aufgeführte Möglichkeit besteht, (erneut) einen Antrag auf Zulassung des Wirkstoffs im Hinblick auf seine etwaige Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Bayer CropScience u. a./Kommission, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnr. 94).

    183

    Außerdem gibt es, wie schon oben in Randnr. 130 ausgeführt, im Rahmen des allgemeinen Bewertungsverfahrens für Wirkstoffe gemäß der Richtlinie 91/414, genaue Regelungen zu den von den Antragstellern für die Vorlage von Studien und Daten einzuhaltenden Fristen, insbesondere in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 451/2000. Da die Klägerin nicht behauptet, zusätzliche von der EFSA in Übereinstimmung mit dem BEMS bei dem Bewertungstreffen am 9. Februar 2005 angeforderte Daten vorgelegt zu haben, ist festzustellen, dass die von der Kommission unberücksichtigt gelassenen Studien nicht im Einklang mit dieser Vorschrift vorgelegt worden sind.

    184

    Obwohl, wie die Klägerin hervorhebt, Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 451/2000 der Kommission keine Ausnahme von ihrer Pflicht erlaubt, die gemäß der Richtlinie 91/414 angenommenen Entscheidungen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse zu erlassen, muss diese Bestimmung im Einklang mit dem Sinn und Zweck des Art. 5 der Richtlinie 91/414 ausgelegt werden, deren praktische Anwendungsmodalitäten sie festlegt.

    185

    Oben in Randnr. 133 ist aber bereits dargelegt worden, dass die Verlängerung der Frist für die Bewertung eines Wirkstoffs — und gegebenenfalls die Vorlage neuer Daten — nur erforderlich ist, wenn es einerseits nicht unmöglich ist, von den durch die betreffende Regelung festgelegten Fristen abzuweichen, und sich andererseits die Parteien, die einen Wirkstoff angemeldet haben, in einer Situation höherer Gewalt befinden, die sie an der Einhaltung der Verfahrensfristen hindert. Außer dem schon oben in Randnr. 133 erwähnten Fall, in dem die Unmöglichkeit, diese Fristen einzuhalten, auf das widersprüchliche Verhalten der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, können solche Umstände vorliegen, wenn der Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse seit der Einreichung der Unterlagen bei dem BEMS unvorhersehbar fortgeschritten ist.

    186

    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nichts vorgetragen, woraus sich ergäbe, dass sie sich in einer Situation höherer Gewalt befunden hätte, die sie an der Einhaltung der Fristen gehindert hätte. Insbesondere wurde keine neue Entwicklung der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse über Dichlorvos seit Einreichung der Unterlagen bei dem BEMS nachgewiesen, die die Überzeugungskraft der in den Unterlagen enthaltenen Informationen in Frage gestellt hätte.

    187

    Daher ist die Rüge des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 zurückzuweisen.

    — Zur Rüge des Verstoßes gegen Art. 95 Abs. 3 EG

    188

    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission gemäß Art. 95 Abs. 3 EG in ihren dem Rat unterbreiteten Vorschlägen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben, in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau ausgeht und dass sie dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen berücksichtigt. Art. 152 Abs. 1 EG bestimmt, dass bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt wird.

    189

    Außerdem macht die Klägerin in ihren Schriftsätzen geltend, dass Art. 5 der Richtlinie 91/414 sich auf diese Bestimmungen des EG-Vertrags stütze und sie durchführe. Daher fällt das Vorbringen der Klägerin zu Art. 95 Abs. 3 EG mit dem Vorbringen zusammen, das sie auf Art. 5 der Richtlinie 91/414 stützt. Es ist entschieden worden, dass dieses Vorbringen nicht begründet ist. Die Rüge des Verstoßes gegen Art. 95 Abs. 3 EG ist daher ebenfalls zurückzuweisen, ohne dass zu der von der Kommission bestrittenen Anwendbarkeit des Art. 95 Abs. 3 EG Stellung zu nehmen ist.

    — Zur Rüge des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414

    190

    Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen wird, wenn seine Unschädlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse feststeht. Da diese Vorschrift, die die Zulassung für Pflanzenschutzmittel durch die Mitgliedstaaten betrifft, im Wesentlichen entsprechend dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 gefasst ist, müssen beide Vorschriften in der gleichen Weise ausgelegt werden.

    191

    Daher ist unabhängig davon, dass sich diese Vorschrift an die Mitgliedstaaten und nicht an die Kommission richtet, festzustellen, dass wie bei der Rüge des Verstoßes gegen Art. 95 Abs. 3 EG das Vorbringen zum Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 mit dem Vorbringen zu Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie zusammenfällt. Es ist entschieden worden, dass dieses Vorbringen nicht begründet ist. Die Rüge des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 ist daher zurückzuweisen.

    192

    Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Vorbringen der Klägerin, das auf einer Verpflichtung der Kommission, den jeweiligen „Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse“ zu berücksichtigen, beruht, keinen Erfolg haben kann. Der achte Klagegrund ist daher insgesamt als nicht begründet zurückzuweisen.

    Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität und Art. 5 EG

    Vorbringen der Parteien

    193

    Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe, als sie entschieden habe, einen Wirkstoff zu verbieten, ohne zu prüfen, ob diese Entscheidung besser auf der Ebene der Mitgliedstaaten getroffen werden könnte, gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstoßen, auf dem die Richtlinie 91/414 nach ihrem eigenen Bekunden beruhe.

    194

    Die Praxis der Kommission bestehe nämlich darin, zu prüfen, ob ein Wirkstoff unter dem Vorbehalt in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen werden könne, dass den Behörden des Mitgliedstaats zusätzliche oder bestätigende Daten vorgelegt würden, wenn die Inhaber der Zulassung für Pflanzenschutzmittel die Aufrechterhaltung dieser Zulassung rechtfertigen wollten. Diese Praxis führe dazu, dass der Mitgliedstaat, in dem eine Zulassung beantragt werde, dafür Sorge tragen müsse, dass eine letztinstanzliche wissenschaftliche Bewertung des Wirkstoffs, den ein Pflanzenschutzmittel enthält, durchgeführt werde. Es sei daher Sache der Mitgliedstaaten, zu entscheiden, ob die auf nationaler Ebene vorgelegten Daten ausreichten, um sämtlichen Bedenken zu begegnen. Hierbei handele es sich um einen logischen Aspekt des Systems, da die auf eine objektive Risikobewertung gestützte Überprüfung eines Wirkstoffs z. B. die unterschiedlichen Bedingungen nicht in vollem Umfang berücksichtigen könne, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten in geografischer und landwirtschaftlicher Hinsicht herrschten.

    195

    Obwohl die Kommission rechtlich verpflichtet gewesen sei, sich die Frage zu stellen, inwieweit sie besser als die Mitgliedstaaten in der Lage sei, sich mit diesen Bedenken zu befassen, die nach der angefochtenen Entscheidung fortbestünden, habe sie sich jedweder Überlegung in dieser Richtung enthalten.

    196

    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch das Gericht

    197

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Subsidiaritätsprinzip in Art. 5 Abs. 2 EG aufgestellt wird, wonach die Gemeinschaft in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können.

    198

    Außerdem wurde die angefochtene Entscheidung im Einklang mit den in der Richtlinie 91/414 und der Verordnung Nr. 451/2000 vorgesehenen Verfahren erlassen, die die Modalitäten für die zweite und die dritte Phase des in Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Arbeitsprogramms regeln. Die Klägerin beruft sich nicht auf die Rechtswidrigkeit dieser Richtlinie und dieser Verordnung im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität.

    199

    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 91/414 die Zuständigkeiten je nach dem Zweck der betreffenden Maßnahme zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten aufteilt. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln fällt somit gemäß den Art. 3 und 4 der Richtlinie 91/414 in die Verantwortung der Mitgliedstaaten. Im Übrigen sieht Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten ein Pflanzenschutzmittel grundsätzlich nur zulassen können, wenn die betreffenden Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt sind. Außerdem ergibt sich aus Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 451/2000, dass nur die Kommission oder der Rat befugt sind, über die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Wirkstoffs der zweiten Stufe des Arbeitsprogramms in Anhang I der Richtlinie 91/414 zu entscheiden. Diese Bestimmung räumt den Mitgliedstaaten keinesfalls die Möglichkeit ein, eine endgültige Entscheidung darüber zu treffen, ob der betreffende Wirkstoff die Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 erfüllt.

    200

    Da die Regelung für den Erlass der angefochtenen Entscheidung insofern keine Mitwirkung der Mitgliedstaaten vorsah, kann der Kommission kein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip vorgeworfen werden.

    201

    Daher geht der neunte Klagegrund ins Leere und ist deshalb zurückzuweisen.

    202

    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

    Kosten

    203

    Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

     

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Zweite Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.

     

    2.

    Denka International BV trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften.

     

    Pelikánová

    Jürimäe

    Soldevila Fragoso

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. November 2009.

    Unterschriften

    Inhaltsverzeichnis

     

    Rechtlicher Rahmen

     

    Richtlinie 91/414/EWG

     

    Verordnung Nr. 451/2000

     

    Verordnung (EG) Nr. 178/2002

     

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

     

    Verfahren und Anträge der Parteien

     

    Rechtliche Würdigung

     

    Zur Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 20 der Verordnung Nr. 1490/2002

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 7 der Verordnung Nr. 451/2000, Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 und Art. 8 der Verordnung Nr. 451/2000

     

    Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

     

    — Vorbringen der Parteien

     

    — Würdigung durch das Gericht

     

    Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

     

    — Vorbringen der Parteien

     

    — Würdigung durch das Gericht

     

    Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes

     

    — Vorbringen der Parteien

     

    — Würdigung durch das Gericht

     

    Zum zweiten Klagegrund: Fehlen einer wissenschaftlichen Rechtfertigung der angefochtenen Entscheidung

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

     

    Zum ersten Teil des vierten Klagegrundes

     

    — Vorbringen der Parteien

     

    — Würdigung durch das Gericht

     

    Zum zweiten Teil des vierten Klagegrundes

     

    — Vorbringen der Parteien

     

    — Würdigung durch das Gericht

     

    Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Pflicht zu höchster Fachkompetenz und zur Unabhängigkeit wissenschaftlicher Gutachten

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 95 EG sowie gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    — Zur Rüge des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414

     

    — Zur Rüge des Verstoßes gegen Art. 95 Abs. 3 EG

     

    — Zur Rüge des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414

     

    Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität und Art. 5 EG

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Kosten


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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