This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 62007TJ0019
Judgment of the General Court (Third Chamber) of 16 December 2010.#Systran SA and Systran Luxembourg SA v European Commission.#Non-contractual liability - Call for tenders to carry out a project relating to the maintenance and linguistic enhancement of the Commission's machine translation system - Source codes for a computer program being marketed - Infringement of copyright - Unauthorised disclosure of know-how - Action for compensation - Non-contractual dispute - Admissibility - Actual and certain damage - Causal link - Flat-rate assessment of the amount of the damage.#Case T-19/07.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 16. Dezember 2010.
Systran SA und Systran Luxembourg SA gegen Europäische Kommission.
Außervertragliche Haftung - Ausschreibung für die Durchführung eines Vorhabens der Wartung/Pflege und linguistischen Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission - Quellcodes eines auf dem Markt befindlichen Computerprogramms - Verstoß gegen das Urheberrecht - Unberechtigte Weitergabe von Know-how - Schadensersatzklage - Außervertraglicher Rechtsstreit - Zulässigkeit - Tatsächlicher und sicherer Schaden - Kausalzusammenhang - Pauschale Bewertung der Schadenshöhe.
Rechtssache T-19/07.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 16. Dezember 2010.
Systran SA und Systran Luxembourg SA gegen Europäische Kommission.
Außervertragliche Haftung - Ausschreibung für die Durchführung eines Vorhabens der Wartung/Pflege und linguistischen Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission - Quellcodes eines auf dem Markt befindlichen Computerprogramms - Verstoß gegen das Urheberrecht - Unberechtigte Weitergabe von Know-how - Schadensersatzklage - Außervertraglicher Rechtsstreit - Zulässigkeit - Tatsächlicher und sicherer Schaden - Kausalzusammenhang - Pauschale Bewertung der Schadenshöhe.
Rechtssache T-19/07.
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-06083
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2010:526
Rechtssache T‑19/07
Systran SA und
Systran Luxembourg SA
gegen
Europäische Kommission
„Außervertragliche Haftung – Ausschreibung für die Durchführung eines Vorhabens der Wartung/Pflege und linguistischen Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission – Quellcodes eines auf dem Markt befindlichen Computerprogramms – Verstoß gegen das Urheberrecht – Unerlaubte Weitergabe von Know-how – Schadensersatzklage – Außervertraglicher Rechtsstreit – Zulässigkeit – Tatsächlicher und sicherer Schaden – Kausalzusammenhang – Pauschale Bewertung der Schadenshöhe“
Leitsätze des Urteils
1. Schadensersatzklage – Gegenstand – Klage auf Schadensersatz gemäß Art. 288 Abs. 2 EG gegen die Union – Ausschließliche Zuständigkeit des Unionsrichters – Beurteilung des vertraglichen oder außervertraglichen Charakters der ausgelösten Haftung – Kriterien
(Art. 235 EG, 238 EG, 240 EG und 288 Abs. 2 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 113)
2. Schadensersatzklage – Gegenstand – Ersatz der Schäden, die aufgrund eines Verstoßes der Kommission gegen ihre Pflicht zum Schutz der Vertraulichkeit von Know-how entstanden sein sollen – Außervertragliche Grundlage – Zuständigkeit des Unionsrichters
(Art. 235 EG, 287 EG und 288 Abs. 2 EG; Charta der Grundrechte, Art. 41)
3. Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse
(Satzung des Gerichtshofs, Art. 21 Abs. 1 und 53 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44, § 1 Buchst. c)
4. Schadensersatzklage – Zuständigkeit des Unionsrichters – Zuständigkeit, sich zum Vorwurf einer Verletzung des Urheberrechts durch die Kommission zu äußern – Voraussetzungen
(Art. 235 EG und 288 Abs. 2 EG)
5. Schadensersatzklage – Zuständigkeit des Unionsrichters – Verurteilung der Union zum Ersatz eines Schadens nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten im Bereich der außervertraglichen Haftung gemeinsam sind
(Art. 235 EG und 288 Abs. 2 EG)
6. Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht – Tatsächlicher und sicherer Schaden – Kausalzusammenhang
(Art. 288 Abs. 2 EG)
7. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 91/250 – Rechtsschutz von Computerprogrammen – Zustimmungsbedürftige Handlungen – Ausnahmen – Umfang
(Richtlinie 91/250 des Rates, Art. 4 und 5)
8. Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht
(Art. 288 Abs. 2 EG)
1. Im Bereich der vertraglichen Haftung ist der Unionsrichter nur bei Vorliegen einer Schiedsklausel im Sinne von Art. 238 EG zuständig. Fehlt eine solche Klausel, kann das Gericht aufgrund von Art. 235 EG nicht über eine Klage entscheiden, die in Wirklichkeit auf Schadensersatz aus Vertrag gerichtet ist. Andernfalls würde es seine Zuständigkeit über die Rechtsstreitigkeiten hinaus ausdehnen, deren Entscheidung ihm durch Art. 240 EG abschließend vorbehalten ist, da diese Bestimmung gerade den einzelstaatlichen Gerichten die allgemeine Zuständigkeit für die Entscheidung von Streitsachen überträgt, in denen die Union Partei ist. Die Zuständigkeit des Unionsrichters für vertragliche Rechtsstreitigkeiten stellt eine Abweichung vom allgemeinen Recht dar und ist daher eng auszulegen, so dass das Gericht nur über Forderungen entscheiden kann, die auf den Vertrag gestützt werden oder die in unmittelbarem Zusammenhang mit den sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen stehen.
Im Bereich der außervertraglichen Haftung ist dagegen der Unionsrichter zuständig, ohne dass es einer vorherigen Zustimmung der Parteien des Rechtsstreits bedarf. Um seine Zuständigkeit nach Art. 235 EG festzustellen, hat das Gericht anhand des relevanten Akteninhalts zu prüfen, ob dem vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch objektiv und umfassend vertragliche oder außervertragliche Pflichten zugrunde liegen, die für die vertragliche oder die außervertragliche Grundlage des Rechtsstreits kennzeichnend sind. Die relevanten Gesichtspunkte können sich insbesondere aus der Prüfung des Parteivorbringens, aus der Ursache des geltend gemachten Schadens und aus dem Inhalt der vertraglichen oder der außervertraglichen Bestimmungen ergeben, die zur Beurteilung der streitigen Frage angeführt werden. Wird das Gericht im Bereich der außervertraglichen Haftung tätig, kann es daher sehr wohl den Inhalt eines Vertrags prüfen – wie bei jedem Dokument, auf das sich eine Partei zur Stützung ihres Vorbringens beruft –, um festzustellen, ob dieser Vertrag geeignet ist, die ihm durch Art. 235 EG ausdrücklich zugewiesene sachliche Zuständigkeit in Frage zu stellen. Diese Prüfung gehört zur Würdigung der Tatsachen, die vorgebracht werden, um die Zuständigkeit des Gerichts darzutun, die eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung im Sinne von Art. 113 der Verfahrensordnung ist.
(vgl. Randnrn. 58-62)
2. Der Grundsatz, nach dem die Unternehmen Anspruch auf Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse haben und der in Art. 287 EG seinen Ausdruck findet, ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts. Auch Art. 41 der Charta der Grundrechte spricht von der Verpflichtung der Verwaltung zur Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses.
Die Geschäftsgeheimnisse schließen die technischen Informationen bezüglich des Know-how ein, durch deren Preisgabe die Interessen des Auskunftgebers nicht nur dann, wenn sie an die Öffentlichkeit erfolgt, sondern auch bei bloßer Weitergabe an einen Dritten schwer beeinträchtigt werden können. Informationen fallen ihrem Wesen nach zunächst nur dann in den Anwendungsbereich des Art. 287 EG, wenn sie nur einer beschränkten Zahl von Personen bekannt sind. Ferner muss es sich um Informationen handeln, durch deren Offenlegung dem Auskunftgeber oder Dritten ein ernsthafter Nachteil entstehen kann. Schließlich ist erforderlich, dass die Interessen, die durch die Offenlegung der Information verletzt werden können, objektiv schützenswert sind.
Geht es in einem gegebenen Fall um die Beurteilung des angeblich pflichtwidrigen und schädigenden Charakters der Weitergabe von Informationen, die aufgrund eines Eigentumsrechts oder als Know-how geschützt sind, durch die Kommission an Dritte ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Inhabers des Eigentumsrechts oder des Know-how anhand der insoweit geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, nicht aber anhand von Vertragsbestimmungen in Verträgen, die in der Vergangenheit in Bezug auf Fragen geschlossen wurden, die nicht das Urheberrecht und das Know-how des Klägers betreffen, ist der Rechtsstreit außervertraglicher Natur.
(vgl. Randnrn. 79-80, 103)
3. Die Klageschrift muss den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Unionsrichter die Ausübung der richterlichen Kontrolle zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Um diesen Anforderungen zu genügen, muss eine Klageschrift, die auf Ersatz von durch ein Organ verursachten Schäden gerichtet ist, die Angaben enthalten, anhand deren sich das dem Organ von der Klägerin vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt.
(vgl. Randnrn. 107-108)
4. Wenn im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung der Begriff der Urheberrechtsverletzung in Verbindung mit dem des Schutzes der Vertraulichkeit des Know-how nur herangezogen wird, um das Verhalten der Kommission als rechtswidrig zu qualifizieren, erfolgt die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Verhaltens unter Berücksichtigung der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, und erfordert keine vorherige Entscheidung einer zuständigen nationalen Stelle.
Da somit der Unionsrichter nach Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG im Bereich der außervertraglichen Haftung zuständig ist und ein nationaler Rechtsweg, der die Möglichkeit böte, von der Kommission Ersatz des einem Kläger nach seinem Vortrag aufgrund der Verletzung des Urheberrechts an einer Software entstandenen Schadens zu erlangen, nicht besteht, hindert nichts daran, den von dem Kläger verwendeten Begriff der Rechtsverletzung heranzuziehen, um das Verhalten der Kommission als rechtswidrig im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zu qualifizieren.
Der Begriff der Rechtsverletzung, den der Kläger im Rahmen einer solchen Klage verwendet, bestimmt sich allein anhand der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind und die bezüglich der Computerprogramme in mehreren Harmonisierungsrichtlinien wiedergegeben sind oder aufgestellt werden. Das Gericht ist somit im Rahmen einer solchen Schadensersatzklage zuständig, eine Rechtsverletzung in dem Sinne festzustellen, der diesem Begriff von einer zuständigen nationalen Stelle eines Mitgliedstaats nach Maßgabe des Rechts dieses Mitgliedstaats beigelegt werden könnte.
(vgl. Randnrn. 115-117)
5. Den Art. 288 Abs. 2 EG und 235 EG ist zu entnehmen, dass der Unionsrichter die Befugnis besitzt, der Union jede Form des Schadensausgleichs aufzuerlegen, die mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der außervertraglichen Haftung gemeinsam sind, in Einklang steht, und zwar, soweit sie diesen Grundsätzen entspricht, auch eine Naturalrestitution, die gegebenenfalls die Form einer Anordnung eines bestimmten Handelns oder Unterlassens annehmen kann. Die Union kann daher einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Maßnahme des Unionsrichters nicht grundsätzlich entzogen bleiben, da ausschließlich dieser dafür zuständig ist, über Klagen auf Ersatz eines Schadens zu entscheiden, für den die Union haftet.
Ein vollständiger Ausgleich des geltend gemachten Schadens in einem Fall, in dem der Kommission eine Verletzung eines Urheberrechts vorgeworfen wird, setzt voraus, dass der unbeeinträchtigte Zustand des Rechts des Inhabers wiederhergestellt wird, was unabhängig von etwaigen bezifferten Schadensersatzbeträgen zumindest die sofortige Einstellung der Rechtsverletzung umfasst. Der vollständige Ausgleich des Schadens kann in einem solchen Fall auch die Form der Beschlagnahme oder Zerstörung des Produkts der Rechtsverletzung oder der Veröffentlichung der Entscheidung des Gerichts auf Kosten der Kommission annehmen.
(vgl. Randnrn. 120-123)
6. Die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG hängt vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich der Rechtswidrigkeit des dem Organ vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden.
Das einem Organ vorgeworfene rechtswidrige Verhalten muss einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstellen, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll. Wenn das betreffende Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Unionsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen.
Der Schaden, für den Ersatz begehrt wird, muss tatsächlich und sicher sein, und es muss ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Organs und dem Schaden bestehen.
(vgl. Randnrn. 126-127, 268)
7. Die in Art. 5 der Richtlinie 91/250 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen vorgesehene gesetzliche Ausnahme von den in Art. 4 der Richtlinie umschriebenen Handlungen, die dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers des Programms unterliegen, kann nur auf die Arbeiten angewandt werden, die vom rechtmäßigen Erwerber des Computerprogramms ausgeführt werden, nicht aber auf die Arbeiten, die von diesem Erwerber an einen Dritten vergeben werden. Die Ausnahme ist auch auf die Handlungen beschränkt, die für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig sind.
(vgl. Randnr. 225)
8. Es stellt eine hinreichend schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte und des Know-how eines Unternehmens an einer Software dar, durch die die außervertragliche Haftung der Union ausgelöst wird, wenn sich die Kommission ohne vorherige Zustimmung dieses Unternehmens das Recht nimmt, Arbeiten durchzuführen, die zu einer Änderung von in der Software enthaltenen Elementen, wie z. B. der Quellcodes, führen müssen.
(vgl. Randnrn. 250, 261)
URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
16. Dezember 2010(*)
„Außervertragliche Haftung – Ausschreibung für die Durchführung eines Vorhabens der Wartung/Pflege und linguistischen Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission – Quellcodes eines auf dem Markt befindlichen Computerprogramms – Verstoß gegen das Urheberrecht – Unerlaubte Weitergabe von Know-how – Schadensersatzklage – Außervertraglicher Rechtsstreit – Zulässigkeit – Tatsächlicher und sicherer Schaden – Kausalzusammenhang – Pauschale Bewertung der Schadenshöhe“
In der Rechtssache T‑19/07,
Systran SA mit Sitz in Paris (Frankreich),
Systran Luxembourg SA mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg),
Prozessbevollmächtigte: J.-P. Spitzer und E. De Boissieu, Rechtsanwälte,
Klägerinnen,
gegen
Europäische Kommission, vertreten zunächst durch E. Montaguti und F. Benyon, dann durch E. Traversa und Montaguti als Bevollmächtigte im Beistand von A. Berenboom und M. Isgour, Rechtsanwälte,
Beklagte,
wegen Klage auf Ersatz des Schadens, der den Klägerinnen durch Rechtsverstöße im Anschluss an eine Ausschreibung der Kommission für die Wartung/Pflege und linguistische Verbesserung ihres maschinellen Übersetzungssystems entstanden sein soll,
erlässt
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richterin E. Cremona und des Richters S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter),
Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2009
folgendes
Urteil
Sachverhalt
I – Die verschiedenen Versionen der Software Systran
1 Vier Versionen der Software für maschinelle Übersetzungen Systran (auch Systran-System genannt) sind zu unterscheiden:
– die ursprüngliche Version (im Folgenden: Systran Mainframe), die 1968 von Herrn Toma entwickelt und von dem kalifornischen Unternehmen World Translation Center, Inc. (WTC), und anderen verbundenen Gesellschaften vermarktet wurde (im Folgenden zusammen: WTC-Gruppe);
– die ursprünglich von der Europäischen Kommission genutzte Version (im Folgenden: EC-Systran Mainframe), die Gegenstand einer Reihe von in den Jahren 1975 bis 1987 geschlossenen Verträgen zwischen der WTC-Gruppe und der Kommission, einer Reihe von Verträgen zwischen der Kommission und Dienstleistungserbringern und einer Reihe von Verträgen zwischen der Systran-Gruppe (Übernehmerin der WTC-Gruppe) und der Kommission war;
– die neue Version (im Folgenden: Systran Unix), die von der ersten Klägerin, Systran SA (im Folgenden: Systran), nach Übernahme der WTC-Gruppe im Jahr 1986 für den Betrieb in einer Unix- und Windows-Umgebung erstellt wurde; diese Version war von der Systran-Gruppe ab 1993 entwickelt worden;
– die von der Kommission genutzte neue Version (im Folgenden: EC-Systran Unix), die Gegenstand eines 1997 zwischen der zweiten Klägerin, Systran Luxembourg SA (im Folgenden: Systran Luxembourg), und der Kommission geschlossenen Vertrags war.
II – Die Geschichte der Beziehungen zwischen den Parteien
2 Um die Reichweite der Eigentums- und Nutzungsrechte an den verschiedenen Versionen der von der Kommission genutzten Software Systran, d. h. EC-Systran Mainframe und EC-Systran Unix, zu bestimmen, ist eine Darstellung der Geschichte der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien erforderlich, nämlich zwischen der WTC-Gruppe und der Systran-Gruppe, die später die WTC-Gruppe übernahm, einerseits und der Kommission andererseits. Die Kommission beruft sich auf diese Geschichte für ihren Vortrag, dass die vorliegende Klage eine vertragliche Grundlage habe, während die Klägerinnen geltend machen, dass keiner der genannten Verträge – auf die sie sich im Übrigen auch nicht berufen – Auswirkungen auf ihre Rechte des geistigen Eigentums und die Klage habe.
A – Erster Zeitraum: von Systran Mainframe zu EC-Systran Mainframe
3 Die Parteien sind sich darin einig, dass der Urheber der Software für maschinelle Übersetzungen Systran Herr Toma ist und dass die Gesellschaften der WTC-Gruppe alleinige Eigentümer der Version Mainframe dieser Software waren.
1. Ursprünglich geschlossene Verträge zwischen WTC (und anderen Gesellschaften) und der Kommission
4 Am 22. Dezember 1975 unterzeichneten WTC und die Kommission einen Vertrag zum einen über die Installation und die Entwicklung des maschinellen Übersetzungssystems Systran Englisch-Französisch und zum anderen über die Entwicklung des maschinellen Übersetzungssystems Systran Französisch-Englisch (im Folgenden: ursprünglicher Vertrag).
5 Art. 1 Abs. 1 („Gegenstand“) des ursprünglichen Vertrags lautet wie folgt:
„Der Vertragspartner übernimmt für Rechnung der Kommission die weitere Entwicklung seines maschinellen Übersetzungssystems SYSTRAN Englisch-Französisch (im Folgenden: Basissystem) sowie die Entwicklung eines maschinellen Übersetzungssystems SYSTRAN Französisch-Englisch.“
6 Art. 3 („Vergütung“) des ursprünglichen Vertrags lautet:
„Für die aufgrund dieses Vertrags erbrachten Leistungen zahlt die Kommission an den Vertragspartner eine Vergütung in Höhe von 161 800 USD gemäß den folgenden Bedingungen:
…
Dieser Betrag ist das Entgelt für die Einräumung des Nutzungsrechts am Basissystem während der gesamten Laufzeit des Vertrags. Er enthält alle Ausgaben des Vertragspartners, die diesem durch die Ausführung des Vertrags entstehen, einschließlich Personalkosten, Rechenzeit, Fahrtkosten und Lieferkosten.“
7 Art. 4 („Nutzung des Systems nach Vertragsbeendigung“) des ursprünglichen Vertrags lautet:
„a) Die Vertragsparteien sind sich einig, dass der Vertragspartner der Kommission die Rechte an dem System, wie dieses im Zeitpunkt des Vertragsablaufs besteht (im Folgenden: Modifiziertes System), und an der zugehörigen Dokumentation nur eingeschränkt einräumt, nämlich ausschließlich für die eigenen Bedürfnisse der Kommission und für die entsprechenden Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltungen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und nur für die Übersetzung aus dem Englischen in das Französische und aus dem Französischen in das Englische, dies allerdings ohne zeitliche Beschränkung. …
b) Will die Kommission nach Durchführung des vorliegenden Vertrags das Modifizierte System intern oder über Dritte unter Verwendung anderer Kombinationen von Gemeinschaftssprachen weiterentwickeln, so zahlt sie dem Vertragspartner einen Pauschalbetrag von höchstens 100 000 USD für das erste Sprachenpaar und 80 000 USD für jedes weitere Sprachenpaar bzw. 200 000 USD für jede Kombination, die eine neue Sprache enthält. Diese Beträge umfassen das Recht der Kommission auf ausschließliche und freie Nutzung des Basissystems ohne zeitliche Beschränkung.
Will die Kommission ferner den Vertragspartner damit beauftragen, das Modifizierte System unter Verwendung eines anderen Sprachenpaars weiter zu entwickeln, zahlt sie dem Vertragspartner einen Pauschalbetrag von höchstens 25 000 USD für das erste Sprachenpaar und 20 000 USD für jedes weitere Sprachenpaar bzw. 50 000 USD für jede Kombination, die eine neue Sprache enthält.
c) Der Vertragspartner ist berechtigt, das Modifizierte System, wie es im Rahmen des vorliegenden Vertrags und der späteren Entwicklungsverträge durch Verwendung anderer Sprachenpaare gemäß Buchst. b Abs. 2 entwickelt wurde, für eigene Rechnung und zu eigenen Zwecken mit Ausnahme des speziell für die Kommission entwickelten Wortschatzes zu nutzen. Der Zugriff auf den Wortschatz wird dem Vertragspartner von Fall zu Fall gegen Zahlung eines Jahresmietzinses von höchstens 20 % der Kosten gewährt; eine unentgeltliche Überlassung an den Vertragspartner erfolgt nur zu Demonstrationszwecken.“
8 Art. 5 Buchst. f des ursprünglichen Vertrags sieht vor, dass auf den Vertrag luxemburgisches Recht Anwendung findet und dass für Rechtsstreitigkeiten die luxemburgischen Gerichte zuständig sind.
9 Im Anschluss an den ursprünglichen Vertrag schloss die Kommission in den Jahren 1976 bis 1987 mit Gesellschaften der WTC-Gruppe zahlreiche Verträge, um zum einen das Systran-System zu verbessern und zum anderen neue Sprachenpaare zu entwickeln (insgesamt neun Sprachenpaare).
10 Darüber hinaus schloss die Kommission mit verschiedenen Unternehmen, die nicht zur WTC-Gruppe gehörten und nicht Partei des Vertrags waren, Verträge, die diesen erlaubten, das Systran-System für die Regierungsstellen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsorgane zu nutzen. In einem dieser Verträge, der als „Vereinbarung über technische Zusammenarbeit“ bezeichnet und am 18. Januar 1985 mit der französischen Gesellschaft Gachot SA (im Folgenden: Gachot) geschlossen wurde, erklärte die Kommission, dass „das Systran-System, Software und Wörterbuch, … Eigentum der Kommission [bleibt]“ (Art. 4 [„Nutzungsrechte“]). Aufgrund dieser Vereinbarung erlaubte die Kommission Gachot, „ihr maschinelles Übersetzungssystem Systran für die Stellen des europäischen öffentlichen Sektors“ zu nutzen, während Gachot der Kommission als Gegenleistung Informationen über die erstellten Übersetzungen zur Verfügung stellte, durch die die Kommission die Leistungen des Systems verbessern konnte (Art. 1 [„Gegenstand“]). Die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und Gachot erfolgte ohne finanzielle Zuwendungen (Art. 3 [„Kosten“]).
2. Vertrag über Zusammenarbeit zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission
11 Aufgrund einer Reihe von Verträgen, die ab September 1985 geschlossen wurden, erwarb Gachot die Gesellschaften der WTC-Gruppe, die Eigentümer der Systran-Technologie und der Version Systran Mainframe waren, und wurde nach diesem Erwerb zu Systran.
12 Mit Schreiben des Generaldirektors der Generaldirektion (GD) Telekommunikation, Informationsindustrie und Innovation vom 2. Februar 1987 richtete die Kommission eine Reihe von Fragen an Gachot, die diese mit Schreiben vom 5. Februar 1987 beantwortete:
„Frage 1: Kann Herr Gachot den Nachweis führen, dass er (oder die Gesellschaft Gachot …) Eigentümer oder Mehrheitsaktionär der WTC-Gesellschaften und des Systran Instituts ist und alle Verpflichtungen übernimmt, die diese Gesellschaften der Kommission gegenüber eingegangen sind?“
„Antwort: Unsere Gesellschaft hat sämtliche WTC- und Latsec-Aktien [von Herrn] Toma und 76 % der Aktien von Systran Institut erworben. Wir sind daher befugt, im Namen der Gruppe aufzutreten und diese gegenüber der Kommission zu vertreten.“
„Frage 2: Was wird aus den Verbindlichkeiten werden, wenn Herr Gachot (oder die Gesellschaft Gachot) nicht mehr Eigentümer (oder Mehrheitsaktionär) dieser Gesellschaften ist? Steht Herr Gachot dafür ein, dass diese Verbindlichkeiten vom eventuellen Erwerber erfüllt werden?“
„Antwort: Eine Veräußerung ist nicht geplant. Im Gegenteil, die Entwicklungspolitik unserer Gruppe ist in diesem Bereich auf Dauer angelegt. Auch braucht sich die Kommission in diesem Bereich keine Sorgen zu machen, da die Verträge zwischen WTC und der Kommission, d. h. zwischen juristischen Personen, geschlossen wurden und eine Änderung, die sich beim Besitz der Aktien dieser Gesellschaften ergeben könnte, die bestehenden Verträge auf keinen Fall in Frage stellen kann.“
„Frage 3: Kann Herr Gachot bestätigen, dass die Kommission infolge der mit WTC und Systran Institut geschlossenen Verträge nichtausschließliche Verwertungsrechte für den europäischen öffentlichen Sektor an [neun] Sprachversionen von Systran besitzt?“
„Antwort: Aus den zwischen WTC und der Kommission geschlossenen Verträgen … ergibt sich eindeutig, dass der Kommission nichtausschließliche Nutzungsrechte für die eigenen Bedürfnisse und für die Bedürfnisse der Regierungsstellen der Mitgliedstaaten der Kommission zustehen, und zwar für die Sprachversionen von Systran II in den von ihr erworbenen Sprach[-kombinationen] …“
„Frage 8: Ist Herr Gachot weiterhin einverstanden, zwischenstaatlichen Stellen, deren Zuständigkeitsgebiet über das Gebiet der Gemeinschaft hinausgeht, die Nutzung [der Software] Systran gegen Zahlung einer an ihn zu entrichtenden Lizenzgebühr zu erlauben?“
„Antwort: Die Gesellschaft Gachot hat selbstverständlich die Absicht, internationalen Stellen, deren Zuständigkeitsgebiet über das Gebiet der Gemeinschaft hinausgeht, das Systran-System zur Verfügung zu stellen, und zwar nach Maßgabe der einzelnen Verträge, die zwischen ihr und diesen Stellen geschlossen werden …“
„Frage 14: Wäre WTC bereit, der Kommission die Verwertungsrechte für ein Systran-System Spanisch-Englisch zu denselben Bedingungen wie bisher einzuräumen? Wäre der Preis derselbe wie für das System Deutsch-Englisch?“
„Antwort: WTC ist voll und ganz damit einverstanden, der Kommission ein nichtausschließliches Verwertungsrecht für Spanisch-Englisch, eventuell auch für Italienisch-Englisch und Portugiesisch-Englisch einzuräumen. Der Preis und die Bedingungen werden sich im Wesentlichen nach dem Entwicklungsstand richten, den die Systeme zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Kommission erreicht haben werden.“
„Frage 15: Wäre WTC bereit, neue Systeme mit Dänisch und Griechisch als Zielsprache zu entwickeln und sie der Kommission mit (nichtausschließlichen) Verwertungsrechten für die öffentlichen und privaten Sektoren zu überlassen?“
„Antwort: WTC ist damit einverstanden, Systeme mit europäischen Sprachkombinationen sowie sonstige von der Kommission eventuell benötigte Systeme zu entwickeln.“
„Frage 16: Wäre Herr Gachot [an] einer Umstellung des Systran-Systems in der Programmiersprache C unter Unix interessiert, wodurch deren Portabilität im IT-Bereich gesteigert würde? Wäre er bereit, die erforderliche Investition (die sich wahrscheinlich auf eine Million ECU belaufen wird) ganz oder teilweise zu finanzieren?“
„Antwort: Die Konversion des Systran-Systems in die Programmiersprache C unter Unix ist ein Vorhaben, das wir in Betracht gezogen haben. Zunächst erschien uns viel wichtiger, unsere Bemühungen auf die Verbesserung der Übersetzungsqualität und auf die Vereinheitlichung der verschiedenen Versionen des Systran-Systems zu richten. Die Umstellung des Systran-Systems auf den Betrieb unter Unix ist zwar ausgesprochen interessant, bleibt jedoch daran gebunden, dass sich die Finanzmittel konkretisieren …“
13 Mit Telefax vom 5. März 1987, das ein Beamter der GD Telekommunikation, Informationsindustrie und Innovation an Gachot richtete, gab die Kommission den Inhalt der auszuhandelnden „Systran-Vereinbarung“ wie folgt wieder:
„Rechte, Gegenstand und Verpflichtungen
Die im Rahmen der Vereinbarung erworbenen Rechte der Parteien sind völlig ausgewogen.
Die Systran-Gruppe ist Eigentümerin der Basissoftware, und die Nutzungsrechte der Kommission bezüglich ihrer neun Sprachen[-paare] erstrecken sich nur auf die Gemeinschaftsorgane und die amtlichen Stellen der Mitgliedstaaten.
Demgegenüber ist die Kommission Eigentümerin der Wörterbücher, die sie seit 1975 aktualisiert hat.
Beide Parteien haben für den Erwerb ihrer Rechte jeweils etwa 8 Millionen ECU investiert und wollen diese Investitionen daher gewinnbringend einsetzen.
Die Kommission ist moralisch verpflichtet, die Wirtschaft der Gemeinschaft an der mit den Mitteln der Steuerpflichtigen finanzierten Investition teilhaben zu lassen, während die Systran-Gruppe mit der Vermarktung des Systems in Europa zügig beginnen möchte.
Diese beiden Ziele sind deckungsgleich und im Rahmen der vorgeschlagenen Vereinbarung miteinander vereinbar.
Es liegt ferner im Interesse der Kommission und der Systran-Gruppe, durch Harmonisierung der Software und der Wörterbücher [aus der Software] Systran ein wirksames Instrument zu machen. …“
14 Am 4. August 1987 unterzeichneten die Systran-Gruppe und die Kommission einen Vertrag über die gemeinsame Organisation der Weiterentwicklung und Verbesserung des Übersetzungssystems Systran für die gegenwärtigen und die künftigen Amtssprachen der Gemeinschaft sowie über seine Durchführung (im Folgenden: Vertrag über Zusammenarbeit).
15 Der Vertrag über Zusammenarbeit stellte in einer „Vorbemerkung“ Folgendes fest:
„1. Das von der Gesellschaft WTC konzipierte Systran-System ist ein maschinelles Übersetzungssystem, das aus Basissoftware, linguistischer und peripherer Software sowie verschiedenen zweisprachigen Wörterbüchern besteht.
2. Am 22. September 1975 schloss die Kommission mit der Gesellschaft WTC einen Vertrag über die Nutzung des Systran-Systems durch die Kommission und über die Entwicklung dieses Systems durch WTC.
Die Kommission und WTC schlossen später weitere Verträge, die sich zum einen auf die Verbesserung des bestehenden Systems und zum anderen auf die Entwicklung von Systemen für [neue] Sprachen[-paare] bezogen.
Zweck dieser zwischen 1976 und 1985 geschlossenen Verträge war die Weiterentwicklung und Verbesserung der Übersetzungssoftware und der Basiswörterbücher für die betreffenden Sprachen.
3. Die Wartung/Pflege und die Weiterentwicklung der Systeme wurden durch eine andere Reihe von Verträgen geregelt, die zwischen der Kommission und Dienstleistungsunternehmen geschlossen wurden. Diese Verträge betreffen die eigenen Bedürfnisse und Zwecke der Kommission.
4. Seit 1985 schloss die Kommission mit verschiedenen Unternehmen Verträge, mit denen diesen erlaubt wurde, das Systran-System für die Regierungsstellen und die Organe der Europäischen Gemeinschaften zu nutzen, als Gegenleistung für Informationen, die es der Kommission ermöglichen, die Leistung des Systems zu verbessern.
5. Die Parteien stellen daher fest, dass die Kommission eine Lizenz zur Nutzung des Basissystems und der von WTC vorgenommenen Verbesserungen … besitzt, die auf die Nutzung im Gebiet der Europäischen Gemeinschaften in den oben in Nr. 4 bezeichneten Sektoren beschränkt ist.
6. Die von der Kommission und ihren Vertragspartnern vorgenommenen [oben in Nr. 3 genannten] Verbesserungen und Weiterentwicklungen des Systran-Systems, insbesondere die Wörterbücher, stehen im alleinigen Eigentum der Kommission.
7. Die Parteien sind der Auffassung, dass es in ihrem Interesse und dem der Nutzer liegt, das System ständig zu verbessern. Sie haben beschlossen, den vorliegenden Vertrag über Zusammenarbeit zu schließen, um in gemeinsamer Anstrengung die Verbesserung weiter voranzutreiben.
In diesem Geist räumen sich die Parteien gegenseitig ein Recht auf Nutzung des Systran-Systems ein, das Entwicklungen aufgrund von Neuerungen unterliegen kann, die sich aus der Nutzung des Systems im privaten und öffentlichen Sektor ergeben.“
16 Art. 4 („Eigentumsrechte“) des Vertrags über Zusammenarbeit lautet:
„Die verschiedenen Sprachversionen von Systran und ihre Komponenten bleiben im Eigentum der Parteien, denen sie zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung gehörten.
Die Gesellschaften der Systran-Gruppe verpflichten sich, ihre Eigentumsrechte nur nach vorheriger Ankündigung und nach Zustimmung der Dienststellen der Kommission zu übertragen. Der Erwerber muss damit einverstanden sein, die aufgrund dieses Vertrags über Zusammenarbeit bestehenden Rechte und Pflichten der genannten Gesellschaften zu übernehmen.“
17 In der Einführung des Anhangs I des Vertrags über Zusammenarbeit heißt es:
„Während die Kommission stets Eigentümerin der Wörterbücher und anderer von ihr für unterschiedliche Versionen von Systran entwickelten Komponenten war, waren die Eigentumsrechte an der Basissoftware auf mehrere Gesellschaften verteilt, und die Kommission hatte Verträge und Vereinbarungen über die Nutzung des Systems und seiner Verbesserungen und Weiterentwicklungen u. a. mit [WTC] und Systran Institut geschlossen.
Da die Gesellschaft Gachot … seit Anfang 1986 Hauptaktionärin dieser Gesellschaften ist, wurde der vorliegende Gesamtvertrag über die Weiterentwicklung und Nutzung von Systran zwischen allen beteiligten Parteien geschlossen …“
18 Art. 4bis („Verbesserungen und Entgelte“) des Vertrags über Zusammenarbeit lautet:
„Jede Weiterentwicklung und Verbesserung des Systems, die sich aus dessen Verwertung durch die Systran-Gruppe ergibt, wird der Kommission unverzüglich mitgeteilt und ihr zur Verfügung gestellt.
Jede Weiterentwicklung und Verbesserung des Systems, die sich aus dessen Verwertung durch die Kommission ergibt, wird der Systran-Gruppe unverzüglich mitgeteilt und ihr zur Verfügung gestellt.
Jede Änderung des Systems, die ihren Ursprung nicht in dessen eigentlicher Verwertung hat, ist Gegenstand einer Verhandlung zwischen den Parteien.
Während der ersten zwei Jahre kann jede Partei die von der anderen Partei vorgenommenen Weiterentwicklungen und Verbesserungen nutzen, ohne deshalb zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet zu sein.
Nach Ablauf des genannten Zeitraums werden die Kommission und die Systran-Gruppe unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen die Vertragsbedingungen für ihre zukünftige Zusammenarbeit festlegen.“
19 Art. 5 des Vertrags über Zusammenarbeit bezüglich der „Nutzungsrechte“ lautet:
„a) Die Kommission hat das Recht, im öffentlichen Sektor auf dem Gebiet der Gemeinschaft das gemeinsame System in seiner weitest entwickelten Version zu nutzen und den im Gebiet der Gemeinschaft errichteten nationalen und internationalen öffentlichen Stellen Nutzungsrechte an diesem System gemäß Nr. 4 der Vorbemerkungen einzuräumen.
b) …
c) Die Gesellschaften der Systran-Gruppe verpflichten sich, jeder privaten Stelle die Nutzung des Systems zu Bedingungen zu gestatten, die dem Handelsbrauch entsprechen.“
20 Nach den Art. 11 und 12 des Vertrags über Zusammenarbeit gilt für den Vertrag belgisches Recht, und Streitigkeiten zwischen den Parteien bezüglich Auslegung, Erfüllung oder Nichterfüllung des Vertrags sind vor einem Schiedsgericht auszutragen.
21 Zwischen 1988 und 1989 schloss die Kommission mit Gachot vier Verträge zwecks Erwerbs eines Nutzungsrechts an der Software Systran für die Sprachenpaare Deutsch-Englisch, Deutsch-Französisch, Englisch-Griechisch, Spanisch-Englisch und Spanisch-Französisch.
22 Mit Einschreiben vom 11. Dezember 1991 kündigte die Kommission den Vertrag über Zusammenarbeit gemäß dessen Art. 8 mit einer Frist von sechs Monaten. Nach dieser Vertragsbestimmung sollte nach Ablauf einer Frist von drei Jahren das Systran-System der jeweiligen Partei auf dem Stand zur Verfügung stehen, den es für diese erreicht haben wird. Nach Auffassung der Kommission war diese Kündigung gerechtfertigt, weil Systran ihren Vertragspflichten nicht nachgekommen sei und die Bezahlung der Weiterentwicklungen verlangt habe, die die Kommission in Bezug auf zwei Sprachenpaare (Französisch-Italienisch und Französisch-Spanisch) vorgenommen habe und die Systran aufgrund des Vertrags für Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt worden seien. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags für Zusammenarbeit umfasste die Version EC-Systran Mainframe sechzehn Sprachversionen.
23 In der Folgezeit entwickelte und vermarktete die Systran-Gruppe eine neue Version der Software Systran (Systran Unix), die unter den Betriebssystemen Unix und Windows lauffähig war, während die Kommission die Version EC-Systran Mainframe entwickelte, die die vorstehend genannten sechzehn Sprachenpaare und darüber hinaus das Sprachenpaar Griechisch-Französisch umfasste, das mit Hilfe eines externen Vertragspartners entwickelt worden war, und die unter dem Betriebssystem Mainframe lief, das mit den Betriebssystemen Unix und Windows nicht kompatibel war.
B – Zweiter Zeitraum: von Systran Unix zu EC‑Systran Unix
24 Damit die Version EC-Systran Mainframe in der Umgebung von Unix und Windows laufen konnte, wurden zwischen Systran Luxembourg und der Kommission vier Verträge geschlossen (im Folgenden: Umstellungsverträge).
25 Vor der Unterzeichnung des ersten Umstellungsvertrags bat die Kommission Systran schriftlich am 19. Dezember 1997, ihr Einverständnis zu einer Reihe von Punkten zu erklären, darunter den beiden folgenden:
„1. Benutzung des Namens Systran
Bei den Darstellungen sowie in der Dokumentation oder im Schriftverkehr beziehen wir uns häufig auf das ‚maschinelle Übersetzungssystem der Kommission‘. Da dieses System auf dem Systran-System basiert, wäre es zutreffender, bei diesen Anlässen den Namen Systran oder … EG-Version von Systran zu verwenden.
2. Grundsatz einer gegenseitigen Nutzung der Systeme der [Gesellschaft] Systran … und der Kommission
Die Kommission kann die Produkte der Gesellschaft Systran … auf ihrem Server nutzen. Die Gesellschaft Systran kann das System der Kommission nutzen.
Die Gesellschaft Systran … und ihre Tochtergesellschaften verpflichten sich bereits jetzt, aus den in der Vergangenheit zwischen der ‚Systran-Gruppe‘ und der Kommission geschlossenen Verträgen keine finanziellen Ansprüche geltend zu machen.“
26 Am 22. Dezember 1997, dem Tag der Unterzeichnung des ersten Umstellungsvertrags, nahm Systran zu der Bitte der Kommission wie folgt Stellung:
„1. Benutzung des Namens Systran
Wir bestätigen Ihnen hiermit, dass wir mit der Benutzung der Marke SYSTRAN durch die Kommission einverstanden sind. Diese Benutzung muss systematisch für alle maschinellen Übersetzungssysteme erfolgen, die sich aus dem ursprünglichen Systran-System ableiten. Wir räumen Ihnen daher ein Recht auf Benutzung der Marke SYSTRAN allein zum Zweck der Verbreitung oder Bereitstellung des maschinellen Übersetzungssystems Systran ein.
2. Grundsatz einer gegenseitigen Nutzung der Systeme der [Gesellschaft] Systran … und der Kommission
Wir bestätigen Ihnen hiermit, dass die Kommission die Produkte Systran in der Umgebung von Unix und/oder Windows für ihre internen Bedürfnisse nutzen kann.
Die Gesellschaft Systran verpflichtet sich, im Zusammenhang mit der Durchführung der in der Vergangenheit zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission geschlossenen Verträge keine finanziellen Ansprüche geltend zu machen.“
27 Art. 2 des ersten Umstellungsvertrags, der zwischen Systran Luxembourg und der Kommission geschlossen wurde, definiert das „maschinelle Übersetzungssystem der Kommission“ wie folgt:
„Unter dem maschinellen Übersetzungssystem der Kommission mit der Bezeichnung ‚Systran EC version‘ [EG-Version von Systran] ist eine besondere Version des maschinellen Übersetzungssystems Systran zu verstehen, das ursprünglich von ‚World Translation Center‘, La Jolla, USA, entwickelt worden war und das die Europäische Kommission seit 1976 für interne Zwecke weiterentwickelt hat. Das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission unterscheidet sich von der ‚Systran Original Version‘ [ursprüngliche Version des Systems Systran], d. h. dem von Systran SA France und ihren Tochtergesellschaften entwickelten und vermarkteten maschinellen Übersetzungssystem.“
(The Commission’s machine translation system, or „Systran EC version“, designates a specific version of the Systran machine translation system originally developed by the World Translation Center, La Jolla, USA, which since 1976 has been further developed by the European Commission for internal purposes. The Commission’s machine translation system is distinct from the „Systran Original Version“, which refers to the machine translation system developed and commercialised by Systran S.A. of France and its subsidiaries.)
28 Art. 13 („Patente, Gebrauchszertifikate [Gebrauchsmuster], Marken, gewerbliche Muster, Rechte des gewerblichen und geistigen Eigentums“) des ersten Umstellungsvertrags lautet:
„1. Die Kommission ist über alle bei der Durchführung dieses Vertrags vom Vertragspartner [d. h. Systran Luxembourg] erworbenen Resultate und Patente unverzüglich zu unterrichten; das Resultat oder Patent gehört den Europäischen Gemeinschaften, die hierüber frei verfügen können, es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums.
2. Das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission einschließlich seiner Komponenten bleibt auch nach Änderung im Laufe der Vertragsdurchführung Eigentum der Kommission, es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums.
…
5. Bei Einleitung eines Verfahrens von dritter Seite, insbesondere bei Geltendmachung eines Rechtsanspruchs, unterrichtet die betroffene Partei auch noch nach Vertragsdurchführung die jeweils andere Partei hiervon so bald wie möglich; beide Parteien handeln im Einvernehmen und übermitteln sich gegenseitig sämtliche Informationen und Beweismittel, über die sie verfügen oder die sie erhalten.“
(1. Any results or patent obtained by the Contractor [d. h. Systran Luxembourg] in performance of this contract shall be immediately reported to the Commission and shall be the property of the European Communities, which may use them as they see fit, except where industrial or intellectual property rights already exist.
2. The Commission’s machine translation system, together with all its components shall, whether modified or not in the course of the contract, remain the property of the Commission, except where industrial or intellectual property rights already exist.
…
5. At the first sign of proceedings by a third party, in particular of a claim, even after completion of the contract, the party involved shall notify the other party as soon as possible and the two parties shall then act in unison and provide each other with all the information and evidence that they possess or obtain.)
29 Nach den Art. 15 und 16 des ersten Umstellungsvertrags gilt für den Vertrag luxemburgisches Recht, und für Streitigkeiten zwischen der Gemeinschaft und Systran Luxembourg, die den Vertrag betreffen, sind die luxemburgischen Gerichte zuständig.
30 Der erste Nachtrag zum vierten Umstellungsvertrag legte ferner das Vertragsende auf den 15. März 2002 fest und stellte klar, dass „der Vertragspartner verpflichtet [ist], alle ihm nach dem Vertrag obliegenden Aufgaben bis zum 15. März 2002 zu erfüllen, insbesondere: aktualisierte Nachweise sämtlicher Rechte (Marken, Patente, Rechte des geistigen und gewerblichen Eigentums, Urheberrecht usw.), die von der Systran-Gruppe beansprucht werden und an das maschinelle Übersetzungssystem Systran gebunden sind“. Nach dem Vortrag der Kommission wurden ihr diese Informationen von Systran Luxembourg nicht übermittelt.
C – Dritter Zeitraum: nach der Ausschreibung vom 4. Oktober 2003
31 Am 4. Oktober 2003 veröffentlichte die Kommission eine Ausschreibung für die Wartung/Pflege und linguistische Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission. Aufgrund dieser Ausschreibung wurden zwei der zehn zum Auftrag gehörenden Lose an die SA Gosselies (im Folgenden: Gosselies) vergeben. Es handelt sich um die Lose, die Englisch und Französisch als Ausgangssprache verwenden.
32 Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 teilte Systran der Kommission Folgendes mit:
„Wir haben von der am 4. Oktober 2003 ergangenen Ausschreibung Kenntnis genommen. … Nach Durchsicht der Ausschreibung scheint uns, dass die von Ihnen beabsichtigten Arbeiten die Rechte des geistigen Eigentums verletzen könnten, die unserem Unternehmen zustehen. Da uns an der Aufrechterhaltung der Atmosphäre konstruktiver Zusammenarbeit zwischen unserem Unternehmen und der Kommission gelegen ist, möchten wir Ihre Auffassung hierzu einholen. Sie werden verstehen, dass wir uns aus den vorstehend dargelegten Gründen an diesem Ausschreibungsverfahren nicht beteiligen können.“
33 In ihrer Antwort vom 17. November 2003 erklärte die Kommission:
„Ihr Schreiben vom 31. Oktober 2003 habe ich erhalten. Die von uns beabsichtigten Arbeiten sind unseres Erachtens nicht geeignet, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Ich teile Ihr Interesse an der Aufrechterhaltung guter Arbeitsbeziehungen, unter Beachtung der Verfahren der Kommission.“
34 Im Anschluss an diesen Schriftwechsel wurden weitere Schreiben zwischen Systran und der Kommission gewechselt, und die Kommission organisierte Treffen, um Klarstellungen hinsichtlich der Forderungen von Systran zu bewirken.
35 Im Rahmen dieser Begegnungen beriefen sich die Klägerinnen auf Folgendes:
– Die Systran-Gruppe besitze eine Software für maschinelle Übersetzungen mit der Bezeichnung „Systran“ (oder „Systran-System“) und entwickele aus ihr die verschiedenen Versionen;
– am Ende einer Reihe aufeinanderfolgender Verträge zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission habe Systran ihre Software angepasst, um eine Version mit der Bezeichnung „EC-Systran“ zu entwickeln;
– von 1999 bis 2002 habe die Systran-Gruppe eine Umstellung der Version EC-Systran vorgenommen, um sie unter Unix laufen zu lassen; hierfür habe die Systran-Gruppe die früheren Rechte von Systran an der ursprünglichen Software und am Kern des Systran-Systems unter Unix genutzt, die die Systran-Gruppe 1993 für ihre eigenen Bedürfnisse vollständig neu geschrieben habe.
36 In ihrer Antwort wies die Kommission darauf hin, dass diese Faktoren ebenso wenig wie die technische Dokumentation, die der IT‑Sachverständige der Klägerinnen am 6. Januar 2005 vorgelegt habe, ein „Beweis für die Rechte des geistigen Eigentums“ seien, die Systran an der Software Systran geltend mache. Da es insoweit an „beweiskräftigen Unterlagen“ fehle, sei die Systran-Gruppe nicht berechtigt, sich den Arbeiten zu widersetzen, die von dem Unternehmen durchgeführt würden, dem der streitige Zuschlag erteilt worden sei.
37 Im Ergebnis war es der Systran-Gruppe nicht möglich, ihre Rechte an der Software Systran, von der sie die Version Systran Unix vermarktet, geltend zu machen, um die von ihr behauptete Verletzung der Rechte an dieser Software durch die Kommission zu verbieten.
Verfahren und Anträge der Parteien
38 Mit Klageschrift, die am 25. Januar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.
39 Im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen sind die Parteien am 1. Dezember 2008 aufgefordert worden, eine Reihe von Fragen zu beantworten, die sich darauf bezogen, ob die Klage eine vertragliche oder außervertragliche Grundlage hat (im Folgenden: erster Fragenkomplex).
40 Die Parteien haben den ersten Fragenkomplex am 30. Januar und 2. Februar 2009 beantwortet.
41 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Parteien im Wege der prozessleitenden Maßnahmen aufgefordert, eine Reihe weiterer Fragen zu der Version Systran Unix, den Nutzerrechten, der Art der aufgrund des streitigen Auftrags verlangten Eingriffe und den Tätigkeiten von Gosselies bezüglich der Konzeption und der Vermarktung von Übersetzungssoftware zu beantworten (zweiter Fragenkomplex).
42 Die Parteien haben den zweiten Fragenkomplex am 14. Oktober 2009 beantwortet.
43 Die Parteien haben in der Sitzung vom 27. Oktober 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
44 In dieser Sitzung sind die Parteien vom Gericht zu einer informellen Sitzung zur Schlichtung geladen worden. Am Ende dieser Sitzung haben die Parteien erklärt, falls es vor Verkündung des vorliegenden Urteils zu einem solchen Vergleich kommen sollte, würden sie dem Gericht dessen Inhalt mitteilen. Das Gericht hat eine solche Mitteilung nicht erhalten.
45 Im Sitzungsprotokoll sind die hauptsächlichen Gesichtspunkte festgehalten, die sich in der Sitzung in Bezug auf die vertragliche bzw. außervertragliche Natur der Klage, das der Kommission vorgeworfene rechtswidrige Verhalten und die Bewertung des von den Klägerinnen geltend gemachten Schadens ergeben haben. Dieses Sitzungsprotokoll und das Sitzungsprotokoll der informellen Sitzung sind den Parteien zugestellt worden.
46 Mit Beschluss vom 26. März 2010 hat das Gericht (Dritte Kammer) die Widereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet, um die Parteien aufzufordern, im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen eine Reihe von Fragen zu den bei der Schadensbewertung zu berücksichtigenden Fragen zu beantworten (im Folgenden: dritter Fragenkomplex).
47 Die Parteien haben den dritten Fragenkomplex am 4. und 5. Mai 2010 beantwortet.
48 In Anbetracht dieser Antworten und im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen sind die Klägerinnen und die Kommission aufgefordert worden, zu den Antworten der jeweils anderen Partei zum dritten Fragenkomplex Stellung zu nehmen. Das Gericht hat ferner um Erläuterungen zu bestimmten Gesichtspunkten gebeten, auf die die Parteien sich in ihren Antworten berufen hatten (im Folgenden: vierter Fragenkomplex).
49 Die Parteien haben Stellung genommen und den vierten Fragenkomplex am 11. Juni 2010 beantwortet. Daraufhin ist die mündliche Verhandlung geschlossen worden.
50 Die Klägerinnen beantragen,
– die sofortige Einstellung der von der Kommission begangenen Verletzungs- und der Weitergabehandlungen anzuordnen;
– die Beschlagnahme aller im Besitz der Kommission und von Gosselies befindlichen Datenträger, auf denen die EDV-Entwicklungen wiedergegeben sind, die Gosselies auf der Grundlage der Versionen EC-Systran Unix und Systran Unix unter Verletzung ihrer Rechte erstellt hat, und die Aushändigung der Datenträger an Systran oder ihre Zerstörung unter amtlicher Aufsicht anzuordnen;
– die Kommission zur Zahlung von mindestens 1 170 328 Euro an Systran Luxembourg und von 48 804 000 Euro, Ergänzung vorbehalten, an Systran zu verurteilen;
– nach Wahl von Systran die Veröffentlichung der Entscheidung des Gerichts in Fachzeitungen und -zeitschriften sowie auf spezialisierten Internetseiten auf Kosten der Kommission anzuordnen;
– in jedem Fall der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
51 Die Kommission beantragt,
– die Klage für unzulässig zu erklären;
– hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;
– den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
I – Zur Zulässigkeit
A – Zu dem Antrag auf Verurteilung der Kommission zum Ersatz des geltend gemachten Schadens
52 Die Kommission macht bezüglich des dritten Klagantrags, der auf ihre Verurteilung zum Ersatz des von den Klägerinnen behaupteten Schadens gerichtet ist, drei Unzulässigkeitsgründe geltend. Erstens sei dieser Schadensersatzantrag wegen seiner vertraglichen Grundlage unzulässig, denn das Gericht könne die behauptete Verletzung und Weitergabe von Know-how nur auf der Grundlage der verschiedenen zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission geschlossenen Verträge beurteilen, die aber keine die Zuständigkeit des Gerichts begründende Schiedsklausel enthielten. Zweitens sei der Schadensersatzantrag auch unzulässig, weil es der Klageschrift an Klarheit fehle, denn sie bezeichne nicht die Rechtsvorschriften, die die Kommission verletzt haben solle, und enthalte wenig Angaben zu den von den Klägerinnen behaupteten Verletzungs- und Weitergabehandlungen bezüglich des Know-how. Drittens sei das Gericht im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht für Entscheidungen im Bereich der Patentverletzungen zuständig, wie sich aus dem Beschluss vom 5. September 2007, Document Security Systems/EZB (T‑295/05, Slg. 2007, II‑2835, im Folgenden: Beschluss Document Security Systems), ergebe.
1. Zur Grundlage der Klage
a) Vorbringen der Parteien
53 Die Kommission macht geltend, das Gericht könne das Vorliegen einer Rechtsverletzung und die Pflichtwidrigkeit der Weitergabe nicht beurteilen, ohne sich dabei auf die verschiedenen Verträge zu stützen, die die Beziehungen zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission von 1975 bis 2002 geregelt hätten. Die eventuelle Haftung, die sich für die Kommission aufgrund der Nutzung der Versionen EC-Systran Unix und Systran Unix der Software Systran ergeben könnte, sei vertraglicher Natur. Aus diesem Grund sei auf Art. 288 Abs. 1 EG abzustellen, dem zufolge „[d]ie vertragliche Haftung der Gemeinschaft … sich nach dem Recht [bestimmt], das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist“. Mangels Schiedsklausel im Sinne von Art. 238 EG sei das Gericht daher offensichtlich nicht dafür zuständig.
54 In Beantwortung einer Frage des Gerichts an die Kommission, aufgrund welcher Vertragsbestimmungen sie ihrer Meinung nach ohne Erlaubnis der Klägerinnen vorgehen durfte, wie sie es im Rahmen des streitigen Auftrags getan hat, macht die Kommission geltend, dass sie zum einen bezweifele, dass den Klägerinnen Rechte des geistigen Eigentums an der Version Systran Unix der Software Systran zuständen, und dass sie zum anderen „[ausdrücklich] bestreitet …, dass die Klägerinnen Inhaberinnen von Rechten an der Software EC-Systran Unix sind“. Die Kommission sei Inhaberin „ausschließlicher Eigentumsrechte“ bezüglich der „Quellcodes der linguistischen Teile der Software“ aufgrund verschiedener zwischen 1975 und 2002 geschlossener Verträge und der Arbeitsleistungen ihrer Dienststellen bei der Entwicklung dieser Teile. Aufgrund der genannten Verträge sei sie berechtigt, sowohl vor als auch nach der Umstellung die Version EC-System Unix in Zusammenarbeit mit dritten Vertragspartnern weiterzuentwickeln. Die Kommission führt insoweit Art. 4 der Vereinbarung über technische Zusammenarbeit, Abs. 6 der Vorbemerkungen des Vertrags über Zusammenarbeit und Art. 13 Abs. 1 und 2 der mit Systran Luxembourg geschlossenen Umstellungsverträge an, nach denen das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission ihr Eigentum bleibe.
55 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, das Gericht sei nach Art. 288 Abs. 2 EG zuständig. Im vorliegenden Fall beruhe die Klage darauf, dass die Kommission unerlaubte und damit ohne vertragliche Grundlage erfolgte Änderungen an der Software Systran Unix bzw. an deren Version EC-Systran Unix vorgenommen habe oder habe vornehmen lassen, obwohl sie nicht über Rechte verfügt habe, aufgrund deren sie diese ohne Erlaubnis der Klägerinnen habe ändern, geschweige denn habe ändern lassen können.
56 In ihrer Antwort auf die Fragen des Gerichts führen die Klägerinnen aus, der Kommission sei es nie erlaubt gewesen, die in Frage stehenden Elemente irgendeinem Dritten zur Verfügung zu stellen. Da es an einer vertraglichen Vereinbarung fehle, mit der ihr die erfolgte Nutzung und Weitergabe erlaubt worden wären, sei die Kommission, die außerhalb des vertraglich festgelegten Rahmens gehandelt habe, zur außervertraglichen Haftung verpflichtet, für die das Gericht ausschließlich zuständig sei.
b) Würdigung durch das Gericht
Zu den Zuständigkeiten im vertraglichen und im außervertraglichen Bereich
57 Die Zuständigkeit des Gerichts für Entscheidungen über eine Schadensersatzklage bestimmt sich danach, ob die geltend gemachte Haftung vertraglicher oder außervertraglicher Natur ist. Für den Bereich der vertraglichen Haftung bestimmt Art. 238 EG, dass der Gerichtshof für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig ist, die in einem von der Gemeinschaft oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist. Für den Bereich der außervertraglichen Haftung legt Art. 235 EG fest, dass der Gerichtshof für Streitsachen über den in Art. 288 Abs. 2 EG vorgesehenen Ersatz des durch die Organe oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schadens zuständig ist.
58 Im Bereich der vertraglichen Haftung ist das Gericht somit nur bei Vorliegen einer Schiedsklausel im Sinne von Art. 238 EG zuständig. Fehlt eine solche Klausel, kann das Gericht aufgrund von Art. 235 EG nicht über eine Klage entscheiden, die in Wirklichkeit auf Schadensersatz aus Vertrag gerichtet ist. Andernfalls würde es seine Zuständigkeit über die Rechtsstreitigkeiten hinaus ausdehnen, deren Entscheidung ihm durch Art. 240 EG abschließend vorbehalten ist, da diese Bestimmung gerade den einzelstaatlichen Gerichten die allgemeine Zuständigkeit für die Entscheidung von Streitsachen überträgt, in denen die Gemeinschaft Partei ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 20. Mai 2009, Guigard/Kommission, C‑214/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 35 bis 41, Beschluss des Gerichts vom 18. Juli 1997, Oleifici Italiani/Kommission, T‑44/96, Slg. 1997, II‑1331, Randnrn. 35 und 38, und Urteil des Gerichts vom 25. Mai 2004, Distilleria Palma/Kommission, T‑154/01, Slg. 2004, II‑1493, Randnr. 50).
59 Im Bereich der außervertraglichen Haftung ist dagegen der Gerichtshof zuständig, ohne dass es einer vorherigen Zustimmung der Parteien des Rechtsstreits bedarf. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs ergibt sich unmittelbar aus Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG für die Klagen gegen die Gemeinschaft auf Ersatz des durch die Kommission verursachten Schadens aufgrund außervertraglicher Haftung.
60 Um seine Zuständigkeit nach Art. 235 EG festzustellen, hat das Gericht anhand des relevanten Akteninhalts zu prüfen, ob dem von den Klägerinnen geltend gemachten Schadensersatzanspruch objektiv und umfassend vertragliche oder außervertragliche Pflichten zugrunde liegen, die für die vertragliche oder die außervertragliche Grundlage des Rechtsstreits kennzeichnend sind. Die relevanten Gesichtspunkte können sich insbesondere aus der Prüfung des Parteivorbringens, aus der Ursache des geltend gemachten Schadens und aus dem Inhalt der vertraglichen oder der außervertraglichen Bestimmungen ergeben, die zur Beurteilung der streitigen Frage angeführt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Guigard/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnrn. 35 bis 38).
61 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Zuständigkeit des Gerichts für vertragliche Rechtsstreitigkeiten eine Abweichung vom allgemeinen Recht darstellt und daher eng auszulegen ist, so dass das Gericht nur über Forderungen entscheiden kann, die auf den Vertrag gestützt werden oder die in unmittelbarem Zusammenhang mit den sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen stehen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 1997, IDE/Kommission, C‑114/94, Slg. 1997, I‑803, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn aus dem Sachverhalt hervorginge, dass es der Kommission vertraglich erlaubt gewesen war, die in der Ausschreibung vorgesehenen Arbeiten einem Dritten zu übertragen, und wenn der Gegenstand des Rechtsstreits, weil die Arbeiten in einer oder mehreren Vertragsbestimmungen vorgesehen waren, in Wirklichkeit ein vertraglicher Schadensersatzanspruch wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Guigard/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnrn. 35 und 36 bezüglich der Berücksichtigung des Sachverhalts und Randnr. 38 bezüglich des wirklichen Gegenstands des Schadensersatzanspruchs).
62 Um die Richtigkeit dieses Vorbringens zu prüfen, hat das Gericht zwar den Inhalt der verschiedenen Verträge zu prüfen, die zwischen der WTC/Systran-Gruppe und der Kommission von 1975 bis 2002 geschlossen wurden und auf die sich die Kommission zur Begründung ihrer Auffassung beruft, doch gehört diese Tätigkeit zur Prüfung der Zuständigkeit und kann – als solche – nicht bedeuten, dass sich das Wesen des Rechtsstreits ändert, indem ihm eine vertragliche Grundlage gegeben wird. Wäre dies anders, könnten sich das Wesen des Rechtsstreits und damit die gerichtliche Zuständigkeit allein deswegen ändern, weil der Beklagte sich auf das Bestehen irgendeiner vertraglichen Beziehung mit dem Kläger beruft, obwohl aufgrund der Prüfung der angeführten Verträge festgestellt werden könnte, dass diese insoweit keine Auswirkungen haben. Wird das Gericht im Bereich der außervertraglichen Haftung tätig, kann es daher sehr wohl den Inhalt eines Vertrags prüfen – wie bei jedem Dokument, auf das sich eine Partei zur Stützung ihres Vorbringens beruft –, um festzustellen, ob dieser Vertrag geeignet ist, die ihm durch Art. 235 EG ausdrücklich zugewiesene sachliche Zuständigkeit in Frage zu stellen. Diese Prüfung gehört zur Würdigung der Tatsachen, die vorgebracht werden, um die Zuständigkeit des Gerichts darzutun, die eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung im Sinne von Art. 113 der Verfahrensordnung ist.
63 So hat der Gerichtshof in einer Rechtssache wegen eines Anspruchs auf Vertragsverlängerung, in der der Kläger die Verletzung vertraglicher und außervertraglicher Pflichten geltend machte, entschieden, dass die bloße Geltendmachung von Rechtsvorschriften, die sich nicht aus dem genannten Vertrag ergeben, aber für die Parteien Geltung haben, nicht bedeuten kann, dass sich die vertragliche Natur des Rechtsstreits ändert und der Rechtsstreit dem zuständigen Gericht entzogen wird (Urteil Guigard/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 43). Daher kann in einer Rechtssache, die die Wirkungen einer Ausschreibung betrifft und in der die Klägerinnen sich nur auf die Verletzung außervertraglicher Pflichten stützen, die bloße Berufung des Vertragspartners auf vertragliche Pflichten, die nicht das streitige Verhalten betreffen, nicht zur Folge haben, dass sich die außervertragliche Natur des Rechtsstreits ändert und der Rechtsstreit dem zuständigen Gericht entzogen wird.
64 Außerdem ist es allgemein Sache der Partei, die sich auf die Verletzung einer Verpflichtung beruft, deren Inhalt und deren Anwendung auf die Umstände des Sachverhalts nachzuweisen. Deshalb ist das Vorbringen der Klägerinnen zu dem Schadensersatzanspruch vor dem Vorbringen der Kommission zu prüfen, das das Vorliegen einer vertraglichen Erlaubnis zur Weitergabe von Informationen an einen Dritten betrifft, die aufgrund eines Urheberrechts und als Know-how geschützt sein können.
Prüfung des von den Klägerinnen dargelegten Schadensersatzanspruchs
65 Im vorliegenden Fall wird der Schadensersatzanspruch der Klägerinnen nur auf Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG gestützt. Die Klägerinnen berufen sich weder auf vertragliche Bestimmungen, die mit der Kommission vereinbart worden wären, noch stützen sie sich auf solche Bestimmungen. Die vertraglichen Bestimmungen werden nur von der Kommission geltend gemacht, die mit ihnen ihre Auffassung begründet, dass sie berechtigt gewesen sei, das zu tun, was ihr in der vorliegenden Rechtssache vorgeworfen wird.
66 Zur Begründung ihres Schadensersatzanspruchs berufen sich die Klägerinnen auf zwei rechtswidrige und schädigende Verhaltensweisen außervertraglicher Natur. Erstens habe die Kommission das Know-how von Systran rechtswidrig an einen Dritten weitergegeben, da die Ausführung der in der Ausschreibung dargestellten Leistungen zwangsläufig die unerlaubte Weitergabe und die Änderung des Quellcodes der Software Systran nach sich gezogen habe, dessen Eigentümerinnen ausschließlich die Klägerinnen seien. Zweitens habe die Kommission eine Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der Vornahme der unerlaubten Weiterentwicklungen der Version EC-Systran Unix durch Gosselies begangen; die Version EC-Systran Unix sei eine Version der Software Systran, die praktisch identisch mit der Version Systran Unix sei und somit an die Systran-Gruppe gebunden sei, die alleinige Inhaberin der entsprechenden Rechte des geistigen Eigentums, und von dieser entwickelt und vermarktet werde.
67 Im vorliegenden Verfahren liegt somit die Ursache der geltend gemachten Schäden, deren Ersatz verlangt wird, d. h. das von den Klägerinnen als rechtswidrig gerügte Verhalten, insbesondere darin, dass die Kommission die Quellcodes, für die die Systran-Gruppe das Eigentum und den Schutz nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf das Urheberrecht und das Know-how gemeinsam sind, beansprucht, ohne Erlaubnis an einen Dritten, Gosselies, weitergab.
68 Die Klägerinnen machen insbesondere geltend, dass sie als Urheberinnen der Software Systran und der Version Systran Unix jede nicht vom Inhaber der Rechte an der ursprünglichen Software erlaubte Verwertung, Änderung, Anpassung oder Weiterentwicklung der abgeleiteten Version, nämlich von EC-Systran Unix, untersagen könnten. Den Klägerinnen stehe somit nach dem Gesetz ein „Einspruchsrecht“ zu, das den Schutz bestimmter in ihrem Eigentum stehender Informationen gegen einen Gebrauch durch die Kommission oder gegen eine von ihnen nicht erlaubte Weitergabe an Dritte gewährleisten solle.
69 Zur Begründung dieses Rechts führen die Klägerinnen als allgemeine Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1886 in geänderter Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft), die Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122, S. 42) und die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (berichtigte Fassung ABl. L 195, S. 16) an. Diese Vorschriften, die unter Umständen Verpflichtungen außervertraglicher Art beinhalten könnten, wie die Kommission in Beantwortung einer Frage des Gerichts zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung eingeräumt habe, seien in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten übernommen worden. Die Vorschriften stellten im Wesentlichen folgende allgemeine Grundsätze auf: Bereits durch die Entwicklung eines Computerprogramms erwerbe dessen Urheber ein Recht des geistigen Eigentums an dem Programm, das ausschließlich sei und jedem entgegengehalten werden könne; bis zum Beweis des Gegenteils sei Urheber derjenige, unter dessen Namen das Computerprogramm verbreitet werde; vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen umfasse das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers eines Computerprogramms das Recht, die Vervielfältigung, Anpassung oder Verbreitung des Programms vorzunehmen oder zu erlauben.
70 Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen damit genügend Gesichtspunkte vorgetragen haben, die in diesem Stadium der Untersuchung den Schluss zulassen, dass sich die Systran-Gruppe auf Urheberrechte an der von ihr entwickelten und unter ihrem Namen vermarkteten Version Systran Unix der Software Systran berufen kann.
71 Da demgegenüber nicht nachgewiesen worden ist, dass die Klägerinnen nicht Inhaber der in Rede stehenden Rechte sind, ist es der Kommission eindeutig nicht gelungen, die Zuständigkeit des Gerichts dadurch in Frage zu stellen, dass sie die von der Systran-Gruppe geltend gemachten Urheberrechte an der genannten Version der Software Systran in Abrede stellte.
72 Erstens reicht es insoweit nicht aus, dass die Kommission lediglich bezweifelt, dass die Klägerinnen Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums an der Version Systran Unix der Software Systran sind (siehe oben, Randnr. 54). Dieses Vorbringen genügt nicht dem Beweisgrad, der erforderlich ist, um in Frage zu stellen, dass sich die Systran-Gruppe angesichts der oben genannten allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, auf die Urheberrechte an der Version Systran Unix der Software Systran berufen kann, denn es beruht auf allgemeinen Behauptungen, die in Anbetracht der Merkmale der betreffenden Software und der von den Klägerinnen vorgelegten Rechts- und Fachgutachten nicht hinreichend substantiiert sind.
73 Zweitens ist, ohne dem Ergebnis der Erörterung der Begründetheit vorzugreifen, darauf hinzuweisen, dass das Gericht die Kommission aufgefordert hat, ihre Zweifel an den von den Klägerinnen beanspruchten Eigentumsrechten näher auszuführen, und die Klägerinnen, hierzu Stellung zu nehmen. Die von den Klägerinnen gestellten Sachverständigen haben eine Reihe von rechtlichen und technischen Argumenten vorgetragen, die das Bestehen von Urheberrechten der Systran-Gruppe sowohl an der umgeschriebenen Software als auch an den Versionen dieser Software, die ihren Quellcode benutzen, stützen (Gutachten von Professor P. Sirinelli, Universität Panthéon-Sorbonne Paris-I, über den Schutz einer umgeschriebenen Software durch das Urheberrecht, im Folgenden: zweites Gutachten Sirinelli; technischer Vermerk von Herrn H. Bitan über die Neuartigkeit und Eigenständigkeit der Software Systran Unix bezüglich Schrift, Komposition und Struktur im Vergleich zur Software Systran Mainframe und zur Software EC-System Mainframe, im Folgenden: zweiter technischer Vermerk Bitan). Hieraus ergibt sich insbesondere, dass die Version Systran Unix nicht eine bloße Übertragung der bereits bestehenden Version Systran Mainframe ist, wie die Kommission behauptet, sondern eine Umschreibung der gesamten ursprünglich in Assembler geschriebenen Programme in Programmiersprache C, und dass diese Versionen sich grundlegend unterscheiden. Es wird auch nicht bestritten, dass die Version Systran Unix an die Stelle der inzwischen veralteten Version Systran Mainframe getreten ist.
74 Trotz ausdrücklicher Aufforderung durch das Gericht hat die Kommission keine technischen Beweise beibringen können, die geeignet wären, das Bestehen von Urheberrechten der Systran-Gruppe an der Version Systran Unix der Software Systran oder an den IT-Elementen in Frage zu stellen, aus denen das Programm besteht oder die den operationellen Quellcode bilden, insbesondere bezüglich der Teile, die den Basiskern und die linguistischen Programme der Software betreffen, wobei die Klägerinnen nicht in Abrede stellen, dass der Kommission die Eigentumsrechte an den Wörterbüchern zustehen, die von den Dienststellen der Kommission hergestellt wurden, um der Besonderheit der von der Kommission benutzten Sprache Rechnung zu tragen.
75 Drittens hat die Kommission im Laufe des Verfahrens nach und nach anerkennen müssen, dass der Systran-Gruppe in diesem Kontext tatsächlich Rechte des geistigen Eigentums zustanden. So hat die Kommission im Rahmen der Gegenerwiderung eingeräumt, dass sie nicht bestreite, dass Systran Inhaberin von Rechten an der von ihr vermarkteten Software sei, wobei sie jedoch darauf hingewiesen hat, dass die Systran-Gruppe die Weiterentwicklungen, die sie für die Kommission im Rahmen der Versionen EC-Systran Mainframe und EC-Systran Unix vorgenommen habe, wahrscheinlich benutzt habe, um sie in die Version Systran Unix zu integrieren. Insbesondere hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, sie bestreite tatsächlich nicht, dass Systran Inhaberin von Rechten an der genannten Software sei – ob der Version Mainframe oder selbstverständlich der Version Unix –, dabei allerdings einen kleinen Vorbehalt bezüglich der Teile gemacht, die rechtswidrig in die ursprüngliche Version Unix aufgrund der zuvor mit ihr geschlossenen Verträge integriert worden seien.
76 Es ist jedoch – worauf das Gericht im Rahmen des zweiten Fragenkomplexes und erneut in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – festzustellen, dass die Version Systran Unix mehrere Jahre vor der Version EC-Systran Unix entwickelt wurde. Daher ist es kaum wahrscheinlich, dass die Systran-Gruppe in die von ihr entwickelte und vermarktete Version Systran Unix die Weiterentwicklungen integrieren konnte, die später im Rahmen der Version EC-Systran Unix vorgenommen wurden, um den Bedürfnissen der Kommission in linguistischer und terminologischer Hinsicht nachzukommen. Die Kommission hat ihr Vorbringen insoweit nicht untermauern können.
77 Auch kann kein materieller Faktor das Vorbringen der Kommission untermauern, Teile der Version EC-Systran Mainframe, die auf der Basis der Version Systran Mainframe der Klägerinnen entwickelt wurde, seien wahrscheinlich rechtswidrig in die ursprüngliche Version Systran Unix integriert worden. Dieses Vorbringen steht im Übrigen bezüglich des Quellcodes der Software, insbesondere bezüglich des Kerns und der mit ihm verbundenen linguistischen Programme, im Widerspruch zu den Erläuterungen des technischen Sachverständigen der Klägerin, wonach ein in Assembler geschriebenes Programm von einem in der Programmiersprache C geschriebenen Programm erheblich abweiche (vgl. zweiter technischer Vermerk Bitan, insbesondere das Beispiel der Behandlung der Zeichenkette „Hello world!“ in Assembler und in der Programmiersprache C). Diese technische Erläuterung ist von der Kommission nicht in Frage gestellt worden.
78 Was den aufgrund des Know-how geltend gemachten Schutz angeht, tragen die Klägerinnen vor, das Know-how werde allgemein definiert als eine „Gesamtheit technischer Informationen, die geheim und substanziell sind und in jeder geeigneten Weise identifiziert werden“. Sie sind in diesem Punkt der Auffassung, dass die Weitergabe solcher Informationen durch die Kommission an einen Dritten ohne ihre Erlaubnis ein rechtswidriges Verhalten darstelle, das die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft nach Art. 288 Abs. 2 EG auslösen könne.
79 Zur Stützung dieses Vorbringens beziehen sich die Klägerinnen zu Recht auf das Urteil des Gerichtshofs vom 7. Dezember 1985, Adams/Kommission (145/83, Slg. 1985, 3539, Randnr. 34), in dem festgestellt worden ist, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit, die der Kommission und ihrem Personal nach Art. 287 EG obliegt, ein allgemeiner Rechtsgrundsatz ist. Der allgemeine Grundsatz, nach dem die Unternehmen Anspruch auf Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse haben und der in Art. 287 EG seinen Ausdruck findet, ist im Urteil des Gerichtshofs vom 19. Mai 1994, SEP/Kommission (C‑36/92 P, Slg. 1994, I‑1911, Randnr. 36), erneut bestätigt worden. Auch Art. 41 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) spricht von der Verpflichtung der Verwaltung zur Wahrung des „berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses“.
80 Die Geschäftsgeheimnisse schließen die technischen Informationen bezüglich des Know-how ein, durch deren Preisgabe die Interessen des Auskunftgebers nicht nur dann, wenn sie an die Öffentlichkeit erfolgt, sondern auch bei bloßer Weitergabe an einen Dritten schwer beeinträchtigt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. September 1996, Postbank/Kommission, T‑353/94, Slg. 1996, II‑921, Randnr. 87). Informationen fallen ihrem Wesen nach zunächst nur dann in den Anwendungsbereich des Art. 287 EG, wenn sie nur einer beschränkten Zahl von Personen bekannt sind. Ferner muss es sich um Informationen handeln, durch deren Offenlegung dem Auskunftgeber oder Dritten ein ernsthafter Nachteil entstehen kann. Schließlich ist erforderlich, dass die Interessen, die durch die Offenlegung der Information verletzt werden können, objektiv schützenswert sind (Urteil des Gerichts vom 30. Mai 2006, Bank Austria Creditanstalt/Kommission, T‑198/03, Slg. 2006, II‑1429, Randnr. 71, und vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, T‑474/04, Slg. 2007, II‑4225, Randnr. 65).
81 Im vorliegenden Fall ist somit festzustellen, dass eine technische Information, die unter das Geschäftsgeheimnis eines Unternehmens fällt und die der Kommission zu einem bestimmten Zweck übermittelt wurde, an einen Dritten zu einem anderen Zweck nicht ohne Erlaubnis des betreffenden Unternehmens weitergegeben werden darf.
82 Folglich genügt die Darlegung der Klägerinnen, dass die Kommission außervertragliche Pflichten verletzt habe, die das sich auf die Version Systran Unix der Software Systran erstreckende Urheberrecht und Know-how betreffen, um die Zuständigkeit des Gerichts nach Art. 235 EG zu begründen.
83 Die Kommission hat dieses Ergebnis nicht in Frage stellen können; es ist der zweite Teil ihres Vorbringens zu prüfen, wonach sie über eine vertragliche Zustimmung verfügte habe, aufgrund deren sie das habe tun dürfen, was ihr in der vorliegenden Rechtssache vorgeworfen werde.
Prüfung der Gesichtspunkte, mit denen die Kommission begründet hat, dass eine vertragliche Erlaubnis der Weitergabe von Informationen, die aufgrund des Urheberrechts und als Know-how geschützt sein können, an einen Dritten bestand
84 In der vorliegenden Rechtssache soll das rechtswidrige und schädigende Verhalten der Kommission vor allem darin bestehen, dass Informationen, die aufgrund der Urheberrechte und als Know-how der Systran-Gruppe geschützt sein können, an einen Dritten, Gosselies, ohne Zustimmung der Klägerinnen weitergegeben wurden.
85 Die Akten enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kommission vertraglich erlaubt worden wäre, Gosselies die Informationen und das Know-how bezüglich der Version Systran Unix mitzuteilen.
86 Zunächst gibt es keinen von den Parteien unterzeichneten Vertrag, der sich ausdrücklich mit der Frage einer möglichen Vergabe bestimmter die Version EC-Systran Unix betreffender Arbeiten an einen Dritten befasst. Als Systran die Kommission kontaktierte, um diese Frage zu erörtern, beschränkte sich die Kommission darauf, die Rechte von Systran an der Version Systran Unix der Software Systran in Abrede zu stellen und die Meinung zu vertreten, dass die Systran-Gruppe nicht berechtigt sei, sich den an Gosselies vergebenen Arbeiten zu widersetzen (siehe oben, Randnrn. 31 bis 37).
87 Sodann beruft sich die Kommission in Beantwortung einer entsprechenden Frage des Gerichts für ihre Behauptung, sie könne von Gosselies die Entwicklung der Version EC-Systran Unix der Software Systran verlangen, ohne dass sich die Systran-Gruppe unter Berufung auf die Urheberrechte und das Know-how an der Version Systran Unix der genannten Software den an Gosselies vergebenen Arbeiten widersetzen könnte, auf drei Vertragsbestimmungen (siehe oben, Randnr. 53).
88 Erstens beruft sich die Kommission auf Art. 4 (Nutzungsrechte) der Vereinbarung über technische Zusammenarbeit, die am 18. Januar 1985 zwischen der Kommission und Gachot geschlossen wurde, bevor diese die WTC-Gruppe übernahm und zu Systran wurde; die genannte Vorschrift bestimmt u. a. dass „das Systran-System, Software und Wörterbuch, … Eigentum der Kommission [bleibt]“.
89 Die genannte Bestimmung ist nicht geeignet, die vertragliche Natur des vorliegenden Rechtsstreits zu begründen. Zunächst kann die Vorschrift nicht den Klägerinnen entgegengehalten werden, deren Eigentumsrechte an der Software Systran, insbesondere an der Version Systran Mainframe, nicht auf der Vereinbarung beruhen, die die Kommission am 18. Januar 1985 mit Gachot abschloss (siehe oben, Randnr. 10). Die Eigentumsrechte der Systran-Gruppe an der Software Systran und ihrer Version Systran Mainframe entstanden nämlich zu einem späteren Zeitpunkt mit der Übernahme der WTC-Gruppe durch Gachot (siehe oben, Randnr. 11, sowie die als Anlagen 5 bis 7 zur Erwiderung überreichten Dokumente). Es ist zwar unbestritten, dass am 18. Januar 1985 Gachot über keinerlei Eigentumsrechte an dem Systran-System verfügte, doch kann aus der vorstehend genannten Bestimmung auch nicht abgeleitet werden, dass die Kommission ab diesem Zeitpunkt aufgrund der genannten Vereinbarung das unbeschränkte Eigentum an dem Systran-System und seiner Software einschließlich seines Basiskerns und seiner Quellcodes für sich beanspruchen kann. Ein solches Ergebnis würde die Eigentumsrechte verletzen, die die WTC-Gruppe damals an dem Systran-System, insbesondere an der Version Systran Mainframe, besaß, die die Kommission nicht in Frage stellt (siehe oben, Randnr. 3) und die in der Folgezeit an Gachot, die spätere Systran, übertragen wurden. Schließlich ist jedenfalls festzustellen, dass die vorliegende Rechtssache keine Rechte betrifft, die die Systran-Gruppe an der Version Systran Mainframe, einer veralteten Version, besitzt, sondern Rechte, die die Systran-Gruppe an der Version Systran Unix besitzt, die die Nachfolgerin jener Version ist und in einer anderen Sprache für den Betrieb in einer neuen IT-Umgebung geschrieben wurde.
90 Zweitens beruft sich die Kommission auf Abs. 6 der Vorbemerkung zu dem zwischen ihr und der Systran-Gruppe (d. h. damals WTC, Latsec, Systran Institut und Gachot) geschlossenen Vertrag über Zusammenarbeit, in dem es heißt: „Die von der Kommission und ihren Vertragspartnern vorgenommenen [oben in Abs. 3 genannten] Verbesserungen und Weiterentwicklungen des Systems Systran, insbesondere die Wörterbücher, stehen im alleinigen Eigentum der Kommission.“ Diese Bestimmung ist somit im Zusammenhang mit Abs. 3 der Vorbemerkung zu sehen, wo es heißt:
„Die Wartung/Pflege und die Weiterentwicklung der Systeme wurden durch eine andere Reihe von Verträgen geregelt, die zwischen der Kommission und Dienstleistungsunternehmen geschlossen wurden. Diese Verträge betrafen die eigenen Bedürfnisse und Zwecke der Kommission.“
91 Auch mit diesen Bestimmungen kann die vertragliche Natur des vorliegenden Rechtsstreits nicht begründet werden. Nach den beiden genannten Absätzen der Vorbemerkung stehen die Verbesserungen und Weiterentwicklungen des Systems Systran, die die Kommission und ihre externen Vertragspartner vor der Unterzeichnung des Vertrags über Zusammenarbeit am 4. August 1987 insbesondere bezüglich der Wörterbücher vornahmen, im alleinigen Eigentum der Kommission. Dieses alleinige Eigentum wird von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt, die sich in ihren Schriftsätzen nicht auf Eigentumsrechte an den Wörterbüchern, den Verbesserungen und den Weiterentwicklungen, die speziell von der oder für die Kommission zur Befriedigung ihres terminologischen Bedarfs vorgenommen wurden, berufen. Die Rechte, die die Klägerinnen geltend machen, beruhen auf dem Basissystem, d. h. dem wesentlichen Teil des Kerns und der Sprachroutinen, deren Urheber die Systran-Gruppe ist und an dem sie das Know-how besitzt.
92 Weitere Absätze der genannten Vorbemerkung gestatten zudem eine nähere Bestimmung des Verhältnisses zwischen der Kommission und den Gesellschaften der Systran-Gruppe und eine Beurteilung der Rechte, die die Systran-Gruppe an dem Systran-System zu einer Zeit beanspruchen konnte, zu der es nur Versionen gab, die mit der Mainframe-Umgebung kompatibel waren. Diese Vorschriften der Vorbemerkung lauten:
„1. Das von der Gesellschaft WTC konzipierte Systran-System ist ein maschinelles Übersetzungssystem, das aus Basissoftware, linguistischer und peripherer Software sowie verschiedenen zweisprachigen Wörterbüchern besteht.
2. Am 22. September 1975 schloss die Kommission mit der Gesellschaft WTC einen Vertrag über die Nutzung des Systran-Systems durch die Kommission und über die Entwicklung dieses Systems durch WTC.
Die Kommission und die Gesellschaft WTC schlossen später weitere Verträge, die sich zum einen auf die Verbesserung des bestehenden Systems und zum anderen auf die Entwicklung von Systemen für [neue] Sprachen[-paare] bezogen.
Zweck dieser zwischen 1976 und 1985 geschlossenen Verträge war die Weiterentwicklung und Verbesserung der Übersetzungssoftware und der Basiswörterbücher für die betreffenden Sprachen.
…
5. Die Parteien stellen daher fest, dass die Kommission eine Lizenz zur Nutzung des Basissystems und der von WTC vorgenommenen Verbesserungen … besitzt, die auf die Nutzung im Gebiet der Europäischen Gemeinschaften in den oben in [Abs.] 4 bezeichneten Sektoren beschränkt ist.
…
7. Die Parteien sind der Auffassung, dass es in ihrem Interesse und in dem der Nutzer liegt, das System ständig zu verbessern. Sie haben beschlossen, den vorliegenden Vertrag über Zusammenarbeit zu schließen, um in gemeinsamer Anstrengung die Verbesserung weiter voranzutreiben.
In diesem Geist räumen sich die Parteien gegenseitig ein Recht auf Nutzung des Systran-Systems ein, das Entwicklungen aufgrund von Neuerungen unterliegen kann, die sich aus der Nutzung des Systems im privaten und im öffentlichen Sektor ergeben.“
93 Aus diesen Bestimmungen, die sich mit der Vertragsbeziehung befassen, die damals zwischen der Kommission und der Systran-Gruppe bestand, ergibt sich zum einen, dass die Rolle der Systran-Gruppe bei der Entwicklung des Systran-Systems und bei dessen ursprünglicher und späterer Weiterentwicklung für die Kommission ausdrücklich anerkannt wird, und zum anderen, dass nur Nutzungsrechte, die die Systran-Gruppe der Kommission einräumte, erwähnt werden, nicht aber Eigentumsrechte am gesamten System, erst recht keine ausschließlichen. Jedenfalls enthalten diese Bestimmungen keinen Hinweis darauf, dass ein Dritter ohne vorherige Erlaubnis der Systran-Gruppe Änderungen an dem genannten System vornehmen können soll.
94 Ebenso wie im Hinblick auf Art. 4 der Vereinbarung über technische Zusammenarbeit ist schließlich festzustellen, dass die vorliegende Rechtssache nicht Rechte betrifft, über die die Systran-Gruppe an der Version Systran Mainframe – eine veraltete Version – verfügte, sondern Rechte, über die die genannte Gruppe an der Version Systran Unix verfügt, die die Nachfolgerin jener Version ist und in einer anderen Sprache für den Betrieb in einer neuen IT-Umgebung geschrieben ist.
95 Drittens beruft sich die Kommission auf die Abs. 1 und 2 des Art. 13 („Patente, Gebrauchszertifikate [Gebrauchsmuster], Marken, gewerbliche Muster, Rechte des gewerblichen und geistigen Eigentums“) der Umstellungsverträge, denen zufolge das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission in ihrem Eigentum bleibt. Diese beiden Absätze lauten im ersten Umstellungsvertrag wie folgt:
„1. Die Kommission ist über alle bei der Durchführung dieses Vertrags vom Vertragspartner [d. h. Systran Luxembourg] erworbenen Resultate und Patente unverzüglich zu unterrichten; das Resultat oder Patent gehört den Europäischen Gemeinschaften, die hierüber frei verfügen können, es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums.
2. Das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission einschließlich seiner Komponenten bleibt, auch nach Änderung im Laufe der Vertragsdurchführung, im Eigentum der Kommission, es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums.“
96 Art. 13 Abs. 1 und 2 des ersten Umstellungsvertrags lässt daher die Frage der bereits bestehenden Rechte des geistigen oder gewerblichen Eigentums ausdrücklich unberührt. Die Kommission kann sich somit für ihre Behauptung, es sei offensichtlich, dass die Klägerinnen auf die Geltendmachung ihrer Urheberrechte und ihres Know-how an dem Systran-System verzichtet hätten, nicht auf diese Bestimmung berufen. Diese Rechte, insbesondere die Rechte, die die Version Systran Unix der Software Systran betreffen, bestanden bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Umstellungsverträge, die geschlossen wurden, als die von der Kommission benutzte Version EC-Systran Mainframe veraltet war.
97 Außerdem ergibt sich aus Art. 13 des ersten Umstellungsvertrags eindeutig – wie die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung erläutert haben –, dass Abs. 1 nur den „EC“ genannten Teil der Aktualisierung der Version EC-Systran Unix der Software Unix betrifft, d. h. alle Resultate und Patente, die Systran Luxembourg, der betreffende Vertragspartner, im Rahmen der Durchführung der Umstellungsverträge erwerben konnte. Das Eigentum an allem, was bereits vor diesen eventuellen Resultaten und Patenten bestand, d. h. die Version Systran Unix, von der sich die Version EC-Systran Unix ableitet, ist vom vertraglichen Anwendungsbereich ausgenommen. Die genannten Verträge stellen daher nicht die Rechte an dem Teil des Basiskerns der Version Systran Unix in Frage, der in der Version EC-Systran Unix nicht verändert wurde. Abs. 2 der Vorschrift betrifft demgegenüber ausdrücklich das „maschinelle Übersetzungssystem der Kommission“, d. h. die Version EC-Systran Mainframe der Software Systran (vgl. die Definition in Art. 2 des ersten Umstellungsvertrags, die oben in Randnr. 27 wiedergegeben ist), und lässt somit der Frage nach den an der Version Systran Mainframe bestehenden Rechten unberührt, da beide Versionen wegen der Version Systran Unix veraltet sind.
98 Zudem ist Systran nicht Unterzeichnerin der Umstellungsverträge und kann somit von den Rechten, die an der von ihr entwickelten und vermarkteten Version Systran Unix der Software Systran bestehen, nichts an die Kommission übertragen haben. Nach dem Grundsatz der relativen Vertragswirkung, der als ein allgemeiner Rechtsgrundsatz angesehen werden kann, der den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten im Bereich des Vertragsrechts gemeinsam ist, können somit die Umstellungsverträge als solche Systran nicht entgegengehalten werden. Selbst wenn man insoweit unterstellt, dass Systran Luxembourg der Kommission bis zum 15. März 2002 „aktualisierte Nachweise sämtlicher Rechte …, die von der Systran-Gruppe beansprucht werden und an das maschinelle Übersetzungssystem Systran gebunden sind“ (siehe oben, Randnr. 30), nicht mitteilte, kann dies nicht zur Folge haben, dass Systran die Möglichkeit vorenthalten wird, sich gegenüber der Kommission auf die Rechte zu berufen, die ihr, wie der Kommission bekannt ist, aufgrund des Erwerbs der Gesellschaften der WTC-Gruppe oder vor allem aufgrund der Entwicklung und Vermarktung der Version Systran Unix zustehen. Wie die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, ohne dass die Kommission ihnen insoweit widersprochen hätte, war Systran Luxembourg auch zur Zeit der Unterzeichnung der Umstellungsverträge keine Gesellschaft, die voll in die Systran-Gruppe integriert war, sondern ein Gemeinschaftsunternehmen, das sowohl die Interessen der Unternehmen, die zuvor mit der Kommission bei der Wartung/Pflege der Version EC-Systran Mainframe zusammengearbeitet hatten, als auch die Interessen der Systran-Gruppe in Luxemburg vertrat.
99 Schließlich besteht im Bereich des geistigen Eigentums auf jeden Fall der Grundsatz, dass eine Klausel, mit der Eigentumsrechte übertragen werden, nicht vermutet werden kann. Eine derartige Klausel kann grundsätzlich nicht stillschweigend, sondern nur ausdrücklich vereinbart werden. Im vorliegenden Fall ist den Dokumenten, die die Parteien dem Gericht vorgelegt haben, eine vertragliche Bestimmung bezüglich einer Übertragung der Rechte des geistigen Eigentums von Systran bzw. eines Unternehmens der Systran-Gruppe, auf die eine Berufung im Hinblick auf die Version Systran Unix der Software Systran möglich wäre, nicht zu entnehmen.
100 Aus alledem ergibt sich, dass keine der von der Kommission angeführten Vertragsbestimmungen die Auffassung stützen kann, dass der vorliegende Rechtsstreit zwingend vertraglicher Natur sei. Die genannten Vertragsbestimmungen, die sich auf einen vergangenen und – im Hinblick auf die Verträge über die Version Systran Mainframe, die in den 90er Jahren wegen der Entwicklung der IT-Umgebung veraltete – abgeschlossenen Zeitraum beziehen, können nicht belegen, dass der Kommission von der Systran-Gruppe erlaubt wurde oder dass sie über deren Erlaubnis verfügte, Informationen an Dritte weiterzugeben, die aufgrund der Urheberrechte und als Know-how an der von der Systran-Gruppe entwickelten und vermarkteten Version Systran Unix der Software Systran geschützt sein können.
101 Nach alledem ergibt sich aus dem Inhalt des Schadensersatzanspruchs der Klägerinnen und aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind und auf die sich die Klägerinnen berufen, um ihre Rechte an der Version Systran Unix der Software Systran sowie das Erfordernis zu belegen, dass die vorherige Zustimmung des Urhebers der genannten Version einzuholen ist, bevor der in der abgeleiteten Version EC-Systran Unix übernommene Inhalt an einen Dritten weitergegeben wird, dass die Klägerinnen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht hinreichend die Umstände belegen, die erforderlich sind, damit das Gericht die ihm im Bereich außervertraglicher Haftung vom Vertrag verliehene Zuständigkeit wahrnehmen kann.
102 Darüber hinaus kann aufgrund der Prüfung der verschiedenen Vertragsbestimmungen, auf die sich die Kommission zum Nachweis der vertraglichen Grundlage des Schadensersatzanspruchs berufen hat, festgestellt werden, dass eine Übertragung des Urheberrechts nicht erfolgt ist und dass die Systran-Gruppe eine Erlaubnis zur Weitergabe von Informationen bezüglich der Version Systran Unix nicht erteilt hat.
103 Aus dieser Gesamtwürdigung ergibt sich, dass der vorliegende Rechtsstreit außervertraglicher Natur ist. Es geht nämlich um die Beurteilung des angeblich pflichtwidrigen und schädigenden Charakters der Weitergabe von Informationen, die aufgrund eines Eigentumsrechts oder als Know-how geschützt sind, durch die Kommission an Dritte ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Inhabers des Eigentumsrechts oder des Know-how anhand der insoweit geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, nicht aber anhand von Vertragsbestimmungen in Verträgen, die in der Vergangenheit in Bezug auf Fragen geschlossen wurden, die nicht das Urheberrecht und das Know-how von Systran an der Version Systran Unix betrafen.
104 Das Vorbringen der Kommission, die Klage sei unzulässig, weil sie eine vertragliche Grundlage habe, ist daher zurückzuweisen.
2. Zur fehlenden Klarheit der Klageschrift
a) Vorbringen der Parteien
105 Die Kommission macht geltend, die Klage sei unzulässig, da sie die Voraussetzung des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung nicht erfülle, wonach die Klageschrift „den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe“ enthalten müsse. Die Klageschrift mache keine genauen Angaben zu den Rechtsvorschriften, die die Kommission verletzt haben solle, und enthalte wenig Tatsachenvortrag zu der von den Klägerinnen behaupteten Rechtsverletzung und Weitergabe des Know-how.
106 Die Klägerinnen tragen im Wesentlichen vor, die Klageschrift sei hinreichend bestimmt, um der Kommission die Vorbereitung ihrer Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung der Rechtssache zu ermöglichen.
b) Würdigung durch das Gericht
107 Die Klageschrift muss gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Ausübung der richterlichen Kontrolle zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (Beschlüsse des Gerichts vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, Slg. 1993, II‑523, Randnr. 20, und vom 11. Juli 2005, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑294/04, Slg. 2005, II‑2719, Randnr. 23).
108 Um diesen Anforderungen zu genügen, muss eine Klageschrift, die auf Ersatz von durch ein Organ verursachten Schäden gerichtet ist, die Angaben enthalten, anhand deren sich das dem Organ von der Klägerin vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt (Beschluss Internationaler Hilfsfonds/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 24).
109 Im vorliegenden Fall tragen die Klägerinnen in ihrer Klageschrift vor, die Kommission habe im Zuge einer Ausschreibung das Know-how von Systran rechtswidrig an einen Dritten weitergegeben und in diesem Zusammenhang eine Rechtsverletzung unter Verstoß gegen die Urheberrechte der Klägerinnen begangen. Es handelt sich um die rechtswidrigen und schädigenden Verhaltensweisen, die der Kommission vorgeworfen werden (siehe oben, Randnr. 66). Anhand dieser Angaben konnte die Kommission ihre Verteidigung vorbereiten.
110 Das Vorbringen der Kommission in Bezug auf die Unzulässigkeit der Klage wegen fehlender Klarheit der Klageschrift ist somit zurückzuweisen.
3. Zur Unzuständigkeit des Gerichts für die Feststellung einer Rechtsverletzung im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung
a) Vorbringen der Parteien
111 Die Kommission macht geltend, die Klage sei unzulässig, da das Gericht nicht dafür zuständig sei, über Rechtsverletzungen im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung zu entscheiden, wie dies im Beschluss Document Security Systems, oben in Randnr. 52 angeführt, anerkannt worden sei. Im Unterschied zur umfassenden gemeinschaftlichen Harmonisierung des Markenrechts unterliege das Urheberrecht nur einer teilweisen Harmonisierung, die allerdings den Schutz von Software betreffe (Richtlinie 91/250). Gleichwohl gehöre die Klage wegen Rechtsverletzung im Bereich des Urheberrechts genauso wie im Bereich des Patentrechts nicht zu den Rechtsbehelfen, für die die Gemeinschaftsgerichte zuständig seien. Dasselbe gelte für das Know-how, das überhaupt nicht harmonisiert worden sei. Die Kommission weist insoweit jede Analogie zu der Entscheidung Adams/Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, zurück, da die Klägerinnen sich nicht auf die Verletzung des Art. 287 EG beriefen, sondern nur auf eine pflichtwidrige Weitergabe von Know-how ohne weitere Klarstellung oder Beweismittel. Anders als in der Rechtssache Adams/Kommission seien außerdem die Informationen im vorliegenden Fall im Rahmen von Vertragsbeziehungen erlangt worden, nicht aber im Rahmen der Übergabe von Schriftstücken, die unter dem Siegel der Verschwiegenheit ausgehändigt worden seien.
112 Die Klägerinnen machen geltend, angesichts der Harmonisierung, die bezüglich des Softwareschutzes aufgrund des Urheberrechts stattgefunden habe (Richtlinie 91/250), sei das Gericht für die Beurteilung der Verletzung eines an einer Software bestehenden Urheberrechts durch die Kommission zuständig. Sie könnten daher nicht auf den Rechtsweg zu den nationalen Gerichten verwiesen werden, der, anders als in der Rechtssache Document Security Systems, Beschluss oben in Randnr. 52 angeführt, die den Schutz der Patente betreffe, keine Möglichkeit biete, Schadensersatz zu erlangen. Es gehe darum, einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz für die Klägerinnen sicherzustellen. Was die pflichtwidrige Weitergabe des Know-how angeht, betonen die Klägerinnen die Bedeutung des Urteils Adams/Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, das die Verschwiegenheitspflicht, der die Kommission und ihre Bediensteten nach Art. 287 EG unterlägen, zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz erhoben habe.
b) Würdigung durch das Gericht
113 Die Kommission beruft sich auf den Beschluss Document Security Systems, oben in Randnr. 52 angeführt, für ihren Vortrag, dass das Gericht nicht dafür zuständig sei, über Rechtsverletzungen im Rahmen einer Schadensersatzklage zu entscheiden.
114 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Gericht in jener Rechtssache die Patentverletzungsklage von der eigentlichen Schadensersatzklage unterschieden hat. Die Klägerin hatte beantragt, festzustellen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Rechte aus dem streitigen Patent verletzt hat, und die EZB zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der Rechte aus dem streitigen Patent zu verurteilen (Beschluss Document Security Systems, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 25). Das Gericht hat hierzu zunächst festgestellt, dass es nicht dafür zuständig ist, über eine Patentverletzungsklage zu entscheiden (Beschluss Document Security Systems, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnrn. 50 bis 75). In Bezug auf die eigentliche Schadensersatzklage hat das Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es gemäß Art. 235 EG in Verbindung mit Art. 288 Abs. 2 EG dafür zuständig ist, über diese zu befinden (ebd., Randnr. 76). Es hat jedoch festgestellt, dass die Schadensersatzklage offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrte, weil die Klägerin in dieser Rechtssache keinen Nachweis für die Rechtswidrigkeit des der Beklagten vorgeworfenen Verhaltens erbracht hatte (ebd., Randnrn. 80 bis 82).
115 Im vorliegenden Fall wird der Begriff der Urheberrechtsverletzung in Verbindung mit dem des Schutzes der Vertraulichkeit des Know-how nur herangezogen, um das Verhalten der Kommission im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung als rechtswidrig zu qualifizieren. Diese Beurteilung der Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Verhaltens erfolgt unter Berücksichtigung der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, und erfordert keine vorherige Entscheidung einer zuständigen nationalen Stelle, wie dies bei den verschiedenen streitigen Patenten in der Rechtssache Document Security Systems, Beschluss oben in Randnr. 52 angeführt, der Fall war. So hatte die EZB in mehreren Mitgliedstaaten Nichtigkeitsklagen erhoben, und einige Gerichte hatten auch über die Nichtigkeitsklagen im ersten Rechtszug entschieden; gegen diese Entscheidungen – die von Gericht zu Gericht unterschiedlich ausgefallen waren – waren Rechtsmittel eingelegt worden (Beschluss Document Security Systems, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnrn. 21 bis 24), was hier nicht der Fall ist.
116 Da somit das Gericht nach Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG im Bereich der außervertraglichen Haftung zuständig ist und ein nationaler Rechtsweg, der die Möglichkeit böte, von der Kommission Ersatz des den Klägerinnen nach ihrem Vortrag aufgrund der Rechtsverletzung entstandenen Schadens zu erlangen, nicht besteht, hindert nichts daran, den von den Klägerinnen verwendeten Begriff der Rechtsverletzung heranzuziehen, um das Verhalten der Kommission als rechtswidrig im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zu qualifizieren.
117 Der Begriff der Rechtsverletzung, den die Klägerinnen im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage verwenden, bestimmt sich allein anhand der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind und die bezüglich der Computerprogramme in mehreren Harmonisierungsrichtlinien wiedergegeben sind oder aufgestellt werden. Das Vorbringen der Kommission, die Klage sei unzulässig, weil das Gericht nicht dafür zuständig sei, eine Rechtsverletzung in dem Sinne festzustellen, der diesem Begriff von einer zuständigen nationalen Stelle eines Mitgliedstaats nach Maßgabe des Rechts dieses Mitgliedstaats beigelegt werden könnte, ist somit zurückzuweisen.
B – Zu den weiteren Anträgen
118 Die Kommission macht geltend, mehrere Anträge der Klägerinnen seien unzulässig. Es handele sich um die Anträge auf Anordnung der sofortigen Einstellung der Verletzungs- und der Weitergabehandlungen durch die Kommission, der Beschlagnahme oder Zerstörung bestimmter im Besitz der Kommission und der Gesellschaft Gosselies befindlicher IT-Daten sowie der Veröffentlichung der Entscheidung des Gerichts in Fachzeitungen und -zeitschriften sowie auf spezialisierten Internetseiten auf Kosten der Kommission.
119 Hierzu bezieht sich die Kommission auf eine gefestigte Rechtsprechung, wonach der Gemeinschaftsrichter auch im Rahmen eines Schadensersatzverfahrens keine Anordnungen an ein Gemeinschaftsorgan richten dürfe, weil er damit in die Befugnisse der Verwaltung eingreifen würde (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, Slg. 2006, II‑1291, im Folgenden: Urteil Galileo, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).
120 Art. 288 Abs. 2 EG sieht vor: „Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“ Diese Bestimmung bezieht sich sowohl auf die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung als auch auf die Modalitäten und den Umfang des Schadensersatzanspruchs. Im Übrigen erklärt Art. 235 EG den Gerichtshof für Streitsachen über den in Art. 288 Abs. 2 EG vorgesehenen Schadensersatz für zuständig.
121 Diesen beiden Bestimmungen – die im Gegensatz zu Art. 40 Abs. 1 KS, der nur die Entschädigung durch Geldzahlung vorsah, eine Naturalrestitution nicht ausschließen – ist zu entnehmen, dass der Gerichtshof die Befugnis besitzt, der Gemeinschaft jede Form des Schadensausgleichs aufzuerlegen, die mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der außervertraglichen Haftung gemeinsam sind, in Einklang steht, und zwar, soweit sie diesen Grundsätzen entspricht, auch eine Naturalrestitution, die gegebenenfalls die Form einer Anordnung eines bestimmten Handelns oder Unterlassens annehmen kann (Urteil Galileo, oben in Randnr. 119 angeführt, Randnr. 63).
122 Die Gemeinschaft kann daher einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Maßnahme des Gemeinschaftsrichters nicht grundsätzlich entzogen bleiben, da ausschließlich dieser dafür zuständig ist, über Klagen auf Ersatz eines Schadens zu entscheiden, für den die Gemeinschaft haftet (vgl. in Bezug auf eine Anordnung im Bereich der Marken Urteil Galileo, oben in Randnr. 119 angeführt, Randnr. 67).
123 Ein vollständiger Ausgleich des geltend gemachten Schadens setzt voraus, dass der unbeeinträchtigte Zustand des Rechts des Urheberrechtsinhabers wiederhergestellt wird, was unabhängig von etwaigen bezifferten Schadensersatzbeträgen zumindest die sofortige Einstellung der Rechtsverletzung umfasst. Mit der beantragten Anordnung wollen die Klägerinnen jedoch gerade erreichen, dass die von ihnen behauptete Verletzung ihrer Urheberrechte durch die Kommission beendet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Galileo, oben in Randnr. 119 angeführt, Randnr. 71). Der vollständige Ausgleich des Schadens kann auch die Form der Beschlagnahme oder Zerstörung des Produkts der Rechtsverletzung oder der Veröffentlichung der Entscheidung des Gerichts auf Kosten der Kommission annehmen.
124 Das Vorbringen der Kommission zur Unzulässigkeit der Anträge, die sich nicht auf den Ersatz des angeblichen Schadens richten, ist somit zurückzuweisen.
125 Nach alledem sind sämtliche Einreden der Unzulässigkeit zurückzuweisen.
II – Zur Begründetheit
126 Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG hängt vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich der Rechtswidrigkeit des dem Organ vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16, und vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, Slg. 2006, I‑10833, Randnr. 26).
A – Zu den von den Klägerinnen geltend gemachten Rechten und zur Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission
127 Das einem Organ vorgeworfene rechtswidrige Verhalten muss einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstellen, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 42). Wenn das betreffende Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (Urteil Bergaderm und Goupil/Kommission, Randnr. 44).
128 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, es bestehe eine wesentliche Ähnlichkeit zwischen der Version Systran Unix, die seit 1993 von der Systran-Gruppe entwickelt worden sei, und der Version EC-Systran Unix, die von Systran Luxembourg für die Bedürfnisse der Kommission ab 22. Dezember 1997 entwickelt worden sei. Aufgrund dieser starken Ähnlichkeit könnten die Klägerinnen angesichts der Urheberrechte und des Know-how bezüglich der Version Systran Unix die Weitergabe des Inhalts der Version Systran Unix an einen Dritten ohne ihre Zustimmung untersagen. Die Durchführung der streitigen Ausschreibung führe daher zu einem Verstoß gegen die Urheberrechte und zu einer pflichtwidrigen Weitergabe des Know-how der Systran-Gruppe, durch die die außervertragliche Haftung der Kommission ausgelöst werden könne.
129 Die Kommission macht geltend, dass der Systran-Gruppe die an der Software Systran beanspruchten Rechte nicht zuständen. Sie trägt vor, sie sei Inhaberin der Rechte des geistigen Eigentums, die zur Vornahme der von ihr durchgeführten Handlungen erforderlich seien, und ihr könne eine Handlung, mit der ein Recht verletzt oder Know-how weitergegeben worden sei und die eine Pflichtverletzung im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG darstelle, nicht zur Last gelegt werden.
1. Zum Vergleich der verschiedenen Versionen der Software Systran
a) Vorbringen der Parteien
130 Die Klägerinnen unterscheiden drei Teile der Software Systran, die miteinander im Dialog stünden, nämlich den Kern, die linguistischen Programme – auch „Sprachroutinen“ genannt – und die Wörterbücher. In diesem Kontext machen die Klägerinnen geltend, dass die Version Systran Unix eine Primärversion und die Version EC-Systran Unix eine aus dieser Primärversion abgeleitete Version sei. Bei einem Vergleich dieser beiden Versionen könne nämlich festgestellt werden, dass sie nahezu identisch seien, zumindest aber im Wesentlichen ähnlich. Das könne auch nicht anders sein, da Systran Luxembourg für die Realisierung der Version EC-Systran Unix ab 22. Dezember 1997 die von Systran seit 1993 entwickelte Version Systran Unix übernommen habe, um die Wörterbücher der Version EC-Systran Mainframe in sie zu integrieren.
131 Die Kommission übernimmt die Darstellung, die die Klägerinnen von der Struktur der Software Systran gegeben haben, ergänzt sie aber um die Dienstprogramme, zu denen insbesondere die Schnittstellen und die Verwaltungstools der Wörterbücher gehören. Sie führt aus, der Kern, die linguistischen Programme und die Wörterbücher hätten einen Quellcode, der in die Programmiersprache übersetzt werden müsse. Nach einem Eingriff in die linguistischen Programme müssten daher diese sowie der Kern neu übersetzt werden, doch werde der Kern durch diese Operation nicht verändert. Die Anreicherung der linguistischen Programme erfordere keine Änderung des Kerns, der Datenstruktur oder des Entwurfsmaterials zur Vorbereitung. Sie setze ausschließlich eine Änderung des linguistischen Teils des Quellcodes voraus. Auch die Kodierung der Wörterbücher verlange keine Änderung des Kerns oder der Datenstruktur des Systems, so dass der Quellcode und das Entwurfsmaterial zur Vorbereitung nicht geändert werden müssten. Im Übrigen seien die Dienstprogramme im Allgemeinen Scripts, die selbst ohne Änderung verwendet werden könnten.
132 In ihrer Antwort auf das Vorbringen zu der nahezu völligen Identität der Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix macht die Kommission geltend, die Version EC-Systran Unix sei nicht aus der Version Systran Unix entwickelt worden, wie die Klägerinnen behaupteten, sondern aus der früheren Version EC-Systran Mainframe. Der Begriff „Umstellung“, der in den mit Systran Luxembourg geschlossenen Umstellungsverträgen benutzt werde, bedeute daher, dass sich nur die IT-Umgebung der Software ändere, während ihre logischen Strukturen beibehalten würden. Die Systran-Gruppe habe somit keine „völlig neue Version des Systems Systran für Unix“ geliefert, wie die Klägerinnen behaupteten. Im Übrigen sei sie immer noch im Besitz der Rechte, die sie aufgrund der Verträge betreffend EC-Systran Mainframe erworben habe.
133 Die Änderungen der von WTC entwickelten Version Systran Mainframe in der Version EC-Systran Mainframe, die die Kommission verwende, hätten sich nicht nur auf die Wörterbücher erstreckt, die von den Bediensteten der Kommission regelmäßig angereichert worden seien, sondern auch auf den Kern und vor allem auf die Sprachroutinen. Die Sprachroutinen der Version Systran Mainframe, die WTC in den 70er Jahren entwickelt habe, seien nur ansatzweise vorhanden gewesen, und die Kommission habe zahlreiche Arbeitsstunden und erhebliche Geldbeträge zur Verbesserung dieser Routinen aufgewandt, damit sie ihren spezifischen Anforderungen in der Version EC-Systran Mainframe gerecht würden. Die Version EC-Systran Mainframe umfasse auch Sprachroutinen, die speziell von der Kommission und für die Kommission entwickelt worden seien (vgl. den technischen Vermerk vom 16. Januar 2008 der Generaldirektion Übersetzung der Kommission [im Folgenden: GDÜ] betreffend das „Abstammungsverhältnis zwischen EC-Systran Unix und EC-Systran Mainframe“, im Folgenden: erster Vermerk der GDÜ).
134 Wäre die Umstellung unter Verwendung der linguistischen Programme der Version Systran Unix in der Version EC-Systran Unix erfolgt, hätte für die Sprachenpaare Griechisch-Französisch, Englisch-Griechisch, Spanisch-Französisch, Französisch-Deutsch, Spanisch-Italienisch-Niederländisch kein Ergebnis erzielt werden können, da diese Sprachenpaare in der Version Systran Unix nicht vorhanden gewesen seien (vgl. Atos-Bericht vom 4. Mai 1998, „Durchführbarkeit der Umstellung von EC-Systran und der Fusion von EC-Systran mit dem Systran-System“, im Folgenden: Bericht vom 4. Mai 1998, S. 32). Da ferner die Codes der Wörterbücher der Version EC-Systran Mainframe mit den linguistischen Programmen der Version Systran Unix weitgehend inkompatibel gewesen seien, hätten die linguistischen Programme der anderen Sprachenpaare ebenfalls umgestellt werden müssen, um den Spezifizierungen der Kommission zu entsprechen. Alle linguistischen Programme der Version EC-Systran Mainframe seien von Systran Luxembourg mit Hilfe des Konvertierungsprogramms Eurot konvertiert und nicht durch entsprechende Elemente der Version Systran Unix ersetzt worden. Auf jeden Fall setzten die von der Kommission verwendeten Wörterbücher die assoziierten linguistischen Programme voraus und könnten daher nicht durch die bloße Integration in die Version Systran Unix erneut verwendet werden.
135 Die Version EC-Systran Unix sei im Übrigen von Systran Luxembourg auf der Grundlage der Umstellung des Systems EC-Systran Mainframe entwickelt worden, dessen Kern von WTC erstellt worden sei, von dem jedoch zahlreiche Elemente im Auftrag der Kommission im Rahmen mehrerer Verträge geändert worden seien, die bestimmten, dass die für die Kommission vorgenommenen Entwicklungen deren Eigentum sein sollten. Die Umstellung der Version EC-Systran Mainframe auf die Version EC-Systran Unix führe dazu, dass die letztgenannte Version nicht nur eine bloße Version der Software Systran Unix sei.
136 Was ferner die verschiedenen Ähnlichkeiten zwischen den Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix angehe, die sich aus dem Vergleich ergäben, der im Bericht des IT-Sachverständigen der Klägerinnen, Herrn Bitan (im Folgenden: Bitan-Bericht), angestellt worden sei, so seien diese kein Beweis für das Vorliegen einer Pflichtverletzung oder Rechtsverletzung der Kommission. Die nahezu völlige Identität der beiden in Rede stehenden Versionen der Software Systran lasse zum einen nur den Schluss zu, dass die Systran-Gruppe Elemente aus ihrem bereits bestehenden System verwendet habe und dass daher die Frage zu stellen sei, weshalb vier Jahre Arbeit und mehrere Hunderttausend Euro nötig gewesen seien, um diese Ähnlichkeit zu erreichen, und zum anderen, dass die Systran-Gruppe die für Rechnung der Kommission vorgenommenen Entwicklungen wahrscheinlich in der Weise verwendet habe, dass sie sie in das von ihr vermarktete eigene System integriert habe, während die Kommission nach Maßgabe der geschlossenen Umstellungsverträge an diesen Elementen keine Rechte habe. Der Vergleich sei deshalb von vornherein fehlerhaft, denn die Versionen, die gegenübergestellt werden müssten, seien nicht die Versionen, die die Systran-Gruppe besitze, sondern die, die Systran für Rechnung der Kommission im Rahmen der Umstellungsverträge entwickelt habe. Die Kommission behalte sich insoweit die Wahrnehmung ihrer Rechte vor.
b) Würdigung durch das Gericht
137 Um die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission nachzuweisen, machen die Klägerinnen geltend, die Version Systran Unix sei eine Primärversion und die Version EC-Systran Unix, in Bezug auf die die Handlungen der Urheberrechtsverletzungen und der Weitergabe des Know-how vorgenommen worden seien, sei eine aus jener Version der Software Systran abgeleitete Version. Diese Darlegung beruht im Wesentlichen auf dem inhaltlichen Vergleich der Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix, den Herr Bitan, der IT-Sachverständige der Klägerinnen, angestellt hat. Herr Bitan ist promovierter Jurist, Ingenieur für Telekommunikation und Informatik, von der Cour de cassation (Frankreich) zugelassener IT-Sachverständiger, Sachverständiger am Tribunal administratif und der Cour d’appel de Paris (Frankreich) sowie Lehrbeauftragter an der Universität Panthéon-Assas Paris-II.
138 Die Prüfung der von den Klägerinnen insoweit vorgelegten Daten, zu denen die Kommission Stellung nehmen konnte, erlaubt drei Reihen von Tatsachenfeststellungen.
139 Erstens sind sich die Parteien einig, dass die Struktur der Software Systran, sei es der Version Systran Unix oder der Version EC-Systran Unix, in mehrere Teile zerlegt werden kann (vgl. Bitan-Bericht, technischer Vermerk von Herrn Bitan, im Folgenden: erster technischer Vermerk Bitan sowie zweiter technischer Vermerk Bitan):
– den Kern, den wesentlichen Teil der Software, der den gesamten Übersetzungsprozess mit Hilfe der anderen Komponenten der Software, deren Tätigkeit von ihm kontrolliert wird, steuert; der Kern umfasst den Verwaltungsmechanismus des Übersetzungsprozesses, den Verwaltungsmechanismus der Datenstrukturen, die mit den Sprachroutinen und den Wörterbüchern kompatibel sind, sowie den Verwaltungsmechanismus der im Übersetzungsprozess eingesetzten Module; er integriert die Algorithmen für die Verwaltung der Wörterbücher, die Algorithmen für die Interpretation der in den Wörterbüchern genutzten „Makros“, die Filter für die verschiedenen Dokumentenformate sowie die Segmentierung in Sätze;
– die linguistischen Programme (auch „Sprachroutinen“ genannt), die in einer Analyse der homographischen und lexikalischen Routinen in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen, einer Übertragung von der Ausgangssprache in die Zielsprache sowie einer Synthese bestehen; diese Routinen werden aus einer Gesamtheit von linguistischen Regeln gebildet, die in einer zuvor definierten Ordnung während des Übersetzungsprozesses angewandt werden; ihre Rolle besteht darin, die Informationen zu modifizieren, die in der vom Kern im Übersetzungsprozess geschaffenen Analysezone enthalten sind;
– die Wörterbücher, die die vom Kern und den linguistischen Programmen genutzte Datenbasis darstellen, und in die Dienstprogramme, zu denen insbesondere die Schnittstellen und die Verwaltungstools der Wörterbücher gehören; die in den Wörterbüchern genutzten Datenstrukturen wurden in den Übersetzungsregeln sowie in den Codierungshandbüchern definiert.
140 Der vom Kern gesteuerte Übersetzungsprozess läuft in drei großen Abschnitten ab, nämlich Vorbehandlung, die das Filtern des zu übersetzenden Ausgangsdokuments, das Zerlegen in Sätze, die Befragung der Wörterbücher, die verschiedenen linguistischen Vorbehandlungen sowie die Erstellung der „anfänglichen Analysezone“ einschließt; Anwendung der Sprachroutinen auf die in Sätzen organisierte Analysezone (Analyse, Transfer, Synthese) und Nachbehandlung, die die Rekonstruktion der Sätze und die Wiederherstellung des übersetzten Dokuments unter Beachtung seines ursprünglichen Formats erlaubt.
141 Diese Darlegungen zur Architektur und zum Betrieb der Software Systran betreffen sowohl die Version Systran Unix als auch die Version EC-Systran Unix. Hieraus ergibt sich, dass die einzelnen Teile der Software, auch wenn sie Teil eines Ganzen sind, innerhalb des Ganzen gleichwohl eine besondere Rolle spielen. Vor allem ist auf die Besonderheit und Bedeutung des Kerns hinzuweisen, der den Ausgangstext vorbereitet, indem er ihn filtert, in Sätze zerlegt und für jeden Satz, ausgehend von den Informationen des Wörterbuchs, die Analysezone erstellt. Über diese Zone arbeiten die Sprachroutinen.
142 Anhand dieser Struktur der Software Systran, die die Klägerinnen substantiiert dargelegt haben und die als solche von der Kommission nicht bestritten worden ist, sind die Rechte zu prüfen, die die Klägerinnen an den hier in Frage stehenden verschiedenen Versionen der Software Systran geltend gemacht haben.
143 Zweitens lässt sich anhand der Daten, die die Klägerinnen bezüglich der Ergebnisse des Vergleichs der Version Systran Unix mit der Version EC-Systran Unix – die beiden einzigen zur Begründung der Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens herangezogenen Versionen – vorgelegt haben, eine wesentliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Versionen der Software Systran feststellen.
144 Die maßgeblichen Feststellungen, die im Bitan-Bericht getroffen wurden, um das Vorliegen einer gewissen Identität – oder zumindest einer wesentlichen Ähnlichkeit – der Version Systran Unix mit der Version EC-Systran Unix der Software Systran zu untermauern, sind Folgende:
– Bezüglich der Datenstrukturen sind mindestens 72 % der Datenstrukturen der Version Systran Unix und der Version EC-Systran Unix identisch oder unterscheiden sich kaum (vgl. Nr. 5 „Synthese“ und Nr. 3.1 „Vergleichende Untersuchung der Beschreibung der Datenstrukturen“);
– bezüglich der Codierungshandbücher werden die meisten der im Codierungshandbuch der Version Systran Unix dargestellten Codes in der Version EC-Systran Unix übernommen (vgl. Nr. 5 „Synthese“ und Nr. 3.2 „Vergleichende Untersuchung der Kodierungshandbücher“);
– bezüglich der Quellcodes erreicht die Ähnlichkeit zwischen den Kernen der beiden Versionen der Software Systran, die den Hauptteil der Software darstellen, 80 % bis 95 %; andere Ähnlichkeiten bestehen auf der Ebene der Sprachroutinen, wobei ein großer Teil der Routinen der Version Systran Unix in der Version EC-Systran Unix enthalten ist (vgl. Nr. 5 „Synthese“ und Nr. 4 „Vergleichende Untersuchung der Quellcodes“).
145 Diese Tatsachenfeststellungen werden als solche von der Kommission nicht bestritten, die zum einen geltend macht, dass die Version EC-Systran Unix eine abgeleitete Version der Version EC-Systran Mainframe sei, und zum anderen, dass die Version Systran Unix eine Version sei, die die Entwicklungen integriere, die ihr aufgrund der – aus Systran Mainframe abgeleiteten – Version EC-Systran Mainframe oder aufgrund der Version EC-Systran Unix gehörten (siehe oben, Randnrn. 132 bis 136, sowie unten, Randnrn. 150 bis 157).
146 Demgemäß hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie sei nicht in der Lage, Herrn Bitan zu widersprechen, der in den Dokumenten, die der Klageschrift als Anlage beigefügt waren, auf die Ähnlichkeiten zwischen der Version Systran Unix und der Version EC-Systran Unix hingewiesen hatte.
147 Aufgrund der Angaben der Klägerinnen und der Erklärungen, die hierzu im Verfahren abgegeben worden sind (siehe oben, Randnrn. 137 bis 146), ist somit festzustellen, dass die Klägerinnen hinreichend belegen, dass im vorliegenden Fall eine wesentliche Ähnlichkeit zwischen den Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix besteht, und dass sie sich daher auf die Rechte berufen können, die der Systran-Gruppe an der seit 1993 von Systran entwickelten Version Systran Unix zustehen, um gegen die ohne ihre Zustimmung stattfindende Weitergabe der abgeleiteten Version EC-Systran Unix an Dritte vorzugehen, die Systran Luxembourg ab 22. Dezember 1997 den Bedürfnissen der Kommission anpasste.
148 Diese Schlussfolgerung stellt nicht die Rechte in Frage, die der Kommission an der abgeleiteten Version EC-Systran Unix aufgrund der Umstellungsverträge oder aufgrund des Umstands zustehen könnten, dass sie Wörterbücher erstellte oder entwickelte, die ihren linguistischen Bedürfnissen entsprachen. Mit ihr soll nur anerkannt werden, dass die Klägerinnen den Nachweis erbracht haben, dass bestimmte Teile der Software Systran, insbesondere 80 % bis 95 % des Kerns und ein großer Teil der Sprachroutinen, von Systran erstellt wurden und in der von dieser vermarkteten Version Systran Unix enthalten sind, ohne dass aus den Akten hervorginge, dass diese Teile auch nur ansatzweise in das Eigentum der Kommission übergegangen wären.
149 Daher ist festzustellen, dass, wie im Übrigen der Bitan-Bericht feststellt, Systran Luxembourg für die Herstellung der Version EC-Systran Unix einen sehr großen Teil der von Systran vermarkteten Version Systran Unix übernahm und in ihn die Wörterbücher der Version EC-Systran Mainframe integrierte.
150 Die Kommission widerspricht dieser Schlussfolgerung und macht geltend, die Version EC-Systran Unix sei in Wirklichkeit nur die Folge der Umstellung der früheren Version EC-Systran Mainframe von einer IT-Umgebung auf die andere. Dieses Argument wird von der Kommission in dem ersten Vermerk der GDÜ entwickelt, der im Wesentlichen die folgenden Schlussfolgerungen enthält:
– „Die Tätigkeitsberichte belegen, dass EC-Systran Unix ausgehend [von] EC-Systran Mainframe erstellt wurde, [so dass] diese Software von Anfang an mit den Mitteln der Kommission entwickelt wurde“;
– „[d]as von WTC entworfene Originalsystem [die Version EC-Systran Mainframe] war relativ rudimentär angesichts der äußerst hohen Zahl an Modulen [und] Programmen, die die Kommission selbst entwickeln lassen musste, damit es ihren Qualitätsanforderungen gerecht wurde“;
– „[e]s war für Systran umso leichter, … der Kommission ihr umgestelltes Basissystem [d. h. die Version Systran Unix] anzubieten, als dieses umgestellte System bereits bestimmte spezifische Teile [von] EC-Systran Mainframe enthielt, die aus der Zusammenarbeit und der Entwicklung vor 1993/1994 entstanden waren, also vor dem Zeitpunkt, von dem an Systran SI die Umstellung [von] EC-Systran Mainframe für Rechnung der Kommission in Angriff nahm“.
151 Die Kommission ist angesichts des behaupteten Abstammungsverhältnisses zwischen der Version EC-Systran Mainframe und der Version EC-Systran Unix somit der Auffassung, dass ihr die Rechte, die sie aufgrund der Verträge bezüglich EC-Systran Mainframe erworben habe, erhalten blieben. In Bezug auf die Ähnlichkeiten, die Herr Bitan für die Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix feststellte, ist die Kommission ferner der Ansicht, diese belegten im Wesentlichen nur, dass die Systran-Gruppe die Entwicklungen, die für die Kommission im Rahmen der Versionen EC-Systran Mainframe und EC-Systran Unix vorgenommen worden seien, wahrscheinlich dazu benutzt habe, um sie in die Version Systran Unix zu integrieren.
152 Dieses Vorbringen der Kommission läuft darauf hinaus, dass der Systran-Gruppe keinerlei Rechte an der Software Systran zustehen, und zwar weder an der Version Systran Mainframe, die von der WTC-Gruppe und von ihrem Urheber erworben wurde, noch an der Version Systran Unix, die die Systran-Gruppe mehrere Jahre vor der Version EC-Systran Unix, die von ihr erstellt wurde, um den Bedürfnissen der Kommission angesichts der veralteten Version EC-Systran Mainframe nachzukommen, entwickelt und vermarktet hatte.
153 Wie bereits bei der Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung über die vorliegende Klage dargelegt (siehe oben, Randnrn. 70 bis 77), beruht das Vorbringen der Kommission auf allgemeinen Behauptungen, die in Anbetracht der Merkmale der Software und der von den Klägerinnen vorgelegten Rechts- und Fachgutachten nicht hinreichend substantiiert sind.
154 Die Kommission bezieht sich in ihrem Vorbringen hauptsächlich auf die Rolle, die ihre Dienststellen bei der Aktualisierung der von der Version EC-Systran Mainframe und der Version EC-Systran Unix benutzten Wörterbücher spielten und die die Klägerinnen nicht in Frage stellen, und in geringerem Maße auf den Einfluss, den ihre Dienststellen auf die Aktualisierung bestimmter Sprachroutinen der Version EC-Systran Unix nehmen konnten. Die Bedeutung der Arbeiten, die Systran bezüglich des Kerns und des größten Teils der Sprachroutinen ausführte, wird von der Kommission verschwiegen, die niemals die Rechte erwähnt, die die Systran-Gruppe aus ihnen herleiten kann. Wie jedoch vorstehend in Randnr. 147 festgestellt, belegen die Klägerinnen hinreichend, auf welcher Grundlage sie wegen der Entwicklung und der Vermarktung der früheren Version Systran Unix Rechte an der Version EC-Systran Unix geltend machen können.
155 Die Kommission war ferner trotz ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts nicht in der Lage, technische Beweise beizubringen, die belegen, weshalb die Systran-Gruppe an der Version Systran Unix der Software Systran oder an einem IT-Element, aus dem das Programm besteht oder das den operationellen Quellcode bildet (insbesondere an den Teilen, die den Basiskern und die linguistischen Programme der Software betreffen), keine Urheberrechte soll geltend machen können. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission zudem eingeräumt, keine Beweismittel beibringen zu können, anhand deren festgestellt werden könnte, an welchen Elementen von Systran Unix sie ein Eigentumsrecht aufgrund der Verträge geltend machen könnte, die sie mit der Systran-Gruppe bezüglich der Version Systran Mainframe geschlossen hatte. Dem Vorbringen der Kommission in diesem Punkt (siehe oben, Randnr. 136) kann das Gericht somit nicht folgen.
156 In der mündlichen Verhandlung hat ferner Herr Bitan aufgrund des zweiten Gutachtens Sirinelli und des zweiten technischen Vermerks Bitan darauf hingewiesen, dass die Versionen Systran Unix und Systran Mainframe jedenfalls schon deshalb völlig verschieden seien, weil sie unterschiedliche Sprachen benutzten. Ungeachtet dessen, dass das im ersten Vermerk der GDÜ beanspruchte Abstammungsverhältnis nicht belegen kann, warum die Klägerinnen aufgrund der an der Version Systran Mainframe bestehenden Rechte keine Rechte an der Version EC-Systran Mainframe sollen geltend machen können – eine Frage, die nicht Gegenstand der vorliegenden Klage ist –, steht dieses angebliche Abstammungsverhältnis im Widerspruch zu den bedeutenden Unterschieden, die im IT-Bereich zwischen den Versionen der Software Systran, die in der – inzwischen veralteten – Mainframe-Umgebung laufen, und den Versionen der genannten Software bestehen, die an die neuen IT-Umgebungen Unix und Windows angepasst wurden und in Bezug auf die nicht bestritten werden kann, dass die Systran-Gruppe Urheber der Originalversion Systran Unix ist. Diese Version ist zudem viel älter als die Version EC-Systran Unix, die Systran Luxembourg für die Bedürfnisse der Kommission ab 22. Dezember 1997 aktualisierte, und zwar entgegen dem, was aus dem ersten Vermerk der GDÜ abgeleitet werden könnte, der fälschlicherweise Bezug nimmt auf die Jahre „1993/1994 …, also … den Zeitpunkt, von dem an Systran [Systran, Inc.] die Umstellung [von] EC-Systran Mainframe für Rechnung der Kommission in Angriff nahm“ (siehe oben, Randnr. 150).
157 Die vorstehend in Randnr. 147 dargelegte Schlussfolgerung wird somit durch das Vorbringen der Kommission, das auf das Abstammungsverhältnis zwischen der Version EC-Systran Unix und der Version EC-Systran Mainframe bzw. auf die Beiträge gestützt wird, die zu der Version Systran Unix im Zuge der Aktualisierung der Version EC-Systran Mainframe geleistet worden sein sollen, nicht in Frage gestellt.
2. Zur Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission
158 Das rechtswidrige Verhalten, das der Kommission zur Last gelegt wird, besteht darin, dass die Kommission sich das Recht nahm, die in der Ausschreibung genannten Arbeiten auszuführen, und dass diese Arbeiten geeignet sind, die Elemente der Version Systran Unix, die in der Version EC-Systran Unix der Software Systran übernommen wurden und durch das Urheberrecht oder als Know-how der Systran-Gruppe geschützt sind, zu ändern oder zu deren Weitergabe zu führen, ohne dass die Systran-Gruppe das Eigentum an diesen Elementen durch Vertrag an die Kommission übertragen oder der Kommission die Erlaubnis zur Vornahme dieser Arbeiten erteilt hätte.
a) Vorbringen der Parteien
Zur Verletzung des Urheberrechts
159 Was die Verletzung des Urheberrechts betrifft, machen die Klägerinnen geltend, dass die im Bitan-Bericht verzeichneten Identitäten oder Ähnlichkeiten Elemente beträfen, die insoweit geschützt seien, nämlich die Architektur und die Quellcodes der Software Systran. Die Version EC-Systran Unix sei daher eine abgeleitete Version der Version Systran Unix, d. h. eine vom Systran-System abhängige Version. Dies habe zur Folge, dass die Urheberin der ersten Version, die Systran-Gruppe, gegen jede Änderung der abgeleiteten Version, die sie nicht erlaubt habe, vorgehen könne. Indem die Kommission an einen Dritten Arbeiten vergeben habe, mit denen die von Systran Luxembourg realisierte Version EC-Systran Unix habe geändert werden sollen, habe sie daher eine Verletzungshandlung begangen, da sie ohne vorherige Erlaubnis der Systran-Gruppe die Software nicht habe ändern dürfen. Um die allgemeinen Rechtsgrundsätze darzulegen, die den insoweit geltenden Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Rechtsverletzung in allen Rechten der Mitgliedstaaten geahndet werde und als unerlaubte oder quasi-deliktische Handlung oder zumindest als Pflichtverletzung gelte, die zum Ersatz des durch die Organe verursachten Schadens führen könne.
160 Nach Art. 4 der Richtlinie 91/250, den die Mitgliedstaaten vor dem 1. Januar 1993 hätten umsetzen müssen, habe der Urheber einer Software „das Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten: a) die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form … b) die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse“. Die Vornahme einer dieser Handlungen ohne die Erlaubnis des Urhebers stelle eine Verletzung der Rechte an der Software dar. Die genannte Richtlinie bestimme auch, dass die Computerprogramme urheberrechtlich als Werk im Sinne der Berner Übereinkunft geschützt seien. Aufgrund des Verweises auf die Berner Übereinkunft, der alle zur Zeit des Erlasses der Richtlinie 91/250 bestehenden fünfzehn Mitgliedstaaten beigetreten gewesen seien, könne das Urheberrecht durch Heranziehung der bereits bestehenden allgemeinen Rechtsgrundsätze bestimmt werden.
161 In das französische Recht, das auf Systran anwendbar sei, die die Version Systran Unix entwickelt und vermarktet habe, sei die Richtlinie 91/250 durch das Gesetz Nr. 94-361 vom 10. Mai 1994 zur Umsetzung der Richtlinie 91/250 und zur Änderung des Code de la propriété intellectuelle (Gesetzbuch des geistigen Eigentums) (JORF vom 11. Mai 1994, S. 6863), kodifiziert im französischen Code de la propriété intellectuelle, umgesetzt worden. Dem Urheber einer Software stünden die mit der Software zusammenhängenden Rechte zu, vorbehaltlich deren Originalität, und er könne seine Software im Rahmen der Verletzungsklage schützen. Art. L 122-6 des genannten Code sehe daher vor, dass „das Recht des Urhebers an der Verwertung einer Software … das Recht [umfasst], folgende Handlungen vorzunehmen oder zu erlauben: [erstens] die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, einer Software mit jedem Mittel und in jeder Form [, zweitens] die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen einer Software sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse“. Die der Erlaubnis des Urhebers der Software unterliegenden Handlungen, die ohne dessen Erlaubnis vorgenommen würden, stellten daher eine Verletzung der Rechte an der Software dar. Die Richtlinie 91/250 sei in den anderen Mitgliedstaaten ebenfalls umgesetzt worden, so in Luxemburg (Gesetz vom 18. April 2001 über die Urheberrechte, die verwandten Schutzrechte und die Datenbanken, Mémorial A 2001, S. 1042, im Folgenden: luxemburgisches Urheberrechtsgesetz, insbesondere Art. 3) und in Belgien (Gesetz vom 30. Juni 1994 zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Moniteur belge vom 27. Juli 1994, S. 19315, im Folgenden: belgisches Gesetz über die Computerprogramme).
162 Auf das Vorbringen, es müsse nachgewiesen werden, dass die Systran-Gruppe Inhaberin der geltend gemachten Rechte sei, entgegnen die Klägerinnen, dass die Kommission diesen Nachweis verlange, obwohl sie zahlreiche Verträge geschlossen habe, in denen festgestellt werde, dass die Gesellschaften der Systran-Gruppe alleinige Inhaberinnen dieser Rechte seien, und obwohl insoweit allgemeine Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, gälten – auf die in den Gutachten von Professor Sirinelli „Untersuchung der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verletzungsklage einer juristischen Person“ (im Folgenden: erstes Gutachten Sirinelli) und „Zugang zum Schutz einer umgeschriebenen Software durch das Urheberrecht“ (zweites Gutachten Sirinelli) hingewiesen werde –, insbesondere bezüglich der Anscheinstheorie, nach der der offensichtliche Inhaber prozessführungsbefugt sei, ohne dass der Verletzer die lückenlose Vorlage der einzelnen Übertragungsverträge verlangen könne oder sich wegen eines Zweifels an der Rechtsinhaberschaft auf Unzulässigkeit berufen könne. Die Kommission handele daher bösgläubig, wenn sie den Nachweis des Eigentums an der Software verlange, nur um einer Verurteilung wegen Rechtsverletzung zu entgehen.
163 Dies sei im Übrigen ein von den Verletzern häufig gebrauchtes Argument und werde hier von der Kommission aufgenommen, die versuche, sich ihrer Verantwortung mit der Behauptung zu entledigen, die Systran-Gruppe weise nicht nach, dass sie Inhaberin von Rechten an der Version Systran Unix der Software Systran und an der hieraus abgeleiteten Version EC-Systran Unix sei. Nach dem französischen Recht, das für Systran gelte, und nach dem belgischen Recht, auf das sich die Kommission berufe, beruhe jedoch der Schutz des Urheberrechts auf einer vermuteten Inhaberschaft, die davon ausgehe, dass der Verwerter eines Werks als Inhaber des Werks vermutet werde. Die französische Rechtsprechung leite aus dieser Vermutung insoweit ab, dass die juristische Person, die eine Verletzungsklage erhebe, praktisch davon befreit sei, die einzelnen Übertragungsverträge, beginnend mit dem Urheber, einer natürlichen Person, dem ursprünglichen Rechtsinhaber, und endend mit dem letzten Inhaber, lückenlos vorzulegen, während sich der Verletzer zur Verteidigung nicht darauf berufen könne, dass die Überlassungsverträge nicht lückenlos vorgelegt worden seien. Einen ähnlichen Weg gehe das belgische Recht, das davon ausgehe, dass die Vermutung des Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 30. Juni 1994 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte (Moniteur belge vom 27. Juli 1994, S. 19297, im Folgenden: belgisches Urheberrechtsgesetz), wonach „[a]ls Urheber … bis zum Beweis des Gegenteils vermutet [wird], wer als solcher durch Angabe seines Namens oder eines Kürzels, das seine Identität erkennen lässt, auf dem Werk erscheint“, von einer juristischen Person in Anspruch genommen werden könne, deren Namen auf dem Werk angebracht sei. Das Gemeinschaftsrecht stelle dieselbe Vermutung auf. In Art. 5 („Urheber- oder Inhabervermutung“) der Richtlinie 2004/48 heiße es:
„Zum Zwecke der Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe gilt Folgendes:
a) Damit der Urheber eines Werkes der Literatur und Kunst mangels Gegenbeweises als solcher gilt und infolgedessen Verletzungsverfahren anstrengen kann, genügt es, dass sein Name in der üblichen Weise auf dem Werkstück angegeben ist.
b) Buchstabe a gilt entsprechend für Inhaber von dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten in Bezug auf ihre Schutzgegenstände.“
164 Systran sei daher sehr wohl zur Klageerhebung befugt, es sei denn, die Kommission weise nach, dass Systran nicht Rechtsinhaberin sei. Die Klägerin habe jedoch bisher nur versucht, die Beweislast auf die Klägerinnen zu verlagern, und es könne schon jetzt gesagt werden, dass die Kommission diesen Nachweis nicht erbringen werde, da Systran die unbestrittene Verwerterin des in Rede stehenden Werks sei und die Kommission sie stets als solche anerkannt habe. Die juristische Person, die ein Werk verwerte, werde daher als Inhaberin der Rechte vermutet, weshalb sie in der Sache gegen die Verletzer vorgehen könne. Diese Vermutung gelte unabhängig von der Art des betreffenden Werks oder der Zahl der betroffenen Schöpfer. Einzig von Bedeutung seien die Verwertungshandlungen des Antragstellers, soweit sie von dem Urheber und den Urhebern nicht angegriffen worden seien. Professor Sirinelli stelle klar, dass es eine „echte materiell-rechtliche Vorschrift [gibt], wonach derjenige, der ein Werk verwertet, den Schutz allein aufgrund dieser Verwertung verdient“. An dem Besitz von Systran an der Version Systran Unix der Software Systran bestehe jedoch kein Zweifel: Systran habe Lizenzen für diese Version der Software Systran Unix an die wichtigsten Internetportale vergeben und vermarkte sie bei zahlreichen multinationalen Unternehmen, großen Warenhäusern und in Versandhauskatalogen. Systran sei auch Inhaberin der Marken SYSTRAN und der Domänenamen „systran“, die sie weltweit verwerte. Zahlreiche Artikel und Werbemaßnahmen bescheinigten ebenfalls den öffentlich bestätigten und nachgewiesenen Besitz der Systran-Gruppe. Die Klägerinnen berufen sich insbesondere auf die Überreichung des „European IST Prize“ an Systran in Den Haag (Niederlande) 2005 durch das für die Informationsgesellschaft zuständige Kommissionsmitglied. Die Systran-Gruppe, die als Besitzerin sowohl des Werks als auch ihres Namens auftrete, sei somit berechtigt, den Verletzer vor dem Gericht zu verfolgen. Die von der Kommission genutzte Software werde ferner unter der Bezeichnung „EC-Systran Unix“ identifiziert, was die Rolle belege, die Systran in Bezug auf diese Software spiele.
165 Um alle eventuellen Bedenken zu beseitigen, wollen die Klägerinnen ungeachtet der vorstehenden Argumente vorsorglich zeigen, dass die Systran-Gruppe eindeutig Inhaberin der Rechte des geistigen Eigentums an den Versionen Systran Mainframe und Systran Unix der Software Systran ist und in der Vergangenheit von der Kommission als solche anerkannt wurde.
166 Was die Version Systran Mainframe betrifft, tragen die Klägerinnen vor, die Systran-Gruppe sei Inhaberin der Rechte an dieser Version, weil sie sie von Gachot, die die Rechte von Herrn Toma erlangt habe, dem Erfinder und Urheber der ursprünglichen Software, und von den Gesellschaften erworben habe, die die genannte Software verwertet hätten. Ferner sei Systran eindeutig Inhaberin von Rechten des geistigen Eigentums an allen Versionen der Software Systran Mainframe einschließlich EC-Systran Mainframe. Die Übertragung der Rechte des geistigen Eigentums könne nur schriftlich erfolgen und werde im Zweifel nach dem Grundsatz der einschränkenden Auslegung stets zugunsten des Urhebers ausgelegt. Wenn aber nachgewiesen sei, dass Systran die Rechte vom Urheber der Software, Herrn Toma, erworben habe, dann habe sie die Rechte niemals an die Kommission übertragen, trotz der Verträge, auf die sich die Kommission allein deswegen berufe, um zu versuchen, nicht als Verletzer zu erscheinen. Die Klägerinnen verstünden nicht, wozu sich die Kommission auf Verträge über die Verwertung der Software berufe, die mit Drittunternehmen geschlossen worden seien, die Systran nicht entgegengehalten werden könnten und folglich nicht zu einer Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums an die Kommission führen könnten. Was die Verträge angehe, die mit Systran oder mit den Gesellschaften geschlossen worden seien, von denen sie die Rechte erworben habe, so handele es sich ausschließlich um Lizenz- und Dienstleistungsverträge. Keiner der Verträge betreffe die Übertragung der Rechte des geistigen Eigentums an die Kommission.
167 Der ursprüngliche Vertrag z. B. räume der Kommission nur ein Nutzungsrecht (Art. 4) sowohl für das bestehende System als auch für die etwaigen neuen Entwicklungen ein. Nach dem für diesen Vertrag geltenden luxemburgischen Recht, im Einklang insoweit mit dem französischen und dem belgischen Recht, bedürfe die Übertragung der Vermögensrechte gegenüber dem Urheber nämlich der Schriftform und sei restriktiv zu seinen Gunsten auszulegen. Der genannte Vertrag enthalte aber keine Klausel, die irgendwie als Übertragung von Rechten ausgelegt werden könne. Mit Ausnahme der Wörterbücher, die die Kommission entwickelt habe, räume der Vertrag daher der Kommission weder an der Software Systran noch an der Version EC-Systran Mainframe ein Recht des geistigen Eigentums ein.
168 Auch der Vertrag über Zusammenarbeit sehe keine Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums an die Kommission vor. Der Vertrag habe offensichtlich besondere Bedeutung für die Kommission, obwohl sie selbst ihn 1991 gekündigt habe. Entgegen den Ausführungen der Kommission, die in ihm die Grundlage für ihre angeblichen Rechte des geistigen Eigentums an der Software Systran Mainframe sehe, regele der Vertrag, dass der Kommission ein Nutzungsrecht zustehe, und übertrage keineswegs ein Recht, sondern bestimme, dass die zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bestehenden Rechte jeder Partei erhalten und gewährleistet würden. In den Vorbemerkungen des Vertrags über Zusammenarbeit heiße es nämlich:
„2. Am 22. September 1975 schloss die Kommission mit der Gesellschaft WTC einen Vertrag über die Nutzung des Systran-Systems durch die Kommission und über die Entwicklung dieses Systems durch WTC.
…
5. Die Parteien stellen daher fest, dass die Kommission eine Lizenz zur Nutzung des Basissystems … besitzt …“
169 Art. 4 des Vertrags über Zusammenarbeit weise ebenfalls darauf hin, dass die zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bestehenden Rechte jeder Partei gewährleistet würden. Die Kommission habe jedoch keine Rechte an der Software Systran Mainframe. Die Kommission könne sich daher nicht auf eine Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums an der Software Systran Mainframe auf sie berufen, auch wenn ihr Rechte an den von ihr entwickelten Wörterbüchern zuerkannt worden seien (Abs. 6 der Vorbemerkungen das Vertrags über Zusammenarbeit). Diese Rechte berührten weder die Eigenschaft von Systran als Urheber noch die Rechte, die Systran an der Software Systran Mainframe (oder der Version EC-Systran Mainframe), insbesondere aber am Kern dieser Software, zuständen. Anhang I des Vertrags über Zusammenarbeit erkenne die Eigenschaft von WTC, Gachot und Systran als Urheber ausdrücklich an. Am Ende dieses Vertrags, wie im Übrigen am Ende der meisten Verträge, werde der Kommission das Recht eingeräumt, die Software in ihrer weitest entwickelten Version nur auf dem Gebiet der Gemeinschaft zu nutzen und Unterlizenzen zu vergeben (vgl. Art. 5 des Vertrags über Zusammenarbeit, wo es ausdrücklich heiße, dass der Kommission das Nutzungsrecht zustehe). Die Kommission berufe sich vergebens auf die Kündigungsklausel des Vertrags über Zusammenarbeit. Auch hier könne selbst nach den gemeinschaftsweit geltenden allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechts die Vertragsbestimmung nicht eine Auslegung erhalten, die über ihren Regelungsgehalt hinausgehe. Der Regelungszusammenhang der betreffenden Klausel sei klar: Das Nutzungsrecht gemäß Art. 5 werde drei Jahre lang garantiert. Während dieser drei Jahre könne die Kommission daher Weiterentwicklungen und/oder Verbesserungen vornehmen (Art. 4 des Vertrags über Zusammenarbeit). Nach Ablauf der drei Jahre könne die Kommission die Software EC-Systran Mainframe in dem Zustand nutzen, in dem sie sich zu diesem Zeitpunkt befinde. Die Kommission könne somit nach Ablauf dieser Frist nur über ein Nutzungsrecht verfügen. Die restriktive Auslegung der Übertragung von Vermögensrechten, die auch im belgischen Recht gelte, lasse außerdem die Feststellung zu, dass die Kommission mit Ablauf des Vertrags über Zusammenarbeit kein Recht des geistigen Eigentums an der Software Systran Mainframe erworben habe.
170 Zugunsten der Kommission habe daher eine Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums an der Software Systran Mainframe, an der der genannten Software zugrunde liegenden ursprünglichen Idee und Schrift, an dem Entwurfsmaterial zu ihrer Vorbereitung, an der Datenstruktur oder gar an dem Kern nicht stattgefunden. Die Klägerinnen stellen klar, dass die vorstehend dargelegten Argumente, mit denen belegt werden solle, dass Systran Inhaberin der Rechte des geistigen Eigentums an der Version Systran Mainframe der Software Systran sei, nur eine Erwiderung auf das Vorbringen der Kommission darstellten, das für den Ausgang des Rechtsstreits völlig unerheblich sei, da die Rechtsverletzung die Version Systran Unix, nicht aber die Version Systran Mainframe betreffe.
171 Was die Version Systran Unix betreffe, stehe der Kommission an dieser Version der Software Systran keinerlei Recht des geistigen Eigentums zu. Die Version Systran Unix sei nämlich im Auftrag von Systran von ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft Systran Software entwickelt worden (Antwort von Systran auf die Ausschreibung). Die Version Systran Unix sei eine neue Version der Software Systran, die sich von der inzwischen veralteten Version Systran Mainframe unterscheide. Die Systran-Gruppe sei alleinige Inhaberin der Rechte an der Version Systran Mainframe und am Kern dieser Software, und in ihrer Eigenschaft als Initiatorin der Version Systran Unix verfüge sie in vollem Umfang über den Besitz an dieser neuen Software und ihrem Kern, wie dies von Professor Sirinelli dargelegt worden sei.
172 Erst nach der Entwicklung und Vermarktung der neuen Software Systran Unix habe Systran Luxembourg die Umstellungsverträge mit der Kommission geschlossen. Diese Verträge hätten vorgesehen, dass die Version Systran Mainframe durch die Version Systran Unix ersetzt werde, für deren Originalität und Neuartigkeit der Nachweis erbracht worden sei, und dass die Wörterbücher der Kommission umgestellt würden, damit sie mit dieser neuen Version laufen könnten. Dies ergebe sich im Übrigen aus dem Bitan-Bericht, da die Version EC-Systran Unix denselben Kern wie die Software Systran Unix habe, wobei die beiden Kerne einander zu 85 % entsprächen. Entgegen den Behauptungen der Kommission sei die Version EC-Systran Unix somit nur eine bloße Version der Software Systran Unix, die die von der Kommission entwickelten Wörterbücher einschließe und die im Rahmen der Umstellungsverträge umgestellt worden sei, und nicht das Ergebnis einer Umstellung der veralteten Software EC-Systran Mainframe. Auch wenn daher die Kommission Rechte an den von ihr entwickelten Wörterbüchern habe, verfüge sie doch über keinerlei Rechte an der Software Systran Unix, die bereits vor den Umstellungsverträgen bestanden hätten.
173 Überdies führten diese Verträge ebenso wenig wie die vorhergehenden Verträge zu einer Übertragung der Rechte des geistigen Eigentums an der Software Systran Unix auf die Kommission. Die Verträge seien zudem mit Systran Luxembourg geschlossen worden, der keine Rechte an der Software Systran Unix zuständen, nicht aber mit Systran, die die alleinige Inhaberin dieser Rechte sei. Ferner sähen die Verträge ausdrücklich vor, dass die bereits bestehenden Rechte des geistigen Eigentums gewährleistet würden, einschließlich selbstverständlich der Urheberrechte von Systran an der Software Systran Unix. Auch wenn der Auffassung der Kommission über die Umstellung der Version EC-Systran Mainframe zu folgen wäre, stünde ihr doch nur ein abgeleitetes Recht zu, das ihr auf keinen Fall die Änderung der Software EC-Systran Unix ohne die Erlaubnis von Systran gestatten würde. Selbst in diesem Fall hätte die Kommission daher eine Rechtsverletzung begangen, indem sie die in der Ausschreibung vorgesehenen Arbeiten durchgeführt hätte oder hätte durchführen lassen.
174 Die Klägerinnen zeigen sich überrascht und erstaunt über die Position der Kommission, da erstens die Organe den Kampf gegen die Rechtsverletzung zu ihrem Hauptthema gemacht und durch Initiativen aller Art Maßnahmen und Regelungen, die einen wirksamen Kampf gegen dieses Unwesen erlaubten, zur Priorität erklärt hätten und da zweitens die Kommission im vorliegenden Fall stets genau gewusst habe, dass die Systran-Gruppe unbestreitbar Inhaberin der Rechte an der Software Systran, insbesondere aber an der Software Systran Unix, gewesen sei. So habe sie zahlreiche Lizenzverträge geschlossen, die belegten, dass sie überzeugt gewesen sei, dass Systran Inhaberin der Rechte sei. Ihr sei auch stets bekannt gewesen, dass Systran Inhaberin der Rechte des geistigen Eigentums sowohl an der Software Systran Mainframe als auch an der Software Systran Unix gewesen sei und dass Letztere bereits vorher bestanden habe; dies ergebe sich aus
– dem Schriftwechsel vom 27. Januar und 5. Februar 1987 zwischen dem Direktor der Generaldirektion Telekommunikation, Informationsindustrie und Innovation einerseits und Herrn Gachot andererseits;
– dem Bericht vom 4. Mai 1998, der den innovativen Charakter der von Systran entwickelten Software Systran Unix hervorhebe; insbesondere bezüglich des Kerns führe der Bericht vom 4. Mai 1998 aus, dass „[d]ie Programme des Systems … sämtlich neu entwickelt oder in die Programmiersprache C umgeschrieben [wurden]“;
– der Antwort auf die von der Kommission 1997 veröffentlichte Ausschreibung für den Abschluss der Umstellungsverträge, die belege, dass die Kommission über die Grundlage der Rechte von Systran, die sie damals nicht in Frage gestellt habe, und über den zeitlichen Vorrang umfassend informiert gewesen sei.
175 Die Kommission habe außerdem wiederholt das Eigentum von Systran an der Version Systran Mainframe und an der Version Systran Unix anerkannt und eingeräumt, dass die Version Systran Unix bereits vor der Version EC-Systran Unix bestanden habe; dies ergebe sich aus
– dem Telefax an Gachot vom 5. März 1987, in dem die Kommission geschrieben habe:
„Die Systran-Gruppe ist Eigentümerin der Basissoftware, und die Nutzungsrechte der Kommission bezüglich ihrer neun Sprachen[-paare] erstrecken sich nur auf die Gemeinschaftsorgane und die amtlichen Stellen der Mitgliedstaaten. Demgegenüber ist die Kommission Eigentümerin der Wörterbücher, die sie seit 1975 aktualisiert hat“;
– dem Bericht von Herrn Carpentier an den Vergabebeirat;
– dem Bericht von Herrn J. Beaven, der nachweise, dass die Software Systran Unix vor der Version EC-Systran Unix bestanden habe und dass die Kommission die Geschäftsbeziehungen mit Systran habe wieder aufnehmen wollen, um in den Genuss der Innovationen zu kommen, die die Software Systran Unix mit sich gebracht habe, und um den Rückstand aufzuholen, in den sie gelangt sei;
– dem technischen Anhang des Anhangs II des zweiten, des dritten und des vierten Umstellungsvertrags, der das allgemeine Konzept für die Umstellung aufstelle und bestätige, dass die Kommission gewusst habe, dass die Software Systran Unix vorher bestanden habe und dass diese Software die Entwicklung der Version EC-Systran Unix ermöglicht habe;
– der Vereinbarung, die die Kommission mit Systran geschlossen habe: Erstens habe die Kommission unter Verstoß gegen den ursprünglichen Vertrag – sie habe nämlich an Systran kein Entgelt gezahlt, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen sei – es für erforderlich gehalten, mit Systran in Verbindung zu treten, und habe mit dieser eine Vereinbarung geschlossen, die sich in einem Schriftwechsel vom 19. und 22. Dezember 1997 manifestiert habe, in dem der Generaldirektor der GDÜ ausgeführt habe, es gehe darum, „die Arbeit, die die Kommission seit 20 Jahren in die Entwicklung von Wörterbüchern, die speziell der Verwaltungs- und Fachsprache in den Dokumenten der Kommission angepasst wurden, investiert, in möglichst großem Umfang nutzbar zu machen“; diese in den vorhergehenden 20 Jahren geleistete Arbeit sei das Einzige, auf das sie einen Anspruch habe, während Rechte, die ihr an der Software Systran Mainframe selbst zustehen könnten, nicht bestünden. Zweitens habe der Generaldirektor der GDÜ Systran darum gebeten, sich zu verpflichten, „im Zusammenhang mit der Durchführung der zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission geschlossenen Verträge keine finanziellen Ansprüche geltend zu machen“; die finanziellen Ansprüche von Systran hätten damals aber gerade in dem Entgelt bestanden, das für ihr Urheberrecht an den Versionen Systran Mainframe geschuldet gewesen sei. Drittens habe der Generaldirektor der GDÜ Systran sogar um die Erlaubnis für die Benutzung des Namens Systran ersucht und damit die Urhebereigenschaft von Systran anerkannt; Systran habe sich damit einverstanden erklärt, dass die Kommission den Namen Systran für die „maschinellen Übersetzungssysteme [benutzt], die sich aus dem ursprünglichen Systran-System ableiten“, sie habe ferner zugestimmt, dass die Kommission ihre Software nutzen könne, sie habe schließlich auf finanzielle Ansprüche wegen Verletzung der alten Verträge verzichtet und erklärt:
„[W]ir haben keine Einwände gegen die Veröffentlichung bestimmter Teile der Wörterbücher der von der Kommission genutzten Version Systran. Es müsste jedoch sichergestellt werden, dass die dem Eigentum unterliegenden Teile des Systran-Systems nicht in der Öffentlichkeit verbreitet werden.“
176 Die Kommission könne daher jetzt nicht so tun, als kenne sie nicht den Umfang der Rechte der Klägerinnen; sie wisse sehr wohl, dass sie die Erlaubnis für eine Änderung der Software Systran Unix nie erhalten habe, vor allem nicht für eine Änderung des Kerns. Jede Änderung, die ohne Erlaubnis vorgenommen werde, sei jedoch eine Rechtsverletzung, da das Verbot insoweit die Regel sei, nicht aber umgekehrt.
177 Die Kommission trägt vor, der Schutz der Software werde in allen Mitgliedstaaten durch die Vorschriften zum Urheberrecht gewährleistet. Sie verweist auf die Lage in Belgien mit dem belgischen Gesetz über die Computerprogramme und dem belgischen Urheberrechtsgesetz sowie auf die Lage in Luxemburg mit dem Gesetz vom 24. April 1995 zur Änderung des Gesetzes vom 29. März 1972 über das Urheberrecht bezüglich des Rechtsschutzes von Computerprogrammen (Mémorial A 1995, S. 944, im Folgenden: luxemburgisches Gesetz über Computerprogramme), dem Gesetz vom 8. September 1997 zur Änderung des Gesetzes vom 29. März 1972 über das Urheberrecht in seiner geänderten Fassung (Mémorial A 1997, S. 2662) und dem luxemburgischen Urheberrechtsgesetz.
178 Erstens führt die Kommission aus, es gebe keinen Beweis für die Rechte, die Systran an der Software Systran geltend mache. Die Klägerinnen legten nicht dar, wie sie die Rechte, die sie für sich in Anspruch nähmen, erworben hätten.
179 Was die Versionen Systran Mainframe und EC-Systran Mainframe angehe, so behaupteten die Klägerinnen, der Urheber der Software Systran lasse sich im ursprünglichen Vertrag eindeutig als WTC ermitteln. Sie trügen vor, dass Ende der 80er Jahre im Rahmen einer Einbringung von Unternehmensteilen die im Zusammenhang mit dem gesamten Tätigkeitsfeld „Maschinelle Übersetzung“ stehenden Aktiva von Gachot in Systran eingebracht worden seien, wobei Gachot selbst die Rechte von den Gesellschaften WTC, Latsec, Systran USA und Systran Institut (Deutschland) erworben habe, die das weiterhin als „Software Systran“ oder „Systran-System“ bezeichnete maschinelle Übersetzungssystem Systran entworfen hätten. Sie führten schließlich aus, dass sämtliche Verträge, die zwischen 1975 und 1987 mit der Kommission geschlossen worden seien, de jure von Systran übernommen und durchgeführt worden seien. Trotz dieser Behauptungen und der präzisen Fragen der Kommission (vgl. Schreiben vom 15. Februar und 28. April 2005 an Systran), mit denen Systran aufgefordert worden sei, die rechtlichen und vertraglichen Grundlagen ihrer Ansprüche zu bezeichnen, hätten jedoch weder die Klägerinnen noch insbesondere Systran Luxembourg einen Nachweis (Vereinbarung über die Übertragung von Rechten usw.) dafür erbracht, dass sie Inhaberinnen derjenigen Rechte geworden seien, deren Verletzung sie geltend machten, und sie hätten auch nicht dargelegt, für welche Gebiete und für wie lange die genannten Rechte bestünden. Art. 5 Buchst. c des mit WTC geschlossenen ursprünglichen Vertrags sehe vor, dass eine Übertragung von Rechten oder Pflichten aus dem Vertrag nur mit vorheriger Zustimmung der Kommission stattfinden könne. Die Kommission beruft sich auf diese Bestimmung und macht geltend, ihr sei die Einbringung oder die von den Klägerinnen geltend gemachte Übertragung nie zuvor mitgeteilt worden und sie habe daher einer Übertragung der Rechte von WTC auf die Klägerinnen nie zugestimmt.
180 Hinsichtlich der Vermutung, wonach bis zum Beweis des Gegenteils Urheber derjenige sei, unter dessen Namen das Werk verbreitet werde, bestreitet die Kommission, dass das französische Recht insoweit anwendbar sei. Die Vermutung, die in Frankreich im Gesetz Nr. 94-361 aufgestellt werde, finde im vorliegenden Fall keine Anwendung und stoße in der belgischen und in der französischen Rechtslehre auf Ablehnung. Auch gelte diese Vermutung nur bis zum Beweis des Gegenteils, und es sei offensichtlich, dass sie in Bezug auf die Version EC-Systran Unix dadurch widerlegt sei, dass die Version nicht in einer Verpackung mit dem Namen des Urhebers vermarktet werde und die Version gelegentlich als „Commission’s MT system“ oder „ECMT“ bezeichnet werde.
181 Zweitens seien die zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisse als eine Abfolge von „Aufträgen“ zu verstehen, mit denen der Kommission das Eigentum an den Versionen EC-Systran Mainframe und EC-Systran Unix habe eingeräumt werden sollen, ohne dass die Systran-Gruppe insoweit Rechte geltend machen könne. In den verschiedenen Verträgen, die seit 1975 zwischen den Parteien geschlossen worden seien, hätten sich die Gesellschaften der Systran-Gruppe generell verpflichtet, für die Kommission einzelne oder alle Elemente des Programms EC-Systran zu entwickeln, die den durch die Tätigkeit der Kommission hervorgerufenen spezifischen Bedürfnissen entsprächen, unabhängig davon, ob es sich um die Version EC-Systran Mainframe oder um die Version EC-Systran Unix handele. Systran habe insoweit nicht nachgewiesen, dass sie die Rechte an den Programmen, die in dieser Weise für die Kommission entwickelt worden seien, erworben habe. Die Programme seien nach der Natur der Sache von natürlichen Personen erstellt und entwickelt worden. Damit Systran sich auf Rechte an diesen Programmen berufen könne, müsse sie nachweisen, dass sie die Rechte von den Urhebern erworben habe. Aus den belgischen Rechtsvorschriften, auf die Systran sich stütze, ergebe sich, dass ein Computerprogramm von dessen Urheber, selbst wenn dieser der Auftraggeber sei, nur erworben werden könne, wenn die Übertragung schriftlich erfolge. Dies ergebe sich ferner auch nach dem luxemburgischen Urheberrechtsgesetz. Das belgische Gesetz über die Computerprogramme enthalte nämlich nur eine einzige Vorschrift, die eine Abweichung von der allgemeinen Regelung des Art. 3 des belgischen Urheberrechtsgesetzes gestatte (der wie das luxemburgische Gesetz eine schriftliche Erklärung des Urhebers verlange). Diese Ausnahme betreffe den Fall, dass das Programm von einem Angestellten oder Bediensteten erstellt worden sei. Es werde daher eine Übertragung der Vermögensrechte auf den Arbeitgeber oder Dienstherrn vermutet, sofern vertraglich oder dienstrechtlich nichts anderes vereinbart sei. Abgesehen von diesem Fall, den die Klägerinnen nicht dargetan hätten, unterliege somit der „Auftrag“, mit dem eine Person eine andere Person, die ihr nicht unterstellt sei, mit der vollständigen oder teilweisen Erstellung eines Computerprogramms betraue, den vorstehend erwähnten Vorschriften des belgischen Urheberrechtsgesetzes. Außerdem könnten die Klägerinnen als juristische Personen nach belgischem Recht keine Urheber sein. Der ursprüngliche Inhaber des Urheberrechts sei nämlich die natürliche Person, die das Werk erstellt habe, und das Urheberrecht könne in Belgien nur zugunsten einer natürlichen Person entstehen. Nach der belgischen Rechtsprechung müssten die juristischen Personen nachweisen, von wem und auf welche Weise sie die Rechte erlangt hätten (Urteil der Cour d’appel Gand vom 27. Oktober 1993, Ing. Cons., 1993, S. 366). Die Klägerinnen legten nicht dar, inwiefern sie als juristische Personen Rechte an der Version Systran Unix oder an der aus dieser abgeleiteten Version EC-Systran Unix geltend machen könnten.
182 Hilfsweise trägt die Kommission vor, selbst wenn man unterstelle, dass den Klägerinnen bestimmte Rechte an der Software Systran zustünden, die Kommission jedenfalls auch Inhaberin der Rechte des geistigen Eigentums sei, die für die Handlungen erforderlich gewesen seien, die sie mit der Vergabe bestimmter Arbeiten bezüglich der Version EC-Systran Mainframe an Dritte vorgenommen habe. Die Kommission nimmt insoweit Bezug auf den Inhalt des ursprünglichen Vertrags, auf die Vereinbarung über technische Zusammenarbeit und auf den Vertrag über Zusammenarbeit, die die Version EC-Systran Mainframe betreffen, sowie auf die Umstellungsverträge, die mit Systran Luxembourg in der Zeit von 1998 bis 2002 bezüglich der Version EC-Systran Unix geschlossen wurden. Sie trägt vor, diese Verträge berechtigten sie, der Behauptung der Klägerinnen, wonach ihr Rechte des geistigen Eigentums bezüglich der Version Systran Unix nicht übertragen worden seien, entgegenzutreten.
183 Um die Behauptung der Klägerinnen zurückzuweisen, dass angesichts der nahezu völligen Identität der Version Systran Unix mit der Version EC-Systran Unix der Software Systran davon ausgegangen werden könne, dass die unerlaubte Nutzung der Software Systran durch die Kommission eine Rechtsverletzung und damit ein rechtswidriges Verhalten sei, beruft sich die Kommission auf mehrere Rechte.
184 Erstens behauptet die Kommission, sie sei Inhaberin von Eigentumsrechten an den von ihren Dienststellen finanzierten Weiterentwicklungen und Verbesserungen der Software Systran, unabhängig von dem jeweiligen Teil des betreffenden Systems (Kern, linguistische Programme und Wörterbücher). Sie verfüge ferner über ein ausschließliches Eigentumsrecht an den Lexika und Wörterbüchern, die sie für ihre eigenen Bedürfnisse entwickelt und verbessert habe (vgl. Art. 4bis des ursprünglichen Vertrags, Art. 4 der Vereinbarung über technische Zusammenarbeit, Abs. 6 der Vorbemerkungen des Vertrags über Zusammenarbeit und Art. 4 des Vertrags über Zusammenarbeit sowie Anhang I dieses Vertrags, wo es heiße: „Während die Kommission stets Eigentümerin der Wörterbücher und anderer von ihr für unterschiedliche Versionen von Systran entwickelten Komponenten war, waren die Eigentumsrechte an der Basissoftware auf mehrere Gesellschaften verteilt“). Die zahlreichen spezifischen Entwicklungen, die vorgenommen worden seien, um das Mainframe-System auf die Unix-Systeme umzustellen, stünden im Eigentum der Kommission (vgl. Art. 13 Abs. 2 der Umstellungsverträge und Anlage 2 des Anhangs des Nachtrags Nr. 4 zum ersten Umstellungsvertrag).
185 Zweitens behauptet die Kommission, sie sei Inhaberin von Nutzungsrechten. Der Vortrag der Klägerinnen, die Kommission, die die ursprüngliche Software Systran nicht entwickelt habe, könne nicht Inhaberin eines Rechts sein, das sich auf diese Software oder auf eine ausgehend davon vorgenommene und zudem unerlaubte Entwicklung beziehe, verstoße gegen Art. 13 der Umstellungsverträge. Die Auslegung der in dieser Bestimmung enthaltenen Beschränkung („es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums“) durch die Klägerinnen widerspreche dem Grundsatz der redlichen Auslegung von Vereinbarungen. Die Umstellungsverträge betonten nämlich zum einen den Unterschied zwischen dem von der Systran-Gruppe vermarkteten Systran-System und den von der Kommission genutzten Versionen EC-Systran und sähen zum anderen ausdrücklich vor, dass das System mit der Bezeichnung „maschinelles Übersetzungssystem der Kommission“ Eigentum der Kommission mit allen Komponenten bleibe, unabhängig davon, ob diese im Lauf der Vertragsdurchführung verändert worden seien oder nicht. Die Beschränkung, wonach diese Rechte „bereits bestehende Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums [unberührt lassen]“, könne somit nur als ein Schutz des vor Abschluss der Umstellung des Systems bestehenden status quo ante verstanden werden und schließe jeden Erwerb von Rechten bezüglich der Version EC-Systran Unix durch die Klägerinnen im Rahmen der Umstellung aus. Diese Vereinbarung, die mit Systran Luxembourg, der Unterzeichnerin der Umstellungsverträge, geschlossen worden sei, könne auf Systran ausgedehnt werden, da diese in einer Verpflichtungserklärung vom 12. März 2001 (Anhang V des vierten Umstellungsvertrags) die Haftung für die ordnungsgemäße Durchführung des gesamten vierten Umstellungsvertrags durch ihre Tochtergesellschaft Systran Luxembourg übernommen habe.
186 Aus den angeführten Verträgen und bereits aus dem ursprünglichen Vertrag vom 22. September 1975 ergebe sich daher, dass es sehr wohl in der Absicht der Parteien gelegen habe, der Gemeinschaft das Übersetzungssystem Systran zur Verfügung zu stellen, und dass ihr Eigentumsrechte oder jedenfalls Nutzungsrechte an den Versionen EC-Systran zuständen. Diese Versionen der Software Systran seien nämlich auf Kosten der Kommission entwickelt worden (in Höhe eines Etats von ungefähr 45 Mio. Euro, davon 14 Mio. für die Gesellschaften der Systran-Gruppe), und die Kommission habe im Übrigen die Entwicklung selbständig vornehmen können. Daran, dass die Gemeinschaft die Software im Hoheitsgebiet der Gemeinschaft für den öffentlichen Bereich im weiteren Sinne nutzen könne, bestehe kein Zweifel. Außerdem sehe der ursprüngliche Vertrag bereits vor, dass es der Gemeinschaft freistehe, das System für alle Zwecke, also auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft, einschließlich des privaten Bereichs gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts an WTC zu nutzen. Die „Philosophie“ hinter dieser Lösung sei die Annahme, dass der Partner WTC, der das System entwickelt habe und berechtigt sei, dieses auch selbst zu nutzen, nach Auslaufen mehrerer Verträge eine Vergütung erhalten hätte, die so hoch gewesen wäre, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Gemeinschaft das Recht erworben hätte, vollständig und frei über das System zu verfügen, also das Eigentumsrecht erlangt hätte.
187 Diese Lösung sei zwar nicht ausdrücklich als solche im Vertrag über Zusammenarbeit von 1987 vorgesehen, doch könne der Vertrag nur so ausgelegt werden. Jede andere Auslegung als die, die darauf abstelle, dass der Kommission Eigentumsrechte an der Version EC-Systran Mainframe der Software Systran übertragen worden seien, ohne dass die Klägerinnen dem widersprechen könnten, würde nämlich nicht die zwischen den Art. 4, 4bis, 5 und 8 des Vertrags bestehende Kohärenz erklären können. Der Vertrag erscheine damit als eine „Vergleichslösung“, aufgrund derer jede Diskussion zwischen den Parteien über die Frage nach dem Eigentum an den einzelnen Komponenten des Systran-Systems einschließlich der Wörterbücher ausgeschlossen werden könne.
188 Drittens erbrächten die Klägerinnen, selbst wenn die Kommission die Version EC-Systran Unix der Software Systran in einer gegenüber der Version Systran Unix veränderten Form nutzen sollte, wie dies aus dem Bitan-Bericht hervorgehe, nicht den Nachweis, dass die Kommission gegen das belgische oder das luxemburgische Recht verstoßen habe. Die Kommission beruft sich auf verschiedene Vorschriften des belgischen und des luxemburgischen Rechts, nach denen ein Computerprogramm ohne Zustimmung seines Urhebers vervielfältigt oder angepasst werden könne, wenn dies für eine bestimmungsgemäße Nutzung durch den Nutzer und auch zur Fehlerkorrektur erforderlich sei (vgl. Art. 6 des belgischen Gesetzes über die Computerprogramme, Art. 28 Abs. 4 des luxemburgischen Gesetzes über die Computerprogramme und Art. 34 des luxemburgischen Urheberrechtsgesetzes).
189 Schließlich bestreitet die Kommission ausdrücklich, dass sie Gosselies im Rahmen der aufgrund des streitigen Auftrags durchzuführenden Arbeiten die Quellcodes der Version EC-Systran Unix mitgeteilt habe. Entgegen den Behauptungen im Bitan-Bericht seien für die Arbeiten, die dieser Gesellschaft übertragen worden seien, keine Maßnahmen am Kern der Software erforderlich gewesen. Im Zuge der Vergabe des streitigen Auftrags habe Gosselies nur Zugang zu den Quellcodes der linguistischen Teile der Version EC-Systran Unix gehabt, an denen der Kommission aufgrund der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge und aufgrund des Beitrags, den ihre Dienststellen für die Entwicklung dieser Teile geleistet hätten, ausschließliche Eigentumsrechte zustünden.
190 Wenn es daher Ähnlichkeiten zwischen der Version Systran Unix und der Version EC-Systran Unix der Software Systran gebe, beweise dies nicht, dass die Kommission eine Rechtsverletzung begangen habe. Die rechtlichen Schlussfolgerungen, die die Klägerinnen aus dieser Ähnlichkeit gezogen hätten, seien unzutreffend. Es sei der Kommission unbenommen, die Software zu ändern oder anzupassen und ein drittes Unternehmen ohne vorherige Erlaubnis der Klägerinnen mit der Anpassung oder Änderung zu betrauen.
Zu den Rechten, die aufgrund des Know-how geltend gemacht werden
191 Die Klägerinnen machen geltend, das Know-how werde definiert als „eine Gesamtheit technischer Kenntnisse, die geheim, wesentlich und in einer geeigneten Form identifiziert sind“. Sie berufen sich hierfür auf die Definition in Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 240/96 der Kommission vom 31. Januar 1996 zur Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 [EG] auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (ABl. L 31, S. 2). Sie tragen außerdem vor, aus der genannten Verordnung und aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, ergebe sich, dass das Know-how ein Vermögenswert sei, der entweder im Rahmen von Verträgen zur Übertragung von Know-how und von Geheimhaltungsvereinbarungen oder im Rahmen von Haftungsansprüchen wegen Weitergabe des Know-how ohne Erlaubnis des Inhabers geschützt sei. Im vorliegenden Fall berufen sich die Klägerinnen auf das Know-how, das sie in Bezug auf die Software Systran besäßen, ob es sich nun um die von der Systran-Gruppe entwickelte und vermarktete Version Systran Unix oder um ihre abgeleitete und nahezu identische Version EC-Systran Unix handele, die von Systran Luxembourg für die Nutzung durch die Kommission entwickelt worden sei. Dieses Know-how, das die Klägerinnen schützten und geheim hielten, sei das Ergebnis einer Gesamtheit von Technik-, Informatik- und Linguistikkenntnissen, die im Kern, in den Sprachroutinen und in den Wörterbüchern sowie in der Begleitdokumentation verkörpert seien (vgl. Bitan-Bericht und erster technischer Vermerk Bitan). Die Ausführung der Leistungen, die in der von der Kommission veröffentlichten Ausschreibung dargestellt worden seien, setze jedoch die Änderung des Quellcodes der Software Systran und damit die Weitergabe des Quellcodes an den durch den Auftrag Begünstigten voraus. Indem die Kommission einen Dritten mit der Durchführung dieses Auftrags betraut habe, habe sie das Know-how von Systran ohne deren Erlaubnis weitergegeben. Diese Weitergabe sei eine Pflichtverletzung, die die Haftung der Gemeinschaft begründen könne.
192 In Erwiderung auf das Vorbringen, dass es für den Begriff des Know-how keine Definition gebe und das Know-how als solches nicht geschützt werden könne, führen die Klägerinnen aus, dass die Kommission den Begriff des Know-how in ihren Verordnungen selbst definiert habe und dass aus diesen Verordnungen hervorgehe, dass der Wert des Know-how in dem erheblichen Vorsprung liege, den seine Preisgabe verschaffen könne, was voraussetze, dass das Know-how geheim bleibe, dass es nicht bekannt sei und dass es nicht erlangt werden könne. Es könne aber nicht bestritten werden, dass die Version Systran Unix der Software Systran eine bedeutende von der Systran-Gruppe realisierte Innovation sei, die der Beweis für wirklichen technischen Sachverstand und Know-how als Ergebnis von Forschung und Erfahrung sei, wie dies die Umschreibung des ursprünglich in Assembler geschriebenen Systran-Systems in der Programmiersprache C++ veranschauliche. Der Zugang zu diesen Informationen ermögliche die Aufdeckung vor allem der Geheimnisse der Softwareherstellung und gebe jedem Unternehmen, das hierzu Zugang habe, die Möglichkeit, eine konkurrierende Software herzustellen.
193 In Erwiderung auf das Vorbringen, dass die Kommission nicht verpflichtet sei, den wegen der pflichtwidrigen Weitergabe von Know-how geltend gemachten Schaden zu erstatten, da nur die Klage wegen unlauteren Wettbewerbs die Beeinträchtigung des Know-how beseitigen könne und zum anderen die Kommission kein Wirtschaftsteilnehmer und Konkurrent der Klägerinnen sei, sondern ein Gemeinschaftsorgan, machen die Klägerinnen geltend, die Klage wegen unlauteren Wettbewerbs sei vor allem eine Klage aus außervertraglicher Haftung, deren Grundlage die drei Voraussetzungen Pflichtverletzung, Schaden und Kausalzusammenhang seien, die hier erfüllt seien. Aus der französischen Rechtsprechung, die sich insoweit mit der Rechtsprechung einer ganzen Reihe von Mitgliedstaaten decke, ergebe sich, dass „schon die bloße Weitergabe des Know-how außerhalb des Unternehmens … unabhängig von dem Gebrauch, der davon gemacht werden konnte, einen Schaden [verursachte]“ und dass ein „Auftraggeber, der die von einem anderen ausgearbeiteten Pläne einem Subunternehmer übermittelt, … eine die Haftung begründende Pflichtverletzung [begeht]“ (Urteil der Cour d’appel Paris vom 31. Mai 1995, Urteile der Cour de cassation, Kammer für Handelssachen, vom 28. Januar 1982 und 8. November 1994).
194 In Erwiderung auf das Vorbringen, die Kommission sei Inhaberin eines Know-how und Systran habe aus diesem Know-how Nutzen gezogen, tragen die Klägerinnen vor, dieses Vorbringen offenbare die Haltung der Kommission, die darin bestehe, sich die Versionen der Software Systran, die in der Umgebung Unix laufen sollten, rechtswidrig anzueignen. Die Kommission habe das insoweit bestehende Know-how von Systran wiederholt ausdrücklich anerkannt.
195 Was das Vorbringen betreffe, das auf die für die Auftragsvergabe an Gosselies vorgesehene Geheimhaltungsklausel gestützt werde, könne die Kommission nicht geltend machen, sie dürfe sich des Know-how der Systran-Gruppe bemächtigen, sofern diese Verletzung vertraulich bleibe. Diese Argumentation der Kommission, die darauf hinauslaufe, dass ein Lizenznehmer, dem nicht ausdrücklich die Begehung von Rechtsverletzungen untersagt worden sei, diese ungestört begehen und geschützte Werke ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers frei an Dritte weitergeben dürfe, sofern es eine Geheimhaltungsklausel gebe, sei absurd.
196 Die Kommission macht geltend, dass die Klägerinnen sich zwar auf die Definition des Know-how in der Verordnung Nr. 240/96 bezögen, aber nicht die Rechtsgrundlage der ihr vorgeworfenen Pflichtverletzung anführten. Das Know-how sei nicht geschützt, zumindest nicht als solches. Es gebe keine Rechtvorschrift, in der eine Definition oder ein Schutz des Know-how verankert sei. Der Schutz des Know-how werde herkömmlicherweise nur durch die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb gewährt. Die Kommission beruft sich insoweit für Belgien auf das Gesetz vom 14. Juli 1991 über die Handelspraktiken sowie die Aufklärung und den Schutz der Verbraucher (Moniteur belge vom 29. August 1991, S. 18712) sowie für Luxemburg auf das Gesetz vom 27. November 1986 zur Regelung bestimmter Handelspraktiken sowie zur Ahndung des unlauteren Wettbewerbs (Mémorial A 1986, S. 2214) und das Gesetz vom 30. Juli 2002 zur Regelung bestimmter Handelspraktiken, zur Ahndung des unlauteren Wettbewerbs und zur Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (Mémorial A 2002, S. 1630). Nach diesen Rechtsvorschriften seien die Voraussetzungen für den Schutz des angeblichen Know-how der Klägerinnen nach Maßgabe des unlauteren Wettbewerbs nicht erfüllt, da die Kommission und die Klägerinnen keine Wettbewerber seien, die Kommission weder Händler noch Hersteller oder Handwerker sei und sich der Sitz der Kommission in Belgien und nicht in Frankreich befinde, weshalb französisches Recht nicht anwendbar sei.
197 Die Kommission führt aus, sie sei nie im Besitz der Quellcodes der Version Systran Unix, sondern nur derjenigen der Version EC-Systran Unix gewesen; an dieser Version macht sie unter Berufung auf die verschiedenen Verträge, die mit der Systran-Gruppe bezüglich der Version EC-Systran Mainframe und der Umstellung dieser Version auf die Umgebung Unix geschlossen wurden, bestimmte Eigentums- und Nutzungsrechte geltend. Auch hätten die Verträge, die sie mit der Systran-Gruppe geschlossen habe, keine für sie geltende Geheimhaltungsklausel enthalten. Ferner befände sich in keinem der Verträge ein Hinweis auf die Einbringung von Know-how seitens der Systran-Gruppe oder auf den Schutz eines solchen Know-how. Die Software Systran und ihre Anwendungen seien weitgehend von den Dienststellen der Kommission und von den Unternehmen, die nicht zur Systran-Gruppe gehörten, aber mit ihr zusammenarbeiteten, entwickelt worden. Die Klägerinnen hätten daher aus dem Know-how der Kommission oder aus dem Know-how von Dritten Nutzen gezogen und die Produkte der Kommission und der genannten Dritten für sich vermarkten können. Bestimmte Personen, die an der Version EC-Systran Unix für Gosselies gearbeitet hätten, hätten zuvor für die Gesellschaft Telindus und sodann für Systran Luxembourg gearbeitet. Telindus, mit der Systran sich zwecks Gründung von Systran Luxembourg zusammengeschlossen habe, habe bereits 1990 mit der Kommission Verträge im Bereich der Übersetzung geschlossen, was belege, dass Systran in Bezug auf die EC-Version Unix weder Rechte noch Know-how geltend machen könne.
198 Im Übrigen habe die Auftragsvergabe an Gosselies angesichts des Art. 4bis des ursprünglichen Vertrags, der Nr. 6 der Vorbemerkung zum Vertrag über Zusammenarbeit und des Art. 4 dieses Vertrags sowie Art. 1 der Anlage 1 des Anhangs II des zweiten Umstellungsvertrags keine Pflichtverletzung der Kommission darstellen können.
199 Die Ausschreibung enthalte außerdem eine Geheimhaltungsklausel, aufgrund deren es dem Auftragnehmer untersagt sei, Informationen, die von der Kommission übermittelt worden seien, zu nutzen oder an Dritte weiterzugeben (vgl. Art. II.9 des Anhangs 1 der Ausschreibung vom 4. Oktober 2003). Aufgrund dieser Klausel dürfe Gosselies die vertraulichen Informationen, die ihr die Kommission gegebenenfalls mitgeteilt habe, somit auf keinen Fall weitergeben. Die Weitergabe der Informationen an Gosselies könne daher für die Klägerinnen nicht zu einem Schaden führen. Schließlich weist die Kommission darauf hin, dass die Programme und die Wörterbücher der Version EC-Systran Unix ausschließlich auf ihren Computern abgelegt seien.
b) Würdigung durch das Gericht
200 Das im vorliegenden Fall als rechtswidrig gerügte Verhalten besteht darin, dass die Kommission ohne Zustimmung der Klägerinnen für sich das Recht in Anspruch nahm, die in der Ausschreibung genannten Arbeiten ausführen zu lassen, die die in der Version EC-Systran Unix der Software Systran übernommenen und durch das Urheberrecht geschützten oder zum Know-how der Systran-Gruppe gehörenden Elemente der Version Systran Unix ändern oder dazu führen können, dass die genannten Elemente an Dritte weitergegeben werden.
201 Um festzustellen, ob dieses Verhalten rechtswidrig ist, ist zunächst zu prüfen, ob die Klägerinnen nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, berechtigt sind, sich dem zu widersetzen, dass die Kommission Arbeiten bezüglich bestimmter Aspekte der Version EC-Systran Unix ohne Zustimmung der Klägerinnen an einen Dritten überträgt. Ein solches Recht, das die Klägerinnen auf das Urheberrecht und das Know-how bezüglich der früheren Original-Version Systran Unix stützen, wird von der Kommission verneint, die geltend macht, die Klägerinnen hätten die Rechte, die sie an dieser Version der Software behaupten, nicht nachgewiesen (siehe oben, Randnrn. 178 und 179).
202 Sollte sich herausstellen, dass sich die Klägerinnen auf solche Rechte berufen können, ist sodann die Behauptung der Kommission zu untersuchen, wonach die Systran-Gruppe ihr erlaubt habe, die in dem streitigen Auftrag bezeichneten Arbeiten an einen Dritten zu vergeben. Denn die Kommission ist im Wesentlichen der Auffassung, dass ihr die verschiedenen seit 1975 mit der Systran-Gruppe geschlossenen Verträge sowie die hierfür gewährte Finanzierung ausreichend Nutzungs- und Eigentumsrechte bezüglich der verschiedenen Elemente der Version EC-Systran Unix einräumten, so dass sie das Widerspruchsrecht, das die Klägerinnen aufgrund der Rechte an der Version Systran Unix geltend machten, nicht beachten müsse (siehe oben, Randnrn. 181 bis 187).
203 Sollte sich herausstellen, dass die Kommission das von den Klägerinnen geltend gemachte Widerspruchsrecht nicht übergehen durfte, ist schließlich der Inhalt der an der Version EC-Systran Unix vorzunehmenden Arbeiten zu prüfen, die in der Ausschreibung bezeichnet werden, um festzustellen, ob die Arbeiten zu einer Änderung oder zu einer Weitergabe von Elementen und Informationen führen können, die aufgrund des von den Klägerinnen geltend gemachten Urheberrechts und als Know-how geschützt sind, was die Kommission letztlich in Abrede stellt (siehe oben, Randnr. 189).
Zu den von den Klägerinnen geltend gemachten Rechten bezüglich der Version Systran Unix der Software Systran
204 Zur Bestimmung der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten im Bereich des Urheberrechts gemeinsam sind, berufen sich die Klägerinnen auf die Berner Übereinkunft, die Richtlinie 91/250 und die Richtlinie 2004/48. Sie führen auch die Gesetze der Mitgliedstaaten an und legen zwei Gutachten von Professor Sirinelli vor, die sich mit der Frage der Zulässigkeit einer von einer juristischen Person erhobenen Klage wegen Rechtsverletzung und dem Zugang zum urheberrechtlichen Schutz einer umgeschriebenen Software befassen, sowie den zweiten technischen Vermerk Bitan.
205 Wie bei der Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts dargelegt (siehe oben, Randnrn. 68 bis 73), beruft sich die Systran-Gruppe zu Recht auf Urheberrechte an der Version Systran Unix der Software Systran, die sie entwickelt hat und unter ihrem Namen vermarktet, ohne dass sie weitere Nachweise erbringen müsste.
206 Wenn das Bestehen eines Rechts streitig ist, hat zwar, wie die Kommission ausführt, im Allgemeinen derjenige das Recht zu beweisen, der sich auf das Bestehen oder das Fehlen des Rechts beruft (actori incumbit probatio). Im Bereich des Urheberrechts besteht jedoch eine Vermutung von Gesetzes wegen, aufgrund deren die Beweislast umgekehrt werden kann. Das Gemeinschaftsrecht stellt diese Vermutung in Art. 5 der Richtlinie 2004/48 (Urheber- oder Inhabervermutung) auf, wo es heißt: „Zum Zwecke der Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe gilt Folgendes: … Damit der Urheber eines Werkes der Literatur und Kunst mangels Gegenbeweises als solcher gilt und infolgedessen Verletzungsverfahren anstrengen kann, genügt es, dass sein Name in der üblichen Weise auf dem Werkstück angegeben ist.“ Die Klägerinnen haben sich ebenfalls auf zwei Beispiele für eine solche Vermutung in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten berufen, ohne dass die Kommission Gegenbeispiele in den Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten vorgebracht hat. Im französischen Recht, dem Recht des Orts der Niederlassung von Systran, die im vorliegenden Fall die Urheberrechte an der von ihr vermarkteten Version Systran Unix der Software Systran geltend macht, bestimmt Art. L 113-1 des französischen Gesetztes über das geistige Eigentum: „Urheber ist bzw. sind bis zum Beweis des Gegenteils derjenige oder diejenigen, in dessen bzw. deren Namen ein Werk verbreitet wird.“ Im belgischen Recht, dem Recht des Landes, in dem die Kommission ihren Sitz hat, wird eine solche Vermutung in Art. 6 Abs. 2 des belgischen Urheberrechtsgesetzes aufgestellt. Dort heißt es: „Als Urheber wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wer als solcher durch Angabe seines Namens oder eines Kürzels, das seine Identität erkennen lässt, auf dem Werk erscheint.“ Diese verschiedenen Bestimmungen sind als Beispiele für einen allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Rechtsgrundsatz angeführt.
207 Als Beispiel für eine Bestimmung, die im Wesentlichen in allen Mitgliedstaaten anzutreffen ist, berufen sich die Klägerinnen darauf, dass das Werk im französischen Recht allein aufgrund seiner Erschaffung geschützt werde. Art. 111-1 des französischen Gesetzes über geistiges Eigentum bestimmt, dass „[d]er Urheber eines schöpferischen Werks … allein aufgrund der Erschaffung Inhaber eines ausschließlichen und jedermann gegenüber wirksamen Rechts des geistigen Eigentums an diesem Werk [ist]“. Was die Definition des Begriffs „schöpferisches Werk“ angeht, ergibt sich aus Art. 112-2 des französischen Gesetzes über geistiges Eigentum, dass „[s]chöpferisches Werk im Sinne dieses Gesetzes ist: Software einschließlich des Entwurfsmaterials zu ihrer Vorbereitung“. Die Kommission trägt nichts vor, was diesem von den Klägerinnen angeführten Beispiel widerspricht.
208 Mit der Schöpfung des Werks wird seine Originalität vermutet. Das Problem, dass sich im Hinblick auf den Nachweis stellt, betrifft meist den zeitlichen Vorrang eines Werkes gegenüber einem anderen. Im vorliegenden Fall ist der Nachweis des zeitlichen Vorrangs der Version Systran Unix gegenüber der Version EC-Systran Unix allein durch die Tatsache erbracht, dass die zweite Version nach der ersten entwickelt wurde und dass die Kommission für die Entwicklung der Letzteren auf die Systran-Gruppe und deren Version Systran Unix zurückgriff. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie sie in ihrer Gegenerwiderung bestätigt, nicht in Frage stellt, dass Systran Inhaberin von Rechten an der von ihr vermarkteten Software Systran Unix ist.
209 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach den Informationen, die die Klägerinnen in Bezug auf das französische und das belgische Recht vorgetragen haben, die Urhebereigenschaft eines Unternehmens von der französischen und der belgischen Rechtsprechung anerkannt wird. Was Frankreich betrifft, handelt es sich um das Urteil der Ersten Zivilkammer der Cour de cassation vom 24. März 1993, wonach die Klage einer juristischen Person wegen Rechtsverletzung bereits zulässig ist, wenn diese nachweist, dass sie das Werk verwertet, ohne zugleich die Herkunft der Rechte nachweisen zu müssen; was Belgien betrifft, handelt es sich um das Urteil der Cour de cassation vom 12. Juni 1998 (vgl. erstes Gutachten Sirinelli, S. 18 und 26). Um dieses ausführliche Rechtsgutachten zu widerlegen, beschränkt sich die Kommission auf vage und knappe Ausführungen, die auf eine Kritik eines Teils der Rechtslehre an der oben angeführten Lösung und auf ein Urteil der Cour d’appel Gand von 1993 gestützt werden, das vor dem genannten Urteil der belgischen Cour de cassation erging. Die Frage nach dem Inhalt der Rechtsordnungen der anderen Mitgliedstaaten, die von Professor Sirinelli nicht als Beispiel angeführt wurden, ist von den Parteien weder angesprochen noch erörtert worden.
210 Die vorstehend angeführte Rechtsprechung hat den Vorteil, dass sie die Möglichkeiten des Rechtsverletzers beschränkt, sich auf die Unzulässigkeit der Klage zu berufen, und vermeidet, dass die juristische Person die Übertragungsverträge, beginnend mit der natürlichen Person des Urhebers, des ursprünglichen Rechtsinhabers, lückenlos vorlegen muss. Im Hinblick auf den Nachweis hat somit die Tatsache des Besitzes am Tag der Klageinreichung Vorrang vor der Chronologie der Erwerbsvorgänge.
211 In Erwiderung auf das Vorbringen der Kommission, die Vermutung des Urheberrechts in Bezug auf die Version EC-Systran Unix werde dadurch widerlegt, dass diese Version nicht in einer Verpackung mit dem Namen des Urhebers vermarktet werde und die Version gelegentlich als „Commission’s MT system“ oder „ECMT“ bezeichnet werde, ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen für die Begründung ihrer Klage aus außervertraglicher Haftung auf die Version Systran Unix berufen und diese mit der Version EC-Systran Unix vergleichen, um zu belegen, dass ein Teil dieser abgeleiteten Version aus der früheren Original-Version hervorgegangen ist. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es in der Version EC-Systran Unix tatsächlich einen „Systran“-Teil gibt (d. h. vor allem die wesentlichen Bestandteile des Kerns), wie auch nicht in Frage steht, dass es in dieser Version einen „EC“-Teil gibt (d. h. vor allem die von der Kommission erstellten Wörterbücher). Es geht also nicht um die Version EC-Systran Unix, sondern um die Rechte, auf die sich die Klägerinnen bei Arbeiten an der Version EC-Systran Unix aufgrund der Rechte berufen können, die an der früheren Original-Version Systran Unix bestehen. Ferner ist inzident darauf hinzuweisen, dass sich aus den Definitionen in dem Vertragsentwurf, der der Ausschreibung beigefügt ist, ergibt, dass die Bezeichnung „Maschineller Übersetzungsdienst (bzw. maschinelles Übersetzungssystem) der Kommission“, auf die sich die Kommission bezieht, wie folgt definiert wird: „Das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission wird um EC Systran herum aufgebaut; EC Systran ist eine besondere Version des ursprünglich vom World Translation Center, La Jolla, USA, entwickelten maschinellen Übersetzungssystems Systran, die seit 1976 von der Europäischen Kommission weiterentwickelt wurde“ (The Commission’s machine translation service is built around EC Systran, a specific version of the Systran machine translation system originally developed by the World Translation Center, La Jolla, USA, which since 1976 has been further developed by the European Commission). Folglich hat der maschinelle Übersetzungsdienst bzw. das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission nach den eigenen Worten der Kommission, die sie Dritten gegenüber äußerte, seinen Ursprung in dem maschinellen Übersetzungssystem, das von der WTC/Systran-Gruppe erstellt und entwickelt wurde.
212 Demnach können sich die Klägerinnen als Systran-Gruppe auf Urheberrechte an der Version Systran Unix der Software Systran berufen, die von Systran seit mehreren Jahren und schon vor dem Zeitpunkt vermarktet wurde, zu dem Systran Luxembourg die Version EC-Systran Unix aktualisierte, um den spezifischen Bedürfnissen der Kommission nachzukommen.
213 Jedenfalls können die vertraglichen Bestimmungen, auf die sich die Kommission beruft, ein angebliches Kontrollrecht im Hinblick auf den Erwerb der WTC-Gruppe durch die Systran-Gruppe nicht begründen (siehe oben, Randnr. 179). Die Kommission führt insoweit für ihre Behauptung, dass eine Übertragung von Rechten oder Pflichten aus dem am 22. Dezember 1975 mit WTC geschlossenen ursprünglichen Vertrag nur mit ihrer vorherigen Erlaubnis habe stattfinden können, Art. 5 Buchst. c dieses Vertrags an. In dieser Bestimmung heißt es jedoch nur: „Die Vertragspartei kann ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis der Kommission weder ganz oder teilweise Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag übertragen oder abtreten, noch die Ausführung der ihr übertragenen Arbeiten an Subunternehmer vergeben, noch hierfür de facto Dritte einsetzen.“ Die Bestimmung gilt nur für die Dauer des Vertrags, also für einige Monate, und die Pflichten, deren Übertragung und Abtretung genannt werden, betrafen nur die Nutzung des Systems Systran, nicht aber die mit ihm verbundenen Eigentumsrechte. Aufgrund dieser Bestimmung kann WTC somit das Recht, über ihr Eigentum zu verfügen, nicht dadurch verlieren, dass sie Ende des Jahres 1985 von Gachot, der späteren Systran, aufgekauft wurde, wie dies aus den Verträgen hervorgeht, die die Klägerinnen als Anlage zur Erwiderung vorgelegt haben. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Kommission, dass die rechtlichen und vertraglichen Grundlagen der Urheberrechte der Klägerinnen hätten bezeichnet werden müssen. Die vorstehend angeführten Rechtsvorschriften verpflichten die Urheber nämlich nicht, ihre Werke, wie dies bei Patenten der Fall sein kann, eintragen zu lassen oder anzumelden.
214 Im Übrigen war die Kommission umfassend darüber informiert, dass die Systran-Gruppe und die von ihr übernommenen Gesellschaften, insbesondere WTC, Inhaberinnen von Rechten des geistigen Eigentums an den verschiedenen Versionen der Software Systran waren, die seit den 70er Jahren wirtschaftlich verwertet wurden, insbesondere in Beziehung zur Kommission. Die Klägerinnen legen zahlreiche Beweismittel vor, die das Bestehen eines entsprechenden schöpferischen Werks sowie den Umstand belegen, dass dieses schöpferische Werk von Herrn Toma geschaffen und sodann von den Gesellschaften der WTC-Gruppe und den Gesellschaften der Systran-Gruppe übernommen wurde (siehe oben, Randnrn. 174 und 175).
215 Was den Schutz angeht, der aufgrund des Know-how geltend gemacht wird, tragen die Klägerinnen vor, die Weitergabe der technischen und geheimen Informationen über die Teile der Version Systran Unix, die in der Version EC-Systran Unix enthalten sind, an einen Dritten stelle ein rechtswidriges Verhalten dar, das die außervertragliche Haftung der Kommission nach Art. 288 Abs. 2 EG auslösen könne. Wie bei der Untersuchung der Zuständigkeit des Gerichts dargelegt (siehe oben, Randnrn. 78 bis 81), kann auch davon ausgegangen werden, dass sich die Systran-Gruppe zu Recht auf diesen Schutz für die technischen und geheimen Informationen bezüglich der Version Systran Unix der Software Systran beruft.
Zu dem Vorbringen, die Kommission könne aufgrund der ihr zustehenden Rechte das Widerspruchsrecht der Klägerinnen außer Acht lassen
216 Für ihre Darlegung, sie habe das Recht der Klägerinnen, sich wegen der Rechte an der Version Systran Unix der Vergabe bestimmter Arbeiten bezüglich der Version EC-Systran Unix an einen Dritten widersetzen zu können, nicht zu beachten brauchen, trägt die Kommission vor, dass sie über die erforderlichen Erlaubnisse verfüge, und zwar aufgrund der Rechte, die ihr durch die seit 1975 mit der Systran-Gruppe geschlossenen Verträge eingeräumt worden seien, und aufgrund der in diesem Zusammenhang gewährten Finanzierung.
217 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Wie die Klägerinnen zu Recht ausführen, kann die Übertragung eines Rechts nicht vermutet werden. Die Tatsache, dass eine IT-Entwicklung finanziert wurde, bedeutet nicht, dass an ihr Eigentum erworben wird. Eine solche Rechtsfolge muss in dem betreffenden Vertrag ausdrücklich aufgeführt sein. Die Übertragung von Rechten ist eng und zugunsten des Urhebers auszulegen.
218 Die Klägerinnen bestreiten aber insoweit, der Kommission ein Recht des geistigen Eigentums übertragen zu haben, sei es an der Version Systran Mainframe, an der Version Systran Unix, an der ursprünglichen Idee und Schrift, worauf diese Versionen beruhten, an dem Entwurfsmaterial zu ihrer Vorbereitung, an der Datenstruktur und gar an dem Kern. Die einzigen Rechte, die die Klägerinnen der Kommission zugestehen, betreffen die Wörterbücher, die von den Dienststellen der Kommission ohne Zutun von Systran entwickelt wurden.
219 Die von der Kommission herangezogenen Vertragsbestimmungen –sowohl die die Version EC-Systran Mainframe als auch die die Version EC-Systran Unix betreffenden – normieren zudem ausdrücklich einen Vorbehalt für die bereits bestehenden Rechte des geistigen Eigentums, unabhängig davon, ob es sich um die Rechte an der Version Systran Mainframe oder an der Version Systran Unix handelt. Auch können die genannten Vertragsbestimmungen keine Grundlage für die Übertragung der Urheberrechte sein, die dem Vertragspartner (WTC oder die Gesellschaften der Systran-Gruppe) an den verschiedenen, von den genannten Verträgen betroffenen Versionen der Software Systran zustehen. Insbesondere handelt es sich bei der einzigen Vertragsbestimmung, die die Version EC-Systran Unix betrifft und von der Kommission zur Rechtfertigung ihrer Handlungen angeführt wird, um Art. 13 Abs. 1 und 2 der Umstellungsverträge; diese Bestimmung aber macht das von der Kommission geltend gemachte Eigentum davon abhängig, dass keine älteren Rechte des geistigen Eigentums bestehen (siehe oben, Randnrn. 95 bis 97). Der von der Kommission angeführte Auszug aus Art. 1 der Anlage 1 des Anhangs II des zweiten Umstellungsvertrags lautet: „Die in dem vorliegenden technischen Anhang beschriebenen Umstellungsarbeiten sowie die Überlassung der Systemteile, des Personals und des Know-how von [Systran Software] und [Systran] führen weder zu zusätzlichen Zahlungen noch zu Zahlungsansprüchen aufgrund von Eigentumsrechten.“ Abgesehen davon, dass diese Bestimmung ausdrücklich das Know-how von Systran anerkennt, kann auch festgestellt werden, dass sie nur für die Zahlungsansprüche aufgrund der Umstellungsarbeiten gilt, die Systran Luxembourg für die Kommission erbringt. Die vorliegende Klage aber betrifft Arbeiten, die die Kommission nach Ausschreibung an einen Dritten vergeben hat.
220 Die Kommission weist überdies selbst darauf hin, dass ihre These, es handele sich um „Aufträge“, so dass die zwischen den Gesellschaften der WTC-Gruppe und dann zwischen den Gesellschaften der Systran-Gruppe geschlossenen Verträge dahin auszulegen seien, dass die Gesellschaften mit ihnen Urheberrechte auf die Kommission hätten übertragen wollen, nicht ausdrücklich aus den von der Kommission herangezogenen Verträgen hervorgehe. Tatsächlich kann keine von der Kommission angeführte Vertragsbestimmung in diesem Sinne ausgelegt werden, denn die Bestimmungen beziehen sich auf ein Nutzungsrecht und nicht auf ein Eigentumsrecht oder normieren ausdrücklich einen Vorbehalt für die bereits bestehenden Rechte des geistigen Eigentums.
221 Schließlich ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, das auf die „Philosophie“ der genannten Verträge gestützt wird, da die Philosophie der Verträge im Bereich der Softwareüberlassung gerade darin besteht, die Rechte des Nutzers auf das bloße Nutzungsrecht zu beschränken, ohne ihm dabei den Erwerb des Eigentums an der Software zu gestatten.
222 Im Ergebnis hat die Kommission nicht belegen können, dass sie aufgrund des Eigentums, das sie an der Version EC-Systran Unix der Software Systran beansprucht, über die vertragliche Erlaubnis der Klägerinnen zu der im Anschluss an die Vergabe des streitigen Auftrags erfolgten Nutzung und Weitergabe verfügte.
223 Hilfsweise führt die Kommission aus, sie könne Änderungen an der Version EC-Systran Unix vornehmen, ohne dass etwaige Urheberrechte der Systran-Gruppe an der Version Systran Unix beeinträchtigt würden, da nach dem Gesetz jeder, dem ein Nutzungsrecht zustehe, zur Vornahme dieser Änderungen berechtigt sei.
224 Die Kommission beruft sich insoweit auf Art. 6 des belgischen Gesetzes über die Computerprogramme, der bestimmt, dass die Vervielfältigung und die Anpassung eines Computerprogramms gemäß Art. 5 Buchst. a und b dieses Gesetzes keiner Erlaubnis des Inhabers bedürfen, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Programms einschließlich der Fehlerberichtigung durch eine Person, die zur Benutzung des Programms berechtigt ist, notwendig sind. Die Kommission beruft sich zudem auf Art. 28 Abs. 4 des luxemburgischen Gesetzes über die Computerprogramme („Ausnahmen von den zustimmungsbedürftigen Handlungen“), der bestimmt, dass „[i]n Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen … die in Art. 28 [Abs. 3 Buchst.] a) und b) genannten Handlungen nicht der Erlaubnis des Rechtsinhabers [bedürfen], wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig sind“. Ferner heißt es in Art. 34 („Ausnahmen von den zustimmungsbedürftigen Handlungen“) des luxemburgischen Urheberrechtsgesetzes: „In Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen bedürfen die in Art. 33 genannten Handlungen nicht der Erlaubnis des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber einschließlich der Fehlerberichtigung und der Integration in eine Datenbank zur Herstellung der Funktionsfähigkeit dieses Programms notwendig sind.“
225 Diese gesetzliche Ausnahme von den zustimmungsbedürftigen Handlungen, d. h. den Handlungen, die der Erlaubnis des Urhebers bedürfen, sind jedoch eng auszulegen. Die in Art. 5 der Richtlinie 91/250 vorgesehene gesetzliche Ausnahme von den in Art. 4 der Richtlinie umschriebenen Handlungen, die dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers des Programms unterliegen, kann nur auf die Arbeiten angewandt werden, die vom rechtmäßigen Erwerber des Computerprogramms ausgeführt werden, nicht aber auf die Arbeiten, die von diesem Erwerber an einen Dritten vergeben werden (vgl. Gutachten von Professor Sirinelli über die Tragweite des Rechts des rechtmäßigen Benutzers eines Computerprogramms auf Änderung dieses Programms sowie technischer Vermerk von Herrn Bitan über die Art der an Gosselies vergebenen Arbeiten; vgl. auch die Antworten der Parteien auf die Fragen des Gerichts bezüglich der Nutzungsrechte). Die Ausnahme ist auch auf die Handlungen beschränkt, die für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig sind. Im vorliegenden Fall legt die Kommission nicht dar, inwiefern die begehrten Änderungen an einen Dritten vergeben werden konnten und weshalb sie für eine Fehlerbeseitigung oder eine bestimmungsgemäße Benutzung des Programms notwendig gewesen sein sollen. Der Akte lässt sich nicht entnehmen, aus welchem Grund die genannte Ausnahme die Vornahme von Verbesserungen, Anpassungen und Zusätzen zu dem von der Kommission genutzten Computerprogramm gestatten könnte (zu der Art der Arbeiten, die die Kommission an Dritte vergab, siehe unten, Randnrn. 227 bis 250). Diese Arbeiten fallen nämlich unter die zustimmungsbedürftigen Handlungen, weil sie die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 91/250 betreffen. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen daher darauf hingewiesen, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission ihre sonstigen Kunden ihre Erlaubnis einholten, um die Art von Änderungen durchzuführen, mit denen Gosselies beauftragt worden sei.
226 Im Ergebnis hat die Kommission nicht dartun können, weshalb sie berechtigt gewesen sein soll, sich für die Vergabe der im Rahmen des streitigen Auftrags durchzuführenden Arbeiten an einen Dritten auf die gesetzliche Ausnahme von den zustimmungsbedürftigen Handlungen zu berufen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission jedenfalls darauf beruft, dass die ihr vorgeworfenen Handlungen, d. h. nach ihrer Auffassung die Berichtigung und Verbesserung der Wörterbücher, zumindest teilweise von der Ausnahme nach Art. 5 der Richtlinie 91/250 erfasst seien (vgl. Antwort der Kommission zum dritten Fragenkomplex, Stellungnahme zum Preis eines Nutzungsrechts für die Software Systran, Randnr. 23), was implizit bedeutet, dass sie anerkennt, dass bestimmte Arbeiten, die im Rahmen der streitigen Ausschreibung verlangt wurden, möglicherweise nicht unter diese Ausnahme fallen und eine zustimmungsbedürftige Handlung im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 91/250 darstellen können.
227 Es ist somit erstens festzustellen, dass sich die Klägerinnen auf Urheberrechte und auf den Schutz des Know-how an den Informationen und Elementen bezüglich der früheren Original-Version Systran Unix, die in der abgeleiteten Version EC-Systran Unix enthalten sind, berufen können, zweitens, dass die Kommission nicht hat beweisen können, dass die Klägerinnen nicht über die Rechte verfügten, die sie hinsichtlich der Version Systran Unix beanspruchen, und dass diese Rechte an die Kommission ausdrücklich oder stillschweigend durch die mit der Systran-Gruppe geschlossenen Verträge oder durch die bezüglich der Versionen EC-Systran Mainframe und EC-Systran gewährte Finanzierung übertragen worden waren, und drittens, dass die Kommission auch nicht beweisen konnte, dass sie die an einen Dritten vergebenen Arbeiten ohne vorherige Zustimmung der Systran-Gruppe durchführen lassen durfte.
Zu der Art der von der Kommission an einen Dritten vergebenen Arbeiten
228 Um die Verletzung des von den Klägerinnen geltend gemachten Einspruchsrechts bejahen zu können, müssen die Klägerinnen nachweisen, dass die in der Ausschreibung bezeichneten Arbeiten, denen die Systran-Gruppe nicht zustimmen konnte, geeignet waren, eine Änderung oder Weitergabe von Informationen oder Elementen bezüglich der Version Systran Unix, die in der Version EC-Systran Unix enthalten sind, nach sich ziehen.
229 Für die Feststellung, ob hier eine solche pflichtwidrige Änderung oder Weitergabe vorliegt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Ausschreibung der Kommission die Wartung/Pflege und linguistische Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission betraf. Die Ausschreibung umfasste die folgenden Leistungen:
„3.1 Wörterbuchkodierung: Wörterbuchkodierung aufgrund von Feedback, Glossaren und Texten, die der maschinellen Übersetzung vom Nutzer vorgegeben werden, einschließlich Wörterbuchangleichung zwischen Sprachenpaaren. Ein Dienstprogramm zur Unterstützung bei der Codierung wird zur Verfügung gestellt. … Diese Tätigkeit umfasst auch:
Revision und Kodierung von Wörterbuchdateien der maschinellen Übersetzung, die für die maschinellen Übersetzungsdienste der Kommission von anderen Quellen vorbereitet wurden.
Die Sammlung von Wörterbuchdateien der Nutzer – auf Verlangen überprüft der Vertragspartner die Nutzereinträge und bezieht sie, wo die Ausdrücke allgemein gebräuchlich sind, in die Hauptwörterbücher ein; dabei wird sichergestellt, dass ein Konflikt mit vorhandenen Ausdrücken nicht entsteht.
3.2 Verbesserungen, Anpassungen und Zusätze zu linguistischen Routinen: Analyse-, Transfer- und Syntheseprogramme aufgrund von Feedback, Glossaren und Texten, die der maschinellen Übersetzung vom Nutzer vorgegeben werden. Z. B.: Behandlung der Worttrennungen in der Quell- und Zielausgabe, Großschreibung, das englische Genetiv-s, Homographe und Beachtung der Gepflogenheiten der Kommission (u. a. bezüglich der Schreibweise von Zahlen).
3.3 Systemaktualisierungen: Wörterbuch- und Programmaktualisierungen werden auf Verlangen der Kommission vorgenommen. Der Vertragspartner arbeitet mit der Kommission eng zusammen, um eine reibungslose Integration der Aktualisierungen zu gewährleisten.
3.4 Dokumentationsaktualisierungen: Der Vertragspartner aktualisiert auf Verlangen Dokumentationen (z. B. Kodierungshandbücher) über die Systemteile, für die er verantwortlich ist, und legt die revidierten Dokumente im Datenzentrum ab. Die aktualisierten Versionen schließen eine Beschreibung und Erläuterung der aufgrund des Vertrags vorgenommenen Verbesserungen und Veränderungen ein …“
(3.1 Dictionary coding: Dictionary coding based on feedback, glossaries and texts submitted to MT by users, including the «levelling-up» of dictionaries between language pairs. A utility will be provided to help with coding. … This task also includes:
The revision and encoding of MT dictionary files which have been prepared for the Commission’s MT service by other sources.
The harvesting of users’ custom dictionary files – if requested, the contractor will review user entries, and where terms are of general use, include them in the main dictionaries, ensuring that there is no conflict with existing terms.
3.2 Enhancements, Adaptations and Additions to Linguistic Routines: Specific improvements to Analysis, Transfer and Synthesis programs based on feedback, glossaries and texts submitted to MT by users. For example: the treatment of hyphenated words in source and target output, capitalisation, the English genitive s, homographs, and respect of Commission conventions (amongst others, for the writing of numbers).
3.3 System updates: Updates to dictionaries and programs will take place as required by the Commission. The contractor will work closely with the Commission to ensure the smooth integration of updates.
3.4 Documentation updates: The contractor shall update as required any documentation (e.g. coding manuals) on parts of the system for which he is responsible and shall store revised documents at the Data Centre. The updated versions shall include a description of, and explanation for, improvements and changes made under contract …)
230 Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Ausführung dieser Arbeiten setze die Änderung und Anpassung des Systemkerns, der linguistischen Programme und der Datenstruktur der Software Systran (Version EC-Systran Unix) voraus, was die Änderung des Quellcodes dieser Software und des Entwurfsmaterials zur Vorbereitung einschließe. Dass es erforderlich sei, über die Quellcodes zu verfügen und sie zu ändern, um die in der Ausschreibung beschriebenen Arbeiten auszuführen, werde durch Nr. 3.7.5 der Ausschreibung bestätigt, wonach es eine der Verpflichtungen des Vertragspartners sei, sicherzustellen, dass die letzten Versionen der Quellcodes, der Wörterbücher und der Programme auf den Servern der Kommission ordnungsgemäß installiert und kompiliert seien.
231 Der erste technische Vermerk Bitan erläutert im Übrigen, ohne dass die Kommission dem widersprochen hätte, warum die Ausführung der an Gosselies im Rahmen des Auftrags vergebenen Arbeiten notwendigerweise von der Version Systran Unix übernommene Aspekte der Version EC-Systran Unix berühren musste.
232 In der funktionellen Beschreibung der Elemente der Software Systran wird im ersten technischen Vermerk Bitan Folgendes festgestellt:
– Die in der Ausschreibung genannte Funktionalität „Worttrennung mit Bindestrich“ (Nr. 3.2 der Ausschreibung, siehe oben, Randnr. 229) wird im Kern im Rahmen der Vorbehandlungsmodule der Dokumente ausgeführt;
– die in der Ausschreibung genannte Funktionalität „Großbuchstabe“ (Nr. 3.2 der Ausschreibung, siehe oben, Randnr. 229), d. h. die Behandlung von Großbuchstaben beim Übergang von einer Sprache in eine andere, wird im Kern im Rahmen der Nachbehandlungsmodule des Textes ausgeführt;
– die in der Ausschreibung genannten Regeln der typografischen Formatierung (Nr. 3.2 der Ausschreibung, siehe oben, Randnr. 229) (z. B. die Verwaltung der Zahlen und der Leerstellen) werden im Kern im Rahmen der Nachbehandlungsmodule des Textes umgesetzt;
– die in der Ausschreibung genannten Regeln der Wörterbuchkonsultation (Nr. 3.2 der Ausschreibung, siehe oben, Randnr. 229) werden im Kern umgesetzt, der Besonderheiten je nach Sprache enthält.
233 Wie oben dargelegt, bestreiten die Parteien nicht, dass der Kern im Mittelpunkt der „linguistischen Entwicklung“ steht. Er wird nicht aus statischen Programmbibliotheken gebildet, die vom Prozess der „linguistischen Entwicklung“ unabhängig sind, sondern ist im Gegenteil ein integraler und wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses. In dem ersten technischen Vermerk Bitan wird hierzu festgestellt, dass der Kern im „normalen Rahmen einer linguistischen Entwicklung“ in vielen Fällen geändert werden müsse, insbesondere bei folgenden in der Ausschreibung vorgesehenen Arbeiten: „Verbesserungen, Anpassungen und Zusätze zu den Sprachroutinen“ (Nr. 3.2 der Ausschreibung, siehe oben, Randnr. 229, und erster technischer Vermerk Bitan).
234 Nach alledem muss der Zuteilungsempfänger, damit er die ihm übertragenen Arbeiten ausführen kann, über die Quellcodes der Version EC-Systran Unix verfügen, um sie für die Vornahme der in Nr. 3.2 der Ausschreibung umschriebenen spezifischen Verbesserungen der Analyse-, Transfer- und Syntheseprogramme anpassen und ändern zu können und die in den Nrn. 3.3, 3.4 und 3.7.5 der Ausschreibung geforderten Aktualisierungen durchzuführen.
235 Das Vorbringen der Kommission kann diese Beurteilung nicht in Frage stellen. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission ausdrücklich bestreitet, die Quellcodes der Version EC-Systran Unix im Rahmen der Arbeiten mitgeteilt zu haben, die für die Ausführung des an Gosselies erteilten Auftrags vorzunehmen sind. Sie erklärt, die an Gosselies vergebenen Arbeiten erforderten keine Eingriffe in den Kern der Software.
236 Dieser Einwand beruht auf einem technischen Vermerk der GDÜ vom 16. Januar 2008, der Anhaltspunkte für eine Antwort auf den ersten technischen Vermerk Bitan geben sollte (im Folgenden: zweiter Vermerk oder zweiter Vermerk der GDÜ). In der Einführung des zweiten Vermerks weist die GDÜ darauf hin, dass der erste technische Vermerk Bitan vor allem belegen solle, dass alle Änderungen linguistischer Art im „Analysebereich“ stattfänden und dass sie zwangsläufig auf eine Behandlung durch den Kern und damit auf eine Änderung des Kerns selbst hinauslaufen würden. Es wird jedoch im zweiten Vermerk der GDÜ betont, dass die in der Ausschreibung vorgesehenen Arbeiten, die die Sprachroutinen beträfen, eine Änderung des Kerns nicht erforderten.
237 Zur Begründung ihrer Auffassung führt die GDÜ aus, der Behälter (die auf der Ebene des Kerns definierte Struktur) dürfe nicht mit dem Inhalt (die von den linguistischen Programmen zugewiesenen Codes mit einer linguistischen Konnotation) des „Analysebereichs“ verwechselt werden. Der Grundsatz der Modularität der Komponenten des Übersetzungssystems verlange eine klare Trennung nicht nur zwischen den einzelnen linguistischen Modulen, sondern auch zwischen den linguistischen Modulen und dem Kern. Der Kern habe eine marginale linguistische Bedeutung. Zwar kontrolliere der Kern den Ablauf des Übersetzungsprozesses, interagiere mit allen Komponenten und enthalte bestimmte Funktionalitäten, die ungenau als linguistisch definiert werden könnten (Segmentierung in Sätze, Behandlung der Wörter mit Bindestrichen oder der nicht gefundenen Wörter), doch hätten die Module des Kerns eine allgemeine Reichweite, während die Sprachroutinen spezifisch für eine Ausgangssprache, ein Sprachenpaar oder eine Zielsprache seien.
238 Die GDÜ prüfte die Beispiele, die in der Ausschreibung vom 4. Oktober 2003 angeführt und als Elemente hervorgehoben werden, die zwangsläufig einen Eingriff in den Kern voraussetzen, und äußerte sich hierzu wie folgt:
– „Entgegen den Ausführungen von Systran bringt die Bezugnahme auf die [Sprachroutinen] in der Ausschreibung … die Art der zu erbringenden Leistungen, d. h. die spezifischen Verbesserungen der Analyse-, Transfer- und Syntheseprogramme aufgrund des Feedbacks der Nutzer, genau zum Ausdruck. Die in der Ausschreibung angeführten Problembeispiele haben nur Hinweischarakter und sind ganz offensichtlich linguistischer Natur.“
– „Es liegt auf der Hand, dass die linguistischen Probleme in erster Linie in den [Sprachroutinen] gelöst werden, was, wie schon der Name sagt, zu deren Aufgabe gehört. Selbst wenn bestimmte angeführte Probleme auf der Ebene des Kerns behandelt wurden, können sie genauso gut auf der Ebene der [Sprachroutinen] und der Wörterbücher behandelt werden, was tatsächlich auch geschieht. Wie in jedem komplexen System sind die Verfahren zur Behandlung linguistischer Phänomene zahlreich und komplex.“
239 Nach alledem bestreitet die GDÜ nicht wirklich die Ausführungen von Herrn Bitan, wonach bestimmte im Rahmen des erteilten Auftrags vergebene Aufgaben einen Eingriff in den Kern erforderten. So räumt die GDÜ ausdrücklich ein, dass der Kern der Software Systran, dessen Struktur in den Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix dieselbe ist, bestimmte Funktionalitäten enthält wie die in der Ausschreibung angeführte Behandlung der Wörter mit Bindestrichen. Auch stimmt die GDÜ den Ausführungen des Herrn Bitan stillschweigend zu, wenn sie lediglich erklärt: „Selbst wenn bestimmte [in der Ausschreibung] angeführte Probleme auf der Ebene des Kerns behandelt wurden, können sie genauso gut auf der Ebene der [Sprachroutinen] und der Wörterbücher behandelt werden, was tatsächlich auch geschieht.“ Man kann nämlich entweder unmittelbar in den Wörterbüchern alle Wörter mit Bindestrich verschlüsseln oder verlangen, dass ein Programm realisiert oder verbessert wird, das die systematische Behandlung der Wörter mit Bindestrich erlaubt, ohne sie einzeln in den Wörterbüchern verschlüsseln zu müssen. Herr Bitan weist insoweit darauf hin, ohne dass die GDÜ widersprochen hätte, dass die Funktionalität „Worttrennung mit Bindestrich“, d. h. das IT-Programm, das sich systematisch mit dieser Frage befasst, im Kern im Rahmen der Module zur Vorbehandlung der Dokumente ausgeführt werde. Die GDÜ kann außerdem nicht überzeugend darlegen, dass die Beispiele, die in der Ausschreibung angeführt werden und von denen Herr Bitan behauptet, sie erforderten einen Eingriff in den Kern, nur Hinweischarakter haben. Nach dem Wortlaut der Ausschreibung handelt es sich um von den Nutzern der Version EC-Systran Unix gelieferte Beispiele für spezifische Verbesserungen, die im Rahmen des Auftrags vorgenommen werden sollen.
240 Was insbesondere die Behandlung der Wörter mit Bindestrich angeht (z. B. das Wort „hospital-based“), führt die GDÜ aus, es sei schwierig, die Funktion des Kerns als linguistisch zu definieren, da sie sich zunächst darauf beschränke, im Wörterbuch das Wort so, wie es geschrieben sei, zu suchen, um sodann, wenn das Ergebnis negativ sei, die Suche unter Auslassung des Bindestrichs zu wiederholen (nach dem Wort „hospitalbased“). Bleibe die Suche wiederum erfolglos, würden die beiden Wörter („hospital“ und „based“) getrennt gesucht. Derartige Wörter könnten leicht behandelt werden, wenn sie unmittelbar im Wörterbuch verschlüsselt würden, wie dies mit dem Wort „medium-sized“, einem in den Gemeinschaftsdokumenten häufig vorkommenden Begriff, geschehen sei. Sei das Wort einmal verschlüsselt, brauche es nicht weiter behandelt zu werden und werfe keine Probleme auf. Der wesentliche Teil der Behandlung erfolge dann in den linguistischen Programmen und zunächst auf der Stufe der Analyse im Programm Ehmrt000.c. Sodann werde die Behandlung auf der Stufe des Transfers fortgesetzt. Lexikalische Routinen, die die Wörter mit Bindestrich behandelten, seien für die meisten Sprachenpaare ausgehend vom Englischen eingerichtet.
241 Diese Faktoren stellen jedoch nicht die Notwendigkeit in Frage, in den Kern einzugreifen, um den erteilten Auftrag durchzuführen. Es ist ohne Belang, dass auf andere Weise vorgegangen werden kann, wie es auch unerheblich ist, ob der Inhalt der verlangten Funktionalität linguistischer Natur ist. Entscheidend ist die in der Version EC-Systran Unix angewandte Lösung, die dieselbe wie diejenige ist, die in der Version Systran Unix angewandt wird. Nichts widerlegt daher die Feststellungen der IT-Sachverständigen der Klägerinnen, wonach die Behandlung der Wörter mit Bindestrich durch das IT-Programm bezüglich dieser Funktionalität auf der Ebene des Kerns erfolgt. Diese Feststellung wird vielmehr durch den zweiten Vermerk der GDÜ bestätigt (siehe oben, Randnr. 239). Ferner verlangt die Ausschreibung insoweit vom Zuteilungsempfänger nicht die Verschlüsselung aller bestehenden Wörter mit Bindestrich, sondern die Verbesserung des IT-Programms bezüglich dieser Funktionalität.
242 Was die Behandlung der Großbuchstaben angeht, weist die GDÜ darauf hin, dass die Funktion des Kerns keineswegs linguistischer Natur, sondern mechanischer Natur sei. Die Funktion des Programms Rtrprint.c, das ein Programm im Kern sei, das in dem ersten technischen Vermerk Bitan angeführt werde, bestehe z. B. nur darin, die von den linguistischen Programmen getroffenen Entscheidungen in der Zielsprache umzusetzen, insbesondere die lexikalische Routine Lefweekd.c, die ein Programm der Sprachroutinen sei, eine Routine, die sich mit den Wochentagen befasse. Ferner werde die Entscheidung, die Funktionalität „Großbuchstabe“ nach Maßgabe der grammatischen Regeln und des linguistischen Kontexts anzuwenden, in den linguistischen Programmen getroffen und sei in erster Linie das Ergebnis der Analyse, die das Programm Epropnou.c erstelle, das sich mit Eigennamen, Abkürzungen, Akronymen usw. befasse. Die Behandlung könne ihren Fortgang auf der Stufe des Transfers in den lexikalischen Routinen nehmen, wie in dem englisch-italienischen Sprachenpaar. Die GDÜ weist auch darauf hin, dass die Entscheidung über die Großbuchstaben sogar auf der Stufe der Wörterbücher getroffen werden könne. Zum Beispiel seien alle Eigennamen (Panama, Palästina, Parkinson) oder alle deutschen Substantive mit großem Anfangsbuchstaben codiert.
243 Diese Faktoren stellen jedoch nicht die Notwendigkeit in Frage, dass in den Kern eingegriffen werden muss, um den erteilten Auftrag durchzuführen. Die Frage, ob der durchgeführte Eingriff linguistischer oder mechanischer Natur ist, ist dabei ohne Belang, da es nur darum geht, dass unerlaubte Änderungen an urheberrechtlich und als Know-how geschützten Elementen durchgeführt werden. Auch ist es unerheblich, dass auf andere Weise vorgegangen werden kann, denn worauf es allein ankommt, ist die Lösung, die in der Version EC-Systran Unix gewählt wurde, die hier dieselbe ist wie die in der Version Systran Unix gewählte Lösung. Im vorliegenden Fall hatte der Auftragnehmer aufgrund der Ausschreibung das IT-Programm bezüglich dieser Funktionalität zu verbessern, und die Ausführungen des IT-Sachverständigen der Klägerinnen, wonach die Behandlung der Großbuchstaben bei der Übertragung von einer Sprache in eine andere im Kern im Rahmen der Textnachbehandlungsmodule stattfinde, sind durch nichts widerlegt. Die GDÜ räumt im Gegenteil ausdrücklich ein, dass der Kern im Rahmen dieses Prozesses zumindest beteiligt sei, da die Entscheidungen bestimmter Routinen dort umgesetzt würden. Was im Übrigen die Quellcodes der Versionen Systran Unix und EC-Systran Unix betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Herr Bitan nicht nur nachgewiesen hat, dass 80 % bis 95 % der Quellcodes in den Kernen der beiden Versionen ähnlich waren, sondern dass es auch andere Ähnlichkeiten bei den Sprachroutinen gab, da sich die Routinen der Version Systran Unix großenteils in der Version EC-Systran Unix wiederfinden. Ebenso wie die Version EC-Systran Unix verfügt die Version Systran Unix über ein Programm, mit dem die Großbuchstaben behandelt werden können. Auch hier hatte der Auftragnehmer aufgrund der Ausschreibung nicht alle Wörter mit einem Großbuchstaben zu verschlüsseln, sondern das IT-Programm bezüglich dieser Funktionalität zu verbessern.
244 Die GDÜ erörtert nicht die Frage der Beachtung der Gepflogenheiten der Kommission, die nach Auffassung von Herrn Bitan einen Eingriff in den Kern erforderlich macht.
245 Was die Behandlung des englischen Genitiv-s angeht (z. B. im Wort „operator’s“), trägt die GDÜ vor, die Funktion des Kerns bei der Behandlung dieser Art von Wörtern sei sehr beschränkt und bestehe darin, das „‘s“ zu löschen, um im Wörterbuch das Grundwort finden zu können (d. h. das Wort „operator“). Da diese Behandlung einwandfrei funktioniere, gebe es auch keinen Grund, sie zu verbessern.
246 Diese Umstände stellen nicht in Frage, dass für die Ausführung des erteilten Auftrags der Zugriff auf den Kern und dessen Verbesserung erforderlich waren. Vielmehr bestätigt die GDÜ ausdrücklich die Funktion des Kerns bei der Behandlung des englischen Genitivs und begnügt sich mit dem Hinweis, dass die Funktion des IT-Programms, das zur Sicherstellung dieser Funktionalität entwickelt worden sei, einwandfrei arbeite, obwohl sich aus dem Wortlaut der Ausschreibung ergibt, dass es sich um eine der spezifischen Verbesserungen handelte, die vom Auftragnehmer vorzunehmen waren.
247 Die Natur der Maßnahmen, mit denen Gosselies beauftragt worden war, war Gegenstand mehrerer Fragen, die das Gericht im Rahmen des zweiten Fragenkomplexes und in der mündlichen Verhandlung gestellt hat. Insbesondere hat das Gericht die Kommission gefragt, ob sie den Zugang zu den Quellcodes des Kerns der Software Systran tatsächlich gewährt habe, um die Durchführung der an Gosselies vergebenen Arbeiten zu ermöglichen, unabhängig davon, ob diese Arbeiten sich nebenbei oder hauptsächlich auf andere Teile der Software Systran erstreckten. Für den Fall, dass die Kommission ihre Behauptungen aufrechterhalten sollte, ist den Parteien aufgegeben worden, mitzuteilen, ob und wie diese Behauptungen, wonach zum einen die betreffenden Arbeiten keinen Eingriff auf der Ebene des Basiskerns erfordert hätten und die Kommission zum anderen die Quellcodes des Systems EC-Systran Unix nicht an Gosselies weitergegeben habe, technisch gesehen verifiziert werden könnten.
248 In Beantwortung dieser Fragen hat die Kommission ihre Behauptungen, wonach „die an Gosselies vergebenen Arbeiten keinen Eingriff auf der Ebene des Basiskerns erforderten“, aufrechterhalten und ausgeführt, dass „sie weder Zugang zu den Quellcodes des Kerns der Software Systran gewährt noch an Gosselies die Quellcodes des Systems EC-Systran Unix weitergegeben hat“. Sie bezieht sich ferner auf die Vertraulichkeitsabsprache bezüglich der Ausschreibung vom 4. Oktober 2003, die für die Frage der Haftung der Kommission in der vorliegenden Rechtssache wenig hergibt. Was die technische Überprüfung dieser Behauptungen angeht, die im Widerspruch zu dem Wortlaut der Ausschreibung und dem ersten technischen Vermerk Bitan stehen, führt die Kommission in ihrer Antwort zum zweiten Fragenkomplex Folgendes aus:
„Angesichts des zur Durchführung der oben genannten Maßnahmen erforderlichen Sachverstands und der beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter von Gosselies als Sprachwissenschaftler (nicht als IT-Techniker), die den Vertrag zusammen mit der Kommission auszuführen hatten, kann gesagt werden, dass diese absolut nicht in der Lage waren, in den Basiskern einzugreifen. Insoweit ist deutlich zu machen, dass die Arbeiten, die damals von Gosselies ausgeführt wurden, heute von den Sprachwissenschaftlern der Kommission vorgenommen werden.“
249 Diese Antwort ist mit der Antwort der Klägerinnen zu vergleichen, deren Sachverständiger, Herr Bitan, in seinem dritten technischen Vermerk über die Methode zur Überprüfung der technischen Ausführungen der Kommission beschreibt, wie vorzugehen ist, um die beiden Versionen der Software EC-Systran Unix zu vergleichen, nämlich die Version, die vor der Ausschreibung bestand, und die Version, die nachher bestand und die in der Lage ist, die Erwartungen der Kommission zu erfüllen. Dieser Punkt ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden, in der die Kommission ausgeführt hat, dass ein solches Vorgehen nicht so schwierig sei, wie sie gedacht habe.
250 Angesichts des Parteivorbringens und der Antworten auf die Fragen des Gerichts ist somit davon auszugehen, dass es der Kommission nicht gelungen ist, die Angaben in Frage zu stellen, die die Klägerinnen zur Begründung ihrer Auffassung vorgetragen haben, die an Gosselies vergebenen Arbeiten hätten den Zugriff auf den Quellcode der Version EC-Systran Unix und dessen Änderung erfordert. Die Position der Kommission steht im Widerspruch sowohl zu den technischen Angaben, die die Klägerinnen zu diesem Punkt gemacht haben, als auch zu ihrer eigenen Ausschreibung. Im Übrigen tragen die Klägerinnen vor, dass die „Gesellschaft Gosselies, die sich im Zeitpunkt der Ausschreibung nur eine embryonale Existenz führte und praktisch keine Arbeitnehmer hatte, sich durch die Einstellung ehemaliger Arbeitnehmer von Systran Luxembourg den personellen Sachverstand verschaffen konnte, um sich auf die Ausschreibung zu bewerben und den Auftrag zu erhalten“. Aus den Tätigkeitsberichten von Systran Luxembourg, die als Anlagen 4 und 5 zu der Antwort der Kommission zum letzten Fragenkomplex vorgelegt worden sind, ergibt sich, dass Systran Luxembourg keine Aufgaben informationstechnischer Art ausführte, sondern solche linguistischer Art. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission die Lebensläufe der Arbeitnehmer von Gosselies vorgelegt, anhand deren festgestellt werden konnte, dass die Arbeitnehmer nicht nur Sprachwissenschaftler, sondern auch Informatiker waren, die sehr wohl in der Lage waren, auf die Quellcodes der Software Systran zuzugreifen und an den genannten Codes zu arbeiten, und zwar auch an den Codes, die dem Kern oder den verknüpften Sprachroutinen entsprechen.
251 Schließlich ist festzustellen, dass die Kommission in Beantwortung des dritten Fragenkomplexes zu den für die Schadensbewertung zu berücksichtigenden Umständen als Anlage ein von Herrn L. Golvers, Ingenieur und an den belgischen Gerichten zugelassener Sachverständiger, gefertigtes Gutachten vom 3. Mai 2010 über die angeblichen Pflichtverletzungen der Kommission bezüglich der Änderung des Kerns der Version EC-Systran Unix und der Weitergabe des Know-how von Systran (im Folgenden: Gutachten Golvers; vgl. auch die Stellungnahme zum Gutachten Golvers, die Herr Bitan unbeschadet der Entscheidung des Gerichts über die Verwertbarkeit des Gutachtens Golvers erstellte und die als Anlage zu den Antworten der Klägerinnen zum vierten Fragenkomplex überreicht worden ist) sowie eine Bestätigung vom 23. April 2010 von Herrn A. Seck, Geschäftsführer von Gosselies, überreicht hat, in der der Inhalt der von diesem Unternehmen für die Kommission erbrachten Arbeiten erläutert wird (im Folgenden: Bestätigung Gosselies).
252 Das Gutachten Golvers ebenso wie die Bestätigung Gosselies sind jedoch äußerst spät vorgelegt worden, ohne dass die Verspätung bei der Vorlage in irgendeiner Weise begründet worden wäre. Dieses Fehlen einer Begründung ist umso unverständlicher, als die verschiedenen Aspekte der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission, insbesondere die Aspekte bezüglich des IT-Gutachtens, von dem erwartet wurde, dass die Kommission es vorlegen würde, um die Argumente des IT-Sachverständigen der Klägerinnen zu widerlegen, sowie bezüglich der Informationen, die geltend gemacht werden konnten, um die vom Auftragnehmer ausgeführten Arbeiten besser zu verstehen, Gegenstand der beiden ersten Reihen von Fragen gewesen waren und in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert worden sind.
253 Gemäß Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung ist somit festzustellen, dass das Gutachten Golvers und die Bestätigung Gosselies unzulässig sind und bei der Würdigung des Parteivorbringens nicht zu berücksichtigen sind.
254 Jedenfalls ist bezüglich des Gutachtens Golvers darauf hinzuweisen, dass dieses Gutachten, obwohl es von einem Ingenieur und an den belgischen Gerichten zugelassenen IT-Sachverständigen gefertigt wurde, den Ergebnissen des vom Sachverständigen der Klägerinnen zu diesem Punkt vorgelegten IT-Gutachten nicht widerspricht. Herr Golvers legte seinem Gutachten nämlich nicht die verschiedenen Versionen der Software Systran – seien es Systran oder die verschiedenen Versionen von EC-Systran Unix – zugrunde, die vor und nach der Ausführung der in der streitigen Ausschreibung vorgesehenen Arbeiten bestanden, und untersuchte auch nicht das Ergebnis der Arbeiten, die Gosselies für die Kommission ausgeführt hatte. Insoweit ist daran zu erinnern, dass der IT-Sachverständige der Klägerinnen in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung klar ausgeführt hat, wie die Kommission die verschiedenen Versionen der Software EC-Systran Unix vergleichen konnte, um die Feststellungen zu bestätigen oder zu widerlegen, dass die einzelnen in der Ausschreibung vorgesehenen Arbeiten den Zugriff auf den Kern und die verknüpften Sprachroutinen erforderten und deren Änderung zur Folge hatten. Der Kommission ist demnach wiederholt die Möglichkeit geboten worden, sich von der Haftung dadurch zu befreien, dass sie den Beweis beibringt, dass eine Änderung der vom Urheberrecht und als Know-how geschützten Daten durch die Ausführung der in der Ausschreibung vorgesehen Arbeiten nicht eingetreten ist. Das Gutachten Golvers ist kein solcher Beweis.
255 Das Gutachten Golvers wird ausschließlich auf die Schriftsätze, die Anlagen und die Verfahrensunterlagen der vorliegenden Rechtssache gestützt, einschließlich der verschiedenen technischen Vermerke des IT-Sachverständigen der Klägerinnen, sowie auf Gespräche mit den Beamten der GDÜ und mit Herrn D. Buisoni, dem Geschäftsführer von Gosselies und ehemaligen Programmierer von Systran Luxembourg. In technischer Hinsicht erinnert Herr Golvers im Wesentlichen an die Bedeutung, die die Kommission den von ihr entwickelten Wörterbüchern beimisst, was jedoch nicht erörtert wird und die Systran-Gruppe nicht daran hindert, sich auf Rechte des geistigen Eigentums am Kern der Software Systran zu berufen, ob es sich nun um die ursprüngliche Version Systran Mainframe oder aber auch und vor allem um die Version Systran Unix, der für die vorliegende Rechtssache allein maßgeblichen Version, handelt.
256 Herr Golvers hebt auch hervor, dass das Personal von Gosselies jedenfalls nicht über die erforderlichen technischen Sachkenntnisse verfügt habe, um Eingriffe in komplexe, in der Programmiersprache C geschriebene Programme vorzunehmen, obwohl er auch darauf hinweist, dass Gosselies aus dem Personal von Systran Luxembourg bestanden habe, das durchaus in der Lage gewesen sei, an den verschiedenen Versionen der Software Systran zu arbeiten.
257 Ferner stellte Herr Golvers bei seiner Beschreibung der Arbeiten, die Gosselies gemäß der Ausschreibung ausführte, vor allem die Arbeiten in den Vordergrund, die Nr. 3.1 der Ausschreibung entsprachen, d. h. die Wörterbuchcodierungen, und berücksichtigte kaum die Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Nr. 3.2 standen, d. h. die Verbesserungen, Anpassungen und Zusätze zu den Sprachroutinen.
258 Was die Codierung angeht, wurde diese mittels einer externen Software, der sogenannten „DMP“, vorgenommen, die in der Ausschreibung nicht erwähnt wird und deren Existenz erstmals in diesem Stadium des Verfahrens, d. h. am 5. Mai 2010, angeführt wird. Nach dem Gutachten Golbers bestand die Wörterbuchcodierung in dem Zusatz und der Korrektur von 10 577 Eintragungen. Die Bestätigung Gosselies stellt hierzu fest, dass „die Aufgabe [von Gosselies] darin bestand, die elektronischen Wörterbücher zu prüfen, in denen sich im Laufe der Jahre Tausende von noch auszuführenden Anpassungen angehäuft hatten“, und dass sie hierfür „die Software DMP benutzte, die die Unvereinbarkeiten leichter sichtbar machen, sie korrigieren und … die Wörterbücher in einem offenen Datenbankformat erhalten konnte“. Insoweit ist angesichts der Erklärungen, die der Sachverständige der Klägerinnen hierzu abgab, festzustellen, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass die Kommission ungefähr 2 Mio. Euro ausgibt, damit ein externer Dienstleistungserbringer 10 577 Eintragungen eines Programms korrigiert, d. h. nach den Berechnungen des Herrn Bitan unter Berücksichtigung der Auftragsdauer 2,5 Eintragungen pro Tag pro Arbeitnehmer von Gosselies, während ein Lexikograf von Systran durchschnittlich 400 Eintragungen pro Tag ausführt.
259 Was die sonstigen Arbeiten betrifft, stellt das Gutachten Golvers summarisch fest, dass Gosselies „überwiegend Arbeiten zur Aktualisierung der Wörterbücher vornahm sowie gewisse Anpassungen von Sprachroutinen, und zwar nicht am ‚Kern‘, sondern an den Dateien, die automatisch aus Mainframe Amdhal extrahiert wurden“. Die Bestätigung Gosselies führt diesen Aspekt der ausgeführten Arbeiten nicht einmal an, außer vielleicht mit dem missverständlichen Hinweis, dass „bei den Wörterbüchern der Endzweck der Anpassungen nur die Verbesserung der Übersetzung war“. Folgte man der Auffassung von Herrn Golvers, besäße die Systran-Gruppe insoweit weder ein Urheberrecht noch ein Know-how, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die von Gosselies vorgenommenen „gewissen“ Anpassungen der Sprachroutinen die Arbeit am Quellcode der Version EC-Systran Unix erforderten, denn es würde nur um die Version Unix eines Quellcodes gehen, den es vorher lediglich in der Version EC-Systran Mainframe gegeben hatte, an der die Systran-Gruppe keinerlei Rechte hatte und die mit der Version Systran Unix nicht in Verbindung gebracht werden konnte. Insoweit ist zu beachten, dass sich aus dem Verfahren ergibt, dass erstens die Version Systran Unix eine Version ist, die als das ursprüngliche, originale und schutzwürdige Werk bezeichnet werden kann, dass zweitens die Version EC-Systran Unix eine aus Systran Unix abgeleitete Version ist, die hinsichtlich des Kerns und der Sprachroutinen mehrere wesentliche Ähnlichkeiten aufweist, und dass drittens die Kommission nicht darlegen konnte, auf welche Elemente des Kerns und der Sprachroutinen von Systran Unix sie aufgrund ihrer Rechte an den Wörterbüchern und an den mit EC-Systran Mainframe verknüpften Sprachroutinen Eigentumsansprüche geltend macht, ohne dass sich die Klägerinnen insoweit auf die an der Originalversion Systran Mainframe bestehenden Rechte berufen können.
260 Die Klägerinnen dagegen behaupten und beweisen hinreichend, dass für die von Nr. 3.2 der Ausschreibung geforderten Änderungen der Zugriff auf die in der Version EC-Systran Unix übernommenen Elemente der Version Systran Unix und deren Änderung erforderlich sind. Den Gegenbeweis, der darin bestehen würde, dass die verschiedenen Versionen der Software Systran miteinander verglichen werden, um zu zeigen, dass die Daten des Kerns durch die Arbeiten, die aufgrund der Ausschreibung ausgeführt wurden, nicht geändert wurden, hat die Kommission nicht erbracht.
261 Nach alledem hat die Kommission rechtswidrig gehandelt und die einschlägigen allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, verletzt, indem sie sich ohne vorherige Zustimmung der Systran-Gruppe das Recht genommen hat, Arbeiten durchzuführen, die zu einer Änderung von in der Version EC-Systran Unix enthaltenen Elementen bezüglich der Version Systran Unix der Software Systran führen mussten. Dieses Fehlverhalten, das eine hinreichend schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte und des Know-how der Systran-Gruppe an der Version Systran Unix der Software Systran darstellt, löst die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft aus.
B – Zu den Schäden und zum Kausalzusammenhang
1. Zu dem Schaden von Systran Luxembourg und zum Kausalzusammenhang
a) Vorbringen der Parteien
262 Die Klägerinnen machen geltend, der Schaden, der Systran Luxembourg entstanden sei, belaufe sich auf mindestens 1 170 328 Euro. Dieser Schaden bestehe zunächst aus den Verlusten in Höhe von 571 000 Euro, die Systran Luxembourg 2003 erlitten habe. Der Ausschreibung, die die Kommission 2003 veröffentlicht habe, sei die Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit Systran Luxembourg vorausgegangen, die zur Kündigung von deren Arbeitnehmern geführt habe. Diese Verluste müssten daher berücksichtigt werden, da die Entscheidung über die Kündigung der Arbeitnehmer erst nach der Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit der Kommission getroffen worden sei. Der Schaden von Systran Luxembourg bestehe auch in dem entgangenen Gewinn aus dem Vertrag, der mit Gosselies am Ende der Ausschreibung unter Verstoß gegen die Rechte der Systran-Gruppe geschlossen worden sei. Die Klägerinnen bewerten diesen entgangenen Gewinn auf 30 % der Nettogewinnspanne. Da der mit Gosselies geschlossene Vertrag einen Umsatz von 800 000 Euro jährlich für vier Jahre vorsehe, belaufe sich der Schaden auf 30 % von 3 200 000 Euro, also 960 000 Euro. In der Erwiderung erläutern die Klägerinnen, dass sich dieser Betrag angesichts der Berechnung, die die Kommission vorgelegt habe, wonach die 30 % von dem Betrag in Höhe von 1 997 760 Euro zu berechnen seien, auf 599 328 Euro beziffere. Der Systran Luxembourg entstandene Schaden sei die unmittelbare Folge der Handlungen der Kommission, die allein Ursache für die von Systran Luxembourg ausgesprochenen Kündigungen seien. Auch stehe der entgangene Gewinn für Systran Luxembourg in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entscheidung der Kommission, den Auftrag unter Verstoß gegen die Rechte der Systran-Gruppe Gosselies zu erteilen.
263 Die Kommission trägt vor, die Klägerinnen bewiesen nicht, dass der Schaden, der in Bezug auf Systran Luxembourg geltend gemacht werde, tatsächlich entstanden sei. Auch sei das ihr vorgeworfene Verhalten für die Verluste des genannten Unternehmens im Jahr 2003 und für den entgangenen Gewinn, der für die Jahre 2003 bis 2007 geltend gemacht werde, nicht ursächlich. Systran Luxembourg und Systran hätten sich nämlich auf die Ausschreibung vom 4. Oktober 2003 nicht beworben. Selbst wenn ferner dieser Schaden entstanden sein sollte, müsste die angewandte Berechnungsgrundlage den Gesamtumsatz berücksichtigen, der sich aus den Verträgen ergebe, die mit Gosselies infolge der Ausschreibung vom 4. Oktober 2003 geschlossen worden seien, nämlich 1 997 760 Euro über vier Jahre, und nicht 3 200 000 Euro, wie von den Klägerinnen behauptet. Außerdem sei der Unternehmenszweck von Systran Luxembourg vielgestaltig und richte sich auf die „IT-Entwicklungen insbesondere im Bereich der natürlichen Sprachen, [den] Verkauf und die Besorgung von IT-Dienstleistungen und von Software, die Behandlung, Erfassung und Übersetzung von Texten in jeder Form“. Dass Systran Luxembourg ihre Tätigkeiten eingestellt habe, könne der Kommission somit nicht vorgeworfen werden.
b) Würdigung durch das Gericht
264 Die Klägerinnen verlangen Ersatz eines Systran Luxembourg entstandenen Schadens in Höhe von 1 170 328 Euro, nämlich 571 000 Euro wegen der Verluste im Zusammenhang mit der Einstellung der Geschäftstätigkeit im Jahr 2003 und 599 328 Euro wegen des entgangenen Gewinns im Zusammenhang mit der Erteilung des Zuschlags an die Gesellschaft Gosselies.
265 Die Ursache des im Zusammenhang mit der Einstellung der Geschäftstätigkeit entstandenen Schadens lag jedoch, wie die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung erläutert haben, in einem Manöver der Kommission, mit dem Systran Luxembourg dazu gebracht werden sollte, ihren Arbeitnehmern zu kündigen. Dieses Manöver, das zur Beendigung der Geschäftsbeziehungen führte, steht selbst dann, wenn es nachgewiesen wäre, in keinem Zusammenhang mit den Urheberrechten und dem Know-how von Systran an Systran Unix, deren Verletzung die von den Klägerinnen geltend gemachte und hier bejahte Rechtswidrigkeit begründet. Ferner kann der im entgangenen Gewinn liegende Schaden nicht unmittelbar der Kommission zugerechnet werden, da Systran Luxembourg sich nicht an der streitigen Ausschreibung beteiligt hatte, die zur Erteilung des Zuschlags an Gosselies führte.
266 Mangels Kausalzusammenhangs zwischen dem der Kommission zur Last gelegten Verhalten und den von Systran Luxembourg behaupteten Schäden steht dieser ein Ersatz des geltend gemachten Schadens nicht zu.
267 Der Antrag von Systran Luxembourg auf Schadensersatz für die Verluste im Zusammenhang mit der Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2003 und für den entgangenen Gewinn im Zusammenhang mit der Erteilung des Zuschlags an Gosselies ist somit zurückzuweisen.
2. Zu den Schäden von Systran und zum Kausalzusammenhang
268 Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG setzt voraus, dass der Schaden, für den Ersatz begehrt wird, tatsächlich und sicher ist (vgl. Urteil Agraz u. a./Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung) und dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Organs und dem Schaden besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Slg. 1979, 3091, Randnr. 21).
a) Vorbringen der Parteien
Zu den verschiedenen Schadensformen, dem Vorliegen des Schadens und dem Kausalzusammenhang
269 Erstens machen die Klägerinnen geltend, der materielle Schaden, der Systran entstanden sei, belaufe sich auf insgesamt 46 804 000 Euro. Dieser Schaden sei die unmittelbare Folge der Handlungen der Kommission. Er ergebe sich zunächst aus der Wertminderung der Aktien, die Systran an Systran Luxembourg halte. Der Wert dieser Aktien, für die in den Büchern von Systran in voller Höhe Rückstellungen gebildet worden seien, belaufe sich auf 1 950 000 Euro, die um eine weitere Rückstellung von 64 000 Euro ergänzt werden müssten, so dass sich ein Gesamtbetrag von 2 014 000 Euro ergebe. Der materielle Schaden von Systran bestehe zudem aus dem Verlust des wirtschaftlichen Werts ihrer immateriellen Vermögensgegenstände. Indem die Kommission den Auftrag an die Gesellschaft Gosselies vergeben habe und damit das Know-how von Systran ohne deren Zustimmung weitergegeben habe, habe sie diese Vermögensgegenstände ihres wirtschaftlichen Werts entkleidet, der in ihrer geheimen Natur liege. Der Schaden, den die Kommission insgesamt zu ersetzen habe, entspreche somit dem Wert des weitergegebenen Know-how. Die Klägerinnen betonen auch, dass ihnen durch die geltend gemachte Rechtsverletzung und Weitergabe des Know-how ein tatsächlicher Schaden entstanden sei. Sie legen mehrere Bestätigungen von Händlern, Finanzfachleuten und Rechnungsprüfern vor, die zeigten, in welchem Maße ihnen durch das Verhalten der Kommission bezüglich ihrer Urheberrechte ein schwerer Schaden entstehe.
270 Die Kommission beanstandet diese Bewertung des materiellen Schadens, weil nicht nachgewiesen sei, dass der geltend gemachte Schaden tatsächlich bestehe, und weil, selbst wenn sie der Urheber der ihr vorgeworfenen Schäden wäre, dieses Fehlverhalten weder zur völligen Entwertung der Aktien von Systran Luxembourg noch zu einem Schaden geführt hätte, der dem völligen Verlust des Vermögenswerts der immateriellen Vermögensgegenstände von Systran entsprechen würde. Die Klägerinnen hätten auch nicht nachgewiesen, dass zwischen dem behaupteten rechtswidrigen Verhalten und dem angeblich erlittenen materiellen Schaden ein Kausalzusammenhang bestehe. Außerdem ergebe sich aus dem Jahresbericht von Systran für 2005, der die Jahresabschlüsse 2001 bis 2005 enthalte, dass 2003 im Vergleich zu den vorhergehenden (2001 und 2002) und den nachfolgenden Jahren (2004 und 2005) ein besonders günstiges Jahr gewesen sei. Der Jahresbericht erkläre den Umsatzrückgang nicht mit dem Verlust der Kommission als Kunde oder mit dem Vorliegen einer angeblichen Rechtsverletzung durch die Kommission. Der Jahresbericht stelle insoweit fest:
„Im Allgemeinen sind IT-Programme keine patentfähigen Erfindungen. Der Konzern behält sämtliche Urheberrechte an seiner Technologie und seinen Produkten. An einem Rechtsstreit auf dem Gebiet der Rechte des geistigen Eigentums war der Konzern bisher nicht beteiligt … Gerichts- oder Schiedsverfahren, die in der letzten Zeit spürbaren Einfluss auf die finanzielle Lage, die Tätigkeit und das Ergebnis des Konzerns haben könnten oder gehabt haben, gibt es nicht.“
271 Was die verschiedenen Bestätigungen angeht, die zur Erläuterung des Schadenseintritts vorgelegt wurden, so erhebt die Kommission zunächst Einwände gegen die Bestätigung des Rechnungsprüfers, weil dort erklärt werde, dass die ihr zur Last gelegte Weitergabe die von Systran gebildeten Rückstellungen teilweise rechtfertige. Die Kommission behauptet im Wesentlichen, dass es sich um ein „Gefälligkeitsschreiben“ handele, das im Hinblick auf ein Jahr, 2008, erstellt worden sei, als alle Unternehmen vorsichtig gewesen seien. Die Kommission trägt auch vor, es sei offensichtlich unzutreffend, dass ihr Verhalten die Geschäftsbeziehungen der Systran-Gruppe beeinträchtigt habe, da es die Systran-Gruppe gewesen sei, die den Rechtsstreit durch die Medien bekannt gemacht habe und weder die Kommission noch Gosselies Wettbewerber der Systran-Gruppe seien. Die von Systrans Händlern zur Verfügung gestellten Dokumente seien offensichtlich nachträglich erstellt worden, und es sei absurd, zu behaupten, dass die angebliche Rechtsverletzung einen Einfluss auf diese Händler gehabt haben könnte. Die geschäftlichen Schwierigkeiten seien vielmehr auf das Aufkommen konkurrierender Lösungen, das Veralten verschiedener Softwareversionen oder die Wirtschaftskrise von 2008/2009 zurückzuführen. Im Übrigen sei die Behauptung unzutreffend, dass ihr Verhalten ein bedeutendes Hemmnis für die an der Systran-Gruppe interessierten Investoren sein könne. Deren Verhalten lasse sich nämlich damit erklären, dass die Systran-Gruppe die Kommission als Kunden verloren habe. Ein ursächlicher Zusammenhang sei insoweit nicht nachgewiesen worden.
272 Zweitens bewerten die Klägerinnen den immateriellen Schaden, den Systran erlitten habe, auf mindestens 2 Mio. Euro. Dieser immaterielle Schaden könne nur geschätzt werden, auch wenn er sicher sei, da die Systran-Gruppe beträchtliche Verluste aufgrund der Weitergabe durch die Kommission erlitten habe. Der Ruf der Systran-Gruppe werde ebenfalls dadurch beeinträchtigt, dass die Klägerinnen ein Verfahren gegen einen institutionellen Kunden hätten einleiten müssen, was ihrem Image und ihren Geschäftsbeziehungen sehr abträglich sei. Das Verhalten der Kommission könne außerdem für die anderen Kunden und die potenziellen Kunden der Systran-Gruppe nur ein Ansporn sein, zu versuchen, sich das System der Systran-Gruppe auf anderem Weg als dem des Handels zu beschaffen.
273 Hierzu macht die Kommission geltend, dass Systran für die Bekanntmachung des Rechtsstreits in den Medien allein verantwortlich sei und dass irgendein immaterieller Schaden nicht zu ersetzen sei. Auch könne, wenn das Opfer einer Rechtsverletzung nicht in der Lage sei, seinen Schaden oder dessen Umfang nachzuweisen, der Schadensersatzanspruch zurückgewiesen oder auf einen symbolischen Betrag von einem Franc beschränkt werden. Ein Nachweis für das Vorliegen eines immateriellen Schadens von 2 Mio. Euro oder für einen Kausalzusammenhang zwischen dem ihr zur Last gelegten Verhalten und diesem angeblichen Schaden sei nicht erbracht worden.
Zur ursprünglichen Bewertung des Wertverlusts der immateriellen Vermögensgegenstände
274 In Beantwortung der Ausführungen der Kommission zu dem Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände haben die Klägerinnen einen von ihrem Finanzexperten erstellten Vermerk vorgelegt (Vermerk von Herrn A. Martin, Wirtschaftsprüfer und Rechnungsprüfer in Frankreich, zugelassen an einer Reihe von französischen Gerichten, unter ihnen die Cour de cassation, über die Bewertung der immateriellen Vermögensgegenstände von Systran, im Folgenden: erster Finanzvermerk der Klägerinnen). Was Systran, ein „Einproduktunternehmen“, angehe, seien die einzig „bewertbaren“ immateriellen Vermögensgegenstände die Software und das Know-how, die Systran teilweise als Anlagevermögen ausweise. Der Buchwert entspreche jedoch nicht dem tatsächlichen Wert dieser Vermögensgegenstände, der unter Zugrundelegung des Börsenwerts des Unternehmens geschätzt werden könne. Im vorliegenden Fall könne aufgrund der Kursentwicklung der Systranaktie eine eindeutige Korrelation zwischen dem Fehlverhalten der Kommission und dem Börsenwertverlust des Unternehmens und damit dem Wertverlust seiner immateriellen Vermögenswerte festgestellt werden. In dem ersten Finanzvermerk der Klägerinnen sei Herr Martin zu folgendem Ergebnis gelangt: „Die immateriellen Vermögensgegenstände von Systran können unter Zugrundelegung des Börsenkapitalisierungswerts zu Beginn des Jahres 2004 mit etwa 43 [bis] 45 Mio. Euro bewertet werden. Diese Vermögensgegenstände werden im Wesentlichen von der Software für maschinelle Übersetzungen gebildet, dem einzigen Produkt von Systran, sowie von dem damit verbundenen Know-how. Ende 2004 stellten die immateriellen Vermögensgegenstände nur noch einen Wert von 23 [bis] 24 Mio. Euro dar, wobei die Wertminderung um 20 [bis ] 21 Mio. Euro nur durch die Handlungen der Kommission erklärt werden könne …, die zur Weitergabe dieser Elemente und deren streitigen Nutzung führten.“ Die Klägerinnen machen daher an dieser Stelle geltend, die Kommission sei bezüglich des Wertverlusts der immateriellen Vermögensgegenstände zur Zahlung von 44 790 000 Euro zu verurteilen, da die genannten Vermögensgegenstände durch die Weitergabe ihren gesamten wirtschaftlichen Wert verlören. Zumindest müsse die Kommission zum Ersatz des sicheren und bereits festgestellten Schadens verurteilt werden, der in dem Verlust des Marktwerts bestehe, d. h. 21 Mio. Euro, der die Folge der Weitergabe sei.
275 In Beantwortung des ersten Finanzvermerks der Klägerinnen legt die Kommission einen Vermerk ihrer Finanzexpertin vor (Vermerk von Frau P. Tytgat, Wirtschaftsprüferin in Belgien). In Erwiderung auf die Behauptung, der zufolge „[n]ach einem Rückgang im Jahr 2004, der größtenteils auf den Verlust der Kommission [als Kundin] zurückzuführen ist, der Umsatz [von Systran] 2005 stabil [blieb], bevor er 2006 erneut zurückging“, weist die Finanzexpertin der Kommission darauf hin, dass die Kommission Kundin von Systran Luxembourg, nicht aber von Systran gewesen sei und dass die genannte Behauptung beweise, dass der Rückgang des Umsatzes von Systran nicht die Folge der angeblichen Rechtsverletzung sei. Um die Behauptung zu widerlegen, dass „der Rückgang des Börsenkapitalisierungswerts während des Jahres 2004 … nur durch die Handlungen der Kommission erklärt werden könne“ und „durch den anhaltenden Kursrückgang [der Aktie] von Systran im Jahr 2004 nach Maßgabe der Verbreitung der Nachricht von der Weitergabe der Software und des damit verbundenen Know-how durch die Kommission, während die Aktienwerte stiegen und der CAC 40 von einem monatlichen Durchschnittswert von 3 636 [Punkten] im Januar auf 3 796 [Punkte] im Dezember 2004 stieg“, weist die Finanzexpertin der Kommission darauf hin, dass die Entwicklung der Systranaktie nicht mit der des Aktienindex CAC 40 verglichen werden dürfe, sondern der des Branchenindex „Software und IT-Dienstleistungen“ der Pariser Börse gegenübergestellt werden müsse. Die Entwicklung zeige, dass die Systranaktie dem Branchenindex gefolgt sei, was beweise, dass die angebliche Rechtsverletzung nicht die Ursache des geltend gemachten Schadens sei. Außerdem hänge der Wert eines immateriellen Vermögensgegenstands von einer finanziellen Bewertung zu einem bestimmten Zeitpunkt ab, nicht aber vom Kurs der Aktie, der von einer ganzen Reihe anderer Faktoren abhänge. Die Klägerinnen machten daher zu Unrecht geltend, dass sich der Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter einer Gesellschaft automatisch und unterschiedslos nach ihrem Börsenkapitalisierungswert richte. Die Finanzexpertin der Kommission hebt auch hervor, dass die Vermögensgegenstände von Systran nicht nur aus der Software Systran bestünden. Systran bringe andere Software in den Handel und besitze eine Marke, die in Anbetracht ihrer Stellung auf dem Markt für Übersetzungssoftware ein weiterer wichtiger Teil ihres immateriellen Vermögens sei. Systran sei somit kein „Einproduktunternehmen“, und es könne nicht die Rede davon sein, dass der Wert des gesamten Geschäftsbetriebs Systran beeinträchtigt worden sei.
Zu den sonstigen Schadensbewertungen
276 Aufgrund der mündlichen Verhandlung und in Beantwortung des dritten und des vierten Fragenkomplexes, die die Fragen zur Schadensbewertung betreffen, führen die Klägerinnen die beiden Bewertungsmethoden des Art. 13 der Richtlinie 2004/48 an, d. h. die Methode der sogenannten „negativen wirtschaftlichen Auswirkungen“, die „alle in Frage kommenden Aspekte“ berücksichtigt, darunter die Gewinneinbußen und den Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände, sowie die Methode der sogenannten „pauschalen Entschädigung“, bei der der Schadensersatz als Pauschalbetrag festgesetzt wird, und zwar auf der Grundlage von Faktoren wie dem Betrag der Vergütung, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte. Den Antworten der Klägerinnen sind zwei Vermerke ihres Finanzsachverständigen beigefügt (Vermerke von Herrn Martin vom 23. April 2010 und vom 2. Juni 2010, im Folgenden: zweiter Finanzvermerk der Klägerinnen bzw. dritter Finanzvermerk der Klägerinnen).
277 Vorab beziehen sich die Klägerinnen zunächst erneut auf den Schaden, der aufgrund des Wertverlusts der immateriellen Vermögensgegenstände tatsächlich entstanden sei. Sie tragen vor, diese immateriellen Vermögensgegenstände hätten im Laufe des Jahres 2004 innerhalb von kaum zwölf Monaten nach Vergabe des Auftrags 46 % ihres Werts verloren, d. h. einen Betrag zwischen 20 und 21 Mio. Euro, während im selben Zeitraum der Wert der Börsenkapitalisierung der Branchenwerte gemäß den Daten des Index für Software und IT-Dienstleistungen der Pariser Börse um 1,5 % gestiegen sei. Nur die Weitergabe des Know-how von Systran könne einen derartigen Kursverfall ihrer Aktien erklären. Dieser Wertverlust habe sich in der Folge verstärkt und im März 2010 einen Betrag zwischen 43 und 45 Mio. Euro erreicht.
278 Die Klägerinnen tragen sodann vor, der Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände sei nach der Methode der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen und der Methode der pauschalen Entschädigung zu berücksichtigen. Der Wertverlust lasse sich auf zweierlei Weise ermitteln: durch Feststellung der zukünftigen Cashflow-Verluste, wie von Frau Tytgat, der Finanzexpertin der Kommission, in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen, oder durch Vergleich mit dem Börsenkapitalisierungswert, wie ursprünglich von Herrn Martin vorgeschlagen. Die erste Vorgehensweise sei weniger sachdienlich als die zweite, da sie auf veranschlagten und hypothetischen Faktoren beruhe. Diesem Ansatz sei jedoch Herr Martin im zweiten Finanzvermerk der Klägerinnen gefolgt, der zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sich der Schaden von Systran unter diesen Umständen auf 33,5 Mio. Euro belaufe (d. h. 18,5 Mio. Euro bezogen auf den Zeitraum 2004/2010 und 15 Mio. Euro bezogen auf die Zukunft aufgrund der für das erste Halbjahr 2010 aktualisierten Daten). In Bezug auf den zweiten Ansatz tragen die Klägerinnen vor, der Hinweis, dass andere Faktoren als das rechtswidrige Verhalten der Kommission den Verfall des Börsenkapitalisierungswerts erklären könnten, sei theoretisch relevant, jedoch im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da kein anderer Faktor den Rückgang des Börsenkapitalisierungswerts um 46 % im Jahr 2004 bei einer Zunahme des Referenzindex um 1,5 % erklären könne. Jedenfalls belaufe sich der Schaden aus dem Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände unabhängig von dem gewählten Ansatz auf mindestens 20 Mio. Euro.
279 In Beantwortung der Frage des Gerichts zu der Bewertung des Wertverlusts der immateriellen Vermögensgegenstände durch Anwendung eines Satzes von 5 % auf den seit 2004 erzielten Umsatz tragen die Klägerinnen vor, eine solche Vorgehensweise sei nur nach der Methode der pauschalen Entschädigung, nicht aber nach der Methode der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen möglich. Bei Anwendung der Methode der pauschalen Entschädigung wären dann folgende Faktoren zu berücksichtigen: der Betrag der Vergütungen, die die Kommission hätte zahlen müssen, um den Quellcode von Systran ändern zu können (d. h. 10,9 Mio. Euro bezogen auf den Zeitraum von 2004 bis zum ersten Halbjahr 2010), zuzüglich erstens eines „ergänzenden Betrags“, mit dem weitere Faktoren wie die Schwächung der Wettbewerbsstellung von Systran, der Kundenverlust und die Beeinträchtigung der Entwicklungsfähigkeit, die durch die Gewährung der oben genannten Vergütungen allein nicht ausgeglichen werden könne, in Rechnung gestellt würden – hierzu weist Herr Martin darauf hin, dass dieser ergänzende Betrag durch die Anwendung eines Prozentsatzes auf den Umsatz bestimmt werden könne, sofern der weltweite und nicht der europäische Umsatz berücksichtigt werde, der Umsatz von 2003 als Berechnungsgrundlage herangezogen und ein Satz von 10 % statt von 5 % angewandt werde –, und zuzüglich zweitens eines zukünftigen Schadens, den Herr Martin mit 15 Mio. Euro bewerte.
280 Die Kommission bestreitet zunächst, dass der von der Systran-Gruppe erlittene Schaden tatsächlich entstanden sei, da er nicht hinreichend unmittelbar Folge des der Kommission zur Last gelegten Verhaltens sei. Unter Berufung auf ihre Rechte an den Wörterbüchern behauptet die Kommission, sie dürfe die an Gosselies vergebenen Arbeiten ohne Zustimmung der Systran-Gruppe durchführen lassen. Auch seien die Arbeitnehmer von Gosselies Arbeitnehmer von Systran Luxembourg gewesen und hätten somit Kenntnis von dem Know-how gehabt, dessen Weitergabe behauptet werde. Den Antworten der Kommission waren zwei Vermerke ihrer Finanzexpertin beigefügt (Vermerke von Frau Tytgat vom 3. Mai 2010 und vom 10. Juni 2010, im Folgenden: zweiter bzw. dritter Finanzvermerk der Kommission).
281 In Beantwortung der Frage des Gerichts zu der Bewertung eines Teils des erlittenen Schadens durch Anwendung eines Satzes von 5 % auf den seit 2004 erzielten Umsatz verweist die Kommission auf die Analyse von Frau Tytgat, wonach „die Bezugnahme auf 5 % des von Systran seit 2004 erzielten Umsatzes nicht relevant ist“. Frau Tytgat betont, dass kein tatsächlicher Anhaltspunkt den Schluss erlaube, dass der Wert des Geschäftsbetriebs von Systran seit 2004 beeinträchtigt worden sein könne. Indem Systran sich nicht an der Ausschreibung der Kommission im Jahr 2004 beteiligt habe, habe sie sich „in Bezug auf eine ihrer Tätigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt schlecht positioniert“. In der komplexen Matrix der Tätigkeiten, Kosten, Margen und Umsätze von Systran sei es nicht möglich, die finanziellen Auswirkungen einer bestimmten Handlung genau, sicher und nachweisbar festzustellen, wie es auch nicht möglich sei, einen Schaden anhand des Verfalls des Börsenkapitalisierungswerts zu bewerten. Ferner könnten seit 2005 verschiedene Faktoren den Wert der Systran-Gruppe beeinträchtigen. Die einzige Art der Bewertung eines etwaigen Schadens bestehe in der Bezugnahme auf den „durch das verlorene Anlagevermögen unmittelbar verursachten Cashflow-Verlust“, ausgehend von einem Ansatz, der von unten, „d. h. [den] Verträgen, [den] Kostenstellen, von einer Einnahmen schaffenden Einheit“, nicht aber von oben ausgehe, „d. h. von Gesamtumsätzen aller Produkte, aller Verträge, aller Länder mit nicht belegten Pauschalkoeffizienten“. Außerdem umfasse die Tätigkeit von Systran „viele Produkte, viele Segmente, viele Gebiete, viele Portale und folglich viele Kunden“. Ausweislich des Jahresberichts 2008 gingen die zyklisch verlaufenden Tätigkeiten der Software-Herausgabe von Systran zurück, da die Version 6 der Software Systran fast veraltet sei und allgemein die Version 7 erwartet werde. Die von Frau Tytgat angeführte mehrdimensionale Matrix und die Kurzlebigkeit bestimmter Produkte, die Systran vertreibe, führten zur Volatilität bestimmter Umsatzkomponenten und machten daher eine Bezugnahme auf den Umsatz riskant. Schließlich stamme der Umsatz von Systran hauptsächlich von den großen Internetanbietern, womit der Nachweis erbracht werde, dass ein Schaden nicht eingetreten sei, da diese Kunden weiterhin existierten.
b) Würdigung durch das Gericht
282 Im vorliegenden Fall verlangen die Klägerinnen Ersatz des materiellen Schadens in Höhe von 46 804 000 Euro, der Systran durch das Verhalten der Kommission entstanden sein soll, nämlich 2 014 000 Euro für die Wertminderung der Aktien von Systran Luxembourg und 44 790 000 Euro für den Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände einschließlich der bereits festgestellten Verluste von 21 Mio. Euro.
Zur Wertminderung der Aktien von Systran Luxembourg
283 Was den Schaden im Zusammenhang mit der Wertminderung der Aktien von Systran Luxembourg infolge der Einstellung der Tätigkeit von Systran Luxembourg angeht, kann Systran hierfür keinen Schadensersatz verlangen, da die Ursache für die Einstellung der Tätigkeit von Systran Luxembourg nach dem Vortrag der Klägerinnen in einem Manöver der Kommission liegt, mit dem Systran Luxembourg dazu gebracht werden sollte, ihren Arbeitnehmern zu kündigen (siehe oben, Randnr. 265). Ein solches Manöver steht selbst dann, wenn es nachgewiesen wäre, in keinem Zusammenhang mit den Urheberrechten und dem Know-how von Systran an Systran Unix, deren Verletzung die hier bejahte Rechtswidrigkeit begründet. Sollte ferner das Manöver darin bestehen, dass der streitige Auftrag einer anderen Gesellschaft erteilt wurde, könnte der aus diesem Grund geltend gemachte Schaden nicht unmittelbar der Kommission zugerechnet werden, da sich Systran Luxembourg nicht an der streitigen Ausschreibung, die zur Erteilung des Zuschlags an die Gesellschaft Gosselies führte, beteiligt hatte.
284 Mangels Kausalzusammenhangs zwischen dem der Kommission zur Last gelegten Verhalten und dem behaupteten Schaden ist der Antrag von Systran auf Ersatz der Verluste, die im Zusammenhang mit der Wertminderung der Aktien von Systran Luxembourg stehen, zurückzuweisen.
Zum Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände
285 Was den Schaden im Zusammenhang mit dem Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände von Systran angeht, steht den Klägerinnen ein Schadensanspruch zu, wenn der Schaden, für den Ersatz begehrt wird, tatsächlich entstanden und sicher ist und ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Kommission und dem Schaden besteht.
– Zu der von den Klägerinnen vorgeschlagenen ursprünglichen Bewertung
286 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Bewertung, die die Klägerinnen ursprünglich für die Beurteilung des Wertverlusts der immateriellen Vermögensgegenstände vorgeschlagen haben, nicht gefolgt werden kann. Diese Bewertung beruht nämlich auf dem Vergleich des Börsenwerts von Systran mit einem Index, der sich aus den 40 größten an der Pariser Börse notierten Unternehmen zusammensetzt (CAC 40) (siehe oben, Randnr. 274 und den ersten Finanzvermerk der Klägerinnen). Im vorliegenden Fall ist dieser Vergleich nicht aussagekräftig, da er zu allgemein ist, um den Schaden, der durch das der Kommission zur Last gelegte Verhalten verursacht wurde, ausreichend bestimmen zu können.
287 Wie die Finanzexpertin der Kommission zu Recht ausgeführt hat, lässt sich der Verfall des Börsenkapitalisierungswerts möglicherweise mit einer Vielzahl von Faktoren und nicht allein mit dem Verhalten der Kommission erklären.
288 Zwar hat der Finanzexperte der Klägerinnen in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass nach seiner Ansicht nur die pflichtwidrige Weitergabe des Know-how von Systran den im Lauf des Jahres 2004 eingetretenen Kursverfall der Aktie erklären könne, der auch dann erheblich wäre, wenn er mit einem einschlägigen Branchenindex der Pariser Börse, dem sogenannten Index für „Software und IT-Dienstleistungen“, statt mit dem Index CAC 40 verglichen werde.
289 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist jedoch nicht hinreichend bewiesen, dass sich der anhaltende Kursrückgang der Systranaktie im Jahr 2004 in dem Maße ergab, wie die Nachricht von der Weitergabe der Software und des damit verbundenen Know-how durch die Kommission Verbreitung fand. Aus den Akten geht hervor, dass sich diese Nachricht eher 2005 verbreitete, mit Sicherheit aber 2006 bekannt war. So wurde die Beschwerde gegen die Kommission am 28. Juli 2005 beim Europäischen Bürgerbeauftragten eingelegt, und dieser teilte die Ergebnisse seiner Untersuchung am 28. September 2006 mit. Ferner weist Frau Tytgat in dem zweiten Finanzvermerk der Kommission zunächst darauf hin, dass „kein tatsächlicher Anhaltspunkt den Schluss erlaubt, dass der Wert des Geschäftsbetriebs … von Systran seit 2004 beeinträchtigt sein konnte (vgl. Web-Seite und andere Stellungnahmen)“, und stellt sodann fest: „Außerdem ist z. B. bekannt, dass die Bekanntgabe des Rechtsstreits durch Systran sofort mit der Pressemitteilung vom 18. Oktober 2006 um 6:48 Uhr und dem Jahresbericht 2006 negative Auswirkungen auf den Wert der Gruppe hatte.“ Der Jahresbericht 2005 (siehe oben, Randnr. 270) enthält keinen Hinweis auf diesen Rechtsstreit. Auch stammen die verschiedenen Presseartikel, die der Klageschrift beigefügt worden sind, um die Berichterstattung über den vorliegenden Fall zu verdeutlichen, sämtlich aus den Jahren 2005 oder 2006.
290 Nach den von den Parteien vorgelegten Daten lässt sich daher nicht ausschließen, dass der Kurs der Systranaktie in dem betreffenden Zeitraum von zahlreichen Faktoren abhing, die ihn beeinflussen konnten, weshalb die Klägerinnen sich nicht auf den gesamten Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände von Systran berufen können, den sie mit einem Betrag von 43 bis 45 Mio. Euro bewertet haben.
– Zum tatsächlichen Eintritt des Systran entstandenen Schadens und zum ursächlichen Zusammenhang zwischen diesem Schaden und dem Verhalten der Kommission
291 Ungeachtet dieser nicht ausreichend genauen ursprünglichen Bewertung kann das Gericht gleichwohl nicht darüber hinwegsehen, dass die Systran-Gruppe einen tatsächlichen und sicheren Schaden erlitten hat, der hinreichend unmittelbar auf das der Kommission vorgeworfene Verhalten zurückzuführen ist.
292 In Beantwortung des zweiten Fragenkomplexes, der insbesondere darauf abzielte, die Auswirkungen des Verhaltens der Kommission auf die Tätigkeiten der Systran-Gruppe anders als im Rahmen eines Vergleichs mit dem Börsenwert von Systran zu beurteilen, haben die Klägerinnen eine ganze Reihe von Informationen vorgelegt, um den Wertverlust des Know-how von Systran als Folge seiner Weitergabe durch die Kommission zu verdeutlichen.
293 Erstens haben die Klägerinnen zwei Erklärungen ihrer Händler vorgelegt, in denen dargelegt wird, in welchem Umfang das Verhalten der Kommission bei und nach der Erteilung des streitigen Auftrags die Systran-Gruppe in ihrer Geschäftstätigkeit konkret geschädigt habe. Dieser Schaden konkretisiere sich darin, dass potenzielle Kunden verloren gingen und die Gespräche mit den derzeitigen Kunden erschwert würden, die nicht verstünden, weshalb sie für eine Leistung bezahlen sollten, die für die Kommission keinen Wert habe (vgl. die namens der beiden Händler als Anlagen zur Antwort der Klägerinnen zum zweiten Fragenkomplex vorgelegten Erklärungen).
294 Entgegen der Behauptung der Kommission (siehe oben, Randnr. 271) verdeutlichen diese Erklärungen den völlig plausiblen Umstand, dass ein Rechtsstreit zwischen einem Unternehmen, das eine von ihm als Urheber entwickelte Software vermarktet, und einem seiner institutionellen Kunden, der behauptet, er dürfe einen Dritten mit EDV-Arbeiten an einer aus der älteren Software abgeleiteten Software beauftragen, ohne die Erlaubnis des Urhebers des ursprünglichen Werks einholen zu müssen, die Geschäftsbeziehungen dieses Unternehmens mit seinen gegenwärtigen und potenziellen Kunden erschwert. Insoweit kann die Kommission Systran, einer börsennotierten Gesellschaft, keinen Vorwurf daraus machen, dass sie gemäß ihren Verpflichtungen öffentlich bekannt gab, dass zwischen ihnen ein Rechtsstreit über das geistige Eigentum an der von ihr vermarkteten Software anhängig ist. Auch ist der Umstand, dass die Kommission keine Software vermarktet, ohne Bedeutung für den Umstand, dass sich die Kunden der Systran-Gruppe aufgrund des Verhaltens der Kommission Fragen zu dem genauen Umfang der Rechte stellen, die Systran an der von ihr vermarkteten Software besitzt. Nichts deutet daher darauf hin, dass die von den Klägerinnen vorgelegten Erklärungen wegen ihres vermeintlichen Gefälligkeitscharakters unberücksichtigt bleiben müssen. Die Erklärungen sind im Gegenteil ein Beleg für die spezifischen Auswirkungen des Verhaltens der Kommission auf die Geschäftstätigkeit von Systran.
295 Zweitens haben die Klägerinnen mehrere Erklärungen oder Aussagen von Finanzunternehmen vorgelegt, die belegen, dass das Verhalten der Kommission die Attraktivität von Systran bei ihren Aktionären, bei den gegenwärtigen oder potenziellen Investoren oder auch bei den Unternehmenskäufern vermindert hat (vgl. die Dokumente, die namens mehrerer Investmentgesellschaften und einer Bank als Anlagen zur Antwort der Klägerinnen zum zweiten Fragenkomplex vorgelegt worden sind).
296 Entgegen dem Vorbringen der Kommission (siehe oben, Randnr. 271) belegen diese Aussagen und Erklärungen hinreichend die Reaktionen mehrerer Investoren bei der Überlegung, ihre Beteiligung an einer Gesellschaft, die eine Software vermarktet, deren Rechte von der Kommission in Frage gestellt werden, zu behalten, in sie zu investieren oder sie zu kaufen. Eine Reihe von Investoren lehnte es daher ab, in Systran zu investieren. Ein anderer Investor entschied sich, eine bedeutende Beteiligung mit Verlust zu verkaufen, und erklärte hierbei ausdrücklich, dass „der Rechtsstreit zwischen Systran und der Kommission, vor allem aber der Umstand, dass die Kommission … die Rechte und das Know-how von Systran bestreitet, die Gesellschaft in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung behindert und folglich den Investoren die Visibilität für die Aktie nimmt“. Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission nicht irgendein Kunde, sondern ein institutioneller Kunde ist, der über einen besonders umfangreichen juristischen Dienst und über bedeutende Kompetenzen im Bereich des geistigen Eigentums verfügt. Die Art des Rechtsstreits ist ebenfalls zu berücksichtigen, da dieser Rechtsstreit nicht einfach handelsrechtlicher Art ist, sondern die Urheberrechte und das Know-how von Systran bezüglich der Software betrifft, die ihren Namen trägt und den wichtigsten Aktivposten für dieses Unternehmen darstellt, dessen gesamte Tätigkeit sich um die Entwicklung und die Vermarktung ihrer Software für maschinelle Übersetzungen Systran dreht.
297 Insoweit kann der Argumentation der Kommission, wonach die Ursache für Systrans Schwierigkeiten im Veralten der verschiedenen Versionen der Software Systran liege, nicht gefolgt werden. Wie die Klägerinnen in Beantwortung des vierten Fragenkomplexes ausführen, berührt die Vermarktung einer neuen Softwareversion nicht die Rechte des geistigen Eigentums des Urhebers an der vorhergehenden Version, die einen wirtschaftlichen Wert behält. Die Systran-Gruppe zieht bei ihren Kunden durch die Wartung, den Verkauf von ergänzenden Lizenzen für neue Sprachenpaare und andere Server, den Verkauf von damit verbundenen Dienstleistungen oder von Integrationsvereinbarungen mit anderen Softwareentwicklern weiterhin Nutzen aus den vorhergehenden Versionen. Die Klägerinnen führen ferner überzeugend aus, dass die Version EC-Systran Unix, die der Version Systran Unix 4 entspreche, dieselbe Architektur wie die folgenden Versionen (d. h. die Versionen 5 bis 7) habe. Alle diese Versionen hätten einen gemeinsamen Quellcode und beruhten auf derselben Software, nämlich der Software Systran in der Version Unix. Die verschiedenen Versionen unterschieden sich nicht durch ihre Architektur, sondern durch die Addition neuer Funktionalitäten, durch die Verbesserung der Übersetzungsalgorithmen und durch die Anreicherung der linguistischen Ressourcen.
298 Drittens haben die Klägerinnen vorgetragen, dass der Wertverlust der Rechte des geistigen Eigentums von Systran, der im Zusammenhang mit dem Verhalten der Kommission stehe, im Lauf der Zeit zunehme. Am 31. Dezember 2008 habe Systran eine größere Rückstellung für die Wertminderung ihrer immateriellen Vermögensgegenstände bilden müssen „angesichts des erheblichen Schadens, der durch die Verletzung ihrer Rechte des geistigen Eigentums und die Weitergabe ihres Know-how durch die Kommission, die 2008 eingetretenen Schwierigkeiten und die derzeit ungewöhnlich volatilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verursacht worden sei“ (vgl. Bescheinigung der Rechnungsprüfer von Systran vom 13. Oktober 2009). Das Verhalten der Kommission rechtfertige somit zumindest teilweise diese Rückstellung.
299 Die genannte Bescheinigung erlaubt die Feststellung, dass die für 2008 vorgenommene Rückstellung in Höhe von 11,6 Mio. Euro für die Wertminderung der immateriellen Vermögensgegenstände mit den drei in der Bestätigung angeführten Gründen zusammenhängt, wobei der erste der Rechtsstreit mit der Kommission ist. Entgegen den Ausführungen der Kommission (siehe oben, Randnr. 271), die einen anderen in dieser Bescheinigung angeführten Grund hervorhebt, nämlich die ungewöhnliche Finanzkrise, die 2008 begann, kann insoweit nicht ausgeschlossen werden, dass ein Rechtsstreit über die Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums und die pflichtwidrige Weitergabe des Know-how von Systran geeignet ist, die Beurteilung der immateriellen Vermögensgegenstände von Systran zu beeinflussen.
300 Das Verhalten der Kommission im vorliegenden Fall steht daher in einem hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit dem von Systran erlittenen Schaden, und zwar zunächst in geschäftlicher Hinsicht, weil potenzielle Kunden verloren gehen und die Gespräche mit den gegenwärtigen Kunden erschwert werden, sodann in finanzieller Hinsicht, weil die Attraktivität von Systran bei den Aktionären, Investoren oder eventuellen Unternehmenskäufern nachlässt, und schließlich, weil Systran zum Ende des Jahres 2008 einen Teil der Rückstellung in Höhe von 11,6 Mio. Euro für die Wertminderung ihrer immateriellen Vermögensgegenstände infolge des der Kommission zur Last gelegten Verhaltens vornehmen muss. Dieser durch das Verhalten der Kommission verursachte Schaden ist tatsächlich entstanden und sicher, wie sich aus den von den Klägerinnen insoweit vorgelegten Dokumenten ergibt, auch wenn er nicht genau beziffert werden konnte. Die Frage des immateriellen Schadens wird nachfolgend in den Randnrn. 324 f. geprüft.
– Zur pauschalen Bewertung des Schadens
301 In diesem Zusammenhang sind die Parteien aufgefordert worden, sich zu der Methode zu äußern, nach der die Höhe des tatsächlichen und sicheren Schadens bewertet werden kann, der dem Verhalten der Kommission im vorliegenden Fall hinreichend unmittelbar zuzurechnen ist.
302 In Beantwortung des dritten Fragenkomplexes haben sich die Klägerinnen auf Art. 13 der Richtlinie 2004/48 berufen, in dem es u. a. heißt:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag der geschädigten Partei anordnen, dass der Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Verletzungshandlung vornahm, dem Rechtsinhaber zum Ausgleich des von diesem wegen der Rechtsverletzung erlittenen tatsächlichen Schadens angemessenen Schadensersatz zu leisten hat.
Bei der Festsetzung des Schadensersatzes verfahren die Gerichte wie folgt:
a) Sie berücksichtigen alle in Frage kommenden Aspekte, wie die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, einschließlich der Gewinneinbußen für die geschädigte Partei und der zu Unrecht erzielten Gewinne des Verletzers, sowie in geeigneten Fällen auch andere als die rein wirtschaftlichen Faktoren, wie den immateriellen Schaden für den Rechtsinhaber,
oder
b) sie können stattdessen in geeigneten Fällen den Schadensersatz als Pauschalbetrag festsetzen, und zwar auf der Grundlage von Faktoren wie mindestens dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte.
…“
303 Die Anwendung der Methode der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen bereitet im vorliegenden Fall erhebliche Schwierigkeiten, da die Finanzexpertin der Kommission systematisch allen Bewertungsversuchen des Finanzexperten der Klägerinnen entgegentritt. Frau Tytgat beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Kritik der Bewertungen und der Kriterien, die Herr Martin zur Bewertung der verschiedenen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für Systran, vor allem des entgangenen Gewinns, verwendet, ohne jedoch eine Parallelbewertung vorzunehmen.
304 Wenn z. B. Herr Martin versucht, den Schaden im Zusammenhang mit dem Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände unter Bezugnahme auf die von Frau Tytgat in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagene Methode zu bewerten, nämlich Berücksichtigung des Verlusts von zukünftigem Cashflow, der unmittelbar mit diesen Vermögensgegenständen erwirtschaftet wird, wird ihm vorgeworfen, er verwende Daten aus einer Finanzanalyse eines Analysedienstes, deren „Korrelationsgenauigkeit“ nicht belegt sei (dritter Finanzvermerk der Kommission, S. 4). Es werden jedoch konkret keine alternativen Kriterien angeboten, obwohl Herr Martin erklärt hatte, dass die genannte Finanzanalyse, die von einem unabhängigen Analysedienst gefertigt worden sei, anlässlich des Vorhabens der Emission von Obligationen im Nennwert von 7 Mio. Euro mit Zeichnungsscheinen erstellt worden sei, das Systran Anfang des Jahres 2004 erfolglos umzusetzen versucht habe, was ohne Weiteres dem zu berücksichtigenden Zeitraum entspreche (zweiter Finanzvermerk der Klägerinnen, Fn. 2, und Anlage zu diesem Vermerk).
305 Wenn desgleichen die Klägerinnen, ohne dass ihnen die Kommission ernsthaft widersprochen hätte, darauf hinweisen, dass zum einen die Urheberrechte von Systran an der Version Systran Unix der Software Systran das Herzstück der Tätigkeit dieses Unternehmens bildeten und dass zum anderen die Weigerung der Kommission, diese Rechte zu beachten, Auswirkungen auf den Umsatz des genannten Unternehmens und seine Entwicklung haben könne, fordert Frau Tytgat weiter eine ausführliche und dokumentierte Bewertung, die von unten ausgeht, „d. h. von einem Vertrag, einer Kostenstelle, von einer Einnahmen schaffenden Einheit“, um eine behauptete Vielzahl von Produkten, die Systran verkaufe, oder Tätigkeiten von Systran einzubeziehen, die sich indes sämtlich als der Entwicklung und der Vermarktung der Software Systran zugehörig erweisen (zweiter Finanzvermerk der Kommission, S. 8). Wenn hingegen Herr Martin den Schaden mit Rücksicht auf den wirtschaftlichen Wert zu bewerten versucht, den speziell der von der Kommission an Gosselies vergebene Auftrag hat und der einem auf 30 % des tatsächlich erzielten Umsatzes geschätzten Reingewinn entspricht, was unter dem tatsächlichen Gewinn läge, den die Systran-Gruppe bei dieser Art von Auftrag ausweislich der von den Klägerinnen zur Verfügung gestellten Daten erzielt (Antwort der Klägerinnen zum vierten Fragenkomplex, Randnr. 12), beanstandet Frau Tytgat diese Beurteilung mit der Begründung, dass „der Vorschlag, den Reingewinn anhand eines pauschalen Anteils an dem Umsatz eines einzigen Geschäftsvorgangs zu ermitteln, … strengen Anforderungen nicht gerecht [wird, da ein] Pauschalbetrag … nur anhand einer Auswahl beweiskräftiger und sich über längere Zeit erstreckender Daten anerkannt werden [kann]“ (zweiter Finanzvermerk der Kommission, S. 3, und dritter Finanzvermerk der Kommission, S. 5). Folgte man den Ausführungen der Finanzexpertin der Kommission, wäre es nahezu unmöglich, den Schaden, der Systran durch das Verhalten der Kommission entstanden ist, zu bewerten, weil hierfür erschöpfende oder hinreichend genaue Daten fehlen, und zwar unabhängig von dem für die Bewertung verwendeten Kriterium.
306 Angesichts der Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Kriterien, die zur Beurteilung der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für Systran anzuwenden sind, ist vorliegend nach der Methode der pauschalen Entschädigung der Schadensersatz als Pauschalbetrag festzusetzen, und zwar auf der Grundlage von Faktoren wie zumindest dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte. Nach dieser Methode sind die nachfolgend dargelegten Faktoren zu berücksichtigen.
307 Der erste zu berücksichtigende Faktor ist der Betrag der Vergütung, den der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er von Systran die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte, um die Arbeiten bezüglich der in der Ausschreibung genannten Verbesserungen, Anpassungen und Zusätze zu den Sprachroutinen durchzuführen, für die der Zugriff auf die in die Version EC-Systran Unix übernommenen Elemente der Version Systran Unix und deren Änderung erforderlich sind.
308 Aus den Gründen, die die Klägerinnen in ihren Antworten zum dritten und zum vierten Fragenkomplex überzeugend dargelegt haben, hat sich der Pauschalbetrag angesichts der Art der genannten Arbeiten nach der Vergütung einer Lizenz, die den Inhaber zur Änderung des Quellcodes der Software berechtigt, nicht aber nach der Vergütung einer Lizenz zur Nutzung der Software zu richten. Eine solche Lizenz zur Änderung des Quellcodes ist ungewöhnlich, da sie nicht dem traditionellen Geschäftsmodell der Softwareentwickler entspricht. Sie nimmt dem Softwareentwickler nämlich die Möglichkeit, dem Inhaber der Änderungslizenz Lizenzen für neue Softwareversionen zu verkaufen, aber auch Dienstleistungen, die normalerweise ausschließlich der Softwareentwickler an der Software vornehmen darf. Darüber hinaus kann eine solche Lizenz das Know-how des Softwareentwicklers gefährden, da sie dazu führen kann, dass der Quellcode an einen Dritten weitergegeben wird. Der Verkauf einer Lizenz zur Änderung des Quellcodes, mit der der Inhaber das Recht erwirbt, die Software selbst weiterzuentwickeln, bedeutet letzten Endes einen Verzicht auf die zukünftigen Einkünfte aus den Nutzungslizenzen, die mit der Software erzielt werden können.
309 In diesem Rahmen ist der theoretische Betrag für eine solche Lizenz zur Änderung des Quellcodes aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu ermitteln, die der Finanzexperte der Klägerinnen in der Antwort zum dritten Fragenkomplex vorgeschlagen hat. Diese Betrachtungsweise geht bei der Bestimmung des theoretischen Preises für eine Lizenz zur Änderung des Quellcodes vom Preis einer Jahreslizenz für die Nutzung der Software Systran durch die Kommission aus.
310 Der Finanzexperte der Klägerinnen, Herr Martin, bewertet den Preis einer Jahreslizenz für die Nutzung der Software Systran durch die Kommission mit 760 000 Euro. Dieser Preis wurde ermittelt zum einen anhand des Preises, den ein weltweit tätiges Unternehmen für Internetdienste jährlich für das Recht zur Nutzung der Software Systran zahlt, zum anderen anhand des Preises, den in der Vergangenheit zwei andere weltweit tätige amerikanische Unternehmen jährlich zahlten, von denen eines eine Internetsuchmaschine betreibt und das andere auf die Entwicklung von Software spezialisiert ist, sowie schließlich anhand des Preises von ungefähr 1,3 Mio. Euro, den eine nationale Verwaltung, die mindestens ebenso groß ist wie die Kommission, für eine bloße Aktualisierung zahlt, aufgrund deren die Version 7 der genannten Software genutzt werden kann, wobei die genannte Verwaltung ebenso wie die Kommission bereits im Besitz einer unbefristeten Nutzungslizenz ist, die kein Recht zur Änderung umfasst.
311 Diese Bezugnahme von Herrn Martin auf private Unternehmen wird von der Finanzexpertin der Kommission, Frau Tytgat, mit der Begründung beanstandet, dass es sich um ungeeignete Beispiele handele, die mit den für die Kommission geltenden Tarifen nicht vergleichbar seien. Die herangezogenen Lizenzen seien nämlich Lizenzen mit Auswirkungen im geschäftlichen, nicht im privaten Bereich. Die Kommission nutze die Software Systran nicht zur Verbesserung ihres kommerziellen Angebots für die breite Öffentlichkeit, sondern um es Hunderten von Beamten zur Verfügung zu stellen. Der Wert, der als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Preises einer Lizenz zur Änderung des Quellcodes genommen worden sei, sei daher unzutreffend, und die weiteren Ausführungen gingen fehl.
312 Die Kommission ist der Auffassung, der Finanzexperte der Klägerinnen hätte von einem Preis von etwa 15 000 Euro ausgehen müssen, der dem Preis einer für die Verwaltung bestimmten Lizenz zur nicht kommerziellen Nutzung entspreche; ein Beispiel hierfür sei der Preis, den ein Softwarehändler dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) für eine Jahreslizenz an der Software Systran Enterprise Server 7, Standard Edition angeboten habe (d. h. etwa 15 000 Euro für die Nutzung der Software durch 2 500 Nutzer und etwa 15 000 Euro für das „English World Pack“, bestehend aus mehreren Sprachen, nämlich Englisch, Arabisch, Chinesisch, Niederländisch, Französisch, Deutsch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch und Schwedisch). Die Kommission verweist in ihrer Antwort zum dritten und zum vierten Fragenkomplex auch auf die Preisspanne zwischen 15 000 (bis zu 100 Nutzern) und mindestens 150 000 Euro (für eine unbestimmte Anzahl von Nutzern und für die komplexen Bedürfnisse der Großunternehmen mit Integrationsbedarf), die für die verschiedenen Arten von Nutzungslizenz für die Software Systran Enterprise Server 6 (Workgroup Edition, Standard Edition und Global Edition) in einer Pressemitteilung von Systran in Betracht gezogen wird.
313 Zunächst ist festzustellen, dass zwischen den Finanzexperten der Parteien nicht streitig ist, dass der Preis einer Jahreslizenz für die Nutzung der Software Systran durch die Kommission als Ausgangspunkt für die Bestimmung des theoretischen Preises einer Lizenz zur Änderung des Quellcodes der Software genommen werden kann, dass sie aber unterschiedlicher Meinung über den Wert sind, der einer solchen Lizenz beizumessen ist. Im Vergleich dazu ist insoweit darauf hinzuweisen, dass die Kommission in ihrer Antwort zum dritten und zum vierten Fragenkomplex erklärt, dass an die Gesellschaft Gosselies 1 925 280 Euro für die Ausführung der ihr übertragenen Arbeiten gezahlt worden seien, die sich über drei Jahre, von 2004 bis 2006, erstreckt hätten. Die Gesellschaft Gosselies habe daher durchschnittlich 641 760 Euro pro Jahr für die Ausführung der an sie vergebenen Arbeiten erhalten.
314 Was die Beanstandungen der Kommission in Bezug auf den Preis der verschiedenen Nutzungslizenzen angeht, den die von dem Finanzexperten der Klägerinnen angeführten drei weltweit tätigen Unternehmen jährlich zahlen (siehe oben, Randnr. 310), so lässt sich aufgrund der Prüfung der Rechnungsunterlagen bezüglich der Systran-Gruppe feststellen, dass die Einkünfte von Systran im Wesentlichen von diesen Großkunden stammen. In dem Referenzdokument für das Jahr 2008, das am 29. April 2009 bei der französischen Finanzmarktbehörde einging, wird festgestellt, dass 2004 die fünf stärksten Kunden der Systran-Gruppe 60,9 % des Umsatzes dieser Gruppe darstellten und der erst- und der zweitstärkste Kunde jeweils genau denselben Betrag beisteuerte (nämlich einen Anteil von 14,8 %) und dass 2008 42,3 % des Umsatzes der Systran-Gruppe auf die fünf stärksten Kunden und 10,9 % des Umsatzes von 7,6 Mio. Euro auf den stärksten Kunden entfielen, also etwas mehr als 760 000 Euro. Dieser Umstand kann somit als Faktor geltend gemacht werden, der für die Ermittlung des Preises einer Jahresnutzungslizenz zu berücksichtigen ist. Es handelt sich insoweit gewissermaßen um eine Obergrenze.
315 Des Weiteren ist festzustellen, dass die Systran-Gruppe entgegen den Ausführungen der Kommission, die sich insoweit auf Dokumente der Systran-Gruppe stützt, die sich auf Lizenzen zur Nutzung der Software Systran Enterprise Server in der Version 6 oder 7 beziehen, keine Software zu besonderen Preisen für Verwaltungen vertreibt oder vertreiben lässt. Wie auch die Kommission einräumt, wird die Preispolitik der Systran-Gruppe im Hinblick auf Lizenzen zur Nutzung ihrer Software im Wesentlichen von der verkauften Auflage bestimmt. Vergleicht man z. B. die von der Kommission zur Verfügung gestellten Daten bezüglich der Version 6 und 7 der Software Systran Enterprise Server, so ist die billigste Ausgabe dieser Software, die sogenannte „Workgroup Edition“, die auf nur einem Produktionsserver mit dem Betriebssystem Windows von bis zu 100 Personen genutzt werden kann, ab 15 000 Euro erhältlich, die mittlere Ausgabe, die sogenannte „Standard Edition“, die auf zwei Produktionsservern mit den Betriebssystemen Windows und Linux von bis zu 2 500 Personen genutzt werden kann, ist ab 30 000 Euro erhältlich und die weitestentwickelte Ausgabe, die sogenannte „Global Edition“, die auf unbeschränkt vielen Produktionsservern mit den Betriebssystemen Windows, Linux und Solaris von unbeschränkt vielen Nutzern genutzt werden kann, ist ab 150 000 Euro erhältlich. In ihrer Stellungnahme zu den Ausführungen der Kommission, wonach der Preis einer Nutzungslizenz den Betrag von 150 000 Euro nicht übersteigen könne, betonen die Klägerinnen, dass der Preis, der aufgrund der Pressemitteilung der Systran-Gruppe bezüglich der Version 6 der Software Systran Enterprise Server genannt werde, eindeutig darauf hinweise, dass es sich um einen Mindestpreis handele, wie sich an dem Wort „ab“ zeige. Nach den Ausführungen der Klägerinnen handelt es sich vorliegend um einen Ausgangspreis für nur ein Sprachenpaar und einen Server.
316 In Anbetracht dieses unterschiedlichen Vorbringens und der zu seiner Begründung angeführten Dokumente ist der Betrag einer hypothetischen Jahreslizenz für die Nutzung der Software Systran durch die Kommission, die als Ausgangspunkt für die Berechnung des Preises einer Jahreslizenz für die Änderung des Quellcodes benutzt wird, auf 450 000 Euro festzusetzen. Der vom Finanzexperten der Klägerinnen vorgeschlagene Betrag ist zu hoch, da, selbst wenn die von der Kommission genutzte Version mehr als 2 500 Nutzern angeboten wird, diese Zahl weitaus niedriger als die Zahl der Nutzer innerhalb der vom Finanzexperten der Klägerinnen angeführten drei weltweit tätigen Unternehmen ist, mit denen wahrscheinlich die drei wichtigsten von der Systran-Gruppe unterzeichneten Verträge bestehen. Der von der Kommission vorgeschlagene Betrag ist zu niedrig, da der Betrag von 150 000 Euro einem Ausgangspreis für die von der Kommission gewünschte Lösung entspricht und, wie die Klägerinnen ausgeführt haben, ohne dass insoweit die Kommission widersprochen hätte, eine nationale Verwaltung, die mindestens so bedeutend ist wie die Kommission, für die Aktualisierung der von ihr genutzten Version der Software Systran einen Betrag gezahlt hat, der 1,3 Mio. Euro entspricht.
317 Aufgrund dieses Ausgangsbetrags von 450 000 Euro ist der Betrag der Vergütungen zu bestimmen, den der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er von Systran die Erlaubnis zur Nutzung der entsprechenden Rechte des geistigen Eigentums eingeholt hätte, um die in der Ausschreibung genannten Arbeiten auszuführen. Unter Anwendung der vom Finanzexperten der Klägerinnen vorgeschlagenen Berechnungsmethode, die von der Kommission nicht ernsthaft in Frage gestellt wird (siehe unten, Randnr. 319), kann der Betrag der Jahresvergütung für die Änderung des Quellcodes auf den zweifachen Betrag einer jährlichen Nutzungslizenz festgesetzt werden, nämlich auf 900 000 Euro, wobei das Gericht ebenso wie der Finanzexperte der Klägerinnen den Umstand berücksichtigt, dass die Kommission bereits über ein Nutzungsrecht an dieser Software verfügte und die Software nicht von der breiten Öffentlichkeit genutzt wird.
318 Für die Jahre 2004 bis 2010 kann somit der Betrag der Jahresvergütungen für die Änderung des Quellcodes auf 7 Mio. Euro festgesetzt werden (nämlich 0,9 Mio. Euro als Jahresvergütung für die Änderung des Quellcodes multipliziert mit 7,76, dem Gegenwartwertsfaktor, der vom Finanzexperten der Klägerinnen unter Berücksichtigung des risikolosen Zinssatzes von 4 % für den Zeitraum 2004 bis 2010 errechnet wurde, also insgesamt 6 984 000 Euro, aufgerundet auf 7 Mio. Euro).
319 Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission die vom Finanzexperten der Klägerinnen vorgeschlagene und vom Gericht übernommene Methodologie nicht wirklich in Frage stellt. Sie beschränkt sich in diesem Punkt darauf, die Ausführungen ihrer Finanzexpertin wiederzugeben, die in Beantwortung des vierten Fragenkomplexes nur erklärt, dass der Finanzexperte „die Kapitalisierung vornimmt, statt den Gegenwartswert für abgeschlossene Zeiträume zu berechnen“, und „die anerkannteste Finanzlehre empfiehlt, die Beobachtungszeiträume in verschiedene Horizonte mit besonderen Parametern aufzuspalten, statt willkürlich zu kapitalisieren“. Die vom Finanzexperten der Klägerinnen angewandte Methodologie stützt sich jedoch nicht auf die von der Finanzexpertin der Kommission angeführte „Kapitalisierung“, sondern beruht auf dem Gegenwartswert der Daten bei einem risikolosen Zinssatz von 4 % für den Zeitraum 2004 bis 2010, der einem vernünftigen, auf den betreffenden Zeitraum anwendbaren Zinssatz entspricht. Die Kommission nennt keine relevanten Gründe, weshalb das Gericht diese Methode nicht sollte anwenden können, um die Höhe der Vergütungen zu bestimmen, die zu entrichten gewesen wären, wenn die Kommission von Systran die zur Durchführung der streitigen Arbeiten erforderliche Erlaubnis eingeholt hätte.
320 Der zweite zu berücksichtigende Faktor ist ein sogenannter „komplementärer“ Faktor, der erforderlich ist, um die anderen materiellen Umstände zu berücksichtigen, für die die Zahlung der vorstehend genannten Vergütungen allein keine Entschädigung sein kann. Die nachträgliche Zahlung der Vergütungen, die zu entrichten gewesen wären, wenn die Kommission von Systran die Erlaubnis zur Nutzung der betreffenden Rechte des geistigen Eigentums eingeholt hätte, um die streitigen Arbeiten auszuführen, hätte nämlich für sich genommen den von Systran seit 2004 erlittenen Schaden nicht ersetzen können.
321 Angesichts der Akten und insbesondere der verschiedenen Erklärungen, die die Klägerinnen zur Beurteilung der Auswirkungen des rechtswidrigen Verhaltens der Kommission auf die Tätigkeit und die Entwicklung von Systran vorgelegt haben, ist insoweit davon auszugehen, dass die Tätigkeit und die Entwicklung von Systran seit 2004 jährlich in Höhe eines Pauschalbetrags von 650 000 Euro (also etwa 6 % des 2003 erzielten Umsatzes) beeinträchtigt wurde.
322 Dieser für den Zeitraum 2004 bis 2010 aktualisierte zusätzliche Betrag kann somit auf 5 Mio. Euro festgesetzt werden (nämlich 0,65 Mio. Euro als der vorstehend genannte jährliche Pauschalbetrag multipliziert mit 7,76, dem Gegenwartwertsfaktor, der vom Finanzexperten der Klägerinnen unter Berücksichtigung des risikolosen Zinssatzes von 4 % für den Zeitraum 2004 bis 2010 errechnet wurde, also insgesamt 5 044 000 Euro, abgerundet auf 5 Mio. Euro).
323 Unter Berücksichtigung der Akten kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, dass in der vorliegenden Rechtssache im Rahmen einer pauschalen Beurteilung des erlittenen Schadens der sogenannte „zukünftige“ Schaden zu berücksichtigen ist, der vom Finanzexperten der Klägerinnen auf 15 Mio. Euro bewertet wurde. Die insoweit vorgelegte Schätzung beruht nicht auf hinreichend belegten Sachangaben, um die Anerkennung dieses Schadens rechtfertigen zu können.
324 Der letzte Faktor, der bei der pauschalen Beurteilung der Schadensersatzhöhe zu berücksichtigen ist, ist der immaterielle Schaden. Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission durch ihr Verhalten Systran die Rechte verweigerte, die diese aufgrund ihres Werks geltend machen kann. Dieses Verhalten ist umso schwerwiegender, als die einzelnen Bestimmungen zur Harmonisierung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des Urheberrechts, die im vorliegenden Fall nicht eingehalten wurden, auf die Kommission als Organ zurückgehen. Systran ist somit der immaterielle Schaden zu ersetzen, der ihr durch das Verhalten der Kommission entstanden ist.
325 Da die Klägerinnen jedoch nicht begründet haben, weshalb dieser Schadensersatz auf mindestens 2 Mio. Euro festgesetzt werden sollte, erscheint es im Rahmen der Bestimmung der Höhe des pauschalen Schadensersatzes sachgerecht, die Kommission zu verurteilen, als Ersatz des durch ihr Verhalten verursachten immateriellen Schadens einen symbolischen Betrag von 1 000 Euro zu zahlen.
326 Nach alledem ist Systran Schadensersatz in Höhe von 12 001 000 Euro als Ersatz des ihr durch das Verhalten der Kommission entstandenen Schadens zu gewähren, nämlich
– 7 Mio. Euro für die Lizenzgebühren, die für die Jahre 2004 bis 2010 geschuldet worden wären, wenn die Kommission die Erlaubnis zur Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums von Systran eingeholt hätte, um die in der Ausschreibung aufgelisteten Arbeiten bezüglich der Verbesserungen, der Anpassungen und der Zusätze zu den Sprachroutinen durchzuführen, für die der Zugriff auf die in die Version EC-Systran Unix übernommenen Elemente der Version Systran Unix und deren Änderung erforderlich ist;
– 5 Mio. Euro als ergänzender Betrag, nämlich als Ersatz für die Auswirkungen, die das Verhalten der Kommission auf die von Systran in den Jahren 2004 bis 2010 erzielten Umsätze und im weiteren Sinne auf die Entwicklung dieses Unternehmens gehabt haben kann;
– 1 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens.
C – Zu den Maßnahmen, die nicht in der Zuerkennung von Schadensersatz bestehen
1. Vorbringen der Parteien
327 Die Klägerinnen machen geltend, die in Art. 288 Abs. 2 EG angeführten allgemeinen Rechtsgrundsätze müssten den Ersatz des bereits entstandenen Schadens ermöglichen, aber auch – entgegen den Ausführungen der Kommission – die Beseitigung der Störung. Mit ihrem Antrag auf sofortige Einstellung der Verletzungshandlungen solle die praktische Wirksamkeit des zu erlassenden Urteils gewährleistet werden.
328 Die Kommission ist der Auffassung, das Gericht könne die Maßnahmen, die die Klägerinnen über die Gewährung eines finanziellen Schadensersatzes hinaus beantragt hätten, nicht erlassen. Das Gericht könne nämlich bei der Ausübung seiner Befugnisse keine Anordnungen gegenüber den Organen erlassen oder sich an deren Stelle setzen.
2. Würdigung durch das Gericht
329 Die Klägerinnen beantragen erstens, die sofortige Einstellung der von der Kommission begangenen Verletzungs- und Weitergabehandlungen anzuordnen, zweitens die Beschlagnahme aller im Besitz der Kommission und von Gosselies befindlichen Datenträger, auf denen die EDV-Entwicklungen wiedergegeben sind, die Gosselies auf der Grundlage der Versionen EC-Systran Unix und Systran Unix unter Verletzung ihrer Rechte erstellt hat, und die Aushändigung der Datenträger an Systran oder ihre Zerstörung unter amtlicher Aufsicht anzuordnen, und drittens nach Wahl von Systran die Veröffentlichung des Urteils des Gerichts in Fachzeitungen und -zeitschriften und auf spezialisierten Internetseiten auf Kosten der Kommission anzuordnen.
330 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Organ, dessen Verhalten für rechtswidrig erklärt wurde, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat (vgl. entsprechend Art. 266 AEUV). Es obliegt daher der Kommission, die erforderlichen Schlussfolgerungen zu ziehen, um sicherzustellen, dass bei den Arbeiten an der Version EC-Systran Unix, die das Urheberrecht und das Know-how von Systran verletzen, die Rechte von Systran an der Version Systran Unix der Software Systran berücksichtigt werden. Sollten diese Rechte nicht berücksichtigt werden, wäre Systran aufgrund des Umstands, dass der in der vorliegenden Rechtssache zugesprochene Schadensersatz nur den Zeitraum von 2004 bis zum Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils betrifft, berechtigt, beim Gericht eine neuerliche Schadensersatzklage hinsichtlich des ihr möglicherweise noch entstehenden Schadens zu erheben.
331 Was schließlich den Antrag auf Veröffentlichung in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften und auf Internetseiten angeht, wird das Gericht am heutigen Tag eine Pressemitteilung bezüglich des vorliegenden Urteils herausgeben. Diese Pressemitteilung kann von der Fachpresse übernommen und verbreitet werden. Die Klägerinnen werden damit zum einen über eine Gerichtsentscheidung verfügen, die sich zu dem Verhalten der Kommission in Bezug auf die Klägerinnen äußert, und zum anderen über eine Pressemitteilung, die weite Verbreitung finden kann, was geeignet ist, den Klägerinnen insoweit Genugtuung zu verschaffen. Die Pressemitteilung trägt auch zu einer faktischen Wiedergutmachung des immateriellen Schadens bei, den die Rufschädigung von Systran durch das rechtswidrige Verhalten der Kommission darstellt.
332 Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Interessen von Systran durch den Schadensersatz in Geld hinreichend geschützt werden und dass ihren auf Naturalrestitution gerichteten Anträgen nicht stattzugeben ist.
Kosten
333 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.
334 Darüber hinaus ist festzustellen, dass mit der Erstellung der verschiedenen Dokumente, die die Klägerinnen vorgelegt haben, um ihre Schriftsätze inhaltlich zu untermauern oder die Fragen des Gerichts über die technischen (Bericht, technische Vermerke und Stellungnahme von Herrn Bitan) und rechtlichen Aspekte (Gutachten von Professor Sirinelli) der Software Systran sowie über die Bewertung des entstandenen Schadens (Finanzvermerke von Herrn Martin) zu beantworten, Aufwendungen verbunden sind, die für das vorliegende Verfahren notwendig waren und damit als erstattungsfähige Kosten im Sinne von Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung anzusehen sind.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Europäische Kommission wird verurteilt, an die Systran SA einen Pauschalbetrag von 12 001 000 Euro als Schadensersatz zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kommission trägt die Kosten.
Azizi |
Cremona |
Frimodt Nielsen |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Dezember 2010.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
I – Die verschiedenen Versionen der Software Systran
II – Die Geschichte der Beziehungen zwischen den Parteien
A – Erster Zeitraum: von Systran Mainframe zu EC-Systran Mainframe
1. Ursprünglich geschlossene Verträge zwischen WTC (und anderen Gesellschaften) und der Kommission
2. Vertrag über Zusammenarbeit zwischen der Systran-Gruppe und der Kommission
B – Zweiter Zeitraum: von Systran Unix zu EC‑Systran Unix
C – Dritter Zeitraum: nach der Ausschreibung vom 4. Oktober 2003
Verfahren und Anträge der Parteien
Rechtliche Würdigung
I – Zur Zulässigkeit
A – Zu dem Antrag auf Verurteilung der Kommission zum Ersatz des geltend gemachten Schadens
1. Zur Grundlage der Klage
a) Vorbringen der Parteien
b) Würdigung durch das Gericht
Zu den Zuständigkeiten im vertraglichen und im außervertraglichen Bereich
Prüfung des von den Klägerinnen dargelegten Schadensersatzanspruchs
Prüfung der Gesichtspunkte, mit denen die Kommission begründet hat, dass eine vertragliche Erlaubnis der Weitergabe von Informationen, die aufgrund des Urheberrechts und als Know-how geschützt sein können, an einen Dritten bestand
2. Zur fehlenden Klarheit der Klageschrift
a) Vorbringen der Parteien
b) Würdigung durch das Gericht
3. Zur Unzuständigkeit des Gerichts für die Feststellung einer Rechtsverletzung im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung
a) Vorbringen der Parteien
b) Würdigung durch das Gericht
B – Zu den weiteren Anträgen
II – Zur Begründetheit
A – Zu den von den Klägerinnen geltend gemachten Rechten und zur Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission
1. Zum Vergleich der verschiedenen Versionen der Software Systran
a) Vorbringen der Parteien
b) Würdigung durch das Gericht
2. Zur Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission
a) Vorbringen der Parteien
Zur Verletzung des Urheberrechts
Zu den Rechten, die aufgrund des Know-how geltend gemacht werden
b) Würdigung durch das Gericht
Zu den von den Klägerinnen geltend gemachten Rechten bezüglich der Version Systran Unix der Software Systran
Zu dem Vorbringen, die Kommission könne aufgrund der ihr zustehenden Rechte das Widerspruchsrecht der Klägerinnen außer Acht lassen
Zu der Art der von der Kommission an einen Dritten vergebenen Arbeiten
B – Zu den Schäden und zum Kausalzusammenhang
1. Zu dem Schaden von Systran Luxembourg und zum Kausalzusammenhang
a) Vorbringen der Parteien
b) Würdigung durch das Gericht
2. Zu den Schäden von Systran und zum Kausalzusammenhang
a) Vorbringen der Parteien
Zu den verschiedenen Schadensformen, dem Vorliegen des Schadens und dem Kausalzusammenhang
Zur ursprünglichen Bewertung des Wertverlusts der immateriellen Vermögensgegenstände
Zu den sonstigen Schadensbewertungen
b) Würdigung durch das Gericht
Zur Wertminderung der Aktien von Systran Luxembourg
Zum Wertverlust der immateriellen Vermögensgegenstände
– Zu der von den Klägerinnen vorgeschlagenen ursprünglichen Bewertung
– Zum tatsächlichen Eintritt des Systran entstandenen Schadens und zum ursächlichen Zusammenhang zwischen diesem Schaden und dem Verhalten der Kommission
– Zur pauschalen Bewertung des Schadens
C – Zu den Maßnahmen, die nicht in der Zuerkennung von Schadensersatz bestehen
1. Vorbringen der Parteien
2. Würdigung durch das Gericht
Kosten
* Verfahrenssprache: Französisch.