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Document 62007CO0107

Beschluss des Gerichtshofes (Achte Kammer) vom 29. November 2007.
Friedrich Weber gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten - Offenkundige Unzulässigkeit .
Rechtssache C-107/07 P.

Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-00177*

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:741

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

29. November 2007(*)

„Rechtsmittel – Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten – Offenkundige Unzulässigkeit “

In der Rechtssache C‑107/07 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 9. Februar 2007,

Friedrich Weber, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: W. Declair, Rechtsanwalt,

Rechtsmittelführer,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Costa de Oliveira und C. Ladenburger als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. Arestis sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und des Richters T. von Danwitz,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgenden

Beschluss

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt F. Weber die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 11. Dezember 2006, Weber/Kommission (T‑290/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Mai 2005, mit der ihm der Zugang zu einem Dokument verweigert worden war (im Folgenden: streitige Entscheidung), als offensichtlich unzulässig abgewiesen wurde.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Mit E-Mail vom 23. Februar 2005 bat der Rechtsmittelführer die Kommission, ihm Einzelheiten zu einer Untersuchung der Kommission betreffend die Finanzierung der deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mitzuteilen.

3        Am 5. März 2005 beantragte der Rechtsmittelführer mit einem Telefax an die Kommission Zugang zu einem diese Anstalten betreffenden Schreiben, das die Kommission an die deutsche Bundesregierung gerichtet habe. Die Kommission verstand diesen Antrag als auf das Schreiben bezogen, das sie am 3. März 2005 im Rahmen eines Beihilfeverfahrens an die deutsche Bundesregierung gerichtet hatte.

4        Die Kommission beantwortete diese Anträge des Rechtsmittelführers am 6. und 13. April 2005 und verweigerte ihm den Zugang zu den angeforderten Dokumenten.

5        Mit Schreiben vom 23. April 2005 stellte der Rechtsmittelführer einen Zweitantrag mit der Bitte um Überprüfung des Bescheids vom 13. April 2005. Er begründete seinen Antrag mit einem weiteren Schreiben vom 27. April 2005. Die Kommission lehnte diesen Zweitantrag mit der streitigen Entscheidung ab.

 Klage beim Gericht und angefochtener Beschluss

6        Mit Klageschrift, die am 25. Juli 2005 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

7        Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht die Klage als offensichtlich unzulässig abgewiesen.

8        Das Gericht hat in Randnr. 19 des angefochtenen Beschlusses daran erinnert, dass in der Klageschrift eine Abänderung der streitigen Entscheidung durch das Gericht dahin beantragt worden sei, dass die Kommission verpflichtet werde, dem Rechtsmittelführer Zugang zu bestimmten Dokumenten zu gewähren.

9        In Randnr. 21 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht festgestellt, dass die in der Klageschrift gestellten Anträge offensichtlich unzulässig seien.

10      Das Gericht hat u. a. in Randnr. 23 seines Beschlusses ausgeführt, im vorliegenden Fall habe der Rechtsmittelführer, nachdem die Kommission in ihrer Klagebeantwortung die Unzulässigkeit seines ursprünglichen Antrags geltend gemacht habe, in seiner Erwiderung diesen Antrag umformuliert.

11      In den Randnrn. 24 und 25 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht festgestellt, dass die neuen Anträge nicht hinter dem ursprünglichen Antrag zurück blieben, da der Rechtsmittelführer seinen Verpflichtungsantrag nicht fallen gelassen habe, und dass der Rechtsmittelführer durch die ausdrückliche Beibehaltung seines Antrags gezeigt habe, dass der Gegenstand der Klage im Wesentlichen der in der Klageschrift bezeichnete geblieben sei, nämlich der Antrag an das Gericht, der Kommission eine Weisung zu erteilen. Das Verhalten des Rechtsmittelführers sei als Ausdruck seiner Ansicht zu verstehen, dass eine einfache Aufhebung der streitigen Entscheidung für ihn nicht wirklich von Interesse sei.

12      Unter diesen Umständen hat das Gericht in Randnr. 26 seines Beschlusses darauf hingewiesen, dass der Antrag in der Klageschrift nicht dahin ausgelegt werden könne, dass er implizit zumindest auf die Aufhebung der streitigen Entscheidung gerichtet sei und dass folglich mit der Umformulierung dieses Antrags in der Erwiderung nicht nur dessen tatsächliches Ziel präzisiert worden sei.

13      Das Gericht hat in Randnr. 31 des angefochtenen Beschlusses auch festgestellt, dass die Klageschrift weder die nach Ansicht des Klägers verletzte Vorschrift des Gemeinschaftsrechts noch die konkreten Klagegründe anführe. In Bezug auf das Gemeinschaftsrecht beschränke sich die Klageschrift im Wesentlichen auf die allgemeine und vage Aussage, dass die Parteien des fraglichen Beihilfeverfahrens kein schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit der entsprechenden Daten hätten.

14      Unter diesen Umständen hat das Gericht in Randnr. 32 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Klage offensichtlich nicht die Mindestanforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung erfülle.

 Anträge der Parteien

15      Der Rechtsmittelführer beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss aufzuheben und

–        die streitige Entscheidung aufzuheben.

16      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel als offensichtlich unzulässig oder jedenfalls als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen und

–        dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

17      Der Rechtsmittelführer macht geltend, das Ziel seiner Klage vor dem Gericht sei „allein auf die Aufhebung der [streitigen] Entscheidung … durch das … Gericht..., nicht jedoch [auf] eine Verpflichtung … durch das Gericht“ gerichtet gewesen. Das Gericht habe über den Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung jedoch nicht entschieden.

18      Der Rechtsmittelführer trägt vor, seine Ausführungen vor dem Gericht seien von diesem diskreditiert worden, was „den Verdacht mangelnder Unvoreingenommenheit und Zweifel an einem fairen Verfahren … bei dem Gericht [begründet]“. Das Gericht habe „die Bedeutung des Klagevortrags für die Fortentwicklung des Gemeinschaftsrechts“ verkannt.

19      Der angefochtene Beschluss stehe im Widerspruch zu den Grundsätzen des EU- und des EG-Vertrags, „insbesondere zu den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit“. Der Beschluss habe „den erklärten Willen der [Europäischen] Gemeinschaft, … die Achtung der Menscherechte und Grundfreiheiten zu entwickeln und zu stärken“, missachtet. Der angefochtene Beschluss sei auch auf „die Verkennung der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit im Rahmen des Bekenntnisses und des erklärten Willen der Gemeinschaft zur Demokratie“ zurückzuführen. Der Beschluss berücksichtige nicht im Geringsten den „formulierten Willen der Gemeinschaft zum Finanzierungsmodell der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wonach der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren“.

20      Der Rechtsmittelführer macht geltend, das Gericht habe die Frage, ob die Verweigerung der Kommission „mit den … Zielen der Gemeinschaft vereinbar“ sei, nicht geprüft. Seiner Ansicht nach war es „zu besonderer Sorgfalt bei der Prüfung der Klagegründe verpflichtet“. Schließlich habe sich das Gericht „die abfälligen Äußerungen der Beklagten [des ersten Rechtszugs] zu eigen gemacht“.

21      Die Kommission macht geltend, das Rechtsmittel sei offensichtlich unzulässig. Die Ausführungen in der Rechtsmittelschrift enthielten keinen konkreten Rechtsmittelgrund. Nach der Rechtsprechung sei aber erforderlich, dass in der Rechtsmittelschrift angegeben werde, gegen welche Rechtsvorschriften das Gericht durch welche Teile des angefochtenen Beschlusses verstoßen haben solle.

 Zum Rechtsmittel

22      Gemäß Art. 119 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

23      So ist in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden.

24      Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen (vgl. u. a. Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 34, vom 8. Januar 2002, Frankreich/Monsanto und Kommission, C‑248/99 P, Slg. 2002, I‑1, Randnr. 68, vom 6. März 2003, Interporc/Kommission, C‑41/00 P, Slg. 2003, I‑2125, Randnr. 15, sowie vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, Slg. 2006, I‑7795, Randnr. 49). Diesem Erfordernis entspricht ein Rechtsmittel nicht, das keinerlei Argumentation enthält, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem der angefochtene Beschluss behaftet sein soll (vgl. Beschluss vom 1. Februar 2001, Area Cova u. a./Rat, C‑300/99 P und C‑388/99 P, Slg. 2001, I‑983, Randnr. 37).

25      Der Gerichtshof hat auch darauf hingewiesen, dass eine bloße abstrakte Aufzählung der Klagegründe in der Klageschrift nicht den Erfordernissen des Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und des Art. 112 § 1 Buchst. c seiner Verfahrensordnung entspricht (vgl. Urteile vom 15. Dezember 1961, Fives Lille Cail u. a./Hohe Behörde, 19/60, 21/60, 2/61 und 3/61, Slg. 1961, 613, 643, sowie vom 5. März 1991, Grifoni/EGKS, C‑330/88, Slg. 1991, I‑1045, Randnr. 18).

26      In Bezug auf das vorliegende Rechtsmittel ist festzustellen, dass es jede kohärente Struktur vermissen lässt. Ein Abschnitt „Rügen zu Gesetzesverstößen“ enthält Ausführungen, die keinen konkreten Rechtsmittelgrund und kein konkretes rechtliches Vorbringen enthalten. Das Rechtsmittel beschränkt sich auf allgemeine Ausführungen, wonach das Gericht gegen eine Reihe von Grundsätzen verstoßen haben soll.

27      Außerdem enthält das Rechtsmittel keine genauen Angaben dazu, welche Gründe des angefochtenen Beschlusses mit einem Rechtsfehler behaftet sein sollen.

28      Ein so beschaffenes Rechtsmittel kann nicht Gegenstand einer rechtlichen Beurteilung sein, mit der der Gerichtshof die ihm auf dem betreffenden Gebiet obliegende Aufgabe wahrnehmen und seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, C‑51/92 P, Slg. 1999, I‑4235, Randnr. 113, sowie vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10821, Randnrn. 105 und 106).

29      Unter diesen Umständen ist das Rechtsmittel gemäß Art. 119 der Verfahrensordnung als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

 Kosten

30      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rechtsmittelführer mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Friedrich Weber trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.

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